Arbeitsmaterialien aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft

POLITIK AKTUELL Nr. 22/13 12. Juli 2013 KOPIEREN DER GEDRUCKTEN AUSGABE GESTATTET Arbeitsmaterialien aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ISSN ...
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POLITIK AKTUELL Nr. 22/13

12. Juli 2013

KOPIEREN DER GEDRUCKTEN AUSGABE GESTATTET

Arbeitsmaterialien aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ISSN 0342-5746 Nr. 22/13 12.07.2013 G 2251

Inhalt: Seite 2 – 4: EU bekämpft Jugendarbeitslosigkeit Die EU hat Anfang Juli auf einem europäischen Spitzentreffen in Berlin außerhalb der dafür vorgesehenen Gremien Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit beschlossen. Dafür wurden Finanzmittel zur Verfügung gestellt. Die EU-Länder sollen mit Hilfe dieser Finanzmittel im Land Programme zu Bewältigung der Jugendarbeitslosigkeit umsetzen. Kritiker sagen, dass diese Finanzmittel nicht ausreichen, um die aktuell mehr als 5 Millionen Jugendlichen in Ausbildung zu bringen. Der DGB will sowohl Sofort- als auch Langzeitmaßnahmen. So sollen die EU-Mitgliedsländer überlegen, ob sie Erfolgskriterien des deutschen dualen Ausbildungssystems übernehmen wollen. Kritiker sehen dafür jedoch keine Chancen.

Seite 5 – 7: Bundestagswahl 2013 (9) - Zugelassene Parteien Der Bundeswahlausschuss (BWA) hat in seiner letzten Sitzung festgestellt, dass sich 38 Parteien bei der kommenden Bundestagswahl zur Wahl stellen können. 33 Vereinigungen wurden nicht als Partei anerkannt. Der BWA wird mit seinen Mitgliedern vorgestellt. Die Aufgaben im Zusammenhang mit der Zulassung der Vereinigungen zur Bundestagswahl werden beschrieben. Neben der gesetzlichen Grundlage werden die zugelassenen etablierten Parteien genannt. Die Liste der „nicht etablierten“ Parteien, deren Anzeige rechtzeitig vorlag, ist abgedruckt unter Hervorhebung der tatsächlich zugelassenen Parteien. Die Aufgaben des Arbeitsblattes werfen u. a. die Frage auf, wie die Vielzahl von Kleinstparteien in einer Demokratie einzuordnen ist.

Seite 8 – 10: Staatsstreich in Ägypten – Die drohende Gefahr eines Bürgerkrieges Nach monatelangen Unruhen und immer größeren gewaltsamen Demonstrationen hat das ägyptische Militär am 03.07.2013 Präsident Mursi für abgesetzt erklärt, die Verfassung außer Kraft gesetzt und den Verfassungsgerichtspräsident übergangsweise mit der Staatsführung beauftragt. Der Artikel beschreibt die Lage in Ägypten, stellt die Muslimbruderschaft vor und beschäftigt sich mit der Einordnung der Absetzung Mursis als Putsch. Viele, auch die internationale Politik, hadern mit solch einer Bewertung, die sie als negativ ansehen. Teilweise hängt auch viel davon ab. So zahlen die USA jährlich 1,5 Mrd. Dollar als Entwicklungshilfe an Ägypten, vor allem an das Militär als Garant für Stabilität in der Region. Bezeichnen die USA die Ereignisse als Putsch, müssten sie nach ihren Gesetzen die Zahlungen stoppen Dies liegt jedoch nicht in ihrem Interesse.

Seite 11 – 12 : Ramadan - Fasten im Islam Ursprünge und Inhalte des Ramadans, begonnen am 9. Juli, werden beschrieben.

Aktuelles und Hinweise: • Zur Bundestagwahl wurde das Themenheft „Bundestagswahl“ aktualisiert. U.a. werden dort folgende Aspekte behandelt: Wahlen – Teilnahme am politischen Entscheidungsprozess; Wahlrecht; Bundestagsabgeordneter; Inhalte/Funktionen von Wahlprogrammen; Parteien/Splitterparteien; Wahlpflicht/Nichtwähler; Meinungsforschungsinstitute – Eine heimliche Macht? (pro Heft 5,00 zzgl. Versandkosten) Auch im PDF-Format erhältlich !

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POLITIK AKTUELL Nr. 22/13

12. Juli 2013

(3) EU bekämpft Jugendarbeitslosigkeit Kompetenzen: 1. Die Problematik von Jugendarbeitslosigkeit beschreiben können. 2. Mögliche Lösungsmöglichkeiten analysieren und bewerten können.

1. Der aktuelle Anlass Das Problem aus der Sicht der Bundesregierung Die Bundesregierung hat sich am 3. Juli in Berlin auf einem Treffen der EU-Arbeitsminister sowie von 20 EU-Staats- und Regierungschefs darauf verständigt, gemeinsam gegen das Problem der Jugendarbeitslosigkeit in der EU vorzugehen. Die Teilnehmer der Konferenz kündigten an, ca. 24 Mrd. EUR für die Lösung des Problems einzusetzen. U. a. soll mithilfe von Lohnkostenzuschüssen für Unternehmen die Beschäftigung von Jugendlichen gefördert werden. Aktuell haben 5,6 Mio. Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren keine Beschäftigung. Aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise sind besonders die südeuropäischen Länder betroffen. Aus dem Positionspapier der Bundesregierung zur Jugendbeschäftigung in der EU (25.06.2013) „... Die Staats- und Regierungschefs haben die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit zur prioritären Aufgabe erklärt. Es ist die gemeinsame Verantwortung der EU und aller Mitgliedstaaten, entschlossen gegen die Jugendarbeitslosigkeit in der EU vorzugehen und die Beschäftigungssituation junger Menschen zu verbessern, um dieser Generation eine berufliche Perspektive zu geben. Andernfalls riskiert Europa, dass ein substanzieller Teil der jungen und häufig gut ausgebildeten Generation verspätet, unter ihren Fähigkeiten oder gar nicht in den Arbeitsmarkt eintritt. Dies kann zu dramatischen und längerfristigen Folgen für die Zukunft der jungen Menschen und Europa als Ganzes führen...“.

Kritik des Deutschen Gewerkschaftsbundes (03.07.2013) „Fast jeder vierte Jugendliche in Europa hat keine Arbeit und keinen Ausbildungsplatz, Tendenz steigend. Die Zahl spricht Bände und ist ein Offenbarungseid für die Staatsund Regierungschefs in Europa. Wir fordern: Handeln Sie endlich! Die Zeit der wohlfeilen Worte und Absichtserklärungen ist vorbei. Wir brauchen einen Mix aus kurzfristigen und langfristigen Maßnahmen, um der Jugend eine Perspektive zu geben. Kurzfristig müssen wir den jungen Menschen eine Beschäftigung ermöglichen zum Beispiel über • Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, • Lohnkostenzuschüsse für junge Beschäftigte oder • Maßnahmen gegen die Kreditklemme bei kleinen Unternehmen. Die Jugendgarantie (jedem Jugendlichen eine Beschäftigung) ist vom Ansatz her richtig – aber falsch ist, die Betroffenen mit Praktika abspeisen zu wollen. Denkbar wäre ein großes EU-Programm, ein Sonderfonds für ein europaweites soziales Jahr, das die jungen Menschen in den Arbeitsalltag einbindet, angemessen entlohnt wird, und sie nicht einfach alleine lässt in ihrer schwierigen Situation. Die Zeit, die wir dadurch gewinnen, muss genutzt werden, um langfristig die Situation in den Krisenländern zu verbessern. Ein Umsteuern in der Krisenpolitik ist hierfür unabdingbar. Die falschen Kürzungsprogramme der EU würgen die Wirtschaft ab anstatt den Ländern auf die Beine zu helfen. Europa braucht vielmehr ein Zukunfts- und Investitionsprogramm in Wirtschaft, Bildung und Infrastruktur...“.

