INSTITUT FINANZEN UND STEUERN"

INSTITUT „FINANZEN U N D STEUERN" Postfach 1808 5300 B O N N 1 Nr. 252 Einkommensbegriffe und Einkommensermittlung in den Transfergesetzen — Analys...
Author: Nicolas Baum
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INSTITUT „FINANZEN U N D STEUERN" Postfach 1808

5300 B O N N 1

Nr. 252

Einkommensbegriffe und Einkommensermittlung in den Transfergesetzen — Analyse, Kritik, Änderungsvorschläge —

Bonn, im November 1985

Alle Rechte vorbehalten

Bearbeiter: Klaus Venturini Preis: 39,50 DM (darin enthalten 7 % USt = 2,58 DM)

- 1 -

I n h a l t Seite Vorwort

4

A. Ausgangspunkt der Untersuchung

6

B . Die Einkommensermittlung in den Leistungsgesetzen

9

I. Wohngeldgesetz

9

II. Bundessozialhilfegesetz

14

III. Arbeitsförderungsgesetz

20

IV. Bundesversorgungsgesetz

24

1. Kriegsopferfürsorge

24

2. Beschädigtenrente

27

V. Bundesausbildungsförderungsgesetz VI. Unterhaltssicherungsgesetz VII. Bundeskindergeldgesetz VIII. Wohnungsbau-Prämiengesetz IX. Spar-Prämiengesetz X. Vermögensbildungsgesetz XI. Wohnungsbaugesetz XII. Wohnungsbindungsgesetz XIII. Gesetz zum Abbau der Fehlsubventio­ nierung im Wohnungswesen XIV. Anstehende Neuregelungen

31 35 38 41 43 43 45 48 48 49

1. Erziehungsgeld

49

2. Neuregelung der Hinterbliebenenrente

49

C. Der Einkommensbegriff in der Sozial­ versicherung

50

D. Einkommensbegriffe in sonstigen wichtigen Rechtsbereichen

55

- 2 Seite I. Zivilrecht II. Zivilprozeßrecht

55 55

1. Pfändbares Arbeitseinkommen

55

2. Prozeßkostenhilfe

56

III. Strafrecht IV. Landesrechtliche Regelungen

57 59

E. Der Einkommensbegriff des EStG

60

F. Systematische Auswertung und Kritik

66

I. Die Detailregelungen im Vergleich

66

1. Die Ausgangsgrößen

66

2. Die Erweiterung bzw. Einengung der Ausgangsgrößen auf der Einnahmeseite

69

3. Die Veränderung der Ausgangsgrößen auf der Ausgabenseite

97

4. Freibetragsregelungen

114

5. Regelungen über Pauschalabzüge

115

6. Korrespondenznormen

116

7. Probleme des Verwaltungsverfahrens

122

8. Bedarfszeitraum und Bezugszeitraum 9. Berücksichtigung des Haushalts-/ Familieneinkommens 10. Die Berücksichtigung vorhandenen Vermögens II. Ausgestaltung und Wirkung von Einkommensgrenzen

127

II. Fazit

129 134 137 150

G. Änderungsvorschläge

155

I. Vorbemerkung

155

II. Grundzüge eines einheitlichen Einkommens­ begriffes

156

1. Auswahl der Gesetze 2. Auswahl einer geeigneten Ausgangsgröße

157 158

3. Inhaltliche Ausgestaltung einer ein­ heitlichen Bemessungsgrundlage

163

4. Sonderprobleme

165

5. Ausblick

169

Zusammenfassung

1 7

1

- 3 Abkürzungsverzeichnis

AFG AFWoG

Arbeitsförderungsgesetz Gesetz zum Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen

Alhi-VO

Verordnung

ArEV AVG

Verordnung über die Bestimmung des Arbeits­ entgelts in der Sozialversicherung Angestelltenversicherungsgesetz

Bafög

Bundesausbildungsförderungsgesetz

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BKGG

Bundeskindergeldgesetz

BR

Beschädigtenrente

BSHG

Bundessozialhilfegesetz

BVG

Bundesversorgungsgesetz

DV-BSHG

Durchführungsverordnung zu § 76 BSHG

DV-BVG KVLG

Durchführungsverordnung zu § 33 BVG Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte

KOF

Kriegsopferfürsorge

KFVO

Verordnung über die Kriegsopferfürsorge

LFG

Lernmittelfreiheitsgesetz

RVO

Reichsversicherungsordnung

SGB

Sozialgesetzbuch (Teile I - X)

SparPG StGB

Spar-Prämiengesetz Strafgesetzbuch

USG

Unterhaltssicherungsgesetz

VermBG

Vermögensbildungsgesetz

WobauG

II. Wohnungsbaugesetz

WobindG

Wohnungsbindungsgesetz

WoGG

Wohngeldgesetz

WoGVwV

Verwaltungsvorschrift zum WoGG

WoPG

Wohnungsbau-Prämiengesetz

ZPO

Zivilprozeßordnung

zur Arbeitslosenhilfe

(Bundesversorgungsgesetz)

4 Vorwort "Früher litten wir an Verbrechen, heute an Gesetzen!" Dieser Ausspruch, bereits vor annähernd 2000 Jahren 1) von dem römischen Geschichtsschreiber Tacitus

getan,

könnte auch von einem Zeitgenossen des 20. Jahrhunderts stammen, denn allenthalben wird auch heutzutage ange­ sichts der über den zeitgenössischen Menschen herein2) brechenden Gesetzesflut von Undurchschaubarkeit der 3) 4) Gesetze, von "Gesetzesdschungel" , gar von "Chaos" gesprochen, werden Perfektionismus, Bürokratismus und 5) mangelnde Bürgernähe beklagt. Dieser Vorwurf richtet sich sicherlich auch gegen einen bestimmten Bereich unseres Rechts, der in den letzten Jahren besonders in den Vordergrund getreten ist, nämlich 6

das Sozialrecht. ^ 1) Annalen Lib. III, XXV. 2) Vgl. Verhandlungen des 53. Dt.Juristentages, Band II, Teil Q, zum'Thema:"Gesetzesflut - Gesetzesperfektionismus", insbes. S. 12 ff. und 35 ff. m.w.N. 3) So Fritjof Haft, "Der Dschungel um uns - Müssen Gesetze so kompliziert sein?", Beilage zur Süddeutschen Zeitung Nr. 29 vom 4.2.1984. Der Präsident des BFH beklagt einen "undurchdringlich wuchernden Steuerdschungel", SZ Nr. 90 vom 18.4.1985. 4) Für das Steuerrecht z.B. Tipke, "Steuerrecht - Chaos, Konglomerat oder System?", StuW 1971, S. 2; Littmann, Wirtschaftswoche Nr. 17 vom 20.4.1984, S. 73: "Die Einkommensteuer gefällt sich im Chaos" und "Steuerreform durch Steuervereinfachung" , Tagungsbericht der Gesell­ schaft "zur Förderung der Entbürokratisierung e.V.", Bonn 1984, S. 13 ff. 5) Haft, a.a.O. Vgl. Haubrichs, Der zahler, Stuttgart 1978, S. 43 f.; zum Markt, Stuttgart 1974, S. 119 vom 4.12.1985; ders., "Mehr Recht ze?", ZRP 1985, S. 139 m.w.N.

ausgebeutete Steuer­ Friderichs, Mehr Mut und Isensee, HB Nr.230 durch weniger Geset­

6) Sozialrecht umfaßt traditionell Sozialversicherung, Sozialversorgung und Sozialhilfe. Zur Rechtsgeschichte und Eingrenzung des Begriffes "Sozialrecht" vgl. H. Bley, Sozialrecht, 2. Aufl. 1977, S. 22 ff.

- 5 Dieser Spezialrechtsbereich ist in viele einzelne, oftmals überkomplizierte und schwer verständliche Einzelgesetze und Verwaltungsregelungen zersplittert. So sollen zur Zeit auf dem Gebiet des Sozialrechts etwa 800 Gesetze und Verordnun1) gen gelten. Hinzu kommt, daß die Vielzahl der staatlichen 2) Leistungen nur unzureichend aufeinander abgestimmt ist. Erste Versuche auf dem Weg zu einer Reform stellen die bis3) her vorliegenden Teile eines "Sozialgesetzbuches" dar

;

eine grundsätzliche und grundlegende Vereinheitlichung und Vereinfachung des gegenwärtigen Sozialrechtssystems steht jedoch noch aus. Aufgabe der vorliegenden Untersuchung ist es, einzelne wider­ sprüchliche und unklare oder allzu perfektionistische Rege­ lungen im staatlichen Leistungsgewährungssystem herauszugrei­ fen und Abhilfemöglichkeiten aufzuzeigen. 1) Vgl, Schmeling in: Doetsch (Hrsg.), Handbuch zum Sozial­ recht, Gruppe 1, S. 51. 2 ) Vgl. dazu die pointierte Kritik von Kannengießer: ... "Wer sucht, der findet. Vieles wird geboten, nur wenige Leistun­ gen sind aufeinander abgestimmt, manches widerspricht sich .., Nicht einmal der Fachmann übersieht die Verteilungswir­ kungen der vielen Transferleistungen Zitiert nach F A Z vom 1 6 . 2 . 1 9 8 5 . Vgl. auch den Bericht der sog. "TransferEnquete-Kommission", Das Transfersystem in der Bundesrepublik Deutschland, BM für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), 1981, S . 1 4 3 ff. 3) Allgemeiner Teil des Sozialgesetzbuchs (SGB - I -) vom 1 1 . 2 . 1 9 7 5 , BGBl. I, S. 3015; Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB - IV -) vom 23.12.1976, BGBl. I S. 3 8 4 5 und Verwaltungsverfahren (SGB - X -) vom 18.8.1980, BGBl. I S. 1469. 4) Die jetzige Bundesregierung hat im Jahr 1983 eine "Kommission für Rechts- und Verwaltungsvereinfachung" eingesetzt, die sich auch mit der Regelungsdichte im Sozialrecht befassen soll; vgl. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Aktuelle Beiträge zur Wirtschafts- und Finanzpolitik Nr.16 vom 2 3 . 2 . 1 9 8 4 , S. 2 und Nr. 86 vom

12.12.1984.

Eine grundsätzliche Vereinfachung des Sozialrechts war be­ reits Aufgabe der Sachverständigenkommission für das SGB, vgl. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Bulletin Nr.123 vom 22.11.1980. Diese Sachverständigenkommission hat ihre Aufgabe jedoch nach vielfacher Meinung nicht erreicht; vgl. zur Kritik am vorliegenden SGB: "Sozialgesetzbuch: Perfektionismus und Bürokratismus - aber keine Vereinfachung", in: Arbeit und Sozialpolitik 1982, S. 53 (o.V.).

- 6 A. Ausgangspunkt der Untersuchung Gemäß Art. 20 Abs. 1 GG ist die Bundesrepublik Deutsch­ land ein sozialer Bundesstaat; die verfassungsmäßige Ordnung der Länder muß nach Art. 2 8 Abs. 1 Satz 1 GG den Grundsätzen des sozialen Rechtsstaats entsprechen. Damit ist das Sozialstaatsprinzip grundgesetzlich ver­ ankert. Zwar sind Inhalt dieses Verfassungsprinzips und seine Tragweite und Bedeutung im Einzelfall umstrit1) ten ; Übereinstimmung besteht jedoch darin, daß der Staat allgemein für einen Ausgleich der sozialen Gegen­ sätze zu sorgen hat und ihm insbesondere die Fürsorge 2) für Hilfsbedürftige obliegt.

Dabei kann er jedoch

bei der Bemessung der Höhe seiner Leistungen eine Differenzierung nach dem Grad der Hilfsbedürftigkeit 3) des Empfängers vornehmen. So wird in den meisten Sozialgesetzen auf die persön4) liehe Bedürftigkeit abgestellt.

Indikator hierfür

ist das individuelle Leistungsvermögen bzw. die wirt­ schaftliche Leistungsfähigkeit. Diese muß jedoch in einem gesonderten Verfahren festgestellt werden, be­ vor eine Leistung überhaupt oder in zahlenmäßig be­ grenzter Höhe gewährt werden kann. 1) Zur Inhaltsbestimmung des Sozialstaatsprinzips vgl. Leibholz/Rinck, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Aufl. 1980, Art. 20,Rdnr. 12 ff. 2) Vgl. nur BVerfG vom 18.6.1975, BVerfGE 40, S. 121 (133) . 3) BVerfG vom 13.12.1961, BVerfGE 13, S. 248 (259). 4) z.B. in § 2 Abs. 1 BSHG; §§ 30 Abs. 3 und 32, 33 BVG; §§ 134 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. 137 und 138 AFG; § 11 Abs. 2 Bafög. Anders Kranken-, Unfall- und Renten­ versicherung, die ihre Leistungen nicht an der kon­ kreten Leistungsfähigkeit ausrichten, sondern (mit Ausnahme der Sachleistungen) am bisherigen Arbeitsentgelt; vgl. etwa §§ 182 Abs. 4 und 5, 561, 570, 581, 1253 ff. RVO.

- 7 Tatsächlich tragen die diesbezüglichen Normen maßgeblich zu der allgemein beklagten Kompliziertheit und Undurch­ schaubarkeit der Sozialgesetze b e i ^ , indem gleiche Tat­ bestände in unterschiedlicher Weise behandelt werden, die anzuwendenden Einkommensbegriffe zum Teil erheblich vonein­ ander abweichen und das Problem von Leistungskumulationen sowie der gegenseitigen Anrechnung von Sozialleistungen 2)

nur in unzulänglicher Weise geregelt ist. Im folgenden sollen zunächst die unterschiedlichen Einkom­ mensbegriffe in den wichtigsten Leistungsgesetzen sowie in sonstigen ausgewählten Gesetzen von Sozialversicherung und Rechtspflege dargestellt, inhaltliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausgearbeitet und die Möglichkeit der Erstellung eines einheitlichen Einkommensbegriffes geprüft werden. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist jedoch nicht nur Anknüpfungspunkt für die Bemessung von Staatsleistungen, sondern gleichzeitig "Fundamentalprinzip" der Besteuerung. So besagte schon Art. 134 der Weimarer Reichsverfassung: "Alle Staatsbürger ohne Unterschied tragen im Verhältnis ihrer Mittel zu allen öffentlichen Lasten nach Maßgabe der Gesetze bei." Dieser Verfassungsartikel findet seine Ent-

1) Ca. 40 % des Textes des Wohngeldgesetzes befassen sich mit der Einkommensermittlung; bei der allgemeinen Ver­ waltungsvorschrift zum Wohngeldgesetz sind es fast 75 %. 2) Vgl. die Kritik des Bundesrechnungshofes an der verwaltungsauf­ wendigen Verrechnung des Wohngeldes einerseits und der Sozialhilfe andererseits, BT-Drucks. 10/574 vom 8.11.1983 Nr. 34.3. 3) Siehe bei Tipke, Steuerrecht, 10. Aufl. 1 985, S. 52. Vgl. dort auch zur Diskussion um den Inhalt des Lei­ stungsfähigkeitsprinzips. Kritisch zuletzt Franke, Zur politischen Funktion konsensmobilisierender Formeln in der parlamentarischen Demokratie: Das Beispiel des Leistungsfähigkeitsprinzips, in: StuW 1984, S. 32 ff. und Schneider, Leistungsfähig­ keitsprinzip und Abzug von der Bemessungsgrundlage, ebenda S. 356 ff.

- 8 sprechung in dem Gleichheits- bzw. Gerechtigkeitspostu­ lat des Art. 3 Abs. 1 des Bonner Grundgesetzes, der die Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit gebietet.^ ^ Das heutige Steuerrecht trägt diesem Grundsatz in der Weise Rechnung, daß es das Existenzminimum steuerlich unbelastet läßt, daß aber der übersteigende Einkommens2)

betrag progressiv belastet wird. Damit steht das Steuerrecht vor der gleichen Schwierig­ keit wie das Sozialrecht, nämlich Methoden und Begriffe bereitzustellen, um eine möglichst gerechte Feststellung der individuellen Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Es soll deshalb im Anschluß an die Darstellung der Ein­ kommensbegriffe der Sozialgesetze untersucht werden, ob und inwieweit sich die Erkenntnisse des Steuerrechts über die Einkommensermittlung für die Sozialgesetze fruchtbar machen lassen.

1) Ständige Rechtsprechung des BVerfG; vgl. nur BVerfG vom 2.10.1973, BVerfGE 36, S. 66 (72) - Stabilitäts­ zuschlag - und zuletzt BVerfG vom 3.11.1982, BVerfGE 61, S. 319 ff. Zum ganzen vgl. auch Benda, Die Wahrung verfassungsrechtlicher Grundsätze im Steuerrecht, DStZ 1984, S. 159 ff. 2) Nach Tipke, a.a.O., ist der progressive Tarif allerdings Ausfluß des Sozialstaatsprinzips, nicht des Leistungsfähigkeitsprinzips. Anders jedoch BVerfGE 8, S. 51 (68) .

- 9 B. Die Einkommensermittlung in den Leistungsgesetzen Die Darstellung der Einkommensbegriffe erfolgt einheit­ lich anhand des nachstehend aufgeführten Schemas mit insgesamt 11 Gliederungspunkten: - (1) Kurze Vorstellung des Gesetzes; insbesondere dessen Zweck und Aufgabe - (2) Ausgangsgröße oder Bemessungsgrundlage für das maßgebliche Einkommen - (3) Korrektur von (2) durch (3.1) Hinzurechnung bestimmter Einnahmen (3.2) Herausnahme anderer Einnahmen (3.3) Absetzung bestimmter Ausgaben und Auf­ wendungen (3.4) Ausschluß weiterer Absetzungen - (4) Verwendung von Freibeträgen - (5) Anwendung von Pauschalabzügen - (6) Etwaige Anrechnungs- bzw. Ausschlußvorschriften im Verhältnis zu anderen Transfergesetzen - (7) Verwaltungsverfahren bezüglich des Nachweises der zugrundezulegenden Einkünfte bzw. der Aus­ gangswerte - (8) Fraglicher Bezugszeitraum - (9) Unterscheidung nach Einzeleinkommen/Haushalts­ einkommen -(10) Vermögensanrechnung -(11) Evtl. vorgesehene Einkommensgrenzen/Berechnungs­ beispiele . I. Wohngeldgesetz (1) Zweck des Wohngeldgesetzes^, das aus dem Miet2) beihilfengesetz von 1960 und dem Wohnbeihilfen3) gesetz von 1963

geschaffen wurde, ist gemäß

§ 1 die "wirtschaftliche Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens". Die Leistungen werden entweder als Miet- oder Lastenzuschuß ge­ währt . 1) In der Fassung vom 27.12.1982, BGBl. I S. 1922, zuletzt geändert durch 6. WoG-ÄnderungsG vom 1 1 .7.1985, BGBl. I S. 1318. 2) vom 23.6.1960, BGBl. I S. 389. 3) vom 29.6.1963, BGBl. I S. 508.

- 10 (2) Bemessungsgrundlage ist das Jahreseinkommen. Hierunter fallen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert ohne Rücksicht auf ihre Quelle und ohne Rücksicht darauf, ob sie als Einkünfte i.S. des EStG steuerpflichtig sind oder nicht. (3.1) Als Einnahmen gelten auch der Mietwert der eigenge­ nutzten Wohnung, Kindergeld und andere Leistungen für Kinder 1 ) sowie bestimmte erhaltene Darlehen. 2) (3.2) Von dem obigen universellen Einnahmebegriff macht das Gesetz jedoch selbst eine Reihe von wichtigen Ausnahmen. In § 14 WoGG wird ein Katalog von insge3) samt 32 (!) Einnahmen genannt

, die bei der Ermitt­

lung des Einkommens außer Betracht bleiben. Dabei handelt es sich im wesentlichen um Leistungen bzw. Zuschüsse aus dem Bereich Versicherung, Versorgung, soziale Fürsorge, Wohlfahrtspflege, Aufwandsent­ schädigungen, Schadensausgleich, Heilmaßnahmen, berufliche oder Familienförderung sowie einmalige Zahlungen und Entschädigungen. Schließlich sind auch Leistungen der Vermögensbil4) dung sowie Zuschüsse des Arbeitgebers zu Kranken-, Sozial- und Lebensversicherungen ausgenommen. 1) Abschnitt 10.12 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Wohngeldgesetz - WoGVwV - vom 11.3.1983, Beilage 11/83 zum Bundes-Anzeiger Nr. 57. 2) Abschn. 10.14 WoGVwV. 3) Der Gesetzeskatalog wird ergänzt durch insgesamt weit über 200 (!) detaillierte Einzelregelungen der Ver­ waltungsvorschrift . 4) Das Gesetz verzichtet jedoch nur auf die Einbeziehung von vermögenswirksamen Leistungen, soweit sie auf Be­ triebsvereinbarung oder Tarifvertrag beruhen, wohin­ gegen Einzelvereinbarungen sowie über den geschulde­ ten Arbeitslohn hinaus erbrachte Leistungen nicht hierunter fallen, § 14 Abs. 2 Satz 1 und 2 WoGG.

-11Bei allen genannten Zuflüssen ist jeweils Steuerfrei­ heit Voraussetzung für die Anrechnungsfreiheit. Bei anderen Leistungen wird zusätzlich darauf ab­ gestellt, ob die Leistung zur Deckung des Lebens­ unterhalts bestimmt ist. (3.3) Von den zu berücksichtigenden Einnahmen dürfen die zur "Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen notwendigen Aufwendungen" abgesetzt werden; als Abgeltung dieser Aufwendungen werden die im Steuerrecht zulässigen Pauschbeträge aner­ kannt, soweit keine höheren Beträge geltend ge­ macht werden. Darüber hinaus dürfen nur Aufwendungen zur Er­ füllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen abgezogen werden.^ (3.4) Nicht zum Abzug zugelassen sind dagegen generell erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen, soweit die normalen Absetzungen nach § 7 EStG 2)

überschritten werden. Werbungskosten für eine Einnahmeart können nur bis zur Höhe der jeweili3) gen Einnahmen abgesetzt werden.

Verluste aus

einzelnen Einkünften dürfen nicht mit positiven Einkünften aus anderen Einkünftsarten verrechnet werden. 1) § 12 a; neu eingeführt durch 3. ÄndG zum WoGG vom 10.12.1973, BGBl. I S. 1852. 2) § 12 Abs. 2 Satz 3 WoGG. 3) Abschn. 12.24 WoGVwV. 4) Abschn. 11.14 WoGVwV.

(4) Weiterhin wird für zum Haushalt rechnende Kinder, für die Kindergeld gezahlt wird, ein Freibetrag in Höhe des Kindergeldes gewährt. Für Alleinerziehende 1) kommt ein Freibetrag in Höhe von 1.200 DM hinzu. ' Daneben gelten weitere Freibeträge für besondere 2) Personengruppen. (5) Von der bisher ermittelten Summe der Einnahmen wer­ den verschiedene Pauschbeträge abgezogen, die ent­ sprechend der persönlichen Belastung des Antrag­ stellers mit Einkommensteuer und Pflichtbeiträgen zur Kranken- und Rentenversicherung zwischen 6 % und 30 % betragen. (6) Das Wohngeldgesetz kennt verschiedene Tatbestände, die von vornherein zu einer Leistungsversagung füh­ ren, wie etwa das Vorliegen von gleichgerichteten 3) Leistungen von anderen öffentlichen Kassen oder die Vermögensteuerveranlagung eines Familienmitglieds. Wohngeld wird weiterhin nicht gewährt für Wehrpflich­ tige sowie Alleinstehende, die zur Förderung ihrer Ausbildung Leistungen nach dem Bundesausbildungsför4) derungsgesetz oder Arbeitsförderungsgesetz beziehen. Dies gilt jedoch wiederum dann nicht, wenn dem Antrag-

1) § 15 WoGG; der früher gewährte Freibetrag von 2.400 DM für mitverdienende Kinder, der durch das Haushaltsbe­ gleitgesetz 1983 gestrichen worden war, wird ab 1.1.1986 in Höhe von 2.000 DM wieder eingeführt, vgl.6.WoGÄndG (Fußn. 1, S. 9 ) . 2) § 16 WoGG. 3) Die Leistungen durch das Bundessozialhilfegesetz rech­ nen hierzu ausdrücklich nicht, § 18 Abs. 1 Ziff. 1 WoGG. 4) § 41 WoGG.

gungsZeitraum sind dann zugrunde

zu legen, wenn sie

erheblich über den Einnahmen aus der vorhergehenden 1) Periode liegen. (9) Basis des Jahreseinkommens ist das Familieneinkommen, d.h. der Gesamtbetrag des Jahreseinkommens der zum 2) Haushalt rechnenden Familienmitglieder. ' (10) Eine Anrechnung von vorhandenem Vermögen findet nicht statt; wird ein Familienmitglied vermögensteuerpflich­ tig, tritt automatisch Leistungsausschluß ein. 3) (11) Zahlenbeispiel: Das Wohngeld für 4 Familienmitglieder beträgt bei einem maßgeblichen Familieneinkommen im Sinne des § 9 WoGG

von 1.000 DM:

396 DM

bei 1.500 DM:

2 60 DM

bei 2.000 DM:

123 DM

Die Förderung endet bei einer Einkommensgrenze von 2.360 DM (jeweils unter Zugrundelegung der höchsten berücksichtigungsfähigen Miete für einen 4-PersonenHaushalt in Höhe von 680 DM).

_B undes sozialhi lf eges etz 4) (1) Ziel des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG -

ist es,

dem Hilfeempfänger eine der Würde des Menschen ange­ messene Lebensführung zu ermöglichen."^ 1) In Zukunft wird grundsätzlich auf die im Bewilligungs­ zeitraum zu erwartenden Einnahmen abgestellt, vgl. § 11 Abs. 1 WoGG in der ab 1.1.1986 geltenden Fassung. 2) Der Kreis der Familienmitglieder ist in § 4 WoGG fest­ gelegt . 3) Stand nach der 5. Wohngeldnovelle von 1981; Erhöhung der Beträge ab 1.1.1986 durch 6. Wohngeldnovelle, vgl. BGBl. 1985 I S. 1318. 4) In der Fassung vom 24.5.1983, BGBl. I S. 614. 5) Zum Wesen der Sozialhilfe vgl.Institut FSt., Brief 225.

- 15 (2) Die Sozialhilfe wird je nach Bedürftigkeit gewährt, d.h. die Höhe der Leistungen richtet sich nach dem jeweiligen verfügbaren Einkommen. Zu dem Einkommen i.S. des BSHG rechnen "alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert". Dazu zählen nicht nur Einkünfte im Sinne des EStG, sondern alle Einnahmen ohne Rücksicht auf Herkunft und Rechtsnatur, ob steuerpflichtig oder • v.4. 1) nicht. (3.1) Die Hinzurechnung staatlicher Leistungen wird in einer speziellen Vorschrift geregelt. Danach wer­ den nur solche Leistungen angerechnet, die zu einem gesetzlich ausdrücklich genannten Zweck ge­ währt werden, wenn die Sozialhilfe im Einzelfall 2) demselben Zweck dient. ' Für sonstige erhaltene Zuwendungen des Antragstellers muß im Einzelfall eine Hinzurechnung geprüft werden.^'

1) § 1 der Durchführungsverordnung zu § 76 BSHG vom 30.6.1961, BGBl. I S. 815. 2) § 77 BSHG; angerechnet wird z.B. Wohngeld auf den Bedarf für Unterkunft, Pflegegeld nach der RVO auf das Pflegegeld nach § 69 BSHG. Umstritten ist die Behandlung des Kindergeldes in diesem Zusammenhang. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungs­ gerichts ist das Kindergeld zwar als Einnahme im Sinne des § 76 BSHG, nicht aber als Zweckleistung im Sinne des § 77 anzusehen, es komme vielmehr auf den Grad der Bedürftigkeit des Kindes im Einzelfall an, vgl. BVerwG vom 27.1.1965, DöV 1965, S. 237. Vgl. auch Flottmann, in: Doetsch, a.a.O., Gruppe 9b, S. 116 und Knopp/Fichtner, Kommentar zum BSHG, 5. Aufl. 1983, § 77, Rdnr. 5 m.w.N. 3) Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege werden nur hinzugerechnet, wenn ihre Nichtberücksichtigung "sozial ungerechtfertigt" wäre, § 78 Abs. 1 BSHG. Sonstige freiwillige Zuwendungen bleiben außer Be­ tracht, soweit ihre Berücksichtigung für den Empfänger "eine besondere Härte" bedeuten würde, § 78 Abs. 2 BSHG. Bezüglich der Anrechenbarkeit von Werksrenten vgl. Flottmann, a.a.O.

- 16 (3.2) Leistungen nach dem Gesetz selbst

sowie die Grund­

rente nach dem Bundesversorgungsgesetz

bleiben

außer Ansatz (§ 76 Abs. 1 BSHG), ebenso wie Ver­ äußerungsgewinne . ^ ^ (3.3) Von dem ermittelten Einkommen werden verschiedene 2) Beträge abgesetzt , und zwar: - entrichtete Einkommensteuern 3) - Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung - Versicherungsbeiträge T die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben.^) Die hierzu ergangene Durchführungsverordnung^^ behan­ delt die sieben Einkunftsarten nach dem EStG und bestimmt im einzelnen die Berechnung der Einkünfte. Dabei wird tatbestandsmäßig stets auf die Vorschrif­ ten des EStG verwiesen, teilweise werden sie ergänzt, insbesondere bezüglich der Abziehbarkeit bestimmter , 6) Ausgaben. Sonderregelungen finden sich insbesondere für die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbe­ betrieb, selbständige Arbeit und Vermietung und Verpachtung. 1) Diese werden jedoch beim Vermögen erfaßt. 2) Die Absetzungen werden in der Praxis der Sozial­ hilf egewährung als "Einkommensbereinigung" be­ zeichnet, vgl. Flottmann, a.a.O., S. 115. 3) Wenn Pflichtbeiträge sowie freiwillige Leistungen für eine Krankenversicherung von der Sozialhilfe übernommen werden, ist ein Abzug von der Bemes­ sungsgrundlage selbstverständlich ausgeschlossen, vgl. § 13 Abs. 1 und 2 BSHG. 4) § 76 Abs. 2 Ziff. 1 bis 4 BSHG. 5) Vgl. Fußn. 1) auf S. 15. 6) z.B. für die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in § 3 Abs. 2 DV-BSHG-.

- 17 (3.4) Absetzungen für Abnutzung nach den §§ 7, 7 b und 7 e EStG und nach dem Berlinförderungsgesetz wer1) den generell nicht anerkannt.

Bei Einkünften

aus Vermietung und Verpachtung wird der Mietwert 2) der eigengenutzten Wohnung nicht berücksichtigt. Bei Vermietung möblierter Wohnungen werden pau3) schale Abzüge zugelassen. Ein Verlustausgleich innerhalb der einzelnen Ein4) kunftsarten oder findet nicht statt. kennt das Gesetz (4),(5) Freibeträge Pauschalabzüge nicht. (6.1) Anrechnungsvorschriften sind in den §§ 77 und 78 BSHG enthalten betr. sonstige Leistungen auf sozia­ lem Gebiet.^ (6.2) Ausschlußvorschriften sind in § 2 5

7 )

und § 2 6

8 )

BSHG

enthalten. (7)

Bei den drei ersten Einkunftsarten kann nach Ermes­ sen der Festsetzungsstelle der vom Finanzamt er9) mittelte Gewinn zugrunde gelegt werden.

1) § 4 Abs. 5 DV-BSHG-. 2) § 7 Abs. 1 DV, vgl. Hieronymus, in: Das deutsche Bundes­ recht, Fach VF 90 d, 182, Lieferung, S. 10. 3) § 7 DV-BSHG-. 4) Ausnahmeregelung für Härtefälle in § 10 DV-BSHG-. 5) Pauschalen jedoch bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und V & V gem. § 3 Abs. 6 und § 7 DV-BSHG-. 6) Vgl. oben bei (3.1) . 7) Weigerung der Leistung zumutbarer Arbeit. 8) Leistungsausschluß für Auszubildende. 9) Nach § 4 Abs. 3 DV-BSHG- ist der für das abgelaufene Jahr ermittelte Steuergewinn nur Anhaltspunkt für die eigene Berechnung des Sozialamts; nach § 4 Abs. 4 übernimmt das Sozialamt die Feststellung des Finanzamts voll­ inhaltlich .

- 18 (8) Maßgeblich als Bemessungszeitraum ist grundsätzlich das laufende Jahr, das sog. "Berechnungsjähr" bzw. die monatlichen Einkünfte. Es kann aber auch das 1) Einkommen des Vorjahres zugrunde gelegt werden. (9) Ausschlaggebend ist grundsätzlich das Familienein­ kommen, d.h. auch das Einkommen des anderen Ehe­ gatten ist einzusetzen. Da außerdem das Gesetz vom Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe ausgeht (§ 2 BSHG), werden insoweit auch indirekt die Ein­ künfte anderer Familienmitglieder sowie

sonstiger 2)

Unterhaltsverpflichteter herangezogen. (10) Eigenes Vermögen ist grundsätzlich einzubeziehen; es gibt jedoch diesbezüglich eine Reihe wichtiger 3) Ausnahmen bzw. Härteregelungen. (11.1) Die Höhe der Leistung wird bezüglich der laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt nach Regelsätzen ge­ währt, die von den Ländern festgesetzt und den Renten4) erhohungen entsprechend anzuheben sind.

Dabei wer­

den für Haushaltsangehörige Zuschläge je nach Alter 5

von 45 bis 90 % gewährt. ^ 1) Vgl. Fußn. 9 auf S. 17. 2) Technisch geschieht dies mit Hilfe der sog. Über­ leitungsanzeige nach § 91 BSHG. Zum Familien­ bzw. Haushaltseinkommen vgl. auch die §§ 11 und 16 BSHG. 3) § 88 Abs. 1 bis 4 BSHG. 4) z.Z. beträgt der Regelsatz in Nordrhein-Westfalen 379 DM pro Haushaltsvorstand (Stand: 1.7.1985). 5) Mehrbedarfszuschläge von 20 bis 50 % gibt es in besonderen Fällen, §§ 23, 24 BSHG. Nach § 22 Abs. 3 BSHG ist bei der Festsetzung der Regel­ sätze darauf zu achten, daß sie zusammen mit den durchschnittlichen Kosten für die Unterkunft unter dem jeweiligen durchschnittlichen Nettoarbeits­ einkommen unterer Lohngruppen zuzüglich Kindergeld und Wohngeld bleiben.

- 19 Zählenbeispiel: Eine vierköpfige Familie erhält zur Zeit

1)

mit zwei

minderjährigen Kindern (angenommen 12 und 16 Jahre) durchschnittlich etwa 1.308 DM Sozialhilfe. Hinzu 2) kommen noch die Kosten der Unterkunft ', so daß bei einem 4-Personen-Haushalt und einer angenommenen monatlichen Miete von 680 DM im Beispielsfall eine 3) Leistung von etwa 2.000 DM gewährt würde. (11.2) Eine feste Einkommensgrenze betr. die allgemeinen Leistungen zum Lebensunterhalt kennt das BSHG nicht, da die Leistungen nach der individuellen Bedürftig­ keit bemessen werden und sich diese durch eine wirt­ schaftliche Besserstellung des Hilfsbedürftigen sukzessive verringert. Wird Hilfe für "besondere 4) Lebenslagen" gewährt

, so greifen besondere Ein­

kommensgrenzen ein.~^

1) Stand: 1.7.1985. 2) Abzüglich gewährtem Wohngeld, vgl. § 77 BSHG. 3) Zu diesem Betrag wären allerdings je nach Einzel­ fall noch weitere Beträge für Heizung, Kranken­ kasse, a.o. Kleiderbedarf etc. hinzuzuschlagen, so daß die Förderung im Beispielsfall durchaus über 2.500 DM liegen kann. 4) Vgl. dazu den Katalog des § 27 BSHG. 5) § 79 Abs. 1 - 4 BSHG. Die Anwendung der Einkommens­ grenze steht weitgehend im Ermessen der Behörden, vgl. §§ 84, 85 BSHG.

- 20 III. Arbeitsförderungsgesetz 1) (1) Das Arbeitsförderungsgesetz - AFG ' - unterscheidet zwischen zwei grundverschiedenen Leistungstypen, nämlich dem Arbeitslosengeld und der Arbeitslosen­ 2 )

hilfe.

Ersteres ist eine reine Versicherungsleistung, deren Höhe von bestimmten vorher erbrachten Vorleistungen abhängt, während letztere eine nach Bedürftigkeit des Empfängers ausgestaltete Sozialleistung dar­ stellt.

3)

(2.1) Eine der Leistungsvoraussetzungen der Arbeitslosen4) hilfe ist Bedürftigkeit des Antragstellers.

Dabei

findet eine zweifache Bedürftigkeitsprüfung statt: Zunächst wird gefragt, ob der Arbeitslose der Arbeits­ losenhilfe überhaupt bedarf. Hierbei ist vorhandenes 5) Vermögen zu berücksichtigen. Sodann wird geprüft, ob das nach dem AFG einzusetzende 6) Einkommen die Höhe der Arbeitslosenhilfe erreicht. 1) vom 25.6.1969, BGBl. I S. 582. 2) Geregelt in den §§ 134 bis 141 AFG sowie durch die Arbeitslosenhilfeverordnung vom 7.8.1974, BGBl. I S. 1929. 3) Diese inhaltliche Unterscheidung kommt auch in ver­ waltungsorganisatorischer Hinsicht zum Ausdruck. Die Gewährung des Arbeitslosengeldes ist nämlich Selbstverwaltungsaufgabe der Bundesanstalt für Arbeit, während die Arbeitslosenhilfe als Auftrags­ verwaltung des Bundes ausgestaltet ist, vgl. § 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Ziff. 6 und Abs.3 AFG. Auch die Mittelaufbringung ist unterschiedlich geregelt, vgl. die §§ 167 und 187 AFG. Zum Wesen der Arbeits­ losenhilfe siehe R. Schmidt, "Arbeitslosenhilfe", in: Doetsch, a.a.O., Gruppe 7, S. 351 ff. 4) Zu den sonstigen Voraussetzungen siehe § 134 AFG. 5) § 137 Abs. 1

1.Halbsatz i.V.m. § 137 Abs. 2 AFG.

6) § 137 Abs. 1

2.Halbsatz i.V.m. § 138 AFG.

- 21 (2.2) Ausgangsgröße ist somit das Einkommen des Arbeits­ losen; hierzu zählen "alle Einnahmen in Geld oder 1

Geldeswert". * (3.1) Als Einkommen gelten auch Leistungen von dritter 2) Seite sowie Leistungsanspruche an Dritte.

Dazu

zählen auch Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades sowie Einkünfte des Ehegatten ab 3) einer bestimmten Höhe. (3.2) Von dem universellen Einnahmebegriff werden vom Ge­ setz selbst sowie in einer dazu ergangenen Ausfüh­ rungsverordnung insgesamt 16 Ausnahmen genannt. Es handelt sich hierbei im wesentlichen um Versorgungs­ bezüge, zweckgebundene Leistungen, Entschädigungs­ leistungen, bestimmte steuerfreie Einnahmen, Zuwen­ dungen von Dritten mit Fürsorgecharakter und Lei­ stungen, die nicht dem Lebensunterhalt dienen, 4) sowie das Kindergeld.

1) § 138 Abs. 1 Ziff. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 AFG. 2) § 138 Abs. 1 Ziff. 1 AFG, soweit nicht nach § 115 AFG bereits anzurechnen. Diese letztere Vorschrift betrifft die teilweise Anrechnung von Einkünften, die dem Arbeitslosen während des Bezugs von Arbeitslosengeld zufließen. Nach § 140 AFG kann das Arbeitsamt eine Über­ leitung von dem Hilfeempfänger zustehenden Ansprüchen bewirken. 3) § 138 Abs. 1 Ziff.1 2.Halbsatz und Ziff. 2 AFG. Die Bundesanstalt für Arbeit setzt hierzu einen Grund­ bedarf sowie Erhöhungsbeträge für weitere unterhalts­ berechtigte Personen an. Zur Zeit beträgt der zu Lasten des Hilfeempfängers zu berücksichtigende Unterhalts­ anspruch i.S.d. § 138 Ziff. 2 bei einem Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen von 2.000 DM und weiteren zwei Angehörigen (außer dem Arbeitslosen) 52,50 DM, vgl. Schmidt, a.a.O., S. 361. 4) § 138 Abs. 3 Ziff. 1 bis 8 AFG und § 11 Ziff. 1 bis 8 der Alhi-VO (vgl. oben Fußn. 2, S. 20).

- 22 (3.3) Von dem ermittelten Einkommen sind (nur) abzusetzen - auf das Einkommen entfallende Steuern; - Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung; - die notwendigen Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. ) 1

(4),(5) Freibeträge oder pauschale Abzüge kennt das AFG nicht.^ (6.1) Das AFG enthält eine Reihe spezieller Vorschriften für den Fall des Zusammentreffens von Leistungs3) ansprüchen nach verschiedenen Gesetzen sowie eine 4) allgemeine Anrechnungsklausel. (6.2) In zwei Fällen sieht das AFG einen Leistungsausschluß vor, nämlich wenn der Arbeitslose eine ihm zumutbare Erwerbsmöglichkeit nicht wahrnimmt oder die Gesamt­ umstände der Lebensführung des Arbeitslosen die Ver5) mutung sonstiger Einkommensquellen nahelegen. 1) § 138 Abs.2 Ziff.1 bis 3 AFG. Bis zur Änderung durch das 5. Änderungsgesetz zum AFG vom 23.7.1979, BGBl. I S. 1189 galt § 138 Abs.2 in folgender Fassung: "Als Einkommen gelten alle Einkünfte.in Geld oder Geldes­ wert nach Absetzung der Steuern, der Beiträge zur Sozial­ versicherung ... und der Werbungskosteri". In der Begründung zu dem Entwurf des 5. Änderungsgesetzes heißt es, daß der Einkommensbegriff für die Arbeitslosen­ hilfe von steuerrechtlichen Gesichtspunkten "zu lösen" sei. Auch solle dadurch ein Verlustausgleich zwischen den einzelnen Einnahmearten ausgeschlossen werden, vgl. BT-Drucks. 8/2624, S. 30. 2) Von der Ermächtigungsnorm des § 138 Abs. 4 AFG zur Fest­ setzung von Pauschbeträgen bezüglich der Absetzung von Ausgaben hat der Verordnungsgeber bislang keinen Ge­ brauch gemacht; das gleiche gilt für die Ermächtigungs­ norm des § 130 AFG. 3) §§ 117-118 b i.V.m. § 134 Abs. 4 S. 1; vgl. aber § 134 Abs. 4 S. 3. 4) Nach § 138 Abs. 3 Ziff. 4 AFG scheiden solche Leistungen aus dem anzurechnenden Einkommen aus, die ihrerseits unter Anrechnung auf die Leistung nach diesem Gesetz gewährt wurden. 5) § 137 Abs. 1 Satz 1 AFG i.V.m. § 10 Alhi-VO.

- 23 (7) Bezüglich des Nachweises der Einnahmen gelten im Rahmen des AFG die allgemeinen Mitwirkungspflichten des Antragstellers.^ (8) Bezugseinkommen ist ebenso wie beim 2) geld das monatliche Einkommen.

Arbeitslosen-

(9) Einbezogen in die Einkommensbemessung wird auch das 3) Einkommen des nicht getrenntlebenden Ehegatten. (10) Im Recht der Arbeitslosenhilfe finden sich detaillier­ te Regelungen über die Anrechnung von Vermögen des Antragstellers, des Ehegatten sowie der im Haushalt 4) lebenden Kinder. (11) Die Arbeitslosenhilfe beträgt 58 % bzw. bei kinder­ losen Hilfeempfängern 56 % des letzten Nettoeinkom5) mens.

Die Leistung verringert sich sukzessiv um

das anzurechnende Einkommen.

