Mehr Geld mehr Gold (Raffael)?

ANNETTE KEHNEL (Mannheim) „Mehr Geld – mehr Gold“ (Raffael)? Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld von der Renaissance bis heute mit Beiträgen v...
Author: Lucas Keller
2 downloads 7 Views 228KB Size
ANNETTE KEHNEL (Mannheim)

„Mehr Geld – mehr Gold“ (Raffael)? Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld von der Renaissance bis heute mit Beiträgen von Thomas Mann, Heinrich Mann, Ernst Zahn, Leo Frobenius, Lesser Ury, Alfred Döblin, Anja Schindler, Silja von Kriegstein, Iris Stephan, Ulrike Draesner.

I. Dass Kunst und Reichtum zusammengehören zählt zu den Grundüberzeugungen der Renaissance (Thoenes 2005, 69). Dennoch irritiert Raffaels Devise, nach der die Qualität seiner Werke (Gold) von der Bezahlung (Geld) abhänge. Ob das Zitat „Mehr Geld – mehr Gold“ im Sinne des Historikers methodisch abgesichert nachzuweisen, also in den zeitgenössischen Quellen überliefert ist, diese Frage war die ursprüngliche Motivation für die folgenden Überlegungen. Daraus entwickelte sich die weiterführende Frage nach dem Verhältnis des Künstlers zum Geld. Kann sich die Fähigkeit zum wirtschaftlichen Denken und Handeln mit der Fähigkeit zum künstlerischen Schaffen decken und verstehen? Wenn ja, unter welchen Bedingungen (zu Zeiten Raffaels gibt es zum Investment in die Kultur keine Alternative für den Unternehmer, der seinen Erfolg zeigen möchte), in welchen personellen Konstruktionen (z.B. arbeitsteilig, jeder erfolgreiche Unternehmer oder Manager stattet sich mit einen ‚personal artist’ aus) und zu welchem Preis (lässt sich der wahre Künstler wirklich zur Auftragsarbeit verpflichten?)? Wenn nein, dann müsste man fragen, unter welchen Bedingungen ein fruchtbares Miteinander möglich werden kann. Gute Kunst und gut vermarktbare Kunst sind keine Gegensätze. Aber müssen wir deshalb von einem guten Künstler auch die Fähigkeit zur Vermarktung seines eigenen Werkes erwarten? Kann man im Falle der Kunst auf die Selbstregulierungskräfte des Marktes setzen? Lässt man dem Markt freien Lauf, dann behauptet sich nicht die beste Kunst, sondern die beste Marktstrategie. Dennoch lebt die Kunst ganz maßgeblich davon, dass sie wahrgenommen wird, dass sie ‚vermarktet’ wird, dass die Menschen darüber reden, sich unterhalten, sie anschauen, lesen, hören und kaufen. Wie also verhält sich der Künstler in diesem Zwiespalt, in seiner Rolle als mehr oder weniger unfreiwilliger Marktteilnehmer? Was bedeutet

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

2

Geld für einen Berufsstand, der keine materiellen sondern ideelle Werte schafft. Was der Künstler anbietet ist zunächst weder Dienstleistung noch Produkt. Er verkauft nicht sein Know-how, nicht die Aussicht auf Gewinne und auch keine Rezepte gegen tödliche Krankheiten. Was er anbieten kann, sind Ideen und Ideale, Fragen und Provokationen, Utopien und Alternativen, Schönheit, Außeralltäglichkeit, Aufbegehren, Freiräume, Begeisterung und Leidenschaft. Vielleicht genauer noch, die Aussicht auf Begeisterung und Leidenschaft. Und immer auch ein bisschen Aussicht auf Unsterblichkeit. Agostino Chigi, einer der wichtigsten Auftraggeber Raffaels hat bis heute überlebt. Nicht in seiner Eigenschaft als der international erfolgreichste Banker seiner Zeit – was er zweifellos war. Den Nachruhm verdankt er vielmehr seiner Tätigkeit als großzügiger Förderer der bedeutendsten Renaissancekünstler Roms. Seine Kunstförderung wiederum bestand nicht in großzügigem Sponsoring, sondern darin jenen Künstlern, die er vorfand und gut fand, lukrative Aufträge zu verschaffen. Er gab Kunst in Auftrag. Er bot Künstlern Gestaltungsräume an: Mauern, Altäre, Wände, Decken, Geld. Er behandelte Künstler wie Geschäftspartner und bezahlte sie nach ihrer Leistung dafür, dass sie Schönheit produzierten in seinen Häusern, seinen Kirchen und seinen Gemächern – dafür dass sie seinen Glanz mehrten. Er bezahlte gut. Vor diesem Hintergrund wurde die folgende, epochenübergreifend angelegte „Künstlerbefragung“ zum Thema Geld durchgeführt. Was bedeutet Geld für einen Künstler? Welche Einstellung hat er zum Geld? Schon diese Frage setzt voraus, dass im Bereich der Kunst Sonderkonditionen gelten. Sie impliziert, dass der Künstler recht eigentlich einer ‚geldfreien’ Welt angehöre, oder zumindest, dass sich seine Einstellung zum Geld von der des regulären Marktteilnehmers unterscheide, dass ein Anspruch auf materielle Entlohnung nicht selbstverständlich sei. Des Künstlers Einstellung zum Geld? Negativ – positiv – indifferent? Die hier zusammengestellten Beispiele präsentieren Vielfalt. Immerhin scheinen sich alle wenigstens darüber einig, dass der Künstler natürlich essen muss, wenn er Kunst produzieren soll. Damit sind jedoch die Grenzen der gemeinsamen Überzeugungen schon ausgereizt. Kann der Künstler den Anspruch vertreten, mit seiner Kunst Gewinne zu erwirtschaften? Raffael im 16. Jahrhundert scheint diese Frage zu bejahen, ohne sie je gestellt zu haben. Heinrich Heines Stellungnahmen deuten hin auf ein chronisches Leiden des Künstlers an seiner Unterlegenheit, oder sagen wir an mangelnder Wertschätzung des Geistes in der Welt des Geldes (19. Jahrhundert). Aus dem frühen 20. Jahrhundert liegen erste Interviews vor. Künstler und Wissenschaftler wie Thomas Mann, Leo Frobenius, Alfred Döblin u.a. wurden 1921 nach ihrem Verhältnis zum

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

3

Geld befragt (siehe unten die Auszüge aus der Vossischen Zeitung von 1921): Die Antworten dieser Männer lauten anders, als Verfechter einer Sondermoral des Geistes erwarten dürften. Mit einer Serie von Künstlerinnen-Interviews aus dem frühen 21. Jahrhundert (April 2009) schließt dieser Beitrag. Soll, darf, muss sich die Kunst erfolgreich am Markt platzieren, wenn sie überleben möchte? Die Stellungnahmen aus der Gegenwart scheinen den vom Organisationstheoretiker Alfred Kieser in den Diskussionen zu diesem Thema geäußerten Verdacht zu bestätigen, dass im Bereich der Kunst auf die Selbstregulierungskräfte des Marktes kein Verlass ist.

II. Raffaello Santi „Mehr Geld – mehr Gold“ Um es gleich vorwegzunehmen, „Mehr Geld - mehr Gold!“ war nicht das Malprinzip Raffaels. Jedenfalls lässt sich die Formel nicht als Zitat in der Überlieferung verifizieren; nicht in Giorgio Vasaris Lebensbeschreibung, nicht in Raffaels Schriften, seinen Briefen oder Sonetten (Raffaello, ed. Camesasca 1994). Wir finden es nicht in jenen dreihundertsechzig zeitgenössischen und literarischen Dokumenten zum Leben Raffaels, die Vincenzo Golzio 1936 zusammenstellte und auch nicht in John Shearmans 2003 erschienenem zweibändigen Kompendium, das mehr als tausend frühneuzeitliche Quellen zu Raffael umfasst. Fest steht jedoch und dieses Wissen hat Giorgio Vasari kanonisiert -, dass Raffael bereits zu Lebzeiten von seinen Zeitgenossen mit höchster Anerkennung bedacht wurde. So liebreich war sein Wesen, so angenehm war er im Umgang mit seinen Mitmenschen, dass ihn jeder liebte. Ja, zum nachahmenswerten Exempel erhebt ihn Vasari aufgrund dieser Eigenschaften: Die Natur, so zu lesen im Vorwort zur Lebensbeschreibung Raffaels, die Natur habe den meisten Künstlern eine gewisse Tollheit und Wildheit mitgegeben, habe ihren Charakter beschwert mit Düsternis und Laster. In Raffael dagegen erstrahlten Anmut, Fleiß, Schönheit, Bescheidenheit und beste Umgangsformen obendrein. Deshalb dürfe man behaupten, dass diejenigen, die so außergewöhnliche Gaben ihr eigen nennen, wie man sie in Raffael von Urbino sah, nicht einfach nur Menschen sind, sondern – wenn es erlaubt ist, dies so zu sagen – sterbliche Götter. (Vasari, ed. Gründler 2004, 19).

Vasaris sterblicher Gott war zugleich erfolgreich und geschäftstüchtig in seiner Karriere als Künstler.1 1483 in Urbino geboren, geht Raffael bei 1

Ein Literaturüberblick zu den modernen Raffaelbiographien seit 1826 bietet Shearman 2003, S. 10-19. Von den modernen Raffaelbiographien sei hier lediglich ein kleine Auswahl angeführt: Chapeaurouge 1993; Ponente 1990; Santi 1993; Thoenes 2005. Sehr in-

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

4

Pietro Perugino in die Lehre. Er arbeitet als 20jähriger in Perugia im Auftrag von Atalanta Baglioni (Grablegung Christi), dekoriert Altäre, malt unzählige Madonnenbilder (mehr als 20 Museen weltweit besitzen heute Madonnenbilder von Raffael), bevor er nach Rom umzieht und als 25-jähriger im Jahre 1508 in den Dienst Papst Julius II. tritt und dort die Gestaltung der Stanza della Segnatura beginnt (Die Disputa, Der Parnass, Die Schule von Athen, Justitia). Ein Jahr später betraut man ihn mit dem lukrativen Hofamt des päpstlichen Brevenschreibers. Offensichtlich kann er schon in jungen Jahren sehr gut von seiner Kunst leben. Immer hat er mehrere Auftraggeber gleichzeitig. An vermögenden Auftraggebern fehlt es nicht: Für den päpstlichen Bankier Agostino Chigi malt er die Galatea (1511) und gestaltet dessen Villa Farnesina in Trastevere. Für Elena Duglioli dall’Olio in Bologna malt er die Verzückung der Heiligen Cäcilie, für Kardinal Bibbiena gestaltet er die stufetta und die longetta. Für Kardinal Guido de’Medici arbeitet er seit 1517 an der Verklärung. Er portraitiert Julius II., malt – vielleicht für dessen Grabmal - die Sixtinische Madonna, porträtiert später Papst Leo X. mit den Kardinälen Giulio de’Medici und Luigi de’Rossi; fertigt die Kartons für die in Flandern gewebten Wandteppiche in der Sixtinischen Kapelle und später auch Vorlagen für die Gestaltung der Sala di Costantino. Die Auftragslage ist so gut, dass Raffael einen festen und immer größer werdenden Stab von Mitarbeitern beschäftigt, die seine Entwürfe realisieren. Am 1. April 1514 ernennt Leo X. den Dreißigjährigen in der Nachfolge Bramantes zum leitenden Architekten von Sankt Peter. Als Raffael am Karfreitag, den 6. April 1520, seinem 37. Geburtstag, am Fieber stirbt, weint ganz Rom. Seinem eigenen Wunsch entsprechend wird er im Pantheon beigesetzt, eine Ehre, die weder Michelangelo noch Leonardo da Vinci zuteil werden sollte. „Mit gutem Grund“, so endet Vasari seine Biographie, hätte die Malerei, als dieser edle Künstler starb, gleich selbst mit sterben können, da sie, als er die Augen schloss, fast blind wurde. Nun bleibt uns, die nach ihm verblieben sind, nur, die gute, sogar vortreffliche Weise nachzuahmen, die er uns als Beispiel hinterlassen hat […] (Vasari, ed. Gründler, 84).