2. Jugendarbeitslosigkeit in der EU – jeder rechnet anders Die EU-Staaten ermitteln die Jugendarbeitslosigkeit in ihrem Land unterschiedlich. Daher sind die einzelnen Zahlen zur Jugendarbeitslosigkeit nur vergleichbar, wenn einheitliche Maßstäbe angesetzt werden. Die internationale Arbeitsmarktstatistik ermittelt die Zahl der Erwerbslosen. Dazu gehören Personen, die • in den letzten vier Wochen auf Arbeitssuche (mehr als eine Stunde pro Woche) waren und • innerhalb von zwei Wochen eine Arbeit aufnehmen können. Die Bundesagentur verwendet den Begriff der Jugenderwerbslosenquote. Sie setzt die Zahl der jugendlichen Erwerbslosen nicht ins Verhältnis zu allen 15- bis 25-Jährigen in einem Land. Vielmehr erfasst diese Kennzahl nur die erwerbslosen Jugendlichen im Verhältnis zu den jugendlichen Erwerbstätigen + Erwerbslosen (alle jugendlichen Erwerbspersonen). Junge Menschen, die noch zur Schule gehen oder studieren, bleiben in der deutschen Statistik unberücksichtigt. Eine Jugenderwerbslosenquote von 50 % für ein EU-Land muss daher erläutert werden. Sie bedeutet nicht, dass jeder zweite Jugendliche ohne Beschäftigung ist. Sie sagt lediglich aus, dass jeder Zweite der jugendlichen Erwerbspersonen auf Arbeitssuche ist.

Jugendarbeitslosigkeit in der EU Die Jugendarbeitslosigkeit beträgt im EU-Durchschnitt ca. 5,5 % in den letzten 5 Jahren. Demnach wäre sie nicht das große Problem. Vielmehr ist es die gesamte Arbeitslosigkeit von 26,8 Mio. Menschen in der EU (Mai 2013). Problematisch sind jedoch vor allem die erheblichen Unterschiede der Jugendarbeitslosigkeit in der EU. 2012 lag sie in Deutschland bei 5,7 %, in Spanien bei 20,6 %. Wenn man aktuell von einer Jugendarbeitslosigkeit von über 50 % in Spanien spricht, dann sind darin die Studenten und Schüler eingerechnet, obwohl sie dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Unabhängig von der absoluten Höhe der Jugendarbeitslosigkeit, ist jeder arbeitslose Jugendliche einer zu viel.

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12. Juli 2013

3. Problemfeld Jugendarbeitslosigkeit Ursachen Fehlender Schulabschluss In Deutschland gingen 2010 7 % der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss von der Schule. Diese Personengruppe hat daher kaum eine Chance auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt.

Folgen

Fehlende Perspektiven Die Generation der heute 15- bis 25-Jährigen hat keine Perspektive auf Arbeit und die Gründung einer Familie. Belastung der Transfersysteme Jugendliche, die den Übergang ins Arbeitsleben nicht schaffen, belasten die sozialen Systeme. Das führt u. U. zu steigenden Abgaben oder Steuern. U. U. steigt die Staatsverschuldung an.

Schlechter Schulabschluss Hat ein Bewerber um einen Ausbildungsplatz ein schlechtes Schulzeugnis, so hat er u. U. nur geringe Chancen. Besucht er eine weiterführende Schule, so besteht das Risiko, dass er seine Zeug- Kriminalitätsrate steigt nisnoten weiter verschlechtert. Jugendliche ohne jegliche Perspektiven werden nicht in die Zu wenig Ausbildungsstellen Die wenigstens EU-Länder ver- Gesellschaft integriert. Sie drohen fügen über ein duales Berufs- ins Drogenmilieu oder in die bildungssystem, in dem Berufs- Kriminalität abzugleiten. schule und Betrieb vernetzt sind. Viele haben nur ein vollzeit- Verlust an Innovation schulisches Ausbildungs-system, Eine Gesellschaft, die auf die ihrer Jugend das viel zu wenig Praxis anbietet. Innovationskraft verzichtet, droht zu verarmen. Von Ineffektive Arbeitsverwaltung der Jugend gehen wertvolle In vielen EU-Ländern besteht nicht Impulse für die Weiterentwicklung wie in Deutschland ein effektives einer Gesellschaft aus. Vermittlungssystem, das Ausbildungsinteressenten und Betriebe Langzeitfolgen vernetzt. Menschen, die verspätet oder gar nicht ins Arbeitsleben integriert Übergang Schule – Arbeitswelt Die Schulabgänger sind nicht auf sind, leiden ihr Leben lang an den den Übergang von Schule in Aus- Folgen: fehlende Anerkennung, bildung vorbereitet. Viele Schulen geringe Altersrente, schlechte psychische betreiben in Deutschland schon ab Gesundheit, Klasse 5 ein erfolgreiches Über- Probleme. gangsmanagement. Teure Warteschleifen Theoretische und nicht Jugendliche ohne Ausbildung praxisnahe Ausbildung verharren in Warteschleifen auf Häufig gelingt der Berufseinstieg Schulen oder in Praktika. nach einem Studium nicht, weil die Praktika können auf Dauer keinen Praxisnähe fehlt. Ersatz für einen Beruf bieten. 4. Kritik Folgende Kritik wird an der Art und Weise der Problemlösung geäußert: • Das Problem der Jugendarbeitslosigkeit ist nur eine Facette des Problems der Arbeitslosigkeit. Was wiegt schwerer: ein arbeitsloser Familienvater mit zwei Kindern oder ein Jugendlicher, der noch seinen beruflichen Weg vor sich hat? • Für die Lösung des Problems der Jugendarbeitslosigkeit in der EU sollen 24 Mrd. EUR ausgegeben werden. Das Geld erhöht lediglich die Schuldenproblematik. Deutschland sah sich gezwungen, diesem Programm zuzustimmen, damit es nicht immer als Sparkommissar in der EU auftritt.

