Graswurzeln in die Zukunft (*)

Graswurzeln in die Zukunft (*) Was verbindet die Bauerngärten mit Slow-food? Was haben die Schmetterlinge aus dem Regenwald mit “Car- sharing“ zu tun?...
Author: Mareke Kaufer
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Graswurzeln in die Zukunft (*) Was verbindet die Bauerngärten mit Slow-food? Was haben die Schmetterlinge aus dem Regenwald mit “Car- sharing“ zu tun? Und wie verzweigen sich Graswurzeln in aller Welt zu einer nachhaltigen Entwicklung? Am 13. und 14. September findet in und um Bozen der 6. Internationale Kongress der Weiterbildung statt. Dabei werden einige lokale und internationale Projekte vorgestellt, in denen konkrete Zeichen zu einer nachhaltigen Entwicklung gesetzt werden. Welche Erfahrungen sind dabei gemacht worden? Wie wirkt sich dieses Mitmachen auf den Einzelnen aus, auf das gesellschaftliche Umfeld, auf Einstellungen und Kultur? Welche Breitenwirkung haben solche Projekte und wie nachhaltig wirken sie? Es ist eine unbestrittene Tatsache: Neue zukunftsfähige Einstellungen erlernt mann/frau nicht nur in den Seminarräumen und Lehrsälen von Universitäten und Bildungshäusern; nachhaltige Lebensstile ergeben sich aus persönlicher Betroffenheit und der sich daraus ergebenden emotionalen Erfahrung. Das Wissen allein wirkt meist nicht nachhaltig genug, weil in den Lebens- und Arbeitsgewohnheiten des Alltags so viele versteckte kulturelle Muster zum Ausdruck kommen, die in Widerspruch zu den Grundsätzen einer nachhaltigen Entwicklung stehen. Dem “Lernen durch Tun” kommt daher eine wesentliche Bedeutung zu: durch die praktische Auseinandersetzung in einem Projekt Wissen erwerben und durch die Interaktion in der Gemeinschaft mit anderen Menschen, dieses Wissen verankern. Die ausgewählten Projekte stehen beispielhaft für tausende anderer ähnlicher Projekte in aller Welt. Jedes ist auf seine Art einzigartig, wie alle Graswurzeln einzigartig sind, und dennoch verbindet sie ein Grundmuster: Sie entsprechen meist nicht den dominierenden Modellen von Fortschrittsgläubigkeit, betreten Neuland, in dem es noch wenig wissenschaftlichen Rückhalt von Universitäten und Forschungseinrichtungen gibt, werden oft angefeindet und ins gesellschaftliche Abseits gedrängt, bauen auf die starke Vision einzelner überzeugter und engagierter Menschen und auf die Überzeugung, dass eine bessere und gerechtere Welt möglich ist. In ihrem Zusammenspiel und ihrer Wechselwirkung, in den vielfältigen Geschichten von Erfolgen und Niederlagen, von Zuversicht und Hartnäckigkeit der beteiligten Menschen, schaffen diese Projekte eine gelebte “Kultur der Nachhaltigkeit”. Vorgestellt werden die Projekte beim Kongress in Form von Texten, Plakaten, Interviews, aber auch über die Sinne: So gibt es zum Abschluss den „Altreier Bergkaffee“ zu kosten; einen kulinarischen Einblick in die Südtiroler Kartoffelvielfalt, duftende Kräuter aus den Gärten der Laimburg und weitere Besonderheiten mehr… In der Folge werden nun die vorgestellten Projekte knapp beschrieben; zu einem späteren Zeitpunkt werden zu jeder Initiative noch Hintergrundmaterialien über die Gea*-Homepage zur Verfügung gestellt. Wer schon vor dem Kongress zum einen oder anderen Projekt Info-Material haben möchte, kann dieses in den Ämtern für Weiterbildung anfordern. “Es bedarf der Veränderung von Einstellungen, Denkstilen und Verhaltensweisen der gesamten Bevölkerung. Besonders die Industriegesellschaften sind aufgerufen, nachhaltige

Wirtschaftsweisen und neue Konsummuster zu entwickeln. Dabei müssen die Wechselwirkungen zwischen ökologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Prozessen beachtet werden. Ziel ist ein Generationenvertrag, in dem die heute lebenden Menschen sich verpflichten, bei der Erfüllung ihrer Bedürfnisse die Erhaltung gleicher Optionen für künftige Generationen zu berücksichtigen.” (Aus der Hamburger Erklärung der deutschen UNESCO-Kommission – 2003)

