Interkulturelles Lern- und Kompetenzzentrum Sport Bedarfsanalyse

Interkulturelles Lern- und Kompetenzzentrum Sport Bedarfsanalyse Gefördert durch das Bundesministerium des Inneren im Rahmen des Bundesprogramms „Zus...
Author: Gregor Kruse
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Interkulturelles Lern- und Kompetenzzentrum Sport Bedarfsanalyse

Gefördert durch das Bundesministerium des Inneren im Rahmen des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe“

Gliederung

1. Vorstellung des Projekts 2. Migrationsentwicklung in Sachsen-Anhalt – Informationen des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt 3. Rechtsextreme Gewalt gegen Geflüchtete – eine Übersicht über die Gewaltstatistik in Sachsen-Anhalt 4. Bestehende Netzwerke der Extremismusprävention und der Demokratieförderung in Sachsen-Anhalt 5. Interkulturelle Erfahrungen und Bedürfnisse/Erwartungen in den Vereinen des Landesverbands Ju-Jitsu Sachsen-Anhalt e.V.

1. Vorstellung des Projekts 1.1 „Interkulturelles Lern- und Kompetenzzentrum Sport“ Kampfsport und interkulturelle Bildung – passt das zusammen? Wir sind davon überzeugt, dass durch gemeinsames Trainieren, das Erleben einer familiären Vereinskultur und durch die sportlichen Werte und Regeln des Sports eine von Respekt, Toleranz und Wertschätzung geprägte Atmosphäre geschaffen werden kann. Viele ländliche Regionen Sachsen-Anhalts sind mit strukturellen Defiziten und der Abwanderung junger Menschen konfrontiert. Die Integration von Geflüchteten stellt dabei eine Herausforderung und Chance zugleich dar. Ju-Jitsu und das Vereinswesen können einen wesentlichen Beitrag zum gegenseitigen Kennenlernen und zur Integration der Geflüchteten leisten. Das zweijährige Projekt richtet sich insbesondere an Vereinstrainerinnen und Vereinstrainer aus dem Kampfsportbereich in Sachsen-Anhalt und strebt die Ausbildung von Integrationslotsen und die Integration von Migrantinnen und Migranten in die organisatorischen Strukturen der Vereine an. Durch das Projekt motivieren die Integrationslotsen die neu gewonnenen Mitglieder für das Training, trainieren mit Ihnen gemeinsam und erlernen den kompetenten und konstruktiven Umgang mit interkulturellen Fragestellungen in der Bildungsarbeit. Eine Online-Lernplattform, die für das Projekt entwickelt wurde, stellt die pädagogischen Angebote und die Workshopkonzepte einer breiten Öffentlichkeit vor.

1.2 Projektpartner Die Deutsche Gesellschaft e. V. ist ein eingetragener überparteilicher Verein zur Förderung politischer, kultureller und sozialer Beziehungen in Europa. Als solcher richtet der Verein mehr als 700 Veranstaltungen im Jahr aus. Der inhaltliche Fokus liegt auf den Bereichen Politik- und Zeitgeschichte, Kultur und Europa. Damit gehört die Deutsche Gesellschaft e. V. zu den aktivsten überparteilichen Bildungseinrichtungen.

Der Ju-Jitsu Sachsen-Anhalt e. V. ist der Dachverband der Ju-Jutsu und Jiu-Jitsu treibenden Vereine in Sachsen-Anhalt und als Fachverband für moderne und traditionelle Selbstverteidigung. Mitglied im Landessportbund Sachsen-Anhalt, im Deutschen Ju-Jutsu Verband und als Spitzenverband auf Bundesebene Mitglied im

DOSB. Erfahrungen in der interkulturellen Bildungsarbeit kennzeichnen den Ju-Jitsu Sachsen-Anhalt e. V. ebenso wie herausragende sportliche Erfolge.

1974 in Berlin gegründet, arbeitet der Kurdistan Kultur- und Hilfsverein e. V. heute bewusst mit allen Migrantengruppen, unterstützt diese und setzt sich für deren Belange in Berlin ein. Einen großen Bestandteil dieser Arbeit bilden verschiedene Integrationsinitiativen, die in Form von Kursen, Projekten oder Programmen realisiert werden. Der Verein versucht den Migrantinnen und Migranten sowie Geflüchteten zu helfen, ihren individuellen Platz in unserer Gesellschaft zu finden, um so ihrer Isolierung und Ausgrenzung entgegenzuwirken.