Auswege •















Verbesserung der Übergänge von Schule in Ausbildung und Beruf Verbesserung einer betriebsnahen beruflichen Bildung in Anlehnung an das deutsche duale Berufsausbildungssystem Einführung von Qualifizierungsmaßnahmen für Jugendliche mit Defiziten, die der Aufnahme einer Ausbildung oder einer Beschäftigung entgegenstehen Verbesserung der Vermittlungstätigkeit der Arbeitsverwaltung Vorbereitung Jugendlicher auf den Einstieg in die Berufswelt durch Praktika, Berufsinformationssystemen, Berufseignungstest u. a. Erhöhung der beruflichen Mobilität Jugendlicher in Europa: Befähigung zur Aufnahme einer Berufsausbildung in einem anderen europäischen Land, indem z. B. Sprachkurse, Integrationskurse und Umzugsbeihilfen angeboten werden Förderung der Beschäftigung von Jugendlichen in kleinen und mittleren Unternehmen durch Finanzbeihilfen (Gutscheinsystem) Bereitstellung von Fördermitteln und Förderprogrammen zur Finanzierung der beruflichen Bildung

Ein System der dualen Berufsausbildung, wie es z. B. in Deutschland seit mehr als 100 Jahren besteht, kann nicht ohne Weiteres auf die anderen EU Länder übertragen werden. Jedes Land muss seinen eigenen Weg entwickeln, um seinen Jugendlichen eine berufliche Perspektive zu eröffnen. • Was fehlt, das sind Jobs. Die kann man aber nicht über Programme zur Berufsausbildung gewinnen. • Jugendliche aus den südeuropäischen Ländern nach Deutschland zu holen und ihnen hier eine Ausbildung zu geben, ist der falsche Weg. Diese jungen Menschen werden dringend für den Aufbau in ihrem Land benötigt. •

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Arbeits- und Informationsblatt zu:

EU bekämpft Jugendarbeitslosigkeit

Name:

Klasse/Stufe:

Datum:

1. Beschreiben Sie, warum Jugendarbeitslosigkeit in der EU ein Problemfeld darstellt.

2. Die EU stellt 24 Mrd. EUR für die Bewältigung der Jugendarbeitslosigkeit zur Verfügung. Mit Geld allein ist nach Ansicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel das Problem allerdings nicht zu bewältigen. Wie stehen Sie zu dieser Meinung?

3. Die DGB-Jugend will das Problem Jugendarbeitslosigkeit mit folgenden Instrumenten lösen. Nehmen Sie jeweils Stellung zu den Forderungen. 3.1 Um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, müssen die Spar- und Kürzungsvorgaben in den am meisten betroffenen Ländern gelockert werden und gezielte Investitionen - vor allem in Bildung - vorgenommen werden. 3.2 Sofortgarantie zur Jugendbeschäftigung: Die Jugendgarantie muss umgehend umgesetzt werden und eine ausreichende Finanzierung sichergestellt werden. 3.3 Eine gute Berufsausbildung braucht langfristige Konzepte statt kurzatmigen Aktionismus: Der Austausch über gute Praxis und Erfolgskriterien dualer Ausbildungssysteme kann langfristig sinnvoll sein. Die Anpassung an nationale Gegebenheiten erfordert aber Zeit. 3.4 Verbindliche europaweite Standards für Praktika. Um einen Missbrauch von Praktika einzudämmen, braucht es verbindliche europäische und nationale Qualitätsstandards.

4. Die EU will vor allem die Mobilität von Jugendlichen innerhalb der EU fördern: Diese sollen befähigt werden, im europäischen Ausland – z. B. Deutschland – eine betriebliche Ausbildung aufzunehmen. 4.1 Welche Hinderungsgründe sehen Sie für eine solche Maßnahme? 4.2 Um diese Maßnahme umzusetzen, sollen Sprachkurse und Integrationskurse gefördert sowie Umzugsbeihilfen bezahlt werden. Würden solche Maßnahmen Sie motivieren, z. B. in Spanien eine Berufsausbildung aufzunehmen? 4.3 Nach Erfahrungen aus der Vergangenheit brechen mehr als 50 % der Geförderten eine solche Maßnahme nach etwa 6 Monaten ab. Nennen Sie mögliche Gründe dafür. 4.4 Kritiker bemängeln, dass durch eine solche Maßnahme ein Krisenland die leistungsfähigsten Jugendlichen auf Dauer verlieren würde.

5. Das deutsche duale Berufsausbildungssystem wird auf andere europäische Länder kaum übertragbar sein. Nennen Sie mögliche Gründe für diese Behauptung.

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POLITIK AKTUELL Nr. 22/13 (1) Bundestagswahl 2013 (9) - Zugelassene Parteien

12. Juli 2013

Kompetenzen: 1. Das Zulassungsverfahren kennen. 2. Parteienspektrum kennen und mögliche Chancen und Probleme der Vielfalt beschreiben können.

1. Der aktuelle Anlass Der Bundeswahlausschuss hat in seiner Sitzung am 4. und 5. Juli in Berlin festgestellt, dass sich 38 Parteien bei der Bundestagswahl am 22. September

2013 zur Wahl stellen können. 33 Vereinigungen wurden nicht als Partei anerkannt.

2. Der Bundeswahlausschuss Der Bundeswahlausschuss ist ein elfköpfiges Gremium. Neben dem Bundeswahlleiter gehören dem Gremium acht vom Bundeswahlleiter berufene Wahlberechtigte als Beisitzer und zwei Richter vom Bundesverwaltungsgericht an. Bei der Auswahl der

Beisitzer sollen die von den Parteien vorgeschlagenen Personen in der Reihenfolge der Zweitstimmenergebnisse dieser Parteien berücksichtigt werden.

Der Bundeswahlausschuss • Bundeswahlleiter: Roderich Egeler (seit dem 01.08.2008 Präsident des Statistischen Bundesamtes) • Beisitzer (in der Sitzung am 4. u. 5. Juli): o Prof. Dr. Michael Brenner (CDU), o Hartmut Geil (Bündnis 90/Die Grünen), o Dr. Ruth Kampa (Die Linke), o Rechtsanwalt Dr. Detlef Gottschalck (CDU, stellvertretendes Mitglied), o Jörg Paschedag (FDP), o Dr. Bernhard Schwab (CSU) und o Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD). • Als Richter des Bundesverwaltungsgerichts waren o Richterin Dr. Ulrike Bumke und o Vorsitzender Richter Werner Neumann anwesend. lassung bereits an formalen Fehlern: Überschreiten der Abgabefristen, Fehlen von Unterschriften auf der Anzeige. Die Anzeige der Beteiligung muss spätestens am siebenundneunzigsten Tag vor der Wahl bis 18:00 Uhr dem Bundeswahlleiter schriftlich vorliegen. In der Anzeige ist anzugeben, unter welchem Namen sich die Partei an der Wahl beteiligen will. Die Anzeige muss von mindestens drei Mitgliedern des Bundesvorstandes, darunter dem Vorsitzenden oder seinem Stellvertreter, persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein. Die schriftliche Satzung und das schriftliche Programm der Partei sowie ein Nachweis über die satzungsgemäße Bestellung des Vorstandes sind der Anzeige beizufügen. In der nächsten Sitzung des Bundeswahlausschusses am 1. August wird über Beschwerden gegen die Zurückweisung oder Zulassung von Landeslisten durch Landeswahlausschüsse entschieden.

