Differenzielle Lern- und Bildungssettings

1 Differenzielle Lern- und Bildungssettings Vorlesung (mit Tutorium) im WS 2008/09 Prof. Dr. Renate Girmes (Prof. Dr. Johannes Fromme) 18.12.2008 Ak...
Author: Edwina Maus
0 downloads 2 Views 8MB Size
1

Differenzielle Lern- und Bildungssettings Vorlesung (mit Tutorium) im WS 2008/09 Prof. Dr. Renate Girmes (Prof. Dr. Johannes Fromme) 18.12.2008

Aktivierungen und Impulse in pädagogischen Settings Das „Wer/Wie“ - Anregungen/ Arbeitsimpulse in einem Setting

3

Diese Woche sind wir.... Gehalte: Medien/Akteure/ Rollen/ Aktanten

Impulse und Aktivierungen „Kulturelle“ Atmosphäre

Inszenierung/ Aktionen/ Aktivitäten im Setting

Gestalt: Raum/ R-Ausstattung/ R-Atmosphäre

Strukturen/Arbeitsweisen/ Formate/ Verfaßtheit „Kulturelles System“

4

Gliederung 1. Die vier Dimensionen von Settings - Kurze Wiederholung 2. Aktivierung und Impulse - Konzepte zu Kommunikation - Schulz von Thun - Sammy Molcho 3. Körpersprache und Kommunikation 4. Auf dem Weg zu professioneller körpersprachlicher Kommunikation

5

Setzungen als Wissens-/ ProfessionsState of the Art systeme mit Kompetenzen = Aktivierungen/Impulse = Gehalte/Akteure/ Medien/ „Aktanden“ Inszenierungen/ Aktionen Bedingungen als reale Voraussetzungen = Gestalt: Raum/ R-Ausstattung/ R-Atmosphäre

Das päd. Programm mit den päd. Aufgaben = Strukturierung/ Formate/ Kulturelles System

Das Gesamtgefüge prägt das Setting

6

Kurze Erinnerung an die vier Dimensionen eines Settings

• Der Gehalt eines Settings kann unterstützen Welterschließung Konstruktion Konzeption KompetenzB

Lernlustförderung Aufnahme Erprobung Umsetzung

Thematisieren Navigationsunterstützung

Personwerdung

Forschung Theoriebildung Innovation

Klärung Aktion Reflexion

7

Kurze Erinnerung an die vier Dimensionen eines Settings

• Der Gestalt eines Settings setz sich zusammen aus: R-Ausstattung

Sozialraum/ Raum der Gefühle „tragend“

„anregendes“ Richtungsangebot

Rahmen setzen Atmosphäre/ Gestimmtheit

R-Struktur/ Architektur

„freundlich“ zweckmäßig

„freilassend“

8

Kurze Erinnerung an die vier Dimensionen eines Settings

• Das von

Format eines Settings wird bestimmt

Design der Mitarbeiterwissensentwicklung Kompetenzaufbau

KulturDesign Art der Steuerung

Halt geben Netzwerkdesign - Kontexte/ - Konkurrenten - Partner

Organisationsdesign Design der Arbeitsprozesse

9

Die vierte Dimension eines Settings: Aktivierung/ Impulse

• Settings „kommunizieren“ mit ihren Nutzern - als Ganzes und durch die darin professionell agierenden Akteure - Kommunizieren vollzieht sich in Botschaften siehe Schulz von Thun Sachbotschaft

Ichbotschaft Kommunizieren (ggf. durch Methodisieren

Beziehungsbotschaft

10

kommunikativer Impuls

Die Textbasis für diese Sitzung zu „Aktivierung/ Impuls/ Steuerung“ und zu Aktionen war diese:

Basales zu menschlicher Kommunikation • Paul Watzlawick und Schulz von Thun Zur Methodisierung: • Herbart: die basale Artikulation jeden Lernprozesses - 1 Seite • Henningsen: Klassiker der Aktivierung: Pestalozzi + Herbart sowie Elementenlehre der Methodik - witzig und klug • Film und Text zur Bodenseeschule