Ein kometenhafter Aufstieg, ein kurzes, aber fast ungehörig produktives Leben. Weniger pathetisch als Vasari umschreibt Christof Thoenes Raffaels Rolle als den

formativ sind auch die Kataloge zu den Londoner Raffaelausstellungen von Clayton 1999 und Chapman 2004 und jetzt ganz neu die Ausstellung „Raffaello e Urbino” in der Galleria Nazionale delle Marche (Palazzo Ducale, Urbino, 4.4.–12.7.2009). Die folgende Kurzbiographie hält sich an Vasari, ed. Gründler 2004, 198–203.

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

5

Klassiker der neuzeitlichen Kunst, der […] ein für alle Mal festgelegt hat, wie ein Mensch auszusehen habe. Schönheit und Normalität fallen für ihn in eins: Dies hat Raffaels Ruhm begründet und zugleich Widerstand provoziert. Denn das Normale, durch die Jahrhunderte repetiert, wird schließlich langweilig, ja lästig. Aber auch Klischees mussten einmal erfunden werden, und dies ist die Rolle, in der wir Raffael sehen sollten. (Thoenes 2005, 7).

Hier wie da gilt, dass das Werk Raffaels bis heute fasziniert und in seinen Bann zieht. Andererseits gilt auch, dass Raffael bekanntlich kein Einzelfall war. Künstlerische Größe lag im frühen 16. Jahrhundert in ganz Europa in der Luft. Im Jahre 1512/1513, als Raffael die Sixtinische Madonna malte, schuf Matthias Grünewald den Isenheimer Altar, Albrecht Dürer malte etwa zeitgleich „Das Bildnis seiner Mutter“ (1514), Michelangelo hatte 1512 die Arbeit an den Deckenfresken der Sixtinischen Kapelle beendet, aus dem Jahr 1513 datiert Lucas Cranachs Ölgemälde ‚Adam und Eva’ und Leonardo da Vinci beendet die Heilige Anna Selbdritt. Ein Klima der Fülle. Umso provozierender die Behauptung, dass im Falle Raffaels dieses Übermaß an Kreativität und Fülle aus dem Prinzip „Mehr Geld – mehr Gold“ erwachsen sei. Lässt sich diese Provokation historisch plausibilisieren? Man könnte indirekt argumentieren: Was aus den Quellen zum Leben Raffaels deutlich hervorgeht, ist ein gewisser Pragmatismus. Aus den gut und zahlreich überlieferten Rechnungen, Zahlungsanweisungen (mandati), Quittungen, aus seinem Testament und aus der Korrespondenz der Mäzene kann geschlossen werden, dass sich Raffael für seine Kunst ordentlich bezahlen ließ (Shearman 2003, 1523-36). Auch wenn ohne Zweifel manche Zahlungsanweisung erst im Nachhinein fingiert wurde, um durch Zuschreibung an Raffael ein Werk aufzuwerten – wie etwa im Falle einer Kopie der Madonna del Cardellino (Shearman 2003, 1467) – , so sprechen doch die Quellen eine eindeutige Sprache. Raffael war ein Künstler, der nicht nur von seiner Kunst leben konnte, sondern damit reich wurde. Die Auftragslage war hervorragend, eine gut organisierte Werkstatt unterstützte die Produktion und im Ergebnis kamen Gewinne zustande, die Raffael zu einem gewissen Vermögen verhalfen. Ein Genie mit Geschäftsinn! Der hochbetagte Michelangelo soll über ihn gesagt haben, dass nicht sein Genie, sondern sein Fleiß die Ursache seiner Erfolge gewesen sei (Rosenberger 1923, xxxiv). Und obendrein war er ein Organisationstalent. Bei Vasari wird gezielt der Eindruck erweckt, als habe Raffael es in ganz einmaliger Art und Weise verstanden, Menschen für sich einzunehmen und für sich arbeiten zu lassen, was man heute unter dem Stichwort Mitarbeitermotivation abhandeln würde:

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

6

Unsere Künstler nämlich […] legten wenn sie mit Raffael ans Werk gingen, einen solchen Zusammenhalt und eine solche Eintracht an den Tag, dass sich alle schlechten Launen in seiner Gegenwart abschwächten und dass sie jeden gemeinen und niederen Gedanken vergaßen. Eine solche Eintracht wie zu seiner Zeit gab es später nie wieder. Und dies geschah, weil sie durch seine Höflichkeit und seine Kunst und von seinem Genie seiner guten Natur, welche so voller Liebenswürdigkeit und so angefüllt mit Mitleid war, so überwältigt waren, dass er bis zu den Tieren und von den Menschen verehrt wurde (Vasari, ed. Gründler 2004, 85).

Kombiniert mit den Idealen des Hofmanns verleiht ihm diese Fähigkeit geradezu übermenschliche Kräfte, die auch sein Nachleben bestimmen sollten. Die Mitarbeiter seiner Werkstatt waren garzoni, gioveni, creati, Schüler, Angestellte, Maler, Prokuratoren, etc. die in ganz verschiedenen Bereichen für ihn tätig waren. Sie malten für ihn (Shearman 2003, 393, 438, 357), sie begleiteten seine Bilder auf Transporten (ibid., 345, 351), trieben für ihn Geld ein (ibid., 111f.), tätigten Farbeinkäufe (ibid., 373), sie erledigten Bankgeschäfte und kauften Häuser für ihn (ibid., 213), und sie vollendeten nach Raffaels Tod seine unfertigen Arbeiten, den Sala di Costantino, den Sieg über Maxentius im Vatikan (ibid., 606). Auch hatten seine Mitarbeiter nach dem Tod Raffaels gute ‚Berufsaussichten’. Im Dezember 1521, fast zwei Jahre nach seinem Tod nimmt Federico Gonzaga in Lodi einen garzoni aus Raffaels Werkstatt in seinen Dienst (ibid., 710), ein Architekt aus seiner Schule wird 1522 von Alessandro Nerio eingestellt (ibid, 723). Ein großer und erfolgreicher Mitarbeiterkreis – dies deckt sich mit Vasaris Behauptung, dass man Raffael nie zu Hofe gehen sah, ohne die Begleitung von fünfzig Malern, alle tüchtig und gut, die ihm Gesellschaft leisteten um ihm die Ehre zu erweisen. Auch in dieser Hinsicht also lebte er in der Tat nicht als Maler, sondern wie ein Fürst. Reichen aber diese historisch plausiblen Rekonstruktionen der Karriere eines erfolgreichen und geschäftstüchtigen Renaissance Künstlers aus, diesem Genie mit dem Malprinzip „Mehr Geld – mehr Gold!“ ökonomisches Kalkül zu unterstellen? Bei den bisher genannten historischen Quellen handelt es sich überwiegend um Quellengattungen, die nur ganz wenige und indirekte Schlüsse über die innere Haltung Raffaels erlauben. Was kann man aus einer Rechnung, einem Zahlungsauftrag oder einer Gehaltsabrechnung über die innere Einstellung und die Prinzipien des Empfängers schließen? Bestenfalls lassen sich bestehende Vermutungen damit plausibilisieren. Ein einziges Dokument ist überliefert, das unmittelbare Einblicke in die innere Verfasstheit und Motivation Raffaels gewähren könnte, ein Brief Raffaels, geschrieben an seinen Onkel Simone Ciarla aus Urbino am 1. Juli 1514.

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

7

Der Brief ist der Forschung geläufig, seine Echtheit wird nicht in Zweifel gezogen. Seit drei Monaten war der 30-jährige Raffael leitender Architekt von St. Peter und schreibt nun über seinen neue Position in Rom an den Onkel im heimatlichen Urbino. Anlass des Briefes jedoch sind gescheiterte Heiratspläne. Raffael versucht zu begründen, dass es sehr vernünftig von ihm war, die vom Onkel in Urbino vorgesehene Braut nicht zu ehelichen. Er ist sichtlich zufrieden mit seinem Junggesellendasein, und kommt zu dem Schluss, dass er im Ehestand nie in die Position gelangt wäre, in der er sich jetzt befindet: als nachgefragter, hervorragend verdienender Künstler in gesellschaftlicher Spitzenposition in Rom. Raffael schildert seinem Paten unbekümmert und vertraut, ja mit fast kindlichem Vergnügen die Vorteile und Erfolge seiner römischen Existenz:2 Innigst, wie ein Vater Geliebter! Ich habe einen mir sehr lieben Brief von Euch erhalten, worin Ihr mir zu verstehen gebt, dass Ihr nicht gegen mich erzürnt seid; daran würdet Ihr auch wahrlich unrecht tun, wenn Ihr bedenkt, wie lästig das Schreiben ist, wenn nicht ein wichtiger Grund dazu vorliegt; da dies nun jetzt der Fall ist, antworte ich Euch, um Euch vollständig zu sagen, was ich vermag um Euch aufzuklären. Was zuerst das Heiraten anbelangt, so erwidre ich Euch, dass ich sehr zufrieden bin und Gott täglich dafür danke, weder diejenige, die Ihr mir zuerst geben wolltet, noch irgend eine Andere genommen zu haben; und darin bin ich weiser als Ihr gewesen, die Ihr sie mir geben wolltet. Ich bin überzeugt, Ihr sehet jetzt auch ein, dass ich sonst nicht auf der Stelle wäre, wo ich jetzt bin, indem ich mich heutzutage im Besitz von 3000 Dukaten Gold befinde, und an Einnahme 50 Goldskudi habe, indem ich die Heiligkeit unserer Herrn mir für die Leistung des Baues von St. Peter 300 Dukaten Gold ausgesetzt hat, die mir, solange ich lebe, nie ausbleiben werden; auch bin ich überzeugt, dass ich noch mehr erhalten werde und dann werde ich für alles, was ich arbeite, ganz nach meiner Forderung bezahlt, und ich habe ein neues Gemach für S. Heiligkeit zu malen begonnen, das sich auf 1200 Golddukaten belaufen wird, so dass ich Euch, teuerster Oheim! Ehre mache und allen Verwandten und der Heimat.

Wenig später kehrt er zum eigentlichen Gegenstand des Briefes, zum Heiraten noch einmal zurück. Eine neue Partie stehe in Aussicht die zwei große Vorteile habe, dass sie erstens ein schönes Kind von bestem Ruf sei aus der Verwandtschaft des Kardinal Santa Maria in Portico, und dass sie ihm zweitens 3000 Goldskudi als Mitgift einbrächte. Er fährt fort Aber welcher Ort auf der Welt ist auch wohl würdiger als Rom? Welches Unternehmen edler als das von S. Peter? Denn dies ist der erste Tempel der Welt und der größte Bau, den man jemals gesehen hat, und der sich auf mehr als eine Million in Gold belaufen wird, denn Ihr müsst wissen, dass der Papst ver2

Die kritische Edition des Briefes findet sich in Raffaello, ed. Camesasca 1994, 175f.; ebenfalls bei Shearman, 180-184. Eine Abbildung des Schreibens bietet Kelber, 488. Die hier zitierte deutsche Übersetzung ist die von Zahn 1924, 34.

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

8

ordnet hat, 60 000 Dukaten für diesen Bau auszugeben, und dass er an nichts anderes denkt.

