Liebe Freundinnen und Freunde,

Liebe Freundinnen und Freunde, dies ist keine Büttenrede. Büttenreden sind auch viel zu schwer, vor allem wenn man die ZG nicht ganz genau kennt. Wenn...
Author: Frank Kuntz
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Liebe Freundinnen und Freunde, dies ist keine Büttenrede. Büttenreden sind auch viel zu schwer, vor allem wenn man die ZG nicht ganz genau kennt. Wenn Sie also auf einer dörflichen Karnevalssitzung in irgendwelchen Pointen Begriffe wie Fraktion, Gravitation, Subjekt, Prädikat und Objekt verwenden, dann sollten Sie sich nicht wundern, dass nur 25 Prozent der Zuhörer die Witze überhaupt verstehen. Also heute keine Büttenrede. Ich habe lange gerätselt, warum Ingrid Schöll gerade mich für diesen Vortrag zu dem zunächst sehr weit gefassten Thema „Karneval gesellschaftlich“ ausgesucht hat. Was soll mir dieses Thema sagen? Sie sprach auf meine Frage nach Konkretem etwas kryptisch von Klüngel, Politik und Gesellschaft im Karneval, so dass ich mir zunächst keinen Reim darauf machen konnte. Denn wir Karnevalisten haben ja mit der Mixtur Klüngel und Karneval eigentlich gar nichts zu tun. Ingrid Schöll hegt wahrscheinlich den Verdacht, dass ich das Amt eines Bonner Bürgermeisters nur erlangt habe, weil ich im Bonner Karneval tief verwurzelt war. Diese Vermutung muss ich – nach gutem politischem Sprachgebrauch – mit Abscheu und Empörung zurück weisen. Nun, richtig ist, dass im Rheinland, besonders in Köln und Bonn, Karneval und Kommunalpolitik schon sehr lange eine Symbiose eingegangen sind, also eine Win-WinSituation. Wir Kommunalpolitiker haben ja längst erkannt, dass der Karneval nicht nur ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, sondern auch eine Plattform ist, um sich als Politiker dem närrischen Volk zu zeigen und möglichst authentische Volksnähe zu dokumentieren. Liebe Freundinnen und Freunde: Ich möchte Sie erst einmal mit einigen Gleichungen konfrontieren, um dann später auch eine wissenschaftlich fundierte Handreichung für Ihren persönlichen Klüngel-Erfolg präsentieren: Gehen wir einmal davon aus, dass Klüngel ein ewiger nutzvoller Prozess ist, so dass nach rheinischer Lesart die erste Wiederholung eines Akts des Klüngels bereits Tradition ist. Also lautet die erste Gleichung: Klüngel ist Tradition, beim dritten Mal heißt es ja – wie Sie wissen - bereits: Klüngel ist Brauchtum. Es gibt aber auch die evidente, unwidersprochene Gleichung: Karneval ist Brauchtum. Streicht man bei den beiden letzteren Gleichungen den identischen Faktor Brauchtum, bleibt folgende Gleichung übrig: Klüngel ist Karneval oder auch umgekehrt Karneval ist Klüngel. Und damit sind wir mitten in der Vorstellung der Vortragsreferentin unseres Clubs. Für unsere Oberbürgermeister und auch –rinnen jedweder Couleur war und ist es ein absolutes Muss, im Karneval stets präsent zu sein. Wenn zum Beispiel das Festkomitee des Kölner Karnevals sich für ein sog. Trifolium – also das Dreigestirn: Prinz, Bauer und Jungfrau - entschieden hat, so bedarf es formal der Zustimmung des ersten Bürgers der Stadt, des amtierenden Oberbürgermeisters. Das ist in Bonn nicht so. Hier stellt man die Tollitäten am 11. im 11. im Rathaus vor und hat fertig. Hier wäre für unseren OB eine Zusammenarbeit eher denkbar. In Köln geschieht diese Zustimmung auf dem sogenannten "Nickabend" im Sommer vor der nächsten Karnevals-Session. An diesem Abend nickt der Oberbürgermeister huldvoll