Die Sitzungen des Bundeswahlausschusses sind öffentlich und werden z. B. im Parlamentsfernsehen übertragen. Die Vereinigungen müssen bis 90 Tage vor der Wahl ihre Beteiligung angezeigt haben. Der Bundeswahlausschuss entscheidet dann über die Anerkennung als Partei und gibt damit den Weg für die Teilnahme an der Bundestagswahl frei. Zunächst werden die so genannten etablierten Parteien festgestellt. Hierbei handelt es sich um Parteien, die im Bundestag oder in einem Landtag seit der letzten Bundestagswahl aufgrund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten waren. Die etablierten Parteien sind von der Verpflichtung entbunden, Unterstützungsunterschriften beibringen zu müssen. Sodann entscheidet der Bundeswahlausschuss, welche Vereinigung als „nicht etablierte“ Partei zugelassen wird. In vielen Fällen scheiterte die Zu-

§ 9 Abs. 1 Bundeswahlgesetz Der Bundeswahlleiter und sein Stellvertreter werden vom Bundesministerium des Innern, die Landeswahlleiter, Kreiswahlleiter und Wahlvorsteher sowie ihre Stellvertreter von der Landesregierung oder der von ihr bestimmten Stelle ernannt. § 10 Bundeswahlgesetz Die Wahlausschüsse und Wahlvorstände verhandeln, beraten und entscheiden in öffentlicher Sitzung. Soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist, entscheidet bei den Abstimmungen Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Die Mitglieder der Wahlorgane, ihre Stellvertreter und die Schriftführer sind zur unparteiischen Wahrnehmung ihres Amtes und zur Verschwiegenheit über die ihnen bei ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Angelegenheiten verpflichtet. § 11 Bundeswahlgesetz (1) Die Beisitzer der Wahlausschüsse und die Mitglieder der Wahlvorstände üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Zur Übernahme dieses Ehrenamtes ist jeder Wahlberechtigte verpflichtet. Das Ehrenamt darf nur aus wichtigen Gründen abgelehnt werden.

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12. Juli 2013

3. Die zugelassenen „etablierten“ Parteien Als etablierte Parteien stellte der Bundeswahlausschuss fest: • die Christlich-Demokratische Union Deutschlands (CDU), • die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), • die Freie Demokratische Partei (FDP), • Die Linke, • Bündnis 90/Die Grünen, • die Christlich-Soziale Union in Bayern, • die Piratenpartei Deutschland, • die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), • die Freie Wähler Bundesvereinigung, da deren Landesverband in Bayern dem dortigen Landtag angehört. 4. Die „nicht etablierten Parteien“ Folgende Parteien und politischen Vereinigungen hatten ihre Beteiligungsanzeige beim Bundeswahlleiter eingereicht (Reihenfolge nach Eingang): 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26.

27. 28.

29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38.

FWD Freie Wähler Deutschland MDU Muslimisch Demokratische Union (keine Kurzbezeichnung) Bündnis 2013 – Die Reformer Die PlanetBlauen WasserPartei Deutschland-WPD DR Deutsches Reich DIE VIOLETTEN Die Violetten BP Bayernpartei Deutsche Konservative DEUTSCHE KONSERVATIVE PARTEI CM CHRISTLICHE MITTE – Für ein Deutschland nach GOTTES Geboten Volksabstimmung Ab jetzt… Demokratie durch Volksabstimmung Tierschutzpartei PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ (keine Kurzbezeichnung) Eurowählergemeinschaft FAMILIE Familien-Partei Deutschlands FREIE WÄHLER FREIE WÄHLER RENTNER RENTNER Partei Deutschland REP DIE REPUBLIKANER Bündnis 21/RRP Bündnis 21/RRP pro Deutschland Bürgerbewegung pro Deutschland KPD Kommunistische Partei Deutschlands (keine Kurzbezeichnung) Erste Partei des Volkes FRÜHLING Frühling-in-Deutschland e. V. PdB Partei der Bedrängten (keine Kurzbezeichnung) DIE RECHTE NEIN! NEIN!-Idee DGP Die GERADE Partei Die PARTEI Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative ÖDP Ökologisch-Demokratische Partei DUW Demokratische Unabhängige Wählervereinigung

39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58.

BGD Bund für Gesamtdeutschland BüSo Bürgerrechtsbewegung Solidarität DND Die Neue Demokratie Aufbruch C Aufbruch C DNV Deutsche Nationalversammlung SU SustainableUnion PBC Partei Bibeltreuer Christen AfD Alternative für Deutschland U.d.M. Union der Menschlichkeit BIG Bündnis für Innovation & Gerechtigkeit GMD Partei Gesunder Menschenverstand Deutschland IDPD Immigranten-Deutsche-Partei Deutschlands DKP Deutsche Kommunistische Partei MLPD Marxistisch-Leninistische ParteiDeutschlands PSG Partei für Soziale Gleichheit, Sektion der Vierten Internationale PIRATEN Piratenpartei Deutschland (keine Kurzbezeichnung) Jahw Partei B Bergpartei, die "ÜberPartei" (keine Kurzbezeichnung) DIE ALTERNATIVEN (keine Kurzbezeichnung) Partei der Nichtwähler PARTEI DER VERNUNFT Partei der Vernunft IDU Islamische Demokratische Union DA DIE AKTIVEN APPD Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands DIE FRAUEN Feministische Partei DIE FRAUEN GRAUE PANTHER GRAUE PANTHER Deutschland (keine Kurzbezeichnung) DIE.NÄCHSTEN Alternative Partei Alternative Partei NM NEUE MITTE DGP Deutsche Gerechtigkeits Partei (Quelle: Bundeswahlleiter)

Die zugelassenen Parteien sind fett gedruckt. 6 © Madog Druck & Verlag GmbH – Alle Rechte vorbehalten Die Vervielfältigung und Weitergabe dieser PDF-Datei ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages erlaubt.

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12. Juli 2013

Arbeits- und Informationsblatt zu:

Bundestagswahl 2013 (9) - Zugelassene Parteien

Name:

Klasse/Stufe:

Datum:

1. Beschreiben Sie, wer dem Bundeswahlausschuss angehört.

2. Beschreiben Sie die Aufgaben des Bundeswahlausschusses im Zusammenhang mit der Zulassung zur Bundestagswahl.

3. Wie beurteilen Sie das Zulassungsverfahren? Ist es notwendig und sind die Hürden der Zulassung zu hoch? Begründen Sie Ihren Standpunkt.

4. Beschreiben Sie den Unterschied zwischen den „etablierten“ und den „nicht etablierten“ Parteien beim Zulassungsverfahren.

5. Nennen Sie mindestens sieben etablierte Parteien.

6. So viele Vereinigungen wie nie haben sich um eine Zulassung zur Bundestagswahl beworben. Schon bei der letzten Bundestagswahl wurden 30 Kleinparteien abgelehnt, diesmal sind es 33 Vereinigungen, die nicht zugelassen werden. Ist diese Vielzahl und Vielfalt Ausdruck einer lebendigen Demokratie oder der Demokratie eher nicht dienlich? Begründen Sie Ihre Meinung.

7. Oftmals sind diese Vereinigungen schon aus personellen Gründen gar nicht in der Lage das gesamte politische Themenspektrum abzudecken, sondern konzentrieren sich auf spezielle Themen. Die Rentnerpartei tritt z. B. für eine sichere Altersvorsorge ein. Wie beurteilen Sie diese Spezialisierung bei den Themen? Begründen Sie Ihren Standpunkt.