Ein bisschen mag man sich schon darüber verwundern, dass ein zum Zeitpunkt der Abfassung des Briefes allseits geachteter und anerkannter Künstler die Sinnhaftigkeit seines Tuns und die Richtigkeit vergangener Entscheidungen noch immer mit Argument verteidigt, dass er damit gutes Geld verdient. Er möchte seinem Onkel, seiner Heimatstadt und seinen Verwandten Ehre machen. Dabei kommt ihm offenbar nicht die Idee, die Früchte seines Schaffens, einzelne Werke oder die schon damals berechtigte Aussicht auf Nachruhm, hier ins Feld zu führen. Vielmehr argumentiert er – statt mit seiner künstlerischen Genialität – mit kaufmännischem Kosten-Nutzen-Kalkül, mit der Auflistung seines Vermögens, seiner Einnahmen und mit dem Etat, über den er als Architekt von St. Peter verfügt. Selbst im Hinblick auf die Heiratspläne argumentiert Raffael mit pekuniären Vorteilen: Dass er damals die vom Onkel vorgeschlagene Braut ablehnte, war doch ganz offensichtlich die richtige Entscheidung, angesichts der Tatsache, dass sich jetzt eine noch viel bessere – mit einer viel großzügigeren Mitgift ausgestattete – Kandidatin gefunden habe. Shearman weist darauf hin, dass dieses „ feeling that there is an unexpectedly vulgar Raphael“ (Shearman 2003, 182) vor allem daher rührt, dass der Befund so überhaupt nicht zu jenem Gentleman-Raffael passen möchte, der in elegantem Prosastil an Baldassare Castiglione (1522) über seine Liebe zur Kunst, über große Ideen und schöne Formen schreibt. Diesen Ton fand man dem Renaissance-Genie wesentlich angemessener – ungeachtet der Tatsache, dass es sich im Brief an Castiglione wohl um eine literarische Fiktion aus der Mitte des 16. Jahrhunderts handelt (Shearman 2003, 734-741, Thoenes 1997, 457). Der Brief an Onkel Ciarla dagegen ist unbestritten echt. Wie also soll man dieses Selbstzeugnis Raffaels interpretieren? Eine radikale Lesart des Schriftstücks legte der Kunsthistoriker und RaffaelBiograf Christof Thoenes vor. Seit den 70er Jahren habe er sich vorgenommen, „die ästhetischen Knochen der Renaissance historischmaterialistisch zu benagen“ (Thoenes 1997, 452). In der 1997 erschienenen Festschrift Otto Karl Werckmeister, dem Vertreter einer radikal historischen Analyse von Kunst, wird dieses Vorhaben mit einem Beitrag zur Rekonstruktion der materiellen Grundlagen der Kunstproduktion in der Renaissance umgesetzt. Die Analyse konzentriert sich auf die Zeit Raffaels als Baumeister von St. Peter.

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

9

Thoenes schlägt vor den Brief wörtlich zu lesen und interpretiert ihn als ein Schlüsseldokument nicht allein für das Verständnis von Raffaels charakterlicher Verfassung, sondern auch seiner künstlerischen Prinzipien: Der Sinn für den Wert des Geldes, den Raffaels römischer Lebensstil in der Tat erkennen lässt, ist kein seiner Kunst äusserliches Moment. Wir erfahren dies aus der mit Castiglione gemeinsam verfassten Denkschrift über den Plan einer graphischen Rekonstruktion der antiken Gebäude Roms, die in gewisser Weise theoretisch unterbaut, was im Brief an Ciarla stillschweigend mitgedacht war: das positive Verhältnis von Geld, Macht und monumentaler Architektur. (Thoenes 1997, 452).

Thoenes bestätigt Raffael eine materialistische Gesinnung. Raffaels Auffassung von Kunst und Architektur sei zutiefst von einem positiven Verhältnis zu Geld (und Macht) dominiert. Thoenes argumentiert insbesondere mit Raffaels Plänen für St. Peter (Il primo tempio del mondo) und mit seinen kaiserzeitlichen Romideen. Wir haben gesehen, wie unbefangen Raffael seine Liebe zum Petersbau in Zahlen ausdrückte: Für ihn fielen religiöse Bedeutung und Geldwert des Werkes offensichtlich in eins. Mit der gleichen Direktheit veranschaulicht er in der ‚Vertreibung des Heliodor’ die irdische Habe der Kirche als ein unbedingt zu verteidigendes Rechtsgut, in der Form gemüntzten Goldes […] So wurde die Ware-Geld-Relation zum Modell aller Vorgänge, Geld zum universalen Äquivalent jeder Art von Werten, sei es in Raffaels Urteil über Architektur, sei es in der Vermarktung des durch Christi Opfertod erwirkten Schatzes göttlicher Gnade durch die römische Kirche. (Thoenes 1997, 455)

Der Umgang mit Geld wird zum alles entscheidenden Faktor. Ebenso pragmatisch-naiv wie der prahlende Briefschreiber und Junggeselle den Wert seiner potenziellen Bräute nach der Höhe der Mitgift kalkuliert, so habe sich Geld als „Leitprinzip“ auch in Raffaels (weitgehend unverwirklichten) Plänen für den Petersdom und für den Wiederaufbau Roms nach antikem Vorbild niedergeschlagen. Wichtig ist vor allem, dass die Projekte Geld kosten, dass die teuersten und kostbarsten Materialien verwendet werden und dass die ‚immensa spese’ auch in der Formenvielfalt des dekorativen Apparats sich niederschlagen. Die Auftragslage in Raffaels Werkstätte stieg und stieg, die Zahl der Mitarbeiter wuchs mit immer lukrativer werdenden Projekten. In dieser Hinsicht treffen sich Leo X. und Raffaels Vorstellungen. Während die Bauphase zu Zeiten Julius II. durch den Willen zur Macht gekennzeichnet ist, beherrschen unmittelbar materielle Werte das Erscheinen der unter Leo X. entstandenen Bauabschnitte: ostentativ zu Schau gestellter Reichtum, Luxuskonsum gehören zum Stil des leoninischen Rom. Sie äußern sich in St. Peter nicht nur in der Verlagerung des Interesses vom konstruktiven Gerüst (Bramantes Kuppelpfeilern und -bögen) auf die Schauseiten und Oberflächen des Baus, sondern auch in einem sich wandelnden Planungsstil. Hatte Bramante sich auf die Gestaltung der

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

10

Kernzone konzentriert […] so beginnt unter Raffael die Zeit der Globalentwürfe, in denen das quantitative Moment in den Vordergrund tritt: in den Grundrissen das Langhaus mit seiner mehr oder minder mechanischen Repetition des zentralen Pfeiler-, Tonnen- und Kuppelmotivs, am Außenbau die quasi inflationäre Vervielfältigung der Halbsäulen und Gebälke. (Thoenes 1997, 455f)

Thoenes sieht in Raffael die personifizierte Maßlosigkeit und Unmoral, die das allgemeine Leben an der Kurie kennzeichnete. Diese führte nicht allein zum Baustillstand – während die Gehälter und Zahlungen an Raffaels ‚fabbrica’ munter weiterflossen, kam unter ihm das tatsächliche Baugeschäft nahezu zum Erliegen -, sondern auch zur Eskalation der Romkritik in ganz Europa, die in dieser unproduktiven Verschwendung von Kapital einen gemeinsamen Nenner fand. Das Unternehmen St. Peter hatte von Anfang an den Vorwurf der Ineffizienz und Misswirtschaft provoziert. Zur ultimativen Krise kam es nach dem Tod Raffaels und Leos X. (1521). St. Peter wurde zur größten Bauruine Roms. Die Finanzierung des irrwitzigen Projektes war als Folge der Reformation und der Beendigung des Ablasshandels in sich zusammengebrochen. Dass es unter Alessandro Farnese, Papst Paul III. mit der Ernennung des 71-jährigen Michelangelo zum Baumeister von St. Peter (1546–1564) zu einer radikalen Abkehr vom Leitprinzip Geld kam, war die einzige Rettung für St. Peter. Anstelle von ‚immensa spese’ wird Sparsamkeit in Entwurf und Ausführung zum obersten Prinzip erklärt, und weiter folgt die konsequente Forderung nach Entflechtung von ‚spese’ und den Eigeninteressen der Planer. Michelangelo hatte klar erkannt, dass ein Architekt der solange bezahlt wird, bis sein Projekt beendet ist, an der Fertigstellung seines Baues nicht ernsthaft interessiert sein kann. Er setzt das Prinzip der Trennung des Dienstes am Werk von der damit verbundenen Entlohnung durch und verzichtet auf das (seit Julius II.) dem Chefarchitekten der ‚fabbrica’ zustehende Gehalt. So gewann schließlich Michelangelo den Kampf gegen die Unmoral seiner Vorgänger in der Bauplanung, indem er sich selbst als Exempel der Selbstlosigkeit profilierte. „Der ‚amore della fabrica di Santo Pietro’ sollte, statt in Geldwert zu Buche zu schlagen, wieder im ‚amore de Dio’ seine Erfüllung finden“ (Thoenes 1997, 458, Bredekamp 2008, 75-96). Ein letztes Argument schließlich für Raffaels ‚materialistische’ Gesinnung ergibt sich daraus, dass er es so erfolgreich verstand, die Rolle des Künstlers mit der des Unternehmers zu vereinbaren. Als Unternehmer jedoch wird Raffael zwangsläufig zu einem Künstler, der sein Geld nicht mehr mit seiner eigenen Hände Arbeit verdiente. Es ist wichtig sich klarzumachen, dass Raffael damit über die traditionelle Rolle eines Handwerksmeisters und Werkstattinhabers hinauswuchs in die eines

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

11

künstlerischen Großunternehmers, der sich fremder Hände bedient, um sein Eigenkapital an Schaffenskraft und Erfindungsgabe so wirksam wie möglich zu vervielfältigen, und zwar in möglichst verschiedenartigen Medien. (Thoenes 1997, 453; vgl. auch Rowland 1994, 81f.)

Raffael griff offenbar schneller und erfolgreicher als seine Kollegen ‚neue Trends’ auf und setzte sie zu seinen Gunsten ein. In kürzester Zeit hatte er den Übergang vom großartigen Künstler zum ‚general designer’ (Rowland) in den verschiedensten künstlerischen Disziplinen geschafft. Seine arbeitsteilig organisierte Werkstatt erlaubte es ihm, wie keinem anderen seiner Kollegen, die eigene Virtuosität in einer Vielfalt von Medien zum Ausdruck zu bringen. In Raffaels Werkstatt wurden Techniken praktiziert, die Raphael selbst gar nicht beherrschte, jedenfalls nie selbst ausprobiert hatte, insbesondere die Bildhauerei. So konnten seine Ideen, seine ‚maniera’ Umsetzung finden in den Werken, die andere für ihn ausführten. Er war ‚chief executive’ seiner ‚fabbrica del arte’. Dabei verstand es Raffael, zum einen sich selbst, zum andern die Produkte seiner Firma ganz erfolgreich zu vermarkten. Ob man dieses Verhalten Raffael zum Vorwurf machen möchte – Thoenes verhehlt diese Tendenz nicht – oder ob man ihm strategisch geschicktes und weitsichtiges Verhalten in der sich zunehmend kommerzialisierenden stadtrömischen Gesellschaft bestätigen möchte, wie das Rowland impliziert, sei dahingestellt. Sicherlich muss man die zeitgenössischen Entwicklungen des Kunstmarktes bei der Beurteilung berücksichtigen. Raffaels Karriere, sein Aufstieg, seine nachhaltige Wirkung konnte sich nur in einem Kontext entfalten – das ist in der Forschung hinreichend herausgearbeitet worden –, die der Künstlerpersönlichkeit eine eigenständige Rolle im neu entstehenden Kunstmarkt zuschrieb. Die Regeln dieses neuen Marktes, so könnte man modern sagen, haben den Künstlertypus Raffael überhaupt erst hervorbringen können (Esch 1981 und 2008, Fantoni 2003). „Mehr Geld – mehr Gold“ ist aus den zeitgenössischen Quellen als Malprinzip Raffaels zwar nicht zu belegen, doch es fügt sich zum manifesten Materialismus den namhafte Experten dem Renaissance-Genie nachweisen. Geprägt aber hat die Wendung erst das 20. Jahrhundert, namentlich der Literaturkritiker und Publizist Fritz J. Raddatz, der für einen unbeschwerten Umgang mit Zitaten nicht ganz unbekannt ist. In seinem 1980 erschienenen Essay „Von Geist und Geld“ unternimmt er einen Versuch, das Verhältnis zwischen Künstler und Mäzen, zwischen Kunst und Macht, zwischen Geist und Geld auszutarieren.