Eine andere Welt ist möglich… El Centro de Bordados. Cuenca, Ecuador Seit 1995 arbeiten mehr als 200 Frauen im Süden Ecuadors, in den verarmten Provinzen Canar und Azuay, in der Produktion von Handwerksprodukten für den nationalen und internationalen Markt; dabei werden Pullover gestrickt und Textilien bestickt, es wird getöpfert und Schmuck hergestellt. Die Frauen produzieren und vermarkten die Handwerksprodukte selbst in einer Genossenschaft. Gleichzeitig arbeiten sie in der Landwirtschaft zur Selbstversorgung mit Nahrungsmittel und betreuen die Kinder. Durch dieses Genossenschaftsprojekt wird die Rolle der Frauen in der Familie und der dörflichen Gemeinschaft gestärkt, sie wahren ihre materielle Unabhängigkeit und sind nicht – wie in vielen anderen ländlichen Regionen Ecuadors – zur Auswanderung gezwungen. Das Projekt belebt die lokale und regionale Wirtschaft, bewahrt die landwirtschaftlichen Ressourcen und sichert einen wichtigen Nebenerwerb zum Ankauf all jener Dinge, die nicht im Rahmen der dörflichen Selbstversorgung produziert werden können. Weitere Informationen: www.cbctotmon.com www.fepp.org.ec Manthoc – Bewegung arbeitender Kinder und Jugendlicher. Lima und Cajamarca, Peru Manthoc war der erste gewerkschaftsähnliche Zusammenschluss von Kindern in Lateinamerika. Es sind jugendliche Straßenverkäufer, Schuhputzer, Hilfsarbeiter usw. im Alter von 7 bis 17 Jahren, die in sehr praxisorientierten Schulen eine Grundausbildung erhalten und sich für würdige Arbeitsbedingungen einsetzen. Laut theoretischem Konzept von Manthoc macht es wenig Sinn, auf ein gesetzliches Verbot der Kinderarbeit zu drängen, weil dies an der Realität eines ökonomisch unterentwickelten Landes vorbeiführe. Aus diesem Standpunkt heraus tritt Manthoc für eine würdige Kinderarbeit ein, bei der die Arbeit den physischen und psychischen Fähigkeiten der Kinder angepasst ist. Gefährliche und ausbeuterische Formen von Arbeit werden bekämpft. Derzeit sind rund 4000 Kinder in verschiedenen Orten Perus an diesem Projekt beteiligt. Weitere Informationen: www.manthocperu.org Navdanya (Neun Samen). Indien Das Projekt wurde 1991 von Vandana Shiva gegründet. Wichtigstes Ziel der Bewegung: Bewahrung der Artenvielfalt, vor allem der traditionellen Reissorten, weltweiter Einsatz gegen die genetische Veränderung von Saatgut und Pflanzen und für eine Selbstbestimmung der Menschen über Wasser- und Nahrungsressourcen. Wörtlich heißt Navadhanja „die neun Samen“. Die Metapher liegt in der Bedeutung von Gleichgewicht, ein Gleichgewicht basierend auf der Vielfältigkeit innerhalb jeder Ebene, vom Kosmos bis zur kleinsten menschlichen Gemeinschaft, von der Ökologie der Erde bis zur Ökologie unseres Körpers. Inzwischen beteiligen sich rund 70.000 Bauernfamilien aus 13 Bundesstaaten Indiens am Projekt. Bisher haben mehr als 200.000 Mitglieder aus Bauernfamilien an den verschiedenen Kursen teilgenommen. Der Verein besitzt eine eigene Saatbank und stellt die Samen den Bauern zum Anbau zur Verfügung Weitere Informationen: www.navdanya.org