8. Kennen Sie eine der nicht etablierten Vereinigungen, die sich diesmal um eine Zulassung bemüht haben? Werden diese Parteien nach Ihrer Meinung überhaupt ausreichend wahrgenommen? Begründen Sie Ihre Meinung.

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12. Juli 2013

(3) Staatsstreich in Ägypten - Die drohende Gefahr eines Bürgerkrieges Kompetenzen: 1. Die Lage in Ägypten kennen und beschreiben können. 2. Die Einordnung der Absetzung von Präsident Mursi diskutieren können.

1. Der aktuelle Anlass Der islamistische ägyptische Präsident Mohammed Mursi wurde Anfang Juli nach Massenprotesten von den Streitkräften abgesetzt. Die Bewegung Tamarod („Rebellion“) mobilisierte Ende Juni/Anfang Juli Millionen Ägypter zu Demonstrationen gegen den seit einem Jahr amtierenden Präsidenten und die Muslimbruderschaft, in denen der Präsident seine Wurzeln hat. Aus Kreisen der Armee hieß es, es könnten landesweit bis zu 14 Millionen Menschen an den Protesten teilgenommen haben. Die größten Demonstrationen mit Hunderttausenden Menschen fanden auf dem Tahrir-Platz im Zentrum von Kairo statt. Islamisten und Opposition standen sich unversöhnlich gegenüber. Bei den Demonstrationen kam es zu zahlreichen Toten und Verletzten. Angesichts der eskalierenden Konfrontation von Mursi Gegnern und Anhängern griff die Armee ein. Am 4. Juli setzte sie Mursi ab. Die Armee kündigte Neuwahlen an und setzte die umstrittene Verfassung außer Kraft. Armeechef Abdel Fattah al Sisi erklärte, dass der Präsident des Obersten Verfassungsgerichts, Adli Mansur, vorläufig die Geschicke des Landes lenken soll. Al Sisi kündigte Neuwahlen an. Er erklärte, es werde eine überparteiliche Interimsregierung gebildet. Oberstes Ziel seien eine starke ägyptische Gesellschaft und die Versöhnung. Mursi hatte bis zuletzt einen Rücktritt ausgeschlossen. Er sei der erste frei gewählte Präsident des Landes. Noch Tage nach dem Sturz eskalierte die Gewalt weiter. Es kam immer wieder zu blutigen Zusammenstößen zwischen Islamisten und dem Militär. Die islamistischen Muslimbrüder, die zunächst weitestgehend friedlich gegen die Absetzung Mursis protestiert hatten, riefen ihre Anhänger zum Aufstand aus. Übergangspräsident Mansur steht vor der schwierigen Aufgabe, Ägypten wieder zu befrieden. Am 9. Juli legte er einen Zeitplan für eine Änderung der Verfassung und Parlamentswahlen vor. Innerhalb von etwa einem halben Jahr soll ein neues Parlament gewählt werden. Zuvor soll durch einen Verfassungsausschuss die umstrittene, islamistisch gefärbte Verfassung überarbeitet und abgeändert wer-

den. Über den neuen Text soll in einem Referendum abgestimmt werden. Nach dem Zusammentreten des Parlaments sind Neuwahlen für das Präsiden-tenamt vorgesehen. Nach dem gescheiterten Versuch den liberalen Friedensnobelpreisträger und ehemaligen Chef der Internationalen Atombehörde Mohammed al-Baradei zum Regierungschef zu ernennen, soll nun der Sozialdemokrat Siad Bahaa al-Din das Interims-Amt übernehmen. Die Ernennung al-Baradeis war am Widerstand der Islamisten gescheitert. Mansur erklärte, er werde zwar auf Einwände hören, er könne aber nicht alle mit seiner endgültigen Entscheidung zufriedenstellen.

2. Mohammed Mursi Bei den ersten freien Präsidentschaftswahlen Ägyptens nach dem Sturz Mubaraks wurde er im Juni 2012 zum Staatspräsidenten gewählt. Davor war er Vorsitzender der Freiheits- und Gerechtigkeitspartei. Da die Muslimbrüder während des Mubarak-Regimes als religiöse Partei nicht an Wahlen teilnehmen durften, kandidierten sie als unabhängige Kandidaten. Als solcher wurde Mursi bei den Parlamentswahlen 2000 zum Abgeordneten gewählt. Er nahm im Parlament bis 2005 die Rolle eines Fraktionschefs derjenigen Parlamentarier wahr, die den Muslimbrüdern angehörten.

Als Mitglied der Führungsriege der Muslimbruderschaft beteiligte sich Mursi in der Regierungszeit Mubaraks an regierungskritischen Demonstrationen. Nach dem Sturz Mubaraks gründeten die Muslimbrüder die Freiheits- und Gerechtigkeitspartei und wählten Mursi im April 2011 zum ersten Parteivorsitzenden. Als solcher trat er für seine Partei bei der Präsidentschaftswahl 2012 an. Mursis Amtszeit hatte hoffungsvoll begonnen, als er hochrangige Militärs in den Ruhestand schickte. Dann zeigte sich aber, dass Mursi machthungrig wurde. Das Bestreben Mursis, seine Anhänger in

Ägypten Bevölkerung: über 85 Millionen; das Niltal und -delta zählt zu den am dichtesten besiedelten Regionen der Welt (1.120 Einwohner/qkm; Kairo: 28.500-120.000 Einwohner/qkm) Religionen: über 90 Prozent Muslime (davon 99 Prozent Sunniten, 1 Prozent Schiiten); 5-10 Prozent Christen (davon 91 Prozent koptisch-orthodox, 4,5 Prozent koptisch-katholisch Zahlenangaben betreffend Kopten differieren erheblich), 2 Prozent sonstige Religionsgemeinschaften. Regierungsform: Republik, Präsidialdemokratie Staatsoberhaupt: Staatspräsident Mohamed Mursi wurde durch das ägyptische Militär am 03.07.2013 abgesetzt. Das Militär hat am 04.07.2013 Verfassungsgerichtspräsident Adli Mansur übergangsweise mit der Staatsführung beauftragt. Parlament: Zweikammersystem, Abgeordnetenhaus (Maglis ElNuab) mit 454 Mitgliedern und Shura-Rat (Maglis El-Shura) mit 270 Mitgliedern. Die Ende 2011 gewählte Volksversammlung wurde am 15.06.2012 aufgrund eines Beschlusses des Verfassungsgerichts aufgelöst. Präsident des Shura-Rats ist Ahmed Fahmy, Freiheits und Gerechtigkeitspartei (seit 28.02.2012). Das von der Freiheits- und Gerechtigkeitspartei und islamistischen Parteien dominierte Oberhaus (Shura-Rat) nimmt zurzeit die Rolle des Parlaments in Bezug auf die Gesetzgebung ein. In einem Referendum wurde der Verfassungsentwurf am 22.12.2012 mit 63,8 % der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 32,9 % angenommen. Politische Bewegungen und Parteien: In Folge der Revolution wurden zahlreiche neue Parteien gegründet. Unter den Parteien mit religiösem Hintergrund ist die der Muslimbruderschaft nahestehende Partei "Freiheit und Gerechtigkeit" die am besten organisierte. Sie konnte bei den Wahlen zur Volkskammer 2011/2012 fast die Hälfte der Sitze erringen. Die radikalislamische salafistische "Nur"-Partei ("Das Licht") wurde zweitstärkste Kraft mit etwa einem Viertel der Abgeordnetenmandate. Die restlichen Stimmen entfielen auf die traditionelle "Wafd"-Partei und neu gegründete säkulare Parteien. (Quelle: Auswärtiges Amt)