den Vorschlag des Festkomitees ab. Dadurch wird aus den Kandidaten für die höchsten karnevalistischen Ämter offiziell das designierte Dreigestirn. Wenn unser OB nickt, ja, was kommt dann heraus? Höhepunkt des gesellschaftlichen Karnevalstreibens vor den tollen Tagen ist die die Prinzenproklamation, die in der Regel im Januar im Kölner Vatikan, also im Gürzenich, oder im Bonner Vatikan - eben unserer Beethovenhalle, stattfindet. Alles was in Karneval, Gesellschaft, Bürgerschaft und nicht zuletzt in der Politik Rang und Namen hat, rennt da hin. In großer Abendrobe, im Smoking und in Galauniformen der Gesellschaften zeigt man sich gerne und möchte natürlich auch gesehen werden. Apropos Vatikan: Der Stadtdechant Wilfried Schumacher gehört auch zu dieser Gesellschaft, allerdings steht er nur in Bereitschaft, falls dem einen oder anderen Politiker die eine oder andere Sünde einfällt, die es sich lohnt zu beichten. Das ist quasi wie in der Oper in der Pause der Premiere. Sehen und gesehen werden. Gesellschaft hoch drei. Schade nur wenn es keine Pause gibt, dann ist auch nur die Hälfte der Plätze besetzt. Siehe z.B. Wagners Rheingold. Und Politiker drängen dann in die erste Reihe und streben zunächst an den von Presseleuten umlagerten Tisch des Oberbürgermeisters, um vielleicht im Blitzlicht-Feuer neben ihm zu stehen. Auf den Prunksitzungen sieht man jede Menge Kommunalpolitiker in unterschiedlicher Kostümierung, auch in den Uniformen der Traditionsgesellschaften. Man sagt zum Beispiel dem Kölner Oberbürgermeistern nach, dass sie in ihren Schränken die Uniformen zahlreicher Gesellschaften aufbewahren, die sie je nach Anlass dann anziehen, um den nötigen Stallgeruch herzustellen. Aber auch die Karnevalisten schmücken sich in ihren Reihen gerne mit prominenten Politikern und sind dankbar, wenn Minister- und Polizeipräsidenten, Oberbürger- und Bürgermeister, Fraktionsvorsitzende und so weiter ihre Sitzungen besuchen. Nicht zuletzt deshalb werden an diese Personen auch gerne Ehrentitel verliehen, um ihnen eine Präsenzverpflichtung aufzuerlegen. Also quasi umgekehrt wie in unserem Club, wo die Ehrenmitglieder so gut wie nie kommen. Die personifizierten Ziele der närrischen Spötteleien der Büttredner sitzen dann ohnehin ja schon in der ersten Reihe. Sie hetzen danach dann von Empfang zu Empfang, zu Sitzung und Sitzung, um noch rechtzeitig ihren Namen aus dem Munde des Präsidenten zu hören. Kommt er zu spät und die Begrüßung ist vorbei, hilft nur noch die Spende an den Verein, um den eigenen Namen fallen zu hören. Zum Beispiel: „Wir freuen uns über eine Spende von 111,11 Euro von unserem lieben FDP-Fraktions-Vorsitzenden Ulli Hauschild.“ Dann wird ein anderes, wenn auch teureres Kommunikations-Kapitel aufgeschlagen. Aber wozu sind die Aufwands-entschädigungen ja auch sonst da? Das sind mit dem Zusatz FDP dann 100 Prozent Namedropping, denn die Partei ist noch mit erwähnt, was in Wahlkampfzeiten besonders förderlich ist. Außerdem gibt es ja auch immer einen aktuellen Sessions-Orden. Ohne den geht gar nichts und ohne den ist der ganze Karneval kapott. Man wird dann gefragt – wiesu hess Du denn dä Orde nit? Eine der peinlichsten Fragen im Karneval.