1) §§143,144 AFG i.V.m. § 60 SGB - I -. 2) § 134 i.V.m. § 112 Abs. 3 AFG. 3) Vgl. dazu oben Fußn. 3) S. 21. Die Vorschrift des § 139 AFG, nach der Eheleuten, die beide anspruchs­ berechtigt sind, nur einmal Arbeitslosenhilfe ge­ währt wird, ist kürzlich vom BVerfG für verfassungs­ widrig erklärt worden, vgl. NJW 1985, S. 374. 4) § 137 Abs. 2 AFG und § § 6 - 9

der Alhi-VO.

5) Die Höhe der Beträge richtet sich nach 5 Leistungs­ klassen, vgl. § 111 Abs. 2 AFG. Die höchste Förde­ rung in Leistungsklasse C beträgt z.Z. 458,40 DM pro Woche. 6) Vgl. § 137 Abs. 1 AFG.

- 24 IV. BundesVersorgungsgesetz Das Bundesversorgungsgesetz - BVG

^ sichert die Ver2)

sorgung von Kriegs- und Wehrdienstopfern

bzw. deren

Hinterbliebenen durch Gewährung verschiedener Leistun­ gen. Die beiden wichtigsten sind die Kriegsopferfür3) sorge und die Beschädigtenrente. ' 1 . Kriegsopferfürsorge (1) Die Kriegsopferfürsorge tritt dann ein, wenn die in Frage kommenden Personen nicht in der Lage sind, den jeweils anzuerkennenden Bedarf durch eigenes Einkommen bzw. Vermögen zu decken. (2) Bemessungsgrundlage für das Einkommen im Sinne der Kriegsopferfürsorge sind alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert, ohne Rücksicht auf Quelle, Rechtsnatur, etwaiger Steuerpflicht oder Zugehö­ rigkeit zu den Einkünften nach EStG.^

1) I.d.F. vom 22.1.19 82, BGBl. I S. 21. 2) In diesem Zusammenhang ist noch auf einige andere Gesetze hinzuweisen, die gleichfalls dem Ausgleich von Kriegslasten bzw. Kriegsfolgelasten dienen sollen und bei der Bemessung von Leistungen die wirtschaft­ lichen Verhältnisse des betreffenden Personenkreises berücksichtigen, z.T.. auch Einkommensgrenzen kennen. Zu nennen sind hier das Lastenausgleichsgesetz (i.d.F. vom 1.10.1969, BGBl. I S. 1909), das Bundesentschädi­ gungsgesetz (i.d.F. vom 29.6.1956, BGBl. I S. 559), das Heimkehrergesetz (vom 19.6.1950, BGBl. I S. 221), das Flüchtlingshilfegesetz (i.d.F. vom 15.5.1971, BGBl. I S. 682), das Häftlingshilfegesetz (i.d.F. vom 29.9.1969, BGBl. I S. 1793) und das Kriegsgefangenen­ entschädigungsgesetz (vom 2.9.1971, BGBl. I S.1769 ; zum Einkommensbegriff des letztgenannten Gesetzes vgl. ausf. BVerwG vom 12.7.1984, DöV 1985, S. 283 f.). Auf eine nähere Darstellung dieser Gesetze wird hier verzichtet. 3) § 1 BVG; zum Umfang der Versorgung vgl. den Leistungs­ katalog in § 9 BVG. Die früher eigenständige Kriegs­ opferfürsorge wurde erst im Jahre 1960 durch das sog. 1. Neuordnungsgesetz vom 27.7.1960 (BGBl. I S. 453) in neugestalteter Form in das BVG eingegliedert. 4) §§ 2 5 ff. BVG. 5) § 25 d Abs. 1 i.V.m. § 30 Abs. 1 der Verordnung zur Kriegsopferfürsorge - KFVO - vom 1 6 .1 . 1 979 , BGBl.I S.803.

- 25 (3.1) Zum Einkommen hinzuzurechnen sind erhaltene Leistungen des Hilfesuchenden aufgrund von Unterhaltsansprüchen, 1) 2) das Einkommen des Ehegatten , Kindergeld sowie son­ stige staatliche Leistungen, soweit im Verhältnis zur 3) Kriegsopferfürsorge Zweckgleichheit vorliegt. (3.2) Außer Betracht bleiben zunächst weitere Leistungen 4) ;et nach dem Gesetz sowie sonstige caritative 5) selbst Zuwendungen. (3.3) Vom hiernach ermittelten Einkommen sind abzusetzen - auf das Einkommen entrichtete Steuern, - Pflichtbeiträge zur Sozial-, Arbeitslosen- und son­ stigen Versicherungen, soweit gesetzlich vorgeschrie­ ben oder angemessen; - die mit der Erzielunggdes Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben. Das Absetzungsverfahren wird in der Verordnung über die Kriegsopferfürsorge konkretisiert, indem zunächst die sieben Einkunftsarten des EStG genannt und bezüg­ lich ihres Vorliegens vollinhaltlich auf die Regelun­ gen des EStG verwiesen wird.^ Sodann werden für die betreffenden Einkunftsarten nähere Bestimmungen über 8) Art und Umfang der zulässigen Ausgaben getroffen. 1) § 25 d Abs. 2 BVG. 2) § 30 Abs. 3 KFVO. 3) § 25 d Abs. 4 BVG; zur Berücksichtigung von erhaltenem •Wohngeld vgl. § 30 Abs. 2 Nr. 2 KFVO. 4) Teilweise Anrechnung jedoch in bestimmten Fällen, vgl. § 25 d Abs. 1 und § 26 a Abs. 9 BVG. 5) § 25 d Abs.2 BVG; Einbeziehung aber u.U. möglich, vgl. ebenda. Zusätzlich findet sich eine generelle Billig­ keitsregelung über den Einsatz eigenen Einkommens in den §§ 41 ff. KFVO. 6) § 25 d Abs. 3 BVG. 7) §§ 32 ff. KFVO. Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft werden allerdings nach einer gesonderten Verordnung ermit­ telt, vgl. § 34 KVFO i.V.m. § 9 der Durchführungs-VO zu § 33 BVG vom 1.7. 1975. BGBl. I S. 1769. 8) Die KFVO richtet sich hier großenteils nach dem BSHG, vgl. §§ 32-36 KFVO.

- 26 (3.4) Regelungen über die Begrenzung von anzuerkennenden Ausgaben finden sich in den speziellen Regelungen 1)

zu

den einzelnen Einkunftsarten

; ein Verlustaus­

gleich zwischen einzelnen Einkunftsarten ist unzu,.. . 2) lassig. (4), (5) Freibeträge und pauschale Abzüge finden sich eben­ falls in den speziellen Regelungen. (6)

Anrechnungsvorschriften bezüglich sonstiger Sozial­ leistungen sind in den Vorschriften über die Ermittlung des 3) zugrundezulegenden Einkommens enthalten.

In Sonder­

fällen ist auch eine Einschränkung bzw. ein Aus4) Schluß der Leistungen möglich. (7)

Bei den ersten drei Einkunftsarten ist zum Nachweis der Einnahmen von den Einkünften auszugehen, die sich bei der letzten Einkommensteuerveranlagung er­ geben haben; bei fehlender Veranlagung hat der Hilfesuchende die Gewinne auf sonstige Weise nachzu­

(8)

weisen. Hilfsweise ist der Gewinn "im Benehmen mit 5) dem Finanzamt" zu schätzen. Bezugsgrundlage für das maßgebliche Einkommen ist 6) der zwölfte Teil der Jahreseinkünfte.

1) Gemäß § 33 Abs. 3 KFVO i.V.m. § 8 Abs. 1 DV zu § 33 BVG (vgl. Fußn. 7, S. 25) fallen hierunter u.a. die Absetzungen nach den §§ 7 b, 7 d EStG, 82 a, g EStDV sowie nach dem Berlinförderungsgesetz und Zonenrandförderungsgesetz. 2) § 39 KFVO für alle Einkunftsarten. 3) Etwa in § 25 d Abs. 1 und 4 BVG. 4) § 51 KFVO. 5) § 33 Abs. 5 KFVO. 6) § 40 Abs. 1 KFVO; für Saisonbetriebe vgl. § 40 Abs. 2.

(9) Als Einkommen des Hilfesuchenden gilt auch das Ein­ kommen des Ehegatten. Leistungen Dritter aufgrund eines Unterhaltsanspruches werden in bestimmten 1) Grenzen berücksichtigt. Besondere Regelungen gel2) ten bei Leistungen für Familienmitglieder. (10) Vermögen des Hilfesuchenden wird unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmten Grenzen ebenfalls 3) berücksichtigt. ' (11) Das Einkommen im Sinne des BVG ist nur bei Überstei­ gen einer bestimmten Einkommensgrenze heranzuziehen. Diese beträgt z.B. bei einer vierköpfigen Familie unter Zugrundelegung eines Aufwands für Unterkunft von 680 DM z.Z. 2.368 DM.

Beschädigtenrente (1) Bei Minderung der Erwerbsfähigkeit entsteht unter bestimmten Voraussetzungen der Anspruch auf eine monatliche Ausgleichsrente gemäß den §§ 29 ff. 5

BVG. ^ (2) Die volle Ausgleichsrente ist um das anzurechnende 6) Einkommen zu vermindern.

Das Einkommen wird er­

mittelt als Summe aller Einkünfte in Geld oder Gel1) § 25 d Abs. 1 Satz 1 und 2 BVG. 2) § 50 KFVO. 3) § 25 f BVG mit Verweisung auf bestimmte Regelungen des BSHG. 4) Berechnet nach § 25 e Abs. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 a BVG. 5) Die folgenden Ausführungen über das anzurechnende Einkommen beziehen sich auch auf die sonstigen Lei­ stungen nach dem BVG wie Ehegatten-, Kinderzuschläge und Elternrenten nach den §§ 41 Abs. 3, 47 Abs. 2, 33 a Abs. 1 Satz 3, 33 b Abs. 5 und 51 Abs. 4 BVG. 6) Die sog. "Grundrente" wird jedoch einkommensunabhängig g währt, vgl. §§ 31 und 33 BVG.

- 28 deswert ohne Rücksicht auf Quelle und Rechtsnatur und darauf, ob sie zu den Einkünften im Sinne des 1) EStG gehören oder steuerpflichtig sind. Dabei wird unterschieden zwischen Einkünften aus "gegenwärtiger Erwerbstätigkeit" - hierzu gehören Einkünfte aus - nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG, - Land- und Forstwirtschaft, - Gewerbebetrieb, 2) - selbständiger Tätigkeit und "übrigen Einkünften", zu denen neben Einkünften aus "Haus- und Grundbesitz" sowie Kapitalvermögen vor allem verschiedene Renten und Leistungen mit 3) Fursorgecharakter zählen. (3.1) Zu den Einnahmen können u.U. auch realisierbare Ansprüche und Anwartschaften hinzugerechnet werden. Außerdem zählen dazu bestimmte Unterhaltsansprüche^ und Rehabilitationsleistungen.^ (3.2) Der universelle Einnahmebegriff wird eingeschränkt durch Herausnahme einer Reihe von Sozialleistungen wie z.B. Sozialhilfe, Wohngeld, Kindergeld, diverse Beihilfen und Unterstützungsleistungen, staatliche

1) § 33 Abs. 1 Satz 1 BVG i.V.m. § 1 DV zu § 33 BVG (vgl. oben Fußn. 7, S. 25). 2) § 33 Abs. 2 BVG. Nach Abs.1 Abs.3 Satz 1 DV-BVG- gehören hierher auch solche Einkünfte, die "nach den Vorschrif­ ten des Einkommensteuerrechts den in § 33 Abs. 2 BVG aufgeführten Einkunftsarten zugerechnet werden". 3) § 1 Abs. 3 DV-BVG- zählt neun Leistungen beispielhaft auf . 4) § 1 Abs. 2 DV-BVG-. 5) § 4 DV-BVG-. 6) § 33 Abs. 2 Satz 1 2.Halbsatz BVG.

- 29 -

Vergünstigungen wie Wohnungsbauprämie, Sparprämie, Zu­ lagen nach Vermögensbildungsgesetz und Berlinförde1) rungsgesetz u.a.m. (3.3) Eine generelle Norm für die zulässigen Absetzungsbeträ2) ge fehlt im Recht der Beschädigtenrente

; in § 1

Abs. 4 der Durchführungsverordnung heißt es lediglich: "Die Einkünfte ... sind getrennt nach den Einkunfts­ arten des § 2 Abs. 1 EStG zu ermitteln. Abzüge sind nur insoweit zulässig, als dies in dieser Verordnung oder in anderen Rechtsverordnungen bestimmt ist." Für einzelne Einkunftsarten wird der Umfang der zuläs3) sigen Absetzungen noch näher konkretisiert.

Zu be­

achten ist hier allerdings, daß bei der einkommens­ abhängigen Ausgleichsrente als anzurechnendes Ein­ kommen das Bruttoeinkommen des Beschädigten herange­ zogen wird, so daß sich hieraus Beschränkungen für die Abzugsmöglichkeit von Steuern, Sozialabgaben u . a . 4) ergeben. (3.4) Bestimmungen über die Begrenzung von Abzügen finden 5) sich mehrfach im Recht der Beschädigtenrente. (4),(5) Freibeträge und Pauschbeträge kommen verschiedentlich bei den Bestimmungen zu den einzelnen Einkunftsarten zur Anwendung.^ Eine Ermessensnorm zur pauschalen Festsetzung des maßgeblichen Einkommens enthält § 33 Abs. 3 BVG. 1) § 2 Abs. 1 DV-BVG- nennt 3 5 verschiedene Gruppen von Leistungen. 2) Vgl. dagegen § 25 d Abs. 3 BVG zur Kriegsopferfürsorge. 3) §§ 6, 8, 9, 11, 12 DV-BVG-. 4) § 33 Abs. 1 S. 1 BVG. 5) In den §§ 1 Abs. 4 Satz 3, 8 Abs. 1 Satz 2 DV-BVG- - Verbot des Verlustausgleichs zwischen einzelnen Einkunftsarten; § 12 Abs. 8 - Verbot des negativen Überschusses; §§ 8 Abs. 1 Satz 3 und 4, 12 Abs. 2 Satz 2 - Begrenzung bzw. Hinzurechnung von Sonderabschreibungen und erhöhten Absetzungen . 6) §§ 11 Abs. 2 und 12 Abs. 1 DV-BVG- - Freibeträge; §§ 9, 12 Abs. 4 e, 6, 7 - Pauschaler Ansatz von bestimmten Ein­ nahmen bzw. Ausgaben.

- 30 (6) Spezielle Anrechnungsvorschriften bestehen bezüglich Ehegatten- und Kinderzuschlägen sowie bezüglich des 1)

Zusammentreffens mit anderen Ansprüchen. (7) Bei den ersten drei Einkunftsarten sind die vom Finanzamt der Einkommensteuerveranlagung zugrunde­ gelegten Gewinne als Ausgangsgröße für das Brutto2) einkommen im Sinne des § 33 BVG anzusetzen.

Das

Gleiche gilt auch hinsichtlich des Ansatzes eines pauschalen Nutzungswertes für die selbstgenutzte Wohnung im eigenen Haus."^ (8) Eine allgemeine Regelung über den maßgeblichen Be­ zugszeitraum wie bei der Kriegsopferfürsorge fehlt im Recht der Beschädigtenrente. Grundsätzlich ist jedoch wegen der Bestimmungen über die schrittweise Anrechnung des eigenen Einkommens von dem monat­ lichen Bruttoeinkommen auszugehen.^^ Bei der Zugrunde­ legung von steuerlichen Jahreseinkünften ist ggf. zu Zwölfteln.^ (9) Einzubeziehen in die Bemessungsgrundlage sind in ge­ wissem Umfang auch Leistungen des anderen Ehegatten sowie Elterneinkünfte bei Bedürftigkeit des Kindes.

1) §§ 33 a Abs. 1 Satz 1, 33 b Abs. 1 und 5, 54, 65 BVG. Sonderregelungen für Witwen und Waisen in den §§ 14, 15 DV-BVG-, 2) § 8 Abs. 1 Satz 1 DV-BVG. 3) § 12 Abs. 2 DV-BVG-. 4) Vgl. § 1 der 19. Verordnung über das anzurechnende Einkommen nach dem BVG vom 5.7.1985, BGBl. I S. 1433. 5) Vgl. § 9 Abs. 8 DV-BVG. 6) Vgl. §§ 25 d Abs. 2 S. 2, 25 e Abs. 2, 33 b Abs. 4 S. 3 BVG.

- 31 (10) Bestimmungen über die Anrechnung vorhandenen Vermö1) gens kennt das Gesetz nicht. (11) Die nach dem Bundesversorgungsgesetz mögliche volle 2) Ausgleichsrente

ist mittels eines komplizierten

Berechnungsverfahrens um das nach den vorgenannten Bestimmungen ermittelte und anrechnungspflichtige Einkommen i.S. des § 33 BVG zu vermindern, wobei unterschiedliche Anrechnungskoeffizienten gelten bei Einkünften aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit 3) und übrigen Einkünften. V. Bundesausbildungsförderungsgesetz (1) Nach § 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes 4) - Bafög besteht ein Rechtsanspruch auf Leistun1) Vgl.dazu die Regelung in § 25 f BVG für die Kriegs­ opferfürsorge. In § 34 II BVG allerdings General­ klausel der Rechtfertigung der Leistung nach den "wirtschaftlichen Verhältnissen" des Empfängers. 2) Die Höhe richtet sich nach dem Grad der Erwerbs­ unfähigkeit; bei Beschädigten mit 100 %iger Min­ derung der Erwerbsfähigkeit beträgt die Ausgleichs­ rente z.Z. (Stand: 1.7.1985, vgl. Fußn. 4) S. 30) 829 DM. Hinzukommen noch Ehegatten- bzw. Kinder­ zuschläge (zur Berechnung vgl. § 3 der obigen Anrechnungs-VO). 3) Zum Verfahren vgl. § 3 3 Abs. 6 BVG sowie die der Anrechnungsverordnung (s. Fußn. 4) S. 30) beige­ fügte Tabelle. 4 ) I.d.F. vom 6.6.1983, BGBl. I S. 645. In diesem Zusammen­ hang ist noch auf das Gesetz über die "Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an den Hochschulen" - sog. Graduiertenförderungsgesetz i.d.F. vom 22.1.1976, BGBl. I, S. 207 - hinzuweisen, das eine Förderung der in Frage kommenden Stipendiaten ebenfalls von den persönli­ chen Einkommens- und Vermögensverhältnissen abhängig macht (zu den Einzelheiten vgl. § 5 der Durchführungsver­ ordnung zu diesem Gesetz, BGBl. 1976 I, S. 212) sowie für den Bereich der beruflichen Bildung auf § 40 AFG, wonach dem Auszubildenden eine Beihilfe für eine berufliche Aus­ bildung gewährt werden kann, wenn ihm die "hierzu erfor­ derlichen Mittel nicht zur Verfügung stehen" (zu näheren Einzelheiten vgl. Anordnung der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung vom 31.10.1969, Amtl. Nachrichten der BA für Arbeit 1970, S. 213).

- 32 stungen nach diesem Gesetz, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel nicht zur Verfügung stehen. 1) (2)

Auf den nach dem Gesetz anzuerkennenden Bedarf wird vorhandenes Einkommen des Auszubildenden bzw. seiner Eltern angerechnet. Als Ausgangsgröße für das Einkommen i.S. des Bafög dient die Summe der positiven Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 und 2 EStG. Besondere Regelungen gelten für Einkünfte aus Landund Forstwirtschaft sowie Leib- und Versorgungs2

renten. » (3.1) Diesem Betrag sind eine Reihe sonstiger Soziallei­ stungen sowie Leistungen auf dem Gebiet der sozia­ len Sicherung und Förderung hinzuzurechnen, die zur Deckung des Lebensbedarfs bestimmt sind, wie 3 z.B. Waisenrenten, sonstige Ausbildungshilfen etc. (3.2) Außer Betracht bleiben Leistungen nach dem Gesetz 4) selbst, Kindergeld

, Unterhaltsleistungen der

Eltern und der Ehegatten, verschiedene Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz sowie alle Einnah­ men, deren "Zweckbestimmung einer Anrechnung auf den Bedarf entgegensteht"."^ 1) Ab 1.7.1984 für Studierende zwischen 520 DM und 690 DM, vgl. 8. BafögÄndG vom 24.5.1984, BGBl. I S. 707. In Härtefällen sind Zuschläge möglich, vgl. § 14 a Bafög. 2) Bei nicht buchführungspflichtigen Landwirten, deren Ge­ winne gemäß § 13 a EStG nach Durchschnittssätzen ermit­ telt werden, kann die Bundesregierung durch Rechtsver­ ordnung eine eigene Einkommensermittlungsmethode ein­ führen; vgl. die nachträglich in das Bafög eingeführte Ermächtigungsnorm in § 21 Abs. 1 a Bafög. Von dieser Ermächtigung wurde bislang jedoch nicht Gebrauch gemacht. 3) § 21 Abs. 3 Bafög und die VO zu § 21 Abs. 3 Ziff.4 Bafög vom 21.8.1974, BGBl. I S. 2078, nennen insgesamt 37 ver­ schiedene Einnahmefälle aus 9 verschiedenen Gesetzen. 4) Mit Ausnahme des Kindergeldes, das der Auszubildende selbst für seine eigenen Kinder bezieht, § 21 Abs. 3 Nr. 3 Bafög. 5) § 21 Abs. 3 und 4 Bafög.

- 33 (3.3) Von dem Gesamtbetrag der Einnahmen dürfen bestimmte Steuerlasten und Ausgaben für die soziale Sicher­ heit abgezogen werden, wie z.B. der Altersentla­ stungsbetrag nach § 24 a EStG, der Freibetrag für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13 EStG, die AfA für ein 7 b-Objekt, Einkommensteuer und Kirchensteuer sowie Pflichtbeiträge für Sozial­ versicherung; freiwillige Versicherungsleistungen 1) nur, soweit "angemessen". (3.4) Vom Abzug ausgeschlossen sind Absetzungen für 7 bObjekte des Auszubildenden bzw. seines Ehegatten. Für die Eltern sind Absetzungen für ein weiteres 2) 7 b-Objekt nicht zulässig. Ein Ausgleich mit Verlusten aus anderen Einkunfts­ arten sowie mit Verlusten des anderen Ehegatten 3) ist ebenfalls unzulässig. (4)

Das Bafög kennt eine Reihe von Freibeträgen, die das berücksichtigungsfreie Einkommen der Eltern, des 4) Ehegatten sowie des Auszubildenden selbst regeln.

1) § 21 Abs. 1 Ziff. 1 bis 4 Bafög. Hierfür gelten Pauschalsätze, vgl. sogleich unter (5). 2) § 21 Abs. 1 Satz 4 Bafög. 3) § 21 Abs. 1 S. 1 Bafög. Der Ausschluß des Verlustaus­ gleichs gilt erst seit Inkrafttreten des 7. BafögÄnderungsgesetzes vom 13.7.1981 (BGBl. I 1981, S. 625). Bis dahin war der Gesamtbetrag der Einkünfte unverän­ dert aus dem Steuerrecht zu übernehmen. Zur Verfassungs­ mäßigkeit dieser Neuregelung vgl. die Urteile des VerwG Düsseldorf vom 14.10.1983, FR 1984, S. 458 und des OVG Rheinl.-Pfalz vom 27.6.1984, DÖV 1985, S. 289 (nicht rechtskräftig). Zu weitergehenden Vorschlägen in dieser Richtung vgl. auch BT-Drucks. 10/964 und 10/1248 (S. 6 und 7 ) . 4) Vgl. die §§ 23, 25, 25 a und b Bafög.

- 34 (5) Zur Abgeltung der Ausgaben für soziale Sicherung werden von der um die Posten Altersentlastungs­ betrag, Freibetrag für Land- und Forstwirte und 7 b-AfA verminderten Summe der positiven Einkünfte Pauschalbeträge abgesetzt, die je nach Versicherungs­ bzw. Beitragspflichtigkeit des Betreffenden zwischen 11 und 31 % betragen.

;

(6) Vorschriften über die Anrechnung anderer Leistungen finden sich bei der Abgrenzung des Einkommensbegrif­ fes; ein genereller Leistungsausschluß tritt ein bei Vermögensteuerpflicht des Ehegatten bzw. der Eltern des Auszubildenden sowie im Verhältnis zu bestimmten 2) anderen Förderungsleistungen. (7) Das Amt für Ausbildungsförderung trifft die dem Be­ willigungsbescheid

zugrundezulegenden

Feststellun­

gen grundsätzlich in eigener Zuständigkeit gemäß § 41 Abs. 2 Bafög; eine formelle Bezugnahme auf einen vorliegenden Einkommensteuerbescheid bezüglich der Höhe der positiven Einkünfte des Antragstellers bzw. 3) seiner Eltern ist im Gesetz jedoch vorgesehen. Die Höhe des Arbeitslohns ist durch Bescheinigung 4) des Arbeitgebers nachzuweisen. (8) Berechnungszeitraum für das Einkommen des Auszubil­ denden ist das im Bewilligungszeitraum erzielte Ein5) kommen. Bezüglich Eltern und Ehegatten sind die Einkommensverhältnisse im vorletzten Kalenderjahr 6) vor Beginn des Bewilligungszeitraums maßgebend. 1) § 21 Abs. 2 Ziff. 1-4 Bafög. Die Beträge sind zahlen­ mäßig nach oben begrenzt. 2) Insbesondere Unterhaltsgeld nach § 44 AFG, vgl. § 2 Abs. 6 Ziff. 1 Bafög. 3) § 24 Abs. 2 Bafög. 4) Vgl. § 47 Abs. 5 Bafög. 5) § 22 Abs. 1 Bafög. 6) § 24 Abs. 1 Bafög.

- 35 (9) Anzurechnen auf den höchstzulässigen Bedarf sind neben eigenem Einkommen des Auszubildenden auch das 1) seines Ehegatten sowie das seiner Eltern. (10) Das Bafög enthält einen eigenen Abschnitt mit einer detaillierten Regelung zur Anrechnung von Vermögen des Auszubildenden sowie seines Ehegatten und seiner Eltern. 2) (11) Berechnungsbeispiel: Das Einkommen einer 4-köpfigen Familie mit einem wei­ teren minderjährigen Kind neben dem Auszubildenden darf 2.010 DM betragen, ohne den Förderungshöchstbe­ trag zu gefährden; bei einem angenommenen Einkommen i.S.d. Bafög von 2.500 DM würden 171,50 DM auf die 3) Leistung angerechnet werden.

VI. Unterhaltssicherungsgesetz 4) (1) Das Unterhaltssicherungsgesetz - USG

- sieht ver­

schiedene Leistungen des Staates an Wehrpflichtige, die ihren Wehrdienst leisten, und an deren Familien­ angehörige vor zur Sicherung des allgemeinen Lebens­ bedarfs sowie zum Ausgleich besonderer durch den 5) Wehrdienst bedingter Belastungen. 1) § 11 Abs. 2 Bafög; die Anrechnung erfolgt in der genann­ ten Reihenfolge. 2) §§ 26 ff. Bafög. Eigenes Vermögen des Auszubildenden wird über 6.000 DM voll angerechnet, wobei ein eigener Vermögensbegriff verwandt wird. Die Anrechnung von Ver­ mögen der Eltern bzw. der Ehegatten erfolgt im Sinne eines generellen Leistungsausschlusses bei Vermögensteuer­ pflicht der genannten Personen, vgl. § 26 Abs. 2. 3) Zahlenbeispiel nach § 25 Bafög in der ab 1.7.1985 geltenden Fassung, vgl. Änderungsgesetz vom 24.3.1984 (BGBl. I S. 707). 4) I.d.F. vom 9.9.1980, BGBl. I S. 1685. 5) Vgl. den Leistungskatalog der §§ 2 ff. USG; dazu zählen z.B. Mietbeihilfen und sog. Wirtschaftsbeihilfen zur Sicherung der Erwerbsgrundlage des„Wehrpflichtigen sowie Verdienstausfallentschädigungen (§ 13).

- 36 (2) Das USG kennt eine doppelte Einkommensermittlung: Zunächst wird die Bemessungsgrundlage ermittelt für die Anwendung des sog. "Tabellensatzes", der die Höhe der allgemeinen 1) Sicherung angibt.

Leistungen zur UnterhaltsHat jedoch der Wehrpflichtige

während des Wehrdienstes weiterhin Einkünfte, so werden diese mittels eines gesonderten Verfahrens 2) auf die zuvor ermittelte Leistungshöhe angerechnet. Damit sind im Rahmen des USG zwei verschiedene Ein­ kommensbegriffe darzustellen. a) Bemessungsgrundlage für die Anwendung des Tabellen­ satzes ist das monatliche Durchschnittsnettoein­ kommen des Wehrpflichtigen, soweit es sich als Gesamtbetrag der Einkünfte aus dem letzten Einkom­ mensteuerbescheid ergibt bzw. aus dem letzten Arbeitslohn zuzüglich sonstiger Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 - 3 und 5 - 7

EStG.

3)

b) Ausgangsgröße für die Anrechnung eigenen Einkom­ mens sind die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte 4) des Wehrpflichtigen während des Wehrdienstes. (3) a) Dem steuerpflichtigen Einkommen nach (2) a) sind hinzuzurechnen die nach den §§ 7 b bis 7 e EStG abgesetzten Beträge. Abzusetzen sind vom Arbeitslohn entrichtete Ein­ kommensteuer und der Arbeitnehmeranteil zur gesetzli­ chen Sozialversicherung und Arbeitslosenversiche­ rung .

1) §§ 5 und 10 USG. 2) § 11 USG. 3) § 10 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 USG. 4) § 11 Satz 1 USG.

- 37 -

b) Von dem anrechnungspflichtigen Einkommen nach (2) b) sind auszunehmen solche Einkunftsteile, die bei der Gewährung der Wirtschaftsbeihilfe bereits berücksichtigt wurden^, sowie Einkünf­ te, die aus einer vor der Einberufung liegenden 2)

Tätigkeit herrühren. Abzusetzen sind die Steuern vom Einkommen sowie der Arbeitnehmeranteil

zur gesetzlichen Sozial­

versicherung und der Beitrag des Arbeitnehmers zur Bundesanstalt für Arbeit. (4), (5), (6) Einzelbestimmungen zu diesen Gliederungspunkten fehlen im USG. (7) Der Nachweis der Einkünfte hat durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides bzw. Nachweis des Arbeits3) lohnes zu erfolgen. (8) a) Maßgeblicher Bezugszeitraum für die Anwendung der Bemessungsgrundlage ist der dem letzten Einkom­ mensteuerbescheid zugrundeliegende

Zeitraum bzw. 4) der Arbeitslohn des letzten Arbeitsmonats.

b) Bezüglich des anrechnungspflichtigen Einkommens sind hinsichtlich der ersten drei Einkunftsarten die auf dem gesamten Bewilligungszeitraum durch­ schnittlich entfallenden Einkünfte heranzuziehen; die sonstigen Einkünfte sind in der jeweiligen Höhe zu berücksichtigen.^

1) § 11 Satz 4 Ziff. 1 USG; bei Einkünften aus Gewerbe­ betrieb und Land- und Forstwirtschaft ist das sog. "Geschäftsergebnis" maßgebend; vgl. § 7 b Abs. 2 USG. 2) § 11 Satz 4 Ziff. 2 USG. 3) § 10 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 und § 11 i.V.m. § 20 I, II USG. Gemäß § 21 Abs. 2, 3 USG sind Sozialversiche­ rungsträger und Finanzbehörden zur Auskunftsertei­ lung an die Bewilligungsstelle verpflichtet. 4) § 10 Abs.2 USG. 5) § 11 Abs.1 Satz 2 USG.

-

38

-

(9) Grundsätzlich ist nur das Einkommen des Wehrpflich­ tigen ausschlaggebend, da nach dem Zweck des USG auch nur der Wegfall dieses Einkommens kompensiert werden soll. In gewissem Umfang werden jedoch auch Ansprüche von Familienangehörigen gegen Dritte 1) herangezogen. (10) Eine Vermögensanrechnung wird durch das Gesetz 2) selbst grundsätzlich ausgeschlossen. (11) Zahlenbeispiel: Der Tabellensatz für die allgemeinen Leistungen zur Unterhaltssicherung beträgt bei einer 4-köpfigen Familie und einem früheren Nettoeinkommen i.S.d. 3) Gesetzes von über 2.400 DM pauschal 1.680 DM. VII. Bundeskindergeldgesetz (1) Die Zahlung des Kindergeldes dient dem Kostenaus4) gleich der kindbedingten Belastungen

; sie er­

folgte seit der Reform von 1975 einkommensunab­ hängig. Durch die Einführung von Einkommensgrenzen ab 1.1.1983 im neuen Bundeskindergeldgesetz 5) - BKGG wurde es notwendig, das hierfür maßgeb­ liche Einkommen gesetzlich zu definieren.

1) Vgl. § 12 Abs. 1 USG. 2) § 11 Abs. 2 USG. 3) Vgl. Anlage I zu § 5 USG. Die Leistungen sind gestaffelt je nach Anzahl der Familienangehörigen und erzieltem Einkommen und liegen zwischen 53 und 92 % hiervon; maximal werden jedoch 90 % der Bemessungsgrundlage ge­ zahlt, § 7 Abs. 3 USG. 4) Vgl. dazu Institut FSt. Brief 215, S. 16 ff. 5) I.d.F. vom 21.1.1982, BGBl. I S. 13.

- 39 (2) Bemessungsgrundlage ist die Summe der positiven Ein­ künfte i.S.d. § 2 Abs. 1 und 2 EStG.

1)

(3.1) , (3.2) Eine Korrektur der steuerlichen Ausgangsgröße auf der Einnahmeseite findet nicht statt.

(3.3) Von der steuerlichen Ausgangsgröße werden abgesetzt - entrichtete Einkommensteuer und Kirchensteuer;

2) :

- steuerlich anerkannte Vorsorgeaufwendungen, soweit nach § 10 bzw. § 10 c EStG abziehbar; - bestimmte erbrachte Unterhaltsleistungen. (3.4) Ein Verlustausgleich mit anderen Einkunftsarten sowie mit Verlusten Verl; des Ehegatten ist nach dem Gesetz nicht zulässig, 3) (4) Das Gesetz sieht zwar verschiedene "Freibeträge" vor; technisch handelt es sich jedoch hierbei um die Ein­ führung einer Einkommensgrenze, vgl. unter (11). (5) Die Regelungen über Pauschalabzüge können durch die Übernahme der steuerlichen Vorsorgepauschale zur An­ wendung kommen.^ ^

1) Ab 1.1.1986 wird ein sog. "Kindergeldzuschlag" für Be­ rechtigte mit geringem Einkommen eingeführt; vgl. 11. Gesetz zur Änderung des BKGG vom 27.6.1985, BGBl. 1985 I, S. 1251. Maßgeblich hierfür ist das zu ver­ steuernde Einkommen; zur Begründung vgl. BT-Drucks. 10/2886. 2) Vgl. § 11 Abs. 1 BKGG; § 11 Abs. 2 Ziff. 2 und Abs. 3 geändert durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 , BGBl. IS.1 532. 3) § 11 Abs. 1 Satz 2 BKGG. Bezüglich dieser Regelung sind mehrere Verfahren vor dem BVerfG anhängig, z.B. 1 BvL 18/84, 20/84, 26/84 u.a. Nach Ansicht des Sozialge­ richts Lüneburg verstößt diese Regelung gegen Art. 3 I und 6 GG, vgl. Beschluß vom 24.7.1984, Az.: S 7 Kg-26/83. 4) Vgl. oben (3.3) und § 11 Abs. 2 Satz 2 BKGG.

- 40 (6) Die Leistung von Kindergeld ist ausgeschlossen, wenn für das Kind bestimmte andere Leistungen, wie etwa aus der gesetzlichen Unfall- und Rentenversicherung oder in Form von Kinderzuschlägen des öffentlichen 1) Dienstes,gewährt werden. Sonderregelungen gelten 2) für Kinder ab dem 16. Lebensjahr. (7) Der Nachweis der Einnahmen hat durch Vorlage des Ein­ kommensteuerbescheides bzw. durch Bescheinigung des Arbeitgebers über den gezahlten Nettolohn zu erfol3) gen. Das gilt insbesondere bei einer etwaigen Einkommensminderung, die zu einer Erhöhung des Kin4) dergeldes über den Sockelbetrag hinaus führen würde. (8) Maßgeblicher Bezugszeitraum ist das vorletzte Kalen­ derjahr vor dem Kalenderjahr, für das die Zahlung des Kindergeldes in Frage kommt; bei Einkommensmin­ derungen ist das aktuelle Einkommen zugrunde zu legen. (9) Grundsätzlich ist lediglich das Einkommen des Anspruchs­ berechtigten und seines Ehegatten maßgebend.^ Das Haushaltseinkommen wird insofern mitberücksichtigt, als

1) § 8 Abs. 1 BKGG; ggf. kommt auch die Zahlung eines Aufstockungsbetrags in Betracht gemäß § 8 Abs. 2. 2) Vgl. § 2 Abs. 2-4 BKGG in der ab 1.1.1985 geltenden Fassung. 3) § 19 Abs. 2 BKGG. Seit 1.1.1985 regelmäßige Meldedaten­ übermittlung seitens der Meldebehörden durch Kinder­ geldkassen bez. relevanter Personendaten, vgl. BGBl. I 1984 S. 1726. 4) Vgl. die Regelung in § 11 Abs. 4 BKGG. Bei mehr als zwei Kindern haben die Kindergeldkassen die Einkommens­ verhältnisse jährlich zu überprüfen; zu diesem Zweck ver­ senden sie Fragebögen, die von den Berechtigten unter Vorlage der erforderlichen Einkommensnachweise zurück­ zusenden sind, vgl. Malten, DB, Beilage 29/83, S. 16. 5) § 11 Abs. 1 mit Abs. 3 und 4 BKGG. 6) § 10 Abs. 2 BKGG.

- 41 -

eigenes Einkommen des Kindes ab bestimmten Grenzen 1) zum gänzlichen Le.istungsausschluß führt. (10) Eine Vermögensanrechnung findet nicht statt. (11) Das Kindergeld beträgt ab 1.1.1983

50 DM für das

erste und 70 bis 100 DM für das zweite Kind. Die durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 eingeführte Einkommensgrenze ist so ausgestaltet, daß durch Anwendung einer Stufenregelung eine unverhältnis­ mäßig starke Herabsetzung der Leistung infolge geringfügigen Uberschreitens dieser Grenze ver­ mieden wird. Zahlenbeispiel: Das monatliche Gesamtkindergeld beträgt bei 2 Kin­ dern und einem jährlichen

Gesamtnettoeinkommen bis

41.999 DM: 150 DM; ab 42.000 DM: 130 DM; ab 42.480 DM 2

120 DM. *

VIII. Wohnung sbau-Pr ämiengeset z 3) (1) Ziel des Wohnungsbau-Prämiengesetzes - WoPG

- ist

die indirekte Förderung des Wohnungsbaues durch Ge­ währung von Prämien für solche Aufwendungen, die in 4) den Wohnungsbau fließen. (2) Da die Wohnungsbauprämie nur bis zu einer gesetzlich festgelegten Einkommensgrenze gewährt wird, sieht das

1) Vgl. oben (6); dies gilt für Kinder ab dem 1.6. Lebens­ jahr in Schul- oder Berufsausbildung bei Bezügen aus dem Ausbildungsverhältnis von mindestens 750 DM, vgl. § 2 Abs. 2 BKGG. 2) Beispiel nach § 10 Abs. 2 BKGG. 3) I.d.F. vom 10.2.1982, BGBl. I S. 131. 4) Vgl. den Katalog der prämienbegünstigten Aufwendungen in § 2 WoPG.

- 42 -

WoPG einen eigenen Einkommensbegriff vor. Maßgebend ist grundsätzlich das "zu versteuernde Einkommen im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG".

1)

(3) Dieser Einkommensbegriff wird lediglich ergänzt durch bestimmte steuertechnische Hinzurechnungen von: - ausländischen Einkünften, die aufgrund von Doppel­ besteuerungsabkommen von der Einkommensteuer frei­ gestellt sind; - Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, die auf­ grund zwischenstaatlicher Vereinbarungen oder auf­ grund völkerrechtlicher Übung von der Einkommen­ steuer befreit sind; - inländischen Einkünften, mit denen der Sparer be­ schränkt einkommensteuerpflichtig ist.2) Eine sonstige weitergehende Korrektur der verwendeten steuerlichen Ausgangsgröße findet nicht statt. (4),(5) Regelungen zu diesen Gliederungspunkten sind im WoPG nicht enthalten. (6) Eine Spezialregelung verhindert die Kumulierung von Steuervergünstigungen und Prämiengewährung für die gleiche Sparleistung. (7) Der Nachweis der Einnahmen erfolgt intern, da das für die Steuerfestsetzung zuständige Finanzamt auch 4) über die Gewährung der Prämie zu entscheiden hat.

1) § 2 a Abs. 1 WoPG. 2) § 2 a Abs. 2 Satz 4 Ziff. 1-3 WoPG, 3) Kumulierungsverbot des § 2 b WoPG; zu den Ausnahmen zu diesem Verbot vgl. Abschn. 9 der Richtlinien zum WoPG. 4)

§ 4 Abs. 5 WoPG.

I

- 43 -

(8) Maßgeblicher Bezugszeitraum für die Prämienberechtigung 1) ist das dem Sparjähr vorangehende Kalenderjahr. (9) Ebenso wie die Höhe der Prämie richtet sich auch die Höhe der individuellen Einkommensgrenze nach dem Fami2)

lienstand und der Anzahl der Kinder. (10) Vorhandenes Vermögen wird bei der Ermittlung der Einkom­ mensgrenze nicht berücksichtigt. (11) Die Einkommensgrenzen betragen 24.000 DM für Ledige/ 48.000 DM für Verheiratete zzgl. 1.800 DM für jedes Kind. Die Höhe der Prämie beträgt zur Zeit 14 % der höchst­ zulässigen Aufwendungen bis zu 800 DM/1.600 DM; sie er­ höht sich pro Kind um 2 %.

IX. Spar-Prämiengesetz 3) Ziel des Spar-Prämiengesetzes - SparPG - ist die Förderung des privaten Sparens in verschiedenen Formen. Allerdings 4) werden gemäß Subventionsabbaugesetz 1981

nur noch bis

zum Stichtag 13.11.1980 abgeschlossene Verträge gefördert. Der im SparPG verwandte Einkommensbegriff entspricht im übri­ gen dem im WoPG verwandten Begriff. ~^ X. Vermögensbildungsgesetz 6) (1) Nach dem IV. Vermögensbildungsgesetz - VermBG

- werden

eine Vielzahl von verschiedenen Leistungen des Arbeit1) § 2 a Abs. 2 Satz 1 WoPG. 2) §§ 2 a, 3 WoPG und Abschn. 10 Abs. 9 der Richtlinien. 3) I.d.F. vom 10.2.1982, BGBl. I S. 125. 4) BGBl. 1981 I S. 537. 5) Vgl. etwa die §§ 1 a Abs. 1 und 2 , 1 b 6) I.d.F. vom 6.2.1984, BGBl. I S. 201.

SparPG.

- 44 gebers, die dieser im Rahmen eines Arbeitsver­ trags erbringt und die als Aufwendungen des Ar­ beitnehmers gelten, durch Gewährung einer staatlichen 1) Zulage gefördert. (2) Für die Anwendung der auch hier existierenden

Ein­

kommensgrenze wird das zu versteuernde Einkommen 2) im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG zugrunde gelegt. ' (3) Eine gesetzesspezifische Korrektur dieser steuerlichen Ausgangsgröße erfolgt nicht. (4), (5) Regelungen zu diesen Gliederungspunkten existieren nicht. (6) Bezüglich des Zusammentreffens von Leistungen nach diesem Gesetz mit Leistungen nach dem WoPG oder 3) SparPG gilt das Kumulierungsverbot insoweit nicht. Die Frage der Steuerpflicht ist für Zulage und vermö­ genswirksame Leistungen unterschiedlich geregelt: Erstere stellt keine steuerpflichtige Einnahme dar, letztere sind Steuer- sowie sozialversicherungspflich-

(7) Für die Überprüfung der Einkommensverhältnisse des Arbeitnehmers ist das Finanzamt zuständige; der Arbeitgeber hat die einzelnen Voraussetzungen der Gewährung von Arbeitnehmersparzulagen nicht zu prüfen. 1) Vgl. den Katalog der annähernd 30 verschiedenen geförderten Leistungen in § 2 VermBG. 2) § 12 Abs. 1 Satz 1 VermBG. 3) Abschn. 9 Abs. 2 WoPG-Richtlinien und Abschn. 12 Abs. 2 SparPG - Richtlinien. 4) Vgl. § 12 Abs. 4 VermBG einerseits und § 12 Abs. 7 VermBG andererseits. 5) § 13 Abs. 3 VermBG. 6) So § 12 Abs. 5 Satz 2 VermBG.