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

12

III. „Mehr Geld für Geist!“ – Heinrich Heine und der Kampf um die Anerkennung des Geistes in der Welt des Geldes Dies führt uns zum nächsten Beispiel: zu Heinrich Heines Einstellung zum Geld. Heine entstammte einer erfolgreichen Hamburger Bankiersfamilie. Sein Verhältnis zum Geld lässt sich personalisieren in der Beziehung zu seinem Onkel Salomon, jenem erfolgreichen Hamburger Bankier, der so vermögend war, dass er auf die Hamburger Finanzkatastrophe des Jahres 1825 gelassen mit der Frage „Is was passirt?“ reagiert haben soll (Raddatz 1980, 3). Sein Neffe Heinrich, als Vertreter des Geistes, konnte ein Leben lang auf die Wechsel des wohltätigen Onkels vertrauen, zunächst als Banklehrling, dann als verkrachter Kaufmann, schließlich als Jurastudent und später als Literat. Onkel Salomon und Neffe Heinrich – das Geld und der Geist – neckten, liebten und kränkten sich wechselseitig ein Leben lang. Beide hatten einen ausgeprägten, ja derben Sinn für Ironie und Zynismus. Heinrich soll die aufwändigen Bankette des Onkels, an denen er gerne teilnahm, bespöttelt haben mit der Bemerkung, dass der Onkel für alles seine Diener habe. Bei Tisch ständen gar ein Diener für den Dativ und einer für den Akkusativ bereit. Und weiter, das Beste an Onkel Salomon sei dies, dass er den gleichen (Familien)Namen wie der Neffe habe. In das Gästebuch des Onkels habe er den Vermerk geschrieben: „Lieber Onkel, geben sie mir 100 000 Mark und vergessen Sie auf ewig Ihren Sie liebenden Neffen Heinrich Heine.“ Der Onkel stand ihm in nichts nach. „Hätt’ er gelernt was rechtes, bräucht’ er nicht zu schreiben Bücher“, soll Salomon gesagt haben. Folgende Episode kolportiert Raddatz aus Heinrichs Erinnerungen: Ich trete bei ihm ein, umarme ihn, er bittet mich Platz zu nehmen, wir plaudern. ‚Nun, mein lieber Neffe, du tust immer noch nichts in Paris?’ – Pardon, lieber Onkel, ich schreibe Bücher. – ‚Na, also, ich sagte es ja: Du tust immer noch nichts’ (Raddatz 1980, 37).

Heine nahm ungeniert die monatlichen Raten des Onkels an und klagte gleichzeitig über dessen Geizigkeit, warf ihm vor, dass er zu aller Welt großzügig sei, aber seinen darbenden Künstlerneffen, samt Frau verhungern ließe. Die größte Kränkung kam mit dem Testament des Millionärs (1844), in dem Heinrich sich schnöde übergangen fühlte, ein TrinkgeldErbe. Auch hier scheint die ‚gefühlte’ Vernachlässigung das Hauptgewicht zu liefern, denn de facto erhielt Heine eine nicht unbeträchtliche Summe und bezog obendrein die vom Onkel gewährte Pension. Dass Heinrichs Cousin Carl die Auszahlung des Erbes und die Weiterzahlung der Pensionsraten an bestimmte Konditionen knüpfen wollte, führte zu einem jahrelangen Erbschaftsstreit und lieferte Stoff für die Beteuerung der eigenen Bedürftigkeit. Ob er 1856 tatsächlich als reicher Mann starb,

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

13

und zu den ‚wenigen literarischen Großverdienern’ seiner Zeit zu zählen sei, wie das Stephan Reinhardt behauptet, sei hier nicht weiter erörtert (Reinhardt 1987). Ohne Zweifel jedoch geht es bei Heinrich Heines ‚Geldproblemen’ um den notorisch ‚gefühlten’ Mangel an Anerkennung für sein Genie. Und materielle Sorgen oder gar Existenznöte dienen ihm sozusagen als Kommunikationsmedium um dieses Gefühl zum Ausdruck zu bringen. Raddatz’ Schilderung der wechselhaften und spannungsreichen Beziehung zwischen den beiden Männern dient in erster Linie der Fundierung seines Arguments, dass sich Geist und Geld im Grund gar nicht vertragen können. „Ein Künstler erwartet vom Geldmann uneingeschränkte Bewunderung und Bescheidenheit – außer im Spendieren. Was immer ein Mäzen tut, es ist zu wenig.“ (Raddatz 1980, 24). Dominant sei im Verhältnis zwischen Geist und Geld das Gefühl notorischer und unvermeidlicher Kränkung, die sich Künstler und Mäzen zwangsläufig gegenseitig zufügen. Der Mäzen gibt zu wenig, der Künstler leistet zu wenig! Der Gönner kann nie – egal wieviel er fördert und stiftet – großzügig genug, der Künstler nie dankbar genug sein! Geld ist in Wahrheit nur Chiffre für das, das ‚gebührt’. Der Geldmann – ob nun Bankier, Unternehmer oder auch Verleger –, der diesen Hochmut nicht versteht, wird Künstler nicht verstehen; er mag Verlage oder Stiftungen finanzieren, Opernhäuser oder Museen subventionieren – von Künstlern kann er Anerkennung dafür nie erwarten, solange es ihm nicht gelungen ist, seine Zuwendung auch als Zuwendung verständlich zu machen. Der Schüler, der bewundernd eine Lithographie sich vom Taschengeld abzwackt, ist dem Maler tausendfach lieber als der tausendfach zahlende Schokoladenfabrikant; der Student, der sich ein Taschenbuch signieren läßt, ist dem Autor lieber als der Verleger, der seine Signatur unter den (mäßig dotierten) Vertrag setzt. Geld spielt für Schriftsteller eine Rolle – im Ursinne des Wortes: es steht für etwas anderes. Nicht Geld ‚als Geld’ ist wichtig (weswegen es auch so unbekümmert ausgegeben wird), sondern als Bestätigung. Es ist eine Mischung aus Eros und Sport: Der Autor [...] dieser Narziß, dem keiner das Wasser trüben darf, weil sein Abbild sonst zersplittert, will ‚geschätzt’ werden; Geld als WertSchätzung. Das niedrige Honorar ist Liebesentzug. Es geht nicht um weniger Austern oder ‚Champanir’, es geht um mehr Achtung. ‚Mehr Geld – mehr Gold’ hat schon Raffael als Malprinzip verkündet. verkündet Das sportlich-spielerische Element soll dem Schöpfer des Kunstwerkes beweisen, daß er sich leisten kann, irdisch, wollüstig und leichtsinnig zu sei [...].“ (Raddatz 1980, 59)

Damit wäre nun immerhin der Ursprung des Zitates geklärt, das die hier vorgelegte Untersuchung inspirierte. Dabei ist das Ergebnis einigermaßen ernüchternd: Hier spricht weder Raffael noch Heinrich Heine, nein, es ist das Selbstzeugnis des Publizisten Fritz J. Raddatz, dem wir hier aufgesessen sind. Mit der Formel „Mehr Geld – mehr Gold“ projiziert Raddatz das Idealbild jenes Künstlers in die Vergangenheit, der in der

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

14

Lage ist Forderungen zu stellen, und zwar im Bereich der Kunst ebenso wie im Bereich der Wirtschaft, im Bereich des Geldes ebenso wie im Bereich des Geistes. Die Autorisierung dieses Ideals im historischen Kontext des Renaissancekünstlers ist nicht nur charmant, das gewählte Beispiel hat auch historisch gesehen einiges für sich, denn es entsteht ja die Rolle des Künstlers zeitgleich mit der allmählichen Herausbildung eines eigenständigen Kunstmarktes, an der Wende vom 15. ins 16. Jahrhundert. Raffael personifiziert diese Entwicklung – ein Mann, der im richtigen Umfeld geboren, mit der erforderlichen Begabung und Konstitution ausgestattet, das Richtige tut, um sich überaus erfolgreich zu vermarkten, und zwar in einer Künstlerrolle, die er selbst – oder jedenfalls seine Zeit – überhaupt erst erschaffen konnte. Eine Rolle, die zugleich Genialität und wirtschaftlichen Erfolg für sich in Anspruch nehmen kann. Diese Geschichte wird verstärkt seit dem 19. Jahrhundert erzählt. Die Etablierung des Berufsstandes des Künstlers vollzog sich – in fortwährender Auseinandersetzung mit den Renaissance Vorbildern – im Zuge der allgemeinen Vereinsbewegungen und der Etablierung des Bürgertums.3 Im Rahmen dieser Entwicklung, die mit der Entstehung des modernen Kunstmarktes und seiner Kundschaft einherging, zählt die Ausprägung der „Künstlerrolle“ – in ihrer (unterbewusst) bis heute noch wirksamen normativen Prägung als Gegenentwurf zur Welt des Geldes – zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren. Denn gerade in seiner Rolle als Verkörperung einer Welt des Geistigen wurde der Künstler in der Welt des Geldes zunehmend nachgefragt. Der Künstler wurde seinerseits zugleich Marktprodukt und Marktlieferant. Heinrich Heines und Fritz Raddatz’ Heines Kampf um Geld – nicht zum Zwecke der Existenzsicherung, sondern als Ausdruck adäquater Wertschätzung – wäre in diesem Kontext ein Kampf um die Anerkennung der Künstlerrolle in dieser doppelten (und widersprüchlichen) Funktion. Einerseits muss es ihm als ‚Lieferant’ um die finanzielle Anerkennung der Gleichwertigkeit der Produkte seines künstlerischen Schaffens mit jenen Produkten unternehmerischen und wirtschaftlichen Handelns gehen, die seine Zeitgenossen als Bankiers, Investoren und Unternehmer schufen. Andererseits muss er, als ‚Marktprodukt’ auf das Alleinstellungsmerkmal des Künstlers beharren: die Verkörperung einer Welt jenseits der Welt des Geldes.

3

Vgl. dazu in diesem Band den Beitrag von Manuela Vergoossen: Künstler – Schöpfer – Marktlieferant. Die Etablierung des Künstlers im 19. Jahrhundert.

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

15

IV. „Geist und Geld“. Selbstbekenntnisse deutscher Künstler und Forscher zur Entstehungsgeschichte der großen Leistung. Zweite Beilage zur Vossischen Zeitung, 27. März 1921 Mit Raffael und Heinrich Heine konnten wir kein Interview führen. Aus dem frühen 20. Jahrhundert liegen uns die Ergebnisse einschlägiger Künstlerinterviews vor. Im Jahre 1921 befragten Mitarbeiter der Vossischen Zeitung (liberale Berliner Zeitung) hochrangige Vertreter aus Kunst und Wissenschaft nach ihrem Verhältnis zum Geld. Es ging dabei vor allem um die Frage, wie ein Künstler seinen Lebensunterhalt finanziert, wenn seine Kunst es ihm (noch) nicht erlaubt von ihr zu leben, wenn sie also noch nicht zum erhofften Erfolg und damit zu den entsprechend notwendigen Einnahmen führte. Die Künstler wurden insbesondere danach gefragt, wie sie ihren Lebensunterhalt in jungen Jahren bestritten (hatten Sie eine Rente, mussten Sie als junger Künstler Hunger leiden?). Auch die Frage nach der Rolle der Gesellschaft lässt sich aus den Antworten rekonstruieren: Muss die Gesellschaft junge (noch unbekannte) Künstler finanzieren, um ihnen die Entfaltung ihres Talents zu ermöglich? Ausgewählte Antworten auf diese Umfrage (von Thomas Mann, Ernst Zahn, Heinrich Mann, Alfred Döblin, Leo Frobenius, Lesser Ury) wurden abgedruckt. Sie liefern ein anschauliches Bild zur Vielfalt der wirtschaftlichen Grundlagen moderner Künstlerkarrieren. Während etwa Ernst Zahn der Meinung ist, dass der „echte, der große Künstler, dem es im Innersten glüht“, einfach nicht anders könne, dass er seiner Kunst lebe, ohne von außen Lohn zu erwarten und es als „Unrecht“ empfindet, seiner Umwelt die Pflicht aufzulegen, für ihn zu sorgen, setzt sich der Berliner Maler Lesser Ury massiv dafür ein, mit jenem – von ihm so genannten – „grausamen Märchen“ aufzuräumen, demzufolge „Armut und Hindernisse keine Hemmungen für den Künstler“ seien. Er warnt die Jugend, sich arm und ohne Mittel der Kunst zu widmen. Thomas Mann geht noch ein Stück weiter und stimmt ein Loblied auf die kapitalistische Weltordnung an, die es ihm, dem Künstler, schon in jungen Jahren erlaubt habe, im römischen Speisehaus zu sitzen und sich Punsch, Zigaretten und Reclam-Hefte leisten zu können. Leo Frobenius dagegen erklärt nüchtern, dass er nicht allein sein gesamtes Erbe in seine kulturethnologischen Forschungsreisen nach Afrika investiert, sondern über-