Politiker sterben dann ja auch nicht, sie werden angesichts des vielen Blechs vor der Brust irgendwann zwangsverschrottet. Apropos erste Reihe: Als damaliger Präsident des Festausschusses Bonner Karneval hatte ich es mir einmal überlegt, die nichtzahlenden Ehrengäste und Spitzen der Bonner Gesellschaft ganz hinten im Saal zu platzieren und die zahlenden in die erste Reihe zu setzen. Ein Unmöglichikum trotz der Tatsache, dass die politische Klientel nach der Pause gar nicht mehr in den Saal zurück kehrt, sondern stattdessen draußen im Foyer am Bierstand neue Koalitionen schnürt. Und die Ehrentische peinlicherweise vorne frei bleiben. Für jeden noch so närrischen Akteur auf der Bühne ein Affront. Man sieht also, Karneval und Politik weben im Rheinland ein Netzwerk, und das natürlich nur zum Nutzen dieser Stadt. Man ist aufeinander angewiesen, denn nicht zuletzt unterstützen Köln und Bonn ja den Rosenmontagszug auch finanziell, bringen doch die Besucher Geld in die Stadt. Stichwort: Umwegrendite Besonders hier gilt das Wort eines der filigransten Klüngler Konrad Adenauer im wohlverstandenen Sinne: "Man kennt sich, man hilft sich!" Es ist also ein tief in der Gesellschaft verankertes Geben und Nehmen. Die Politiker haben Gelegenheit, sich bürgernah und volkstümlich zu zeigen, und die KarnevalsGesellschaften schmücken sich mit den prominenten Gästen. Win-Win auf höchster Ebene. Der Klüngel ist demnach ein Zweikomponenten-Kleber, der öffentliches und privates Interesse miteinander verschweißt. Für einen Ministerpräsidenten im Publikum nehmen die Karnevalisten auch gerne in Kauf, dass aus der Bütt nicht mehr ganz so scharf geschossen werden darf. Ein Paradebeispiel ist die bekannte TV-Sitzung „Mainz bleibt Mainz“. Bereits zweimal hatte sich die Traditionsgruppe der „Hofsänger“ von der Veranstaltung zurück gezogen, weil ihre politischen Einlagen von der Sitzungsleitung gestrichen worden waren. Sie sehen daran: Der Karneval ist leider längst domestiziert und Teil der UnterhaltungsIndustrie geworden. Es gibt also auch eine Zensur im Karneval, was ich persönlich schade finde. Da lobe ich mir zum Beispiel die Milieu-Sitzung in Muffendorf, wo noch Unterirdisches aus der Bütt kommen darf. Immer hart an der Grenze, auch wenn nicht alles verstanden wird. Die Zensur in der Bütt liegt mit Sicherheit auch daran, dass die Übergänge zwischen dem Spitzenpersonal der närrischen Vereine und den politischen Amtsträgern fließend geworden sind. Und spätestens in diesem Moment bekommt der zu Beginn geäußerte Verdacht von Ingrid Schöll Nahrung. Ein Beispiel: Es gab in Bad Godesberg noch keinen Bezirksbürgermeister, der noch nicht Karnevalsprinz in Bad Godesberg war. Ein SPD-Fraktionsvorsitzender war auch Vorsitzender der größten Bonner Karnevalsgesellschaft. Natürlich ist der OB Ehrenmitglied im großen Senat. Apropos Ehrenmitgliedschaft: In solchen Fällen wie beim OB ist wegen geldwerter Vorteile Vorsicht geboten, wie unjüngst bei der Sparkasse gesehen und geschehen.