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POLITIK AKTUELL Nr. 22/13 hohe Positionen zu befördern, nennen die Ägypter „Muslimbrüderisierung“: Ein Dekret sollte ihm uneingeschränkte Vollmachten sichern und die Justiz faktisch außer Kraft setzen. Schließlich wurde die Verfassung nur von Islamisten und ohne Beteiligung der Revolutionsbewegung verabschiedet. Ägypten fiel daraufhin in zwei Lager. Ende Juni 2013 verstärkten sich die andauernden Proteste gegen Mursis Politik erneut. Ein Auslöser war, dass Mursi neue Gouverneure für 17 der 27 ägyptischen Gouvernements ernannt hatte, von

12. Juli 2013 denen sieben der islamistischen Muslimbruderschaft angehörten. Kritiker fürchteten eine vollständige Machtübernahme der Muslimbrüder und negative Folgen für den Tourismus. Der hauptsächliche Grund für das Anwachsen der Proteste war jedoch, dass die Opposition anlässlich des nahenden ersten Jahrestages von Mursis Amtsübernahme zu Großdemonstrationen gegen seine Politik aufrief und Neuwahlen forderte. Die Proteste wandten sich vor allem gegen Mursis Wirtschaftspolitik und seinen als autoritär wahrgenommenen Regierungsstil.

3. Die Muslimbruderschaft Die Muslimbruderschaft wurde 1928 von dem ägyptischen Lehrer Hassan al Banna als Bewegung zur Wiederbelebung des „wahren Islam“ gegründet. Sie ist eine der einflussreichsten sunnitisch-islamistischen Bewegungen im Nahen Osten. Seit 1928 hat sich die Muslimbruderschaft in andere Länder, insbesondere Syrien und Jordanien, ausgebreitet. In den jeweiligen Ländern – mit Ausnahme Syriens – ist die Muslimbruderschaft eine wichtige politische Bewegung geworden. Sie gilt als die erste revolutionäre islamische Bewegung. Einfluss hat die Bruderschaft in Ägypten auch wegen ihres umfangreichen Engagements. Al-Banna formulierte die Grundüberzeugungen der Muslimbrüder in fünf Sätzen: „Gott ist unser Ziel. Der Prophet ist unser Führer. Der Koran ist unsere Verfassung. Der Dschihad ist unser Weg. Der Tod für Gott ist unser nobelster Wunsch.“ Diese Leitsätze verwenden die Muslimbrüder bis zum heutigen Tag als Motto. Aufgrund ihrer Radikalität wurde die Organisation immer wieder verboten. Insbesondere seit 2005 hat die Bewegung aber mit ihrem Engagement im ägyptischen Parlament international für Aufsehen gesorgt, als sie entgegen den Erwartungen vieler Experten beträchtliche Bemühungen unternahm, das politische System zu einem demokratischeren hin zu reformieren. Die Muslimbrüder haben heute in Ägypten etwa eine Million aktive Mitglieder und unterhalten verschiedene karitative Einrichtungen wie Krankenhäuser und

Sozialstationen, vor allem in den ärmeren Vierteln. Armenspeisungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen für Jugendliche haben dazu geführt, dass die Muslimbrüder insbesondere aus den unterprivilegierten Schichten Unterstützung erfahren. Die Muslimbrüder unterliegen seit einigen Jahren einer Umgestaltung: Während ältere Mitglieder eher eine Theokratie als System bevorzugen, fordern junge Vertreter überwiegend die Einführung einer Demokratie mit islamischen Elementen. Diese Differenzen sorgten auch für eine unterschiedliche Beteiligung während der Revolution in Ägypten 2011, in der die Muslimbrüder als Organisation eine eher untergeordnete bzw. passive Rolle einnahmen. Jüngere Muslimbrüder nahmen zum Teil an den Protesten teil und distanzierten sich unter anderem vom Gedanken der möglichen Einführung der Scharia über das bisher geltende Maß hinaus. Als Folge dessen wurden einige von ihnen aus der Muslimbruderschaft ausgeschlossen und gründeten die Ägyptische Strömungspartei. Die Muslimbrüder selbst erklärten, dass sie in Ägypten die Idee eines Religionsstaates ablehnen würden. Als sich das Ende der Regierung Mubaraks abzeichnete, gründeten die Muslimbrüder am 30. April 2011 die Freiheits- und Gerechtigkeitspartei. Bei den Parlamentswahlen Ende 2011 errang die Partei knapp die Hälfte der Parlamentsmandate. Die anschließende Präsidentschaftswahl im Juni 2012 konnte Mursi für sich entscheiden.

4. Internationale Reaktionen auf den Sturz Mursis zur Diskussion • Saudi-Arabien – Der König Abdullah ibn Abd alAziz gratulierte dem Militär, lobte die „Weisheit und Vermittlung“ der Putschisten und fügte an, das Land sei im entscheidenden Moment gerettet worden.

• Deutschland – Außenminister Guido Westerwelle (FDP) erklärte, es sei „ein schwerwiegender Vorgang, dass die ägyptischen Streitkräfte die verfassungsmäßige Ordnung ausgesetzt und den Präsidenten seiner Amtsbefugnisse enthoben haben und ein „schwerer Rückschlag für die Demokratie in Ägypten“. • Russland – Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Duma Alexej Puchow sagte: „Der arabische Frühling hatte nicht Demokratie, sondern Chaos zur Folge. Die Ereignisse in Ägypten zeigten, dass es keinen schnellen und friedlichen Übergang von autoritären Regimes zu einer demokratischen Politik gebe. Das bedeutet, dass die Demokratie kein Patentrezept ist und in den Ländern nicht funktioniert, die nicht zur westlichen Welt gehören.“

• Türkei – Der türkische Außenminister Ahmet Davutoğlu nannte den Putsch „besorgniserregend“ und „inakzeptabel“ und forderte die sofortige Freilassung der „gewählten Führer des Landes“. Vereinigtes Königreich – Der britische Außenminister William Hague erklärte: „Das Vereinigte Königreich unterstützt kein militärisches Eingreifen als Weg, Konflikte in einem demokratischen System zu lösen. Die Situation ist wirklich gefährlich und wir fordern alle Seiten auf, Zurückhaltung zu zeigen und Gewalt zu vermeiden“. 9

