Arbeitsbuch Burnout für Unternehmensberater, Führungskräfte und Betriebsräte

Ellen Braun, Steffen Hillebrecht Arbeitsbuch Burnout für Unternehmensberater, Führungskräfte und Betriebsräte Praktische Hilfen für die Prävention un...
Author: Gesche Winkler
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Ellen Braun, Steffen Hillebrecht

Arbeitsbuch Burnout für Unternehmensberater, Führungskräfte und Betriebsräte Praktische Hilfen für die Prävention und das Wiedereingliederungsmanagement auf der Basis der Würzburger Burnout-Studie

Rainer Hampp Verlag

München, Mering 2016

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-95710-070-2 (print) ISBN 978-3-95710-170-9 (e-book) ISBN-A/DOI 10.978.395710/1709 1. Auflage, 2016 © 2016

Rainer Hampp Verlag München und Mering Marktplatz 5 D – 86415 Mering www.Hampp-Verlag.de

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Management Summary Burnout-Prävention ist eine Aufgabe für jedes Unternehmen, die sich zum einen aus den Vorgaben der novellierten §§ 3-5 Arbeitsschutzgesetz und weiterer Bestimmungen ableitet, zum anderen aus den immer deutlich werdenden mentalen Belastungen in der Gesellschaft. Die hohe Bedeutung des Themas ergibt sich aus folgenden Fakten: •

Durch Burnout und weitere seelische Erkrankungen fallen allein in Deutschland jedes Jahr über 52 Mio. Arbeitsstunden aus (Stressreport 2014).



Eine hohe Arbeitsverdichtung und die „Sandwich-Position“ zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern sowie ein hoher Anspruch an die eigene Leistung bringen insbesondere Führungskräfte auf mittlerer Ebene in Bedrängnis.



Eine deutliche Mehrheit der Unternehmen, die wir in unserer Studie befragten, erlebte in den letzten Jahren Burnout-Fälle, bis zu zwei bis drei Fälle jährlich.



Betroffene Arbeitskräfte fallen oft mehrere Monate bis Jahre aus und können nach ihrer Rückkehr teilweise nur noch begrenzt eingesetzt werden.



Mittelständische Unternehmen verfügen nur über sehr begrenzte Ressourcen zur Burnout-Prävention.



Die Wirksamkeit vieler operativer Maßnahmen kann durch die Einbindung in eine Strategie der „gesunden Führung“ deutlich erhöht werden.



Auch Betriebsräte können an bestimmten Stellen (z.B. Wiedereingliederungsmanagement) gezielt eingebunden werden.

Unsere Handlungsempfehlungen •

Erarbeitung einer Strategie zur „gesunden Unternehmensführung“ – Gesundheit, Prävention und Wertschätzung lassen sich mit Hochleistung und Wirtschaftlichkeit vereinbaren.



Damit einher geht die Stärkung des psychologischen Kapitals der Mitarbeiter.



Der Charakter mittelständischer Unternehmen als „Familie mit Werten“ hilft bei der Umsetzung und muss entsprechend unterlegt werden.



Dazu lassen sich einige gut gewählte operative Instrumente mit großem Gewinn einsetzen – Investitionen in die betriebliche Gesundheit zahlen sich langfristig aus durch bessere Mitarbeiterbindung, weniger Arbeitsausfall und ein insgesamt verbessertes Personalmarketing.



Ggf. ist für Betroffene auch eine „Exit-Strategie“ in Richtung einer „zweiten Karriere“ sinnvoll, wenn sich Rahmenbedingungen nicht optimieren lassen.

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Danksagung Besonderer Dank gilt •

Tanja Blum und Michael Beckhäuser (Beckhäuser Personal & Lösungen, Würzburg), für die Kooperation bei der Durchführung des ersten Teils der Grundlagenstudie



