Hypermediale Lern- und Informationssysteme im Sport

Hypermediale Lern- und Informationssysteme im Sport Rudolf Müllner, Arnold Baca Die technologische Entwicklung im Bereich Multimedia/Hypermedia biete...
Author: Silke Eberhardt
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Hypermediale Lern- und Informationssysteme im Sport Rudolf Müllner, Arnold Baca

Die technologische Entwicklung im Bereich Multimedia/Hypermedia bietet neue Chancen für die schulische und universitäre Lehre. Anwendungsfelder sind einerseits die sportwissenschaftliche Theorievermittlung, andererseits aber auch die Technik- und Taktikschulung.

Multimedia: Es gibt viele Definitionen. Diese beinhalten meist als Grundessenz, dass • mehr als ein Medium zur Darstellung genutzt wird und • Interaktivitätsmöglichkeiten gegeben sind

Durch die Möglichkeit der Einbindung von Computeranimationen und Videosequenzen (etwa zum Überprüfen der Fähigkeit im Diagnostizieren von Fehlern bei Bewegungsausführungen, zum Lernen von Bewegungen durch Vorstellungstraining oder zur Präzisierung der kognitiven Bewegungspräsentation) aber auch die der Integration von Simulationen (etwa zur Veranschaulichung des Einflusses verschiedener Parameter auf die resultierenden Bewegungen – z.B. der Wirkung der Ballrotation auf die Flugbahn im Tennis) werden völlig neue Varianten für die Gestaltung von (interaktiven) Lernmedien eröffnet.

Hypertext: Darunter versteht man im Wesentlichen nichtlinearen Text, wobei die Textfragmente durch Verweise verbunden sind und damit der Leser über die Abarbeitung entscheidet. Hypermedia: Integriert Multimedia und Hypertext zu einem neuen Ganzen. Animation: Bildserie, die bei hinreichend schneller Wiedergabe den Eindruck von kontinuierlicher Bewegung hervorruft. Plugin: Programm, welches das Funktionsspektrum eines anderen Programms erweitert. Plugins werden in Browsern zur Darstellung von speziellen Grafik- und Multimediaformaten verwendet.

Dennoch kommen „neue“ Medien in der sportwissenschaftlichen Ausbildung derzeit noch eher selten zur Anwendung. Lernsysteme können zwar zum Teil aus verwandten Wissenschaftsdisziplinen (z.B. Anatomie) übernommen werden, fachspezifische Entwicklungen bilden aber noch eher die Ausnahme. Erst in jüngster Zeit können hier vermehrt internationale Aktivitäten beobachtet werden, nicht zuletzt aufgrund von Förderungen durch die öffentliche Hand. So finanzierte etwa das Kompetenznetzwerk Universitätsverbund MultiMedia des Wissenschaftsministeriums von Nordrhein-Westfalen das Projekt „Multimedia in der sportwissenschaftlichen Lehre“ (http://www.uvm-nw.de/Projekte/ProjekteFS [11. 9. 2001]), das von Vertretern dreier deutscher Institute bzw. Fachbereiche für Sportwissenschaft durchgeführt wurde. Es wurden zum Teil interaktive Lernprogramme entwickelt für biomechanische Gesetzmäßigkeiten von Bewegung und Belastung, Biomechanik der Sportarten, koordinative Fähigkeiten in der Bewegungslehre, Statistik, Fitnessgymnastik im Internet, Training der Unterarm-Muskulatur, Rückenschule, Hilfestellung im Turnen sowie Choreographie in Gymnastik und Tanz. Jedes Teilprojekt war als Pilotstudie innerhalb eines größeren Bereichs konzipiert. Ein dezentrales Arbeiten durch Emission von CD-ROM und Einstellen in das Internet wurde angestrebt. Eine Demoversion findet sich unter dem oben angegebenen URL.

Im Rahmen des Programms „Neue Medien in der universitären Lehre“ fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (Deutschland) auch ein Projekt der Sporthochschule Köln. Die „Entwicklung neuer Medien in der sportmedizinischen Lehre“ wird bis zum 31.12.2003 mit insgesamt 5.1 Millionen DM gefördert, von denen die Sporthochschule 3.1 Millionen DM erhält. Als Partner beteiligt sind alle sportmedizinischen Lehrstühle der deutschen Universitäten. Alle wesentlichen sportmedizinischen Lehrinhalte sollen medientechnisch und mediendidaktisch aufbereitet werden - als Texte, Bilder, Videos, 3D-Visualisierungen sowie Computer-Simulationen und -Animationen. Ein anschauliches Beispiel stellt das Projekt MIAS (multimediales Informations- und Ausbildungssystem), http://www.uni-dortmund.de/MIAS, dar, das am Institut für Sport und seine Didaktik an der Universität Dortmund entwickelt wurde. Die Projektmitarbeiter haben sich dabei zum Ziel gesetzt, ein Internet-basiertes System zu schaffen, welches studienbegleitend und ergänzend wirken soll, indem es u. a. die Möglichkeit mitbringt, Online-Lernprogramme zu ausgewählten Themengebieten für zum Wissenserwerb, zur Vorbereitung und/oder Begleitung zu Lehrveranstaltungen zu nutzen. Die Abbildung zeigt als Beispiel einen Ausschnitt aus dem interaktiven Baustein „Phasenstruktur von Bewegungen“ (http://www.uni-dortmund.de/MIAS/EBL_Phasenstruktur_Beispiel_TT.htm).