WunderSamen in der Laimburg, Bergkaffee in Aldein. Kartoffelvielfalt in Salern…..und in Llallagua (Bolivien) Seit 2001 läuft in der Fachschule für Obst-, Wein- und Gartenbau in Laimburg (Südtirol) das Projekt WunderSamen; durch eine Ausstellung, eine Broschüre und eine Reihe von Seminaren und Kursen geht es dabei um eine breite Sensibilisierung zum Thema „Saatgutgewinnung im eigenen Hausgarten“. „Das Erhalten von Lokalsorten hat nicht nur archivarischen Wert. Niemand kann sagen, ob nicht in einer der sogenannten „alten“ Sorten Eigenschaften schlummern, die für die Landwirtschaft in der Zukunft nicht von besonderer Bedeutung sind“. Einer dieser alten („wieder entdeckten“) Samen steckt in der Lupine. In der Gemeinde Altrei (Südtirol) ist der Same dieser Pflanze („Lupinus pilosus“) von wenigen Bäuerinnen über Jahrzehnte hinweg quasi im Verborgenen gehegt und gepflegt worden, weil in der Gegend um Altrei seit alten Zeiten im Rahmen der Selbstversorgung ein Kaffeesurrogat hergestellt worden war. Nun ist der Dornröschenschlaf dieser Lupine zu Ende; seit einigen Jahren wird die Pflanze von mehreren Bauern angebaut, geröstet und zum Verkauf angeboten. In der Hauswirtschaftsschule Haslach ist im Vorjahr (2006) das Projekt „Wieder entdeckte Gemüseschätze“ aus der Taufe gehoben worden. Ziel dieser Initiative ist die Bekanntmachung und Aufwertung lokaler Gemüsesorten. Beteiligt sind Produzenten, Südtirols Spitzengastronomie und LehrerInnen der Fachschule. In der Landwirtschaftsschule Salern (Südtirol) hat der Fachlehrer Martin Frick eine Sammlung und Ausstellung von unterschiedlichen Kartoffel- und Maissorten organisiert; insgesamt mehr als 200 Kartoffelarten und 100 Maisvarietäten wurden im Jahr 2004 unter dem Motto „Zwei Amerikaner, die auszogen die Welt zu verändern“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Derzeit wird ein Teil dieses Saatgutes in der Fachschule Laimburg und in der Saatbaugenossenschaft Bruneck weitergepflegt, um die Vielfalt der in den Alpenregionen heimisch gewordenen Kartoffeln zu bewahren. Weitere Informationen: www.fachschule-laimburg.it www.fachschule-haslach.it www.fachschule-salern.it Kartoffelvielfalt in Bolivien Die Kartoffel gehört zu den besonderen Reichtümern des südamerikanischen Staates. Insgesamt hat man rund 700 unterschiedliche Kartoffelsorten angebaut, die jeweils besondere Charakteristiken haben und einen Anbau sowohl in den tropischen Zonen wie auch im Hochland ermöglichen. Aufgrund der starken Abwanderung aus den landwirtschaftlichen Regionen und der teilweisen Zerstörung der traditionellen Selbstversorgungswirtschaft sind viele dieser Kartoffelsorten vom Aussterben bedroht. Seit 2004 sind 140 Bauernfamilien in der Kleinstadt Llallagua an einem Projekt beteiligt, das diese Vielfalt bewahren und dadurch eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel auch für die Zukunft sichern soll. Weitere Informationen: Amt für Kabinettsangelegenheiten Bozen

Nayakrishi Andalon („Neue landwirtschaftliche Bewegung“), Bangladesh Nayakrishi ist eine Vereinigung von Bauernfamilien mit dem Ziel, ausgewogene, friedliche und glückliche Beziehungen zur Natur und zu den Mitgliedern der Gemeinschaft aufzubauen und zu erhalten. Nach der tragischen Überschwemmungsflut von 1988, die die Existenzgrundlage vieler Bauern zerstörte, entstand diese Bewegung unter der Leitung von Farida Akther. Inzwischen ist die Zahl der beteiligten Kleinbauern auf 65.000 gestiegen, eine Saatgutbank wurde gegründet, in der bisher 298 unterschiedliche Reissorten und viele andere Getreide- und Bohnensorten gesammelt werden, die wesentlich für die lokale Selbstversorgung sind. Die Bewegung hat sich ein 10-Punkte-Programm gegeben, das die Prinzipien der landwirtschaftlichen Tätigkeit festhält. Unter anderem wird erklärt: „Wir verwahren uns gegen den arroganten Anspruch, dass industriell produzierte Nahrung der einzige Weg ist, Nahrungsmittel herzustellen. Wir müssen unsere Kreativität und unsere Visionen wieder neu beleben und uns dabei lenken lassen durch persönliche und kollektive moralische Verantwortung. Die Zukunftsfähigkeit der Welt wird sich dadurch erweisen, ob wir zu gemeinschaftlichem Teilen und Geben fähig sind (…)“ Weitere Informationen: www.greenpeace-magazin.de www.oneworld.at Gärten hier & anderswo Bunte & interkulturelle Gärten in aller Welt • • •