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

16

dies noch Schulden gemacht habe, um seine Wissenschaft zu finanzieren.4 In dieser unvollkommenen Welt muß man zu leben haben, wenn man schaffen soll. Daß einer von seiner Leistung leben darf, gehört zu den Ausnahmen; während er an seinem Werke schafft, kann er ganz gewiß noch nicht von ihm leben. Wenn er also von etwas anderem lebt, stört und hindert er damit nicht seine Leistung? Wie man f ü r sein Werk lebt, ohne v o n ihm zu leben, scheint uns das eigentliche Problem der vielbesprochenen Not der Geistigen zu sein. – Angeregt durch Vorgänge der jüngsten Zeit haben wir uns an eine Reihe von Persönlichkeiten von anerkannter künstlerischer oder wissenschaftlicher Leistung gewandt mit der Frage, auf welche Weise ihnen selbst die Lösung dieses Zwiespaltes gelungen ist. Die Antworten dieser Männer lauten anders, als Verfechter einer Sondermoral des Geistes erwarten dürften. Thomas Mann:5 Ich darf Ihre Rundfrage als eine biographische Erkundigung auffassen, ohne mich dadurch zur Erörterung eines weitläufigen sozialen Problems aufgefordert zu fühlen. So ist bald geantwortet. Ich kenne den Hunger nicht, habe ihn nie erfahren, – es sei denn letzthin zur Zeit der englischen Blockade, als die Magenfrage, rein als solche, mir so übel machte, daß ich überhaupt nichts mehr essen mochte und arg herunterkam. In meiner Jugend hatte ich jene 200 Mark monatlich, die vor dem Kriege soziale Freiheit gewährten und mich in den Stand setzten, zu tun, was ich wollte. Auf italienisch nahm der kleine Wechsel sich sogar noch besser aus, so daß dem Abonnenten eines bescheidenen römischen Speisehauses sogar für Punsch, Zigaretten und Reclam-Hefte noch das Nötige übrigblieb. Ob der reine Sozialismus einer so regelwidrigen und nach menschlichem Ermessen aussichtslosen Existenz wie ich es damals war, diese Möglichkeit, der Welt ein Schnippchen zu schlagen, gewähren würde, ist zweifelhaft. Jedenfalls bin ich persönlich der kapitalistischen Weltordnung von früher her zu Dank verpflichtet, weshalb es mir niemals anstehen wird, so recht à la mode auf sie zu spucken.

4

Die folgenden Passagen sind entnommen aus: Geist und Geld. Selbstbekenntnisse deutscher Künstler und Forscher zur Entstehungsgeschichte der großen Leistung. Zweite Beilage zur Vossischen Zeitung, 27. März 1921.

5

* 6. 6. 1875 Lübeck , † 12. 8. 1955 Kilchberg bei Zürich, Romancier, Erzähler und Essayist. Paul Thomas Mann entstammte einer Lübecker Patrizier- und Kaufmannsfamilie und entschied sich genauso wie sein Bruder Heinrich gegen die Fortführung der väterlichen Handelsfirma und schlug stattdessen eine Schriftstellerlaufbahn ein. Nach einer Italienreise (1895-1897) mit seinem Bruder wurde er 1899 zum Redakteur der satirischen Zeitschrift „Simplicissimus“. Nach der Heirat 1905 mit Katja Pringsheim lebte er bis 1933 München, von wo aus er über Europa in die USA emigrierte. Von 1938-41 war er Gastprofessor in Princeton und kehrte schließlich 1952 nach Europa zurück. Sein größter Erfolg war der Roman „Die Buddenbrooks“ (1901), für den er 1929 den Nobelpreis erhielt. Weitere bekannte Werkte von ihm sind unter anderem „Tristan“ (1903), „Königliche Hoheit“ (1909), „Der Tod in Venedig“ (1912), „Der Zauberberg“ (1924), die Tetralogie „Joseph und seine Brüder“ (1933-43), „Lotte in Weimar“ (1939), „Doktor Faustus“ (1947) und „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ (unvollendet; Teildruck 1922, vollständig 1954). Ich danke Frau Caroline Wolf für die Erstellung der Kurzbiographien der befragten Künstler.

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

17

Heinrich Mann:6 Sie fragen, ob ich früher gehungert habe oder eine Rente hatte. Antwort: Beides. Ich hatte eine Rente, aber eine so kleine, daß bei weniger bescheidenen Ansprüchen zum Hungern reichlich Gelegenheit gewesen wäre. Als meine Ansprüche größer wurden, stiegen langsam auch die Einnahmen aus meiner Arbeit. Dann kam die teure Zeit, deren Höhepunkt wir noch nicht kennen. Da müsste man wohl Erfolg haben, um nur leben zu können. Am Anfange meiner Laufbahn ging dies glücklicherweise ohne den Erfolg. Ernst Zahn:7 Nach meiner Meinung legt der schaffende Künstler unserer Zeit zu Unrecht seiner Umwelt die Pflicht auf, für ihn zu sorgen, lediglich, damit er seinem Werke leben könne. Liebe, Drang zur Kunst und Kunstbetätigung muss sich durch die widrigsten Lebensumstände durchringen können. Jeder Mensch, der einen Brotberuf ergreift (und jeder s o l l t e einen ergreifen, weil jeder die Pflicht hat, sich selbst zu erhalten), wird seine Arbeits- und seine Mußestunden haben. Muße haben heißt seiner Freude leben. Nun – es gibt Leute, die ihre Liebe zu ihrem künstlerischen Beruf zu ihrer Freude gemacht haben oder – besser, sie ist es ihnen ohne ihr Dazutun geworden. Muße bedeutete ihnen nicht Ruhe und Nichtstun, sondern ersehntes Aufgehen in einer künstlerischen Betätigung. Sie ruhen, sich künstlerisch betätigend und, von ihren ganz anders gearteten Alltagspflichten aus. Dazu muss man nun allerdings gesund sein, und es mag sein, daß es Menschen gibt, die es körperlich nicht leisten können, zwei Berufe zu haben. Sie sind aber sicher in der Minderzahl, und ein anderer Teil, der vorgibt, zu zwei Tätigkeiten die Kraft nicht zu haben, weil er zu bequem ist, alle Kraft anzuspannen, verdient keinen Schutz. Der echte, der 6

* 27. 3. 1871 Lübeck, † 12.3. 1950 Santa Monica/ Kalifornien. Romanautor, Essayist, Verfasser von Erzählungen und Theaterstücken. Heinrich Luis Mann entzog sich genauso wie sein jüngerer Bruder Thomas dem kaufmännischen Erbe des Vaters und führte seit 1893 ein Wanderleben in Frankreich und Italien, nachdem er weder in Verlag und Buchhandel, noch an der Berliner Universität Fuß fassen konnte. Er war der führende literarische Repräsentant der Weimarer Republik und schrieb mit Engagement gegen Militarismus, Untertanenmentalität und Nationalsozialismus. 1931 wurde er Präsident der Preußischen Akademie der Künste (Sektion Dichtkunst), emigrierte zwei Jahre später nach Frankreich und floh schließlich 1940 in die USA, wo er, im Gegensatz zu seinem Bruder, bis zu seinem Tod lebte. Wichtige Werke von Heinrich Mann sind die beiden Geschichtssammlungen „Das Wunderbare“ (1897) und „Das Verbrechen“ (1898), der Roman „Im Schlaraffenland“ (1900), die Romantrilogie „Die Göttinnen oder Die drei Romane der Herzogin von Assy“ (1903), „Professor Unrat“ (1905), „Das Kaiserreich“ (1914/1925), „Die kleine Stadt“ (1909), „Die Armen“ (1917) und „Ein ernstes Leben“ (1932)

7

* 24. 1. 1867 Zürich, † 12. 2. 1952 Meggen/ Kanton Luzern. Erzähler, Lyriker und Dramatiker: Ernst Zahn war Lehrling bei seinem Vater, einem Hotelier, in Göschenen (im Kanton Uri) und wurde 1900, nach Lehrjahren in England und Italien, schließlich Nachfolger seines Vaters. Im gleichen Jahr hatte er sein erstes literarisches Debüt mit dem Gedicht „An die gefallenen Arbeiter“ bei der Einweihung des Gotthardtunneldenkmals. Er war Präsident des Landrats von Uri und zählte besonders in den 1920ern zu den bekanntesten Vertretern der sogenannten Heimatkunst. Zu seinen erfolgreichsten Werken gehören die Novellensammlung „Helden des Alltags“ (1906) und der Roman „Lukas Hochstraßers Haus“ (1907). Weitere bekannte Bücher sind zudem „Erni Beheim“ (1898), „Die ClariMarie“ (1905), „Verena Stadler“ (1906), „Die Liebe des Severin Imboden“ (1916) und „Frau Sixta“ (1926).

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

18

große Künstler, dem es im Innersten glüht, der einfach nicht anders kann, der ringt sich zu der Gewissheit durch, daß die eigene Kunst das eigene Leben ist. Er lebt sie, lebt ihr, nicht Lohn von außen erwartend, sondern den Lohn in ihr selbst schon empfangend. Im Uebrigen: Arbeit ist alles, und wem die Arbeit Lebensgenuß geworden, der leistet’s ein Lebensverdiener und Lebensverschöner zu sein. Alfred Alfred Döblin:8 Ich lebe weder jetzt von meiner „produktiven“ literarischen Arbeit, noch habe ich früher davon gelebt. Man konnte nämlich schon im Jahre 1910 nicht von einem Jahreseinkommen von 2000 Mark leben, und die großartigen 3000 Mark, die ich eine lange Anzahl Jahre später einzog, waren in Butter umgerechnet, noch nicht 100 Pfund, oder gerade ein Anzug. Ich bin Arzt und habe eine große Abneigung gegen Literatur. Viele Jahre habe ich keine Zeile geschrieben. Wenn mich der „Drang“ befiel, hatte ich Zettel bei mir und einen Bleistift, kritzelte im Hochbahnwagen, nachts auf der Rettungswache oder abends zu Hause. Alles Gute wächst nebenbei. Ich hatte weder eine Rente noch einen Mäzen, dagegen, was ebensoviel wert ist, eine erhebliche Gleichgültigkeit gegen meine gelegentlichen Produkte. Und so geht’s mir noch heute gut. Auch jetzt beziehe ich, bei einfacher Existenz, nur einen Bruchteil meines Bedarfs aus „produktiver“ Arbeit, – voriges Jahr habe ich mir die erste Sommerreise in den Spreewald gestattet –, aber das Bruchteil macht mir Spaß, auch darum, weil es mir Gelegenheit gibt, mich kämpfend mit den Verlagsunternehmern herumzuschlagen. (Bekanntlich bedroht jeder Anspruch des Autors die Existenzbasis der Verleger und der Autor hat doch schließlich nur eine vom Verleger konzedierte Existenzbasis.) Ich tue meine Facharbeit, bin aktiv in allen möglichen Organisationen, ärgere mich, tanze (ziemlich schlecht, aber dennoch), mache Musik, beruhige einige Leute, andere rege ich auf, schreibe bald Rezepte, bald Romankapitel und Essays, lese die Reden Buddhas, sehe mir gern Bilder in der „Woche“ an, das alles ist meine „Produktion“. Wenn mir eins davon oder das andere Geld bringt: herzlich willkommen. Im übrigen bin ich ein Mensch und kein Schufter.