Vier Studentinnen der FHWS, für die Bereicherung der theoretischen Grundlagen durch sorgfältig angelegte Abschlussarbeiten, die einzelne wichtige Aspekte vertieft haben, namentlich: • Anita Baumann (2013), mit der Erstellung eines Konzepts für Burnout-Prävention und das Betriebliche Eingliederungsmanagement nach einer Burnout-Erkrankung • Verena Hofmann (2013), mit einer Umfrage zur Wahrnehmung von Bedrohungen der psychischen Gesundheit, unter ingenieurwissenschaftlichen Nachwuchskräften • Katharina Lill (2013), mit der textlichen Analyse von Beiträgen zum Burnout in ausgewählten Publikumsmedien • Sandra Göpfert (2015) mit einer Untersuchung zur Wahrnehmung der BurnoutGefährdungsumstände durch Therapeuten

Die Betreuung der Bachelorarbeiten war daher nicht allein Arbeit, sondern stets auch Perspektivwechsel und Weiterbildung. Ihre Ergebnisse sind an den entsprechenden Stellen in diesen Bericht eingeflossen. Der Dialog mit den Studierenden wie auch mit der Praxis ermöglicht es auch immer dem betreuenden Hochschullehrer, das eigene Wissen zu prüfen und weiterzuentwickeln.

Würzburg, im Juli 2016 Ellen Braun und Steffen Hillebrecht

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel Inhalte Management Summary Danksagung Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis 1. 1.1. 1.2. 1.3. 1.4. 1.5. 1.6. 1.7.

2. 2.1. 2.2. 2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. 2.2.4. 2.3.

3. 3.1. 3.2. 3.3. 3.3.1. 3.3.2.

Seite 3 4 5 5 7

Die Ausgangspunkte der Würzburger Burnout-Studie Die Bandbreite der öffentlichen Diskussion Die Herkunft des Begriffs „Burnout“ Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Arbeitswelt Grundlageninformationen für Führungskräfte zum Thema „Burnout“ Arbeitsrechtliche Implikationen Praktische Problemdispositionen Die Folgen für Führungskräfte in mittelständischen Unternehmen

9 9 19 22 25

Die Ergebnisse der Würzburger Burnout-Studie Die Anlage der Studie Die Ergebnisse der Studie Die Wahrnehmung durch Personalverantwortliche Die Handlungsprioritäten aus der Sicht von Personalverantwortlichen und Beratern Die Wahrnehmung aus der Sicht von Betriebsräten Der Expertenhintergrund aus der Sicht einer Berufsgenossenschaft Optionen zur Fortführung der Forschungsarbeit zur BurnoutPrävention

42 42 43 43 55

Die Handlungsvorschläge auf der Basis der Studie Leitpunkte zur Erstellung eines individuellen Konzeptes für KMU Die strategische Handlungsebene Die operative Handlungsebene Die Programme Das Problemverhalten

68 68

31 34 39

57 65 66

72 73 73 78

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3.4. 3.5. 3.6.

80 83 84

3.7.

Das Wiedereingliederungsmanagement nach einem Burnout Die „Mosaikkarriere“ als Alternative Die „zweite Karriere“ zur Veränderung von Rahmenbedingungen Die Möglichkeiten einer beraterischen Unterstützung

4

Literaturnachweis

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Autoreninformationen und Disclaimer

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Die Aspekte der Burnout-Bedrohung Abbildung 2: Die Sandwich-Position der Führungskräfte im betrieblichen Gefüge Abbildung 3: Darstellung der Entscheiderbefragung vom 27.02.2013 Abbildung 4: Die Ansatzpunkte im Management-Modell eines KMU

35 37 56 69

Hinweis Aus Gründen der Lesbarkeit halten wir uns im Wesentlichen an die männliche Form.

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Abkürzungsverzeichnis

AG AGABU AOK ArG ArbSchG ASchG Az BDI BDS BEM BetrVerfG BGB BKK BMAS BMG BMI BPtK BR bzw. ca. CFS DAK ders. DGPPN DGUV d.h. dies. DGFP etc. EWG f. ff. FKI GDA GFK