Community Gardens (USA/Kanada) Selbstversorgungsgärten am Panesillo (Ecuador) Bunte Gärten in Leipzig (Deutschland)

Zwischen diesen Gärten gibt es Unterschiede in der Schwerpunktsetzung. Mit dem Projekt „Bunte Gärten“ in Leipzig soll vor allem die Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen gefördert werden. Die aktive, gemeinsame Betätigung in den Gärten dient dazu, Vertrauen bei den Flüchtlingen zu bilden, ihre Isolation aufzubrechen und Kontakte zu erleichtern. Gleichzeitig wird ein sprachliches und berufliches Weiterbildungsprogramm angeboten. Die Community Gardens in New York City, die „P-Patch-Gardens“ in Seattle und in anderen nordamerikanischen Städten dienen einerseits der Selbstversorgung für die sozial schwächeren Einwohnergruppen und sind gleichzeitig Treffpunkt zur sozialen Integration und zur Freizeitgestaltung. Außerdem dienen sie der Bewahrung kultureller Identität durch die Möglichkeit, kulturspezifische Lebensmittel selbst zu produzieren. Die Selbstversorgungsgärten in Quito/Ecuador, wie auch in anderen südamerikanischen Städten, dienen vor allem der ärmeren Stadtbevölkerung zur Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln. Zur weiteren Information: www.stiftung-interkultur.de www.bunte-gaerten-leipzig.de Green Belt Movement, Kenia – Bäume, die in den Himmel wachsen. Die Graswurzelbewegung „The Green Belt Movement (GBM)“ wurde 1977 von Wangari Maathai mit Unterstützung des Nationalen kenianischen Frauenrats gegründet. Die Bewegung organisiert mit der weiblichen Landbevölkerung Baumpflanzungsaktionen, um der Entwaldung und damit auch der Bodenerosion entgegenzuwirken. Seit 1977 wurden über 30 Millionen Bäume gepflanzt und mehr als 30.000 Frauen in Forstwirtschaft, Nahrungsmittelverarbeitung und anderen Bereichen der erweiterten Selbstversorgung ausgebildet. Wangari Maathai erhielt als Leaderfigur dieser Bewegung im Jahre 2004 auch den Friedensnobelpreis. Weitere Informationen: www.greenbeltmovement.org

Ethical Banking – Was hat das Geld mit Zeit und Zukunft zu tun? Das ethische Grundprinzip, das den Projekten alternativer Geldwirtschaft zugrunde liegt, ist denkbar einfach: Wenn das Geld (und die Wirtschaft) nicht den Menschen dienen, sondern diese zugrunde richten, muss dieses System verändert werden. Wie? Indem die Einstellungen von Sparern und Bankiers durch eine andere Sichtweise ersetzt werden. Nicht mehr der hohe Zinsertrag soll bestimmend sein, sondern die Zweckbestimmung, für die das Geld eingesetzt wird. Sparer verzichten ganz oder teilweise auf Zinsen und dafür können Projekte finanziert werden, die ansonsten nicht genügende Finanzmittel hätten, um ihre Tätigkeit zu starten. Die Sparer erhalten die „Zinsen“ in einer anderen – nicht monetären - Form zurück: bessere Umweltbedingungen, nachhaltige Entwicklungsperspektiven, energiesparende Innovationen… Durch diese ethisch ausgerichtete Banktätigkeit konnten bisher in vielen Ländern des Südens interessante Projekte regionaler Entwicklung verwirklicht werden (z.B. in Bangladesh und Ecuador). Aber auch in Südtirol wurden mit den Mitteln des Ethical Banking eine Reihe von sozialen und ökologischen Projekten finanziert. Weitere Informationen: www.bancaetica.com www.ethicalbanking.it Slow food - Nachhaltigkeit kann auch genussvoll sein… Die offizielle Gründung dieser „Kultbewegung“, die inzwischen in vielen Ländern Fuß gefasst hat, erfolgte 1987 in Bra, einem kleinen Ort in der Provinz Cuneo. Slow food bedeutet nicht nur ein „langsameres Essen“ als Gegenreaktion auf die Tendenzen zum fast food; „langsam“ bedeutet in diesem Falle vor allem „bewusst“, „achtsam“, „respektvoll“. Slow food will einen besonderen Bezug zu regionalen Landwirtschaftsprodukten schaffen, lokale kulinarische Produkte aufwerten, auf die Qualität der Nahrungsmittel achten. Gegen die Kultur der einseitigen Beschleunigung, die zu einem „fast life“ führt, geht es für slow food darum, das Geruhsame wiederzubeleben. Ein weiteres wichtiges Ziel von Slow food ist die Schaffung von “Lebensmittelbündnissen” vom Produzenten bis zum Konsumenten, mit dem Ziel einer nachhaltigen Produktqualität im Sinne einer geschmacklichen Qualität, einer Umweltqualität und einer sozialen Qualität. Weitere Informationen: www.slowfood.com www.terramadre2006.org www.slowfood-wien.at Gruppi di Acquisto solidale (G.A.S.) Im Wesentlichen geht es bei diesen G.A.S. um kleine und größere Personengruppen, die gemeinsam größere Einkäufe von Nahrungsmitteln und Gebrauchsgütern organisieren und diese dann an die Mitglieder verteilen. Dabei werden solche Produkte eingekauft, die nach den Kriterien der Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit hergestellt werden. Zum Beispiel Produkte aus der Biolandwirtschaft, aus dem gerechten Handel, aus Sozialgenossenschaften… Kleinere Betriebe aus dem lokalen und regionalen Umfeld werden bevorzugt, weil dies auch einen direkten Kontakt zwischen Produzenten und Konsumenten ermöglicht. Gleichzeitig werden durch die Einkäufe in der Region die ökologischen Nebeneffekte durch lange Transportwege drastisch reduziert. Die verschiedenen Einkaufsgemeinschaften sind in einem Netzwerk miteinander verbunden, das einen regen Erfahrungs- und Informationsaustausch ermöglicht. In der Region gibt es derzeit drei solcher G.A.S.: in Bozen, Leifers und Trient. Weitere Informationen: www.retegasorg