11

Gliederung 1. Die vier Dimensionen von Settings - Kurze Wiederholung 2. Aktivierung und Impulse - Konzepte zu Kommunikation - Schulz von Thun - Sammy Molcho 3. Körpersprache und Kommunikation 4. Auf dem Weg zu professioneller körpersprachlicher Kommunikation

12

Die vier Botschaften, die man immer sendet, verbinden sich mit Haltungen

13

Professionelle Haltungen hinter den kommunikativen Botschaften

• Ichbotschaft: Man ist sich seiner Rolle bewusst und d.h. auch distanziert gegenüber seinen privaten Bedürfnissen und Vorlieben • Beziehungsbotschaft: Die pädagogische Begegnung mit den Adressierten soll diesen in ihrer Entwicklung/ Lebensweise als Person unterstützten und nicht beeinträchtigen • Sachbotschaft: Pädagogische Angebote/ Anregungen sollen die Adressierten mit ihren Potentialen voranbringen, ermächtigen, „reicher“ machen • kommunikative Appelle: Pädagogische Angebote/ Anregungen sollen den Adressierten Räume dafür eröffnen, sich erproben und etwas riskieren zu können ohne sich vorsehen oder Angst haben zu müssen

14

Haltungen haben eine körpersprachliche Seite - Sich als Person zeigen wollen und können „überlegt“ mit Samy Molcho „Der Körper ist der Handschuh der Seele: Mit wacher Sensibilität und Fingerspitzengefühl zu erfassen“

15

Grundsätzliches: Was man meint und wie man wirkt stimmen nicht immer überein Mit seinem „natürlichen“ Repertoire kommuniziert der Körper verschiedene Botschaften und Haltungen, um Gefahr von sich abzuwehren - oft ohne das zu wissen. Das natürliche Repertoire besteht wesentlich aus.. • ...angreifen • ...fliehen • ...verstecken • ...Hilfe suchen • ...unterordnen • ......

16

Professionell zu sein, bedeutet - in meinen Augen - solche unbewußte „Gefahrenabwehr“ an sich zu kennen, sie in der „Rahmung“ des pädagogischen Aktionsraums möglichst unnötig gemacht zu haben....

...und deshalb seine kommunizierte Haltung als – Körpersprache, – Mimik – Gestik – Tonfall auf die Gestaltung der kommunikativen Botschaften hin auszudifferenzieren

17

Was kann der Körper außer „Gefahrenabwehr“? Er kann z.B. zeigen... • ... Staunen • • • • •

... Zuwendung ... Interesse, Engagement ... Neugier ... Vertrauen und Mut ... Offenheit

aber auch... • Eitelkeit • Sorgen/ Druck • Unbehagen • Unsicherheit • ...

18

Gliederung 1. Die vier Dimensionen von Settings - Kurze Wiederholung 2. Aktivierung und Impulse - Konzepte zu Kommunikation - Schulz von Thun - Sammy Molcho 3. Körpersprache und Kommunikation 4. Auf dem Weg zu professioneller körpersprachlicher Kommunikation

19

Körpersprachliche Qualitäten der kommunikativen Botschaften • • • •

Ichbotschaft - Mut Beziehungsbotschaft - Herrschaftsverzicht Sachbotschaft - Konstruiertheit Kommunikativer Apell - Redefreiheit, Gewaltfreiheit...

20

Qualitäten von Ichbotschaften • zurückgenommen und reflektiert aber präsent • mit Selbstdistanz (nicht naiv) • offen • mit Mut (gelöst, unängstlich) • ....

21

Warum Mut? • Wegen der unbegrenzten Folgen und der Nicht-Rückholbarkeit des Handelns und Sprechens... • braucht man Mut, um zu vermeiden, sich körpersprachlich - zu verstecken/ sich zu entziehen

22

Ichbotschaften zur Person • „weiblich“, unsicher • fest – mit Standpunkt • Belastung – Sorge Druck – eher inaktiv • Kopfmensch – eher planend als aktiv

23

Ichbotschaften zur Lebensweise • eingezogene Brust eher wenig Vitalität • nach vorne gedrehte Handrücken – eher nicht bereit, Gefühle/Absichten zu verraten -verschlossen • eher offensiv, risikobereit • eher selbstdarstellerisch

24

Ichbotschaften in Situationen • Mich bringst Du hier nicht weg! • Verspannt und unbeweglich • Unbehaglich möchte am liebsten gehen

25

Ichbotschaften zur Gefühlslage • Die Hand reibt den Nacken: eine unbehagliche Situation • Die Finger stimulieren den Augenpunkt am Ohr: Ich möchte die Situation besser überblicken • Der Finger zerrt zwischen Hals und Kragen: Ich fühle mich beengt

26

Ichbotschaften der Stärke/Sicherheit

• Die Hände reiben aneinander: Ich bin zufrieden und fühle mich wohl. • Die gereckten Dominanzdaumen demonstrieren Selbstzufriedenheit.

