Ermutigt in die Zukunft

Ermutigt in die Zukunft Jetzt ist es gerade mal eine Woche her, dass wir Ostern gefeiert haben. Ist bei Ihnen noch etwas übriggeblieben von der Osterf...
Author: Laura Gerhardt
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Ermutigt in die Zukunft Jetzt ist es gerade mal eine Woche her, dass wir Ostern gefeiert haben. Ist bei Ihnen noch etwas übriggeblieben von der Osterfreude? Haben wir etwas hinübergerettet in den Alltag oder haben die Sorgen und Probleme schon wieder alles erstickt? Wir haben gerade an Ostern immer wieder auch die Zusagen gehört und vielleicht auch selber gelesen: „Jesus ist auferstanden!“ „Er lebt!“ „Er hat das Böse besiegt!“ Sind uns diese Zusagen eine Ermutigung in dieser Woche gewesen und bleiben sie es über das Jahr hinaus? Ich muss gestehen, wenn ich mich nicht mit dem Predigttext beschäftigt hätte, wäre Ostern bei mir sehr schnell wieder abgehackt gewesen und die Sorgen und der Stress des Alltags hätten überhand genommen. Schon im Leben der Jünger Jesu hatte sich scheinbar nichts Wesentliches in ihrem Alltag geändert, obwohl sie dem Auferstandenen gerade erst persönlich begegnet waren. Es schien sich der normale Alltag wieder einzupendeln. Ich lese dazu den Predigttext aus Johannes 21,1-14: 1 Jesus zeigte sich seinen Jüngern später noch ein weiteres Mal. Er erschien ihnen am See von Tiberias, 2 wo Simon Petrus, Thomas – auch Didymus genannt –, Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und noch zwei andere Jünger zusammen waren. 3 Simon Petrus sagte: »Ich gehe fischen.« – »Wir auch«, sagten die anderen, »wir kommen mit.« Sie gingen zum Boot hinaus und legten ab, aber in jener Nacht fingen sie nichts. 4 Als es dann Tag wurde, stand Jesus am Ufer, doch die Jünger erkannten ihn nicht. 5 »Kinder«, rief er ihnen zu, »habt ihr nicht ein paar Fische für das Frühstück?« – »Nein«, riefen sie zurück, »nicht einen einzigen!« – 6 »Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus!«, forderte er sie auf. »Ihr werdet sehen, dass ihr etwas fangt.« Sie warfen das Netz aus, aber dann konnten sie es nicht mehr einholen, solch eine Menge Fische hatten sie gefangen. 7 Da sagte jener Jünger, den Jesus besonders liebte, zu Petrus: »Es ist der Herr!« Als Simon Petrus ihn sagen hörte: »Es ist der Herr«, warf er sich das Obergewand über, das er bei der Arbeit abgelegt hatte, band es fest und sprang ins Wasser, ´um schneller am Ufer zu sein`. 8 Die anderen Jünger kamen mit dem Boot nach, das Netz mit den Fischen im Schlepptau. Sie hatten es nicht weit bis zum Ufer – nur etwa hundert Meter. 9 Als sie aus dem Boot stiegen und an Land gingen, sahen sie ein Kohlenfeuer, auf dem Fische brieten; auch Brot lag dabei. 10 »Bringt ein paar von den Fischen, die ihr eben gefangen habt!«, forderte Jesus sie auf. 11 Da stieg Simon Petrus ins Boot und zog das Netz an Land. Es war voll von großen Fischen, im Ganzen hundertdreiundfünfzig. Und trotz dieser Menge riss das Netz nicht. 12 »Kommt her und esst!«, sagte Jesus. Die Jünger hätten ihn am liebsten gefragt: »Wer bist du?« Aber keiner von ihnen wagte es; sie wussten, dass es der Herr war. 13 Jesus trat ´ans Feuer`, nahm das Brot und gab es ihnen, und ebenso den Fisch. 14 Das war nun schon das dritte Mal, dass Jesus seinen Jüngern erschien, nachdem er von den Toten auferstanden war. 1. Ermutigt in die Zukunft trotz Frustration? (v.1-3) Wie stellen wir uns gedanklich eigentlich die Osterboten vor? Die Personen, die Jesus persönlich nach seiner Auferstehung gesehen haben? Ist es nicht oft so, dass wir uns jene ersten Osterzeugen, nachdem sie einmal vom Ostersieg ihres Herrn überzeugt und erfasst waren, als eine jubelnde, triumphierende, Halleluja-singende Menschenschar vorstellen, die fast aus dem Häuschen geraten könnten vor Siegeshochgefühl? Wenn man das hätte hören und sehen dürfen, was diese sieben Männer eben gesehen und gehört und mit Händen betastet haben! Dann müssten sie meiner Meinung nach durch die