8

* 10. 8. 1878 Stettin/Oder, † 26. 6. 1957 Emmendingen; Romancier, Dramatiker, und Essayist: Alfred Döblin stammte aus einer Kaufmannsfamilie. Sein Vater verließ ihn und seine Mutter 1888, sodass die Familie gezwungen war nach Berlin zu ziehen, wo sie von Verwandten unterstützt wurde. Trotz der schlechten finanziellen Lage gelang es ihm Medizin und Philosophie in Berlin und Freiburg zu studieren und 1905 zu promovieren. Er war Mitgründer der revolutionär expressionistischen Zeitschrift „Der Sturm“ (ab 1910) und ließ sich 1911 mit einer eigenen Praxis in Berlin nieder. Als Jude war er zur Emigration gezwungen und flüchtete zunächst nach Paris und 1940 nach Amerika. Fünf Jahre später kehrte er nach Deutschland zurück, wo er von 1946-52 die Literaturzeitschrift „Das goldene Tor“ herausgab. Sein bekanntestes Buch ist „Berlin Alexanderplatz“ (1929); weitere Werke sind „Die drei Sprünge des Wang-Lun“ (1915), „Wallenstein“ (1920), „Berge, Meer und Giganten“(1924), die Trilogie „November 1918 - eine deutsche Revolution“ (1950) und „Hamlet oder Die Lange Nacht nimmt kein Ende“ (1957).

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

19

Leo Frobenius:9 Um meine Reisen durchzuführen, um das Afrika-Archiv aufzubauen und die Kulturkreislehre zu schaffen, habe ich 1. keine Not gemieden, 2. alles mir durch Erbschaft und sonst wie zufließende Geld dafür bis zum letzten Pfennig ausgegeben, 3. keine Arbeit gescheut (habe z. B. in Afrika Elfenbein und Salz gehandelt), 4. Bücher und Artikel geschrieben, 5. Schulden gemacht, und 6. vor allen Dingen niemals den guten Mut verloren, wenn auch die meisten Versprechungen, die Staat und Fach mir machten, unerfüllt blieben. Lesser Lesser Ury:10 Das Talent bricht sich immer Bahn. Eins jener grausamen Märchen, die der Menschheit seit Jahrhunderten eingeimpft werden und deshalb unausrottbar sind: Armut und Hindernisse sind keine Hemmungen für den Künstler; je größer der Widerstand und die Schwierigkeiten sind, mit denen der Künstler auf seinem Leidensweg zu kämpfen hat, desto schöner entfaltet sich sein Talent. Hunger und Not sind die Nahrung, die das heilige Feuer in ihm schüren. Wozu braucht er Geld, seine Ideale genügen ihm und zaubern ihm schönere Welten vor, als irgendein Sterblicher sie sich erwerben kann. Noch im letzten Augenblick, da er von dem jammervollen Leben scheiden muß, erkennt er nicht die grausame Armut, die ihn umgibt, und stirbt in dem Glauben, ein Fürst dieser Erde zu sein. So denken sich die lieben Leute den Weg, den ein armer Künstler zurücklegen muß. Ein wunderschönes Leben, nur schade, daß es ein Märchen ist. Warnen möchte ich jeden jungen Menschen, und wäre er das größte Talent, arm, ohne Mittel, sich der Kunst zu widmen. Körperlich und seelisch geht er zugrunde. Je größer sein Talent, die Eigenheit seiner Begabung, desto seltener wird es ihm gelingen, sich durchzusetzen. Die Mittel zum Leben fehlen, Not, Hunger werden an seinem Körper nagen und ihn vernichten; er wird selten, fast nie9

* 29. 6. 1873 Berlin, † 9. 8. 1938 Biganzolo; Ethnologe, Afrikaforscher und Kulturtheoretiker: Bereits in seiner frühen Jugend befasste sich Leo Frobenius mit Völkerkunde und erwarb als Autodidakt ein umfangreiches Wissen. Seine Bearbeitung der damals fassbaren Literatur über Afrika bildete die Grundlage für das von ihm gegründete Afrika-Archiv. Zwischen 1904-1935 führte er Expeditionsreisen nach Afrika durch und wurde 1934 in Frankfurt am Main zum Direktor des Städtischen Völkerkundemuseums und zum Honorarprofessor ernannt. Zudem gründete Leo Frobenius das Forschungsinstitut für Kulturmorphologie in München (seit 1925 in Frankfurt am Main). Durch seine Werke „Im Schatten des Kongostaates“ (1907), „Und Afrika sprach“ (1913), „Atlas Africanus“ (192230), „Das sterbende Afrika“ (1923), „Hadschra Makturba“ (1925), „Madsimu Dsangara“ (1931/32), „Kulturgeschichte Afrikas“ (1933), „Ekade Ektab“ (1937) wurde er „zum Wegbereiter des wieder erwachten afrikanischen Selbstbewusstseins“.

10

* 7.11.1862 Birnbaum (Posen), † 18.10.1931 Berlin; Maler und Graphiker: Lesser Ury stammte aus kleinsten Verhältnissen, zog 1874 mit seiner verwitweten Mutter nach Berlin und brach 1878 eine Schneiderlehre ab, um Maler zu werden. 1982 studierte er sowohl in Brüssel bei J. F. Portaels als auch in Paris bei J. Lefebvre. Fünf Jahre später ließ er sich in Berlin nieder, wobei er weiterhin zu Studienzwecken nach Italien, London und Paris reiste. Bekannt sind vor allem seine impressionistischen flämischen und märkischen Landschaftsbilder, die 1882-84 entstanden sowie die Berliner Straßenbilder und Interieurs. Kurze Zeit widmete er sich auch alttestamentarischen Themen, kehrte jedoch schnell wieder zur Landschaftsdarstellung zurück. Bekannte Werke von ihm sind unter anderen „Capri: Strand mit Booten“ (1890), „Dame im Café“ (1920), „Fruchtschale“ (um 1880), „Nollendorfplatz“ (1925) und „Titusbogen in Rom“ (1890).

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

20

mals die Möglichkeit haben, seine Kunst bis zur Vollendung ausüben zu können. In einer elenden Dachkammer wird er hausen müssen, Mäuse und Ratten werden seine Genossen sein, betteln wird er gehen müssen, um die Mittel für seine Bilder zu haben. Als Mensch, als Künstler wird er die schimpflichsten Beleidigungen ertragen müssen, nur getröstet durch den Gedanken, seine Kunst ausüben zu können. Für verrückt erklärt, mit Schmutz beworfen, wird er immer wieder den aussichtslosen Kampf für seine Ideale aufnehmen müssen. Wie viele große Talente sanken dahin in diesem heroischen Kampfe gegen den Hunger! Nach unmenschlichen Entbehrungen, die sie mit wahnsinniger Energie Jahrzehnte lang für ihre heilige Kunst ausgehalten haben, wurden sie vernichtet, weil sie mittellos, arm, keine Mäcen fanden, der Staat grundsätzlich nichts für sie tat, und ihre Kunst ihnen nicht so viel brachte, um leben zu können. Und dennoch! Einigen gelingt es trotzdem, - und weshalb soll ich es leugnen, auch ich gehöre zu ihnen, - wenn auch alt und zerrieben von dem harten, grausamen Kampf, den Kopf noch hoch halten zu können und Sieger geworden zu sein. Wo sind aber die vielen Kameraden auf dem steilen Weg zur Kunst geblieben, verstorben, verschollen! Das Elend in den entscheidendsten Jahren hat sie vernichtet. Aber treu bis zum letzten Atemzuge opferten sie sich ihren Idealen. Und wer will wissen, ob es nicht die Besten waren?

V. „Mehr Geist – mehr Geld – schön wär’s!“ Selbstbekenntnisse deutscher Künstlerinnen über ihr Verhältnis zum Geld (2009) Abschließend der Brückenschlag in die Gegenwart. Geistiges Arbeiten und künstlerisches Schaffen gehören zu den fest etablierten Teilsystemen unserer Gesellschaft. Galeristen, Kuratoren, Sammler, Museen, Kunstvereine, Stiftungen, Theater, Verlage, Kommunen, Bund, Länder und Unternehmen u.v.a. fördern Kunst und Künstler als Auftraggeber, Sponsoren und Kunden. Noch nie, so mag man denken, wurde die Welt des Geistigen, die bildende Kunst, Kultur und die schönen Künste im Allgemeinen so umfassend subventioniert wie heute. Der Künstler jedoch kämpft weiter, die Künstlerin auch. Nicht wie Heinrich Heine, um Geld als Maßeinheit für soziale Anerkennung, nein, er kämpft um seine Existenz. Das durchschnittliche Jahreseinkommen der über 160.000 bei der Künstlersozialkasse versicherten KünstlerInnen in Deutschland lag im Jahr 2008 bei 12.216 Euro.11 11

http://www.kuenstlersozialkasse.de/wDeutsch/ksk_in_zahlen/statistik/ versichertenbestandsentwicklung.php. Insgesamt erfasst die Statistik 161.822 bei der Künstlersozialkasse versicherte KünstlerInnen in Deutschland für das Jahr 2008 (Tendenz steigend, im Jahr 1991 waren es 47.713). http://www.kuenstlersozialkasse.de/wDeutsch/ ksk_in_zahlen/statistik/durchschnittseinkommenversicherte.php. Die versicherten KünstlerInnen kommen aus den Bereichen Darstellende Kunst, Musik, Bildende Kunst, Wort. Am besten verdienen die Künstler im Bereich Wort mit 17.987 Euro pro Jahr. Künstlerinnen in eben diesem Bereich verdienen durchschnittlich 13.306 Euro. Auch in diesem Berufzweig verdienen Frauen ca. 15% weniger als ihre männlichen Kollegen.

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

21

Freilich wäre ein Raffael heute nicht bei der Künstlersozialkasse versichert. Und es ist fraglich, ob sich sein (wenngleich nur unterstelltes) Malprinzip „Mehr Geld – mehr Gold!“ in den bürokratischen Mühlen moderner Kunstförderung hätte bewähren können. Überließe man den jungen Raffael dem freien Markt im Vertrauen auf dessen Selbstregulierungskräfte, dann hätten ihn seine Prinzipien bis September 2008 jedenfalls zu einer Banklehre veranlasst, vielleicht auch zu einem BWLStudium mit kulturwissenschaftlichem Beifach. Die Tätigkeit des Künstlers mit Aussicht auf Broterwerb oder gar Gewinnen zu verknüpfen ist uns fremd. Eine Malerausbildung, wie sie Raffael in Perugia absolvierte, würde heute keiner beginnen, der vorhat in seinem Leben Geld zu verdienen. Die Renaissance-Überzeugung, dass Kunst und Reichtum zusammen gehören, hat sich verflüchtigt. Die folgenden Stellungnahmen stammen von zeitgenössischen Künstlerinnen, die eigens für diesen Beitrag zu ihrer Einstellung zum Geld befragt wurden. Allen lagen die oben abgedruckten Selbstzeugnisse von 1921 vor. Da bisher nur Männer zu Wort kamen, wurden bewusst ausschließlich Künstlerinnen angesprochen. Anja Schindler Schindler:12 Geld macht nicht glücklich, trotzdem ist es die notwendige Basis fürs tägliche Überleben. Geld mit seiner Kunst zu verdienen ist ein schwieriges Unterfangen. Und dabei geht es nicht um den „Kunstdünger“, nicht um eine einzige Idee, die dann tausendfach reproduziert wird und sich aus diesem Grunde gut verkaufen lässt, sondern um Künstler und Künstlerinnen, die Ideen in sich tragen und den Drang in sich verspüren diese umzusetzen, obwohl es aus finanzieller Hinsicht meist nicht rentabel ist. Kunst ist Leben. Dieses Leben muss gelebt werden, Künstler müssen forschen, beobachten, erarbeiten, ausarbeiten und das braucht seine Zeit und diese lässt sich nur schwer bezahlen. Kunst braucht Konzentration und Freiräume. Diese in einem exakten Zeitplan zu produzieren, sozusagen auf Knopfdruck kreativ zu sein, ist nicht möglich. Wenn sich eine Künstlerin dann auch noch für Kinder entscheidet, ist es noch weitaus schwieriger. Kunst ist Verantwortung. Ein Künstler versucht etwas zu schaffen, dass überdauert, etwas, was über seine eigene Existenz hinaus12

* 1963 in Bremen. Anja Schindler studierte Kunstpädagogik, bevor sie von 1986 bis 1992 ein Studium an der Kunsthochschule Bremen absolvierte. Seit 1992 lebte und arbeitete sie in Sorbello, Italien, 2006 zog sie mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in die Alte HIFA-Strickwarenfabrik nach Klotten an der Mosel. Ihre Bilder und Grafiken entstehen oft auf Collagen aus alten Dokumenten, Schriftstücken und Büchern, die sie in ihrer eigenen Technik zusammenfügt.