1.3 „Zusammenhalt durch Teilhabe“

Das Programm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ (ZdT) des Bundesministeriums des Innern (BMI) fördert in den ländlichen und strukturschwachen Gegenden Projekte für demokratische Teilhabe und gegen Extremismus. ZdT unterstützt gezielt Vereine und Initiativen, die regional verankert sind. Bestehende Strukturen sollen weiterentwickelt und ausgebaut werden. Sie können eigene Beraterinnen und Berater gegen Extremismus ausbilden und zukunftsträchtige Methoden entwickeln, um mehr Menschen für ein Ehrenamt zu begeistern. Das Bundesministerium des Innern hat die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) mit der Umsetzung des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe“ betraut.

2. Migrationsentwicklung in Sachsen-Anhalt – Informationen des Ministeriums für Inneres und Sport 2.1 Statistiken zur Migrationsentwicklung in Sachsen-Anhalt Wie haben sich die Zahlen der Asylbewerber seit dem Jahr 2011 insgesamt in Sachsen-Anhalt entwickelt? Die Zugangszahlen für Sachsen-Anhalt hatten im Jahr 2015 ihren Höchststand. Die Zahl der registrierten Asylbewerber ist von 34.349 im Jahr 2015 auf 9.116 Personen im Jahr 2016 zurückgegangen. Nach Januar/Februar 2016 sind die Zugangszahlen für Sachsen-Anhalt merklich zurückgegangen und bewegen sich seit April 2016 um die 400-500 Zugänge im Monat.

Quelle: Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt: Migrationsentwicklung in Sachsen-Anhalt, 01/2017, www.mi.sachsen-anhalt.de (28.02.2017)

Quelle: Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt: Migrationsentwicklung in Sachsen-Anhalt, 01/2017, www.mi.sachsen-anhalt.de (28.02.2017)

Aus welchen Ländern kommen die im Jahr 2016 nach Sachsen-Anhalt zugereisten Personen?

Quelle: Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt: Migrationsentwicklung in Sachsen-Anhalt, 01/2017, www.mi.sachsen-anhalt.de (28.02.2017)

35% der in 2016 nach Sachsen-Anhalt zugereisten Personen kommen aus Syrien und verfügen daher über eine gute Bleibeperspektive. Es wird daher entscheidend sein, diese Personengruppe schnell sprachlich und beruflich, aber möglicherweise auch

über das Sportvereinswesen in die Gesellschaft zu integrieren. Die zweitgrößte Gruppe stammt aus Afghanistan und umfasst 16,3%.

Wie haben sich die Bestandszahlen an Asylbewerbern und geduldeten Ausländern in den Landkreisen und kreisfreien Städten entwickelt? Die Entwicklung der Bestandszahlen an Asylbewerbern (einschließlich Bü-Ma-Fälle) ist in den Landkreisen und kreisfreien Städten Sachsen-Anhalts seit Februar 2016 rückläufig. Die Bestandszahlen an Duldungsinhabern steigt seit Mitte des Jahres infolge zunehmend ablehnender Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge stark an. Durch Maßnahmen der freiwilligen und zwangsweisen Rückkehr wurde die Anzahl der geduldeten Personen erheblich begrenzt.

Quelle: Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt: Migrationsentwicklung in Sachsen-Anhalt, 01/2017, www.mi.sachsen-anhalt.de (28.02.2017)

In der Gesamtzahl haben sich die Bestandszahlen der Asylbewerber in den Landkreisen und kreisfreien Städten im Jahr 2016 nach dem Höchststand von 24.571 im Februar auf 13.660 im Dezember verringert.

Quelle: Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt: Migrationsentwicklung in Sachsen-Anhalt, 01/2017, www.mi.sachsen-anhalt.de (28.02.2017)