• - 45 (8) Bezugszeitraum ist das Kalenderjahr, in dem die ver1) mögenswirksame Leistung erbracht wird. (9) Familienstand und Anzahl der Kinder sind auch hier für die Höhe der Einkömmensgrenze sowie die Höhe der 2) Zulagengewährung bedeutsam. (10) Etwaiges vorhandenes Vermögen wird hier nicht berück­ sichtigt. (11) Die Einkommensgrenzen betragen 24.000/48.000 DM und erhöhen sich je Kind um 1.800 DM. Die Höhe der Prämie liegt zwischen 16 und 33 % je nach geförderter Leistung bzw. je nach Kinderzahl bei höchstzulässiger vermögenswirksamer Leistung von 624 DM bzw. 936 D M .

3)

XI. Wohnungsbaugesetz 4) (1) Das II. Wohnungsbaugesetz - WobauG

-, das weitgehend

das I. WobauG von 1953 ersetzt, dient der Zusammenfas­ sung der verschiedenen Wege zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus. (2) Voraussetzung für die Inanspruchnahme einer der Förder leistungen des Gesetzes^ ist, daß ein festgelegtes Jahreseinkommen nicht überschritten wird. Als Jahres­ einkommen i.S. dieses Gesetzes gilt die Summe der posi tiven Einkünfte "i.S. des § 2 Abs. 1 und 2 EStG". ,

1) § 12 Abs. 1 Satz 1 VermBG. 2) § 12 Abs. 1 Satz 3 VermBG. 3) § 12 VermBG; der höhere Betrag von 936 DM gilt nur für Aufwendungen des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien oder aktienähnlichen Beteiligungen (eingefügt durch das Vermögensbeteiligungsgesetz vom 22.12.1983, BGBl. I S. 1592). 4) In der Neufassung vom 11.7.1985, BGBl. I S. 1285. 5) Vgl. den Katalog der Fördermaßnahmen in § 3 WobauG. 6) § 25 Abs. 2 Satz '1 WobauG. Die Beschränkung auf die Summe der positiven Einkünfte gilt erst seit der jüngsten Neufassung des WobauG:

- 46 (3.1) Dieser steuerlichen Ausgangsgröße sind hinzuzurech­ nen : 1) - bestimmte steuerbefreite ausländische Einkünfte - der nach § 19 Abs. 2 EStG steuerfrei gebliebene Betrag von Versorgungsbezügen '/ - steuerpflichtige Renten i.S. des § 22 Ziff. 1 a EStG mit dem vollen Betrag abzüglich Werbungs­ kosten. 3) (3.2) Außer Betracht bleiben steuerfreie Einnahmen, nament­ lich Kindergeld, sowie sonstige gesetzliche oder 4) tarifliche Kinderzulagen. (3.3) Abgezogen werden dürfen

von der Summe der Einkünfte

lediglich noch Aufwendungen zur Erfüllung bestimmter gesetzlicher Unterhaltspflichten"^ sowie neuerdings auch ein Pauschalbetrag von 10 %, wenn Einkommen6) Steuer entrichtet wurde. (3.4) Nicht zum Abzug zugelassen und demzufolge der steuer­ lichen Ausgangsgröße wieder hinzuzurechnen sind Be7) träge für Sonderabschreibungen. Seit der Neufassung 8) ist auch ein Verlustausgleich ausgeschlossen. (4),(5),(6) Regelungen zu diesen Gliederungspunkten sind im WobauG nicht vorgesehen. 1) § 25 Abs. 2 Satz 4 Ziff. 2 WobauG. 2) A.a.O., Ziff. 4. 3) A.a.O., Ziff. 5. 4) A.a.O., Satz 2 und Satz 3 Ziff. 1. 5) A.a.O., Ziff. 6. 6) Eingefügt durch Art. 1 Nr. 5 b, ee) des Wohnungsrechtsvereinfachungsgesetzes 1985, BGBl. I S. 1277. 7) A.a.O., Ziff. 3; gilt für Sonderabschreibungen, die bei der Einkommensteuer "unter anderen Gesichtspunkten als denen der Wertminderung abgesetzt wurden". Das Abzugsverbot ist jedoch beschränkt auf die die Absetzun­ gen nach § 7 b EStG übersteigenden Beträge. 8) Zur Begründung vgl. BT-Drucks. 10/2913. Diese Pläne sind allerdings nicht neu, vgl. schon den Vorschlag NRW's vom 2 3.1 1.1977, BR-Drucks. 611/77.

- 47 (7) Für die Feststellung des maßgeblichen Einkommens gelten die Vorschriften des Einkommensteuerrechts über die Ein1) kommensermittlung entsprechend.

Das bedeutet in der

Praxis, daß die Bewilligungsstelle einzelne Daten aus dem Einkommensteuerbescheid zu übernehmen hat, wie z.B. den festgestellten Uberschuß der Einnahmen über die Aus2) gaben oder den Gewinn.

Der Antragsteller hat zum Zwecke

der Einkommensermittlung durch die Bewilligungsstelle eine eigene Einkommenserklärung abzugeben, wobei bei Gewinneinkünften der vom Finanzamt ermittelte Gewinn zugrunde gelegt wird unter Korrektur durch die aufge3) zeigten Bestimmungen des WobauG. Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit hat der Antragsteller zunächst die Bruttoeinnahmen mittels Vorlage des Einkommensteuerbescheides bzw. eine Arbeit­ geberbescheinigung nachzuweisen, während die Bewilli­ gungsstelle, eine eigene "Veranlagung" durchführt unter Berücksichtigung der steuerlichen Arbeitnehmerfrei­ beträge sowie Hinzu- bzw. Abrechnungen nach dem WobauG und so schließlich zu dem "anzurechnenden Jahresein4) kommen" kommt. (8) Als Bezugszeitraum dient das Kalenderjahr vor Antrag­ stellung; bei erheblichen Veränderungen sind die Einkünfte des laufenden Jahres bzw. des letzten Monats maßgebend.^ (9) Maßgeblich ist grundsätzlich das Einkommen des Antrag­ stellers selbst sowie dasjenige der zum Haushalt rech­ nenden Angehörigen. ^ 1) § 25 Abs. 2 Satz 3, 2. Halbsatz WobauG. 2) Vgl. etwa den "Einkommensprüfungserlaß" des Ministers für Landes- und Stadtentwicklung Nordrhein-Westfalen vom 22.3.1984, veröffentlicht im Ministerialblatt NordrheinWestfalen Nr. 40 vom 20.6.1984, S. 614. 3) Vgl. oben (3). 4) Anlage 1 a zum obigen Erlaß (Fn. 2)). 5) § 25 Abs. 2 Satz 1 WobauG. 6) § 25 Abs. 1 Satz 1 WobauG,

48 -

m

(10) Eine Berücksichtigung vorhandenen Vermögens findet nicht statt. (11) Die Einkommensgrenzen im WobauG betragen 21.600 DM zuzüglich 10.200 DM für den zweiten und weitere 8.000 DM für jeden weiteren Angeu" • 1) hörigen. XII. Wohnungsbindungsgesetz 2) Das Wohnungsbindungsgesetz

soll die Zweckbestimmung

öffentlich geförderter Wohnungen sicherstellen. Vor­ gesehen ist u.a. eine vollständige Erfassung aller dieser Wohnungen und die Ausgabe eines sog. "Berech­ tigungsscheins" zum Bezug öffentlich geförderten • Wohnraums. Die Erlangung eines solchen Scheins setzt voraus, daß eine bestimmte Einkommensgrenze nicht überschritten 3) wird. Für die Ermittlung des hierfür maßgeblichen Einkommens gelten die Vorschriften des II. WobauG entsprechend.^ XIII. Gesetz zum Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen Durch das obige Gesetz^ werden Inhaber von öffent­ lich geförderten Wohnungen verpflichtet, Ausgleichs­ zahlungen zu leisten, wenn ihr Einkommen über einer bestimmten Einkommensgrenze liegt. Der hierfür maßgebliche Einkommensbegriff richtet sich ebenfalls nach den entsprechenden Vorschriften des II. WobauG. 6)

1) Beträge teilweise erhöht durch WoVereinfG 1585 (vgl. Fußn. 6, S. 46). 2) I.d.F. vom 22.7.1982, BGBl. I S. 972. 3) Die Einkommensgrenze entspricht der im § 25 Abs . 1 WobauG verwandten, § 5 Abs. 1 Satz 1 WobindG. 4) § 5 Abs. 1 Satz 3 WobindG. 5) vom 22.12.1981, BGBl. I S. 1523. 6) § 3 Abs.1 AFWoG.

I

- 49 XIV. Anstehende Neuregelungen 1. Erziehungsgeld Die Bundesregierung plant, das Mutterschafts­ urlaubsgeld ab 1986 durch ein sog. "Erziehungs­ geld" zu ersetzen, das

in den ersten 6 Mona­

ten unabhängig von der Höhe des Einkommens, danach einkömmensabhängig gewährt werden soll. Die einzuführende Einkommensgrenze soll dabei so gestaltet werden, daß ein "durchschnittlicher 1) Facharbeiterverdienst" davon unberührt bleibt. 2. Neuregelung'der Hinterbliebenenrente Das Bundesarbeitsministerium hat Ende Juli 1984 einen Gesetzentwurf zur Neuregelung der Hinter­ bliebenenrente vorgelegt, wonach in Zukunft eige­ nes Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit sowie Erwerbsersatzeinkommen auf die Hinterbliebenen2) rente angerechnet werden sollen. 3)

Das Gesetz, das ab 1.1.1986 in Kraft tritt

,

sieht eigene Bestimmungen über Art, Höhe und Er­ mittlung des zu berücksichtigenden Einkommens sowie über die Erfassung von Einkommensänderun4) gen vor. 1) Vgl. BT-Drucks. 10/1801 S. 6 und Kabinettsbesehluß vom 17.7.1985, vgl. FAZ Nr. 163 vom 18.7.1985. Vgl. aber die Kritik an der Einführung neuer Ein­ kommensgrenzen seitens des Wirtschaftsministers in HB vom 14.2.1985 sowie Kannengießer in FAZ, a.a.O. 2) Zur Kritik vgl. HB Nr. 205 vom 26./27.1O.1984; Nr. 214 vom 9./10.1984; Nr. 63 vom 28./30.3.1985 sowie Kannengießer in FAZ vom 11.9.1984. 3) Gesetz zur Neuordnung der Hinterbliebenenrente u.a. vom 11.7.1985, BGBl. I S. 1450. 4) Zu Einzelheiten vgl. Art. 7 des obigen Gesetzes (BGBl. 1985 I S. 1 467) .

t

- 50 C. Der Einkommensbegriff in der Sozialversicherung (1) Nach dem "allgemeinen Teil eines Sozialgesetzbuchs" (SGB-I- 1975) ist das Sozialgesetzbuch "Gemeinsame 1) Vorschriften für die Sozialversicherung" (SGB-IV-) die zweite Stufe der Kodifikation des gesamten Sozial­ rechts. Hiermit sollen bereits geltende, aber in ver­ schiedenen Gesetzen verstreute Regelungen in ein ein­ heitliches Gesetz zusammengeführt werden, ohne daß 2) jedoch eine Reform in der Sache angestrebt würde. 3) (2) Das SGB kennt drei verschiedene Einkommensbegriffe: Das "Arbeitsentgelt", das "Arbeitseinkommen" und das 4) "Gesamteinkommen". Sie dienen zur Anknüpfung von Versicherungspflicht und Versicherungsbefreiung, Beitragsbemessung und 5) Hohe der zu gewährenden Leistungen. (a) Der Begriff Arbeitsentgelt bezieht sich auf das Entgelt eines Arbeitnehmers aus einem Beschäfti­ gungsverhältnis; hiermit werden die bisher unter­ schiedlichen Bezeichnungen wie Lohn, Gehalt, Ent­ gelt und ähnliches ersetzt. Zum Arbeitsentgelt 1) I.d.F. vom 23.12.1976, BGBl. I S. 3845. 2) Zur Bewertung dieser Kodifikation vgl. Schmeling, Handbuch zum Sozialrecht, Gruppe 2, S. 601 ff. 3) Im folgenden ist hier das SGB - IV - gemeint. 4) Daneben gibt es noch eine vierte Größe in Gestalt der Summe aus Arbeitsentgelt und "sonstigen Ein­ nahmen zum Lebensunterhalt". Da diese Größe nur geringe praktische Bedeutung hat - sie findet z.B. nach den Satzungsbestimmungen der gesetzlichen Krankenkassen in Härtefällen Anwendung, vgl. Heilmeier, Arbeitsentgelt und andere Einkommensbegriffe in der Sozialversicherung, NWB Fach 27, S. 831 ff. (841) - soll sie hier vernachlässigt werden. 5) Vgl. die §§ 8 SGB und 165, 173 b, 176, 570, 1255, 1385 RVO.



- 51 gehören alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein •Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie ge­ leistet werden und ob sie unmittelbar aus der Be­ schäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt 1)

werden. (b) Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Ge­ winnermittlungsvorschriften des Einkommensteuer­ rechts ermittelte

Gewinn aus einer selbständigen

2)

Tätigkeit. ' (c) Gesamteinkommen ist die Summe der Einkünfte i.S. des Einkommensteuerrechts; es umfaßt insbesondere 3) das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen. (3) (a) Zu dem erhaltenen Arbeitsentgelt werden zunächst gemäß der Legaldefinition alle aus dem Beschäfti­ gungsverhältnis resultierenden Einnahmen dem Ar­ beitslohn hinzugerechnet, wie z.B. auch Zinserspar­ nisse, Barabgeltungen und Sachwertbezüge. Nicht hinzugerechnet werden jedoch solche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt werden, aber lohnsteuerfrei sind. 1) Legaldefinition des § 14 Abs. 1 SGB. 2) § 15 SGB. 3) § 16 SGB. Speziell zur Berücksichtigung von Renten beim Gesamteinkommen vgl. H.Schneider, BB 1985, S.600 f, 4) § 1 der VO über die Bestimmung * des Arbeitsentgelts der Sozialversicherung - ArEV - vom 6.7.1977, BGBl. I S. 1208. Eine Ausnahme gilt aber für Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, die trotz Lohn­ steuerfreiheit dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, vgl. § 3 ArEV. Beachtenswert ist in diesem Zusammen­ hang besonders, daß in der Ermächtigungsnorm zum Er­ laß der ArEV bestimmt ist, daß hierbei eine "möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen ist", vgl. § 17 Satz 2 SGB.

I

- 52 Ebenfalls außer Ansatz bleiben verschiedene Zuwen­ dungen und Bezüge nach den §§ 40 und 40 b EStG, Beträge nach dem Lohnfortzahlungsgesetz und Weih1) nachtsZuwendungen bis zu einer Höhe von 100 DM. Da es sich bei der Bezugsgröße "Arbeitsentgelt" um eine Bruttogröße handelt, sind Abzüge für Ausgaben, auch solche

notwendiger Art wie etwa beim BSHG,

nicht zulässig; bei Nettoarbeitsentgeltsvereinbarungen werden sogar geschuldete Steuern und Sozialab2)

gaben hinzugerechnet. (b) Da für die Bemessung des Arbeitseinkommens auf die Vorschriften des EStG verwiesen wird, sind die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften der §§ 4 ff EStG anwendbar. Nach dem Willen des Gesetzgebers sind jedoch steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt 3) zu lassen und Veräußerungsgewinne abzuziehen. Hier ergibt sich allerdings bei der großen Zahl der in irgend einer Weise begünstigend für den Steuerpflich tigen wirkenden Bestimmungen die Schwierigkeit, ein­ deutige steuerliche Vergünstigungen wie z.B. Sonder4) abschreibungen von steuerlichen Vereinfachungsnor5) men abzugrenzen oder z.B. verschiedene bilanztech­ nische Möglichkeiten hier einzuordnen.^ (c) Für das Gesamteinkommen wird ebenfalls auf die Bestim mungen des EStG zurückgegriffen. Hierzu zählen dem­ nach alle Einkünfte i.S. der einkommensteuerrecht­ lichen Einkunftsarten. Für die Einkunftsermittlung 1) § 2 Abs. 1 und 2 ArEV. 2) § 14 Abs. 2 SGB. 3) § 15 Satz 2 SGB 4) z.B. §§ 7 d bis g, 51 Abs. 1 Nr. 2 u EStG. 5) z.B. Bewertungsfreiheit des § 6 Abs. 2 EStG. 6) Zu denken wäre etwa an § 10 d EStG (Verlustrück­ trag) oder die Bildung von Rückstellungen.

- 53 -

ist jedoch zu beachten, daß nach dem Wortlaut des § 16, 2. Halbsatz SGB das Gesamteinkommen "insbesondere" das Arbeitsentgelt und das Ar­ beitseinkommen umfaßt, folglich die gleichen Beschränkungen gelten wie eben dargestellt. Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit dürfen danach keine Werbungskosten, im Rahmen des Gesamteinkommens keine Sonderausgaben ab­ gezogen werden. Für die Berechnung der Lohnund Einkommensteuer geltende Freibeträge und sonstige vom Einkommen abzuziehende Beträge dürfen gleichfalls nicht abgesetzt werden. Das gleiche gilt für Sonderabschreibungen, und zwar 1) für alle Einkunftsarten. Andererseits werden Arbeitnehmer-Sparzulage und Kindergeld nicht zum 2) Gesamteinkommen hinzugezählt. (4), (5) Regelungen über Pauschsätze und Freibeträge sind in § 2 Abs. 1 Satz 1 der Arbeitsentgeltverordnung ent­ halten . (6) Anrechnungs- bzw. Ausschlußvorschriften finden sich nicht im Rahmen des SGB, sondern in einzelnen 3) Spezialgesetzen. 1) Vgl. die gemeinsamen Richtlinien der Spitzenverbände der Krankenkassen, des Verbandes der Rentenversiche­ rungsträger und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte für die versicherungsrechtliche Beur­ teilung von geringfügigen Beschäftigungen und gering fügigen selbständigen Tätigkeiten - sog. "Gering­ fügigkeitsrichtlinien 1983" - in: Handbuch zum Sozialrecht, Gruppe 2, S. 761 ff. (766). 2) Ebenda. 3) Vgl. die §§ 1078, 1083 RVO; §§ 40 f, 70 Reichsknapp­ schaftsgesetz; vgl. auch die §§ 59 b, 59 e, 68 Abs.5 117 AFG.

(7) Der Nachweis der Einnahmen erfolgt grundsätzlich durch Meldung seitens des Arbeitgebers^; bez. des Arbeitseinkommens kommt auch eine Amtshilfe 2)

seitens des Finanzamts in Frage. (8) Maßgebend können monatliche oder jährliche Ein­ nahmen sein; hierzu existiert im Sozialversiche3

rungsrecht eine Fülle von speziellen Vorschriften. (9) Grundsätzlich bleiben für die genannten Einkommens­ begriffe im Rahmen der Sozialversicherung Einkünfte von Familienangehörigen außer Betracht.

1) Zu den umfangreichen Meldepflichten des Arbeit­ gebers vgl. § 1 Datenerfassungs-Verordnung vom 29.5.1980 (BGBl. I S. 593). 2) Schmeling, a.a.O. (Fußn. 2, S. 50), S. 647. 3) Vgl. z.B. §§ 182 Abs. 5, 1385 Abs. 2 RVO; § 19 III KVLG; § 112 AFG; § 112 AVG; § 18 SGB-IV-

I

- 55 D. Einkommensbegriffe in sonstigen wichtigen Rechtsbereichen I. Zivilrecht Im Rahmen des § 1603 BGB ist eine Einkommensermittlung für den Unterhaltspflichtigen vorzunehmen, damit die Unterhaltsansprüche Dritter festgesetzt werden können. Grundsätzlich sind dabei sämtliche Einkünfte des Unter haltsverpflichteten einzusetzen einschließlich staat­ licher Transferleistungen; ggf. kann auch ein

fiktives 1) Erwerbs- bzw. Zusatzeinkommen angesetzt werden. Abzuziehen sind hiervon neben gesetzlichen Abzügen be­ rufsbedingte und sonstige Aufwendungen, soweit sie not wendig und angemessen sind^ Bei selbständiger Tätigkeit ist vom einkommensteuer­ pflichtigen Einkommen auszugehen, dem jedoch solche Betriebsausgaben und AfA-Beträge wieder hinzuzurechnen sind, die nicht "unbedingt notwendig" zur Aufrecht­ erhaltung des Betriebes sind.^ II. Zivilprozeßrecht Das Zivilprozeßrecht sieht Einkommensbestimmungen bei der Prozeßkostenhilfe und bei der Festlegung des pfändungsfähigen Einkommens vor. 1 . Pfändbares Arbeitseinkommen Zum "Arbeitseinkommen" i.S. des § 850 Abs. 2 ZPO ge hören Arbeits-, Dienst- und Versorgungsbezüge, Ruhegelder, Hinterbliebenenbezüge und alle Vergü­ tungen für Dienstleistungen, die aus einer Erwerbs­ tätigkeit des Schuldners herrühren, also auch aus

1) Vgl. dazu Köhler, Hanabuch des Unterhaltsrechts, 6. Aufl. 1983, S. 40 ff; vgl. auch die neuesten unterhaltsrechtlichen Leitlinien der OLG'e, veröffentlicht in NJW 1985, S. 7 23 f. 2) Vgl. Köhler, a.a.O.

- 56 selbständiger Tätigkeit, sowie bestimmte sonstige 1) Bezüge. Auszugehen ist jeweils von den Nettoeinkünften. Verschiedene Lohnbestandteile, die als solche defi­ nitionsgemäß zum Arbeitseinkommen gehören würden, sind jedoch vom Gesetzgeber ganz oder teilweise 2) für unpfändbar erklärt worden. Das gleiche gilt 3) auch für die meisten Sozialleistungen. 2 . Prozeßkostenhilfe Im deutschen Zivilprozeß erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Ver­ hältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht oder nur zum Teil aufbringen kann, unter bestimmten Um4) standen Prozeßkostenhilfe. Eine solche Hilfe wird jedoch nur insoweit gewährt, als eine zumutbare 5) Eigenleistungsgrenze überschritten wird.

Die zur

Anwendung dieser Obergrenze erforderliche Einkomraensbestimmung erfolgt unter Heranziehung der Vorschrif1) Bestimmte Renten sowie Bezüge zum Ausgleich von Wettbewerbsbeschränkungen für die Zeit nach Beendi­ gung des Dienstverhältnisses, § 850 Abs. 3 ZPO. 2) z.B. Überstundenvergütungen, Aufwandsentschädigungen, Weihnachtsgelder bis zu 390 DM, sonstige Zuwendungen mit Beihilfecharakter, vgl. § 850 a ZPO. 3) Vgl. § 54 SGB-I-; Sozialhilfe: § 4 Abs. 1 Satz 2 BSHG; Kindergeld: Behandlung strittig, vgl. etwa OLG München, NJW 1980, S. 895. 4) Zu den weiteren Voraussetzungen vgl. § 114 ZPO. Daneben besteht die Möglichkeit, für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens unter bestimmten Voraussetzungen Hilfe zu erlangen nach dem sog. "Beratungshilfegesetz" vom 18.6.1980 (BGBl. I S . 689). 5) z.B. ist bei einer vierköpfigen Familie und einem Nettoeinkommen von 2.000 DM monatlich ein Betrag von 60 DM als Ratenzahlung auf eine Dauer von 48 Monaten zumutbar; vgl. Tab. Anlage 1 zu § 114 ZPO.

- 57 -

ten des BSHG. Danach gehören zum Einkommen i.S. der Prozeßkostenhilfe alle Einkünfte in Geld oder Gel*

4.

1

)

deswert. Hiervon können über die nach dem BSHG zulässigen 2)

Beträge hinaus

weitere Beträge abgesetzt werden,

"soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist"

. Auch bezüglich des Einsatzes

des eigenen Vermögens wird auf die umfangreichen Be4) Stimmungen des BSHG verwiesen. III. Strafrecht Nach dem deutschen Strafrecht wird eine Geldstrafe nach Tagessätzen verhängt; die Höhe dieser Tagessätze bestimmt sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhält­ nissen des Täters, i.d.R. also nach dem erzielten bzw. erzielbaren Nettoeinkommen. Für die Ermittlung des zugrunde zu legenden Einkommens greift das Steuerrecht weitestgehend auf die Grundsätze der steuerlichen Einkommensermittlung zurück.

1) § 115 Abs. 1 Satz 3 ZPO i.V.m. § 76 Abs. 1 BSHG. Zum Verhältnis des Prozeßkostenhilferechts zum Sozialrecht vgl. OLG Karlsruhe, NJW 1985, S. 1787. 2) § 76 Abs. 2 BSHG; vgl. oben B.II. (3.3). 3) § 115 Abs.1 Satz 3, 2. Halbsatz ZPO. Damit sind in erster Linie die "außergewöhnlichen Belastungen" der §§ 33, 33 a und b EStG angesprochen. 4) § 115 Abs. 2 ZPO. Zur Kritik an der komplizierten Regelung dieser Vorschrift, deren Anwendung im Ein­ zelfall vielfach eine Amtshilfe seitens der Finanz­ verwaltung erforderlich macht: Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 39. Aufl., § 115 Anm. 2 A. 5) §

40 Abs. 2 StGB.

- 58 Im Rahmen der Einkunftsarten sind zunächst alle auch steuerlich anerkannten Abzüge zulässig, wie Werbungs­ kosten/Betriebsausgaben, Sonderausgaben, AfA sowie laufende Unterhaltsverpflichtungen nach Maßgabe des Einzelfalls.^ Auch ein interner Verlustausgleich zwischen den einzelnen Einkunftsarten wird von der 2) Rechtsprechung ausdrücklich zugelassen. Dennoch handelt es sich bei dem strafrechtlichen Einkom­ mensbegriff um eine gegenüber dem Steuerrecht eigenstän­ dige Große, da hier die rein wirtschaftliche Betrachtungs­ weise stärker betont wird und deshalb auch solche Zuflüsse, die vom Steuerrecht aus wirtschafts- oder sozialpoliti­ schen Gründen nicht erfaßt werden, hinzuzurechnen sind, wie z.B. alle Sozial- und Versorgungsleistungen, Unter­ haltsbezüge, Kindergeld, Bafög, Wohngeld und sonstige 3) unbare Vorteile. Aus dem gleichen Grund finden erhöhte Sonderabschreibun4) gen und Freibeträge keine Berücksichtigung. Die Einbeziehung vorhandenen Vermögens ist in der straf­ rechtlichen Rechtsprechung und Literatur umstritten."^

1) Teilweise umstritten in Rechtsprechung und Literatur; vgl. Dreher/Tröndle, StGB, 38. Aufl., § 40 Rz. 16. 2) So BayObLG vom 11.1.1977, NJW 1977, S. 2088 (2089). 3) Dreher/Tröndle, a.a.O., Rz. 7. 4) Dreher/Tröndle, a.a.O. 5) Zum Meinungsstand vgl. Dreher/Tröndle, a.a.O., Rz. 22.

I

- 59 IV. Landesrechtliche Regelungen Neben den aufgezeigten bun'desrechtlichen Regelungen existiert noch eine Fülle eigenständiger landesrecht­ licher Regelungen, die die Gewährung verschiedener staatlicher Leistungen ebenfalls an bestimmte Einkom­ mensgrenzen knüpfen. Erwähnt seien hier nur etwa die verschiedenen Regelungen über die Gewährung der sog. "Aufwendungsdarlehen" in den einzelnen Bundesländern oder verschiedentlich existierende Vorschriften über 2) Lernmittelfreiheit in Schulen. Daneben gibt es noch 3) länderspezifische Besonderheiten. 1) Die dort geltenden Einkommensgrenzen entsprechen i.d.R. denen des § 2 5 Abs. 2 WobauG bzw. dem dort verwandten Einkommensbegriff., vgl. die Übersicht im Handelsblatt Nr. 211 vom 2.11.1983, S. 8. 2) Für Nordrhein-Westfalen z.B. Lernmittelfreiheits­ gesetz i.d.F. vom 24.3.1982, GVBl. S. 165. Nach diesem Gesetz werden den Schülern Lernmittel zum befristeten Gebrauch unentgeltlich überlassen unter Abzug eines Eigenanteils, der i.d.R. ein Drittel eines je nach Schulart- und Schulstufe unterschied­ lichen Durchschnittsbetrages ausmacht. Dieser Abzug entfällt allerdings, wenn der Erziehungsberechtigte Bedürftigkeit i.S. des BSHG nachweist; vgl. im einzelnen § 2 des LFG und die einschlägigen Verwal­ tungsvorschriften im gemeinsamen Amtsblatt NordrheinWestfalen 1982, S. 133 f. 3) z.B. das ab 1.7.1984 in Rheinland-Pfalz neu einge­ führte sog. "Familiengeld", das in Höhe von 3.000 DM Familien anläßlich der Geburt eines dritten oder weiterer Kinder gewährt wird. Die Leistung ist an eine Einkommensgrenze gebunden, die bei Familien mit 3 Kindern 2.200 DM beträgt. Berücksichtigt wer­ den dabei alle Einkünfte einschließlich steuerfreier Einnahmen; ausgenommen sind nur einige Soziallei­ stungen. Zu den Einzelheiten vgl. Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums vom 4.6.1984, MinBl. S. 320. Vergleichbare Regelungen existieren in Berlin, Baden-Württemberg und Niedersachsen.

I

- 60 E. Der Einkommensbegriff des EStG Um einen systematischen Vergleich mit den bislang aufge­ führten verschiedenen Einkommensbegriffen zu ermöglichen, soll im folgenden auch der Einkommensbegriff des Einkom­ mensteuerrechts in seinen Grundzügen kurz dargestellt werden. 1. Das EStG kennt einen eigenständigen Einkommensbegriff, der im Kern auf die Einkommensbegriffe der Reichsein­ kommensteuergesetze von 1925 und 1934 zurückgeht. Damals hatte sich der Gesetzgeber von früheren Ver­ suchen abgewandt, den steuerlichen Einkommensbegriff unmittelbar aus den Lehrmeinungen der Nationalökonomie abzuleiten, nämlich aus der sog. "Quellentheorie" und 1) der "Reinvermögenszugangstheorie" , und hatte statt dessen "ohne Anlehnung an wissenschaftliche Lehrmei2) nungen" einen eigenen pragmatischen Begriff rein für die Zwecke der Besteuerung entwickelt, der das Ergeb­ nis ganz bestimmter mit festgelegten Einkunftsarten 3) ubereinstimmender Einkünfte sein sollte. Ausgehend von sieben in § 2 Abs. 1 EStG abschließend aufgezählten Einkunftsarten wird die für die Anwendung des Steuertarifs maßgebliche Bezugsgröße über mehrere Zwischenschritte mittels verschiedener Hinzurechnungen und Abzüge ermittelt als zu "versteuerndes Einkommen". 1) Einzelheiten hierzu bei Tipke, a.a.O., S. 154 ff.m.w.N. 2) So die Gesetzesbegründung zum EStG 1934, RStBl.35, 33. 3) Vgl. die Gesetzesbegründung zum EStG 1975, BT-Drucks. 7/1470, S. 211. Zum geschichtlichen Hintergrund vgl. besonders Schmölders, Der fehlende Einkommens­ begriff, StuW 1960, Sp. 75 ff. 4) § 2 Abs. 2 bis 5 EStG.

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- 61 Ausgangspunkt des Einkommensermittlungsverfahrens sind die erzielten Einnahmen bzw. Betriebseinnahmen. Von vornherein werden jedoch von Gesetz und Rechtspre­ chung eine Vielzahl von Einnahmen als nicht steuerbar bzw. steuerfrei behandelt: a) Nicht steuerbare Einnahmen

sind z.B. 1)

Einnahmen und Erträge aus Erbschaften ,. Schenkungen, Liebhaberei, Spiel und Wette, Aussteuer, Auszahlung 2) aus privaten Lebensversicherungen , Schadensersatz 3) und Entschädigungsleistungen gewinne

, Ausgabenersparnisse

, private Veräußerungsu.a.m.

b) Bei den steuerfreien Einnahmen gemäß § 3 EStG sind mehrere Untergruppen zu unterscheiden: 6) - Versicherungs- und Versorgungsleistungen 7) - sonstige Unterhaltsbeiträge ;

;

8) - bestimmte sonstige Leistungen an Arbeitnehmer ; - Vermögens-,„struktur- und subventionspolitische Befreiungen ';

1) Beachte allerdings § 35 EStG. 2) Soweit nicht in Rentenform gezahlt und nicht Ersatz für entgangene Einnahmen, § 24 Ziff. 1 a EStG. 3) Soweit nicht unter § 24 Ziff. 1 a EStG fallend, wie z.B Streikgelder. 4) In den Grenzen der §§ 17 und 23 EStG. 5) Einzige Ausnahme: Nutzungswert der selbstgenutzten Woh­ nung, § 21 a EStG. 6) Ziff. 1 a, b, c, 2, 6, 7, 8, 14, 19, 23; Abschn.14 LStR 7) Ziff. 11, 24, 42, 43, 47, 48, 58, 61. 8) Ziff. 4, 5, 9, 10, 15, 22, 46, 52, 60. Hierzu gehö­ ren auch § 8 a.F. des Nennkapital-Erhöhungsgesetzes (aufgehoben durch Gesetz vom 22.12.1983, BGBl. I, S. 1592) und § 19 a Abs. 1 Satz 1 EStG. 9) z.B. § 5 Abs. 2 Satz 1 InvZulG 1982; §§ 19 Abs.4 Satz 1 und 2 8 Abs.1 Satz 7 BerlinFördG; § 7 SparPG; § 6 Satz 1 WoPG; § 12 Abs.4 4.VermbG; § 3 Ziff.18, 25, 66 und § 3 a und b EStG.

- 62 - Befreiungen aus steuersystematischen Gründen und Vereinfachungsbestimmungen.1) 3. Von den steuerlich insoweit relevanten Einnahmen wird innerhalb der festgelegten Einkunftsarten lediglich der Nettoertrag betrachtet, das ist gemäß § 2 Abs. 2 EStG bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der durch Be­ standsvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) bzw. Einnahme-Über­ schuß-Rechnung (§§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelte Gewinn oder bei den anderen Einkunftsarten der Überschuß der 2) Einnahmen über die Werbungskosten. Faktisch existieren damit im Steuerrecht zwei verschie­ dene Einkommensbegriffe, denn die Spaltung in "Gewinn­ einkünfte" einerseits und "Überschußeinkünfte" anderer­ seits hat nicht nur rein steuertechnische Bedeutung, sondern ist von erheblicher materiell-rechtlicher Rele3) vanz. So werden bei den Nicht-Unternehmern nur die Quelleneinkünfte erfaßt, nicht jedoch etwaige Gewinne oder Verluste aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens; insbesondere werden Wertänderungen beim Privatvermögen, auch wenn es zur Einkünfteerzielung dient, nicht erfaßt. 1) § 3 Ziff. 12, 13, 16, 29, 50, 51, 64, 65 EStG; Abschn. 19, 20, 50 Abs. 2 LStR; die sog. "Annehmlichkeiten" gemäß Abschn. 53 LStR; §§ 22 Ziff. 3 S. 2, 23 Abs. 4 S. 2 und 46 EStG. 2) Der Überschuß kann auch negativ sein, vgl. Tipke, a.a.O., S. 158. 3) Die Ursache für den Dualismus der steuerlichen Ein­ künfteermittlung liegt in dem ursprünglichen Dualis­ mus zwischen Quellentheorie und Reinvermögenszugangstheorie begründet, vgl. Tipke, a.a.O., S. 207 ff. Schmölders, a.a.O., Sp. 81, spricht sogar davon, daß der "Verzicht auf einen einheitlichen, sachlich um­ schriebenen Einkommensbegriff" und die "Flucht in die formalistische Aufzählung einzelner Einkunftsarten" die ESt praktisch längst in ein "Bündel von Einzel­ steuern" verwandelt habe.

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- 63 Auf der anderen Seite werden bei Unternehmern Wertände­ rungen im Bereich des zur Gewinnerzielung eingesetzten Betriebsvermögens berücksichtigt; es werden also Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern 1) des Betriebsvermögens besteuert. 4. Von der Summe der soweit ermittelten Einkünfte werden so­ dann gemäß § 2 Abs. 3 EStG abgezogen der Altersentlastungs­ betrag, der

Ausbildungsplatzabzugsbetrag, der Freibetrag

für Land- und Forstwirte sowie gewisse ausländische Steuern. Der nunmehr ermittelte Betrag ist der "Gesamtbetrag der Einkünfte", der, seinerseits vermindert um Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen, zum "Einkommen" i.S.d. § 2 Abs. 4 EStG führt. In einer letzten Stufe werden hiervon nochmals verschiedene Sonderfreibeträge (Altersfreibetrag, Haushaltsfreibetrag und Kinderfreibetrag) abgezogen, wonach sich als Endbetrag das "zu versteuernde Einkommen" als Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der tariflichen Einkommensteuer ergibt, § 2 Abs. 5 EStG.

2)

5. Das Einkommensteuerrecht wird grundsätzlich von dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit beherrscht. Jedoch bestehen einige Sonderregelungen, die als Ausnahmen von diesem Prinzip anzusehen sind: a) Das Steuerrecht kennt zunächst neben der Erfassung der t

tatsächlichen Einnahmen auch die Ansetzung von Pauschal und Durchschnittssätzen, und zwar in § 13 a EStG für 1) Weitere Beispiele für die Relevanz der Einkünfteabgren­ zung bei Tipke, a.a.O., S. 164. Vgl. dazu auch Flämig, DStZ 1984, S. 131 (133) und Seeger, in: Schmidt, EStG, 3. Aufl., § 2 Anm. 10. 2) Zur Kritik an der Systematik der steuerlichen Einkommens ermittlung vgl. besonders Tipke, a.a.O.

- 64 die Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft und in 1) § 21 a EStG für die Nutzungswertbesteuerung. b) Bezüglich der Bewertung von Wirtschaftsgütern existiert eine Reihe von Sonderregelungen, und zwar in Gestalt 2) von Vorschriften über Bewertungsfreiheit ' und Sonder3) abschreibungsmöglichkeiten. c) Ein besonderes Charakteristikum des EStG ist die 4) häufige Verwendung von Freibeträgen und Freigrenzen sowie die Begünstigung der Einkommensverwendung (z.B. durch § 10 b EStG). d) Bestimmte Einkünfte unterliegen lediglich einer er5) mäßigten Besteuerung oder werden nur zu einem Bruch6) teil besteuert. 1) Das Schätzungsverfahren des § 162 AO, das bei mangeln­ der Mitwirkung des Steuerpflichtigen eingreift, stellt zwar auch eine griffweise Einkommensermittlung dar, ist jedoch systematisch nicht als Regelverfahren aus­ gestaltet . 2) z.B. §§ 6 Abs. 2 EStG, 79 bis 82 EStDV. 3) z.B. §§ 7 b d, g EStG; §§ 42 g, 82 a bis k EStDV; §§ 14, 15 BerlFördG; § 3 ZonenrandFördG; § 7 SchutzbauG; § 1 Landarbeiterwohnungs-VO. (

4) z.B. in den §§ 10 a, 13 Abs. 3, 14, 14 a, 16 Abs. 4, 17 Abs. 3, 18 Abs. 3, 4, 19 Abs. 2, 3, 4, 20 Abs. 4, 22 Abs. 3, 23, 24 a, 32 Abs. 2, 3, 8, 46 Abs. 2 EStG. Steuersystematisch gehören auch noch diverse Regelun­ gen in § 3 EStG hierzu, z.B. die Ziff. 9, 15, 16, 25, 26, 51, 52 sowie die Abschn. 14, 23, 24, 25, 27, 32 LStR etc. 5) Vgl. die §§ 34, 34 b, e, f, g EStG. 6) Vor allem Leibrenten, die nur in Höhe eines Ertrags­ anteils besteuert werden; dieser Ertragsanteil be­ trägt z.B. bei einem Rentenbeginn im 65. Lebensjahr 24 % der bezogenen Rente, vgl. § 22 Ziff. 1 a EStG.

- 65 e) Eine Besonderheit stellen bestimmte Einnahmen dar, die zwar besteuert werden, jedoch bei der Veranlagung bzw. dem LohnsteuerJahresausgleich nicht zu den steuerpflich­ tigen Einkünften hinzugerechnet werden. Es handelt sich 1) hierbei um Vergütungen für Arbeitnehmererfindungen 2) und die Lohnsteuerpauschalierung. Inwieweit sich aus den dargestellten Besonderheiten der steuerlichen Einkommensermittlung Folgerungen für die Tauglichkeit einer steuerlichen Ausgangsgröße für die Be­ messung von Transferleistungen ergeben, ist noch im weite­ ren Verlauf der Untersuchung zu erörtern.

1) § 4 der Verordnung über die steuerliche Behandlung der Vergütungen für Arbeitnehmererfindungen vom 6.6.1951, BGBl. I S. 338. 2) § 40 Abs. 3 Satz 3 EStG. Eine ähnliche Regelung be­ steht im Rahmen des § 50 a EStG für beschränkt Steuerpflichtige.

I

- 66 F

• Systematische Auswertung und Kritik Im bisherigen Verlauf der Untersuchung wurden die Ein­ kommensbegriffe der verschiedenen Gesetze an Hand eines einheitlichen Schemas dargestellt. Um die bestehenden Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten

aufzuzeigen, sollen

nunmehr in einem nächsten Schritt die jeweiligen Detail­ regelungen, nach Oberbegriffen geordnet, miteinander ver­ glichen und anschließend gemeinsame Grundprinzipien herausgearbeitet werden. 1

* Die Detailregelungen im Vergleich 1 . Die Ausgangsgrößen Wie die Übersicht 1 zeigt, treten bereits bei der Ausgangsgröße erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Einkommensbegriffen zutage. Dabei kann man

grob zwei verschiedene Systeme der Ein­

kommensermittlung unterscheiden: Zum einen die Verwendung eines Universa1-Einnahmebegriffs wie z.B. im WoGG, AFG, BSHG und BVG, und zum anderen einen engeren, an das EStG angelehn­ ten Einkommensbegriff, der jedoch seinerseits in verschiedenen Variationen vorkommt. Beiden Verfahrensweisen ist gemein, daß die je­ weilige Ausgangsgröße, sei sie steuerlicher oder außersteuerlicher Art, noch ergänzt werden muß, denn bei beiden Methoden spiegelt die Ausgangs­ bemessungsgrundlage nicht in hinreichendem Maße die wahre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Betroffenen wider. So schließt der universelle Einnahmebegriff eine Fülle von Leistungen ein, die restitutiv oder rehabilitativ wirken, also nicht zu einer echten dauernden Erhöhung der Lei­ stungsfähigkeit führen und demnach auszuscheiden sind.