Kommen wir zu den drei Synonymen: Karneval, Kölsch und Klüngel. Es könnte theoretisch noch ein viertes „K“ für Kirche dazu kommen, aber der Kardinal hat in Kölle keine besonders guten Karten. Er ist und bleibt ein Imi. Also ne Imitierte. Also einer mit Migrations-Hintergrund – weil er aus Berlin kommt. Also dieses Dreigestirn der Begriffe bildet die rheinische Lebensart ab. Liebe Freundinnen und Freunde, erlauben Sie mir einen kurzen Exkurs in den semantischen Hof des Begriffes Rheinland – das Jahresthema unseres Präsidenten. Zuvor sei mir die Feststellung erlaubt, dass es in unserem Club keine wirklichen Düsseldorfer oder gar Ostwestfalen gibt. Falls es einen gibt, erwartet ihn die vermutlich die Demissio. Das Rheinland ist erstaunlich kurz, denn Rheinland heißt noch lange nicht alles, wo auch der Rhein durch fließt. Hinter Kölle ist nämlich Schluss. An Düsseldorf fließt der Rhein auch nur zufällig vorbei und das in einem großen Bogen. Wer weiß warum. In Düsseldorf schmeckt das Bier so wie es heißt, dass der Neandertaler, der bei Düsseldorf gefunden wurde, ausgestorben ist, merkt man bei einem Besuch in Düsseldorf gar nicht, und am 21. Dezember vergangenen Jahres hatte sich ganz Düsseldorf an der Düssel versammelt, um pünktlich zum Weltuntergang kollektiv ins Wasser zu gehen. Wenn es also um das Thema dieses Vortrags geht, bedenken Sie das bitte. Düsseldorf gehört nicht dazu. Die singen sogar: Die Karawane zieht weiter. Der Sultan hält durch. Welch’ katastrophale Sprachverirrung. Es konnten auch nur „Imis“ sein, die den Kölner Klüngel, so wie aus dem Munde des früheren RP Franz-Josef Antwerpes, in die Nähe der Korruption gerückt haben. Übrigens: Keine Kölner Mutter würde je ihr Kind Franz-Josef nennen. Die eingeborenen Kinder in Köln lernen das Klüngeln bereits in der Kinderkrippe. So, liebe Ingrid Schöll, jetzt wollen wir es mal ein wenig wärmer werden lassen: Köln ist eine Millionenstadt, in der es saust und braust. Und jeder schunkelt mit jedem. Eine wahre Wärmestube. Die Kleinen feiern in den „School- und Veedelszöch“, das sind die karnevalistischen Kaderschmiede für den späteren Rosenmontagszug. Die Erwachsenen lassen es im „Gürzenich“ krachen. „Drink doch ene met, stell dich nit esu an!“, heißt es in jedem Saal und an jeder Theke. Die karnevalistische Geselligkeit ist das Schmieröl des Klüngels, womit wir in der wirklichen Tiefe des Themas sind. In Karnevalszeiten wird spät in der Nacht auf der Herrentoilette des „Gürzenich“ zwischen Politikern und Bauunternehmern voraus schauende Stadtplanung gemacht. Einzig und allein zum Wohle der Stadt. Köln natürlich. „Klüngel soll niemandem schaden, aber möglichst vielen nützen. Also das Ausräumen von Schwierigkeiten im Vorfeld von Entscheidungen, wie das einmal der verstorbene OB Burger gemeint hat.

Köln hat ja so manche Sehenswürdigkeit allein dem Klüngel zu verdanken. Die 800 Millionen Mark teure Müllverbrennungsanlage in Niehl, bei deren Bau nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft mindestens 25 Millionen Mark Schmiergeld geflossen waren. Das waren allerdings keine harmlosen Klüngler, sondern knallharte Korruptis. Nach deren Fertigstellung waren bei den Baufirmen plötzlich Kommunalpolitiker zur Kollekte aufgetaucht und kassierten „Dankeschön-Spenden“ für ihre Parteikasse. Oppenheim, dann das Millionen-Jüppchen Jupp Esch und die Sparkasse Kölle sind weitere Mistreiter im Club. Denn Korruption", so heißt es in einem Buch über den kölschen Humor als Philosophie, "ist Klüngel ohne Charakter". Apropos Oppenheim. Alfred Freiherr von Oppenheim wurde in Köln verehrt wie ein Heiliger. Gesellschaftlich