Durch das im Bund im August 2016 beschlossene Integrationsgesetz wurde ein neuer § 12a in das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) eingefügt, der die Wohnortwahl für Schutzberechtigte regelt. Auf der Grundlage dieses Integrationsgesetzes hat das Land Sachsen-Anhalt Leitlinien für einen Integrationsschlüssel für Sachsen-Anhalt entwickelt. Diese Leitlinien liegen dieser Bedarfsanalyse bei. Diese Leitlinien umfassen Bestimmungen zur Wohnsitzregelung, Zuweisungsschlüssel zur bestmöglichen Ausnutzung der Integrationsressourcen, individuelle Zuweisungskriterien (z.B. humanitäre Aspekte) etc. Dieser Schlüssel für die landesinterne Wohnsitzzuweisung von Flüchtlingen mit anerkanntem Schutzstatus in Sachsen-Anhalt wird gebildet aus: a. dem Einwohneranteil der Landkreise und kreisfreien Städte an der Gesamtbevölkerung des Landes (Indikator 1) mit einem Anteil von 70 Prozent, b. dem Anteil der als arbeitslos gemeldeten erwerbsfähigen Personen an der Bevölkerung der Landkreise und kreisfreien Städte (Indikator 2) mit einem Anteil von 20 Prozent sowie c. dem Verhältnis der Berufsausbildungsstellen je Bewerber (Indikator 3) mit einem Anteil von 10 Prozent.

2.2 Rückschlüsse für das Projekt „Interkulturelles Kompetenz- und Lernzentrum Sport“

Die Zahl der Asylsuchenden in Sachsen-Anhalt ist stark rückläufig. Die Zahl sinkt weiter infolge der Abschiebepraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Mit Blick auf die Herkunftsregionen der Geflüchteten zeichnet sich eine Gruppe mit guter Bleibeperspektive (Syrien und m.E. auch Afghanistan) ab. Personen aus anderen Herkunftsländern (z.B. Nordafrika, Albanien) werden nur geringe Bleibeperspektiven haben. Der Rückgang der Zuzugszahlen hat zu einer immensen Entlastung in den Kommunen und den Landkreisen geführt. Die Kommunen und Landkreise sind von einem „Krisenpräventionsprogramm“ mehr und mehr zu konkreten Schritten der Integration der Geflüchteten mit guter Bleibeperspektive übergegangen. Dazu könnte neben der sprachlichen und beruflichen Integration auch die Integration in das Sportvereinswesen beitragen. Gemäß der Auskunft des Ministeriums für Inneres und Sport handelt es sich bei der Mehrzahl der Geflüchteten um junge Männer zwischen 16-29 Jahren. Diese Personengruppe über entsprechende Sportangebote zu integrieren und über das Kampfsportvereinswesen in einen direkten Austausch mit bestehenden Vereinsmitgliedern und Sportinteressierten zu bringen, soll eine der Kernaufgaben des Projekts sein.

Sachsen-Anhalt steht vor immensen strukturellen Herausforderungen – junge Menschen verlassen ihre Heimatstädte. Der Bevölkerungsrückgang führt auch zu einem Mitgliederschwund in den Sportvereinen, die massiv zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen. Die Sportvereine des Landesverbandes Ju-Jitsu Sachsen-Anhalt e. V. betrachten daher den Zuzug junger Migrantinnen und Migranten als Chance, die dramatische demographische Entwicklung in einzelnen Gegenden Sachsen-Anhalts zu kompensieren. In Gegenden Sachsen-Anhalts, in denen junge Menschen ihre Heimatstädte verlassen, sind daher Freizeit- und Sportangebote für Jugendliche unerlässlich. Die Zahl der in Sachsen-Anhalt aufgenommenen Geflüchteten und Migrantinnen und Migranten ist im bundesdeutschen Vergleich gering. Geht man davon aus, dass Interkulturalität insbesondere in Gegenden mit hohem Migrantenanteil gelebt wird, muss für zahlreiche Regionen in Sachsen-Anhalt konstatiert werden, dass es weiten Teilen der politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsträgern, aber auch Multiplikatoren im Sport häufig an interkulturellen Kontakten und Erfahrungen mit interkulturellen Bildungsangeboten fehlt. Die nachhaltige Entwicklung von Sensibilisierungsangeboten und interkulturellen Bildungsbausteinen steckt daher noch in den Kinderschuhen. Netzwerke der Zusammenarbeit von Akteuren der Präventionsarbeit müssen weiter ausgebaut werden. Ressentiments, Ängste und Vorurteile nehmen in der Bevölkerung trotz des merklich abnehmenden Zuzugs von Migrantinnen und Migranten zu.

3.