Aktiengesellschaft (D, A) Alles ganz anders bei uns Allgemeine Ortskrankenkasse KdöR Arbeitsgericht (D) Arbeitsschutzgesetz (D) Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit/ Arbeitnehmer-Innenschutzgesetz (A) Aktenzeichen Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. Bund der Selbständigen - Gewerbeverband Bayern e.V. Betriebliches Eingliederungsmanagement Betriebsverfassungsgesetz (D) Bürgerliches Gesetzbuch (D) Betriebskrankenkasse Bundesministerium für Arbeit und Soziales (D) Bundesministerium für Gesundheit (D) Bundesministerium des Innern (D) Bundespsychotherapeutenkammer KdöR Betriebsrat (D, A) beziehungsweise circa Chronisches Erschöpfungssyndrom Deutsche Angestelltenkrankenkasse KdöR derselbe Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. das heißt dieselben Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. et cetera Europäische Wirtschaftsgemeinschaft folgende fortfolgende Führungskräfte-Institut Berlin Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie Gesellschaft für Konsumforschung SE

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ggf. GKV HBI hlb ICD

i.d.R. i.V.m. i.S.v. Kap. KMU LAG LG Max. MBI MDR Mio m.W. Mrd. Nr. o.J. OLBI PR S. SBV SGB SKO sog. ULA u.a. o.V. PE TK v. vbw VDBW vgl. z.B.

gegebenenfalls Gesetzliche Krankenversicherung Hamburg Burnout Inventory Hochschullehrerbund e.V. Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (engl.: International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) in der Regel in Verbindung mit im Sinne von Kapitel Kleine und mittelständische Unternehmen Landesarbeitsgericht (D) Landgericht (D) maximal Maslach Burnout Inventory Mitteldeutscher Rundfunk AdöR Millionen meines Wissens Milliarden Nummer ohne Jahresangabe Oldenburg Burnout Inventory Public Relation Seite Schwerbehindertenvertretung (D) Sozialgesetzbuch (D) Schweizerische Kaderorganisation sogenannt Union Leitender Angestellter / United Leaders Association e.V. und andere ohne Verfasser Personalentwicklung Techniker Krankenkasse KdöR vom Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V. vergleiche zum Beispiel

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1.

Die Ausgangspunkte der Würzburger Burnout-Studie

1.1.

Die Bandbreite der öffentlichen Diskussion

Übermäßige psychische Belastungen mit der Folge eines Burnouts finden eine breite öffentlicher Resonanz. Vor kurzem ließ der Bürodienstleister Regus wissen, dass sich 44 % der deutschen Arbeitnehmer stärker gestresst fühlen, als noch vor fünf Jahren (vgl. o.V., 2015a). Nach einer weiteren aktuellen Studie, in Zusammenarbeit von InfratestDimap und der Gewerkschaft Verdi, nehmen sogar 77 % der Arbeitnehmer steigende Belastungen wahr, und 20 % der Arbeitnehmer sehen sich dadurch inzwischen überlastet (vgl. Kempf, 2015, S. 20; Verdi, 2015, S. 3ff.). An einem prominenten Beispiel festgemacht: bei der Europäischen Zentralbank scheint knapp ein Drittel ihrer Beschäftigten von einem Burnout bedroht zu sein (vgl. Mallien, 2015, S. 29). Die Mercer-Studie für Österreich stellt ähnliche Bedrohungsszenarien im Nachbarland fest (vgl. Papousek/Außerlechner, 2014, S. 38f.). Nicht nur Pädagogen (vgl. Baier, 2014, S. 48; Ventura/Olivio, 2011, S. 95ff.) und Sozialarbeiter (vgl. Tschiesner, 2014, S. 23ff.; ähnlich Barioni, 2015) oder berufstätige Mütter gelten als besonders gefährdet, aufgrund der Doppelbelastung in Familie und Beruf (vgl. z.B. Harmann, 2014; Marsch, 2013; o.V., 2104a; ähnlich Hardinghaus, 2015). Auch Führungskräfte (vgl. Braun/Hillebrecht, 2013, S. 19ff.) und Investmentbankern mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 70 bis 80 Stunden scheinen eine herausragende Anfälligkeit zu besitzen, die sogar kurzfristig beschäftigten Praktikanten zum Verhängnis werden kann (vgl. Atzler, 2015). Und dass Burnout inzwischen schon unter Schülern und Studierenden als ernsthafte Bedrohung wahrgenommen wird (vgl. Krautz, u.a., 2013; Laurenz, 2015; Meutz, 2014; Ottenschläger u.a., 2014, o.V., 2015b; Schulte-Markwort, 2015; Streeck, 2015), rundet das Bild ab. Einzelne Medienquellen sprechen demzufolge von einer übergreifenden „Volkskrankheit“ (Hager/Hiptmayr, 2006; Portmann, 2016; ähnlich Wenninger, 2016, S. 28). Prominente Beispiele illustrierten diese Symptomatik und werden entsprechend breit in den Medien abgehandelt (siehe auch Titton, 2013): Fernsehkoch Tim Mälzer, die Skispringer Sven Hannawald und Hubert Neuper, Fußballtrainer Ralf Rangnick, Fußball-Torhüter Markus Miller, Triathlet Jan Frodeno, Schauspielerin Renée Zellweger, die Musik-Stars Wolfgang Petry, Peter Plate („Rosenstolz“), Mariah Carey und Robbie Williams oder auch die Erfolgsautoren Jonas Jonasson und Frank Schätzing sowie die Fernsehmoderatorin Kerstin Linnartz. Die ehemalige Burgtheater-Geschäftsführerin Silvia Stantesjky erlitt im Gefolge einer Finanzaffäre einen Burnout (vgl. Cerny u.a., 2014). Führungskräfte gelten neben den bereits benannten Personengruppe als besonders gefährdet, da Überstunden und bedingungsloser Einsatz gleichsam zu ihrem Berufs-