Car-sharing Zum gängigen Bild von „Freiheit“ und „freier Mobilität“ gehört auch die Vorstellung, dass in jeder Familie ein bis zwei Autos zur Verfügung stehen müssen. Dass dafür jeder Lohnabhängige mehrere Monate im Jahr arbeiten muss, um Anschaffungs- und Betriebskosten zu bezahlen, wird dabei kaum berücksichtigt. Das Projekt Car-sharing geht von der Überlegung aus, dass es nicht unbedingt notwendig ist, ein Auto zu besitzen, um bei Bedarf mit dem Auto fahren zu können. Im Durchschnitt steht ein Auto meist sowieso 23 Stunden am Tag ungenutzt herum. Car-Sharing-Mitglieden schließen einen Vertrag mit einem örtlichen Anbieter ab und zahlen nur für die effektive Nutzung des Fahrzeugs; eine kostengünstige und umweltfreundliche Lösung. Inzwischen gibt es in Deutschland mehr als 100.000 Personen, die beim Car-sharing mitmachen. In Südtirol wurde das Projekt vom Südtiroler Ökoinstitut gestartet und mit Mitteln des ethical banking vorfinanziert. Weitere Informationen: www.carsharing.bz.it Cultura socialis Ein relativ junges Projekt aus dem Jahre 2006, angeregt und getragen von der Abteilung Sozialwesen der Autonomen Provinz Bozen. Es geht vor allem darum, einerseits Impulse für eine neue Sozialpolitik „von der Basis“ her keimen zu lassen, soziale Phantasie und Kreativität zu fördern und andrerseits diese Ideen und Projekte miteinander zu verbinden. Durch das Projekt sollen viele Menschen zu stärkerem sozialen Engagement in unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft motiviert werden. Am 21. März jeden Jahres werden besonders interessante Sozialprojekte vorgestellt und gewürdigt. Weitere Informationen: www.cultura-socialis.it Weltläden – Fair trade „Fairer Handel statt Almosen“! Unter diesem Motto haben viele sogenannte Entwicklungsländer schon in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Industrieländer zu einer gerechten Handelspolitik aufgerufen. Dieser Grundsatz hat auch die Weltläden inspiriert. Der erste Weltladen wurde 1969 in den Niederlanden eröffnet. Heute sind über 2.400 Weltläden in europaweiten Weltladen-Netzwerk Network of European World Shops organisiert. In den Läden werden nicht nur Waren verkauft, sondern auch Informationen gegeben über die Produkte, die Produktionsbedingungen, die soziale und wirtschaftliche Situation der Herkunftsländer. Wesentliche Kriterien für den fairen Handel sind: Transparenz, Sozialverträglichkeit, Umweltverträglichkeit, demokratische Organisationsformen, Bezahlung eines fairen Preises, Informations- und Bildungsarbeit. In Südtirol gibt es derzeit acht Weltläden. Weitere Informationen: www.weltladen.bz.it www.formibz.it Zeitbanken: Tausche Zeit, nicht Geld! Die Zeitbanken entstehen Mitte der 90er Jahre in Italien, derzeit gibt es landesweit rund 300. Es geht bei diesen „Banken“ darum, „Zeit zu tauschen“, in dem Sinne, dass jede Person Arbeitsleistungen und Dienste anbieten kann und dafür im Tausch dieselbe Menge an Zeit durch die Leistungen einer anderen Person rückerstattet erhält. In diese Bank wird nicht „Geld“