Rechtsextreme Gewalt gegen Geflüchtete – eine Übersicht über die Gewaltstatistik in Sachsen-Anhalt Am 22. März 2017 veröffentlichte das Ministerium für Inneres und Sport SachsenAnhalt die Statistik über politisch motivierte Kriminalität für das Jahr 2016. Die für das Projekt enthaltenen wichtigsten Aussagen sind: 



Die Anzahl der politisch motivierten Straftaten ist um 304 Taten auf insgesamt 2.466 Delikte angestiegen. Bei den rechtsmotivierten Taten ist ein leichter Rückgang zu verzeichnen, bei den linksmotivierten Straftaten ein Anstieg. Rechtsmotivierte Delikte sanken von 1.749 auf 1.660 Taten. Dennoch bilden rechtsmotivierte Delikte weiterhin den Schwerpunkt der politisch motivierten Kriminalität Ein Anstieg ist bei Gewaltstraftaten im rechtsmotivierten Bereich zu verzeichnen – von 180 zu 220 Delikten. Einen signifikanten Rückgang gab es bei den Volksverhetzungen – hier sank die Zahl um 99 Taten auf 179 Delikte





Im Jahr 2016 wurden 60 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte polizeilich erfasst (2015:71). Dabei handelt es sich häufig um das Werfen von Steinen in Fensterscheiben, Schmierereien an Hauswänden – aber auch einmal wurde ein Waffenbeschuss und drei Mal eine Brandstiftung erfasst Die Anzahl fremdenfeindlicher Straftaten hat sich zwar von 574 Delikten im Jahr 2015 auf 446 Delikte verringert, dennoch handelt es sich um den zweithöchsten Wert in den letzten 10 Jahren. Dabei handelt es sich um das Delikt der Volksverhetzung (117 Straftaten), um Beleidigungen (87 Straftaten), Propagandastraftaten (81), aber auch Körperverletzungen. Wie Minister Stahlknecht im Bericht betont, handelt es sich dabei insbesondere auch um online-Hetze und –diffamierung

Interessant ist der Blick auf die Zielregion: Burgenlandkreis und Zeitz

86

SachsenAnhalt Gesamt

HZ 109,8

HZ: Straftaten pro 100.000 Einwohner

Mit Blick auf die Häufigkeitszahl politisch motivierter Kriminalität liegt der Burgenlandkreis unter dem sachsen-anhaltinischen Durchschnitt – jedoch ist die Häufigkeitszahl hier höher als in den benachbarten süd-sachsen-anhaltinischen Landkreisen. Als problematisch ist dabei insbesondere die Häufigkeitszahl rechtspolitischer Kriminalität hervorzuheben. Die Häufigkeitszahl liegt hier bei 86 Straftaten pro 100.000 Einwohner, die Häufigkeitszahl linkspolitischer Kriminalität liegt hingegeben bei 4.

4.

Bestehende Netzwerke der Extremismusprävention und der Demokratieförderung in Sachsen-Anhalt

Das Projekt „Interkulturelles Lern- und Kompetenzzentrum“ stellt eines von zahlreichen Angeboten der Demokratieförderung und der interkulturellen Bildungsarbeit in Sachsen-Anhalt dar. Die Projektpartner haben das Ziel, sich mit bestehenden Angeboten und Einrichtungen zu vernetzen – dabei werden insbesondere drei Ziele verfolgt: a) Vernetzung mit Einrichtungen der Extremismusprävention dient der Nachhaltigkeit des Projekts und stellt für den Landesverband Ju-Jitsu SachsenAnhalt e.V. eine Möglichkeit dar, Akteure der interkulturellen Bildungsarbeit kennenzulernen und langfristig angelegte Kooperationsmöglichkeiten zu diskutieren. Der Landesverband wird dadurch in Sachsen-Anhalt als Akteur der Demokratieförderung sichtbar und kann von den langjährigen Erfahrungen wichtiger Einrichtungen profitieren und gleichzeitig eigene, durch das Projekt entwickelte Kompetenzen in das Netzwerk einbringen b) Die Projektpartner können während des Projektzeitraums und darüber hinaus die Möglichkeit der Beratung und der inhaltlichen Abstimmung in Anspruch nehmen. Dabei geht es insbesondere um den richtigen Umgang mit extremistischen Ressentiments. Diese Vernetzung ist umso wichtiger, da das Projekt selbst bereits zum Gegenstand rechtsextremer Agitation und Hetze wurde c) Das Projekt „Interkulturelles Lern- und Kompetenzzentrum Sport“ möchte in seiner Integrationslotsenausbildung und den Sensibilisierungsveranstaltungen auch auf die Expertise externer Referierender zurückgreifen. Die unten genannten Akteure sollen daher z.T. auch als Referierende in die Veranstaltungen einbezogen werden