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

22

geht. Auch Kinder sind eine Verantwortung, die man übernehmen muss und nicht einfach wegschieben darf, wenn sie stören. Zwei Verantwortungen, denen man zeitgleich nur schwer gerecht werden kann. Natürlich geht es in unserer heutigen westeuropäischen Gesellschaft nicht mehr um das Hungerleiden; unsere Grundbedürfnisse sind gesichert, aber es geht um Wertschätzung und Anerkennung. Diese Punkte werden in unserer Gesellschaft über das Geld definiert. Wer gut verkauft, ist erfolgreich. Wer nicht verkauft, ist ein Verlierer. Dabei hat sich in der Geschichte der Kunst immer wieder gezeigt, dass gerade die Querdenker ihrer Zeit voraus waren, nicht verstanden wurden und erst nach ihrem Tode geehrt wurden. Wir halten uns für eine Hochkultur, so wäre es doch wünschenswert, heutigen Künstlerinnen und Künstlern mehr Wertschätzung und Anerkennung zukommen zu lassen. Silja von Kriegstein: Kriegstein:13 „Am Geldende ist mal wider so viel Monat übrig ...“. Mich stressen Schulden. Ich möchte unabhängig sein, für mich selbst sorgen können, am liebsten weder meinen Eltern auf der Tasche liegen noch irgendwo anders Kredite aufnehmen. Als Studentin habe ich eine Weile Bafög bekommen, davon habe ich die Hälfte gespart um alles jederzeit zurückzahlen zu können und lieber nebenher gearbeitet. Später, während des Schauspielstudiums, hatte ich dann ein Stipendium, was mich sehr beruhigte. Vielleicht ist das eine andere Form von Bindungsangst, dass ich mich da nicht in Abhängigkeiten begeben möchte. Habe ich Schulden, dann füllt das irgendwie meinen Kopf aus und zieht meine Konzentration von anderen Dingen ab. Ich weiß also für mich, dass wenn ich gut arbeiten will, gut spielen will, muss ich zumindest ungefähr „auf null rauskommen“, oder einen Ausgleich „in Sicht“ haben. Die Mindestgage für Bühnensolisten beträgt Brutto etwa 1600,- monatlich (Wer sich darüber genauer informieren möchte, sollte den Tarifvertrag NV Solo Bühne lesen). Inzwischen bin ich keine Anfängerin mehr und meine momentane Situation ist so: Ich spiele viele große und kleine Rollen am Theater und habe dadurch ein sehr angefülltes Jahr. Im Sommer habe 13

* 1979 in Frankfurt am Main. Silja von Kriegstein ist Schauspielerin und debütierte am Düsseldorfer Schauspielhaus. Derzeit ist sie am Nationaltheater Mannheim festes Ensemblemitglied (u.a. als Maria Stuart in „Maria Stuart“, Julia in „Romeo und Julia“, Lilja in „Lilja 4-Ever“). Gastspiele führten sie u.a. an das Thalia Theater Hamburg, das Theater Freiburg und die Ruhrfestspiele Recklinghausen. Sie unterrichtet Schauspiel an der Theater Akademie Mannheim und ist Kuratorin des jährlichen Kulturfestivals „unmarked_space“ auf der Halbinsel Holnis/Glücksburg.

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

23

ich sechs Wochen Urlaub, den gesamten Jahresurlaub also am Stück. Ich lebe in einem Zimmer in einer Wohngemeinschaft. Trotzdem mache ich im Monat etwa hundert Euro Schulden. Das meiste Geld gebe ich, glaube ich, für Essen aus. Der Zeitplan am Theater ist oft sehr kurzfristig, ich schaffe es dann nicht einzukaufen und zu kochen. Um übers Jahr zu kommen, brauche ich neben dem Theater noch andere bezahlte Aufträge (Drehtage, Sprecherarbeiten, Lesungen, Unterricht). Bislang habe ich es immer so geschafft, dass ich Sachen arbeiten konnte, die mit meiner Ausbildung zu tun haben. Aber von einer richtigen Urlaubsreise träume ich. Mein Freund und ich verbringen die freie Zeit meist in einem Bauwagen an der Ostsee. Wenn ich mehr Geld hätte, würde ich, glaube ich, vor allem diese Zeit nutzen um auf der ganzen Welt Erfahrungen zu sammeln und mehr gesundes Essen kaufen, Bioprodukte. Neben meiner Arbeit am Theater muss ich also ständig gucken, wie ich die Schulden vermeide, und das vernichtet meine Erholungszeit aus zweierlei Gründen: Erstens treibt es mich innerlich ständig um und lässt mir keine Ruhe und zweitens habe ich nur die Möglichkeit zum Beispiel eine Unterrichtseinheit so zu legen, dass sie in die vom Theater garantierte Ruhezeit vor eine Vorstellung fällt, da dies für mich die einzige Möglichkeit darstellt langfristig Termine planen zu können. Natürlich ist dies aber nur möglich wenn die Vorstellung nicht zu anstrengend ist. Es bleibt also wenig Zeit zum Geldverdienen und ich hoffe immer auf glückliche Zufälle und Lücken, die sich auftun. Manchmal ärgert es mich natürlich auch, keine eigene Wohnung zu haben, nicht in den Urlaub zu fahren... und ich habe nicht das Gefühl, dass das, was ich leiste, in einem realistischen Verhältnis zu dem steht, was ich verdiene. Das nagt schon an mir. Wenn dann immer wieder Idealismus gefordert wird, denkt man sich, dass man eigentlich schon die ganze Zeit idealistisch ist und irgendwann auch die Zeit für Realismus sein dürfen müsste. Wenn Döblin sagt, er fühle sich manchmal wie ein Schufter und kein Mensch, kann ich damit was anfangen. Ich sehe die gleiche Frustration leider auch bei älteren Kollegen/innen immer wieder und das lässt mich an der Zukunft diese Berufes für mich zweifeln. Ich möchte irgendwann Familie haben und frage mich immer mehr, wie das zu schaffen sein soll. Und funktionierende Modelle beobachte ich da allenfalls bei männlichen Kollegen im Festengagement. Ernst Zahns Vorstellung von dem Brotberuf und der Kunst in den Mußestunden finde ich für mich heute absurd. Ich glaube nicht, dass man (gerade als Frau) neben einem Brotberuf und einer Familie noch viele Mußestunden hat um sich professionell seiner Kunst zu widmen. Allerdings beneide ich meine Kollegen, die zum Teil vor Beginn des Schauspielstudiums eine Berufsausbildung gemacht haben und

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

24

diesen als Sicherheit haben. Wenn man irgendwann als Gast genug verdienen würde, wäre das natürlich das Beste. Selbständig zu sein, vielseitig zu arbeiten, Drehtage und Theater zu kombinieren ... allerdings weiß man dann noch weniger, wie viel man auf dem Konto hat. Diese Form kommt daher meinem Sicherheitsbedürfnis nicht gerade entgegen. Allerdings die jetzige auf lange Sicht gesehen auch nicht. Ich glaube nicht, dass sich wahre Kunst nur in der Armut und im Leid entwickelt und der Künstler in einer Dachkammer zwangsweise verschimmeln muss. Es gibt genug Bespiele großer Künstler, die sehr reich waren und solche, die bitter arm waren, und die Kunst ist beim einen nicht besser als beim anderen. Niemand weiß, wann gute Kunst entsteht, dafür gibt es kein Rezept. Aber was mich betrifft würde ich sagen, dass ich vielleicht besser und konzentrierter meiner Profession nachgehen könnte, wenn ich mich nicht ständig darum kümmern müsste, wie ich noch zusätzlich Geld verdienen kann. Je konzentrierter ich mich einer Arbeit widmen kann, je mehr ich mich in sie versenken kann, desto fundierter wird sie sein und mir mehr Freude bereiten. Denn mein persönliches Ideal einer Rolle oder eines Kunstwerkes ist nie beliebig und selten entstehen solche Dinge, glaube ich, en passant. Iris Stephan14 Ich finde Geld schon gut, oder wichtig, weil es auf der einen Seite unabhängig macht - aber auf der anderen Seite halt auch abhängig. Die Münze hat zwei Seiten. In dem Moment, wo Du Auftragskunst macht, bist Du nicht mehr frei. Es ist leichter im Leben, wenn man für seine Arbeit ordentlich bezahlt wird. Man muss ja von was leben. Ich glaube nicht, dass Kunst besser oder schlechter wird. „Machst Du gute Arbeit, kriegst Du gutes Geld“ – das ist leider in der Kunst nur selten der Fall. Eigentlich würde ich gern leistungsbezogen bezahlt werden. Nicht immer nur mal hie und da. Aber ich will halt auch nicht in die Mühle eines Angestelltenverhältnisses. Das erstickt Kreativität. Ich möchte Fehler machen dürfen. Das würde fast jeder Künstler sagen, dass erst 14

*1969 in Bad Ems. Studierte Malerei und Bildhauerei an der Alanus Hochschule der bildenden Künste in Alfter / Bonn, lebt und arbeitet in Köln. Iris Stephan hat 2005 den Kunstraum K5 gegründet und leitet diesen, seit 2006 ist sie Mitglied der Künstlergruppe "die kunstkreditkarte" und wurde 2007 in der Gedok Köln aufgenommen. Zu ihren jüngsten Ausstellungen zählen Nord Art - International/ Kunst in der Carlshütte (2009); "Olympia" Internationale Gruppenausstellung, Frauenmuseum/ Bonn (2009); "speichern unter Teil 2" Künstlerinnengruppe SOS Altes Pfandhaus/ Köln Kulturamt Köln/ SK- Stiftung Kultur (2008); "horror vacui - oder die Angst vor der Leere" Gruppenausstellung im K5/ Köln (2008’), "Himmel" Gruppenausstellung/ Köln Museum für verwandte Kunst (2007 ), Gruppenausstellung „ Kunst und Integration“ im Kunsthaus Rhenania / Köln (2007).

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

25

durch Fehler Kunst entsteht. Kunst hat viel mit Versuch und Irrtum zu tun. Ein Künstler ist ein freiwilliger Selbstausbeuter! Wenn man sich dafür entscheidet, dann muss man danach nicht so groß lamentieren. Das Künstlerleben ist eine attraktive Lebensform. Würde ich mitten in der Nacht geweckt und gefragt, ob ich meine Künstlerexistenz gegen eine andere Lebensform tauschen wollte, dann wäre die Antwort ein klares Nein. Erst wenn ich dann wirklich wach wäre, fielen mir einige Bedingungen ein, dann würde ich über die Kanten, Ecken, Stürme und Unwegsamkeiten reden, die einem den Alltag so mühselig machen. Man lebt selbstbestimmt, selbstausbeuterisch – ja, aber immerhin selbstbestimmt selbstausbeuterisch. Wovon ich lebe? Künstlerisch formuliert würde man von einer Mischtechnik sprechen. Sehr wenig verdiene ich mit dem Verkauf meiner Kunstwerke. Dann gebe ich Kurse, arbeite als Seminarleiterin. Davon kann man leben, wenn man sparsam lebt. Aber ich bin mal gespannt wie lange. Als junger Mensch braucht man weniger. Selbstausbeutung ist eine Kräftefrage. Man muss damit rechnen, dass man älter wird. Als freischaffender Künstler muss man halt alles in einem sein: Man ist sein eigener Graphiker, Produktmanager, PR-Agent, sein Revisor, Steuerberater, Layouter etc.. Die Gesellschaft hat sich daran gewöhnt, dass bildende Kunst nix kostet. Wenn man für Kunst bezahlen muss, dann wird’s eng. Beim Theater und im Konzert kauft man selbstverständlich Karten, aber für eine Kunstausstellung wird nur in den großen Museen bezahlt. Ich hatte kürzlich das Angebot meine Kunst in einem Bonner Institut auszustellen. Das fand ich klasse, ich sagte zu, wir besprachen das Ausstellungskonzept doch als ich dann, am Ende nach dem Honorar fragte war mein Gegenüber etwas erstaunt. Die Idee, dass Kunst – als ausgeliehene Kunst, oder Raumgestaltungskunst - etwas kostet ist einfach nicht in den Köpfen der Menschen. In Köln gibt es gegenwärtig ca. 1000 Künstler, ich würde sagen davon schafft’s es nur ein Bruchteil in die großen Museen. Es sind ganz ganz wenige. Gute Galerien, die langfristig in einen Künstler investieren solange er noch unbekannt ist gibt es ja kaum. Aber wir alle träumen weiter. Man gibt nicht auf. Kunst ist toll. Ich habe mich darauf spezialisiert Projekte an „Kunstunorten“ zu installieren. Das inspiriert mich. Kunst im Schmetterlingsgarten in Sayn, auf alten verlassenen Bauernhöfen, auf verstaubten Dachböden. Kunst in abgelegenen Räumen – das holt einem raus aus der Normalität. Allerdings, das sehe ich ganz klar, hat es den Nachteil, das diese Orte