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Strassen Jerusalems laufen und müssten in die Welt hinausrufen: „Christus ist auferstanden und seinen Jüngern erschienen!“ Wir können Johannes aber dankbar sein, dass er uns die ersten Osterzeugen so zeigt, wie es dem wahren Sachverhalt entspricht… Sie sind eher kleinlaut. Und sie scheinen etwas ratlos und desorientiert. Klar, es hatte schon einen Grund warum die Jünger gerade am See Tiberias, in der Gegend von Galiläa waren. Sie waren nicht vor den Herausforderungen in Jerusalem geflohen und somit im beschaulichen Galiläa angelangt. Es war der ausdrückliche Befehl des Herrn (Mt 28,10; Mk 16,7), dass die Jünger nach Galiläa gehen sollten – also da wo sich auch der See Tiberias befindet. Und da ist die Gruppe von Jüngern nun in Galiläa angelangt. Und nun? Was sollen sie tun? Jetzt wo Jesus nicht mehr bei ihnen ist? Sollen sie da wieder anfangen, wo sie vor drei Jahren aufgehört hatten? Drei Jahre waren sie mit Jesus gegangen und hatten unglaublich viel erlebt. Dann diese furchtbaren Tage der Angst und des Schreckens, ihr Herr und Meister wurde hingerichtet! Und dann - er ist wahrhaftig auferstanden! Zuerst hatten sie es nur gehört. Dann hatten sie ihn selber gesehen, hatten mit ihm gesprochen und mit ihm gegessen. Er hatte sie sogar berührt! Nicht nur körperlich, sondern ganz tief innen… Er lebt! Er ist da! Aber all das lag nun schon wieder viele Tage zurück. Was sollten sie jetzt tun? Petrus bricht das Schweigen und entschlossen teilt er den anderen mit: „Ich gehe fischen!“ Und die anderen Jünger, als ob sie nur darauf gewartet hätten, schließen sich ihm an. Nachts ist die Beste Zeit zum fischen. Das wussten die Jünger, denn sie waren ja erfahrene Fischer. Sie rudern auf den See hinaus und werfen ihre Netze aus. Und warten. Es war außergewöhnlich ruhig. Nichts regte sich. Sie warten. So lange mussten sie sonst nie warten. Sie versuchen es an einer anderen Stelle. Wieder warten… warten. Das gibt´s doch nicht! Wo sind die Fische alle? Sie warten weiter, langsam verstreichen die Minuten. Sie versuchen es nocheinmal woanders. Auch da wieder Fehlanzeige. Schließlich werden aus Minuten S-t-u-n-d-e-n und S-t-u-n-d-e-n. Es hatte keinen Sinn. Petrus greift wieder zu den Rudern. Langsam, Schlag für Schlag, führt er das Boot wieder Richtung Ufer. Er ist so was von Müde, unheimlich müde. Zerschlagen, leer. Da hatten sie gedacht, sie wüssten schon, wie´s geht. Da hatten sie gemeint, sie würden das schon allein hinkriegen. Und nun: Nichts! Sie, die alle Fischertricks kennen, fangen nichts. Nicht einen einzigen Fisch! Mit leeren Händen, leeren Mägen und Frustriert kehren sie zurück. Ist das nicht irgendwie ein bekanntes Gefühl? Da hat man sich eingesetzt, hatte große Pläne, tolle Konzepte entwickelt, aber alles für die Katz. Da hast du gedacht: Jetzt hab ich den Bogen raus, jetzt läuft´s! Aber Pustekuchen! Da hat man soo viel Zeit, Energie und Nerven in die Gemeindearbeit gesteckt. Und die Erfolgsquote? Sehr enttäuschend. Da hat man früher Erfahrungen mit Gott gemacht, aber rechnet nicht mehr damit, dass Jesus auch jetzt noch real wirkt – weil man zu oft frustriert und enttäuscht war. In solchen Situationen kann man sehr schlecht noch irgendein Appell gebrauchen. „Komm, reiss dich zusammen! Hab endlich einen kräftigen und fröhlichen Glauben!“ Nein, solche Appelle nützen nicht, sondern Ermutigung ist angesagt. Doch wie kann man ermutigt werden in so einer totalen Frustsituation, wo man am absoluten Nullpunkt angekommen ist? Dazu ist nicht weniger, als der Auferstandene selbst notwendig. Nur Jesus kann hier wirklich, tiefgreifend helfen! Und er tut es! Wir können ermutigt in die Zukunft blicken, weil Jesus gegenwärtig ist!