27

Qualitäten der Beziehungsbotschaften • klar nicht diffus • verlässlich • sachbezogen • • • •

wertschätzend achtend respektvoll auf Herrschaft verzichtend

28

Warum auf Herrschaft verzichtend ? • Die Unterwerfung eines anderen unter den eigenen Willen setzt in diesem „Stacheln“, die der unterworfene in „Umkehrungssituationen“ an andere loszuwerden versucht • deswegen: Verzicht auf „Befehle“ - Elias Canetti: Masse und Macht • Mit anderen Worten: Man lernt herrschen indem man gehorcht und schon kleine Kinder behandeln ihre Puppen gerade so wie man sie behandelt (Joh. Friedrich Herbart)

29

Beziehungsbotschaften: Arten der Zuwendung • Die zurückgehaltenen Hände zeigen: Handeln werde Ich erst, wenn du mir entsprechende Impulse gibst. • Eine freundliche und offene Begrüßung, doch die Gefühlshand bleibt unbeteiligt. • Entgegenkommen und einladende Handbewegung empfangen den Gast als Freund.

30

Beziehungsbotschaften •

Diese freundliche Anerkennung ist höchst doppeldeutig. Im dominanten Schulterklopfen von oben steckt gleichzeitig die Zurechtweisung: Bleib unten auf dem Platz, wo du stehst.



Dies ist eine freundschaftliche Anerkennung, in der eine Umarmung angedeutet ist. Diese Handbewegung kann freilich auch manipulieren, indem sie den Gast zu seinem Platz drängt.

31

Beziehungsbotschaften • Druck erzeugt Gegendruck: Auf den dominant gereckten Zeigefinger Antwortet die Gegenbewegung des Handrückens. • Auch so eine kleine Bewegung mit dem Zeigefinger, dem “Besserwisser”, kann dominant sein und das Gegenüber bremsen.

32

Qualitäten von Sachbotschaften (den sprachlichen Ausdruck eingeschlossen)

• • • • •

verständlich relevant z.B. kommuniziert über Prägnanz aufschließend - z.B. gegliedert, strukturiert interessant transparent in der Konstruktion der „Welt“ konstruktionsbewusst • dekonstruierend • transparent in Bezug auf die Genese einer Darstellung/ eines Sachverhalts

33

Warum konstruktionsbewusst ? Weil alle Repräsentationen von Welt in Sachbotschaften Ergebnis einer Konstruktion sind, ... ....braucht es die Bereitschaft - mitgeteilt als Haltung eine Transparenz der Konstruktionen durch Rekonstruktion, Dekonstruktion herbeizuführen, um eine “Aufforderung zur Selbsttätigkeit” an die pädagogisch Adressierten zur Gestaltung und Mitgestaltung von Welt glaubwürdig übermitteln zu können. • Das entspricht dem Verzicht auf „Trivialisierung“ (Heinz von Foerster) von Menschen

34

Sachbotschaften Sprechen erläuternd • Man muss die Dinge voneinander trennen: Die eine Hand zeigt die Grenze, die andere schiebt etwas weg. • Das ganze ist eine runde, geschlossene Angelegenheit!

35

Sachbotschaften • Versuch, die ganze Sache in den Griff zu bekommen. • Um das ganz exakt zu beschreiben, bewegen sich Daumen und Zeigefinger in waagrechte Position

36

Sachbotschaften - kommentierend • Weiß nicht, wie man die Sache in den Griff bekommt • Der Blick ist konzentriert, und die Hand hält eine Äußerung zurück, bis die Information verarbeitet ist.