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ethos gehört (vgl. Albers, 2012, S. 68 ff., Braun/Domke, 2014, S. 44ff.; Gottschalck/Buchenau, 2012; Groll, 2014; Groll/Kleinschmidt, 2013; Metz, 2010; Müller, 2010; Obmann, 2015; o.V., 2014b; Schrehardt, 2012; S. 18; Schwertfeger/Galuska, 2011, S. 24f.; Stock-Homburg/Bauer, 2008, S. 10ff.). Dieser „150-%-Einsatz“ kann mittelfristig zu mentalen und gesundheitlichen Problemen in Form des Burnout führen (vgl. Böcking/Burisch, 2014; ähnlich Bauer, 2014), was sich in Beispielen wie der SiemensManagerin Denice Kronau (vgl. Angele, o.J.; Dettmer u.a., 2011, S. 116 ff.; FirlusEmmerich, 2013; Haack, 2011; Hacke u.a., 2013; Husmann/Kronau, 2012; Magenheim, 2010, o.V, 2011c; o.V., 2011a; Pilz, 2011) oder dem IT-Manager Rüdiger Striemer (vgl. Schmidt, 2015, S. 84ff.) manifestiert. Denice Kronau äußerte sich auch entsprechend deutlich auf ihrer Website www.denicekronau.com/about-the-books/ und bietet verschiedene Hilfen an, selbst nicht dem Burnout anheim zu fallen. Die Siemens-Managerin steht mit ihren publizierten Erfahrungen mittlerweile in einer Reihe mit anderen, mehr oder weniger bekannten Personen. Zu nennen sind insbesondere: •

die St. Galler Medien-Professorin Miriam Meckel mit ihrem „Brief an mein Leben“ (Meckel, 2010, nochmals bei Koelbl/Meckel, 2014, aufgegriffen und Basis der gleichnamigen ZDF-Verfilmung vom 25.04.2016; vgl. Huber, 2016), soviel sei schon vorweg genommen: sie wurde im Herbst 2014 als Chefredakteurin der „Wirtschaftswoche“ berufen und hat damit ihre Burnout-Phase erfolgreich überwunden



der Unternehmensberater Frank Krause mit „Notstopp“ (Krause, 2011)



der IT-Geschäftsführer Rüdiger Striemer mit der Autobiografie „Raus“ (Striemer, 2015) sowie sein saarländischer Kollege Sascha Dengel (2011)



die – etwas weniger prominente – Anwaltsgehilfin Sylvia Haß (2012)



der Musiker Peter Schilling mit einer Adaption seines Erfolgstitels „völlig losgelöst“ (Schilling, 2013)



der ehemalige leitende „BILD“-Redakteur Matthias Oncken mit dem sehr plakativen Titel „Bis nichts mehr ging“ (vgl. Onken, 2013)