hoch anerkannt. Als er im Jahr 2005 starb, wurde zum ersten Mal in der 750jährigen Geschichte des Kölner Doms die Totenmesse für einen Protestanten gelesen. Die Elite der Republik erwies »Alfi«, wie er in seiner Heimatstadt liebevoll genannt wurde, die letzte Ehre, auch Angela Merkel war gekommen. Sie sehen, wie sich auch der ehrwürdige Kardinal Meisner plötzlich zu einem durch die Kölner Gesellschaft initiierten, aus Sicht des Papstes völlig verfehlten einigartigen ökumenischen Fehltritt hat hinreißen lassen. Su jet jeht nur in Kölle. Sollte aber wider Erwarten einmal einem Kommunalpolitiker Korruption nachgewiesen werden, dann spaltet sich der Delinquent plötzlich in zwei Wesen auf – in das öffentliche und das private. Das Geld nahm – das ist klar - immer nur der Privatmann – natürlich aus Unwissenheit und jugendlicher Dummheit. Das Opfer staatsanwaltlicher Ermittlungen behält als Amtsperson dann eine reine Weste. Auf diese Weise ist zum Beispiel der frühere Kölner Oberstadtdirektor Ruschmeier als Privatmann zur Firma Esch & Oppenheim gewechselt, der er noch im Amt die Filetstücke der Stadt zugeschustert hatte. Normalerweise wird sowas psychiatrisch betreut. Im Klüngel ist die gespaltene Persönlichkeit aber so pervers wie normal. Binden wir den Karneval wieder ein: Zum Finale ihrer Sitzungen stimmen die Karnevalisten ja gerne ihre quasi schon National-Hymne auf Vetternwirtschaft und Vereinsmeierei an. „Echte Fründe stonn zesamme.“ Es waren auch Freunde, die sich 1894 in der Karnevalsgesellschaft „Große Mülheimer“auf der Schäl Sick zusammengeschlossen hatten. Die Freundschaftsdienste unter den Mitgliedern waren weiter gegangen, als die Polizei erlaubt. Über ihr Beziehungsgeflecht bei Behörden und Banken sollen sich die jecken Klüngler TÜV-Plaketten für Autos, Genehmigungen für Handwerksbetriebe und Kredite ohne entsprechende Sicherheiten zugeschanzt haben. Da war für die Staatsanwälte in Kölle doch Schluss mit lustig. Ermittlungsverfahren waren die Folge. „Es ist ein Ritt durch das gesamte Strafgesetzbuch“, sagte einmal Staatsanwalt über die Karnevals-Connection.

Aber Kölner Staatsanwälte sind ja keine Unmenschen. Nach monatelangen Ermittlungen stellen sie oft ihre Strafverfahren gegen eine Geldauflage ein. Schließlich habe ja der jeweilige Promi-Klüngler bereits schon durch die Ermittlungen „persönlich und in seinem politischen Wirken“ gelitten, wie es beispielsweise in der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft zu einem Urteil hieß. Wie ich finde: das ist eine schöne kölsche Lösung, und eine neue, und wie ich denke, moderne Rechts-philosophie. Aber im Unterschied zur reinen katholischen Lehre von Himmel und Hölle glaubt der Kölner ja schon am Beginn seines Lebens an ein gutes Ende. „Et hätt noch immer jot jejange.“ Der Kölner glaubt aber auch nicht, dass der Klüngel ausstirbt, eher glaubt er an einen Klüngel nach dem Tode." Viele Mitmenschen übersetzen den Begriff Klüngel in Networking oder sagen, Klüngel ist nur dann schlecht, wenn man selbst nicht mitmachen darf. Stimmt irgendwie. Nun klingt Networking sehr technisch und unpersönlich - Klüngeln hingegen klingt emotionaler, denn er verlangt persönliches Handeln. Nehmen wir das Thema doch einmal wissenschaftlich und vielleicht für Sie alle nutzbringend: Gehen wir davon aus: Erfolge sind immer ein Ergebnis von Leistung und Beziehungen. Liebe Freundinnen und Freunde: Fragen Sie sich einmal: Fühlen Sie sich vor allem Ihren inhaltlichen Aufgaben verpflichtet? Bleibt Ihnen dabei noch Zeit, über Erfolg und Anerkennung nachzudenken? Wie erfolgreich und zufrieden sind Sie mit