37

Sachbotschaften • Der abwehrende Blick: Die Sache missfällt mir, und ich möchte sie nicht sehen • Die Finger rücken die Brille zurecht: Ich möchte die Sache besser durchschauen.

38

Qualitäten von Kommunikativen Appellen • • • • • • •

aktivierend fordernd fördernd ermutigend vertrauensvoll nicht paradox zugewandt mit Aufforderung – – – – –

zu Offenheit, Redefreiheit, Gewaltfreiheit, Öffentlichkeit, Wahrhaftigkeit

39

Warum zugewandt mit Zusicherung und Aufforderung zu Offenheit, Redefreiheit, Gewaltfreiheit, Öffentlichkeit, Wahrhaftigkeit ? Weil nur das Sichern von ... Gewaltfreiheit, Redefreiheit, Öffentlichkeit freiem Zugang ... als den Merkmalen eines garantierten Rahmens uns das freie menschliche Handeln und Sprechen ermöglicht. Denn dieser Rahmen begrenzt die Gefährdungen des menschlichen Zusammenseins, die dadurch entstehen, dass alle Menschen die Fähigkeit besitzen, jederzeit etwas Unerwartetes zu tun.

40

Kommunikative Appelle • Die Fesselung der Hände verhindert ihre Öffnung und bringt die Daumen in dominante Stellung. • Die Finger weisen in den Handteller: Ich erwarte, etwas zu bekommen.

41

Kommunikative Appelle • Die “Pistole” ist als Geste der Verteidigung wie als Warnung zu verstehen. • Eine höfliche Ablehnung: Die offene Hand und der frei dargebotene Halsflügel sind Vertrauenssignale.

42

Kommunikative Appelle • Das “Stachelschwein” zeigt die abwehrenden Fingerspitzen • Die Fingerkuppen suchen die Berührungspunkte.

43

Kommunikative Appelle

• Selektion: Allgemeine Informationen werden blockiert, verwertbare gezielt wahrgenommen.

44

Kommunikative Appelle • Ein warnender Blick, eine kommandierende Handbewegung: Du hast gefälligst zu parieren. • Ein suggestiver Blick, eine beschwichtigende Handbewegung: Das musst du doch einsehen.

45

Gliederung 1. Die vier Dimensionen von Settings - Kurze Wiederholung 2. Aktivierung und Impulse - Konzepte zu Kommunikation - Schulz von Thun - Sammy Molcho 3. Körpersprache und Kommunikation 4. Auf dem Weg zu professioneller körpersprachlicher Kommunikation

46

4.

Was heißt es also, professionell zu kommunizieren?

Was braucht man, was ist zu tun? • Man braucht Wissen über die eigene interaktive und kommunikative Wirkung - Ausbau seiner Wirkungsmöglichkeiten • Es geht um Klärung und Erprobung der wünschenswerten Wirkungen - Minderung/ Wahrnehmung der weniger wünschenswerten Wirkungen • Es geht um Weiterentwicklung bzw. Aufbau eines eigenen kommunikativen „Stils“ • Es ist gut, seine Wirkungen - die wünschenswerten und auch die anderen - immer wieder kritisch zu erkunden - sich zu evaluieren

47

Zum Schluß • Das Sich-selbst-Kennen hilft, seine Wirkungen auf andere einzuschätzen. • Es hilft also zu vermeiden, dass man als Person in der Begegnung mit anderen „sich selbst erfüllenden Prophezeihungen“ (Paul Watzlawick) veranlasst. • Denn nicht immer, aber auch nicht selten stimmt für Pädagog/innen als Personen:

Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.

48

Wir sind fertig mit der Settinganalyse • • • •

Gestalt - Rahmen setzen Gehalt - Angebote machen/ Thematisieren Format - Halt geben Aktivierung - Kommunizieren/ Methodisieren

• Inszenieren/ Interagieren

49

Kommende Woche • Wir gehen in die Welt der Professionalisierung • Wie stellen Sie sich momentan Ihre Berufs- und Persönlichkeitsentwicklung vor? - Aufgabe in der Agenda

Danke für Beteiligung, Interesse und Aufmerksamkeit Nochmal: Alles Gute für das Jahr 2009 ! von Johannes Fromme Renate Girmes Beatrix Niemeyer