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12. Juli 2013

5. Putsch oder kein Putsch? Ob es sich bei den Ereignissen um einen Putsch handelte, ist umstritten. Hierzu folgt eine Begriffsdefinition. • Putsch - Staatsstreich In Lexikas, unter Historikern und auch unter Krimi- sei bei einem Putsch nicht der Fall. Bei einem Putsch nologen besteht keine Einigkeit darüber, ob die werde der gewaltsame Sturz der Regierung von Begriffe Putsch und Staatsstreich Synonyme sind. außen versucht. Putschisten hätten allenfalls „Das Politiklexikon“ definiert den Staatsstreich wie indirekte Verbindungen zum Militär oder zu folgt: „Staatsstreich bezeichnet einen verfassungs- paramilitärischen Gruppen. widrigen/gewaltsamen) Umsturz, mit dem es bereits an der Macht beteiligte (z.B. Militärs) gelingt, die ge- Andere hingegen meinen, dass ein Staatsstreich inssamte Staatsgewalt zu übernehmen (Gegenteil: besondere von hohen Militärs oder anderen bereits Putsch).“ an der Macht beteiligten Personen durchgeführt wird. Manche sehen den Unterschied zwischen einem Jedenfalls sei eine hohe Machtstellung der Akteure Staatsstreich und einem Putsch darin, dass die einen gegeben. Demgegenüber werde der Putsch eher von Staatsstreich ausführende Gruppe bereits Teile des Offiziersgruppen, die niedrigen militärischen Rängen Staates legitim kontrolliert, also ein oder mehrere angehören, oder anderen eher machtlosen Gruppen Mitglieder der aktuellen Regierung beteiligt sind. Dies getragen. • Revolution Die Revolution ist vom Putsch zu unterscheiden. Sie wird von einer breiten Masse der Bevölkerung

getragen, letzterer hingegen nur von einer kleinen Gruppe.

• Militärputsch Armeen haben häufig Traditionen, die älter sind als die Nationalstaaten, deren Existenz zu sichern ihre Aufgabe ist. Die Klassenzusammensetzung des Offizierskorps kann dabei eine Rolle spielen, die Größe der Armee, eine Tradition von vorangegangenen Militärputschen, Niederlagen in Kriegen oder nationale Krisen, deren Bewältigung einer zivilen Regierung nicht zugetraut wird. Das kann dazu

führen, dass zivile Regierungen entweder von Militärs in Putschen direkt beseitigt oder aber vom Militär ihren inneren Feinden ausgeliefert werden. Häufiger als der direkte Putsch mit dem Sturz der Regierung ist die legalisierte Auflehnung, bei der das Militär seine umfangreichen Machtbefugnisse nutzt, um direkten Einfluss auf politische Regierungsentscheidungen zu nehmen.

• Konterrevolution Eine Konterrevolution (lat. contra = gegen) ist eine Gegenrevolution. D.h. es wirken Kräfte gegen die aus einer Revolution hervorgegangenen Fakten. Die Konterrevolution wird meist von Gruppen getragen, die durch die Revolution entmachten wurden, aber auch von ehemaligen Revolutionären, die an den Erfolgen der Revolution nicht den von ihnen erwünschten Anteil hatten. Die Konterrevolution hat das Ziel, die Errungenschaften

einer Revolution rückgängig zu machen und die alte Staatsmacht wiederherzustellen, sowie mit der Revolution unter Umständen auch blutig abzurechnen. Der Begriff der Konterrevolution erschien erstmals im Zusammenhang mit der Französischen Revolution von 1789 und bezeichnete die Bestrebungen ihrer Gegner, die gestürzte Monarchie wieder herzustellen.

6. Kommentar zur Diskussion Der Spiegeljournalist Raniah Salloum fragte in seinem Kommentar vom 5. Juli 2013: Wie soll man den Umsturz in Ägypten nennen? Dabei kam er zu folgendem Ergebnis: „In der Politikwissenschaft gilt ein Ereignis als Putsch, wenn das Staatsoberhaupt vom Militär oder anderen Elitengruppen mit verfassungswidrigen Mitteln absetzt wird. Vergleichen wir diese Beschreibung mit den Ereignissen in Ägypten: Millionen gehen auf die Straße und fordern den sofortigen Rücktritt des ein Jahr zuvor knapp, aber demokratisch gewählten Präsidenten Mohammed Mursi. Er weigert sich. Das Militär schreitet ein und erklärt den Präsidenten für abgesetzt - eine verfassungswidrige Handlung. ... Man kann darüber streiten, ob man die Ereignisse in Ägypten gut oder schlecht heißt. ... Was jedoch nicht bestritten werden kann: Die Ereignisse in Kairo erfüllen die Kriterien für eine Einordnung als "Putsch". ... Sicherlich, viele Ägypter haben sich das Einschreiten des Militärs gewünscht. Die Situation vor dem Eingreifen der

Generäle war festgefahren und gefährlich ... Wahrscheinlich wäre es den Generälen lieber gewesen, es hätte sich eine andere Lösung gefunden. Es handelt sich um einen Putsch, der Rückhalt in der Bevölkerung findet, möglicherweise sogar um einen "demokratischen Putsch". ... Das Konzept des "demokratischen Putsches" hat 2012 der Jurist Ozan Varol ...vorgestellt. ...Nach den Kriterien von Varol ist ein "demokratischer Putsch" einer, bei der ein von der Bevölkerung geschätztes Militär auf öffentlichen Druck hin eingreift und den autoritären Herrscher absetzt. Anschließend organisiert es schnell freie und faire Wahlen. Eine demokratisch gewählte Regierung übernimmt die Macht. Mohammed Mursi und die Muslimbrüder lassen sich zwar nicht so leicht als autoritäre Herrscher einstufen wie der 2011 gestürzte Husni Mubarak. Allerdings haben sich die Islamisten nicht sonderlich demokratisch verhalten, sondern wiederholt versucht, dem Volk ihre Vorstellungen aufzuzwingen. ...“ 10

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12. Juli 2013

(9) Ramadan - Fasten im Islam Kompetenzen: Den Ursprung, Sinn und die Ausgestaltung des Ramadans kennen.

1. Der aktuelle Anlass In diesem Jahr begann der Fastenmonat Ramadan in Deutschland am 9. Juli. Er dauert 4 Wochen und endete damit am 7. August 2013 mit dem Zuckerfest, für das Kinder schulfrei bekommen können. 2. Wann ist der Ramadan? Ramadan ist der neunte Monat im islamischen Mondkalender. Er beginnt, sobald die erste Mondsichel nach Neumond mit bloßem Auge zu erkennen ist. Glaubwürdige Zeugen müssen die Mondsichel nach Neumond mit eigenen Augen gesehen haben, damit der neunte Monat im islamischen Kalender beginnen kann. Da der Neumond beispielweise in der arabischen Wüste leichter zu erkennen ist als im wolkigen Mitteleuropa, liegen die Daten für Beginn und Ende unterschiedlich. Um Sicherheit zu geben, gibt es heute astronomische Berechnungen. (Dagegen sprechen sich allerdings die Traditionalisten aus.) Wegen des Mondkalenders wird ein Muslim den Ramadan im Laufe seines Lebens sowohl im Winter mit kürzeren Tagen als auch im Sommer, in dem die Tage lang sind und damit das Fasten schwieriger ist, erleben. Wäre eine bestimmte feste Jahreszeit für das Fasten festgelegt, würde das für manche Muslime in verschiedenen Erdteilen einen dauerhaften Vorteil, für andere wiederum eine ständige Benachteiligung bedeuten.