Ihrer Arbeit, mit Ihrem Alltag? Welchen Gewinn fahren Sie ein und welche Anerkennung erhalten Sie? Oft ist es so: Die beste Idee bleibt ungehört, das beste Arbeitsergebnis ungesehen, wenn Sie nicht Menschen finden, die über entsprechenden Einfluss verfügen - oder über Macht, Ressourcen, Finanzen usw. Umgekehrt brauchen aber auch andere Mitmenschen Ideen und Lösungen. So entsteht ein Netz. Ihr ungebrochener Fleiß bewirkt dabei allerdings wenig. Sie arbeiten und arbeiten. Doch ob Sie wollen oder nicht: Sie müssen, wenn Sie erfolgreich sein wollen, einen nicht unerheblichen Teil Ihrer Zeit für das Kontakten aufwenden. Daraus folgt die Frage, wie viel Zeit Sie in Aufbau und Pflege Ihres Kontaktnetzes investieren. Es gibt Statistiken, die aufzeigen, wie der nötige Erfolg zustande kommt, denn wie haben wir eben formuliert: Erfolg entsteht aus Leistung UND Beziehungen. Das frappierende Ergebnis: Nur zehn Prozent Ihrer Zeit müssen in Wissen und persönliche Leistung investiert werden. 30 Prozent brauchen die Selbstdarstellung und Image-Bildung und 60 Prozent die Entwicklung von Kontakten, in Beziehungen und in die Erhöhung des eigenen Bekanntheitsgrades. Letzteres bedeutet Klüngeln rsp. Netzwerken. Also, was brauchen Sie zum erfolgreichen Klüngeln: Das Erste ist zunächst eine positive Lebenseinstellung. Ich gehe davon aus, dass Sie alle die haben. Und nur die Sicht auf das halbvolle Glas lässt Sie die Kompetenzen und Möglichkeiten anderer erkennen.

Dann kommt eine gesunde Neugier dazu, nämlich auf andere zugehen, zuhören und nachfragen und natürlich Informationen sammeln. Dann brauchen Sie die Fähigkeit, sich darzustellen und auch die Bereitschaft, Kontakte zu vermitteln. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei, die Klüngelkultur vom Geben und Nehmen zu beherrschen, also Win-Win-Situationen anzustreben. Also, was kann ich geben und was brauchen die anderen von mir. Und natürlich, was brauche ich von wem? Sie müssen Orte kennen, wo kontaktet wird und immer den persönlichen Face-to-Face-Kontakt angehen. Es ist klar, dass vertrauenswürdige Beziehungen gepflegt, vertieft und schließlich auch in Ihre privaten und beruflichen Entscheidungen einbezogen werden sollten. Damit Sie auch alles überblicken, ist eine Erinnerungs-Datei von großem Vorteil. Das alles geht nicht ohne Zeit und Geld. Eine wichtige Erkenntnis: Die Stabilität des Netzwerks ist dabei wichtiger als der materielle Vorteil. Das kennen wir doch aus Italien. Kommen wir noch einmal zu den Kontaktorten zurück. Welch schönere, wirkungsvollere und persönlichere Kontakt-Gelegenheiten für eine erfolgreiche Klüngel-Kultur gibt es ---als karnevalistische Veranstaltungen. Klar, Face-to-Face, aber dann Skin-to-Skin und Lips-to-Lips in einer kumpeligen, manchmal erotisch aufgeladenen, ungezwungenen, Bützchen heischenden Atmosphäre – und dazu Kölsch als Zungenlöser. Womit wir die drei Ks – Karneval, Kölsch und Klüngel wieder beisammen hätten. Wenn Sie im Karneval quasi – auf welcher Ebene auch immer – in eine bestimmte Vorleistung getreten sind, lautet der Tipp des Klünglers: Nie den Ausgleich sofort verlangen. Belohnt wird zeitversetzt. Es gibt auch eine Zeit nach dem Aschermittwoch. Sie erinnern sich, was ich am Anfang gesagt habe: Die karnevalistische Geselligkeit ist das Schmieröl des Klüngels. Und wenn das alles, was ich Ihnen jetzt unter meiner Narrenkappe erzählt habe, nicht der Wahrheit entspricht, dann frage ich mich ernsthaft: Wie ist Wolfgang Albers Polizeipräsident von Kölle, Wolfgang Grießl Präsident der IHK und wie bin ich Bürgermeister der Stadt Bonn geworden? Vielen Dank fürs Zuhören