Zum Betrachten und Ausprobieren dieser Seite wird das Plugin „Macromedia-Shockwave“ benötigt. Ein Link zur Installation findet sich auf den MIAS-Testseiten (http://www.unidortmund.de/MIAS/Testseiten_Verzeichnis.htm). Die nächste Abbildung zeigt das Modul „Puzzle“. Dabei müssen die Einzelbilder eines Bewegungsablaufs nach dem Mischen in die richtige zeitliche Reihenfolge gebracht werden. Es erfolgen Rückmeldungen über die Anzahl der Versuche etc.

Hypertext/Hypermedia-Technologien bieten im Prinzip auch für elektronische Journale (EJournals) wesentliche Erweiterungsmöglichkeiten. Analysiert man allerdings das aktuelle Angebot von E-Journals im Bereich Sport und Sportwissenschaft, so zeigt sich, dass man hier über erste bescheidene Anfänge noch nicht wirklich hinaus gekommen ist. Ein europäisches Modellprojekt stellt in diesem Zusammenhang das Projekt ITES1, das am Sportwissenschaftlichen Institut der Universität des Saarlandes ( http://www.unisaarland.de/ites ) umgesetzt wird, dar. Ziel des Modells ist „die Entwicklung, Realisierung und Evaluation eines europäischen Modellkonzepts zur Implikation multimedialer sowie interaktiver Kommunikations- und Informationstechnologien in traditionelle universitäre Anwendungs- und Tätigkeitsfelder wie Seminare, Vorlesungen, Kongresse, Symposien, Veröffentlichungen und Publikationen.“ (IGEL/DAUGS in: BACA, 56) Das Projekt besteht im wesentlichen aus drei Modulen: 1. Internet-based-Teaching, 2. Internet-basedCongressing, 3. Internet-based-Publishing. Das uns hier vorrangig interessierende Projekt des Internet-based-Publishing produziert die erste sportwissenschaftliche elektronische Zeitschrift im deutschen Sprachraum „Motor Control and Learning in Sport Science“. ( http://www.unisaarland.de/fak5/swi/dvs/e-journal.htm) Ein weiteres Projekt ist das sogenannte digitale Archiv der Zeitschrift „dvs-Informationen“, welches auf der Website des Fachbereiches Sportwissenschaft der Universität Hamburg zur Verfügung gestellt wird. (http://www.uni-hamburg.de/sport ) Hier wird die Vierteljahresschrift der dvs-informationen im pdf-Format2 seit dem Jahrgang 1995 zugänglich gemacht.

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ITES = Information Technologies in European Sport and Sport Science Portable Document Format

In beiden Projekten erhält man zwar online und gratis sportwissenschaftlich relevante Volltexte auf den eigenen Bildschirm, von hypertextuellen oder gar hypermedialen Applikationen sind aber beide Projekte noch weit entfernt. Wenn man die aktuelle „Szene“ der E-Journals im Bereich der Sportwissenschaft auf ihre Brauchbarkeit für Wissenschaft und Praxis hin analysiert, so fällt zunächst auf, dass es relativ schwierig ist einen Überblick über das Angebot an Volltexten im Netz zu bekommen. Es gibt zur Zeit keine vollständige Sammlung oder Datenbank der vorhandenen elektronischen Publikationen im Bereich Sport und Sportwissenschaft. Den derzeit besten Überblick und Zugriff bietet die „Elektronische Zeitschriftenbibliothek“, die von der Universitätsbibliothek Regensburg in Kooperation mit der TU-München erstellt wurde. Diese „Elektronische Zeitschriftenbibliothek“ wird zur Zeit von 160 weiteren Bibliotheken, so auch von der Universitätsbibliothek Wien, verwendet. Damit hat man unter http://ub.univie.ac.at/datenbanken/ezb.html Zugriff auf 72 sportwissenschaftlich relevante EJournals. Viele dieser elektronischen Publikationen sind gratis verfügbar. Bei einigen kann man zumindest die Abstracts gratis einsehen. Betrachtet man die Liste der gesammelten EJournal-Titel aller Wissensgebiete, so sieht man, dass die Sportwissenschaft mit 72 Nennungen weit hinter z.B. der Medizin (2703 E-Journals), der Biologie (1285) oder der Physik mit 688 Titeln (Stand 24. 09. 01) zurückliegt. Ein kleine Auswahl, der aktuell verfügbaren Titel: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