- 67 Übersicht 1:

Die Ausgangsgrößen der Einkommensbegriffe

Einschlägiges Gesetz

Gesetzeswortlaut

1) WoGG

alle Einnahmen

2) AFG

ii

3) BSHG

alle Einkünfte a) KoF b) BR

4) BVG 5) Bafög

ii

II

II

II

II

Summe der positiven Einkünfte i.S. d. • § 2 I, II EStG

6) ÜSG

a) b)

Gesamtbetrag der erzielten Einkünfte einkommensteuerpflichtige Einkünfte

7) BKGG

Summe der positiven Einkünfte i.S. d. § 2 I, II EStG

8) WoPG

zu versteuerndes Einkommen gem. § 32 I EStG

9) SparPG

II

10) VermBG

II

11) WobauG

Summe der positiven Einkünfte i.S.d. § 2 I, II EStG

L T

it

«

II

II

II

II

II

II

II

12) WobindG

II

ii

II

II

II

II

II

II

13) AFWoG

II

II

II

II

II

II

II

II

14) SGB



a)

alle Einnahmen aus unselbständiger Beschäftigung

b)

Gewinne i.S. des Einkommensteuerrechts

c)

Summe der Einkünfte i.S. d. Einkommen­ steuerrechts

15) BGB

alle verfügbaren Mittel

16).ZPO

alle Einkünfte

17) StGB

Nettoeinkommen

- 68 Andererseits gibt der steuerliche Einkommensbegriff wegen der Vielfalt der in ihm angesiedelten "Finanz1) zweck-" und "Sozialzwecknormen" nur ein unvollkom­ menes Bild der wirklichen Leistungsfähigkeit ab und ist für die Zwecke der Sozialgesetze nur bedingt ver­ wendbar . Die notwendigen Ergänzungen bei beiden Verfahrenswei­ sen erfolgt durch umfangreiche Detailregelungen, die zum Teil im Gesetz selbst, zum Teil in Ausführungs­ verordnungen, zum Teil in Verwaltungsvorschriften ent­ halten sind. Diese Ergänzung oder besser: Korrektur der Ausgangs­ größe erfolgt bei Verwendung des Universal-Einnahme­ begriffs notwendigerweise durch Herausnahme einer Viel­ zahl von definitorisch zwar unter die Universalgröße fallender, aber aus den unterschiedlichsten gesetzgebe­ rischen Beweggründen auszuklammernder Einnahme­ bestandteile, und sie erfolgt bei Verwendung einer an das Steuerrecht angelehnten Größe durch Hinzurechnung vieler verschiedener, vom Steuerrecht ganz oder teil­ weise ausgeschiedener Einnahmen. Dieser schwerfällige Mechanismus ist zum größten Teil Ursache der Kompliziert2) heit der verschiedenen Einkommensermittlungsverfahren. Hinzu kommt, daß selbst die Verwendung einer Universal­ größe mittels zweier unterschiedlicher Begriffe erfolgt, nämlich bei WoGG und AFG als "Einnahmen" und bei BSHG und BVG als "Einkünfte", obwohl nach dem Inhalt beider Gesetze das gleiche gemeint ist: Auch die "Einkünfte" bei BSHG und BVG sollen die Summe der "Einnahmen" darstellen, nicht etwa nur die "Einkünfte" im steuerlichen Sinne. 1) Eine Formulierung Tipkes, vgl. a.a.O., S. 17. 2) Nicht mehr beherrschbar ist laut Prüfungsbericht eines Landesrechnungshofes die Gesetzesfülle der Wohngeldvor­ schriften, weshalb fast die Hälfte der Wohngeldempfän­ ger in den vergangenen Jahren zuviel oder zuwenig Wohn­ geld aus den staatlichen Kassen erhalten haben, vgl. SZ, Beilage vom 4./5 . 2.1984 .

I

- 69 Schwer nachzuvollziehen sind auch die Erwägungen des Ge­ setzgebers, die ihn dazu veranlaßten, vergleichbaren Lei­ stungsgesetzen völlig verschiedene steuerliche Ausgangs­ größen zugrunde zu legen, wie z.B. dem WobauG einerseits und dem WoPG andererseits. Schließlich erscheint die Verwendung verschiedener Einkom­ mensbegriffe innerhalb eines Gesetzes als unnötige Kompli­ zierung. So definiert z.B. das BVG zwei völlig eigenstän­ dige Einkommensermittlungsverfahren in getrennten Rechts­ grundlagen, einmal für die Kriegsopferfürsorge und einmal für die Beschädigtenrente,- obwohl beide Leistungen im Ver1) hältnis der Subsidiarität zueinander stehen können. Hier wäre die Schaffung einer einheitlichen Ausgangsgröße sinnvoll gewesen. Auch das USG verwendet als Bemessungsgrundlage den "Gesamt­ betrag der erzielten Einkünfte laut Steuerbescheid", wäh­ rend als Anrechnungsgröße die "einkommensteuerpflichtigen Einkünfte" angesetzt werden. Die bisherigen Ausführungen haben bereits gezeigt, daß der jetzige Zustand der Vielfalt der gesetzlich vorgeschrie­ benen Ausgangsgrößen unbefriedigend ist; im weiteren Ver­ lauf der Untersuchung wird noch zu prüfen sein, ob diese Vielfalt notwendig und gerechtfertigt ist. 2. Die Erweiterung bzw. Einengung der Ausgangsgrößen auf der Einnahmeseite Da die beschriebenen Ausgangsgrößen aufgrund ihrer Eigen­ art die wahre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nur un­ zureichend widerspiegeln, müssen diese Größen in einem zweiten Schritt berichtigt werden. 2.1 Dies geschieht je nach Aufbau der Gesetze mittels nach­ träglicher Hinzurechnung noch nicht erfaßter bzw. Her­ ausnahme bereits einbezogener Einnahmearten und -bestandteile. 1) Vgl. § 25 Abs. 1 und Abs. 3 Ziff. 1 und § 29 BVG.

- 70 Analysiert man die Vorgehensweisen der einzelnen Trans­ fergesetze, dann stößt man vielfach auf überkomplizier­ te Regelungen sowie teilweise tiefgreifende Mängel an Systematik und Folgerichtigkeit im Gesetzesaufbau: 2.1.1

Als Musterbeispiel für eine überkomplizierte Re­ gelung kann das WoGG angeführt werden, dessen § 14 zusammen mit umfänglichen Ausführungsricht­ linien einen Katalog von 32 Einnahmearten aufführt, die bei der Ermittlung des maßgeblichen Einkommens nach dem Willen des Gesetzgebers außer Betracht 1) bleiben sollen.

Bei diesem Katalog handelt es

sich lediglich um ein Konglomerat von zum größten Teil unverändert aus EStG, LStDV oder LStR stam­ menden Regelungen über gänzliche oder beschränkte Steuerfreiheit bestimmter Einnahmen, weshalb sich die Frage erhebt, weshalb der Gesetzgeber sich hier nicht von vornherein einer steuerlichen Aus2) gangsgröße bedient hat.

Dies hätte um so eher

nahegelegen, als § 14 Abs. 1 Satz 1 WoGG ohnehin die Nichtberücksichtigung aller angeführten Ein­ nahmearten ausdrücklich von deren Steuerfreiheit abhängig macht. Daß eine größtmögliche Detailgenauigkeit weder für durchgängige Systematik noch größtmögliche Einzel­ fallgerechtigkeit garantiert, läßt sich an Hand verschiedener den Zurechnungsvorschriften entnom­ mener Beispiele belegen: 1) Zur Kritik an den diesbezüglichen Regelungen des WoGG und dem damit verbundenen Verwaltungsaufwand siehe insbesondere Bericht des Bundesrechnungshofes 1983, BT-Drucks. 10/574, S. 78 ff. sowie BT-Drucks. 10/854, S. 21 ff. und Plenar-Protökoll 10/65, S. 4599 ff.; vgl. auch Giloy, Vieldeutige Einkommensbegriffe, 1978, S. 57 sowie den bereits zitierten Prüfungsbericht des Hamburger Landesrechnungshofes (Fußn. 2) S. 68). 2) Vgl. Giloy, a.a.O.

I

- 71 So führt z.B. die unterschiedliche Einbeziehung von Sozialversicherungsrenten und Renten aus sonstigen Rechtsgründen, insbesondere Versorgungsrenten, im Zusammenwirken mit unterschiedlichen Freibeträgen dazu, daß Rentner mit vergleichbaren Einnahmen höchst unterschiedliche Wohngeldleistungen beziehen können. So hat z.B. der Bundesrechungshof erst jüngst einen Fall aufgedeckt, in dem eine alleinstehende Rentnerin mit durchschnittlichem Monatseinkommen von 1.534 DM 119 DM Wohngeld im Monat bezog, während eine andere gleichfalls alleinstehende Rentnerin bei gleicher Mietbelastung, jedoch einem durchschnittlichen Monats­ einkommen von nur 720 DM, lediglich 91 DM Wohngeld be­ kam. Eine andere Rentnerin bezog bei monatlichen Einnah­ men von 1.123 DM mehr als doppelt so viel Wohngeld wie eine Rentnerin mit lediglich 859 DM monatlichen Einnah­ men. Diese sich aus den Einzelregelungen des WoGG erge­ benden offensichtlichen Ungereimtheiten veranlaßten den Bundesrechnungshof, den Gesetzgeber aufzufordern, aus Gründendes Gleichheitsgebotes eine Regelung herbeizuführen, nach der alle Einnahmen, ähnlich wie beim Unterhaltsrecht, dem maßgebenden Einkommen im Wohngeldrecht zugerechnet 1) werden sollten. Systematisch nicht einzuordnen ist z.B. auch die Nicht­ berücksichtigung von Prämien nach WoPG und SparPG, so­ wie Zulagen nach VermBG und BerlFG, die Förderleistungen des Staates darstellen, während andererseits alle Für­ sorge- und Versorgungsleistungen, jedenfalls in Höhe eines Unterhaltsteils, anzurechnen sind. 2.1.2 Einen gänzlich anderen Weg als das WoGG schlägt das BSHG ein. Es verwendet zwar gleichfalls das Universal-Einnahmeprinzip, verzichtet jedoch im Gegensatz zum WoGG auf eine detaillierte Regelung von Ausnahmetatbeständen, sondern greift auf Generalklauseln zurück, wie in § 77 Abs. 1 und 1) Vgl. a.a.O., S. 80 (Fußn. 1 ) , S. 70.

- 72 § 78 Abs. 1 und 2. Diese Handhabung hat zwar den Vorteil der besseren Überschaubarkeit der gesetz­ lichen Regelung/ da jedoch Generalklauseln

stets

der inhaltsbestimmenden Ausfüllung durch die Ge­ richte bedürfen, haben die ausführenden Stellen stets eine umfangreiche, teilweise auch kontro1) verse Rechtsprechung zu beachten. Das Verhältnis des BSHG zum Einkommensteuerrecht ist zwiespältig; zwar verwendet das Gesetz einen eigenständigen, vom Steuerrecht völlig losgelösten 2) Einkommensbegriff

, bezüglich der sieben Einkunfts­

arten bezieht sich das BSHG jedoch ausdrücklich auf die einschlägige Definition des EStG. Erst in einem zweiten Schritt werden dann die Ergebnisse der steuerlichen Einkommensermittlung noch verändert. Diese Veränderungen betreffen jedoch im wesentlichen nur den Bereich der Beschränkung von Abzügen bei 3) der Einkünfteermittlung

, so daß sich auch hier

die Frage stellt, wieso sich der Gesetzgeber nicht ganz auf eine steuerliche Ausgangsgröße gestützt hat. 2.1.3

Die Systematik des BVG ist in mehrfacher Hinsicht unzulänglich. Das Gesetz enthält, wie gesehen, zwei eigenständige Einkommensermittlungsverfahren für zwei hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen eng verwandte Versorgungsarten. Darüber hinaus bieten die verwendeten Einkommensbegriffe reichlich Anlaß zur Kritik. 1) Vgl. die umfänglichen Rechtsprechungsnachweise bei Knopp/Fichtner, a.a.O., §§ 77 und 78 BSHG. 2) So besagt § 1 der Durchführungsverordnung zu § 76 BSHG ausdrücklich, daß ... "alle Einnahmen ... ohne Rücksicht darauf, ob sie zu den Einkunftsar­ ten i.S. des EStG gehören", zum Einkommen i.S. der Vorschrift zu zählen sind. 3) Dazu im folgenden unter 3.

- 73 Beide Einkommensbegriffe gehen zwar vom universellen Einnahmebegriff aus, jedoch ist der in den Ausführungs­ verordnungen aufgeführte Katalog der Ausnahmen bei der Beschädigtenrente (BR) wesentlich größer als bei der Kriegsopferfürsorge (KOF), so daß im Ergebnis letztere einen engeren Anwendungsbereich hat. Dies scheint aller­ dings eher eine aus unsystematischer Gesetzestechnik her­ rührende zufällige Folge zu sein, als ein aus etwaigen unterschiedlichen Leistungszwecken abzuleitender ausdrück1) licher Wille des Gesetzgebers. Genauso wie das BSHG grenzen sich auch KOF und BR gegen­ über den formellen Einkunftsarten des EStG ab, greifen aber in den jeweiligen Ausführungsvorschriften doch wieder auf die steuerlichen Einkünfte zurück. Dabei nimmt die KFVO nur Kor­ rekturen auf der Ausgabenseite vor; die Durchführungsverord­ nung zur BR regelt auch die Einnahmeseite

zusätzlich durch

Installierung eines umfangreichen Ausnahmekatalogs. Dieser Katalog deckt sich jedoch im wesentlichen mit dem Regelungs­ inhalt des § 3 EStG, so daß sich hier erneut die Frage stellt, warum nicht sinnvollerweise — jedenfalls auf der Einnahme­ seite - von vornherein eine Steuergröße zugrunde gelegt wurde. Ein augenfälliges Beispiel für unnötige Überkomplizierung stellt § 9 der Durchführungsverordnung zu § 33 BVG dar, in dem die Bestimmung der Einkünfte von Land- und Forstwirten, deren Gewinne gemäß EStG nach Durchschnittssätzen zu ermit2) teln sind, geregelt wird.

Diese Vorschrift steht weder an

Umfang noch an Kompliziertheit der betreffenden Regelung des § 13 a EStG nach, ohne daß jedoch beide Vorschriften im End­ ergebnis zu gravierenden Unterschieden gelangen würden. Ange1) Daß das Zufallsprinzip bei der Ausformulierung verschiedent­ lich Pate gestanden hat, folgt z.B. daraus, daß bei der Be­ schädigtenrente der Mietwert der eigengenutzten Wohnung an­ gesetzt wird, nicht dagegen bei der Kriegsopferfürsorge, vgl. § 9 Abs. 1 DV-BVG- mit § 36 Abs. 1 KFVO, der § 2 1 Abs. 2 EStG ausnimmt. 2) Aufschlußreich ist, daß sich hier die Kriegsopferfürsorge vollinhaltlich der Beschädigtenrente anschließt, vgl. § 3 4 KFVO.

I

- 74 sichts der Schwierigkeiten dieser Materie wäre eine vollinhaltliche Bezugnahme auf die einschlägige Re­ gelung des EStG bzw. die Ergebnisse der ESt-Veranlagung, wie dies im übrigen für die Einkünfte nach § 13 EStG geschehen ist

, sinnvoll gewesen. Dies

auch nicht zuletzt deswegen, weil man damit unmittel­ bar auf die einschlägigen Fachkenntnisse in der Finanzverwaltung hätte zurückgreifen können. 2.1.4

Konsequenter als die bisher genannten Gesetze ist das AFG, das vom ebenfalls verwendeten Universal-Einnahrae begriff nur wenige Ausnahmen zuläßt und diese in systematisch folgerichtiger Weise überwiegend auf restitutive, rehabilitative und zweckgebundene, d.h. nicht leistungsfähigkeitserhöhende Leistungen be­ 2

schränkt . * 2.1.5

Das Bafög gehört zu der zweiten großen Gruppe der Transfergesetze, die auf die Verwendung eines eigen­ ständigen Einkommensbegriffes verzichten und dafür eine steuerliche Maßgröße heranziehen. Dabei verwen­ det das Bafög jedoch nicht nur die umfassendste steuerliche Ausgangsgröße, sondern ergänzt diese noch zusätzlich durch die Hinzurechnung einer Fülle von steuerfreien Einnahmen, die der Deckung des Lebensbedarfs zu dienen bestimmt sind. Durch dieses Verfahren gelangt das Gesetz zu einem Ausgangswert für die Bemessung der Leistungshöhe, der der wahren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als ideale Aus­ gangsgröße für die Bemessung staatlicher Transfer­ leistungen bereits recht nahekommt. Die Entstehungsgeschichte des Bafög bzw. des Vor­ gängergesetzes zeigt übrigens, daß der Gesetzgeber, 1) Vgl. § 8 Abs. 1 der DV-BVG-; Abs. 2 schreibt sogar eine Schätzung der Gewinne "im Benehmen mit dem Finanzamt" vor. 2) Mit Ausnahme des Kindergeldes; dies entspricht je­ doch der überwiegenden Praxis der Transfergesetze.

I

- 75 nachdem er zwischenzeitlich den Universal-Einnahmebegriff verwandt hatte, aus Vereinfachungsgründen zu einem steuerlichen Einkommensbegriff zurückgekehrt ist. 2.1.6

1)

Die Gruppe der mit dem Wohnungsbau zusammenhängenden 2) Gesetze

verwendet zwar gleichfalls eine umfassende

steuerliche Ausgangsgröße, modifiziert diese jedoch lediglich durch Zurechnung steuertechnisch bedingter Einnahmeteile, wie etwa die steuerfrei gebliebenen Teile von Versorgungsbezügen und Renten; sonstige leistungsfähigkeitsbezogene Einnahmen bleiben dage­ gen unberücksichtigt. Besonders unzulänglich ist die Terminologie des § 25 Abs. 2 WobauG: obwohl zunächst auf die "Einkünfte im Sinne des EStG" Bezug genommen wird, wird im folgenden Satz 2 letzter Halbsatz dieser Vorschrift klarge­ stellt, daß "steuerfreie Einnahmen, namentlich Kinder­ geld" , nicht hinzuzurechnen seien - eine überflüssige und verwirrende "Klarstellung". 2.1.7

Genauso wie die eben zitierten Gesetze greift auch das BKGG auf die umfassendste steuerliche Ausgangsgröße, die Summe der Einkünfte, zurück, verzichtet jedoch gänz­ lich auf eine Erweiterung oder Einengung dieser Größe. So werden z.B. die Sonderregelungen des EStG, die Ausnah men von dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungs fähigkeit bewirken, nicht berücksichtigt.

1) Beim Vorgänger des Bafög, dem sog. "Ausbildungsförderungsgesetz" von 1969, fand noch das Universal-Einnahmeprinzip Anwendung, vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 (BGBl. 1969 I, S. 1719). Interessanterweise hatte gerade die Kritik über die hieraus resultierende starke Belastung der Betroffenen und der Bewil ligungsstellen wegen umfassender Nachweis- und Überprüfungs­ pflichten den Gesetzgeber veranlaßt, bei der Schaffung des Befög im Jahre 1971 wieder auf eine - allerdings erheblich modifizierte - steuerliche Ausgangsgröße zurückzugreifen. Zur Entstehungsgeschichte vgl. auch Brandis, FR 1983, S.371. 2) Vgl. oben S. 45 ff.

- 76 Da im Zusammenhang mit der Einführung eines Kinder­ geldzuschlags für Geringverdiener als zusätzlicher zweiter Einkommensbegriff aus dem EStG das zu ver­ steuernde Einkommen eingeführt wird, sind in Zukunft innerhalb des BKGG zwei völlig verschiedene steuer1) liehe Ausgangsgrößen zu beachten. 2.1.8

Einen scheinbar engeren Einkommensbegriff verwendet das USG, wenn es auf das "Nettoeinkommen" des Wehr­ pflichtigen vor der Einberufung abstellt und dieses als "Gesamtbetrag der erzielten Einkünfte laut letztem Einkommensteuerbescheid" definiert. Eine Analyse des § 10 Abs. 2 USG und eine Heranziehung der Regelung bei nichtveranlagten Wehrpflichtigen sowie bei Einkünften nach Einberufung ergibt jedoch, daß der Begriff des "Gesamtbetrags der erzielten Ein­ künfte" hier nicht technisch zu verstehen ist, son­ dern in Wahrheit die Summe der Einkünfte nach EStG 2) gemeint ist. Die Inanspruchnahme der in § 2 Abs. 3 3) EStG genannten Abzugsbeträge

ist bei Wehrpflichti­

gen nämlich so gut wie ausgeschlossen. Im Ergebnis kommen damit im USG vier verschiedene Einkommensbegriffe vor: "Nettoeinkommen", "Gesamt­ betrag der erzielten Einkünfte", "einkommensteuer­ pflichtige Einkünfte" und "Summe der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG" - ein beklagenswerter Begriffs-Wirrwarr, der auch mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit eines eigenständigen USG-Einkommensbegriffs nicht zu rechtfertigen ist. 1) Vgl. die diesbezügliche Kritik des Bundesrates, BT-Drucks. 10/2886, Anl. 2. 2) Wegen der in § 10 Abs. 2 Ziff. 1 USG vorgeschriebenen Hinzurechnung etwaiger nach §§ 7 b bis e EStG abgesetzter Beträge bewegte sich der Gesetzgeber hier sogar in Rich­ tung auf eine Summe der positiven Einkünfte. 3) Insbesondere der Altersentlastungsbetrag!

t

- 77 2,1.9

Die kleinste steuerliche Nettogröße, nämlich das "zu versteuernde Einkommen", findet Anwendung im Rahmen der Gesetze der staatlichen Vermögensbildung, ohne daß diese Größe durch Hinzurechnung sonstiger Einnahmen 1) •• noch verändert würde. Die direkte Übernahme dieses steuerlichen Einkommensbegriffes, der durch eine Viel­ zahl von wirtschafts- und sozialpolitisch begründeten Regelungen beeinflußt wird, ist problematisch, was sich z.B. darin zeigt, daß das zu versteuernde Einkom­ men durch Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen die kritische Einkommensgrenze unterschreiten und dadurch zu zusätzlichen Ansprüchen auf staatliche Leistungen führen kann.

2.1.10

Die Einkommensbegriffe des SGB nehmen in der Reihe der sozialrechtlichen Einkommensbegriffe eine Sonder­ stellung ein, da sie in Gestalt des Sozialversicherungsverhältnisses ein mit speziellen Rechten und Pflichten ausgestaltetes besonderes Sozialrechtsverhältnis be­ treffen. Dieses entsteht nämlich anders als bei den Sozialleistungen i.e.S., wie z.B. Wohngeld oder Sozial­ hilfe, nicht erst mit dem Bedarfsfall, sondern muß schon vor dessen Eintritt bestanden haben, um einen Anspruch zu erzeugen. Das Sozialversicherungsverhältnis besteht daher im Kern aus einer Kombination von Beitragsverhält2) nis und bedingtem Leistungsverhältnis. Somit haben 1) Die Hinzurechnungen betreffend ausländische Einkünfte bei WoPG und SparPG - nicht beim VermBG - sollen hier wegen ihrer geringen praktischen Bedeutung vernach­ lässigt werden. 2) Vgl. Bley, a.a.O., S. 76. Infolge der Gliederung der Sozialversicherung in mehrere Versicherungszweige ist heute ein Arbeitnehmer sogar an fünf selbständigen Sozialversicherungsverhältnissen beteiligt, nämlich an Kranken-, Renten-, Unfall-, Arbeitslosen- und Konkursausfallversicherung.

die Einkommensbegriffe der Sozialversicherung erst in zweiter Linie Aussagekraft hinsichtlich der Höhe einer späteren etwaigen Leistungsgewährung; in erster Linie sind sie ausschlaggebend für aktuelle Beitragspflicht und Beitragshöhe. So betrachtet z.B. das Arbeitsentgelt lediglich die Einnahmen aus unselbständiger, das Arbeitseinkommen diejenigen aus selbständiger Tätigkeit. Das Gesamt­ einkommen stellt zwar formal auf die "Summe der Ein­ künfte i.S. .des Einkommensteuerrechts" ab, jedoch dient das ermittelte Ergebnis gleichfalls nicht als Ausgangswert für die Bemessung einer Sozialleistung. Die Einkommensbegriffe des SGB eignen sich somit aus diesen Gründen nur bedingt zu einem objektiven Ver­ gleich mit den Einkommensbegriffen der übrigen Lei­ stungsgesetze, zumal es sich im Rahmen des SGB aus­ nahmslos um Bruttogrößen handelt. Ansätze zur Kritik ergäben sich allerdings insoweit, als die Aufhebung der bis 1977 gegebenen unmittel­ baren Anlehnung des Entgeltbegriffs an die Regelun­ gen des Lohnsteuerrechts in mehreren Fällen zu un2) nötiger Komplizierung geführt hat. 1) Gemäß § 8 SGB - IV - wird das Gesamteinkommen erst dann relevant, wenn eine prinzipiell versicherungs­ pflichtige Beschäftigung vorliegt, das hieraus bezogene Arbeitsentgelt jedoch weniger als ein Sechstel des Gesamteinkommens ausmacht. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, daß Personen mit hohem Einkommen durch eine geringe Beitragsleistung in den Genuß der Sozialversicherung kommen; vgl. Schmeling, a.a.O., HzS, Gruppe 2, S. 618. Im übri­ gen ist auch hier der Begriff "Summe der Einkünfte" untechnisch gemeint. 2) Zu den sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten vgl. Heilmeier, a.a.O., S. 832. Immerhin ist nach dem Willen des Gesetzgebers diesbezüglich eine "mög­ lichst weitgehende Übereinstimmung" mit den Rege­ lungen des Sbeuerrechts sicherzustellen, § 17 Abs.1 Satz 2 SGB -IV-.

- 79 2.1.11

Die umfassendsten der hier behandelten Bezugsgrößen stellen die in der zivil- und strafrechtlichen Rechts­ pflege Anwendung findenden Einkommensbegriffe dar. Hier werden weitestgehend sämtliche Vermögenswerten Zuflüsse berücksichtigt, ja sogar potentielle Ein1) künfte können miteinbezogen werden. Obgleich die Ermittlung der Einkommenshöhe in der Rechtspflege nicht wie bei den Transfergesetzen der 2) Feststellung einer Bedürftigkeitslage Feststellung

, sondern der

bzw. Durchsetzung privater Ansprüche im

zivilrechtlichen Bereich bzw. der Durchsetzung des staatlichen Sanktionsanspruchs im strafrechtlichen Bereich dient und somit keine direkte Vergleichbar­ keit gegeben ist, so ist doch festzuhalten, daß hier die Grundidee der Ermittlung der wahren wirtschaft­ lichen Leistungsfähigkeit in ihrer Gesamtheit am vollkommensten verwirklicht worden ist. Bei Reform­ überlegungen auf dem Gebiet der Neugestaltung der geltenden Einkommensbegriffe ist daher auch diese um­ fassende Einkommensermittlungsmethode in die Überle­ gungen einzubeziehen. 2.2

Besonders deutlich treten die Unterschiede zwischen den ver­ schiedenen Einkommensbegriffen zutage, wenn man die Behand­ lung bestimmter Einnahmen bzw. Einnahmegruppen in den einzel­ nen Gesetzen einander gegenüberstellt, wie in Übersicht 2 geschehen:

1) Vgl. die Formulierung in § 40 Abs. 2 Satz 2 StGB: "Nettoeinkommen, das der Täter hat oder haben könnte." Desgl. Palandt, BGB, 40. Aufl., Anm. 2 b zu § 1603. 2) Mit Ausnahme der Prozeßkostenhilfe, vgl. § 114 ZPO.

- 80 Übersicht 2

:

überblick über die Behandlung der wichtigsten Einnahmearten in den jeweiligen Einkommensbegriffen Staatliche Leistungen Gesetzliche Versicherungsleistungen

1 . 1.1 •

Renten­ versi­ cherung

Kranken­ versi­ cherung

Unfall­ versi­ cherung (2)

(1) ja

Arbeits­ losenver­ sicherung (4)

(3)

2) ,3) nein

1) 1) WoGG

aus

2) ,4) nein

Da

nein

z.T. )

5)

*

2) BSHG

3) BVG

z.T

a) KOF b) BR

ja 7

z.T. )

ja

ja

9 )

4) AFG

ja

5) Baf ög

ja 3)

6) WobauG, WobindG, AFWoG

11\

1 0 )

grds.nein

1

. 15) ja

8

12

' nein )

z.T. 14)

nein

nein

nein

nein

nein

nein

16) 7) SparPG, WoPG, USG, BKGG, EStG

z.T.

8) SGB

Da

17)

9) ZPO,BGB, StGB

1 8) nein

18)

nein

nein

ja

Anm.: "ja" bedeutet volle, "z.T." teilweise Einbeziehung, "nein" völlige Außerachtlassung; weitere Erläuterungen im Anschluß an die Übersicht.

- 81 Übersicht 2:

1.2

Gesetzliche Versorgungsleistungen

Beamten­ versor­ gung (5) 1) WoGG

Da

Alters­ hilfe für Land­ wirte (6)

Kriegsopferversorgung (7)

Da

z.T.

(8)

1 9)

z.T,

20)

. 21) Da

2) BSHG

3) BVG

Lasten­ aus­ gleich

a) KOF b) BR

Da

ja

ja

Da

z.T.

22) Da

23)

4) AFG

ja

5) Bafög

ja

6) WobauG, WobindG, AFWoG



2

grds.nem

z.T.

4

)

nein

25) Da

26

Da

z.T. )

ja

ja

nein

nein

nein

7) SparPG, WoPG, USG, BKGG, EStG

z . T,28)

z.T. 29)

nein

nein

8) SGB

z.T,

27)

9) ZPO , BGB, StGB

30)

z.T.

30)

z.T.

Da

31)

z.T.

31 )

- 82 Übersicht 2:

1.3

Leistungsgesetze

Wohngelä (9) 1) WoGG

2) BSHG

Da

Sozial­ hilfe

Aus­ bildungsförderung (10) (11) 32) , 33} 34) nein ja

Unterhaltssicherung (12)

Arbeitnehmersparzulage (13) 36)

35) Da

nein

Da

. 38) Da

Da

Da

37)

39) z.T. .

. Da

Da

Da

nein

nein

ja

nein

4) AFG

Da

Da

nein

Da

Da

5) Bafög

. 42) ja

z.T.

z.T.

ja

nein

nein

nein

nein

nein

nein

46) z.T.

nein

3) BVG

a) KOF b) BR

43)

40)

. 41) nein

44)

6) WobauG, WobindG, AFWoG

7) SparPG, WoPG, USG, BKGG, EStG

8) SGB

9) ZPO , BGB, StGB

nein

45)

z.T.

46)

z.T.

46)

Da

m

- 83 Übersicht 2:

noch 1.3

Leistungsgesetze

Wohnungs­ bau­ prämie

Kinder­ geld

(14) 1) WoGG

nein

2) BSHG

ja

3) BVG

(15)'

* ja

} nein

6) WobauG, WobindG, AFWoG

(17)

* •8) grds.ja

nein

, .50) grds.ja

ja

* • 51 ) grds.ja

ja

nein

z.T.

ja

A • 53) grds.ja

54) ja

55) grds.nein

5 2 )

nein

ja

\

i

i

\ \

7) SparPG, WoPG, USG, BKGG, EStG

nein

nein

J nein

8) SGB

) . 56) nein

56) nein



9) ZPO, BGB, StGB

BerlinZulage

4

, . 49) Da

ja

5) Baf ög

(16)

. 47) nein

a) ja KOF b). nein BR

4) AFG

sonstige staatl. Leistungen

Da

nein

nein

-

Übersicht 2:

84

-

2. Arbeitgeberleistungen "

als

Auslagen- Zuschüsse Aufwands­ und Bei­ ersatz hilfen (18) 1)

WoGG

nein

5 7 )

(19) . 58) nein

Zuschüsse zur gesetz­ lichen Ver­ sicherung (20)

Sachbezüge

. 59) nein

. 60) :a

(21)

sonst. geld­ werte Vorteile (22) ja



2) BSHG

3) BVG

ja

a) ja KOF b) nein BR

4) AFG

5) Baf ög

6) WobauG, WobindG, AFWoG

ja«

64) nein

) /

64) nein

66

LT. '

7) SparPG, WoPG, USG, BKGG, EStG

I

8) SGB

z.T.69)

9) ZPO, BGB, StGB

ja

ja *

nein

ja

63) grds.j a

ja

ja

. 65) Da

nein

ja

. 68) Da

nein

ja

ja69)

62

z.T >

6 m

7)

6 1

ja

z.T.

fi

z.T. 9)

ja

- 85 Übersicht 2

:

3. Sonstige Transferbezüge freie Wohlfahrtspflege (23)

private Unterstützungen (24)

Unterhaltsleistungen (25)

1) WoGG

nein

Da

Da

private Versicherungsleistungen (26) 71) Da

2) BSHG

nein

Da

. 72) Da

Da

. 74) j.a

Da

nein

. 76) 77) grds.nemz.T.

nein

78) grds.nein ja

3) BVG

70)

. 73) a) nein KOF b) nein BR

4) AFG

nein

75)

grds.ja

5) Bafög

6) WobauG, WobindG, AFWoG

Da

nein

nein

nein

¡0)

nein 7) SparPG, WoPG, USG, BKGG, EStG 81 ) 8) SGB

9) ZPO, BGB, StGB

nein

nein

nein

Da

nein

- 86 Übersicht 2

4. Einmalige Einahmefälle (private. Veräuße­ rungsgewinne, Erb­ schaften, Schenkungen, Lotteriegewinne) (27) Da

2) BSHG

83) Da

a) KOF b) BR

4) AFG

84) nein 85) nein . 87) Da

Da Da

(z.B. Mietwert der eigengenutzten Wohnung) (28) 82) Da

1) WoGG

3) BVG

5. Zuzurechnendes Einkommen

86)

grds.nein

88)

. 89) nein

5) Bafög

6) WobauG, WobindG, AF OG

Da

nein

7) SparPG, WoPG, USG, BKGG, EStG 91 )

90) 8) SGB

nein

9) ZPO, BGB, StGB

Da

Da 92) z.T.

- 87 Erläuterungen zu

Übersicht 2 1

1. Ausnahme: Kapitalabfindung nach § 14 Abs.1 Ziff.26 WoGG. 2. Nur soweit nicht einbezogen, als die Leistungen nicht zur Deckung des Lebensunterhalts bestimmt sind. 3. Ausnahme: Verletztengeld und Verletztenrente. 4. Ausnahme: Krankengeld und Mutterschaftsgeld, Abschn. 14.102 WoGVwV. 5. Rehabilitations- und berufsfördernde Leistungen nur soweit nicht zur Deckung des Lebensunterhalts bestimmt, § 14 Ziff. 9 WoGG und Abschn. 14.109 WoGVwV. 6. Anrechnung nur bei zweckidentischen Leistungen, § 77 Abs. 1 BSHG. 7. Nur Renten, nicht sonstige Bezüge, vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 3 DV-BVG- einerseits und § 4 Abs. 1 Ziff. 11 DV-BVG- andererseits 8. Nicht: Arbeitslosenhilfe und Krankengeld sowie Übergangs­ geld, § 2 Abs. 1 Ziff. 5 DV-BVG-. 9. Ausnahme: Teile einer Berufsunfähigkeitsrente, § 7 Ziff. 5 Alhi-VO. 10. Nicht: Verletztenrente, § 7 Ziff. 4 Alhi-VO. 11.

Beachte hier § 138 Abs. Alhi-VO.

3 Ziff. 2 AFG und § 7 Ziff. 6

12.

Anrechnungsklausel in § 131 Abs. 3 Ziff. 4 AFG; vgl. auch § 7 Ziff. 3 Alhi-VO bei Gewährung von Arbeitslosen­ hilfe gleichzeitig an Eltern und Kinder.

13.

Leibrenten mit dem vollen Betrag, § 21 Abs. 1 letzter Satz Bafög.

14.

Hinzurechnung von Einkommensersatzleistungen, § 1 VO zu § 21 Abs. 3 Ziff. 4 Bafög.

15.

Mit dem vollen Betrag anzusetzen, § 25 Abs. 2 Ziff. 5 WobauG.

16.

Nur mit Ertragsanteil.

17.

Wie EStG (bezüglich Gesamteinkommen, aber strittig; vgl. Heilmeier, a.a.O., S. 840).

18.

Als "sonstige Einnahmen zum Lebensunterhalt" nur bei frei­ willig Versicherten, vgl. § 180 RVO und Heilmeier, a.a.O., S. 841. Kranken-, Verletzten- und Übergangsgelder sind je­ doch unter bestimmten Voraussetzungen gem. Haushaltsbe­ gleitgesetz 1 984 beitragspflichtig; vgl. BGBl. I S. 1 532.

- 88 19. Nicht: diverse Grundrenten, § 14 Ziff. 6 WoGG mit Abschn. 14.106 WoGVwV. Kriegsopferfürsorge: laufende Leistungen für Lebensunterhalt anzurechnen, soweit Kosten der Unterkunft überstiegen werden; insbesondere als sog. Übergangsgeld und Unterhalts­ beihilfe nach § 26 a BVG und ergänzende Hilfen zum Lebensunterhalt, § 27 a BVG, vgl. Abschn. 14.118 Abs. 4 WoGVwV. 20. Nicht: Entschädigungsrente; aber halber Beitrag der Unterhaltshilfe und -beihilfe, § 14 Ziff. 28 WoGG. 21. Mit Ausnahme der Grundrente nach BVG, § 7 6 Abs. 1 BSHG. 22. im Prinzip nicht, vgl. § 25 d Abs. 1 Satz 1 BVG; An­ rechnung aber in bestimmten Fällen gem. § 26a Abs.9 BVG. 23. Nicht: Leistungen für Krankheitskosten, § 2 Abs. 1 Ziff. 12 DV-BVG-. 24. Ausnahme: Übergangsgelder, § 2 Abs. 1 Ziff. 10 DV-BVG-. 25. Nicht: Grundrente nach BVG, § 138 Abs. 3 Ziff. 5 AFG. 26. Nicht: Grundrente, vgl. § 21 Abs. 4 Ziff. 1 Bafög und § 1 Abs. 1 Ziff. 3 der VO. 27. voller Betrag, § 25 Abs. 2 Ziff. 4 WobauG. 28. Vgl. § 19 Abs. 2 EStG. 29. Zuschüsse steuerfrei gem. Abschn. 8 Abs. 1 Ziff.8 EStR; Versicherungsleistungen wie Renteh-bzw. Krankenver­ sicherungsleistungen . 30. Vgl. Nr. 17 31 . vgl. Nr. 18 32. Ausnahme: laufende Leistungen zum Lebensunterhalt inso­ weit, als die tatsächlichen Kosten der Unterkunft übersteigend, Abschn. 14.118 Abs. 1 WoGVwV. 33. Beachte: zwischen Wohngeld und Sozialhilfe verwaltungs­ mäßige direkte Verrechnung, vgl. Abschn. 18.13 WoGVwV. 34. Beachte: Ausschlußregelung für Bafög und USG in § 41 Abs. 3 WoGG. 35. Nur allgemeiner Unterhaltsbeitrag gem. § 7 USG; nicht: Sonderleistungen (AufWendungsersatz) , § 14 Ziff.32 WoGG. 36. Allerdings nur im Rahmen der Höchstbeträge und nur, soweit in Kollektivvereinbarungen festgelegt (§ 14 Abs. 2 mit § 4 VermBG).

- 89 37. Vgl. Nr. 33? in bezug auf sonstige staatliche Leistun­ gen ist zu beachten, daß die Sozialhilfe nach dem Grund­ satz der Subsidiarität gewährt wird; dementsprechend sind nach der Generalklausel des § 75 Abs. 1 BSHG an­ dere staatliche Leistungen nur insoweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe "im Einzelfall demselben Zweck dient". 38.

Vgl.

Nr. 37.

39. Wohngeld wird zwar nicht zum Einkommen gerechnet, je­ doch bei Gewährung vergleichbarer Leistungen der KOF mit dieser verrechnet, § 30 Abs. 2 Ziff. 2 KFVO. 40. Nur soweit Unterhaltsleistungen vom USG ersetzt werden, die nach dem BVG selbst anrechnungsfrei wären, § 2 Abs. 1 Ziff. 20 DV-BVG-. 41 . Vgl. oben Nr. 36. 42.

vgl.

Nr. 34.

43. § 1 Abs. 1 Ziff. 5 der VO. 44. Ausbildungsbeihilfen außer Bafög. 45. v g l . Heilmeier, a.a.O., S. 842 unter IV.4. 46. Vgl. Nr. 18. 47. Zwar Einbeziehung in Bemessungsgrundlage, aber Wieder­ herausnahme durch Gewährung eines Freibetrags in glei­ cher Höhe, § 15 WoGG. 48. Herausnahme der folgenden Leistungen: Heilbehandlung, Beihilfen, Wehrsold, Leistung wegen Hilfsbedürftigkeit, Familienförderleistungen, einmalige Leistungen nach Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz und Häftlingshilfegesetz. 49. Im Prinzip als Einnahme anzusetzen; im Einzelfall allerdings unterschiedliche Anrechnung möglich wegen § 77 Abs. 1 BSHG. 50. Vgl. Nr. 37. 51. Gleiche Beschränkung auf Zweckgleichheit wie bei Sozial hilfe gem. § 25 d Abs. 1 Satz 1 BVG. 52. Generalklausel in § 2 Abs. 1 Ziff. 1 DV-BVG-. 53. Bestimmte Ausnahmen in § 11 Alhi-VO und § 138 Abs.3 AFG 54. Mit-Ausnahme des Kindergeldes des Auszubildenden selbst 55. Es sei denn, es herrscht Zweckgleichheit vor; vgl. die Generalklauseln in § 21 Abs. 3 Ziff. 4 und Abs. 4 Ziff. 4 Bafög.

- 90 56. Vgl. Nr. 18. 57. Z.B. Reisekosten, Trennungsgelder, Umzugskosten, Auslö­ sungen, Bekleidungsgelder, Fehlgeldentschädigungen u.a.m. 58. z.B. Geburts-, Heiratsbeihilfen, Beihilfen in Notfällen, Verpflegungszuschüsse, Jubiläumsgeschenke,Übergangsgelder. 59. Abschn. 10.14 Abs. 2 WoGVwV. 60. Entsprechend Sachbezugsverordnung. 61. Freibetrag für Weihnachtsgratifikation in Höhe von 400 DM. 62. Nicht solche durch die öffentliche Hand gezahlte, § 2 Abs. 1 Ziff. 13 DV-BVG-, sowie bestimmte einmalige Zuwendungen. 63. Nicht: bestimmte betriebliche Vergünstigungen, soweit lohnsteuerfrei. 64. Generalklausel in § 138 Abs. 3 Ziff. 3 AFG: "zweck­ gebundene Leistungen" werden nicht angerechnet. 65. Ausnahme: lohnsteuerfreie Zuschüsse zu Mahlzeiten, § 7 Ziff. 2 Alhi-VO. 66. Vgl. § 3 Ziff. 12, 50 EStG. 67. Vgl. Abschn. 3 b , 17, 50 Abs. 1 Ziff. 5 und 7 LStR; § 2 Abs. 3 Ziff. 4 und 5 LStDV. 68. Diverse Ausnahmen durch Rechtsprechung anerkannt. 69.

Gleiche Behandlung wie im Lohnsteuerrecht, vgl. § 1 Arbeitsentgeltverordnung.

70.

Soweit nicht daneben Wohngeld unangemessen ist, § 14 Ziff. 19 WoGG.

71.

Nicht: wenn Leistungen der gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherung vergleichbar sind; allerdings nur insoweit nicht anzurechnen, als nicht zur Deckung des Lebensunterhalts bestimmt, § 14 Nr. 2 WoGG.

72.

Überleitung von Unterhaltsansprüchen möglich bei Verwandten im ersten Grad, §§ 90, 91 BSHG.

73.

Gleiche Einschränkung wie bei Wohngeld gem. § 25 d Abs. 5 Satz 1 BVG.

74.

Ausnahme: Wenn Einbeziehung "besondere Härte" für Empfänger darstellt, § 25 d Abs. 5 Satz 2 BVG.

75.

Nur insoweit heranzuziehen, als Unterhaltspflichtiger seinerseits bestimmte Einkommensgrenzen nicht über­ steigt, § 25 d Abs. 2 Satz 2 BVG.