Nach Absprache mit der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt sollen folgende Partner angesprochen werden: Cornelia Habisch Referatsleiterin 1 Geschäftsführerin Netzwerk Landeszentrale für politische Bildung Referat 1 Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit Geschäftsstelle Netzwerk für Demokratie und Toleranz in Sachsen-Anhalt Leiterstraße 2, 39104 Magdeburg Tel.: +49 391 567-6459 Fax: +49 391 567-6464 Mobile: 0171-3034668 E-Mail: [email protected]

http://www.zusammenhalt-durch-teilhabe.de/akteure/142510/landessportbund-sachsenanhalt-e-v: Helge Tiede, Landessportbund Sachsen-Anhalt, MUT (Menschlichkeit und Toleranz im Sport) Landessportbund Sachsen-Anhalt e.V. Maxim-Gorki-Str. 12 06114 Halle www.lsb-sachsen-anhalt.de Projektwebseite Ansprechpartner: Helge Tiede (Landeskoordinator) [email protected] Tel.: 0345 527 910 8

http://www.lamsa.de/ Landesnetzwerk der Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (LAMSA) e.V. Bernburger Str. 25a | 06108 Halle (Saale) Vertreten durch:

Mamad Mohamad Kontakt: Telefon: 0345 / 171 94 051 Telefax: 0345 / 151 49 155 Email: [email protected]

Landes-Demokratiezentrum Landeskoordinierungsstelle - Ministerium für Arbeit und Soziales Sachsen-Anhalt Bereich Integration und Prävention von Rechtsextremismus Turmschanzenstr. 25 39114 Magdeburg Ansprechpartnerin: Hildegard Rode Tel: 0391 567 4653 Hildegard.Rode(at)ms.sachsen-anhalt.de http://www.beratungsnetzwerk-sachsen-anhalt.de

Miteinander e.V. – Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt e. V. Geschäftsführer Pascal Begrich Tel.: (0391) 6207754 Mail: pbegrich.gs[at]miteinander-ev.de

Prävention von Islamismus und Salafismus: http://www.multikulti-dessau.de/ Multikulturelles Zentrum Dessau e.V. Parkstraße 7 06846 Dessau-Roßlau Tel: 0340 - 617330 [email protected]

5. Interkulturelle Erfahrungen und Bedürfnisse/Erwartungen in den Vereinen des Landesverbands Ju-Jitsu Sachsen-Anhalt e.V. 5.1 Auswertung der Checkliste Die zum Landesverband zusammengeschlossenen Vereine erhielten eine „Checkliste“ zur Vielfalt im Sportverein, anhand derer sie einen Einblick in ihr Vereinsleben geben konnten. Folgende Fragen wurden angesprochen: Zusammensetzung der Mitarbeitenden und des Vorstandes; Zusammensetzung der Kinder- und Jugendgruppen; Spiegelt der Sportverein die Vielfalt unserer Gesellschaft wieder? Wen erreicht der Verein nicht? Gibt es zielgruppenspezifische Angebote? Welche Feste werden im Verein gefeiert? Sieben Vereine aus dem Landesverband füllten die Checkliste aus. Die Auswertung der Checkliste ergab folgendes Bild von Vielfalt in den Vereinen: Frauen sind in den Vorständen der Vereine relativ gut vertreten, nur in einem der teilnehmenden Vereine ist der Vorstand rein männlich besetzt. Personen mit Migrationshintergrund sind wiederum nur in einem Vorstand vertreten. Für die Kinder- und Jugendgruppen geben bis auf zwei alle Vereine an, dass die Eltern der Jugendlichen neben Deutschland auch aus anderen Ländern kommen, so werden u.a. Russland, Polen, Afghanistan, Syrien, Irak, Vietnam, Frankreich, USA und Kuba als Herkunftsländer genannt. Drei der Vereine beschreiben Mehrsprachigkeit in diesem Rahmen als eine Voraussetzung in der Gruppe. Drei Vereine geben an, dass auch Teilnehmende mit geistiger und körperlicher Behinderung an den Sportgruppen teilnehmen. Alle Vereine geben zusammenfassend an, dass ihr Verein nur teilweise bis gar nicht die Vielfalt der Gesellschaft wiederspiegelt. Bei der Frage wen der Verein nicht erreicht, werden folgende Personengruppen genannt: Migrant_innen, Erwachsene, Ältere, Menschen mit Behinderung, muslimische Mädchen. Bereits existierende zielgruppenspezifische Angebote geben 5 Vereine an, vorrangig für Senior_innen, Frauen und Kleinkinder. Die Feste die in den Vereinen gefeiert werden sind Weihnachtsfeier, Sommerfest und Vereinsjubiläen. 5.2 Bedarfsanalyse während des Workshops am 25.2. in Halle Bei der Sensibilisierungsveranstaltung im Februar in Halle wurde mit den teilnehmenden Vereinsvorsitzenden ausführlich besprochen, welche Erwartungen und Befürchtungen sie mit der Integrationslotsenausbildung verbinden. In Kleingruppen sammelten die Teilnehmenden ihre Gedanken zum Projekt und stellten sie der Großgruppe vor.