American Journal of Dance Therapy Archives of orthopaedic and Trauma Surgery Arthroscopy Athletic insight

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Body & Society British Journal of Sports Medicine (1995) British Journal of Sports Medicine (1998-)

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Canadian Journal for Women in Coaching Online / Journal Coaching Science Abstracts Cyber-Journal of Sport Marketing, The

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Knee Surgery, Sports Traumatology, Arthroscopy Leisure Studies Leisure, Recreation & Tourism Abstracts Managing Leisure Measurement in Physical Education and Exercise Science Medicine & science in sports & exercise Motor control and learning in Sport Science Muscle and Nerve Österreichisches Journal für Sportmedizin Orthopäde, Der Orthopedics Today Outdoor explorer

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Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin dvs-Informationen

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European Journal of Orthopaedic Surgery and Traumatology European Journal of Sport Science European Physical Education Review

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Physical Therapy in Sport Physician and Sportsmedicine Online Progress in prevention Psychology of Sport and Exercise

International Footballer, The International Journal of Sports Medicine International Orthopaedics International Review for the

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Research in Dance Education

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Sosol : Sociology of Sport online Sport Psychologist, The

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Sociology of Sport International SportMed Journal Isokinetics and Exercise Science Journal of Applied Physiology Journal of Sport and Social Issues Journal of sports economics Journal of Sports Sciences Journal of the American Medical Association : JAMA

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Sport, education and society Sports Engineering Sports Medicine Sportscience Sportverletzung - Sportschaden

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Tanzwissenschaft

Eine weitere, durchaus brauchbare Sammlung von E-Journals, elektronischen Volltexten und Periodika sowie E-Newslettern von sport(wissenschafts)spezifischen Organisationen bietet die Bibliothek der Universität Calgary unter der Adresse http://www.ucalgary.ca/library/ssportsite/serials.html . Wer nach kommerziellen elektronischen Sportzeitschriften sucht, sei auf die spezifischen Angebote der großen Suchmaschinen wie etwa von Yahoo verwiesen. Insgesamt kann man festhalten, dass bereits erste hypertextuelle Ansätze im Bereich der sportwissenschaftlichen Publikationslandschaft existieren. Bis aber das realisiert ist, was Elpel3 als „digitale Bewegungsbibliothek“ erträumt, wird es noch einige Zeit dauern. Weitere Links http://www.dshs-koeln.de/train/FVIS/FVIS_home.htm http://www.uni-saarland.de/fak5/swi-eu/deu/portal.htm http://www.uni-oldenburg.de/sport/bww/ Literatur: Daugs, Reinhard; Igel, Christoph: „Information Technologies in European Sport and Sport Science“ – das Europäische Modellprojekt ITES, in: dvs-informationen 16, 2001, 19 – 26. Daugs, Reinhard; Igel, Christoph: Electronic Journals – neuere Formen des elektronischen Publizierens in Sport und Sportwissenschaft, in: Baca, Arnold (Hg.): Computer Science in Sport. Informatik im Sport II, Wien 2000, 55 – 62. Elpel, Klaus-Peter: Sportwissenschaft und vernetzte digitale Fachinformation. Konzeptioneller Ansatz und prototypische Realisierung eines verteilten fachspezifischen Dokumentenpools via World Wide Web, in: Baca, Arnold (Hg.): Computer Science in Sport. Informatik im Sport II, Wien 2000, 48 – 54.

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Die digitale Bewegungsbibliothek kann laut Elpel „z.B. Video-Material zur Bewegungsoptimierung, biomechanische und sportmedizinische Bewegungsabläufe/Animationen, sportkulturelle Ereignisse in videoähnlicher Form und anderes mehr enthalten. Zudem wäre diese ‚Bibliothek’ etwa mit Metadaten zu erschließen. So kommen beispielsweise biomechanische und sportmedizinische Simulationen/Animationen, sporthistorische Bild-/Filmdokumente, aber etwa auch zur Analyse bereit gestellte, visualisierte ChoreographieKonzeptionen beim klassischen Tanz oder etwa beim Bodenturnen für dieses Anwendungsfeld in Betracht.“ (ELPEL 2000, 49)