- 91 76. Betr. Unterhaltsleistungen der Ehegatten vgl. die komplizierte Regelung in § 1 Abs. 3 Ziff. 8 DV-BVG- i.V.m. § 4 und § 2 Abs. 1 Ziff. 19. 77. Rentenleistungen ja, § 1 Abs. 3 Ziff. 7 DV; Leistun­ gen für Krankheitskosten nicht,§ 2 Abs. 1 Ziff.12 DV-BVG-. 78. Ausnahme: Unterhaltsansprüche gegen Ehegatten, § 138 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 AFG. 79. Mit Ausnahme der Unterhaltsleistungen der Eltern, § 21 Abs. 3 Ziff. 4 Bafög. 80. Es sei denn, als Rente aus privater Unfallversiche­ rung gem. § 22 Ziff. 1 EStG. 81. Strittig; vgl. Nr.

7.

82. § 10 Abs. 3 WoGG; vgl. auch A. 12.23 Abs. 1 2. Halbsatz WoGVwV. 83. Nach der Systematik des BSHG werden Veräußerungsge­ winne nicht als Einkommen angerechnet, sondern beim Vermögen erfaßt gem. § 88. 84. Nicht anzusetzen, da mit dem Grundgedanken des BSHG, den Bedarf im Einzelfall festzustellen, die Einbe­ ziehung einer fiktiven Einnahme nicht vereinbar ist, vgl. §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 und 7 Abs. 1 DV zu § 76 BSHG und Hieronymus, a.a.O.(Fußn. 2 S. 17 im Text). Allerdings dürfen gem. § 7 Abs. 3 DV Ausgaben, die auf den vom Vermieter selbst genutzten Teil der Wohnung entfallen, nicht abgezogen werden, so daß wirtschaft­ lich gesehen ein ähnliches Ergebnis wie in § 21 a EStG erreicht wird. 85. § 36 Abs. 1 KFVO nimmt § 21 Abs. 2 EStG aus. 86. Soweit nicht der Sicherung des Lebensunterhalts die­ nend, § 2 Abs. 1 Ziff. 26 DV-BVG-. 87. Nur wenn Einheitswert über 15.000 DM. 88. Es sei denn, diese Einnahmen dienten "nach Entstehungs­ grund, Zweckbestimmung oder Übung" dem laufenden Lebensunterhalt, § 11 Ziff. 1 Alhi-VO. 89. Zählt nicht als "Einnahme" i.S.d. § 138 AFG; eine Bezug­ nahme auf steuerliche Einkunftsarten kennt das Gesetz nicht. 90. Veräußerungsgewinne sind bei dem Gewinn aus selbständi­ ger Arbeit ausdrücklich ausgenommen in § 15 Satz 2 SGB. 91. Als Teil des Gesamteinkommens, vgl. § 15 SGB. 92. ZPO wie BSHG bzgl. Mietwert der eigengenutzten Wohnung; fiktives Erwerbseinkommen bei StGB und BGB möglich.

- 92 -

2.2.1

Betrachtet man zunächst die Gruppe der Gesetze, die das Universal-Einnahmeprinzip verfolgen, so kommt man zu dem Ergebnis, daß bezüglich der Auswahl der nachträglich auszuscheidenden Einnahmen eine einheitliche und übergreifende Systematik nicht festzustellen ist. So umfaßt der Katalog der auszuscheidenden Einnahmen im Rahmen des BSHG nur 1 Einnahme­ art, bei der KOF 4, im Rahmen des AFG bereits 16, beim WoGG sogar 32 und bei der BR nicht weniger als 35 (!) detailliert aufgeführte Posten. Zwangsläufig muß das Fehlen einer planvollen Systematik zu widersprüchlichen und ungerechtfertigten Ergebnissen führen, wie die unterschiedliche Behandlung vieler staatlicher Übertragungsleistungen in den zu­ letzt erwähnten Gesetzen zeigt. Alle diese Gesetze sehen staatliche Sozial­ leistungen vor und verwenden auf den ersten Blick konsequenterweise die gleiche Ausgangs­ größe in Gestalt des universellen Einnahme­ begriffs. Durch die individuelle "Bereinigung" der gleichen Ausgangsgröße wird diese jedoch in ihrem Charakter so verwässert, daß letzt­ lich von einer einheitlichen Ausgangsbasis, wie es zunächst den Anschein haben mag, keine Rede mehr sein kann. Eine derartige unterschiedliche Ausgangsbasis ist jedoch nicht etwa aufgrund unterschied­ licher Gesetzeszwecke sachlich geboten. Es ist nicht begründbar, warum bei Ansprüchen auf 1) mehrere staatliche Transferleistungen jeweils

1) Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob bei gegebenem Anspruch auf mehrere Sozialleistungen diese im Ergebnis zu saldieren sind, wie z.B. im Verhältnis von Sozialhilfe und Wohngeld; hier geht es zunächst nur um die Ermittlung des maßgeblichen Einkommens.

- 93 -

unterschiedliche Einkommensraaßstäbe anzulegen sein sollten. Erklärbar sind die unterschiedlichen Verfahrens­ weisen allenfalls mit dem Ressortprinzip; eine sachliche Rechtfertigung für eine Ungleich1) behandlung ergibt sich jedoch hieraus nicht Eine einheitliche Ausgangsbasis wäre aber Vor­ aussetzung zur Vermeidung ungereimter und zu­ fälliger Ergebnisse, wie sie oben unter 2.1.1 geschildert wurden. 2.2.2

Auch bei der zweiten Gruppe der Leistungsgesetze, die auf einer steuerlichen Ausgangsgröße auf­ bauen, kann von durchgängiger Systematik nicht gesprochen werden. Dies zeigt sich schon daran, daß verschiedene steuerliche Einkommensbegriffe verwendet werden, die, je nach Gesetzeskonstruk­ tion, in unterschiedlichem Ausmaß verändert werden. Die Folge hiervon ist wiederum, daß Gesetze, die einem vergleichbaren Zweck zu dienen bestimmt sind, an unterschiedliche Einkommensbegriffe und damit unterschiedliche Einkommensgrenzen anknüp­ fen, wie z.B. WoPG und WobauG, die beide die Woh­ nungsbauförderung zum Ziel haben. Andererseits verfügt das Bafög trotz der Bezug­ nahme auf eine Steuergröße aufgrund seines um­ fangreichen Hinzurechnungskatalogs von mehr als 30 Einnahmearten im Ergebnis über einen weitergehenderen Einkommensbegriff als andere Gesetze, die sich - jedenfalls, was die Einnahmeseite angeht -, vom Steuerrecht gänzlich gelöst haben.

1) Zur Kritik vgl. auch Bender, Die Ermittlung des Einkom­ mens im Rahmen sozialrechtlicher Ansprüche, in: "Soziale Sicherheit" 1978, S. 257 ff und Giloy, a.a.O., S. 45.

- 94 -

Hier wird deutlich, daß es keine grundsätz­ liche Unvereinbarkeit zwischen diesen beiden Verfahrensweisen gibt, sondern daß es zu­ nächst lediglich darauf ankommt, in grund­ sätzlicher Weise die Reichweite der Einkom­ menseinbeziehung festzulegen, während die Wahl der Einkommensermittlungsmethode sich sodann ausschließlich an Zweckmäßigkeits­ gesichtspunkten orientieren sollte, wie etwa Verwaltungsökonomie und -effizienz. 2.3 Ein immer wiederkehrendes Merkmal der Gesetzes­ technik stellt die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen und Generalklauseln dar. Auch die staatlichen Übertragungsgesetze bedienen sich ihrer bei der Abgrenzung der Einnahmen, wenn auch in unterschiedlicher Form. Da diese Technik u.U. bei der Erstellung eines einheitlichen Ein­ kommensbegriff es zu beachten ist, sollen die wich­ tigsten der verwendeten Rechtsbegriffe bzw. Gene­ ralklauseln hier kurz dargestellt werden: - Einige Transfergesetze beziehen nur solche Lei­ stungen anderer Leistungsgesetze ein, die dem "gleichen Zweck" wie die beantragte Leistung dienen. Solche Klauseln enthalten etwa BSHG, 1

BVG, Bafög und AFG '. - In anderen Gesetzen, vor allem im WoGG, teil­ weise aber auch in BVG, AFG und Bafög, wird die Zweckbestimmung näher konkretisiert; dort wird eine Anrechnung dann vorgenommen, wenn die anderen Leistungen gleichfalls zur "Deckung" oder "Sicherung des Lebensunterhalts" zu dienen 2) bestimmt sind 1) Vgl. Erläuterungen Nr. 25, 51, 55, 64 zu Übersicht 2. 2) A.a.O., Nr. 2, 3, 19, 20, 32, 35, 86, 88.

- 95 -

- Verschiedentlich ist die Nichteinbeziehung bestimmter Leistungen dann vorgesehen, wenn sie 1) 2) "unangemessen" oder "ungerechtfertigt" wäre, oder

soweit die Einbeziehung für den

Empfänger eine "besondere Härte" darstellen 3) würde ; im Hinblick auf die besondere Be­ lastung des Hilfeempfängers ist an anderer Stelle eine spezielle Prüfung der Billigkeit vorgesehen 4) i

2.4 Bei der Auswahl der auszuscheidenden Einnahmen finden sich in den einschlägigen Regelungen übereinstimmende Behandlungsweisen bezüglich bestimmter Sondereinnahmen, auf die ebenfalls hinzuweisen ist: - Verschiedentlich werden solche Einnahmen, die lediglich dem Ersatz entstandener Aufwendungen oder der Wiederherstellung einer vorher gege­ benen Lage dienen, von vornherein ausgeklam4-5)

mert .. - Das gleiche gilt

für Leistungen aus Rechts­

gründen der Entschädigung oder des Opferausgleichs^; verschiedentlich greift allerdings eine Rückausnahme ein, wenn solche Leistungen lediglich entgangenes Einkommen ersetzen i , 7) sollen '.

1) A.a.O., Nr. 70, 73. 2) § 78 Abs. 1 BSHG, § 34 Abs. 2 BVG. 3) § 78 Abs. 2 BSHG, § 25 d Abs. 5 Satz 2 BVG. 4) § 25 c Abs. 3 BVG. 5) Vgl. Erläuterungen Nr. 23, 35, 57, 77. 6) A.a.O., Nr. 21, 25, 26; vgl. auch § 138 Abs. 3 Ziff. 5 AFG. 7) Vgl. etwa § 138 Abs. 3 Ziff. 6 AFG.

- 96 -

- Ebenfalls ausgenommen sind in der Mehr­ zahl der Fälle einmalige Unterstützungs­ leistungen oder Zuwendungen in Sonder­ 1}

fällen . - Eine interessante Regelung enthält in diesem Zusammenhang das AFG: Werden Unter­ stützungsleistungen bezogen, die eigener Vorsorge entspringen, so ist diese Leistung 2

anrechnungsfrei ^. 2.5 Als Zwischenergebnis ist bisher festzustellen, daß die bestehenden Unterschiede hinsichtlich der Erfassung der Einnahmen im Rahmen der Leistungsgesetze weder sachlich notwendig noch, von wenigen Ausnahmen abgesehen, sach­ lich gerechtfertigt sind,und daß auch steuer­ liche Ausgangsgrößen nicht von vornherein als untauglich zur Abgrenzung der in Frage kommen­ den Einnahmen abzulehnen sind. 1) Vgl. Erläuterungen Nr. 48, 58, 61. 2) § 138 Abs. 3 Ziff. 7 AFG. Diese - sicher diskussions­ würdige- Regelung ist bislang noch einzigartig; eine breite Einführung würde allerdings ein grundsätzliches Umdenken hinsichtlich des die Sozialgesetze durchziehen­ den Bedarfsprinzips erfordern, denn im gleichen Maße, in dem Eigenvorsorge auf den Plan tritt, verringert sich der anzuerkennende Bedarf und damit die staatliche Fürsorgepflicht. Wie jedoch die aktuelle Diskussion um die Einführung einer allgemeinen Pflegeversicherung gezeigt hat (zum aktuellen Stand dieser Diskussion vgl. Poske, ZRP 1 985, S. 105), gewinnt der Gedanke eines Vorrangs der Eigenvorsorge gegenüber der staatlichen Fürsorge zusehends an Raum. Die Forderung nach einer freien Entscheidung über die Vorsorgeform ist bereits im Gutachten der Steuerreformkommission 1971 enthalten, vgl. Schriftenreihe des BMF, Heft 17, Teil II,S. 139. Dort ist zwar der Aspekt der Abzugsfähigkeit von der steuerlichen Bemessungsgrundlage angesprochen; beide Aspekte, Anrechnungsfreiheit und Abzugsfähigkeit, sind jedoch zusammenhängend zu sehen, vgl. Otten, Die negative Einkommensteuer, Europäische Hochschulschriften, Reihe V, Band 182, Frankfurt/M. 1977, S. 50 ff.

- 97 -

3. Die Veränderung der Ausgangsgrößen auf der Ausgabenseite Ähnlich wie bei der Behandlung der Einnahmen zeigt auch ein Blick auf die Behandlung der hauptsächlichen

Abzugsposten ein buntes Bild

unterschiedlicher teils unausgereifter, teils widersprüchlicher Regelungen, die wiederum in Übersicht 3 einander gegenübergestellt sind:

Übersicht 3

Abzugsfähigkeit wichtiger Ausgabenposten in den jeweiligen Einkommensbegriffen

Wk/BA

Anerkennung von Verlusten

(1)

Erhöhte Absetzungen/ Sonderab­ schreibungen (3)

Steuern (ESt/KiSt)

Sozial­ abgaben

(4)

(5)

Freiw.Vers.und Vorsorge­ leistungen

Unterhalts­ leistungen

(6)

Außergewöhnlich« Belastungen

(7)

(8)

(2) 1) WoGG

. 1) :a

. 2) nein

nein

. 3) Da

. 3) Da

. 4) Da

. 5) Da

nein

BSHG

. 6) Da

. 7) nein

. 8) nein

ja

ja

. 9) Da

. 10) nein

. 11) nein

3) BVG a) KOF b) BR

. 12) l-3) Da

. 12) nein,„, . 14) nein

. 12) nein nein

j a

. 16) nein

j a

. 16) nein

. 12) . 16) nein

. 12) nein nein

. 12) nein nein

4) AFG

. 17) Da

18) nein

. 19) nein

ja

ja

. 20) Da

nein

nein

5) EStG, VermBG u.a.

ja

. 21) Da

ja

. 22) nein

. 23) Da

ja

. 24) nein

. 2 ) nein

6) Bafög

wie EStG

. 26) nein

. 27) Da

ja

. 28) Da

. 29) Da

nein

. 30) nein

7) USG

•I

wie EStG

z.T.

ja

ja

nein

nein

nein

8) BKGG

u

. 33) nein

ja

ja

. 34) Da

ja

9) WobauG u.a.

ii

. 35) nein

. 36) nein

. 37) Da

nein

nein

ja

ja

2)

0) BGB, ZPO, StGB

Da

ja

23)

wie ES tG

40)

„39)

] a

nein

41)

32)

32)

38) nein

ja

41) Da

5

41) Da

42) ja

- 99 -

Erläuterungen zu Übersicht 3 : 1.

Gemäß § 12 Abs. 1 WoGG nur die "zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen notwendigen Aufwendungen" absetzbar; Pauschbeträge bezüglich der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit und Kapitalvermögen; bei ande­ ren Einnahmen nur Aufwendungen, die "unmittelbar" den oben genannten Zwecken dienen.

2. Berücksichtigung nur der positiven Einkünfte, A.12.24 WoGVwV. Keine Verlustverrechnung zwischen Familienange­ hörigen, A.11.14. 3. Typisierende Pauschbeträge, § 17 WoGG. 4. Soweit gleiche Zweckbestimmung wie Pflichtbeiträge. 5. Gesetzliche Unterhaltspflichten im Rahmen des § 12 a WoGG. 6. Nur

soweit notwendig, § 76 Abs. 2 Satz 4 BSHG.

7. Kein Verlustausgleich zwischen den einzelnen Einkunfts­ arten . 8. Gilt für Einkünfte aus L & F, Gewbetr. und selbst.Arbeit; notwendige Ausgaben für Anschaffung oder Herstellung von nach EStG begünstigten Wirtschaftsgütern jedoch voll ab­ ziehbar, § 4 Abs. 5 Satz 2 DV-BSHG-. Bei Einkünften aus V & V keine AfA, wohl aber 10 % der Roheinnahmen als Erhaltungs­ aufwand abziehbar, §§ 4 Abs. 5 und 7 Abs. 2 DV-BSHG-. 9. Soweit "angemessen", § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG. 10. Unterhaltsverpflichtungen werden nur indirekt bei Ermitt­ lung der Einkommensgrenze berücksichtigt, vgl. § 7 9 BSHG. 11. Berücksichtigung aber im Rahmen der Leistungsgewährung, §§ 23, 27 BSHG. 12. Wie BSHG. 13. Teils Pauschalen (§ 9 ) , teils Höchstbeträge (z.B. § 6 ) , teils Bezugnahme auf EStG (§ 6 Abs. 4, 11 DV-BVG-). 14. §§ 1 Abs. 4 Satz 3, 8 Abs. 1 Satz 2 und 12 Abs. 8 DV-BVG-. 15. § 8 Abs. 1 DV-BVG- bezüglich Einkünfte aus L & F, Gewbetr. und selbst.Arbeit; § 12 Abs. 2 Satz 2 bez. Einkünfte aus V & V. 16. Bei der Bemessung der Ausgleichsrente ist das bezogene Bruttoeinkommen des Berechtigten zugrunde zu legen, so daß Abzüge für Steuern und Sozialabgaben etc. nicht zu­ lässig sind, § 33 Abs. 1 BVG.

- 100 -

17. Nur soweit "notwendig", § 138 Abs. 2 Satz 3 AFG. 18. Entsprechender Wille des Gesetzgebers nur aus Gesetz­ gebungsmaterie erkennbar; vgl. Fußn. 1, S. 22 im Text. 19. Erl. 18 entsprechend. 20. Soweit "angemessen", § 138 Abs. 2 Satz 2 AFG. 21. Einschränkung durch die §§ 2 a,7 Abs. 5, 15 a, 15 Abs. 2 EStG; vgl. Schmidt, a.a.O., § 2 Anm. 15. 22. § 12 Ziff. 3 EStG. 23. In den Grenzen von § 10 EStG. 24. § 12 Ziff. 1 und 2 EStG; Ausnahme in § 10 Abs. 1 Ziff. 1. Auch der Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 8 EStG gehört hierher. 25. Vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, §§ 33 Abs. 1, 33 a Abs. 1 EStG. 26. Beschränkung des internen, Verbot des externen und interpersonalen Verlustausgleichs, § 21 Abs. 1 Satz 1 und 2 Bafög. 27. Beschränkung nur hinsichtlich § 7 b EStG. 28. Pauschalregelungen, § 21 Abs. 2 Bafög. 29. "In angemessenem Umfang", § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Bafög. 30. Aber diesbezügliche Härteregelung in § 25 Abs. 6 Bafög. 31. Wiederhinzurechnung der nach §§ 7 b bis 7 e EStG abgesetzten Beträge. 32. Berücksichtigung im Rahmen der Leistungshöhe, vgl. die §§ 5 ff USG. 33. Gleiche Regelung wie Bafög. 34. Gesonderte Regelung in § 11 Abs. 2 Nr. 3 BKGG. 35. Verlustausgleichsverbot neu eingeführt, vgl. Fußn. 8, S . 4 6 im Text. 36. Vgl. die Regelung in § 25 Abs. 2 Nr. 3 WobauG. 37. Neuerdings Pauschalabzug in Höhe von 10 % zulässig, vgl. Fußn. 6, S. 46 im Text.

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38. Bestimmte gesetzliche Unterhaltspflichten lt. § 25 Abs. 2 Nr. 2 WobauG. 39. Beschränkung auf Notwendigkeit im Unterhaltsrecht. 40. Bezüglich StGB vgl. Fußn. 2, S. 58 im Text, bezüglich ZPO § 115 Abs. 1 Satz 2 verweist nur auf § 76 Abs. 2 BSHG, nicht auch auf Abs. _3_, der die Verweisung auf die Aus­ führungsverordnung zu § 76 enthält und damit auf das Verlustausgleichsverbot (vgl. oben Erl. 7 ) . 41 . Entspricht dem Nettoeinkommensprinzip. 42. Ausnahme ZPO: Wie BSHG.

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3.1 Die erste Gruppe der Gesetze, die eigene, nicht­ steuerliche Ausgangsgrößen verwendet, sieht durchweg entweder eine Begrenzung der anzuerkennenden Werbungs­ kosten bzw. Betriebsausgaben oder sogar völlig eigen­ ständige ,Abzugsbestimmungen vor: 3.1.1 Dabei treten allerdings schon Unterschiede hin­ sichtlich der Bezeichnung dessen auf, was als Werbungskosten anzuerkennen ist. WoGG und AFG übernehmen wörtlich die steuerliche Definition der Werbungskosten - Aufwendungen zur "Erwerbung, Sicherung und Erhaltung" -, während BSHG und KOF von Aufwendungen zur "Erzielung" von Einnahmen sprechen. Wenn damit auch keine unterschiedliche 1) Behandlung in der Sache gewollt ist

, dann

ist diese unterschiedliche Terminologie doch ver­ wirrend und sollte bereinigt werden. 3.1.2 Die vorerwähnten Gesetze grenzen die Abzugsfähig­ keit von Werbungskosten/Betriebsausgaben weiter­ gehend durch das Kriterium der "Notwendigkeit" 2) der Ausgaben ein . An keiner Stelle findet sich 1) Vgl. Knopp/Fichtner, a.a.O., § 7 6 BSHG, Rdnr. 28. Das finale Element der "Erzielung" der Einnahmen ist im übri­ gen auch zentraler Ansatzpunkt für die Beurteilung der Abzugsfähigkeit von Werbungskosten im Steuerrecht, vgl. Schmidt, a.a.O., § 9, Anm. 2 d. 2) Z.B. §12 Abs. 1 WoGG, § 76 Abs. 2 Ziff. 4 BSHG, § 138 Abs. 2 Ziff. 3 AFG, § 25 d Abs. 3 Ziff. 4 BVG - letzte­ res jedoch nur für die KOF; die BR greift dagegen zum größten Teil vollinhaltlich auf den WK/BA-Begriff des EStG zurück, vgl. §§ 6 Abs. 4 Satz 3, 8 Abs. 1 Satz 1, 11 Abs. 1 DV-BVG-. Eine Ausnahme gilt lediglich für Einkünfte aus V & V, vgl. § 12 Abs. 4 e und 6 D V - B V G - " S o n s t i g e zur Bewirtschaftung notwendige Aufwendungen ..." . An der entsprechenden Fundstelle der DV-BSHG- heißt es dagegen lediglich: ... "Aufwendungen zur Bewirtschaftung" § 7 Abs. 2 Satz 2. Während also bei der DV-BVGdas Merkmal der Notwendigkeit nicht im Obersatz, sondern in der Spezialnorm auftaucht - vgl. § 12 Abs. 3 Satz 2 mit Abs. 4 e -, erscheint es bei der DV-BSHG- zwar im Obersatz, aber nicht mehr in der Spezialnorm, vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 mit Abs. 2 Ziff. 5! Hier öffnet sich der Gesetzesauslegung ein weites Feld...

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jedoch eine nähere Definition dessen, was als "notwendig"

im Sinne einer Einschränkung des

Abzugs von betrieblichen/beruflichen Aufwendungen zu verstehen sei. Die Ausführungsvorschriften der einzelnen Gesetze begnügen sich diesbezüglich 1) mit der Wiederholung der Gesetzesformulierungen teilweise verzichten sie sogar auf das Merkmal 2) der Notwendigkeit.

oder lassen zumindest den

Betriebsausgabenabzug voll z u ^ . Das in dieser Hinsicht restriktivste Gesetz, das BSHG, zählt für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beispielhaft - jedoch nicht erschöpfend

-

nur solche Fälle notwendiger Werbungskosten auf, die auch im Steuerrecht anerkannt sind. Bezüglich der Betriebsausgaben werden praktisch die vom Finanzamt anerkannten Aufwendungen trotz formell vorgeschriebener "Notwendigkeits"-prüfung voll 1 4-5) anerkannt

1) Vgl. die §§ 3 ff der DV zu § 76 BSHG. Hieronymus, a.a.O., Erläuterung 4 zu § 3 der DV, formuliert, die Aufwendun­ gen müßten "sowohl dem Grund als auch der Höhe nach" notwendig sein. 2) Vgl. z.B. Abschn. 12.21 Abs. 3, 12.22 Abs. 3 WoGVwV, wo WK, die über die steuerlichen Pauschbeträge hinaus­ gehen, in der "nachgewiesenen Höhe",also voll, anzuer­ kennen sind. In § 12 Satz 2 WoGG heißt es sogar, daß bei allen Einkunftsarten mit Ausnahme der 4. und 5., die "WK oder BA i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG" anzuerkennen sind. 3) Vgl. § 33 KFVO im Gegensatz zu § 32 Abs. 4 KFVO. 4) In § 3 Abs. 4 Satz 1 der DV heißt es: ... Zu den Ausgaben gehören "vor allem" ... 5) Vgl. Knopp/Fichtner, a.a.O., § 76, Rdnr. 29.

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In der Sache geht es den Sozialgesetzen lediglich um den Ausschluß privat veranlaßter oder unange­ messen hoher Aufwendungen, jedoch vermag das Merkmal der "Notwendigkeit" hierfür nichts her­ zugeben. Konsequent verzichtet deshalb das Steuer­ recht auf dieses Abgrenzungsmerkmal und stellt allein auf den betrieblichen/beruflichen Bezug 1) der Aufwendungen ab Das Merkmal der "Notwendigkeit" ist deshalb entbehrlich. 3.1.3 Einige Gesetze verfügen noch über weitere Rechts­ begriffe zur Eingrenzung von Werbungskosten/Be­ triebsausgaben. So wird gefordert, Aufwendungen müßten "unmittelbar" der Erwerbung von Einnahmen 2)

dienen oder sie werden nur anerkannt, wenn sie nicht unter dem Gesichtspunkt der "Zumutbarkeit" 3) vermeidbar waren

. Diese beiden Rechtsbegriffe

sind jedoch aufgrund ihrer Unbestimmtheit für die Begrenzung von Aufwendungen ebenso ungeeignet, wie der Begriff der "Notwendigkeit". 3.1.4 Das Bestreben des Gesetz- bzw. Verodnungsgebers, sich weitestgehend von der steuerlichen Einkünfte­ ermittlung zu lösen, hat bei den Gesetzen der ersten Gruppe eine Reihe fragwürdiger Resultate hervorgebracht:

1) Vgl. Schmidt, a.a.O., § 9 Anm. 2 e. 2) Abschnitt 12.23 Abs. 1 WoGVwV. 3) So § 3 Abs. 6 Nr. 2 DV zu § 76 BSHG und § 32 Abs. 6 KFVO bezüglich Fahrtkosten im Rahmen von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit; anders aber die BR, die auf eine Zumutbarkeitsprüfung verzichtet.

- 105 -

- So verwenden die DV-BSHG- , die DV-BVG- und 1) die KFVO Pauschsätze betreffend die KFZ-Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeits­ stätte, wobei sich jedoch nur geringe Unter­ schiede zu den diesbezüglichen steuerlichen 2) Pauschsätzen ergeben

; zudem differieren

diese Sätze auch noch untereinander"^ . - Bei bestimmten Einkunftsarten werden zur Ab­ geltung von Ausgaben Pauschalabschläge zugelas­ sen oder bestimmte Prozentsätze von Roheinnahmen 4) als Einkünfte angesetzt

. Ein solches Verfahren

ist zwar im Prinzip zu begrüßen, da es zur Ver­ fahrensvereinfachung und -beschleunigung beiträgt. 1) Diese übernimmt hier allerdings wörtlich die Bestimmung der DV-BSHG-, obwohl sie eine Leistung des BVG ist, vgl. § 32 Abs. 6 KFVO und § 3 Abs. 6 DV-BSHG-. Bezüglich der Gewinneinkünfte greift die KFVO dagegen wieder auf die DV-BVG- zurück, vgl. § 33 Abs. 3 Satz 2 KFVO. 2) Nach § 3 Abs. 6 DV-BSHG- können bei Benutzung eines Kfz 10,— DM pro Monat und Entfernungskilometer abgesetzt wer­ den; nach § 9 Abs. 1 Ziff. 4 a EStG beläuft sich dieser Betrag bei angenommenen 23 Arbeitstagen auf 8,28 DM. Da­ bei ist überdies zu beachten, daß das EStG in § 9 Abs. 2 bezüglich der Kfz-Kosten Sonderregelungen für Körper­ behinderte vorsieht, die sogar günstiger sind als die für Schwerbeschädigte bzw. Kriegsversehrte im BVG, da die tatsächlichen Aufwendungen voll abziehbar sind. 3) Die Sätze des BVG liegen 20 % über denen des BSHG, vgl. § 3 Abs. 6 DV-BSHG- und § 6 Abs. 3 DV-BVG-. 4) §§ 9, 12 DV-BVG- und § 7 DV-BSHG-, inhaltsgleich mit § 36 KFVO für Einkünfte aus L & F und V & V; letztere firmieren beim BVG als Einkünfte aus "Haus- und Grund­ besitz". Hier werden pauschal 10 % als "Erhaltungsauf­ wand" anerkannt; bei Vermietung möblierter Zimmer wer­ den 80 % der Roheinnahmen als "Reineinkünfte" angesetzt; die DV-BSHG- kennt hierfür Roheinkunftssätze zwischen 70 und 90 %, § 7 Abs. 4 DV-BSHG-.

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Wenn jedoch in der Finanzverwaltung ein besseres und genaueres Verfahren zur Verfügung steht zur Einkünfteermittlung einschließlich der ausführen­ den Verwaltungsorganisation, dann ist ein eigenes noch dazu verhältnismäßig grobes - Einkünfteer­ mittlungsverfahren überflüssig. - In den Ausführungsvorschriften sind im Steuerrecht gängige Begriffe enthalten, denen jedoch zum Teil andere Inhalte oder Definitionen beigegeben wurden, wie z.B. "eigener Hausstand" und "doppelte Haushaltsführung" 1) oder "Erhaltungsaufwand" 2) Die letzten Ausführungen beweisen erneut, daß ein ängstliches Abrücken von Ergebnissen und Methoden der steuerlichen Einkünfteermittlung zumindest dann überflüssig oder gar unsinnig sein kann, wenn eine 1) DV-BSHG, DV-BVG- und KFVO stellen bezüglich des eigenen Hausstands auf den Besitz einer "eigenen oder selbst beschafften Möbelausstattung" ab, während die herrschende Auffassung im Steuerrecht einen eigenen Haus­ stand dann bejaht, wenn über die materiellen Grundlagen des Haushalts hinaus auch eine persönliche Teilhabe am häuslichen Leben stattfindet, vgl. Schmidt, EStG, § 9 Anm. 9 b. Da die Definition der erwähnten Gesetze er­ sichtlich zu eng ist, sehen sie einen Nachsatz vor, wo­ nach eine doppelte Haushaltsführung auch dann anerkannt werden kann, wenn der Einkünftebezieher die Kosten für einen gemeinsam geführten Haushalt trägt; de facto bedeu­ tet dies eine Annäherung an die steuerliche Sicht. Die DV-BVG- läßt diese letztere Regelung auch bei Unverhei­ rateten eingreifen, macht jedoch eine Anerkennung von Mehraufwendungen von einer gleichzeitigen bzw. fiktiven Anerkennung seitens des Finanzamts "im Sinne des EStG" abhängig, vgl. § 6 Abs. 4,letzter Satz. 2) Die obigen Ausführungsverordnungen lassen übereinstim­ mend Ausgaben für "Instandsetzung und Instandhaltung" zu, nicht dagegen solche für "Verbesserungen". Eine solche Abgrenzung ist jedoch im Einzelfall von wenig Hilfe, vgl. etwa das Problem der Heizungsumstellung 1 Weitere Beispiele aus der Steuerrechtsprechung bei Schmidt, a.a.O., § 21, Anm. 14 c. Wohl in Erkenntnis dieser mangelhaften "Definition" lassen die Ausführungs­ verordnungen pauschal 10 % der Jahresroheinnahmen als Erhaltungsaufwand zum Abzug zu; im Steuerrecht gilt nach Abschn. 157 Abs. 4 EStR eine Vereinfachunqsregelung für Aufwendungen bis zu 4.000,— DM.

- 107 -

Bezugnahme auf steuerliche Einzelregelungen ein wirtschaftlich vergleichbares Resultat hervor­ bringt. 3.2 Nahezu alle hier behandelten Gesetze sehen Be­ schränkungen hinsichtlich der Anerkennung von

1)

Verlusten vor

; z.T. sind diese Beschränkungen 2) allerdings erst nachträglich eingeführt worden Zu erklären sind diese Beschränkungen als Reak­

tion des Gesetzgebers auf die in den siebziger Jahren zunehmende Diskussion um sog. "Verlust­ beteiligungen" und "Steuersparmodelle" ^ . Bei den zur Anwendung kommenden Verlustbegren­ zungen lassen sich drei verschiedene Formen un­ terscheiden: - Innerhalb einer Einkunftsart werden negative Überschüsse ausgeschlossen (interne oder hori4) 5) zontale Verlustbegrenzung ) ; - zwischen verschiedenen Einkunftsarten ist ein Ausgleich von Verlusten ausgeschlossen*^ (ex4) terne oder vertikale Verlustbegrenzung); - zwischen den Einkünften verschiedener Personen ist ein Ausgleich von Verlusten ausgeschlossen (hier genannt: interpersonale Verlustbegrenzung)^ 1) Vgl. die Erläuterungen zu Sp. (2) der Übersicht 3. 2) So beim Bafög, BKGG, AFG und WobauG. 3) Vgl. z.B. BR-Drucks. 694/764) Zur Terminologie vgl. Tipke, a.a.O. (Lb), S. 160. 5) So AFG, Bafög, DV-BVG-; beim WoGG gilt dies jedoch nicht bei Gewinneinkünften, vgl. Abschn. 12.24 und 12.25 WoGVwV 6) So BSHG, KFVO, BVG, WobauG. 7) Nur bei Bafög und BKGG, und zwar hinsichtlich der Ehegat­ ten; beim WoGG hinsichtlich aller "zum Haushalt rechnen­ der Familienmitglieder", vgl. Abschn. 11.14 WoGVwV-

Bedenken gegen eine pauschale Verlustbeschränkung der obigen Art ergeben sich vor allem aus der unterschiedslosen Behandlung aller Verluste, gleich­ gültig, ob es sich um tatsächlich erwirtschaftete Verluste oder nur um solche steuerlicher Art handelt. Es ist nämlich kein sachlicher Grund ersichtlich, "echte" Verluste, die eine Minderung der Leistungs­ fähigkeit bedingen, von jeder Berücksichtigung aus­ zuschließen. Dies muß notwendigerweise zu ungerecht­ fertigten Verzerrungen führen, denen zudem Bedenken 1) verfassungsrechtlicher Art aus Art. 3 GG begegnen Im übrigen kann unterstellt werden, daß dem Gesetz­ geber die Fragwürdigkeit eines pauschalen Verlust­ ausgleichsverbots bei der Schaffung der Rechtsmate­ rie sehr wohl bewußt war, denn nur so ist die Son­ derregelung für Härtefälle erklärbar, in denen die "gesamtwirtschaftliche Lage" des Einkommensbeziehers 2) zu berücksichtigen ist 1) Balke, FR 1 984, S. 459, und Brandis, a.a.O., FR 1 983 , S. 374; vgl. auch das dort angeführte Fallbeispiel: Familie A erzielt aus Gewerbebetrieb einen Verlust von 20, aus anderer Tätigkeit einen Überschuß von 50. Familie B dagegen erwirtschaftet einen Überschuß von 30. Während das Sozialrecht bei Familie A nun eine Leistungs­ fähigkeit von 50 unterstellt, nimmt es bei Familie B nur eine solche von 30 an, obgleich beide Familien wirt­ schaftlich gesehen gleich dastehen. Familie B kommt aber möglicherweise in den Genuß von Transferleistungen, die Familie A versagt bleiben. Unrichtig die Begründung des VerwG Düsseldorf im bereits zitierten Urteil vom 1 4.10.1 983 (Fußn.3,S.33),das hierin ein zulässiges Ausschöpfen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers sieht; daß das Bafög gleichzeitig den Ab­ zug eines 7 b-Betrags anerkennt, stelle eine "sachge­ rechte Differenzierung" dar, m.a.W.: Das Gericht hält es für rechtens, daß der Einkommensbegriff des Bafög echte Minderungen der Leistungsfähigkeit ignoriert, eine künstliche Verringerung derselben jedoch berücksichtigt, was zu einer doppelten Subventionierung führen kann. A.A. als das VerwG Düsseldorf ist das Sozialgericht Lüneburg, vgl. Fußn. 3, S. 39. 2) § 10 Satz 2 DV-BSHG-, wortgleich mit § 39 Satz 2 KFVO.

- 109 -

Ein pauschales Verlustausgleichsverbot ist somit abzulehnen. Überdies sind diese Regelungen ohne­ hin weitgehend überflüssig, da die steuerlichen Verluste vielfach aus der Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen oder erhöhten Absetzungen resultieren, die in den obigen Gesetzen aus1) drücklich ausgeschlossen werden 3.3 Die Anerkennung von aus dem steuerlichen Bereich stammenden erhöhten Absetzungen und Sonderab­ schreibungen ist in fast allen Gesetzen bzw. Ver­ ordnungen eingeschränkt, wobei sich allerdings auch hier das Bild einer totalen Rechtszersplit­ terung wiederholt. Bereits in der Terminologie weichen die einzelnen Regelungen erheblich voneinander ab; nur verein­ zelt wird die korrekte steuerliche Terminologie der "erhöhten Absetzungen" und "Sonderabschreibungen"

2)

, verwendet

3)

, daneben wird von "Abset-

4) zungen" , "abgesetzten Beträgen" oder nur von "Sonderabschreibungen"~^ gesprochen. Während

6) eine Gruppe sich auf Generalklauseln stützt

,

zählt eine andere Gruppe die auszuschließenden Abzugsbeträgen im einzelnen auf,

wobei sich

wiederum erhebliche Unterschiede in den jeweiligen 1) Ein paradoxes Beispiel hält hier das Bafög bereit: In § 21 Abs. 1 Ziff. 2 ist zwar die Absetzung eines 7 bBetrages ausdrücklich gestattet, gleichzeitig wird je­ doch durch das Verbot des Verlustausgleichs der wich­ tigste Effekt des 7 b in der Praxis, nämlich die Ver­ ringerung der Steuerlast infolge negativer Einkünfte aus V & V, wieder aufgehoben! 2) Dies die steuerlich korrekte Terminologie, vgl. Tipke, a.a.O., S. 534. 3) Nur WoGG und BVG. 4) So BSHG . 5) So WobauG. 6) Vgl. vor allem § 12 WoGG; das WobauG spricht von Son­ derabschreibungen, die "unter anderen Gesichtspunkten als denen der Wertminderung" abgesetzt wurden, § 25 Abs. 2 Ziff. 3.

-110-

Negativkatalogen ergeben

und die Auswahl der

aufgenommenen steuerlichen Vorschriften ohne 2) erkennbare Systematik ist Der gravierendste Mangel dieses Verfahrens liegt notwendigerweise darin begründet, daß das Steuer­ recht aufgrund seiner Wirtschaftslenkenden Funktion in diesem Bereich recht häufigen Änderungen unter­ worfen ist und die Sozialgesetze deswegen gezwungen sind, bei jeder Steuerrechtsänderung auf diesem Gebiet eine diesbezügliche Gesetzesänderung vorzu­ nehmen bzw. zumindest zu erwägen. Solche Gesetzes­ änderungen werden aber erst Jahre später oder über­ haupt nicht in die entsprechenden Einkommensermitt3) lungsnormen eingearbeitet Ein weiterer Kritikpunkt liegt darin, daß nicht alle Sonderabschreibungen verbietende Gesetze

Regelungen

über den normalen Wertverzehr an deren Stelle treten lassen. In den Fällen, in denen die Gesetze die tat­ sächliche Wertminderung berücksichtigen, ergeben sich für Bürger und ausführende Verwaltungsstellen erheb­ liche Mehrbelastungen wegen der komplizierten Ermitt4) lung eines abzugsfähigen Teilbetrags Hier wäre eine Berechnung seitens des veranlagenden Finanzamts sicherlich effektiver. 1) Das USG nennt drei, das BSHG zehn und das BVG fünfund­ zwanzig einschlägige Vorschriften des Steuerrechts. 2) Vgl. die Negativkataloge in § 4 Abs. 5 DV-BSHG- und § 8 Abs. 1 Satz 3 und 4 DV-BVG-. Ein offentsichtlich nicht gesehenes Problem stellt auch die degressive AfA des § 7 Abs. 5 EStG dar, die, zumindest in den ersten 14 Jahren, eine vergleichbare steuerliche Vergünstigung wie der weitestgehend ausgeschlossene § 7 b darstellt. 3) Die zuletzt im Jahre 1976 (!) geänderte DV-BSHG- ent­ hält z.B. weder den § 82 a EStDV noch den § 7 d EStG. Die neugeschaffenen §§ 7 g EStG und 82 d EStDV sind in keiner der obigen Vorschriften enthalten. 4) Vgl. etwa die umfangreichen, der Einkommenserklärung für den sozialen Wohnungsbau beigegebenen Erläuterungen in der Anlage 1 a des sog. "Einkommensprüfungserlasses" NRW (Fußn. 2, S. 47) .

- 111 -

3.4 Die Behandlung der Ausgabeposten Steuern und Sozialabgaben ist im wesentlichen einheitlich; bei Ausgaben für freiwillige Versicherungs- und 1] Vorsorgeleistungen werden z.T. "Angemessenheit" 2) oder eine

vergleichbare Zweckbestimmung"

verlangt. Im Gegensatz hierzu lassen WobauG und Beschä­ digtenrente keine dieser Abzüge zu. Diese Ver­ fahrensweise führt z.B. beim WobauG, das gleich­ zeitig auch Ausgangsgröße für das Wohnungsbin­ dungsgesetz und die Bemessung der sog. "Fehl3) belegungsabgabe ist , zu einer erheblichen Benachteiligung der Erwerbstätigen- gegenüber den 4) Nichterwerbstätigenhaushalten 3.5 Die übrigen Ausgabeposten, Unterhaltsverpflich­ tungen und außergewöhnliche Belastungen werden überwiegend nicht anerkannt. Hier stellt sich dann das Problem, ob die insoweit objektiv ge­ minderte Leistungsfähigkeit effektiver im Rahmen der Ermittlung der Bemessungsgrundlage oder im Rahmen der Festsetzung der Leistungshöhe zu be­ rücksichtigen ist. 1) Z.B. §76 Abs. 2 Ziff. 3 BSHG; § 25 d Abs. 3 Ziff. 3 BVG. 2) § 17 Abs. 2 Ziff. 1 b WoGG. 3) Vgl. oben S. 48. 4) Vgl. die Kritik des Bundesrats in seiner Stellung­ nahme zum Entwurf eines Wohnrechtsvereinfachungsgesetzes, BT-Drucks. 10/2913, S. 21; eine Änderung seitens der Bundesregierung ist angeblich geplant, vgl. Plenar-Protokoll 10/127, S. 9404. Der neueingeführte Pauschalabzug für die Einkommen­ steuer (vgl. Fußn. 6, S.46)ist jedoch unzureichend.