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

26

halt keine Kunststandorte sind und es sehr schwer ist dort Publikum zu gewinnen. Aber meine Kunst zwingt mich dazu. Womit ich arbeite? Mit alten Bildern, alten Dokumenten – ich arbeite gegen das Vergessen. Hole mir die Inspiration aus der Vergangenheit. Wenn ich mich mit der Vergangenheit beschäftigt hat das zwangsläufig mit mir selbst zu tun. Woher wir kommen, wohin wir gehen, warum sich die Dinge verändern oder auch nicht verändern. Evolution funktioniert so langsam. Das bisschen Menschheit, das ist doch ein Witz Ulrike Draesner15 Geist und Geld 2009: wie gut, dass wenigstens die Alliteration übrig geblieben ist. Das Kopfkino wirft Asbach-Uralt-Werbebilder aus, das Wort ‚Geist‘ ist vernutzt, doch seit neuestem hat es auch ‚Geld‘ erwischt, auch ‚Geld‘ ist gestürzt. Geist und Geld: Gespenster, Geflüster, alter Traum. Ein G ist ein G ist ein G. Und die Frage lautet: wie schreiben? Das Wort „Freiheit“ will sich aufdrängen. Freiheit etwa von der Vermutung, die die umgebenden Geldstrukturen ständig suggerieren, dass Leistung und Entlohnung geradeaus-proportional miteinander verbunden seien. Sieht man genauer hin, scheint dies überall nicht zu stimmen (Boni für schlechte Manager etc.). In der Literatur ist das nicht anders. Was sollte, könnte Leistung da auch sein? Wäre (wie?) zu beurteilen auf dem Boden einer Biographie, im Horizont eines Lebens? Rundum: Künstlerklischees. In den Antworten von 1921 passieren sie Revue. Armut erzeugt Kunst. Spannende Biographie erzeugt Kunst. Unruhe erzeugt Kunst. Unglück erzeugt... Und was ist „dahinter“? In der „Wirklichkeit“ der Selbstinterpretationen, der Blicke auf andere und sich? Ich lebe nicht von meinen Büchern, sondern von Vermittlung, Aufführung und Bühne, Stimme, Interpretation und Präsenz. Lebe von der (neu mediengeschürten) Sehnsucht nach Authentizität? Oder doch von der ganz eigenen Körperlichkeit von Literatur. Im Zeitalter der gleitenden Verwandlungen zwischen Pflanzen, Robotern, Menschen, Avataren, 15

*1962 in München. Studierte Jura, Anglistik, Germanistik und Philosophie in München und Oxford. Promovierte 1992 mit einer Arbeit zu Wolframs von Eschenbach Parzival. Um sich ganz dem Schreiben widmen zu können, kündigte sie ihre Universitätsstelle. 1995 erschien ihr erstes Buch, der Gedichtband gedächtnisschleifen. Ulrike Draesner lebt und arbeitet in Berlin als Dichterin, Prosaautorin und Essayistin. Sie übersetzt aus dem Englischen, gibt Workshops, Seminare und Poetikvorlesungen. Einige ihrer Bücher: Hot Dogs (2004), Kugelblitz (2005), Spiele (2005), Schöne Frauen lesen (2007), Zauber im Zoo. Vier Reden von Herkunft und Literatur (2007), berührte orte (2008).

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

27

virtuellen und fiktiven Figuren mag das ihr besonderer Ort sein. Bis heute staune ich darüber, dass dieses „Leben von“, das innerlich immer ein Leben von ist, sich hie und da in die Währung ‚Geld‘ (nicht Gold) übersetzen lässt. Die zugehörige Haltung besteht aus Kostenreduktionen, Leichtsinn, Selbstüberschätzung, Verdrängung (von Krankheit o.ä.), Bescheidung, Mut, Dickhäutigkeit, Neugier und Suche. Mein Verleger sagt Sturheit. Literatur wird als Marktprodukt behandelt, ist aber kein Marktprodukt. Diese Spannung ist über die Jahre fühlbarer geworden. Die Herausforderung heißt: sich davon nicht ins Bockshorn jagen zu lassen. Weil Anerkennung und Geld natürlich-doch miteinander verbunden sind. Sich frei halten, ohne sich herauszuziehen: mit Humor und „cunning“ – jener Schläue, die James Joyce nicht zufällig am Ende seines Romans A Portrait of the Artist as a Young Man ins Spiel zu bringen weiß. Was sie ist? Man muss sie erfinden.16

Bibliographie Bredekamp 2008: Bredekamp, Horst, Sankt Peter in Rom und das Prinzip der produktiven Zerstörung. Bau und Abbau von Bramante bis Bernini, Berlin 2008. Chapeaurouge 1993: Chapeaurouge, D. De, Raffael, Sixtinische Madonna, Frankfurt am Main 1993. Chapman 2004: Chapman, Hugo / Henry, Tom / Plazzotta, Carol, Raffael. Von Urbino nach Rom (= Katalog zur Ausstellung in der National Gallery, London, 20.10.2004–16.1.2005), Stuttgart 2004. Clayton 1999: Clayton, M., Raphael and his circle (Ausstellungskatalog), London u. a. 1999–2001. Esch 1981: Esch, Arnold, Über den Zusammenhang von Kunst und Wirtschaft in der italienischen Renaissance, in: Zeitschrift für historische Forschung 8 (1981), S. 179–256. Esch 2008: Esch, Arnold, Die römische Kurie in der Frührenaissance: Der Hof als Antriebskraft und meßbarer Faktor der Wirtschaft, in: Hofwirtschaft. Ein ökonomischer Blick auf Hof und Residenz in Spätmittel16

Sollten Ihnen diese Ausführungen gefallen haben, überweisen Sie bitte eine günstig alliterierende Summe an www.draesner.de. Verfahren Sie analog mit einer höheren Summe, falls diese Ausführungen Ihnen missfallen.

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

28

alter und Früher Neuzeit, hg. v. Fouquet, Gerhard / Hirschbiegel, Jan / Paravicini, Werner, Ostfildern 2008, S. 19–38. Fantoni 2003: Fantoni, Marcello / Matthew Louisa C. / MatthewsGrieco, Sara F., (ed.), The Art Market in Italy 15th-17th centuries. Il Mercato dell’Arte in Italia secc. XV-XVII, Modena 2003. Golzio 1936: Golzio, Vincenzo, Raffaello nei documenti, nelle testimonianze dei contemporanei e nelle letteratura del suo secolo, Vatican 1936. Ponente 1990: Ponente, N., Raffael, Tübingen 1990. Raddatz 1980: Raddatz, Fritz J., Von Geist und Geld. Heinrich Heine und sein Onkel der Bankier Salomon, Köln 1980. Raffaello 1994: Raffaello. Gli scritti, ed. E. Camesasca, Mailand 1994. Reinhardt 1987: Reinhardt, Stephan, Heinrich Heine, in: Genie und Geld. Vom Auskommen deutscher Schriftsteller, hg. v. Carl Corino, Nördlingen 1987, S. 231-244. Rosenberger 1923: Rosenberger, Adolf, Raffael. Das Meistergemälde, Berlin / Leipzig 1923. Rowland 1994: Rowland, Ingrid, D., Raphael, Angelo Colocci, and the Genesis of the Architectural Orders, in: The Art Bulletin 76 (1994), S. 81-104. Santi 1993: Santi, B. (Hg.), Raffael, Florenz 1993. Shearman 2003: Shearman, J., Raphael in Early Modern Sources (14831602), 2 Bde., New Haven / London 2003. Thoenes 1997: Thoenes, C., „Il primo tempio del Mondo“. Raffael, St. Peter und das Geld, in: Radical Art History. Internationale Anthologie. Subject. O.K. Werckmeister, hg. v. Wolfgang Kersten, Zürich 1997, S. 450–459. Thoenes 2005: Thoenes, C., Raffael 1483–1520, Köln 2005. Vasari 2004: Vasari, G., Das Leben des Raffael. Neu übersetzt von Hana Gründler und Victoria Lorini, kommentiert und hg. von Hana Gründler, 2. Auflage, Berlin 2004. Zahn 1924: Zahn, L., Raffael von Urbino, München 1924.

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

29

Geist und Geld: Inhaltsverzeichnis Inhalt Vorworte..........................................................................................................

Kunst REINHOLD WÜRTH (Künzelsau) Kunst und Geld – Antipoden oder Feinde?! ....................................... CARLA SCHULZ-HOFFMANN (München) „Die Kunst braucht Mäzene, keine Sponsoren. “ (Ein Gespräch mit der Direktorin der Pinakothek der Moderne in München) ......................................................................................... MANUELA VERGOOSSEN (Dresden) Künstler – Schöpfer – Marktlieferant Die Etablierung des Künstlers im 19. Jahrhundert ............................

Wirtschaft MANFRED FUCHS (Mannheim) Unternehmensethik heute .................................................................. HANS BAUER (Mannheim) Marketing und Ethik? Vermarktete Ethik! ....................................... JÜRGEN SCHOTT / KONRAD STADLER (München) Was Unternehmen wandelfähig macht Wertegeleitete Führungskultur als Modell der Zukunft ................... GÖTZ W. WERNER (Karlsruhe) Der „Geist der Freiheit“ und das „Bürgergeld“: Bedingungsloses Grundeinkommen – ein Weg aus Arbeitslosigkeit und Bevormundung?........................... FRANK MERKEL (Mannheim) Geist und Geld. Oder: über Ursache und Wirkung unternehmerischen Erfolgs ........................................................................................

Annette Kehnel: Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld.

30

Geschichte KAI BRODERSEN (Erfurt) „Von den Älteren lernen, die so gern von Ökonomie sprechen.“ Theano über Geist und Geld ............................................. MARTIN KINTZINGER (Münster) Philosophia und Pecunia. Vom Wert des Wissens in Mittelalter und Moderne......................... ANNETTE KEHNEL (Mannheim) „Mehr Geld mehr Gold“ (Raffael)? Über das Verhältnis des Künstlers zum Geld von der Renaissance bis heute mit Beiträgen von Thomas Mann, Heinrich Mann, Ernst Zahn, Leo Frobenius, Lesser Ury, Alfred Döblin, Anja Schindler, Silja von Kriegstein, Iris Stephan, Ulrike Draesner, Franziska Gottwald u.a.. ..........................................................................

Literatur LUDGER LIEB (Kiel) Kann denn Schenken Sünde sein? Liebesgaben in Literatur und Kunst von Ovid bis zum Gothaer Liebespaar (um 1480) .............................................. THOMAS KLINKERT (Freiburg im Breisgau) Balzac und das Geld ............................................................................. ANNA KINDER (Heidelberg) „Ich habe ein Recht auf Comfort, zum Donnerwetter“ Thomas Mann und das Geld ................................................................ JOCHEN HÖRISCH (Mannheim) Die Geburt der Abstraktion aus dem Ungeist des Geldes Hinweise auf Sohn-Rethels Geld- und Geltungstheorie ...................