eingelegt, sondern „Zeit“, die jemand zur Verfügung stellen will, indem die eigenen Fertigkeiten anderen angeboten werden. Zeitbanken haben nicht nur eine kulturelle Bedeutung, in dem Sinne, dass sie konkrete Alternativen zum „Geldtausch“ deutlich machen; sie tragen zum Entstehen sozialer Kontakte und Beziehungen bei und helfen bei der Lösung kleiner und größerer Alltagsprobleme. Weitere Informationen: www.regione.emilia-romagna.it/banchedeltempo www.gemeinde.bozen.it Klimabündnis Seit Beginn der Initiative im Jahr 1989 sind mehr als 1.200 europäische Städte, Gemeinden und Regionen dem “Klima-Bündnis” beigetreten. Mit dem Beitritt gehen die Mitglieder eine Selbstverpflichtung ein, die einerseits eine umfassende Senkung der Treibhausgasemissionen und den Verzicht auf Tropenholz vorsieht und andrerseits die Unterstützung der Indianervölker Amazoniens vorsieht. Handlungsfelder liegen vor allem in den Bereichen Energie, Verkehr, Stadtplanung sowie in der Abfallwirtschaft. Besonders Augenmerk wird auf Bildungs- und Sensibilisierungsinitiativen gelegt. In Südtirol sind inzwischen ein Großteil der Gemeinden Mitglieder des Klimabündnisses. Im Rahmen der Bildungsinitiativen reichen die Initiativen von Schulprojekten („Klimaschritte“), hin bis zur Einladung zur individuellen Selbstverpflichtung („Projekt Schmetterling“) und wirtschaftlich relevanten Bildungsprojekten („Klimahaus“). Weitere Informationen: www.klimabündnis.org [email protected] Wissen und Weisheit Amawtay Wasi – Aprender en la Sabiduria y el Buen Vivir Als letztes Projekt in dieser Liste soll die Universität der Indianervölker Ecuadors erwähnt werden, weil in dieser Einrichtung die praktische Projekttätigkeit genauso wichtig ist wie der theoretische Unterricht. Die Schwerpunkte liegen bei einer ganzheitlichen Wissensvermittlung (Wissen erlernen, konkrete Anwendung dieses Wissens, emotionale Erfahrung, Entwicklung einer persönlichen Leadership im Dienste der Gemeinschaft). Ziel der Ausbildung ist es, nicht nur fachliche Kompetenzen heranzubilden, sondern zur Weisheit zu bilden und im Sinne der indigenen Kultur und Spiritualität Menschen heranzubilden, die in den Gemeinschaften Prozesse in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung mit altem und neuem Fachwissen begleiten. Weitere Informationen: http://icci.nativeweb.org/boletin/65/uinpi.html

Beim Kongress wird zu den einzelnen Projekten noch zusätzliches Informationsmaterial bereitgestellt. Am Abend des 13. September soll dann gemeinsam die Frage vertieft werden, wie diese Graswurzelbewegungen zu einer nachhaltigen Bildung zur Zukunftsfähigkeit beigetragen haben.

(*) Anmerkung Mit Graswurzelbewegung werden solche gesellschaftliche Initiativen bezeichnet, die aus der Bevölkerung heraus, also „von unten“ (bottom-up), gesellschaftliche Alternativen zum Bestehenden aufbauen; dabei wird dem langfristigen Aufbau von Netzwerken zum Informationsaustausch und zur Organisation von Kampagnen zur Sensibilisierung der Bevölkerung eine besondere Bedeutung beigemessen.