Soweit die diesbezüglichen Aufwendungen jedoch als Ausgabeposten anerkannt werden, werden steuer1) liehe Regelungen wörtlich oder zumindest ent2) sprechend angewandt 3.6 Nachdem bis hierher die drei wichtigsten Elemente eines Einkommensbegriffes, nämlich Ausgangsgröße und Zu- bzw. Abrechnung von bestimmten Einnahmen und Ausgaben, behandelt wurden, kann an dieser Stelle ein Zwischenfazit gezogen werden, um die verschiedenen Einkommensbegriffe nach ihrer soweit zutage getretenen Systematik und Folgerichtigkeit zu bewerten. Nimmt man hierzu die Übersichten 2 und 3 zur Hand und setzt man die Erfassung aller denkbaren Ein­ nahmen sowie die weitestgehende Berücksichtigung aller Ausgaben als Idealziel einer wirklichkeits­ nahen Ermittlung der wahren Leistungsfähigkeit an, so kann man eine Rangfolge der einzelnen Gesetze aufstellen, die darüber Aufschluß gibt, in welchem Umfang dieses Idealziel in dem jeweiligen Gesetz verwirklicht ist . An der Spitze der danach ermittelten Rangfolge stehen, wenn man von den 4 Gesetzen der Rechtspflege einmal absieht, das BSHG und die sich weitestgehend auf das BSHG stützende KFVO, und zwar offensichtlich deshalb, weil das BSHG ein nur von wenigen Ausnahmen durchbrochenes Universal-Einnahmeprinzip verwendet. 1) § 11 Abs. 2 Satz 3 BKGG . 2) Vgl. § 12 Ziff. 1 bis 3 WoGG mit §§ 10 Abs. 1 Ziff. 1 . und 33 Abs. 1 und 2 EStG .

~ 113 -

Mit

einigem Abstand folgen WoGG und AFG,

die zwar ebenfalls im Prinzip alle Einnahmen ansetzen, dieses Prinzip jedoch durch zahl­ reiche Ausnahmen ausgehöhlt haben. Überraschend

ist jedoch, daß das Bafög in

der Rangfolge noch vor den beiden letztge­ nannten Gesetzen einzuordnen ist, obwohl es eine steuerliche Ausgangsgröße verwendet. Da dies aus dem von diesem Gesetz verwendeten umfangreichen Hinzurechnungskatalog resultiert, zeigt sich erneut, daß durch eine veränderte steuerliche Ausgangsgröße in der Tat zufrie­ denstellende Ergebnisse zu erzielen sind. Ein wahrhaft erstaunliches Ergebnis zeigt sich jedoch, wenn man die im BVG geregelte Beschä­ digtenrente nach den obigen Kriterien mit den diesbzüglichen Regelungen im EStG vergleicht. Obwohl im BVG das Universal-Einnahmeprinzip Anwendung findet, während das Steuerrecht sich bekanntlich auf 7 ausgewählte Einkunftsarten beschränkt, nehmen beide Gesetze tatsächlich etwa den gleichen Rang ein! Der Grund hierfür liegt darin, daß das BVG zum einen das Universal-Einnahmeprinzip durch eine Vielzahl von Ausnahmen nahezu ins Gegenteil verkehrt und zum anderen aufgrund des Brutto­ prinzips nur wenige Ausgaben zuläßt. Die Beschädigtenrente stellt eine von besonderen Voraussetzugnen abhängige staatliche Transfer­ leistung dar. Betrachtet man den sich in der Verwendung eines eigenständigen Einkommensbe­ griffes und einer komplizierten Ausführungs­ verordnung widerspiegelnden gesetzestechnischen

Aufwand, dann ergibt sich als notwendige Schluß­ folgerung, daß vom erzielten Ergebnis her dieser Aufwand nicht gerechtfertigt ist. Am unteren Ende einer fiktiven Rangfolge wäre das WobauG einzuordnen, da es eine nur wenig veränderte steuerliche Ausgangsgröße verwendet und, als Brutto­ größe ausgestaltet, kaum Abzüge anerkennt. Unter diesen Umständen kann von einer leistungsfähigkeitsbezogenen Norm keine Rede mehr sein. 4. Freibetragsregelungen Freibeträge finden in Gesetzen aus zweierlei Gründen Verwendung: Einmal stellen sie eine Erleichterung für die ausführende Verwaltung dar, da solche Einkünfte, die die Freibeträge erkennbar nicht übersteigen, von vornherein unberücksichtigt bleiben können; zusätzlich wirken sie jedoch als Vergünstigungsnorm für den Be­ 1

troffenen ^ . 2) Anders als das Steuerrecht bedient sich das Sozial­ recht nur in wenigen Fällen der Technik der Freibetrags 3) regelung . Dies hängt damit zusammen, daß der Gesetz­ geber aufgrund des Subsidiaritätsprinzips die Gewährung staatlicher Leistungen von einem vollständigen Einsatz eigener Mittel des Bedürftigten abhängig macht; hinzu­ kommt das gesetzgeberische Bestreben, eine Häufung von Vergünstigungseffekten zu vermeiden. Dies ist allerding

1) 2) 3)

4)

insoweit nicht gelungen, als die Transfergesetze auf 4) unveränderte - steuerliche Ausgangsgrößen aufbauen Vgl. Tipke, a.a.O., S. 203. Vgl. Lang, Systematisierung der Steuervergünstigung, Berlin 1974, S. 106 f. Soweit ersichtlich nur in Bafög (§§ 23, 25), WoGG (§§ 15,16) und KFVO (§45); die beiden letztgenannten Regelungen dienen dem Ausgleich besonderer Leistungs­ fähigkeitsbeeinträchtigungen . Folgerichtig insoweit das WobauG, das die unter den Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG fallenden Teilbeträge wieder hinzurechnet.

- 115 -

Bei Rückgriff auf eine steuerliche Ausgangsgröße müßte den inzidenten Freibeträgen besondere Be­ achtung gewidmet werden; eigene Freibeträge inner­ halb der Transfergesetze würden sich zudem als überflüssig erweisen, zumindest müßten bestimmte 1) Freibeträge koordiniert werden 5. Regelungen über Pauschalabzüge Pauschalabzüge dienen in erster Linie der Beschleu­ nigung und Vereinfachung von Verwaltungsabläufen, da die verwaltungsaufwendige Nachprüfung geringer oder typischer und immer wiederkehrender Ausgaben 2) entfällt . In den Leistungsgesetzen finden sich zwei Arten von Pauschalregelungen: Es kann sich um Mindestsätze handeln, die die Gel­ tendmachung und den Nachweis höherer Aufwendungen 3) nicht ausschließen , oder es können abschließende 4) Regelungen sein Die Tatsache, daß gerade die Gesetze, die keine steuerliche Ausgangsgröße verwenden, sich in be­ sonderem Maße der Pauschalen im Rahmen der Ermitt­ lung der Einkünfte in einzelnen Einkunftsarten bedienen, wobei diese Pauschalen dann nicht selten mit denen des Steuerrechts übereinstimmen oder ihnen 1) Beim Bafög bleibt z.B. bei einer vierköpfigen Familie ein Jahreseinkommen von ca. 23.000,— DM anrechnungsfrei; dies liegt erheblich über den vergleichbaren steuerlichen Grund- und Kinderfreibeträgen. 2) Zur Problematik der im Steuerrecht üblichen Festsetzung der Pauschalen durch Verwaltungsanordnungen siehe Jaehnike, Die Bindung der Finanzgerichte an Verwaltungsvorschriften, StuW 1979, S. 293. 3) Mindestsätze stellen z.B. die und § 36 KFVO dar.

Regelungen in § 7 DV-BSHG-

4) Eine abschließende Regelung enthalten z.B. § 21 Abs. 2 Bafög und § 17 WoGG.

-116-

zumindest nahekommen

, beweist erneut, daß es auch in

diesem Bereich gemeinsame Strukturprinzipien zwischen Steuerrecht und Transferrecht gibt und reale Möglich­ keiten zu einer stärkeren Verknüpfung beider Bereiche bestehen 6. Korrespondenznormen Die Gewährung

staatlicher Leistungen setzt die Fest­

stellung der individuellen wirtschaftlichen Leistungs­ kraft voraus. Da jedoch dem Einzelnen in einem modernen Sozialstaat gleichzeitig Ansprüche auf mehrere Über­ tragungsleistungen zustehen können, sieht sich der Gesetzgeber bei der Festlegung der Leistungsfähigkeits­ schwelle für ein bestimmtes Übertragungsgesetz vor das grundsätzliche Problem gestellt, ob und in welchem Umfang er hierbei weitere korrespondierende Sozial­ leistungen miteinbezieht, um eine eventuelle Leistungs­ häufung zu vermeiden. Dieser Problematik der Leistungskumulierungen vermag das heutige Transfersystem nur un3) zureichend gerecht zu werden

; allerdings ist dem

Gesetzgeber zuzugestehen, daß die Kumulationsproblematik als Ganzes nahezu unübersehbar ist und im Rahmen des 4) derzeitigen Systems wohl auch kaum lösbar sein dürfte 1) Die Pauschbeträge des § 9 a EStG werden z.B. in § 12 Abs. 2 WoGG vollinhaltlich übernommen. 2) Z.B. könnte, daran gedacht werden, die in § 138 Abs. 4 AFG eingeräumte, aber bislang noch nicht ausgeschöpfte Ermäch­ tigung hinsichtlich der Schaffung einer Verordnung über Pauschbeträge für Vorsorgeaufwendungen und Werbungskosten an vergleichbare steuerrechtliche Regelungen anzulehnen. 3) Vgl. hierzu den Bericht der Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., S. 125 ff, sowie den Zwischenbericht dieser Kommis­ sion über die Einkommenslage der Rentner aus dem Jahre 1979, S. 139 ff, ferner Albers, Schwachstellen im System der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland, Köln 1 982 , S. 16 ff; derselbe, Finanzarchiv 1984, S. 217; derselbe, Soziale Sicherung, Konstruktionen für die Zukunft, Stutt­ gart 1982, S. 138 ff; Weyers, Die Problematik der Kumula­ tion von Sozialleistungen, Diss. Freiburg 1983, S. 14 ff. 4) Vgl. hierzu den Zwischenbericht der Transfer-EnqueteKommission, a.a.O., S. 246 ff.

- 117 -

Die hier behandelten Gesetze sehen verschiedene Möglichkeiten und Mechanismen zur Vermeidung nicht gewollter Leistungshäufungen vor: 6.1 Korrespondierende Leistungen anderer Gesetze werden zum größten Teil bereits als Einnahme­ bestandteile bei der Ermittlung der Ausgangs­ größe hinzugerechnet (vgl. Übersicht 2 ) . Da­ bei muß sich jedoch, wenn die reale Leistungs­ kraft ermittelt werden soll, die Hinzurechnung auf solche Arten von Leistungen beschränken, die tatsächlich einkommenserhöhend wirken, während solche Leistungen, die lediglich er­ littene Einkommenseinbußen ausgleichen sollen, also kompensatorisch wirken, wie z.B. Ersatz­ leistungen der Kranken- und Unfallversicherung, nicht erfaßt werden dürfen. Bei Verwendung einer Universalgröße sind diese somit nachträg­ lich auszuscheiden. Die Unterscheidung zwischen einkommenserhöhend und kompensatorisch wirkenden Leistungen kann jedoch im Einzelfall schwierig sein, da nahezu alle Transfergesetze eine gesetzgeberische Reak­ tion auf bestimmte Bedarfssituationen darstellen und in diesem Sinn ebenfalls eingetretene Ein­ kommensminderungen ausgleichen sollen. Tatsächlich lassen auch einige Gesetze solche Leistungen wie Wohngeld, Arbeitslosenhilfe, Kindergeld und Übergangsgelder etc. anrechnungsfrei. Diese Verfahrensweise ist jedoch Hauptursache für auftretende Kumulierungen, denn die einzelnen Transfergesetze zielen gleichzeitig auf mehrere Bedarfsrichtungen ab, so daß eine exakte Fest­ stellung von Leistungshäufungen nahezu unmöglich wird. So richtet sich z.B. die Höhe von Wohngeld,

- 118 -

Sozialhilfe, Versorgungsrente, Bafög und Arbeits­ losenhilfe auch nach der Zahl der Kinder, berück­ sichtigt also auch kindbedingten Mehrbedarf; alle vorgenannten Leistungen decken darüber hinaus auch den allgemeinen

Lebensbedarf ab und damit zugleich

die Kosten des Wohnens. Besonders deutlich wird dies bei der Arbeitslosenhilfe, die ein typisches Beispiel für ein Erwerbsersatzeinkommen darstellt. Systematisch folgerichtig unterscheidet das Wohngeld1) gesetz und neuerdings das Bafög Leistungen

solche,

hinsichtlich der

die den allgemeinen Lebensunter­

halt, und solche, die einen darüber hinausgehenden Bedarf abdecken sollen; nur dieser überschießende Teil bleibt anrechnungsfrei. 6.2 Bei dieser "Anrechnung" handelt es sich jedoch aus sy­ stematischer Sicht lediglich um eine auf den Tatbestand wirkende Korrektur, wie sie im einzelnen oben unter 3. behandelt wurde,jedoch nicht um eine Leistungsanrechnung im engeren Sinn. Durch die Korrektur wird lediglich die Bemessungsgrundlage der Folgeleistung erweitert; im Er­ gebnis tritt durch dieses Verfahren in dem Maße eine Art Rangfolge zwischen beiden Leistungen ein, in dem letztere der ersteren ganz oder teilweise weicht. Da die Korrekturvorschriften jedoch notwendigerweise nicht umfassend eingreifen können wegen der Vielzahl der in Frage kommenden Übertragungsleistungen und zu­ dem die Auswirkungen der tatbestandlichen Korrektur auf die tatsächliche Höhe des späteren Leistungsanspruchs aufgrund der vorgeschalteten Anwendung von Freibetrags­ regelungen, Pauschalabzügen, Anwendung unterschiedlicher 1) Vgl. Art. 1 Nr. 1 des 9. BafögÄndG vom 26.6.1985, BGBl. I S. 1243.

- 119 -

Bemessungszeiträume und dergleichen nicht von 1) vornherein zu übersehen sind

und damit der

tatsächliche Änrechnungseffekt ganz oder teil­ weise entfallen kann, setzen manche Gesetze - zusätzlich oder ausschließlich - auf der nächsthöheren Stufe, nämlich der Rechtsfolge, durch Festlegung eines direkten Konkurrenz­ verhältnisses zwischen verschiedenen Lei­ stungsgesetzen an. Hierbei finden die folgen­ den Prinzipien Anwendung: 2)

Spezialitätsprinzip 3) Subsidiäritatsprinzip 4) Höchstbetragsprinzip 5) Günstigkeitsprinzip Bei Gesetzen mit mehreren möglichen Leistungs­ Korrespondenzprinzip arten sind zusätzlich Regelungen über interne 7) Anrechnung bzw. Konkurrenz notwendig 1) Nach dem Wohngeld-Bericht 1981 betrug z.B. das für die Wohngeldbemessung maßgebliche Familieneinkommen durchschnittlich etwa nur 60 % der um die Werbungs­ kosten bereinigten Bruttoeinnahmen, vgl. BT-Drucks. 9/2355, Anlage S. 6. 2) Z.B. § 6 5 Abs. 2 Bafög und § 54 BVG; näheres zum Spezialitätsprinzip sogleich unter 6.3. 3) Dieses Prinzip besagt, daß die eine Leistung zu der anderen nur ergänzend,und nur insoweit diese nicht eingreift, hinzutritt; vgl. z.B. § 13 der Verordnung zu § 11 BVG (i.d.F. vom 19.1.1971, BGBl. I S. 43). 4) Z.B. die §§ 77, 92, 107 Bundesentschädigungsgesetz. 5) Die günstigere von zwei möglichen Leistungen ist zu gewähren, vgl. z.B. § 55 Satz 1 BVG. 6) Dieses - hier so genannte - Prinzip soll besagen, daß eine Leistung dann nicht auf eine andere Leistung angerechnet wird, wenn diese ihrerseits unter Anrech­ nung auf die erstere gewährt wird. Eine solche Rege­ lung findet sich z.B. in § 138 Abs. 3 Ziff. 4 AFG. 7) Z.B. § 76 BSHG; §§ 25 d Abs. 1, 26 a Abs. 9, 55 Satz 2 BVG.

- 120 Geschieht die Leistungsanrechnung verwaltungsintern, wie etwa im Verhältnis von Sozialhilfe zu Wohngeld und Kriegs­ opferfürsorge, dann kann man auch von "Verrechnung" spre­ chen - ein für alle Beteiligten, Bürger wie Verwaltungs­ behörden, sehr aufwendiges Verfahren, das letztendlich nur zu einer unproduktiven Hin- und Herverschiebung staatlicher 1) Leistungen fuhrt 1) Das Verfahren läuft folgendermaßen ab: Die Bezieher von Sozialhilfe können die für die Auszahlung der Sozialhilfe zuständige Stelle ermächtigen, in ihrem Namen einen Wohn­ geldantrag bei der Wohngeldstelle einzureichen. Hierzu teilt, der Träger der Sozialhilfe der Wohngeldstelle die Höhe der Hilfe zum Lebensunterhalt einschließlich der Ko­ sten für Unterkunft mit. Die Wohngeldstelle ermittelt nun nach sehr diffizilen Bestimmungen des Wohngeldgesetzes die genaue Flöhe des im Einzelfall zustehenden Wohngeldes und teilt diese Entscheidung der für die Sozialhilfe zuständigen Stelle mit. Diese wiederum leitet den festgestellten Wohn­ geldanspruch in voller Höhe gem. § 90 BSHG auf sich über. Das Wohngeld wird nunmehr von den Leistungen der Sozialhilfe abgezogen bzw. im Rahmen der bisherigen Förderung weiterge­ währt (für das Verhältnis zwischen Sozialhilfe und Kriegs­ opferversorgung gilt dies entsprechend). Wirtschaftlich gesehen erfolgt hier lediglich eine interne Leistungsverschiebung zwischen zwei staatlichen Leistungs­ trägern, ohne daß sich für den Betroffenen in wirtschaft­ licher Hinsicht etwas geändert hätte. Die Ursache dieses aufwendigen Verfahrens ist letztlich in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1969 zu sehen, in dem das Gericht die frühere Regelung des § 2 9 WoGG i.d.F. vom 1.4.1965 (BGBl. I S. 177) für nichtig erklärte, in der es geheißen hatte, daß Wohngeld generell nicht gewährt wer­ den dürfe für solche Antragsberechtigte, die gleichzeitig Leistungen nach dem BSHG oder BVG bezögen, wenn diese Lei­ stungen ganz oder teilweise zur Deckung der Wohnkosten be­ stimmt waren. Das Bundesverfassungsgericht vertrat die Auf­ fassung (vgl. BVerfGE 27, 220), daß mangels vergleichbarer Zweckrichtung von WoGG und BSHG ein genereller Leistungs­ ausschluß nicht zulässig sei. Der Gesetzgeber hat dem Folge geleistet und in § 18 Abs. 1 Ziff. 1 WoGG bestimmt, daß die Ausschlußregelung dieser Norm für dem Wohngeld vergleich­ bare Leistungen nicht für Leistungen nach BSHG und BVG (Kriegsopferfürsorge) gilt, die der Bestreitung der Kosten der Unterkunft dienen. Wegen des Nachrangprinzips der So­ zialhilfe gegenüber anderen Sozialleistungen ist die ver­ waltungsinterne Verrechnung die notwendige Folge dieser Entscheidung. Obwohl der Bundesrechnungshof dieses Verfahren wiederholt gerügt hat (vgl. dessen Bericht 1983, BT-Drucks. 10/574, S . 79) und die von den jeweiligen Regierungen vorgelegten Wohngeldberichte diese Problematik stets als lösungsbedürf­ tig aufführen (vgl. z.B. Wohngeld-Bericht 1979, BT-Drucks. 8/3528, S. 19,Tz. 43, und 1983, BT-Drucks. 10/854, S. 24, Tz. 51), ist die vom Bundesrechnungshof geforderte (vgl. a.a.O.) "einwandfreie und kostensparende" Lösung nicht in Sicht.

- 121 -

6.3 Eine besonders häufig vorkommende Ausprägung des Spezialitätsprinzips stellen die Regelungen dar über die gegenseitige Unvereinbarkeit zweier gleichgearteter Leistungen mit der Folge des Ausschlusses 1) bzw. Ruhens 2) einer von beiden Leistungen; auch ein ausdrückliches Kumulierungs3) verbot gehört systematisch hierher. Diese Regelungen haben den Vorteil der Klarheit und Überschaubarkeit für sich und führen darüber hinaus zu für Bürger und Verwaltung vereinfachtem 4) Verfahren. . Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß infolge der Rechtszersplitterung im Sozialrechts­ bereich nicht selten Verwaltungs- und Sozialgerichte über das Verhältnis bestimmter Leistungen zueinander 5) zu entscheiden hatten und noch haben 1) Z.B. §§ 18 Abs. 1, 41 WoGG; § 26 BSHG; § 8 Abs. 1 BKGG; §§ 2 Abs. 6, 65 Bafög; § 65 BVG. 2) Z.B. §§ 117, 118 AFG; besonders im Sozialversicherungs­ recht sind diesbezügliche Regelungen häufig anzutreffen (vgl. Fußn. 3, S . 53) . 3) Vgl. § 10 Abs. 2 Ziff. 4 EStG i.V.m. § 1 Ziff. 1 WoPG und § 1 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 SparPG. Eine Schwäche sol­ cher Spezialregelungen zeigt sich allerdings bei Gesetzesnovellierungen, die neue Kumulierungsmöglichkeiten verursachen; dies ist z.B. der Fall im Verhältnis der Arbeitnehmersparzulage aufgrund des 4. Vermögens­ bildungsgesetzes zum Steuervorteil des neugeschaffenen § 19 a EStG, vgl. dazu Baumdicker, DStZ 1985, S. 170. 4) Vgl. Wohngeld-Bericht 1983 (Fußn. 1, S. 120), S.20, sowie BT-Drucks. 8/3903, S. 84. 5) Vgl. z.B. die umfangreichen Rechtsprechungsnachweise bei Knopp/Fichtner, a.a.O., zu § 77 BSHG, sowie die in der Fachzeitschrift DöV periodisch erscheinende Spruchpraxis, zuletzt DöV 1985, S. 288 f.

- 122 -

6.4 Enthält ein Gesetz keine Korrespondenznormen im Sinne von 6.1 - 6.3, dann ist eine Kumulierung staatlicher Leistungen prinzipiell möglich und auch regelmäßige Folge, sei sie vom Gesetzgeber in Kauf genommen oder sogar ausdrücklich gewollt 2)

1) ,

sei sie ungewollt, da vom ihm nicht gesehen Besonders die letztere häufig anzutreffende Fall­ gestaltung erfüllt nicht die Anforderungen, die an ein effizientes und gerechtes Umverteilungs­ system zu stellen sind, da notwendige Folge sol­ cher Leistungshäufungen mangelnde Tranzparenz, hoher Verwaltungsaufwand und Inkonsistenz des 3) Umverteilungssystems sind 7. Probleme des Verwaltungsverfahrens Die Vielfalt der in der Vergangenheit geschaffenen Sozialleistungen hat aufgrund des allgemeinen verwaltungs- bzw. verfassungsrechtlichen Grundsatzes, 4) daß das Organisationsrecht dem Leistungsrecht folgt

,

zu einer historisch bedingten verwirrenden Vielfalt an 1) Z.B. werden die Vergünstigungen der §§ 14 und 16 WoGG bei Vorliegen der jeweils geforderten Voraussetzungen nebeneinander gewährt, vgl. Abschn. 14.02 und 16.42 WoGVwV. Eine neuartige Regelung in dieser Hinsicht enthält § 5 Abs. 2 des Gesetzes zur "Errichtung einer Stiftung Mutter und Kind" vom 13.7.1984 (BGBl. I S. 880), der bestimmt, daß Leistungen dieses Gesetzes bei allen anderen Gesetzen, die einkommensabhängig gewährt werden, nicht als Einkommen i.S. dieser Gesetze gilt. Es handelt sich hierbei um eine Kumulationsvorschrift mit Drittbindungswirkung für alle einschlägigen Transfergesetze. 2) Ein. Beispiel hierfür ist der neugeschaffene § 19 a EStG (vgl. Fußn. 3, S. 121 ) . 3) Vgl. Weyers, a.a.O., S. 123 ff. 4) Vgl. Rudolf, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwal­ tungsrecht, 3. Aufl., S. 461 ff (471); spezielle Ge­ setzgebungskompetenzen auf dem Gebiet des Sozialrechts sind in Art. 74 GG enthalten (vgl. Ziff. 7, 9, 12, 13, 18), die entsprechende Organisationskompetenz enthält Art. 86. Zu Kompetenzfragen in der Sozialgesetzgebung vgl. auch BVerfGE 37, 363; zur institutionellen Gewährleistung vgl. BVerfGE 39, 302, 314.

- 123 -

Institutionen und Kompetenzen geführt, vgl. Übersicht 4. "Während alle für die Besteuerung notwendigen Verwaltungsakte von einer Behörde (Finanzamt) und ihren Hilfsorganen

(Unterneh­

mungen) getätigt werden, verteilen sich die Verwaltungskompetenzen der Unterstützungszah­ lungen auf Arbeitsämter, Sozialämter, Versor­ gungsämter, Wohnungsämter usw. . Die innere Organisation ist nicht weniger verwirrend, die 1) Rechtssicherheit entsprechend gefährdet" Hinzu kommt, daß aufgrund des gegenüber der Finanzbediensteten relativ großen Ermessens­ spielraums der Angestellten der Sozialbehörden unterschiedliche, der Rechtseinheit abträgliche 2) Auslegungspraktiken entstehen können Zudem wirft die Rechtszersplitterung Koordina3) tionsprobleme auf , führt zu unsinniger Mehr4) facherhebung relevanter Daten und verursacht 1) Pfähler, Begriff und Form der Negativsteuern, Finanz­ archiv, Bd. 31, S. 234 (254). 2) Man denke nur an die Auslegung der Begriffe "notwen­ dig" und "angemessen" im Rahmen der Einkommensberei­ nigung, vgl. oben 2.3 (S. 94) und 3.1.2 (S. 102). 3) Z.B. im Verhältnis der Wohngeldstellen zu den Sozial­ hilf eämtern; vgl. Wohngeld-Bericht 1983, BT-Drucks. 10/854, S. 24 (Tz. 51). 4) So hat der Wohngeldberechtigte bei Einnahmen aus nicht selbständiger Arbeit solche Werbungskosten, die über die Werbungskostenpauschale des § 9 a EStG hinausgehen nachzuweisen durch Vorlage einer Bescheinigung des Finanzamts; die Vorlage des Steuerbescheides reicht hierfür nicht, vgl. Abschn. 11.15 Abs. 2 und 12.21 Abs. 3 WoGVwV. Das Finanzamt greift seinerseits selbst verständlich auf Steuerbescheid bzw. Steuererklärung zurück.

- 124 Übersicht 4: Verwaltungskompetenzen

Zuständigkeit für den Erlaß von Durchführungs­ verordnungen bzw. bei Gesetzen: Federführung

Zur Gesetzesaus­ führung zuständige Verwaltungsbehörde

1) WoGG

BM für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau

Wohngeldamt

2) BSHG

BM des Inneren

Sozialamt

3) BVG

BM für Arbeit und Sozialordnung

Versorgungsamt

4) AFG

BM für Arbeit und Sozialordnung (im Einvernehmen mit BMF)

Arbeitsamt

5) Bafög

BM für Bildung und Wissenschaft

Amt für Ausbildungs­ förderung (i.d.R. die Studentenwerke)

6) WoPG/ SparPG

BM der Finanzen

Finanzamt

7) VermBG

BM für Arbeit und Sozialordnung

Finanzamt

8) WobauG

BM für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau

Wohnungsamt

9) SGB

BM für Arbeit und Sozialordnung

je nach Aufgabenzuweisung

10) USG

BM der Verteidigung

Kreiswehrersatzamt

11) BKGG

BM für Arbeit im Zusammenwirken mit Bundesantstalt für Arbeit

Arbeitsamt als "Kindergeldkasse"

- 125 -

erhebliche Verwaltungskosten

, die für die

eigentlichen sozialen Aufgaben nicht mehr zur Verfügung stehen. In der Praxis hat die gesetzliche und ver­ waltungsmäßige Zersplitterung des gesamten Sozialrechtssystems zur Folge, daß bei vielen Leistungsberechtigten nur unklare oder über­ haupt keine Kenntnisse über die ihnen zuste2) henden Ansprüche vorhanden sind . Darüber 1) Von je 1 0 0 , — DM Sozialleistungen werden durch Ver­ waltungskosten aufgezehrt: 9,30 DM bei der Arbeits­ verwaltung, 9,20 DM bei der Sozialhilfe, 9,10 DM beim Wohngeld, 6,50 DM bei der Kriegsopferversor­ gung, 5,00 DM bei der Ausbildungsförderung, 2,40 DM beim Kindergeld, vgl. Sozialbericht 1983, BT-Drucks. 10/842. Im Rahmen der Überprüfung der Kindergeld­ kassen hat der Bundesrechnungshof z.T. auch Kosten­ anteile von 22 % bei einzelnen Behörden ermittelt, vgl. Molitor, FAZ vom 28.2.1985,mit Erwiderung Chory, FAZ vom 9.3.1985, Wie sehr die fortschreitende Perfektionierung der Sozialgesetze unmittelbar auf den Verwaltungsauf­ wand durchschlagen kann, zeigt die Einschätzung von Sachverständigen, daß die vom Gesetzgeber eingelei­ tete Reform der Hinterbliebenenversorgung mittel­ fristig zu 20 % höheren Personalkosten bei den Ver­ sicherungsanstalten führen würde, vgl. Handelsblatt Mr. 205 vom 26./27.10.1 984. Daß der Parkinson sehe Effekt nicht unumkehrbar sein muß, zeigt das briti­ sche Beispiel. Großbritannien hat im Jahr 1968 sein gesamtes System der sozialen Sicherheit in einem Behördenzweig, dem "Department of Health and Social Security", zusammengefaßt, vgl. Schulte, Grundzüge des Rechts der sozialen Sicherheit in Großbritannien, RIW/AWD 19 78, S. 101. 1

2) Nach Erhebungen des Kölner Instituts für Sozialfor­ schung und Gesellschaftspolitik e.V. kennen nur 44,6 % der befragten Personen über 65 Jahre die Sozialhilfeleistung "Hilfe zum Lebensunterhalt"; 45,9 % der Sozialhilfeempfänger sind sogar der Ansicht, daß das Sozialamt auch für das Wohngeld zuständig ist, vgl. Blume (Hrsg.), Theorie und Praxis der Sozialhilfe, Schriftenreihe des BM für Jugend, Familie, Gesundheit, Bd. 56, Bonn 1978, S. 120, 1 4 1 .

- 126 -

hinaus führen die gesetzlich vorgeschriebenen Mit­ wirkungspflichten der Antragsteller bezüglich der 1) jeweils neu geforderten Bedürftigkeitsnachweise auch bei diesem Personenkreis zu erhöhtem Aufwand; nicht selten unterbleibt auch ein Leistungsantrag 2 eines Berechtigten aus den genannten Gründen ganz Es sollten deshalb alle Anstrengungen hinsichtlich einer Verfahrensvereinfachung unternommen werden. Eine konkrete Möglichkeit hierzu böte das Zusammen­ wirken verschiedener Behördenzweige, sei es unmittel­ bar auf dem Wege der Amtshilfe oder mittelbar durch die Verwertung der Erkenntnisse einer anderen Behörde. Nach dem derzeitigen Rechtszustand werden beide Mög­ lichkeiten jedoch nur begrenzt wahrgenommen; Amts­ hilfe ist nur in einigen gesetzlich formulierten Aus3) nahmefällen zulässig

und eine - wünschenswerte -

stärkere Einbeziehung der Finanzverwaltung in den 1) Vgl. §§ 25 WoGG, 116 BSHG, 144 AFG, 33 Abs. 5 KFVO, 20 USG; eine allgemeine Mitwirkungspflicht enthält § 60 SGB - I -. 2) Das Kölner Institut spricht von "Barrieren aufgrund des geltenden Rechts", vgl. a.a.O., S. 22. 3) Vgl. § 4 SGB - X - und § 5 VerwVerfG. Bislang sind diese Fälle weitgehend auf die Übermittlung von Personendaten beschränkt, vgl. etwa die Datenüber­ mittlung zwischen Meldebehörden und Kindergeldkassen (Fußn. 3,S.40), ferner Abschn. 41.33 WoGVwV, Tz. 2.1 des Einkommensprüfungserlasses NRW (Fußn. 2, S.47) und § 12 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - KOV (i.d.F. vom 6.5.1976, BGBl. I S. 1169). Für eine stärkere Inanspruchnahme der Amtshilfe im Interesse einer zweckmäßigeren, einfacheren und den Bürger weniger belastenden Erfüllung staat­ licher Aufgaben: Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl., München 1980, § 5, Anm. 3 e, f.

- 127 Entscheidungsprozeß der Sozialbehörden scheitert vor allem an den unterschiedlichen 1) Einkommensbegriffen Insgesamt ist zu konstatieren, daß in diesem Bereich noch erhebliche Reform- bzw. Ratio­ nalisierungsreserven stecken. 8. Bedarfszeitraum und Bezugszeitraum Staatliche Sozialleistungen stellen die ge­ setzgeberische Reaktion auf typische Bedarfs­ situationen dar; die aktuelle und individuel­ le Bedürfnislage ist gleichzeitig Voraussetzung und Maßstab der Leistungsgewährung. Ideale Vor­ aussetzung einer im Höchstmaß gerechten Lei­ stungsbemessung wären eine zeitnahe

Berücksich­

tigung der aktuellen Bedürfnislage und eine entsprechende Anpassung der Transferzahlungen. In der Praxis der Sozialgesetze fallen jedoch Bedarfszeitraum und Bezugszeitraum nicht immer zusammen. Als Bezugszeiträume dienen u.a.: - die laufenden Monatseinkünfte

(zumeist bei

Einkünften aus unselbständiger Tätigkeit; ggf. Berücksichtigung einmaliger Einnahmen); 1) Eine Bezugnahme auf den Steuerbescheid ist nur bei den Gesetzen möglich, die eine steuerliche Ausgangs­ größe verwenden; die Universal-Einnahmegesetze greifen jedoch mangels eigener Aufklärungsmöglichkeit (und -kompetenz!) bei den Gewinneinkunftsarten weitestgehend auf die steuerliche Einkünfteermittlung zurück, vgl. die Darstelltung oben u. 2. und 3. sowie bei der Er­ läuterung der Einzelgesetze. Den Sozialbehörden stünde allerdings in Gestalt des § 21 Abs. 4 SGB-X- hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragsteller ein allgemeines und umfassendes Auskunftsrecht im Verhältnis zu den Finanzbehörden zu. Diese Vorschrift hat jedoch angesicht der sozioökonomischen Struktur der in Frage kommenden Bevölkerungskreise geringe praktische Bedeutung; z.B. gehören weniger als ein Viertel aller Wohngeldbezieher zur Gruppe der Erwerbstätigen, vgl. Wohngeld-Bericht 1983, a.a.O., S. 10. 2) §§ 3 Abs. 3, 7 Abs. 5 DV-BSHG-; § 33 BVG; §§ 32 Abs. 3, 3 6 Abs. 7 KFVO,

- 128 - die Jahreseinkünfte des Bewilligungszeitraums (ggf. Umrechnung auf Monatseinkünfte); - die Einkünfte des letzten Jahres vor Antragstellung - die Einkünfte des vor dem Jahr der Antragstellung liegenden Kalenderjahres ; - die Einkünfte des vorletzten Kalenderjahres vor 4)

AntragStellung Die unerläßliche Überprüfung bzw. Anpassung der Leistungsbemessung erfolgt durch - regelmäßige Leistungsbefristung mit anschließender Neufeststellung der AnspruchsvorausSetzungen"^ ; - Aktualisierung der Anspruchsüberprüfung aufgrund zwischenzeitlich eingetretener maßgeblicher Einkommensveränderungen^ ; diesbezüglich bestehen spezielle 7) Mitteilungspflichten des Leistungsbeziehers 1) §§ 4 Abs. 2, 6 Abs. 3, 7 Abs. 5, 11 DV-BSHG-; §§ 33 Abs. 2, 35 Abs. 3 KFVO; § 22 Abs. 1 Bafög; § 11 Abs. 1 USG; § 12 Abs. 1 VermBG; ab 1.1.1986 auch WoGG (vgl. Fußn. 1, S. 14). 2) § 11 Abs. 1 Satz 1 WoGG; § 10 Abs. 2 Ziff. 2 USG. 3) § 11 Abs. 1 Satz 2 WoGG; § 25 Abs. 2 Satz 1 WobauG; § 10 Abs. 2 Ziff. 1 USG. Für die sonstigen im Bereich des Wohnungswesens geltenden Gesetze kommen noch ver­ schiedene weitere Stichtage zur Anwendung, vgl. die §§ 5 Abs. 1, S. 3, 16 Abs. 8 WobindG und § 3 Abs. 2 AFWoG. 4) § 1 a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 und 2 SparPG; § 2 a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 und 2 WoPG; § 24 Abs. 1 Bafög; § 11 Abs. 3 Satz 1 BKGG. 5) § 50 Abs. 3 Bafög; § 27 WoGG; § 18 USG; § 3 Abs. 1 SparPG; § 4 Abs. 1 WoPG; § 12 Abs. 5 VermBG; die Lei­ stungen nach BSHG und KOF werden nicht für einen festen Zeitraum gewährt, sondern richten sich nach dem jewei­ ligen Bedarf, vgl. § 54 Abs. 1 KFVO und Knopp/Fichtner, a.a.O., § 11 BSHG, Rdnr. 18. 6) § 18 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz, USG; § 24 Abs. 3 Bafög; § 11 Abs. 3 und 4 BKGG; §§ 35 Abs. 3, 54 KFVO; §§ 60 Abs. 1 und 4, 62 BVG. 7) Z.B. § 20 Abs. 1 Satz 2 USG. § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB-Xgilt für alle Sozialleistungen im engeren Sinne wie BSHG, WoGG, BVG, AFG, BKGG. Eine vergleichbare Regelung kennt das Steuerrecht in Gestalt des § 39 a Abs. 5 EStG. Zum Ausmaß der sich aus § 60 SGB-X- ergebenden Mitteilungspflichten vgl. BayObLG, DöV 1985, S. 584.

- 129 -

Teilweise ist auch eine nachträgliche Rück1) forderung gewährter Leistungen möglich An dem aufgezeigten Rechtszustand ist beson­ ders zu kritisieren, daß Bedarfszeitraum und Bemessungszeitraum teilweise erheblich, wie z.B. bei der Sparforderung, voneinander abwei­ chen; auch die Handhabung des Wohngeldgesetzes ist umständlich und sollte im Interesse einer Vereinheitlichung generell auf das Kalenderjahr umgestellt werden, wie dies bereits bei zur 2) Einkommensteuer veranlagten Personen geschieht Ausnahmen sind allenfalls gerechtfertigt für Leistungen mit sozialfürsorgerischem Charakter wie Sozialhilfe und Kriegsopferfürsorge. Außerdem bestehen nur unzureichende Aktualisierungs3) bzw. Rückforderungsmöglichkeiten ; allerdings können sich im Zuge einer Reform Spannungen ergeben zwischen den Grundsätzen der Einzelfallgerechtig­ keit und der Verhältnismäßigkeit des Verwaltungs4) Vollzugs 9. Berücksichtigung des Haushalts-/Familieneinkommens Die individuelle Leistungsfähigkeit als Gradmesser der Bedürftigkeit und damit der Leistungsbemessung wird u.a. auch dadurch bestimmt, ob der Leistungs1) § 16 USG; § 3 Abs. 6 SparPG; § 13 Abs. 4 VermBG; § 4 Abs. 4 WoPG. 2) Vgl. dazu den Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 11.4.1985, BT-Drucks. 10/3162, Art. 1 Nr. 3 (vgl. auch oben Fußn. 1, S. 128 a.E.). 3) Z.B. im Bereich des Wohnungswesens bei WobauG und WobindG; eine Ausnahme gilt nur für das AFWoG, vgl. § 4 Abs. 4 dieses Gesetzes. 4) Vgl. z.B. die Regelung in § 16 Abs. 3 USG.

- 130 berechtigte nur Leistungen für sich selbst benötigt oder auch für weitere mit ihm in Haushaltsgemeinschaft lebende Personen. Die hier behandelten Gesetze tragen dem ausnahmslos Rechnung durch Absenkung der Bemes­ sungsgrundlage und/oder Erhöhung der Leistung. Zusätzliches Einkommen eines nicht mit dem Anspruchs­ berechtigten identischen Mitglieds der Haushaltsge­ meinschaft wird in unterschiedlicher Weise behandelt. Man kann hier zwei Gruppe unterscheiden: Die eine Gruppe, der das EStG und die meisten der auf eine steuerliche Ausgangsgröße aufbauenden Transfer­ gesetze angehören, kennt nur die Individualveranlagung, wobei allerdings Durchbrechungen dieses Prinzips vorkommen^ ^ . Die zweite Gruppe, vor allem BSHG, WoGG und AFG, sieht eine Haushaltsveranlagung vor. 2) 9.1 Nach der Entscheidung des BVerfG vom 17.1.1957

wurde

die damals im Steuerrecht geltende sog. "rohe Haushaltsbesteuerung", bei der das Gesamteinkommen der Ehegatten dem für die Höhe dieses Einkommens geltenden Steuersatz unterworfen wurde, für unzu­ lässig erklärt, da die wirtschaftlichen Auswirkungen, die durch das Zusammenwirken von roher Haushalts­ besteuerung und Steuerprogression entstanden, gegen das Schutzgebot des Art. 6 GG verstießen. Folge dieser Entscheidung war die Einführung des Ehegattensplittings, das, jedenfalls für den Fall der Zusammenveranlagung, unterstellt, daß das ge­ samte Einkommen von beiden Ehegatten je zur Hälfte bezogen wird. Rechtssystematisch handelt es sich daher

um eine Individualveranlagung, wobei lediglich

1) Zu den Ausnahmen vgl. unter 9.1.1 und 9.1.3. 2) BStBl. 1957 I S. 193.

- 131 ein interner Transfer zwischen den Partnern 1

fingert wird ^. Im folgenden ist noch auf einige für die Ge­ genüberstellung mit den Sozialgesetzen wesent­ liche

Eigentümlichkeiten des Splittingverfah­

rens hinzuweisen: 9.1.1 Eine Besonderheit des Splittingverfahrens liegt darin, daß die den Ehegattenhaushalt gegenüber zwei selbständigen Einzelhaushal­ ten auszeichnende sog. "Haushaltsersparnis" 2) grundsätzlich nicht berücksichtigt wird Der Grund hierfür liegt zum einen in dem Problem der mangelnden Quantifizierbarkeit dieser Ersparnis und zum anderen in dem durch das BVerfG betonten grundgesetzlichen Diskri3) minierungsverbot der Ehe 9.1.2 Da das EStG keine Haushaltsveranlagung mehr 4) kennt , bleiben eigene Einkünfte von Kindern bei der Besteuerung der Eltern grundsätzlich 5) außer Betracht 1) Vgl. BVerfG vom 30.11.1982, BStBl. 1982 II S. 717, 726, unter Berufung auf Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, Kölner Habilitationsschrift 1981, 6. Kap. D. II. 2) Berücksichtigung allerdings im Rahmen der Verpflegungs­ mehraufwendungen, vgl. Abschn. 2 7 Abs. 3 LStR und § 5 Abs. 7 LStDV. 3) Vgl. Steuerreformkommission 1971, a.a.O., S. 563.

193, Tz.

4) Anders das VStG, vgl. § 14. Bis 1964 sah das EStG in Gestalt des § 27 EStG 1958 (BGBl. I S. 673) ebenfalls eine Zusammenveranlagung von Eltern mit Kindern vor; mit Beschluß vom 30.6.1964 wurde diese Bestimmung vom BVerfG für verfassungswidrig erklärt, BStBl. 1964 I S. 488. 5) Ausnahme: Gemäß § 33 a Abs. 2 werden eigene Einkünfte des Kindes, die über 2.400,— DM pro Jahr liegen, auf den Ausbildungsfreibetrag der Eltern angerechnet. Hierbei handelt es sich jedoch nicht etv/a um einen Fall der verdeckten Zusammenveranlagung, sondern lediglich um den stufenweisen Abbau eines insoweit nicht mehr gerecht­ fertigten Steuervorteils.