Der Skispringer Sven Hannawald (2013), dessen Autobiografie es im Herbst 2013 sogar in die einschlägigen Bestsellerlisten auf einen der vorderen Plätze schaffte (vgl. o.V., 2013a)



das Werk „Die Neuerschaffung des Erfolgs“ der Internet-Unternehmerin Arianna Huffington (Huffington, 2014), die eine Abkehr von den Stress, Schlafentzug und Burnout fördernden Werten der westlichen Arbeitswelt fordert (vgl. Baumann, 2014)

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Unter Führungskräften wird das Thema z.B. in Vortragsrunden (z.B. o.V., 2012a), bei Fragen zur Unternehmenskultur (vgl. Maier-Brunnhuber/Sell, 2011, S. 34ff.; Müller, 2010) oder mit betrieblichen Regelungen zu einer zwangsweisen Auszeit (vgl. Alich u.a., 2013, S. 32) behandelt. Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang die gemeinsame „Erklärung zur psychischen Gesundheit“, von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und dem Deutschen Gewerkschaftsbund sowie dem Bundesministerium für Soziales und im Herbst 2013 veröffentlicht (BMAS, u.a., 2013). Sie ist sowohl eine Manifestation der Problematik als auch eine Aufforderung zur Suche sachgerechter Lösungen. Die Problematik wird zusätzlich durch eine vom Online-Medium wiwo.de veröffentlichte Burnout-Hitliste präzisiert: Weit vor allen anderen Berufen weisen geistig Tätige eine erhöhte Anfälligkeit auf, z.B. Immobilienmakler, Wertpapierhändler, Menschen in sozialen Berufen, Juristen oder auch Medienschaffende. Im Gegensatz dazu unterliegen Personen mit einer besonders hohen physischen Beanspruchung einer deutlich unterdurchschnittlichen Gefahr (vgl. Dammer, 2014; o.V., 2014d) – körperliche Aktivitäten beugen einem Burnout anscheinend vor. Die vorhin benannten Beispiele lassen erwarten, dass das bisher bei herausragenden Managern übliche „Unter dem Deckel halten“ sich langsam verändert. Besonders deutlich zeigte es sich z.B. bei den Spekulationen um den früheren Bertelsmann-Manager Hartmut Ostrowski (vgl. Kröher/Werle, 2012; o.V., 2012b; Ritter/Thielen, 2011; Terpitz, 2011). Im Hintergrund stand der offen ausgesprochene oder zumindest zwischen den Zeilen durchschimmernde Vorwurf, ein „Weichei“ zu sein, der dem üblichen Berufsstress nicht mehr stand hält (vgl. Dettmer u.a., 2011, S. 116; siehe auch Bock, 2013, 11; Dowideit, 2013; o.V., 2012c: Rettig/Sättele, 2013). Viel lieber spricht man in diesen Fällen von einer „Phase der Neuorientierung“ oder mehrmonatigen „Auszeiten“, z.B. beim AKZO-Nobel-Vorstand Tom Büchner (vgl. o.V., 2012d; allgemeiner Alich u.a., 2013, S. 32; Leipprand/Schwalbach, 2014, S. 86) und nimmt Rücksicht darauf, dass Verantwortungsträger mit Burnout-Erscheinungen als nicht mehr so belastbar gelten und ihr Wert am Arbeitsmarkt damit rapide sinkt (siehe beispielhaft Dunsch, 2016; Mühleisen, 2013, S. 42; o.V., 2013b; o.V., 2015c; Vonhoff, 2013), bis hin zur Gefahr eines sozialen Absturzes (vgl. Mau, 2012, S. 107; Tinsobin/Seidhamel, 2011). Seelische Erkrankungen sind schlicht und einfach ein unangenehmes Thema (vgl. Dowideit, 2014; Kleinschmidt, 2014; Prieß/Klostermann, 2012, S. VII; Reiter, 2015; Schmidt, 2015, S. 84f.; Vogt, u.a., 2014) mit der Gefahr einer Ausgrenzung. Erlebnisberichte erscheinen daher bevorzugt in anonymisierter Form (z.B. bei Jung, 2012; Michel, 2006; Oberhuber, 2015). Personen, die wie Miriam Meckel damit offensiv umgehen, geraten mitunter in den Verdacht der eitlen Selbstdarstellung (z.B. bei o.V., 2014e; Schwertfeger, 2014).