5.2.1 Erwartungen und Wünsche Die Teilnehmenden erhoffen sich durch die Integrationslotsenausbildung ein Gewinn an Wissen, welches sie bei der Integration von Geflüchteten im Verein anwenden können. Hier wird neben der interkulturellen Kompetenz bzw. dem Wunsch nach Feingefühl für „kulturelle Besonderheiten“, auch die interreligiöse Kompetenz erwähnt. Ebenso erwähnt wird das Bedürfnis, mit Mehrsprachigkeit und daraus resultierenden sprachlichen Hindernissen umzugehen. Vor allem wenn Organisatorisches im Verein besprochen wird, ist den Teilnehmenden eine gelungene Verständigung sehr wichtig. Auch der Wunsch nach Informationen zum rechtlichen Status Geflüchteter sowie zu den Möglichkeiten und Hindernissen z.B. eine Vereinsmitgliedschaft von Geflüchteten betreffend wird genannt. Generell legen viele Teilnehmende Wert auf Unterstützung bei organisatorischen Fragen, die durch die Mitgliedschaft von Geflüchteten im Verein neu aufgeworfen werden könnten. Die Teilnehmenden wollen erlernen, wie sie sportliche und soziale Werte in einer diversen Teilnehmendengruppe vermitteln können. Die Teilnehmenden erwarten, im Umgang mit Diskriminierung und Extremismus im Verein geschult zu werden und anwendbare Lösungsstrategien entwickeln zu können. Für einige Teilnehmende sind außerdem Geschlechterrollen ein relevantes Thema für die Ausbildung. Dies betrifft zum einen die Rolle von Trainerinnen und ihr Verhalten, wenn sie als Frau bzw. weiblicher Trainer nicht akzeptiert werden. Gleichzeitig bezieht es sich auf Frauen und Mädchen als Zielgruppe, die traditionell eine Minderheit in Kampfsport-Vereinen bilden. Geflüchtete Frauen und Mädchen sollen bewusst als Zielgruppe angesprochen werden. Die Teilnehmenden erwarten, dass Ihnen durch die Ausbildung auch die Grenzen ihres Engagements deutlich gemacht werden und die begrenzten Möglichkeiten, die der Sportverein als Integrationsbeauftragter ihrer Meinung nach haben kann.

5.2.2 Offene Fragen Die Praxistauglichkeit des Projekts ist Einigen unklar. Was genau kann man als Integrationslotse im Verein aktiv tun? Welche Aufgaben stehen hinter der Rolle, wie erfolgt die Umsetzung des Erlernten in die Praxis? Welche Inhalte werden bei der Integrationslotsenausbildung vermittelt?

5.2.3 Befürchtungen und Kritik Eine große Befürchtung der Teilnehmenden ist, dass durch den Fokus auf die Integration von Geflüchteten andere bedürftige Zielgruppen unbewusst benachteiligt werden oder sich ausgeschlossen fühlen könnten. Der Aufwand und die Kosten, die mit der Integrationslotsenbildung einhergehen ist noch nicht

einschätzbar. Ein Fokus auf Geflüchtete könnte dadurch zu Konflikten innerhalb des Vereins führen, aber auch zu Anfeindungen von außen. Einige befürchten, dass Vereine mit Vorurteilen und Kritik von außen umgehen werden müssen, wen sie an dem Projekt teilnehmen. Außerdem werden Konflikte mit Eltern befürchtet, die eventuell das Engagement ihrer Kinder (vor allem von Mädchen) nicht befürworten, da im Kampfsport-Verein andere Werte als zuhause vermittelt werden könnten. Einige Teilnehmende äußern ihre Befürchtung, dass die Integrationslotsenausbildung zu wissenschaftlich und theoretisch bleibt und somit die Implementierung im Training und Vereinsalltag schwierig wird.