- 132 Einige Transfergesetze verwenden zwar eine steuer­ liche Ausgangsgröße, ziehen jedoch in bestimmtem Umfang auch die Einkünfte der Kinder heran und gelangen so zu einer Art von "Familienveranlagung". 1) 2) 3) Dies sind BKGG , Bafög und vor allem WobauG 9.2 Bei den Leistungsgesetzen, die eine Haushaltsveranlagung vorsehen, treten hinsichtlich der Berücksichtigung des Haushalts- bzw. Familieneinkommens zahlreiche Unterschie­ de sowohl in personeller als auch in sachlicher Hinsicht auf: 9.2.1 Hierbei ist zu unterscheiden, ob der Hilfebedürf­ tige

mit seinem Ehegatten, Kindern, Eltern, ande­

ren Angehörigen oder sonstigen Personen zusammen in einer Haushaltsgemeinschaft lebt oder ob ledig­ lich Unterhaltsansprüche bestehen. Folgende Fallgruppen kommen danach in Frage: (1) Lebt der Hilfebedürftige mit seinem Ehegatten, Kindern oder Eltern in einer Haushalts- bzw. Wirtschaftsgemeinschaft zusammen, dann erfolgt 1) Gem. § 2 Abs. 2 und 4 BKGG entfällt die Kindergeldlei­ stung bei eigenen Einkünften des Kindes ab bestimmten Grenzen. 2) Vgl. § 11 Abs. 2 Bafög; gem. § 23 Abs. 1 und 2 wird ei­ genes Einkommen des Auszubildenden, seines Ehegatten und seiner Kinder ab bestimmten Grenzen auf den Bedarf angerechnet; desgleichen verringert sich der Elternfreibetrag nach § 25 Abs. 3 um eigenes Einkommen wei­ terer Kinder bzw. sonstiger Unterhaltsberechtigter. 3) Gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 WobauG wird das gesamte Einkommen von Eltern, Kindern und weiteren im Haushalt lebenden Angehörigen herangezogen. Einkünfte aus Gewinneinkunfts­ arten werden, soweit veranlagt, erfaßt; für steuerlich nicht erfaßte Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit von Angehörigen müssen gegebenenfalls gesonderte "Ein­ kommenserklärungen für den sozialen Wohnungsbau" abge­ geben werden, vgl. Tz. 5.2 des Einkommensprüfungser­ lasses NRW (Fußn. 2, S. 47).

-133grundsätzlich eine Zusammenveranlagung (2) Ist in Fallgruppe (1) keine derartige gemeinschaftliche Lebensführung gegeben, erfolgt allenfalls

in Einzelfällen eine

Berücksichtigung von Unterhaltsansprüchen

2) .

(3) Andere als in den obigen Fallgruppen ge­ nannte Angehörige werden bei Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft ebenfalls zum 3) Teil einbezogen (4) Sonstige Personen können u.U. auch dann einbezogen werden, wenn sie in "eheähnli4) eher Gemeinschaft" leben 9.2.2 Die oben in 9.1.1 angesprochene Haushaltser­ sparnis wird bei den genannten Gesetzen der zweiten Gruppe durchgehend durch Staffelung der Leistungssätze

bzw.

niedrigere Ehegat-

1) Vgl. § 4 WoGG, § 11 Abs. 1 BSHG, § 138 Abs. 1 AFG, §§ 25 d Abs. 2 Satz 2, 25 e Abs. 2, 33 b Abs. 4 Satz 3 BVG. Bei Bedürftigkeit der Eltern werden eigene Einkünfte der Kin­ der i.d.R. nicht berücksichtigt,vgl. Knopp/Fichtner, a.a.O., § 11 Rdnr.24, § 138 Abs. 1 Ziff. 2 AFG und § 15 WoGG. Das Elterneinkommen wird teilweise nur bei minder­ jährigen und unverheirateten Kindern herangezogen, vgl. § 138 Abs. 1 Satz 2 AFG und § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG. 2) §§ 90, 91 BSHG; § 4 DV-BVG-; § 138 Abs. 1 Ziff. 1 AFG. 3) § 16 BSHG: Verwandte und Verschwägerte; § 4 WoGG: Verwand­ te und Verschwägerte in gerader Linie und bis dritte Seitenlinie; § 25 Abs. 4 BVG: "Sonstige Angehörige". 4) Gem. § 122 BSHG soll damit eine Besserstellung dieser Personen gegenüber Ehegatten aufgrund der von der Sozial­ hilfe berücksichtigten Haushaltsersparnis vermieden wer­ den; es ergeben sich jedoch in der Praxis z.T. schwierige Beweisfragen, vgl. zur Rechtsprechung Knopp/Fichtner, a.a.O., § 122. Eine vergleichbare Regelung enthält § 18 Ab. 2 Ziff. 2 WoGG.

tenzuschläge berücksichtigt

. Daraus ergibt sich

das Problem für den Gesetzgeber, durch geeignete Maßnahmen eine eventuelle Diskriminierung der 2) Ehe zu verhindern 9.2.3 Die obigen Leistungsgesetze im engeren Sinn berücksichtigen überwiegend Anstrengungen der Hilfebedürftigen zur Erlangung eigener Einkünfte und zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, indem 3) sie entweder Leistungszuschläge vorsehen oder 4) spezielle Freibeträge eingreifen lassen. 9.3 Insgesamt ist festzustellen, daß auch im Bereich der personellen Abgrenzung der Bemessungsgrundlage der Transfergesetze eine unbefriedigende Rechtsvielfalt herrscht, die dazu führen kann, daß gleiche Gesamt­ einkommen mehrerer Personen in unterschiedlicher Weise erfaßt werden und dadurch ungerechtfertigte Ergebnisse entstehen. Es ist deshalb auch in diesem Bereich not­ wendig, einheitliche Grundsätze zu entwickeln und eine einheitliche personelle Bezugsgrundlage anzustreben.

Die Berücksichtigung vorhandenen Vermögens Die individuelle wirtschaftliche Leistungskraft kann außer in der Erzielung von Einkünften auch in vorhandenem Vermögen zum Ausdruck kommen. Es wäre daher mit dem Leitgedanken der Leistungsgesetze, konkrete Bedürfnissituationen abzudecken, unvereinbar, wenn Personen, die bei geringen Einkünften über Vermögen in nicht geringem Ausmaß verfügen, in den Genuß staatlicher Unterstützungszahlungen kämen. 1) Vgl. § 138 Abs. 3 i.V.m. § 111 AFG; § 2 Regelsatz-Ver­ ordnung zu § 22 BSHG; § 33 a BVG; Wohngeldtabelle. 2) Vgl. Fußn. 4, S.133, und BVerfG v. 10.7. 1 984 , NJW 1 985, S. 374,betr. § 139 AFG . 3) Vgl. vor allem § 23 Abs. 4 BSHG und § 26 BVG. 4) So § 33 Abs. 1 a BVG und § 134 Abs. 4 i.V.m. § 115 AFG; beim WoGG kommen nur die allgemeinen steuerlichen Ab­ zugsbeträge für Erwerbstätige zum Tragen.

- 135 Dementsprechend sehen auch alle Sozialleistungsgesetze i.e.S. wie BSHG, WoGG, AFG, BVG und Bafög Bestimmungen über eine Anrechnung vorhandenen 1) Vermögens vor ; lediglich die Wohnungs- und Ver­ mögensbildungsgesetze verzichten auf entsprechende Regelungen, da sie weniger dem kurz- oder mittel­ fristigen Bedarfsausgleich dienen, sondern eher langfristige Ziele verfolgen. Auch hier ist wiederum eine Vielzahl unterschied­ licher Regelungen in den angesprochenen Gesetzen festzustellen. Dabei kann man zunächst zwei verschiedene Vorgehens weisen unterscheiden: Während BSHG, AFG, BVG und Bafög vorhandenes und 2) ermitteltes Vermögen

oberhalb gewisser Freibe­

träge voll auf den Bedarf anrechnen, stellen WoGG und zusätzlich auch Bafög auf den Tatbestand der Vermögensteuerpflicht ab und lassen in diesem Fall jegliche Leistung entfallen. Letzteres Verfahren hat den Vorteil des einfachen und praktikablen Verwaltungsvollzugs für sich. Außerdem vermeiden Bafög und WoGG hierdurch eine weitere Schwierigkeit, der sich die anderen Ge­ setze ausgesetzt sehen, nämlich der Abgrenzung von Einkommen und Vermögen im Einzelfall. Während das VStG und ihm folgend das Bafög eine eindeutige 1) Vgl. § 18 Abs. 1 Ziff. 3 WoGG; §§ 26 - 29 Bafög; § 137 Abs. 2 AFG i.V.m. §§ 6 bis 10 Alhi-VO; § 88 BSHG i.V.m. DVO vom 9.11.1970 (BGBl. I S. 1529); § 25 f BVG. 2) "Vermögen" bedeutet im Rahmen der Transfergesetze Nettovermögen, d.h., Rohvermögen abzüglich Schulden und Lasten. Gesetzliche Bestimmungen hierüber, wie etwa in § 118 BewG, finden sich zwar außer in § 28 Abs. Bafög nicht; da aber durchgehend in den Gesetzen von "verwertbarem" Vermögen gesprochen wird, ist ein vorher­ gehender Schuldenabzug zu unterstellen.

- 136 -

Unterscheidung mittels tatbestandsmäßiger Definition 1) treffen ', sprechen BSHG, AFG und BVG nur von "ver­ wertbarem Vermögen". Dies kann insbesondere bei ein­ maligen Einnahmen wie Nachzahlungen und Kapitalisierun2) gen von Renten , Einnahmen aus Vermögensauflösung, Zuwendungen von Barbeträgen, Auszahlung von Lebens­ versicherungen etc. zu schwierigen Abgrenzungsfragen führen mit großer praktischer Bedeutung, da in den letztgenannten Gesetzen für die Vermögensanrechnung, anders als beim Einkommen, gewisse Schutzgrenzen gelten. Eine Abgrenzung im Einzelfall danach, ob die einmaligen Einnahmen zur Bedarfsdeckung bestimmt sind oder nicht, erscheint wenig praktikabel; man wird eher auf das eindeutiger handbare Zuflußprinzip abzustellen 3) haben , wonach lediglich nichtverbrauchte Einkommens­ teile als Vermögen zu gelten haben. Hier böte sich in4) des eine Bezugnahme auf die Grundsätze des VStG an Eine solche direkte Bezugnahme auf die seitens der Bewertungsstellen der Finanzämter vorgenommene Grund­ lagenfeststellung läge vor allem beim Bafög nahe, dessen Vermögensbegriff und Bewertungsmaßstäbe mit denen des Steuerrechts fast nahtlos übereinstimmen"^ . Im übrigen läge es nahe, angesichts unzureichender oder gänzlich fehlender Bewertungsvorschriften^ sowie einer 1) Vgl. § 4 VStG i.V.m. § 114 Abs. 1 BewG und § 27 Bafög. 2) Vgl. hierzu Urteil des BVerwG vom 12.7.1984, DöV 1985, S. 283 (285). 3) Vgl. BVerwG,a.a.O., sowie Knopp/Fichtner, a.a.O., § 76, Rdnr. 11. 4) Vgl. Tipke, a.a.O. (Lb),S. 369 ff. 5) Vgl. § 28 Abs. 1 Ziff. 1 bis 5 Bafög mit §§ 99 Abs. 3, 109 Abs. 1 und 2, 113, 121 a BewG. Das Bafög verwendet ersichtlich nur deshalb eine eigene Regelung bezüglich des Vermögens, um die höheren steuerlichen Freibeträge zu umgehen. 6) Z.B. in BSHG und BVG.

- 137 Vielzahl von Ausnahmevorschriften

und zusätz2)

licher persönlicher und sachlicher Freibeträge auf eine eigene Vermögensberücksichtigung im Rahmen der Transfergesetze gänzlich zu verzichten und durchgängig die Regelung des WoGG anzuwenden. 11. Ausgestaltung und Wirkung von Einkommensgrenzen Staatliche Übertragungsleistungen richten sich in Grund und Höhe nach der Bedürftigkeit und Lei­ stungskraft des Betroffenen. Dies beinhaltet, daß solche Leistungen zu verringern oder ganz zu ver­ sagen sind, wenn und soweit der Bedürftige durch Einkommenszuwächse die nach dem jeweiligen Lei­ stungsgesetz definierte Grenzschwelle überschrei­ tet, jenseits derer eine Bedürftigkeit ganz oder teilweise als nicht mehr gegeben unterstellt wird 11.1 Eine Steigerung der Leistungsfähigkeit des Berechtigten wird im Einzelfall in unter­ schiedlicher Weise berücksichtigt: - Bei einer festen Einkommensgrenze entfällt die Leistung schlagartig und vollständig mit Überschreiten einer bestimmten Einkom­ menshöhe; dies ist bei den Vermögensbildungs-, Sparförderungs- und Wohnungsbauge­ setzen der Fall, z.T. auch beim Kindergeld 1) Vgl. § 6 Abs. 3 Alhi-VO und § 88 Abs. 2 BSHG. Zur Auslegung dieser Ausnahmevorschriften vgl. Knopp/ Fichtner, a.a.O., § 88, Rdnr.l^mit Nachweis der hierzu ergangenen umfangreichen Rechtsprechung. 2) Z.T. allerdings erheblich voneinander differierend, vgl. die in Fußn.1, S. 135, zitierten Gesetzesstellen. 3) Vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 BKGG.

- 138 -

- Wird die Leistung lediglich in Teilschritten abge­ baut in dem Maße, wie das sonstige Einkommen des Leistungsempfängers ansteigt, bis sie schließlich ganz entfällt, dann kann man nur insoweit von einer festen Einkommensgrenze sprechen, als eine Rest-Leistung bei Erreichen einer bestimmten Einkommensschwelle gänzlich wegfällt, wobei deren Höhe freilich aufgrund unterschiedlicher Einkommens­ begriffe und unterschiedlicher persönlicher Merk­ male im Einzelfall höchst unterschiedlich ausfallen kann Richtiger ist es,in diesem Zusammenhang von "stu­ fenweiser Anrechnung mit Obergrenze" zu sprechen. Dabei bleibt i.d.R. ein Einkommen bis zu einer 2) (allerdings ebenfalls unterschiedlichen

) Unter­

grenze bzw. bis zu einem Freibetrag außer Ansatz. Dieses Verfahren findet Verwendung beim Wohngeld, bei der Kriegsopferversorgung und bei der Kindergeldkürzung"^ ; vergleichbare Regelungen kennt auch 4) das EStG . 1) Vgl. die oben in B. unter der Ordnungs-Nr. (11) jeweils angeführten Zahlenbeispiele. 2) Beachte z.B. § 25 e BVG einerseits und die Bestimmungen des WoGG andererseits . 3) Nach § 10 Abs. 2 Satz 4 BKGG wird für je 4 8 0 , — DM, um die das Jahreseinkommen einen bestimmten Freibetrag übersteigt, das monatliche Kindergeld um je 20,-- DM gemindert, bis ein bestimmter Mindestbetrag erreicht ist. 4) Z.B. in § 33 a Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 2 EStG sowie in der Veranlagungsfreigrenze des § 46 EStG i.V.m. § 70 EStDV. Der bei Überschreiten der Freigrenze von 8 0 0 , — DM als Einkünfte anzusetzende Betrag läßt sich durch die einfache Formel x = 2 y ermitteln, wobei y der den Betrag von 8 0 0 , — DM übersteigende Betrag und x der als Einkünfte anzusetzende Betrag sein soll. Ab 1.600,— DM Zusatzeinkünften ist danach die Freigrenze vollständig abgebaut.

- 139 - Daneben kommt noch die Abwandlung vor, daß jeder Einkommenszuwachs von Anfang an in Höhe des verfügbaren Einkommensteils voll auf die Transferhöhe durchschlägt. Dies ist der Fall 1) bei der Arbeitslosen- und der Sozialhilfe , teilweise auch bei den Unterhaltssicherungs2) leistungen . Der gesetzgeberische Grund hier­ für ist die Erwägung, daß diese Leistungen nur subsidiär eingreifen sollen und deshalb im Prinzip jeder Einkommenszuwachs ein Stück 3) Leistung entbehrlich mache Einkommensgrenzen gibt es darüber hinaus auch im Sozialversicherungsrecht in Form der Versi­ cherungspflicht- und Beitragsbemessungsgrenzen 4) bei der Kranken- und Rentenversicherung

. Diese

sind jedoch mit den vorgenannten Einkommensgren­ zen nicht vergleichbar, da sie aufgrund ihrer andersgearteten Zweckrichtung nicht als Begünsti gungs-, sondern als Belastungsobergrenze wirken. Außerdem gilt in diesem Bereich nicht der Grund­ satz der Bedarfsbezogenheit, sondern der Beitrag bezogenheit der Leistungen, so daß höheres Ein5) kommen i.d.R. auch zu höheren Leistungen führt 1) Beachte aber die Mehrbedarfszuschläge für Erwerbstätige in § 23 Abs. 4 BSHG. 2) Bezüglich der vom Wehrpflichtigen während des Wehrdien­ stes erzielten laufenden Einkünfte, § 11 Abs. 1 USG. 3) Vgl. Transfer-Enquete-Kommission, Schlußbericht, a.a.O. Tz. 365. 4) Vgl. §§ 165 Abs. 1, 1385 Abs. 2 RVO; § 112 Abs. 2 AVG. 5) Z.B. richten sich Krankengeld und Arbeitslosengeld nach dem vorher bezogenen Arbeitsentgelt, vgl. §§ 182 Abs. 4 RVO und 136 Abs. 1 AFG.

- 140 1.2 Der Wegfall einer staatlichen Übertragungsleistung wirkt sich bei den Leistungsempfängern je nach Lei­ stungsart, absoluter Einkommenshöhe und relativem Einkommenszuwachs in unterschiedlicher Weise aus; dabei können überproportionale Belastungssprünge auf­ treten, die in der wissenschaftlichen Literatur als "Schwelleneffekte", "Umkippeffekte" oder "kumulative 1) Marginaleffekte" bezeichnet werden

. Hierbei handelt

es sich um solche Fälle, in denen ein Anstieg des Bruttoeinkommens durch den Wegfall von Transferleistun­ gen bei zunehmender Abgabenbelastung nicht nur voll­ kommen aufgezehrt wird, sondern sogar zu einer Ver­ ringerung des verfügbaren Einkommens führt. "Die Rich­ tung der Änderung des Bruttoeinkommens wird hierdurch 2) umgekehrt; sie kippt gleichsam um." Als Folge hiervon können sich negative Leistungsanreize bei den Betroffenen,verbunden mit einer verstärkten Hinwendung zu Ausweichreaktionen, einstellen; allerdings 1) In der Literatur haben sich zu diesem Problemkreis vor allem Zeppernick sowie das Rheinisch-Westfälische Insti­ tut für Wirtschaftsforschung mehrfach geäußert, vgl. Zeppernick, Die Bedeutung der Finanz- und Sozialpolitik für die Einkommensverteilung, Finanzarchiv,Bd. 32, S. 425 ff (448); derselbe, Kumulative Effekte der Finanzund Sozialpolitik auf die Einkommensverteilung: Eine Replik, Finanzarchiv, Bd. 35, S. 469 ff; derselbe, Staat und Einkommensverteilung in: Kloten/Neumark (Hrsg.), Wirtschaft und Gesellschaft, Bd. 11, Tübigen 1976, S. 82; derselbe, Wirtschaftswoche Nr. 41 vom 7.10.1983, S. 96 ff Karrenberg/Kitterer, RWI-Mitteilungen 1979, S. 125 ff; Schulz-Overthun, RWI-Mitteilungen 1979, S. 237 ff; Fritzsche, RWI-Mitteilungen 1981, S. 141 ff. Vgl. außerdem Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., Tz. 319 ff; Friderichs, Mehr Mut zum Markt, a.a.O., S. 122 ff; Sarrazin, Kumulative Effekte der Finanz- und Sozialpolitik auf die Einkommensverteilung, Finanzarchiv, Bd. 34, S. 424 ff. Zu einer internen Studie des BMF zu diesem Thema vgl. Handelsblatt Nr. 232 vom 2./3.12.1983, "Die extreme Grenzbelastung mittlerer Einkommen ist korrekturbedürftig 2) Vgl. Fritzsche, a.a.O., S. 141.

- 141 besteht in der Literatur keine Einigkeit über statistische Häufung und praktische Relevanz 1) von auftretenden Umkippeffekten Für eine genauere Analyse dieses Problems ist zunächst vom jeweiligen Typus der oben darge­ stellten Einkommensgrenze auszugehen: 11.2.1 In den Fällen des Eingreifens zu einer festen Einkommensgrenze liegt die Vermu­ tung der größten Wahrscheinlichkeit für das Auftreten hoher Belastungssprünge nahe, da hier bereits ein geringfügiger Einkommenszuwachs zum Wegfall der gesamten Leistung führen kann. Eine genauere Analyse zeigt jedoch, daß in diesem Bereich von einem gravierenden Pro2) blem nicht gesprochen werden kann : - Im Bereich der Vermögensbildungsgesetze liegen die Einkommensgrenzen aufgrund der dort verwandten Einkommensbegriffe in so hohen Bereichen, daß trotz Inanspruchnahme der höchstmöglichen staatlichen Prämien, die für eine vierköpfige Familie mit Allein­ verdiener über 5 0 0 , — DM jährlich betragen können, bereits Bruttoeinkommenszuwächse von unter 2 % genügen, um den Wegfall der gesamten staatlichen Leistung zu kompen3) sieren . Hinzu kommt, daß Wohnungsbau1) Vgl. Zeppernick, Finanzarchiv, Bd. 32, a.a.O., S. 436, einerseits und Sarrazin, a.a.O., S. 439, andererseits; zurückhaltend die Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., Tz. 370, sowie die zitierte Studie des BMF. 2) Vgl. Fritzsche, a.a.O., S. 145, ähnlich die TransferEnquete-Kommission, a.a.O., Tz. 364, und Karrenberg/Kitterer, a.a.O., S. 131, 135. 3) Die "kritische" Einkommensgrenze liegt in diesem Fall bei 51.600,-- DM zu versteuerndem Einkommen; dies entspricht einem Bruttoeinkommen von weit über 60.000,— DM.

- 142 -

und Vermögensbildungsgesetz - wie gesehen - unter1) schiedliche Bezugszeiträume verwenden

, so daß sich

der Abbau der Leistungen über zwei Jahre verteilt; außerdem kann auch noch die Abzugsmöglichkeit nach § 10 EStG ersatzweise zum Tragen kommen. - Die

wichtigsten Transferleistungen im Bereich des

sozialen Wohnungsbaus sind die Zuerkennung der Sozial­ wohnungsberechtigung und die Förderung von Wohneigentum. Im ersten Fall handelt es sich allerdings nur um einen 2) "fiktiven" Belastungssprung , da der Vorteil der ver3) billigten Sozialwohnung

nicht automatisch mit Über­

schreiten der Einkommensgrenze entfällt. Aber auch die 4) ab 1983 eingeführte sog. "Fehlbelegungsabgabe"

, die

in diesen Fällen eingreifen soll, führt nicht zu über­ proportionalen Belastungen, da die Abgabe auf die Diffe5) renz zwischen Marktmiete und Sozialmiete begrenzt ist , wobei in vielen Gebieten nur noch geringe Differenzen zwischen diesen beiden Größen bestehen und sich zudem die Höhe der Abgabe proportional zum Überschreiten der Einkommensgrenze verhält*^ , wodurch höhere Einkommen relativ geringer belastet werden. Im zweiten Fall der Förderung von Wohneigentum bestehen z.T. erhebliche Einkommensvorteile in Gestalt von Zins­ ersparnissen und Zuschüssen. Da für die Zuteilung der Mittel jedoch nur die Einkommensverhältnisse zu Beginn der Förderung maßgeblich sind, entfällt auch hier die Möglichkeit extremer Belastungssprünge. Andererseits kann hierdurch ein Einkommenszuwachs zu dem entschei1 ) Vgl. oben F., I., 8. 2) So die Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., Tz. 366. 3) Es handelt sich hierbei um einen sog. "Realtransfer", vgl. dazu die Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., S. 62 f 4) Vgl. oben B., X I I I . 5) Vgl. § 6 Abs. 2 AFWoG. 6) Vgl. § 1 Abs. 3 AFWoG.

- 143 denden Zeitpunkt zu einem gravierenden Ein­ kommensnachteil auf längere Sicht führen. In sozialpolitischer Hinsicht ist diese man­ gelnde Feinabstimmung des Wohnungsbaugesetzes 1) unbefriedigend. - Im Falle des Eingreifens der festen Einkommens­ grenze des § 2 Abs. 2 Bundeskindergeldgesetz kann es allerdings in größerem Umfang zu Umkippeffekten kommen, wenn der sich in Berufsausbildung befin­ dende Jugendliche mit seinen Bruttoeinkünften aus dem Ausbildungsverhältnis die Grenze von 7 5 0 , — DM 2) überschreitet . Hierbei handelt es sich jedoch um bloße theoretische Berechnungen, bei denen andere staatliche Vergünstigungen wie Berufsausbildungs­ beihilfen, Ausbildungsförderung und Ausbildungs­ freibetrag nicht berücksichtigt wurden. Außerdem ist hinsichtlich eines negativen Grenzeffektes zu beachten, daß es sich hier nicht um Einkommenszu­ wächse des Kindergeldberechtigten, sondern des Ju­ gendlichen selbst handelt und ein Leistungsaus­ schluß unter der Voraussetzung, daß ein kindbeding1) Auch soweit eine Fehlbelegungsabgabe für geförderte Woh­ nungseigentümer, die später die Einkommensgrenze über­ steigen, in Frage kommt, vgl. § 2 Ziff. 1 Buchst, c AFWoG, ist die daraus entstehende Belastung verglichen zum Umfang der Vergünstigung nur gering. Zum ganzen vgl. ausführlich Fritzsche, a.a.O., S. 148 ff. 2) Folgendes Rechenbeispiel soll dies veranschaulichen: Bruttobezüge des Jugendlichen: 7 4 0 , — DM monatlich; Kindergeld wird für 2 Kinder in Höhe von insgesamt 1 5 0 , — DM monatlich gezahlt. Von einer angenommenen Erhöhung der Bezüge um 4 % = 2 9,60 DM verbleiben ca. 19,50 DM netto; das Kindergeld entfällt nunmehr in Höhe von 1 0 0 , — DM. Die Gesamtbilanz sieht somit folgendermaßen aus: Einkommenszuwachs: Einkommenseinbuße: Gesamtbilanz:

+ 19,50 DM - 1 0 0 , — DM - 80,50 DM

Dies sind mehr als 400 % des Nettolohns-Zuwachses, oder anders ausgedrückt: Die Bruttobezüge des Jugendlichen müßten um über 18 % steigen, um den Wegfall der Transfer­ zahlung zu kompensieren.

- 144 ter Bedarf als gedeckt unterstellt wird, als sachge­ recht angesehen werden muß; das Gesetz

geht hierbei

von einer Haushaltsgemeinschaft zwischen Kindergeld1) berechtigtem und Jugendlichem aus Wenn somit nach dem Gesagten im Bereich der festen Einkommensgrenzen das Problem extremer Belastungs­ sprünge von eher geringer praktischer Bedeutung ist, so wäre dennoch eine Umstellung auf einen degressiven Abbau als Pendant zum progressiven Anstieg der Steuer­ last bei den genannten Transferleistungen erstrebenswert; entsprechende Vorschläge hierzu hat die Transfer2) Enquete-Kommission vorgelegt 11.2.2

Lassen sich extreme Belastungsspitzen im Rahmen fester Einkommensgrenzen noch ziemlich exakt abschätzen, so ist damit noch keine Aussage getroffen über die durch Ein­ kommenszuwächse verursachten Ergebnisse eines kombinierten Zusammenwirkens von mehreren sukzessiv zurückgehenden Transferleistungen mit steigenden Abgaben . Bereits Aussagen über die theoretischen

Resultate dieses

Zusammenwirkens stoßen auf erhebliche Probleme, die aus der Vielfalt der anzuwendenden Rechtsnormen resultieren. So kann die mangelnde Vergleichbarkeit der verschiedenen Ein­ kommensbegriffe zu verzerrten Ergebnissen führen, da unter­ schiedliche Ausgangsgrößen, Hinzurechnungsnormen und Ein­ kommensermittlungsmethoden, unterschiedliche Zeiträume und Einkommensgrenzen zu beachten sind. Hinzu kommen schwer übersehbare Interdependenzen durch die gegenseitige Anrech3) nung und Einbeziehung von Sozialleistungen 1) Vgl. § 2 Abs. 2 a BKGG. 2) Vgl. a.a.O., Tz. 371. 3) Zu den Schwierigkeiten hinsichtlich der Erstellung von wirklichkeitsnahen Simulationsrechnungen vgl. Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., Tz. 363.

- 145 -

Gültige Aussagen über die praktische Relevanz des Problems überproportionaler Belastungs­ sprünge setzen jedoch darüber hinaus eine Gesamtschau im Rahmen des Umverteilungssystems voraus. Das bedeutet, daß neben den TransferIi 2) Zahlungen auch Realtransfers , indirekte Steuern 3) und Sozialabgaben sowie ebenso steuerliche Subventionen und Steuervergünstigungen in die Gesamtrechnung einzubeziehen sind und sodann der individuelle Umverteilungssaldo herauszufiltern ist, denn nur dieser hat im Zusammen­ wirken von Grenzbelastung, durchschnittlicher Belastung und absoluter Umverteilungswirkung Aus­ sagekraft hinsichtlich der tatsächlichen Belastungs4) verlaufe . Es liegt RIW-Mitteilungen jedoch auf der Hand, 1) Vgl. hierzu Obersteller, 1983,daß S. 25 ff, und Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., S. 62 ff. 2) Die indirekten Steuern wirken allerdings überwiegend regressiv, vgl. Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., Tz. 331. 3) Zum Einfluß der Sozialabgaben auf den Belastungsverlauf vgl. Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., Tz. 338 ff. 4) Auf das Erfordernis der Gesamtschau aller Verteilungs­ wirkungen hat zum ersten Mal Zeppernick hingewiesen, vgl. a.a.O., Finanzarchiv, Bd. 32, S. 427, 437. Vgl. hierzu auch Engels/Mitschke/Starkloff, Staatsbürgersteuer, KarlBräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler, Heft 26, Wiesbaden 1974, S. 23; Karrenberg/Kitterer, a.a.O., S. 127, 142, und Krupp, Das monetäre Transfersystem der Bundesre­ publik Deutschland - Elemente einer Gesamtbilanz, in: Krupp/Glatzer (Hrsg.), Umverteilung im Sozialstaat, Frank­ furt 1978, S. 59 ff. Speziell zur Umverteilungswirkung der Einkommensteuer vgl. Kammann, Umverteilungswirkungen und zeitliche Ent­ wicklung des Sozialtransfer-Systems, Schriften des Insti­ tuts für Wohnungsrecht und Wohnungswirtschaft der Univer­ sität Köln, Bd. 48, S. 19 ff; I. Becker, Umverteilungs­ wirkungen monetärer Transfers, IFO-Studien 1983, S. 273 ff; Scheer, Verteilungswirkungen der Einkommensteuer, Bei­ träge zur Mittelstandsforschung, Heft 56, Göttingen 1982, S. 77 ff. Eine gute Übersicht über die aktuellen Umver­ teilungssalden der wichtigsten Haushaltstypen findet sich im Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirt­ schaft, 1985, Nr. 21, S. 3; zu einer empirischen Darstel­ lung und einer Analyse der Einkommensverteilung und -Um­ verteilung, insbesondere der siebziger Jahre, vgl. Bedau, WSI-Mitteilungen 1979, S. 638 ff.

- 146 wegen der "Komplexität des gesamten Umverteilungs1) systems" diesbezüglich zuverlässige Aussagen, die über das Aufzeigen extremer Einzelfälle hinaus repräsentativen Charakter beanspruchen, kaum möglich sind; den vorlie2) genden einschlägigen Modellrechnungen fehlt bislang 3) noch eine empirische Verifizierung

. So überrascht

es nicht, daß auch die Transfer-Enquete-Kommission trotz langjähriger intensiver Forschungsarbeit auf diesem Gebiet die angesprochene Frage wegen "konzeptioneller und sta4) tistischer Schwierigkeiten" keiner abschließenden Klärung zuführen konnte. Zumindest die folgenden Feststellungen erscheinen jedoch möglich, die zugleich die gesamte Bandbreite dieses Pro­ blems beleuchten: (1) Zwar wird in der Literatur die prinzipielle Möglichkeit 5) des Auftretens von Umkippeffekten durchgängig bejaht

;

dagegen mißt man überwiegend diesem Problem nur eine begrenzte praktische Bedeutung b e i ^ . Zumindest sind die beobachteten Belastungssprünge deutlich niedriger als häufig behauptet^. Umkippeffekte können danach - wie gesehen - vornehmlich im Bereich der festen Ein­ kommensgrenzen sowie in bestimmten Einkommensbereichen 8) auch im Rahmen der Ausbildungsförderung auftreten (2) Zu berücksichtigen ist hierbei aber noch, daß durch das Zusammenwirken verschiedener Mechanismen eventuell auftretende extreme Grenzbelastungen deutlich gemildert 1) So die Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., Tz. 323. 2) Vgl. die Nachweise in Fußn. 1, S. 140. 3) Vgl. Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., Tz. 352. 4) A.a.O. , Tz. 369. 5) Von den oben in Fußn. 1, S. 140, genannten Autoren bestreitet lediglich Sarrazin die prinzipielle Möglichkeit negativer Marginaleffekte, vgl. a.a.O., S. 439. 6) Vgl. z.B. Fribzsche, a.a.O., S. 153, und die zitierte Studie des BMF (vgl. Fußn. 1, S. 140), 7) So die Feststellung der Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., Tz. 370. 8) Vgl. Fritzsche, a.a.O., und Schulz-Overthun, a.a.O., S. 246 ff.

- 147 -

werden. So nimmt zwar die Bafög-Förderung mit steigendem Einkommen ab, gleichzeitig führt jedoch die Inanspruchnahme des Ausbildungs­ freibetrags zu einer steuerlichen Entlastung, und damit zu einer Verringerung der Gesamtbelastung 1) -i

,

Ebenso wird in den speziellen Einkommensbegriffen auch die Zunahme der aus anderen Ge­ setzen resultierenden Belastungen berücksich­ tigt, so daß z.B. das Einkommen i.S. des Wohn­ geldgesetzes infolge des Abzugs von Steuern und Sozialabgaben von der Bemessungsgrundlage 2) langsamer steigt als das Leistungseinkommen (3) Allgemeingültige Aussagen werden dadurch er­ schwert, daß sich zwischen verschiedenen Haus­ haltstypen z.T. beträchtliche Unterschiede hin­ sichtlich der individuellen Grenzbelastungsverläufe ergeben, die aus der unterschiedlichen Berücksich­ tigung leistungsbestimmender Merkmale resultieren, wie z.B. Familienstand, Kinderzahl, Ausbildungsver3) hältnisse und -arten, Einkommensstrukturen u.a.m. 1) Kritisch dazu allerdings Hagemann, Finanzarchiv, Bd. 35, S. 120 (124), der hier von "verteilungspolitisch inkompatiblen Ergebnissen" spricht. 2) Hierzu folgendes Beispiel: Wenn das Arbeitseinkommen eines Wohngeld-Empfängershaushalts um 1 0 0 , — DM steigt, dann entfallen hierauf an Sozialabgaben und Steuern etwa 4 0 , — DM, so daß ein Nettozuwachs von 6 0 , — DM verbleibt. Das Wohngeld verringert sich im Prinzip um durchschnittlich 30 % eines EinkommensZuwachses. Da als Einkommen im Sinne des Wohngeldgesetzes das um Sozialabgaben und Steuern verminderte Einkommen gilt, werden im vorliegenden Fall lediglich 30 % von 6 0 , — DM = 18,-- DM des Wohngeldes gekürzt. Die tatsächliche Grenzbelastung beträgt im vorliegenden Fall somit 40 % + 1 8 % = 58 %, während sich die aus Leistungsabbau und Abgabenhöhe resultierende Summe der einzelnen Grenzbelastungen auf 40 % + 30 % = 70 % beläuft. Ähn­ liches gilt für die Sozialhilfe. 3) Vgl. hierzu Fritzsche, Auswirkungen des Steuer-Trans­ fer-Systems bei steigenden Preisen und Einkommen, RWIMitteilungen 1982, S. 135 (137), und Karrenberg/Kitterer, a.a.O., S. 135.

- 148 -

(4) In bestimmten vor allem mittleren Einkommensbereichen wird die Höhe der individuellen Grenzbelastung ent­ scheidend beeinflußt durch die in diesem Bereich stark ansteigende Steuerprogression, so daß es sich diesbe1) züglich z.T. auch um ein Steuertarifproblem handelt (5) Hinsichtlich des besonders in unteren Einkommensberei­ chen meßbaren Einflusses der Belastung durch Sozialab­ gaben ist darauf hinzuweisen, daß diese beitragsäqui­ valent ausgestaltet sind und - im Gegensatz zur Steuer stets in Relation zu potentiellen Leistungsansprüchen 2) gesehen werden müssen

, so daß der Begriff "Belastung"

insbesondere unter Berücksichtigung des Lebenseinkom­ mensprinzips zu relativieren ist. (6) Besonders hohe Grenzbelastungen ergeben sich beim Abbau von Wohngeld, Arbeitslosen- und vor allem Sozialhilfe, da diese Leistungen nur subsidiär gewährt werden und deshalb im Prinzip jedes zusätzliche Einkommen voll auf die Leistungshöhe durchschlägt; hierbei sind Grenz3) belastungen von über 90 % möglich Es erscheint jedoch in diesem Zusammenhang problematisch, den Abbau einer" Hilfeleistung gleichzusetzen mit einer Zunahme der Belastung, denn der Charakter dieser Lei­ stungen rechtfertigt eine Leistungskürzung in dem Maße, 4) in dem die eigene Leistungsfähigkeit zunimmt

. Aller­

dings ist ein Leistungsabbau - wie beschrieben - nicht unproblematisch, da er den Anreiz, durch eigene Anstren1) Vgl. Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., Tz. 369, und die zitierte BMF-Studie. Fritzsche, a.a.O. Fußn. 1,S.147, weist besonders auf die gerade für Haushalte mit nie­ drigen Einkünften negative Wirkung der heimlichen, weil inflationsbedingten,, Progression hin, vgl. S. 138. 2) Vgl. Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., Tz. 348. 3) Siehe Karrenberg/Kitterer, a.a.O., S. 1304) Vgl. Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., Tz. 365-

- 149 gungen zur Erzielung von Einkünften beizutragen, vermindern kann^ . (7) Die angesprochenen Belastungswirkungen sind vor allem deshalb so schwer zu übersehen, weil die verschiedenen Einkommensbegriffe in Leistungs­ voraussetzungen und Leistungsumfang nicht auf­ einander abgestimmt sind, so daß die einzelnen Maßnahmen, die für sich genommen durchaus sinn­ voll konzipiert sein mögen, in ihrem Zusammen­ wirken Ergebnisse zeitigen können, die wenig plausibel, ja unsinnig und vom Gesetzgeber nicht gewollt sind; hierzu gehören auch kumulativ be­ dingte ümkippeffekte. Diese Problematik ließe sich indessen vermeiden oder zumindest wesentlich entschärfen durch eine Harmonisierung der Einkommensbegriffe, insbeson­ dere durch Festlegung einer Rangfolge innerhalb 2) der einzelnen Transferleistungen , durch die das gesamte Transfersystem in seinen Wirkungen 3) berechenbarer und überschaubarer würde 1) Vgl. Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., Tz. 520 ff. Ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang stellt die unterschiedliche Höhe von sozialhilferechtlichem und steuerrechtlichem Existenzminimum dar. 2) Näheres hierzu im nachfolgenden Kapitel G. 3) Vgl. zu der entsprechenden Forderung die TransferEnquete-Kommission, a.a.O., Tz. 372.

- 150 Fazit Im bisherigen Verlauf der Untersuchung wurde eine Bestandsaufnahme des geltenden Transferrechts mittels systematischer Darstellung der wichtigsten Transfer­ gesetze sowie einer querschnittsmäßigen Analyse ihrer Strukturmerkmale versucht. Die Bestandsaufnahme hat das beklagenswerte Bild einer totalen Rechtszersplit­ terung und Undurchschaubarkeit dieses Rechtsgebietes erbracht. 1. Folgende Einzelfeststellungen wurden getroffen: - Es herrscht eine außerordentliche Vielfalt an unterschiedlichen Ausgangsgrößen teils steuer­ licher, teils außersteuerlicher Art, ohne daß dies unerläßliche Voraussetzung zur Erfüllung unterschiedlicher Gesetzeszwecke wäre. - Die Ausgangsgrößen werden ergänzt durch eine Fülle komplizierter Hinzurechnungsvorschriften, ohne daß dem jeweils eine durchgängige Systematik zugrunde läge. - Bei den Abzügen werden oft nichtsteuerliche Einen­ gungen verwandt, statt auf inhaltsgleiche steuer­ liche Regelungen zurückzugreifen. - Das Problem der Anrechnung bzw. Kumulierung mehrerer Sozialleistungen ist nicht befriedigend gelöst; es herrscht mehr ein "Nebeneinander" als ein koordi­ niertes Zusammenwirken verschiedener Leistungen. - Hinsichtlich des Verfahrens der Einkommensermittlung werden mögliche Rationalisierungsreserven hinsicht­ lich verwaltungsinterner Zusammenarbeit, die zu größerer Effizienz des Verfahrens führen könnten, nicht genutzt. - Unterschiedliche Regelungen hinsichtlich der maßgeb­ lichen Bemessungszeiträume führen zu im Einzelfall ungerechtfertigten Unterschieden; das gleiche gilt hinsichtlich der unterschiedlichen Abgrenzungen in personeller Hinsicht.

- 151 - Die Vorschriften über die Berücksichtigung des Vermögens sind reformbedürftig. - Unkoordinierte Einkommensgrenzen führen zu unübersichtlichen, teilweise problematisch hohen Belastungsverläufen. 2. Diese Einzelfeststellungen führen zu folgender 1) summarischer Bewertung des Transfersystems : - Die Vielzahl, Kompliziertheit und Unübersicht­ lichkeit der einzelnen nicht aufeinander abge­ stimmten Leistungsgesetze haben einen auch vom Fachmann kaum noch und vom Anspruchsbe­ rechtigten überhaupt nicht mehr zu durch2) schauenden Rechtszustand geschaffen - Die Unabgestimmtheit der Leistungen ist Ursache zufälliger und ungerechtfertigter Einzelfaller­ gebnisse. - Für den Bürger bedeutet dies Rechtsunsicher­ heit und eine erhöhte Hemmschwelle für die In­ anspruchnahme von Leistungen. - Die gesetzesausführende Verwaltung ist in weiten Teilen überfordert. "Gesetze, welche die Vollzugs­ kapazität übersteigen, zwingen auch die loyalste Behörde dazu, entweder einen Teil der Vorschriften überhaupt nicht anzuwenden

oder das überzogene

Normenprogramm auf das praktisch Mögliche zu 3) reduzieren." ' - Das Verwaltungsverfahren wird ineffizient, es entstehen zugleich erhöhte Verwaltungskosten und erhöhter Aufwand beim Anspruchsberechtigten. 1) Zum folgenden vgl. auch Zeppernick, Einkommensver­ teilung, a.a.O., S. 39 ff. 2) Zeppernick, a.a.O., S. 71, spricht in diesem Zusammen­ hang von "Begriffschaos". 3) So Isensee, Mehr Recht durch weniger Gesetze?, ZRP 1 985, S. 139 (141). Ähnlich Wagener, DöV 1978, S. 802.