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2. Ermutigt in die Zukunft, weil Jesus gegenwärtig ist (v.4-11). Die Jünger sind total erschöpft und müde mit ihrem Boot auf dem Rückweg Richtung Ufer. Und in dieser Krisensituation tritt Jesus aus der Verborgenheit heraus. Das griechische Wort meint hier weniger ein „am Ufer stehen“, sondern „an das Ufer herantreten“. Jesus wird aktiv, tritt bewusst in ihren Gesichtskreis. D.h. er war schon zuvor da, aber sie konnten ihn nicht wahrnehmen. Aber auch jetzt wissen sie noch nicht, dass es Jesus ist. Es ist also nicht nur die Morgendämmerung und die Entfernung, die das Erkennen verhindern – sondern erkennen meint bei Johannes „geistliches“ Erkennen. Jesus tritt unerwartet mitten in die Alltags- und Arbeitswelt der Jünger hinein. Nicht während des Fischzuges in der Nacht, sondern am absoluten Nullpunkt, nach einer vergeblichen Nacht. – Wir können Gott nie in unseren Alltag hineinzwingen, aber er hat uns nicht vergessen. Egal, in welcher Situation wir uns befinden, wir dürfen wissen, Jesus ist bereits anwesend. Er sieht den ganzen Frust, die Resignation und Enttäuschung – und natürlich auch die freudigen Erlebnisse. Er interessiert sich für unser Ergehen. So, wie er sich für die Jünger interessierte. Die Jünger mit „Kinder“ anzureden, war damals eine liebevolle vertraute Anrede, von seiten einer Respektperson. Wie wenn ein Meister, seinen Lehrling liebevoll anspricht. Jesus ruft den Jüngern zu: „habt ihr nicht ein paar Fische für das Frühstück?“ Aus dem Urtext wird deutlich, dass diese Frage bereits ein „Nein“ als Antwort impliziert. D.h. Jesus wusste bereits, dass sie nichts gefangen hatten. Und trotzdem fragt er gezielt nach dem, was sie haben.  Nichts, haben sie. Wenige Wochen zuvor hatte Jesus sie gefragt, ob sie in der Gemeinschaft mit ihm je Mangel gehabt hätten. Und die Jünger hatten mit einem klaren „Nie!“ geantwortet. Jetzt, ohne Jesus, müssen sie genauso radikal antworten: „Wir haben nichts“. In diesem Zusammenhang findet sich ein deutlicher Verweis auf Joh 15,5, wo Jesus sagt: „Ohne mich könnt ihr nichts tun.“ So wie Jesus sich ganz persönlich bei den Jüngern erkundigt, so interessiert er sich für unsere ganz persönlichen Nöte. Vielleicht denkt der ein oder andere: „Ja schön und gut, aber ich höre nicht, wie Jesus gerade nach mir fragt. Für mich scheint er sich nicht zu interessieren! Ich hänge irgendwie in der Warteschleife.“ Meine Rückfrage: „Geben Sie Jesus überhaupt die Gelegenheit zu fragen?“ Jesus fragt z.B., wenn wir in seinem Wort lesen und uns damit beschäftigen. Jesus fragt, wenn wir im Gebet mit ihm reden. Jesus fragt auch jetzt im Gottesdienst, wenn wir als Christen Gemeinschaft haben. Jesus fragt: „Wie geht es dir? Was bedrückt dich? Welches Problem scheint für dich unlösbar?“ Jesus lässt uns mit unserer Situation nicht allein. Es war auch nicht Jesu Absicht, die Jünger in ihrem Frust und ihrer Hilflosigkeit allein zu lassen. Er gab einen knappen Befehl. Und entgegen aller Fischerlogik folgten die Jünger seiner Anweisung. Sie warfen die Netze noch mal aus. Und kurz nachdem sie die Netze ins Wasser gelassen hatten, merken sie, wie es anfing zu ziehen, zu zappeln und zu planschen und wie es nur so wimmelte von Fischen. Es waren so viele, dass sie die Netze nicht mehr in die Boote holen konnten. Aus diesem Wunder folgt die Erkenntnis: „Es ist der Herr!“ Er muss es sein! So ist nur er! Und wieder verhält sich Petrus entgegen jeder Fischerlogik. Normal ist das Wichtigste: der Fang muss versorgt werden. Für Petrus aber ist das Wichtigste sein Herr! Er will einfach nur so schnell wie möglich zu Jesus. Selbst sein Versagen in der Nacht der Verhaftung hält ihn nicht zurück. Petrus hat die Begeisterung gepackt. Er springt ins Wasser. Wenn der Herr am Ufer steht, dann will er als Erster bei ihm sein! Die Jünger fingen viel mehr als erwartet. Die Kraft Jesu ist viel größer als unsere Möglichkeiten, größer noch als unsere kühnsten Träume. Das können wir mitten im Alltag erleben, in ganz alltäglichen Dingen.  Bsp.