Der christlich bestimmte Kalender Dieser Kalender wird auch Sonnenkalender genannt, da er sich nach der Sonne richtet. Weil die Erde ungefähr 365 Tage braucht, bis sie einmal um die Sonne gekreist ist, hat das Jahr 365 Tage. Die Sonnenjahre sind also 11 Tage länger als die Mondjahre. Der islamisch bestimmte Kalender Dieser Kalender wird auch Mondkalender genannt, da er sich nach dem Mond richtet. Ein Jahr hat 354 Tage, weil der Mond in dieser Zeit zwölf Mal um die Erde kreist. Da die Mondjahre 11 Tage kürzer sind als die Sonnenjahre verschiebt sich aus Sicht der Sonnenjahre der neunte Monat im Islam jedes Jahr ein paar Tage nach vorn. So durchläuft der Ramadan allmählich alle Jahreszeiten.

3. Welchen Ursprung hat der Ramadan Ramadan ist arabisch und leitet sich aus den Worten „ramida“ oder „arramad“ ab. Dies bedeutet „der heiße Monat“ oder auch „brennende Hitze und Trockenheit“. In der islamischen Religion hat der Fastenmonat Ramadan eine sehr große Bedeutung. Er erinnert den gläubigen Moslem daran, dass

Mohammed, dem Gründer des Islams, im Jahre 610 in diesem Monat der erste Teil des Korans offenbart wurde, der besagt, wie die islamische Religion sein soll. Nach der Überlieferung haben sich in dieser Nacht die Himmelstore geöffnet und Engel sind herabgestiegen (Offenbarung des Korans durch den Erzengel Gabriel an den Propheten Mohammed).

4. Was bedeutet das Fasten? Das Fasten zählt neben dem Glaubensbekenntnis, dem Gebet fünf Mal am Tag, dem Spenden von Almosen an Bedürftige und der Wallfahrt nach Mekka zu den fünf heiligen Säulen im Islam. Diese sind die spirituellen Richtlinien für die Muslime, also die Hauptpflichten, die ein Muslim als Gottesdienst

durchführt. Das Fasten soll um Gottes Willen geschehen, d.h. es soll dadurch die Zufriedenheit Gottes erlangt werden. Es soll deutlich werden, dass die Religion einen höheren Stellenwert hat als das tägliche Leben.

Die fünf Säulen des Islam Glaubensbekenntnis

Gebet

Fasten

Almosen

Hadsch

„Es gibt keinen Gott, außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet.“

Fünf rituelle Gebete täglich

Fasten im Monat Ramadan

Spenden an bedürftige Menschen und soziale Zwecke

Pilgerfahrt nach Mekka einmal im Leben

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12. Juli 2013

5. Was sind die Regeln des Ramadans? Während des Ramadans soll der Muslim fasten. Dabei hat das Fasten nicht nur eine „äußere“, sondern auch eine „innere“ Dimension.  Das „äußere“ Fasten Während des Ramadans darf zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang nichts gegessen und nichts getrunken werden. 30 Tage ist strikte Abstinenz einzuhalten. Auch andere Begehrlichkeiten wie Rauchen, Konsum von Drogen und Beischlaf sind verboten.  Das „innere“ Fasten Während des Ramadans soll der Muslim darauf achten, keine Sünden zu begehen. Fromme Muslime lesen in dieser Zeit viel im Koran. Es werden besondere Gebete gesprochen. Die Moscheen sind geschmückt. Man soll sich in dieser Zeit nicht streiten, nicht schlecht über andere reden und nicht lügen. Erstrebenswert ist es, gegenüber anderen Menschen duldsam und tolerant zu sein. Man soll denen Geschenke machen, die arm sind.

Wer ist zum Fasten verpflichtet? Jeder geistig zurechnungsfähige Muslim, der die Pubertät erreicht hat, ist im Ramadan verpflichtet zu fasten. Ausgenommen vom Fasten sind alle, die körperlich dazu nicht in der Lage sind: kleine Kinder und Schwangere, menstruierende Frauen und Kranke. Kinder, die die Pubertät noch nicht erreicht haben, werden ermutigt, so viele Tage zu fasten, wie sie können. Diejenigen, bei denen sich das Fasten mit dem Beruf nicht in Einklang bringen lässt, müssen nicht fasten. Sie sollen aber die versäumten Fastentage im Laufe des Jahres nachholen. Wer das aus gesundheitlichen Gründen ebenfalls nicht kann, soll für jeden Tag einen Bedürftigen mit Nahrungsmitteln versorgen. Etwa 60 bis 70 % der Muslime in Deutschland beteiligen sich beim Ramadan.

Bei Sonnenuntergang, ca. gegen 22.00 Uhr, verkünden die Muezzine in islamischen Ländern den Anbruch der Nacht. In anderen Ländern richten sich die Gläubigen nach dem Radio, TV-Sendern oder Apps. In Ländern ohne Nacht (Schweden u.a.) richtet man sich nach der türkischen Zeit. Es beginnt das Fastenbrechen als fröhliches entspanntes Fest. Man besucht seine Eltern oder lädt Verwandte und Freunde ein. Man bereitet ihnen eine besonders gute und üppige Mahlzeit, um in Frieden eine schöne Zeit miteinander zu verbringen. Das soziale und religiöse Leben wird dadurch intensiviert. Das Fastenbrechen wird gewöhnlich mit einer Dattel und einem Schluck Wasser durchgeführt. Dabei wird ein Gebet

gesprochen. Erst danach werden die eigentlichen Speisen gegessen. Das gemeinsame Fastenbrechen findet auch oft in der jeweiligen Moschee der Gemeinde statt. Das Ende der Fastenzeit feiern Muslime am ersten Tag des auf den Ramadan folgenden Monats mit einem großen Fest und köstlichen Speisen. Es beginnt mit einem besonderen Gebet und einer Predigt. Das „Bayram“ oder auch „Zuckerfest“ dauert drei Tage lang. Vor allem Kinder erhalten kleinere Geschenke und Süßigkeiten. Glückwünsche und Grußbotschaften werden ausgetauscht, Wohnungen festlich geschmückt, Verwandte und Freunde besucht.

6. Was bringt das Fasten? Das Fasten soll zu einer Konzentration auf das Wesentliche führen. Das Gewissen und die Selbstbeherrschung sollen geschärft und die

Widerstandskraft vergrößert werden. Ziel ist eine Reinigung der Seele und die Festigung der Beziehung zu Gott und den Mitmenschen.

7. Krieg und Ramadan Es ist nicht verboten im Ramadan Krieg zu führen. Vielmehr wird man für gute Taten, die man im Ramadan macht, doppelt belohnt. Wer im Fastenmonat als Schahid stirbt, also als Märtyrer, für den ist der Weg ins Paradies kürzer.

Herausgeber:

POLITIK AKTUELL Schriftleitung: Postfach 10 13 48 41545 Kaarst Postvertriebsstück G 2251 Entgelt bezahlt

Der arabisch-israelische Jom-Kippur-Krieg, der mit einem Überraschungsangriff Ägyptens und Syriens am 6. Oktober 1973, dem höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur begann, wird von arabischer Seite auch „Ramadan-Krieg“ genannt, da er in den islamischen Fastenmonat fiel.

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