- 152 -

3. Die Ursachen des heutigen Rechtszustands sind 1) vielfältiger Art : - Staatlicher Regelungsaktivismus führt zur Schaffung immer neuer Leistungsnormen; dabei werden bestehen­ de Gesetze und Regelungen nur unzureichend berück­ sichtigt. Dies führt notwendigerweise zu System­ brüchen und Widersprüchen. - Die Normenmenge wird nicht auf das erforderliche Maß beschränkt; vergleichbare Regelungen finden sich in mehreren Gesetzen nebeneinander. - Auf eine bestimmte gesetzliche Entscheidung folgen, oft in kürzester

Frist, sich ständig ablösende

Korrekturen. - Das Regelungsnetz wird in kasuistischer Weise immer mehr verfeinert, auch der "letzte Fall" wird noch normativ geregelt. - Spezialistentum und Expertenmentalität in den Fach2) ressorts der Ministerien sowie ein gewisses "Recht3) fertigungsstreben der Verbände"

hinsichtlich der

Regelung von Ausnahmen verstärken diesen Effekt zu­ sätzlich . - Rechtsnormen und Verwaltungsvorschriften sind darüber hinaus teils unverständlich oder unklar, teils un­ vollständig . Letztendlich münden alle diese vorgenannten Ursachen in der prägnanten Diagnose, daß der Sozialstaat "an einem permanenten Beschäftigungsprogramm für sich 4) selbst arbeitet" ; die Zunahme der Regelungsdichte und die damit einhergehende Orientierungslosigkeit des Rechts erscheint lediglich als notwendige Folge hiervon. 1) Vgl. dazu Bülow, Verhandlungen des 53.deutschen Juristen­ tages 1980, Bd. II, Teil Q, S. 21 ff; Isensee, a.a.O., S. 139, und Kaligin, DStZ 1985, S. 219. 2) Haubrichs, a.a.O. (Fußn. 5, S. 4 ) , S. 43. 3) Bülow, a.a.O. 4) Isensee, a.a.O., S. 142; vgl. auch Murphy/Rubart/Müller/ Raschke, Protest - Grüne, Bunte und Steuerrebellen, Ursachen und Perspektiven, Hamburg 1979, S. 88.

- 153 -

4. "Trotzdem: Noch so nachhaltige Hinweise auf die veränderten Handlungsbedingungen des Gesetzgebers rechtfertigen es nicht, die gegenwärtige Situation als gleichsam unentrinnbares Schicksal auszugeben und sie deshalb widerspruchslos hinzunehmen. Im Gegenteil, gerade die Kenntnis der Gründe der legislativen Aktivität zwingt dazu, sich damit aus­ einanderzusetzen, wie die Transparenz und damit die Zugänglichkeit der rechtlichen Regelung unter den gewandelten Voraussetzungen legislativer Entschei1) dung, gesichert werden kann." Die Erreichung dieses Ziels kann nur in mehreren Schritten angestrebt werden: - An alleroberster Stelle eines Reformplans hätte eine Straffung der Gesetzestexte zu stehen. Hierzu findet sich in einem Erlaß Friedrichs des Großen aus dem Jahre 1780 folgende bemerkenswerte Fest­ stellung: "Was endlich die Gesetze selbst betrifft, so finde ich es sehr unschicklich, daß solche größtentheils in einer Sprache geschrieben sind, welche diejenigen nicht verstehen, denen sie doch zu ihrer Richtschnur dienen sollen. Ebenso ungereimt ist es, wenn man in einem Staat Gesetze duldet, die durch ihre Dunkelheit und Zweydeutigkeit zu weitläufigen Disputen der Rechtsgelehrten 2) Anlaß geben." Nahtlos hieran wäre eine Gesetzesbereinigung anzu­ schließen; der "Normenwald" wäre nach "forstlichen 3) Gesichtspunkten zu sichten und zu lichten" 1) Simitis, Verhandlungen, a.a.O., S. 40. 2) Zitiert von Isensee, a.a.O., S. 144. 3) Isensee, a.a.O., Erste bescheidene Schritte zu einer Ge­ setzesbereinigung sind durch die bereits zitierte Kommis­ sion für Rechts- und Verwaltungsvereinfachung eingeleitet, vgl. Fußn. 4, S. 5.

- 154 -

- Alle normativen Maßnahmen wären vor Verabschiedung einer Erforderlichkeitsprüfung und zusätzlich nach einigen Jahren einer Erfolgskontrolle zu unterwerfen - Bestehende Gesetze, die vergleichbaren Zwecken die­ nen, sind inhaltlich miteinander abzustimmen und soweit möglich zu harmonisieren. Entsprechende Maßnahmen hierfür werden im nachfolgenden Kapitel vorgeschlagen.

1) Vgl. hierzu auch die Leitsätze der Landesregierung von Baden-Württemberg "Zur Beschränkung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften" vom 20.2.1979, GABI. 1976, S. 323. Zu entsprechenden Tendenzen in den USA, Frankkreich und Großbritannien vgl. Simitis, a.a.O., S. 35 ff.

- 155 -

G. Änderungsvorschläge I. Vorbemerkung Die bisherigen Ausführungen haben die Notwendig­ keit einer grundlegenden Neugestaltung der die Einkommensermittlung betreffenden Normen offen­ kundig gemacht. Als erster Schritt sollen deshalb im folgenden die Möglichkeiten einer Vereinheit­ lichung der Einkommensbegriffe erörtert werden. Die Ziele, die hiermit angestrebt werden, ergeben sich ebenfalls zwangsläufig aus den bisherigen Erörterungen: Es sind dies vor allem Einfachheit und Praktikabilität der einschlägigen Rechtsnormen, Effizienz des Verwaltungsverfahrens sowie eine stärkere Orientierung des Leistungsrechts am Ge1) rechtigkeitsmaßstab Gerade der letztere Punkt beweist auch die Notwen­ digkeit einer besseren Abstimmung zwischen Steuer­ recht und Sozialrecht, denn beide haben dem "Ge­ rechtigkeitsgedanken" zu dienen und müssen wider­ spruchsfrei in die Gesamtrechtsordnung integriert 2)

werden

. Dies läßt sich am ehesten dadurch er­

reichen, daß beiden Rechtsgebieten einheitliche und sachgerechte Prinzipien oder Regeln zugrunde 1 4 ^3) gelegt werden 1) Bereits bei Aristoteles wird der Begriff der "iustitia distributiva", der Verteilungsgerechtigkeit, verwandt, vgl. Tipke, Steuergerechtigkeit in Theorie und Praxis, Köln 1981, S. 10. 2) Dazu Friedrich von Hayek:"... Es gehört zum Wesen ju­ ristischen Denkens und gerechter Entscheidungen, daß sich der Jurist bemüht, das ganze System widerspruchs­ frei zu machen", zitiert aus Geleitwort zu Tipke, Steuerrecht, 9. Aufl. Vgl. auch Wiebe, Die Harmoni­ sierung von Sozialrecht und Steuerrecht als rechtspoli tische Aufgabe, ZRP1981, S. 25 (29), und Birk, Steuer­ gerechtigkeit und Transfergerechtigkeit, ZRP 1979, S. 221 (225). 3) Zu diesem Erfordernis speziell für das Steuerrecht vgl Tipke, Steuerrecht, Vorwort zur 10. Aufl.

- 156 -

II. Grundzüge eines einheitlichen Einkommensbegriffes Die Forderung nach einer Verringerung oder zumindest Vereinheitlichung der Vielzahl der gegenwärtig An­ wendung findenden Einkommensbegriffe ist nicht neu; 1) sie wurde in der Vergangenheit schon mehrfach erhoben 2) Auch das Parlament war hiermit schon befaßt

; von

Regierungsseite wurde eine Vereinheitlichung der Ein­ kommensbegriffe mehrfach als "erstrebenswertes Ziel" bezeichnet, dem man bei anstehenden Neuregelungen 3) Rechnung tragen müsse Die folgenden Grundzüge sollen einen Beitrag zur aktuel­ len Diskussion um eine Verwaltungsvereinfachung 1) Friderichs, a.a.O., S. 117; Zeppernick, a.a.O., darstellen. Finanzar­ chiv, Bd. 32, S. 425 ff; Giloy, a.a.O., S. 23 ff; Bender, a.a.O., S. 257 (261); Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., Tz. 372. Vgl. auch Schreiben des Deutschen Steuerberater­ verbandes an das BMF vom 17.2.1 984, veröffentlicht in'.Die Steuerberatung 1984, S. 74. Tipke plädiert für eine "sepa­ rate Definitionsstufe" des steuerlichen Einkommensbegrif­ fes als Basis für staatliche Transferleistungen, vgl. Lb, a.a.O. , s. 162 ff. 2) Vgl. die Fragen der Abgeordneten Gerstein, BT-Drucks. 10/ 1254, S. 11, und Löffler, BMF-Finanznachrichten Nr. 12/83 vom 7.6.1983, S. 6, jeweils mit Antwort des parlamentari­ schen Staatssekretärs Häfele. 3) Vgl. die oben in Fußn. 2 zitierten Fundstellen. In der Rea­ lität der Gesetzgebungsarbeit scheinen diese Erwägungen jedoch nur eine untergeordnete Rolle zu spielen, wie die folgenden Beispiele beweisen: In § 17 Satz 2 SGB-IV- heißt es, für die Belange des Sozialversicherungsrechts sei eine "möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen". Diese Übereinstimmung ist jedoch noch nicht in allen Fällen erreicht, vgl. z.B. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ArEV. Im Wohngeldbericht 1975, BT-Drucks. 7/4460, S. 21, heißt es zwar, eine Angleichung der Einkommensbegriffe von WoGG und WobauG sei anzustreben; gegenwärtig sei eine solche Angleichung aber "nicht zweckmäßig", da dies die Entwick­ lung eines anderen Einkommensbegriffes erfordere.

- 157 -

1. Auswahl der Gesetze Von den im Rahmen des ersten Teils dargestell­ ten

gesetzlichen Regelungen eignen sich, von

den Regelungen des Sozialversicherungsrechts mit dessen besonderer Zweckbestimmung abgesehen, grundsätzlich alle zur Übernahme eines einheit­ lichen Einkommensbegriffes, da sie alle vom Bedarfsprinzip ausgehen und die wirtschaftliche Leistungskraft des Anspruchsberechtigten zu ermitteln haben. Das gilt auch für das BKGG, das zwar einkommensunabhängig gewährt wird, dessen Kürzungsregelung jedoch, wenigstens mittelbar über das Steuerrecht, ebenfalls dem Leistungs­ fähigkeitsgedanken Rechnung trägt. Auch innerhab der einschlägigen Regelungen von Zivil- und Strafrechtspflege würde die Verwen­ dung eines einheitlichen Basiseinkommensbegriffes zu erheblicher Verwaltungsvereinfachung führen; ggf. müßten noch Ergänzungen im Einzelfall er­ folgen. Was den oft zitierten Einwand betrifft, speziel­ le Gesetzeszwecke erforderten spezielle Lösungen 1) und demzufolge auch spezielle Einkommensbegriffe

,

so betrifft dieses Argument zunächst nur das Ver­ hältnis zwischen Steuerrecht und Sozialrecht und damit die Frage, ob ein steuerlicher Einkommens2) begriff auch im Sozialrecht verwenbar ist Dieses Argument ist jedoch nicht stichhaltig im Verhältnis der Leistungsgesetze untereinander, die zwar von im Einzelfall unterschiedlichen Anspruchs­ voraussetzungen ausgehen, wie z.B. Bafög, BVG und 1) So die Bundesregierung in den zitierten Fundstellen (Fußn. 2, S. 156). 2) Dazu sogleich in II.,2.

- 158 WobauG, und auch zu unterschiedlicher Leistungshöhe führen, die jedoch ausnahmslos eine Messung der wirt­ schaftlichen Leistungskraft vornehmen und sich von daher auch zur Übernahme einer einheitlichen Ausgangs­ bemessungsgrundlage eignen. 2. Auswahl einer geeigneten Ausgangsgröße 2.1 Bewertung der untersuchten Einkommensbegriffe In der im Anschluß an die Analyse der Einkommensbe1) griffe erstellten Rangfolge

wurde bezüglich der in

BSHG, WoGG und Bafög verwendeten Ausgangsgrößen dar­ gelegt, daß diese Gesetze vor allen anderen Gesetzen den Grundsatz der

wirklichkeitsnahen

Feststellung

der wirtschaftlichen Leistungskraft am ehesten ver­ wirklichen . Die genannten drei Gesetze zeigen auch die beiden grundsätzlichen Möglichkeiten auf, die auch für die Erstellung eines gemeinsamen Einkommensbegriffes Richtschnur sein könnten, nämlich einerseits die Einbeziehung aller Bruttoeinnahmen und damit den universalen Einnahmebegriff bei WoGG und BSHG, und andererseits die Bezugnahme auf eine steuerliche Ausgangsgröße beim Bafög. Da der Universal-Einnahmebegriff aber zu weit gefaßt ist und sowohl enumerativ auf der Einnahmeseite als auch mittels steuerlicher Begriffe auf der Ausgaben­ seite gekürzt werden muß, ist dieser Einkommensbe­ griff aufgrund seiner Unexaktheit und Schwerfällig­ keit wenig geeignet als Grundlage einer einheitlichen Ausgangsgröße, zumal die Regelung des Bafög beweist, daß vom wirtschaftlichen Ergebnis her der UniversalEinnahmebegrif f nicht höher zu bewerten ist als eine - modifizierte - steuerliche Ausgangsgröße. 1) Vgl. oben F., I., 3.6 (S. 112).

- 159 -

2.2 Die Übernahme einer steuerlichen Einkommensgröße Da die Transferleistungen die Ermittlung des Einkommens eines Antragstellers voraussetzen, liegt es nahe, diesbezüglich auf

Methoden und

Ergebnisse zurückzugreifen, die bei anderen staatlichen Stellen bereits verfügbar sind. Hier bietet sich naturgemäß die Übernahme eines steuerlichen Einkommensbegriffes an

und in der

Praxis der Transfergesetze bestehen ja, wie im Verlaufe der bisherigen Ausführungen mehrfach deutlich wurde, bereits zahlreiche Querverbin­ dungen zwischen beiden Rechtsgebieten. Dabei liegt eine Bezugnahme auf steuerliche Größen nicht nur bei vollinhaltlicher Übernahme eines bestimmten steuerlichen Einkommensbegriffes vor, sondern auch dann, wenn nur die Ergebnisse ein­ zelner Einkunftsarten übernommen werden. Beson­ ders im Bereich der Abzugsbestimmungen ist eine Bezugnahme auf bestehende steuerliche Regelungen häufig. Wo indes der Sozialrechtsgesetzgeber ver­ sucht hat, sich von einschlägigen steuerrecht­ lichen Regelungen zu lösen, sind die Ergebnisse, 1) wie gesehen, oft unbefriedigend 2.2.1 Die Übernahme eines steuerlichen Einkommens­ begriffes brächte eine Reihe von Vorteilen mit sich: - Durch Rechtsprechung und Verwaltungspraxis gesicherte Rechtserkenntnisse über die Behandlung bestimmter Einnahmen und Ausga­ ben (z.B. bezüglich der Trennung betrieb­ licher und privater Einkommenssphäre) wür­ den Bestandteil des Sozialrechts. 1) Vgl. z.B. oben F., I., 3.1.4

(S. 104).

- 160 -

- Der Verwaltungsaufwand der Sozialbehörden könnte bei stärkerer Inanspruchnahme steuerlicher Fest­ stellungen merklich verringert werden. 2.2.2 Die Einwände, die gegen eine Bezugnahme auf eine steuerliche Ausgangsgröße sprechen könnten, wiegen demgegenüber gering: - Der Einwand, die Übernahme eines steuerlichen Einkommensbegriffes

bringe erhöhten Verwaltungs­

aufwand mit sich, da nunmehr auch bisher vom Finanzamt nicht erfaßte Bürger zu veranlagen seien, ist in mehrfacher Hinsicht nicht stichhaltig: So hat bereits bisher ein Anspruchssteller umfang­ reiche Einkommenserklärungen bei verschiedenen Sozialbehörden abzugeben; man könnte angesichts der dort verwandten Formulare durchaus von bereits jetzt durchzuführenden "Sozialveranlagungen" spre­ chen. Durch eine stärkere Einbeziehung der Finanz­ verwaltung in das Verfahren der Einkommensermitt­ lung bzw. -Überprüfung (z.B. in besonders schwie­ rig gelagerten Einzelfällen) würde dort zwar in gewissem Umfang Mehrarbeit entstehen; diese könnte jedoch durch Vereinfachung und Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens sowie eine partielle Ent­ lastung der Transferbehörden mehr als kompensiert werden. Wie sich allerdings eine vollständige Übertragung der Aufgabe der Einkommensermittlung für den ge­ samten Transferbereich auf die Finanzverwaltung verwaltungsorganisatorisch auswirken würde, ist von vornherein nicht zu übersehen. - Der Hinweis auf die Verfälschung der steuerlichen Ausgangsgröße infolge der Berücksichtigung per­ sönlicher Verhältnisse und subventionistisch wir­ kender Ausnahmebestimmungen greift gleichfalls nicht durch, da dieser Nachteil durch Hinzurech-

- 161 -

nung (bzw. Wiederhinzurechnung) verschiedener Werte ausgeglichen werden kann, wie das Bei­ spiel Bafög zeigt. Jedenfalls ist eine enumerative Hinzurechnung nicht verwaltungs­ aufwendiger als ein enumerativer Ausnahme­ katalog bei einer Bruttogröße. Was den Einwand der Verfälschung der steuer­ lichen Einkommensermittlung durch den Rück­ griff auf die typisierende Betrachtungsweise anbelangt, wie sie etwa bei der Pauschalbe­ steuerung, Sachbezugsbewertung, Unkostenpau­ schalierung, Richtsatzverprobung und Freibe­ tragsregelungen zur Anwendung kommt, so ist dem entgegenzuhalten, daß es sich hierbei um aus verwaltungsökonomischen Gründen resultie­ rende Typisierungen und Schematisierungen handelt, die auch unter Gerechtigkeitsaspek­ ten Bestand haben, da hier die individuelle Gleichmäßigkeit hinter die generelle Gleich1) maßigkeit zurücktritt

. Im übrigen wurde im

Verlaufe der Untersuchung mehrfach auf paral­ lel existierende, zum Teil noch komplizierte­ re transferrechtliche Ersatzregelungen hinge­ wiesen. - Der Hinweis auf die Notwendigkeit des Daten­ schutzes, der durch die Weitergabe von Daten seitens der Finanzbehörden an anderen staat­ lichen Stellen gefährdet sein könnte, über­ zeugt ebenfalls nicht. So kann durch geeig­ nete Maßnahmen sichergestellt werden, daß nur rechnerische Ergebnisse, nicht aber Einzelda2) ten weitergegeben werden

. Auch das Bundes­

verfassungsgericht hat im sog. "Volkszählungs3)

Urteil" vom 15.12.1983 lediglich festge1) Vgl. BVerfG vom 3.12.1958, BVerfGE 9, 3 (13), und vom vom 13.1.1976, BVerfGE 41, 127 (187). 2) Siehe hierzu den 6. Datenschutzbericht, BT-Drucks. 10/ 877, S. 31 ff, sowie BT-Drucks. 10/985, S. 4. 3) NJW 1984, S.419 ff.

- 162 stellt, der Einzelne habe das Recht zu entscheiden, wann und wofür er einen persönlichen Lebenssach1) verhalt offenbare

. Genau dies muß aber ein An­

tragsteller bereits jetzt gegenüber den Sozial­ behörden tun; überdies hat er bereits bisher fast durchweg von sich aus Steuerbescheid bzw. Lohn­ bescheinigung vorzulegen. 2.2.3 Die Übernahme steuerlicher Ausgangsgrößen für die Zwecke des Sozialrechts scheitert auch nicht daran, daß beide Rechtsbereiche aufgrund unterschiedlicher 2) Zielsetzung etwa "inkompatibel" seien . Vielmehr wird das Leistungsfähigkeitsprinzip des Steuerrechts 3) ergänzt durch das Bedürfnisprinzip des Sozialrechts

;

es kann deshalb auch im Sozialrecht mit Gewinn auf Verfahrensweisen und Begriffe des Einkommensteuer4) rechts zurückgegriffen werden 2.2.4 Von den zur Verfügung stehenden steuerlichen Einkom­ mensbegriff en^' eignet sich zur Übernahme am ehesten der Begriff des "zu versteuernden Einkommens", da er der steuerlichen Leistungsfähigkeit am nächsten kommt unter der Voraussetzung, daß bestimmte steuerfreie bzw. ermäßigt oder nur teilweise besteuerte Einkünfte hinzugerechnet und Abzüge, die auf nichtfiskalischen Zielsetzungen beruhen, wieder hinzugerechnet werden. Der ebenfalls in Betracht kommende Begriff der Summe der Einkünfte reflektiert die wirkliche Leistungs­ fähigkeit nicht realitätsgerecht, weil durch ihn z.B. nicht berücksichtigt werden ausländische Steuern sowie bestimmte zwangsläufige Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen. Eine Verwendung Vgl. hierzu auch Gola, NJW 1985, S. 1196 ff. Zum Daten­ schutz speziell im Sozialbereich vgl. VerwG Düsseldorf, NJW 1985, S. 1734. So aber Gottwald, FR 1984, S. 162 (164). Birk, a.a.O., S. 225. Bender, a.a.O., S. 265. Vgl. oben E. (S. 60 ff).

- 163 -

dieses Begriffes würde daher neben einer Reihe von Hinzurechnungen auch verschiedene Absetzun­ gen bedingen, während bei Zugrundelegung des zu versteuernden Einkommens im wesentlichen nur Hinzurechnungen erforderlich sind. Abzulehnen ist die Beschränkung auf die positive Summe der Einkünfte, die Bafög und BKGG vorneh­ men, weil damit echte Minderungen der Leistungs­ fähigkeit unberücksichtigt bleiben.

Inhaltliche Ausgestaltung einer einheitlichen Bemessungsgrundlage Da sich die Bemessung einer Staatsleistung an der kon­ kreten Bedürftigkeit des Anspruchstellers auszurichten hat, ist im Prinzip die Erfassung seines gesamten verfügbaren Einkommens zu fordern. 3.1 Das bedeutet, daß folgende Posten dem zu versteuern­ den Einkommen hinzu- bzw. wieder hinzuzurechnen sind: - Alle steuerfreien Nettoeinkünfte, die zu einer echten Erhöhung der Leistungsfähigkeit führen. Zu überprüfen ist in diesem Zusammenhang der Ka­ talog der § § 3 , 3 a und 3 b EStG. Hinzuzurechnen sind im übrigen auch Einkommensersatzleistungen, soweit sie nicht lediglich restitutiv und rehabilitativ wirken, sowie realisierte Wertzuwäch­ se (z.B. bei Grund und Boden) • - Alle Freibeträge und Freigrenzen, soweit sie nicht aus Vereinfachungsgründen bestehen oder lediglich Bagatellbeträge betreffen. - Sonderabschreibungen und erhöhte Absetzungen; AfaBeträge sind jedoch in Höhe des normalen Wertver­ zehrs anzuerkennen. - Beträge, die entfallen auf die §§ 10 a, 10 b und 10 d EStG (letzter nur, soweit Verlustrücktrag

- 164 -

betroffen) .. - Ermäßigt oder nur teilweise besteuerte Einkunfts­ teile. Die einzelnen Transfergesetze können jedoch bezüg­ lich bestimmter einzelner Hinzurechnungen aus sozial­ politischen Erwägungen heraus oder aus Vereinfachungs­ gründen Sonderregelungen vorsehen. Geldleistungen aufgrund anderer Transfergesetze sind hier (noch) nicht einzubeziehen; ihre Berücksichti­ gung erfolgt im Rahmen der Regelungen über Anrechnung 1) bzw. Kumulierung von Leistungen 3.2 Da

vom zu versteuernden Einkommen ausgegangen wird,

sind alle entstandenen und vom Finanzamt anerkannten Ausgaben auch dem Transferrecht zugrundezulegen. Zusätzlich ist auch die inländische sowie die ange­ rechnete ausländische Einkommensteuer abzugsfähig. 3.3 Da das EStG von der Individualbesteuerung ausgeht, taucht für die Transfergesetze die Frage auf, ob hier in personeller Hinsicht von dem Einkommen aller in Haushaltsgemeinschaft lebenden Personen auszugehen ist. Die Frage ist für die jeweiligen Transfergesetze gesondert zu entscheiden. Zumindest dürfte das Ein­ kommen minderjähriger, unverheirateter und im Haus­ halt lebender Kinder in das Gemeinschaftseinkommen einzubeziehen sein. 3.4 Was den maßgeblichen Bezugszeitraum anbelangt, so sollte grundsätzlich das Einkommen maßgebend sein, das der Berechtigte im Bezugszeitraum der Transfer­ leistung erhält. Damit wäre eine zeitnahe möglich. Die zeitnahe

Anpassung

Erfassung des Einkommens setzt

vorläufige Auszahlungen voraus, die nach Vorliegen 1) Dazu sogleich in 4.2.

- 165 der Unterlagen (LohnsteuerJahresausgleich bzw. Lohnsteuerkarte/ESt-Bescheid) u.U. nachträg­ lich zu korrigieren sind.

4. Sonderprobleme 4.1 Einkommensgrenzen Die Übernahme eines einheitlichen Einkommensbe­ griffes erfordert im Prinzip nicht auch die gleichzeitige Einführung einheitlicher Einkommens­ grenzen; diese könnten (evtl. nur für eine Über­ gangsphase) wie bisher unterschiedlich ausgestal­ tet sein. Um negative Auswirkungen auf die Lei­ stungsbereitschaft durch abrupten Wegfall von Leistungen zu vermeiden, sollten Einkommenszu­ wächse stets durch degressiven Transferabbau 1) begleitet werden Bei niedrigen Einkünften, insbesondere im Sozial­ hilf ebereich, wäre die Schaffung von Grundfrei­ beträgen zu erwägen hinsichtlich solcher Einkom­ menszuwächse, die aus Aufnahme oder Verstärkung 2) eigener Erwerbsanstrengungen resultieren 4.2 Das Anrechnungsproblem Wie im Verlaufe der bisherigen Ausführungen deut 3) lieh wurde , liegt eines der schwierigsten trans ferrechtlichen Probleme darin, bei gegebenen An­ sprüchen auf mehrerer Sozialleistungen deren Ver1) Vgl. Transfer-Enquete-Kommission, a.a.O., Tz. 371. 2) Z.Z. erwägt die britische Regierung die Einführung eines Grundfreibetrags von 15 L, bis zu dem der Arbeitslose Erwerbseinkünfte erzielen dürfte, ohne den Anspruch auf bestimmte staatliche Sozialleistungen zu gefährden, vgl. HB Nr. 106 vom 5.6.1985. Das deutsche Recht kennt eine vergleichbare Regelung beim Arbeitslosengeld, nicht dagegen bei der Arbeits­ losenhilfe, vgl. § 115 AFG. 3) Vgl. oben F., I., 6. (S.116ff).

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hältnis zueinander festzulegen, ja überhaupt die denkbaren Fälle eines möglichen Zusammentreffens mehrerer staatlicher Leistungen in der Person eines Anspruchsberechtigten bzw. bei einer Be­ darf sgemeinschaft zu ermitteln. Es wurde aufgezeigt, daß mangels einer systemati­ schen Grundkonzeption lediglich divergierende oder unvollständige Einzelfallregelungen auf diesem Ge­ biet bestehen, die oftmals zu unbefriedigenden oder gar zufälligen Ergebnissen führen. Im folgenden wird versucht, einige Grundzüge einer möglichen Lösung dieses Problems zu skizzieren: - Als erster Schritt wäre zwecks Ausschluß ungewoll­ ter oder unbekannter Leistungskumulierungen auf der Basis eines einheitlichen Einkommensbegriffes eine Bestandsaufnahme möglicher Kumulierungsfalle anhand der Gesetze zu erstellen, denen ein ein­ heitlicher Einkommensbegriff zugrunde gelegt werA

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den soll - Anhand dieser Bestandsaufnahme wären die einzelnen Fälle eines Zusammentreffens mehrerer Leistungen zu bewerten und jeweils zu entscheiden, ob nach den Einzelzielen der beteiligten Gesetze, nach dem Gesamtzusammenhang des Transfersystems oder aus sonstigen sozial-, rechts- oder wirtschafts­ politischen Gründen oder aus Sondererwägungen her­ aus eine Leistungshäufung toleriert oder gar gewünscht würde oder ob eine Häufung mehrerer Leistungen auszuschließen sei. 1) Hierbei könnte z.T. auf die Ergebnisse der TransferEnquete-Kommission, Zwischenbericht, a.a.O., S. 246 ff, zurückgegriffen werden, wobei allerdings Änderungen auf­ grund der Anpassung der verschiedenen Einkommensbegriffe einzuarbeiten wären.

- 167 Zu diesem Zweck wäre jedem Leistungsgesetz ein zusätzlicher Abschnitt über das Verhältnis zu sonstigen Staatsleistungen (soweit nicht ohne­ hin vorhanden)

anzufügen.

Folgende Regelungen sind hierbei denkbar: (1) Eine mögliche Leistungshäufung wird aus ver­ schiedenen Gründen für billigenswert oder gar wünschenswert gehalten - dann ist in den jeweils betroffenen Gesetzen dieser Fall gesondert aufzuführen, etwa mit dem Passus: ... "Ein Zusammentreffen einer der Leistungen dieses Gesetzes mit der Leistung X des Gesetzes Y schließt den Anspruch auf eine der Leistun­ gen des vorliegenden Gesetzes nicht aus."^' (2) Wird

eine Leistungshäufung vom Gesetzgeber

in bestimmten Fällen als nicht erwünscht an­ gesehen, so hat er die Möglichkeit, einer bestimmten Leistung den Vorrang einzuräumen mit der Folge, daß der Anspruch auf eine weitere bzw. auf alle weiteren Leistungen entfällt. Dies ist möglich durch Einfügen einer Spe­ zialitätsnorm, ggf. ergänzt durch das Günstig­ keitsprinzip. Denkbar wäre aber als Regelung einer Anspruchs­ konkurrenz auch eine anteilige Kürzung der in Frage kommenden Leistungen

;

; ein Prinzip, das

z.B. in § 33 a Abs. 1 Satz 4 EStG Anwendung findet bei der Zurechnung von Aufwendungen, die von mehreren Personen getragen werden. Ggf. wäre dieses "Aufteilungsprinzip" zu er­ gänzen durch das Höchstbetragsprinzip. 1) In diesem Sinn etwa § 8 des Gesetzentwurfs über die Gewährung eines Erziehungsgeldes, vgl. BR-Drucks. 350/85 v. 16.8.1985. 2) Hierfür plädiert Giloy, a.a.O., S. 23.

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(3) Das Vorrangprinzip könnte auch entsprechend dem 1) Vorschlag der Transfer-Enquete-Kommission in der Ä

Weise ausgestaltet sein, daß einem bestimmten Aus­ gangs-Nettoeinkommen in einer gesetzlich festge­ legten Reihenfolge verschiedene Transferleistungen nach und nach zugeschlagen würden, wobei die vor­ gehende Leistung die Bemessungsgrundlage der nach­ gehenden erhöhen und somit zu einer Einschränkung der letzteren führen würde. Diese Vorgehensweise würde zugleich verhindern, daß einem Leistungsempfänger bei Überschreiten einer bestimmten Einkommensgrenze gleichzeitig mehrere Leistungen gekürzt werden. 4.3

Die Berücksichtigung des Vermögens Die praktische Bedeutung der Vermögensberücksichtigung im Rahmen der Transfergesetze ist gering; erheblichem Aufwand rechtlicher und verwaltungsmäßiger Art sowie erheblichen Auslegungsschwierigkeiten steht lediglich ein geringes Ausmaß an tatsächlich ermitteltem und ein­ bezogenem Vermögen gegenüber. Vor allem bei der Sozial­ hilfe führt die Ermittlung und Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen, wie gesehen, zu erhöhtem Verwal­ tungsaufwand; oft sind auch Rechtsstreitigkeiten mit Betroffenen die Folge. Deshalb sollte erwogen werden, ob nicht generell die Regelung des WoGG für alle Transfergesetze übernommen werden sollte, wonach auf die gesonderte Ermittlung des Vermögens für die Zwecke der Transfergesetze ver­ zichtet wird und statt dessen bei Erfüllung des Tat­ bestandes der Vermögensteuerpflicht automatisch jeg­ liche staatliche Transferleistung entfällt. Dies brächte eine erhebliche Verwaltungseinsparung mit sich, ohne daß deswegen in erheblichem Umfang "Reiche" in den Genuß staatlicher Leistung kämen.

1) Vgl. Schlußbericht, a.a.O., Tz. 371

- 169 4.4 Bei der Schaffung einer einheitlichen Bemes­ sungsgrundlage für die wichtigsten staat­ lichen Transferleistungen sähe sich der Gesetz­ geber allerdings vor das Problem gestellt, daß sich aufgrund der jetzt bestehenden teilweise erheblichen Unterschiede in der Reichweite der einzelnen Einkommensbegriffe u.U. gravierende Verschiebungen in der Leistungshöhe der ein­ zelnen Transfergesetze ergeben können. Dem könnte indes durch längerfristige Übergangs­ oder Sonderregelungen mit Bestandsschutz für die Leistungsberechtigten Rechnung getragen werden; überdies könnten die Einkommensgrenzen der einzelnen Transfergesetze so verändert wer­ den, daß die Änderung der Bemessungsgrundlage sich im wesentlichen leistungs- und damit kosten1) neutral darstellen würde

5. Ausblick Die vorgelegten Vorschläge für eine Vereinheitlichung der Einkommensbegriffe und Einkommensermittlungsververfahren sowie für eine Neugestaltung der Anrechnungs­ bestimmungen stellen nach Ansicht des Instituts "Finan­ zen und Steuern" erste Schritte auf dem Weg zu einer dringend notwendigen Vereinfachung des Sozialrechts dar. Das Institut regt darüber hinaus die Prüfung weiterge­ hender Reformmöglichkeiten an: - Zwecks Vermeidung von verwaltungsaufwendiger Doppel­ arbeit sollten die Möglichkeiten für eine intensivere ) Für das Wohngeld z.B. bestehen gesicherte Grundlagen hin­ sichtlich sozialer Stellung und Einkommensschichtung der Wohngeld-Empfänger und durchschnittlicher Höhe des gezahlten Wohngeldes, so daß Änderungen der Bemessungsgrundlage in etwa zu übersehen sind, vgl. z.B. die Ausführungen im Wohn­ geld-Bericht 1983 bezgl. der Auswirkungen des Haushalts­ begleitgesetzes 1983, BT-Drucks. 10/854, S. 19 ff.

- 170 Zusammenarbeit zwischen den Transferbehörden einerseits und der Finanzverwaltung andererseits geprüft werden, insbesondere unter Berücksichtigung der Einsatzmög­ lichkeiten der EDV. Nach Ansicht des Instituts "Finan­ zen und Steuern" sollten die technischen, organisato­ rischen und personellen Kapazitäten der Finanzverwal­ tung stärker für die Zwecke der Einkommensermittlung 1) im Transferbereich nutzbar gemacht werden - Ebenso sollte geprüft werden, ob die verwaltungs­ organisatorische Zersplitterung der Transferbehörden durch Schaffung einer einheitlichen Transferverwal­ tung überwunden werden kann. Eine derartige Verwaltungsreform würde nach Ansicht des Instituts "Finanzen und Steuern" auch die Möglich­ keiten zu einer verstärkten Einbeziehung der Finanz­ verwaltung in das Verwaltungsverfahren der Einkommens2) ermittlung verbessern

1) So werden z.B. in Nordrhein-Westfalen schon jetzt die von den Wohngeldstellen ermittelten Einkommensdaten auf com­ putergerechte Eingabewertbögen übertragen und sodann der zentralen Rechenstelle der Finanzverwaltung übermittelt, wo die erforderliche Berechnung automatisch erfolgt. 2) Zu weitergehenden, allerdings teilweise problematischen Vorschlägen in Richtung auf eine vollständige Verschmel­ zung von Finanz- und Transferverwaltung vgl. Kausemann, Möglichkeiten einer Integration von Steuer- und Transfer­ system, Frankfurt/M. 1983.

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Zusammenfassung 1. Allenthalben wird heutzutage über Kompliziertheit der Gesetze und wuchende Bürokratie geklagt. Die­ ser Vorwurf betrifft viele Rechtsbereiche - von jeher das Steuerrecht, neuerdings auch verstärkt das Sozialrecht. Hier gelten z.Z. etwa 800 Gesetze und Verordnungen. Das Recht der Transferleistungen ist besonders gekennzeichnet durch eine Vielzahl nebenander bestehender Leistungsgesetze, die nur zum Teil aufeinander abgestimmt sind.

2. Bestandteil aller Leistungsgesetze sind Bestimmungen über Ermittlung und Eingrenzung des maßgeblichen Einkommens. Da die diesbezüglichen Vorschriften entscheidend zu der Kompliziertheit der Sozialgesetze beitragen, hat das Institut "Finanzen und Steuern" die ein­ schlägigen Rechtsnormen im Rahmen dieser Untersuchung eingehend auf ihre dogmatische Folgerichtigkeit und ihre Rechtfertigung im Einzelfall überprüft. Das Institut ist dabei in zwei Schritten vorgegangen: Zunächst erfolgt eine systematische Darstellung der wichtigsten Transfergesetze anhand eines ein­ heitlichen Schemas (vgl. S. 9 ) . Ergänzt wird diese Darstellung durch eine Übersicht über die Einkommens­ begriffe von Sozialversicherung, sonstigen wichtigen Rechtsbereichen sowie des steuerlichen Einkommensbe­ griffes . In einem zweiten Schritt werden sodann die Struktur­ merkmale der jeweiligen Einkommensbegriffe in einer vergleichenden Analyse einander gegenübergestellt.

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Das Institut "Finanzen und Steuern" kommt im Rahmen seiner Analyse zu folgenden Ergebnissen: - Es findet eine Vielzahl unterschiedlicher Ausgängsgrößen Verwendung,die teils auf steuerliche, teils auf außer­ steuerliche Bezugsgrößen zurückgehen (siehe Übersicht 1, S. 67). - Die jeweiligen Ausgangsgrößen müssen, da sie dem Grundsatz der Ermittlung der objektiven wirtschaft­ lichen Leistungskraft bzw. der Bedürftigkeit im Einzelfall nicht gerecht werden, noch ergänzt werden durch eine Fülle komplizierter Hinzurechungsvorschriften, denen jedoch keine einheitliche Systema­ tik zugrunde liegt (siehe Übersicht 2, S. 80 ff). - Die Regelungen über die zulässigen Abzüge sind höchst unterschiedlich (siehe Übersicht 3, S. 98); oft wer­ den eigene Begriffe und Verfahren verwendet, statt auf entsprechende steuerliche Regelungen zurückzu­ greifen. Soweit Pauschalregelungen Verwendung finden, sind diese meist grober als vergleichbare steuerliche Regelungen (vgl. S. 102 ff). - Das Problem der Anrechnung bzw. der Kumulierung mehre­ rer Sozialleistungen ist nicht befriedigend gelöst; es herrscht mehr ein "Nebeneinander" als ein koordi­ niertes Zusammenwirken verschiedener Leistungen (vgl. S. 116 ff). - Die gesetzliche Zersplitterung des Transferrechts findet seine Entsprechung in der Zersplitterung der Verwaltungskompetenzen und Verwaltungszweige (siehe Übersicht 4, S. 124). - Sowohl die zeitliche als auch die personelle Abgren­ zung der Bemessungsgrundlagen ist in unterschiedlicher Weise ausgestaltet (vgl. S. 127 ff).

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- Hinsichtlich der Berücksichtigung des Vermögens gelten teilweise unvollständige und mangelhafte Regelungen; nur vereinzelt erfolgt eine Bezug­ nahme auf einschlägiges Steuerrecht (vgl. S. 134 ff) . - Unkoordinierte Einkommensgrenzen führen zu un­ übersichtlichen, teilweise problematisch hohen Belastungsverläufen (vgl. S. 137 ff).

4. Insgesamt ist festzustellen, daß die Vielzahl, Kompliziertheit und Unübersichtlichkeit der einzelnen Regelungen einen selbst vom Experten kaum noch und vom Anspruchsberechtigten überhaupt nicht mehr zu durchschauenden Rechtszustand ge­ schaffen haben. Die Folge hiervon sind teilweise ungerechte und zufällige Einzelfallergebnisse sowie Rechtsunsicherheit für den Bürger und eine Überforderung der gesetzesausführenden Verwaltung. 5. Das Institut "Finanzen und Steuern" schlägt deshalb im Hinblick auf eine erstrebenswerte Rechts- und Verwaltungsvereinfachung einen ein­ heitlichen Einkommensbegriff für alle Transfer­ gesetze vor. 5.1 Dabei sollte nach Ansicht des Instituts auf eine steuerliche Ausgangsgröße zurückgegriffen werden; hierfür eignet sich nach Auffassung des Instituts am besten der Begriff des "zu versteuernden Einkommens". 5.2 Diese Ausgangsgröße ist noch zu ergänzen durch die Hinzurechnung verschiedener Einnahmen wie z.B. Einkommensersatzleistungen, realisierte Wertzuwächse, sonstige staatliche Leistungen (soweit nicht im Rahmen der gegenseitigen

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Leistungsanrechnung erfaßt), Sonderabschreibungen und erhöhte Absetzungen sowie die meisten steuer­ freien Einnahmen, steuerlichen Freibeträge und ermäßigt oder nicht besteuerten Einkunftsteile. 3 Auf der Ausgabenseite sind die steuerlich aner­ kannten Werbungskosten/Betriebsausgaben auch im Transferrecht voll anzuerkennen. Abschreibungen sind nur in Höhe des normalen Wertverzehrs zu­ lässig. 4 In personeller Hinsicht sollte nach Ansicht des Instituts das gesamte Familieneinkommen angesetzt werden, wobei jedoch lediglich minderjährige, un­ verheiratete und in der Haushaltsgemeinschaft lebende Kinder zu berücksichtigen sind. 5 Bezüglich des maßgebenden Bezugszeitraums befür­ wortet das Institut eine Regelung, nach der grund­ sätzlich das laufende Einkommen heranzuziehen ist. Nach Vorliegen der steuerlichen Bescheide sind die Transferleistungen ggf. nachträglich anzupassen bzw. zurückzufordern. 6 Im Rahmen der Erstellung eines einheitlichen Einkommensbegriffes sind auch die jeweiligen Einkommensgrenzen abzustimmen: Feste Einkommens­ grenzen sind zu vermeiden, der Transferabbau ist degressiv vorzunehmen. Bei geringen Einkünf­ ten sind Grundfreibeträge vorzusehen. 7 Die Problematik der gegenseitigen Anrechnung bzw. Kumulierung mehrerer Transferleistungen sollte nach Ansicht des Instituts in zwei Stufen gelöst werden!

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Zunächst sollte eine Bestandsaufnahme möglicher Kumulierungsfalle der einzubeziehenden Transfer­ gesetze erarbeitet und sodann für jeden Kumulierungsfall eine Rang- bzw. Reihenfolge der einzel­ nen Leistungen bestimmt werden. Damit wäre nach Ansicht des Instituts eine befriedigende Gesamt­ lösung dieses Problems möglich. 5.8 Im Rahmen der Berücksichtigung des Vermögens wäre es nach Auffassung des Instituts aus Vereinfachungs­ gründen vertretbar, lediglich an den Tatbestand der Vermögensteuerpflicht anzuknüpfen und in diesem Fall einen generellen Leistungsausschluß eintreten zu lassen.

Die vorgelegten Vorschläge könnten von einer Reihe organisatorischer Veränderungen der Verwaltungsstruktu­ ren begleitet werden, die jedoch nach Ansicht des Instituts "Finanzen und Steuern" angesichts der Bedeu­ tung der angestrebten Reform vertretbar sind. Nach Ansicht des Instituts sollte auch geprüft werden, in welcher Weise die organisatorischen und technischen Möglichkeiten der Finanzverwaltung für den Transfer­ bereich nutzbar gemacht werden können.

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