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Für die Jünger hatte dieses Ereignis eine zusätzliche, ganz besondere Bedeutung. Es klingt im Text nur indirekt an, aber für die Jünger war es unübersehbar: Sie erinnerten sich an den ersten wunderbaren Fischzug. Es war eine ähnliche Begebenheit, wo die Jünger die ganze Nacht durchgefischt und nichts gefangen hatten. Und auf Jesu Anordnung fangen sie riesen Mengen an Fische. Bei diesem ersten Fischzug hatte Jesus zu Petrus gesagt: „Von nun an wirst du Menschenfischer.“ Indem Jesus die Jünger dasselbe Wunder noch einmal erleben lässt, führt er sie zurück auf diesen Anfang ihrer Nachfolge. Das war der Sinn und Zweck der gemeinsamen Zeit mit Jesus: sie zu Menschenfischern auszubilden. Und Jesus macht ihnen mit diesem 2ten Fischzug auf eine seelsorgerliche Art, jedoch unmissverständlich klar: Der Auftrag steht noch! Ihr sollt Menschenfischer bleiben! Und der Missionsbefehl, den Jesus den Jüngern in Matth 28 gab, gilt auch heute noch. „Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker!“ Die ganze Welt soll die Auferstehungsbotschaft hören. Und gerade das Bemühen, Menschen zu Jesus zu bringen, ist so oft mit Enttäuschungen und Frustrationen verbunden. Da bemüht man sich Monate- und Jahrelang, Kontakte zu knüpfen und Leute einzuladen, aber sie kommen nicht in den Gottesdienst. Da hat man ein tolles Programm auf die Beine gestellt, aber es kommen nur 2-3 Personen von der Zielgruppe. Jesus weiß und sieht die Bemühungen. Er ist schon da, bevor wir ihn überhaupt wahrnehmen. Unsere Aufgabe ist es, bevor wir etwas unternehmen, Jesus darum zu bitten, seinen Willen zu erkennen und dann mit ihm zusammen die Sachen zu machen. Wie und wann er dann wirkt, entscheidet jedoch Gott allein. Wir dürfen also ermutigt in die Zukunft blicken, weil Jesus gegenwärtig ist. Und mehr noch: Jesus stärkt seine Nachfolger für die nächste Wegstrecke. 3. Ermutigt in die Zukunft, denn der Herr stärkt seine Nachfolger (v.12-14). Jesus lädt die Jünger ein, sich von ihrer harten Arbeit zu erholen und ihre leeren Mägen mit einem frischen, leckeren Frühstück zu füllen. Das Mahl an Gründonnerstag war für die Jünger noch nicht vergessen. Jesus knüpft daran an: Er lädt ein, er teilt das Brot und die Fische aus, er steht im Mittelpunkt. Jesu lädt die Jünger ein, obzwar sie ihn vor einigen Wochen schmählich im Stich gelassen haben im Garten Getsemane und ihn sogar verraten haben. Jesus macht seinen Jüngern damit deutlich: Obwohl ihr mich vor Ostern verlassen und verleugnet habt, mache ich weiter mit euch. Welch ein Trost, wenn wir einmal versagen! Die Jünger werden beschenkt durch die Gemeinschaft mit Jesus und durch die ganz reale körperliche Stärkung nach der arbeitsreichen, durchwachten Nacht. Jesus möchte uns auch heute stärken. Wie geschieht das? Das kann z.B. bei Freizeiten sein, bei ermutigenden Mitarbeiterabenden oder beim Abendmahl. Aber auch ganz reale Stärkung durch den Urlaub, ein gutes Essen mit Freunden oder ein schöner Ausflug gehören dazu. Jesus vergaß die geschöpfliche Dimension nicht – und wir sollten sie auch nicht vergessen. Wir hatten uns zu Beginn des Textes die Frage gestellt: Kann man ermutigt in die Zukunft blicken, trotz Misserfolg und Frustration? Dann hatten wir festgestellt: JA, wir können ermutigt nach vorne schauen, denn Jesus ist gegenwärtig – auch dann, wenn wir ihn noch nicht wahrnehmen.

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Und Jesus ist mehr als nur gegenwärtig, er möchte uns stärken, ermutigen und Gemeinschaft mit uns haben. Unser leibliches Wohl liegt ihm genau so am Herzen wie unsere innere Zerrissenheit – auch heute. Amen. Egon Doerksen

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