Airbnb und der Berliner Wohnungsmarkt Auswirkungen des Airbnb-Angebots auf die Berliner Wohnraumversorgung. Bericht

Airbnb und der Berliner Wohnungsmarkt 2016 Auswirkungen des Airbnb-Angebots auf die Berliner Wohnraumversorgung Bericht Berlin, September 2016 Air...
Author: Heinrich Bayer
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Airbnb und der Berliner Wohnungsmarkt 2016 Auswirkungen des Airbnb-Angebots auf die Berliner Wohnraumversorgung

Bericht

Berlin, September 2016

Airbnb und der Berliner Wohnungsmarkt Auswirkungen des Airbnb-Angebots auf die Berliner Wohnraumversorgung 2016

Bericht

GEWOS Institut für Stadt-, Regionalund Wohnforschung GmbH Friedbergstr. 39 14057 Berlin Telefon Telefax E-Mail Internet

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Sitz der Gesellschaft: Hamburg Registergericht: Hamburg, HRB 12 536

-I-

Inhalt Kurzfassung

II 



Hintergrund





Wohnungsnachfrage



2.1 

Einwohnerentwicklung



2.2 

Haushalte





Wohnungsangebot



3.1 

Bestandsstruktur und -entwicklung



3.2 

Neubautätigkeit

12 

3.3 

Mieten

13 

3.4 

Kaufpreise für Eigentumswohnungen

15 



Einfluss des Airbnb-Angebots auf den Berliner Wohnungsmarkt

19 

4. 1 

Gesetz zum Verbot der Zweckentfremdung

19 

4.2 

Thesen zur Gefährdung der Wohnungsversorgung

19 

Airbnb-Datenanalyse

21 

4.3 

- II -

Kurzfassung I

Berliner Wohnungsmarkt

Steigende Einwohnerzahlen

Berlin ist nicht nur als Wohnort und Urlaubsziel attraktiv. Mit der wirtschaftlichen Entwicklung ziehen zunehmend mehr – und auch zunehmend qualifizierte – Arbeitskräfte in die Stadt, was zu stark steigenden Einwohner- und Haushaltszahlen führt.

Wanderungsgewinne 2015 +41.000 Einwohner

2015 stieg die Einwohnerzahl Berlins erneut um rd. 45.000 Personen an, mehr als die benachbarte Kreisstadt Oranienburg an Einwohnern zählt. Davon sind rd. 3.750 auf einen Geburtenüberschuss zurückzuführen und ca. 41.000 auf Wanderungsgewinne, vorwiegend aus dem Ausland.

10.700 neue Wohnungen in 2015

Die Bautätigkeit hat im Vergleich zum Vorjahr deutlich angezogen. 2015 wurden in Berlin rund 10.700 Wohnungen fertiggestellt. Allein um das Bevölkerungswachstum des Jahres 2015 zu kompensieren, wären jedoch rund 26.000 zusätzliche Wohnungen erforderlich. Der Wohnungsmarkt verengt sich somit weiter, wenn die starken Wanderungsgewinne anhalten und nicht erheblich mehr Wohnungen errichtet werden.

Wohnkosten wie in Hamburg oder Frankfurt

Auch wenn die Mieten in Berlin noch deutlich unter denen anderer Metropolregionen in Deutschland liegen, sind die Wohnkosten aufgrund geringerer Einkommen durchaus vergleichbar. 85 % der Berliner Wohnungen sind Mietwohnungen. Betrachtet man die Wohnkostenbelastung, liegt Berlin nur knapp unter Hamburg und Frankfurt, aber deutlich unter den süddeutschen Städten München und Freiburg.

Mietenanstieg 6,6 % in 12 Monaten

Ausgehend von einem niedrigen Niveau ist die Mietendynamik in Berlin stärker als in vielen Großstädten. Die Angebotsmieten stiegen innerhalb von 12 Monaten um 6,6 %.

- III -

Preisanstieg bei Eigentumswohnungen um 8 %

Die Preise für Eigentumswohnungen in Berlin sind mit rd. 8 % in 12 Monaten stärker gestiegen als die Mieten. Dies beruht auf einem niedrigen Ausgangsniveau, der Flucht der Kapitalanleger in Sachwerte und den niedrigen Finanzierungkosten. Die durchschnittlichen Kaufpreise liegen aber immer noch deutlich unter denen in Hamburg, München, Frankfurt, Köln und Düsseldorf. Berliner Wohnungen sind daher ein beliebtes Ziel für Investoren.

II Airbnb Marktplatz für Unterkünfte

Airbnb ist ein digitaler Marktplatz für das Mieten und Vermieten von Unterkünften. In der Regel werden Wohnungen zeitweise vom Wohnungsmieter oder Eigentümer genutzt und zeitweise als Ferienwohnung vermietet. Hier stellt sich die Frage, ob der Wohnungsmieter oder Eigentümer die Wohnung für den Markt freigeben würde, wenn er sie nicht zeitweise als Ferienwohnung vermieten könnte. So kann der Hauptnutzer die Wohnung beispielsweise während seiner Abwesenheit in den Ferien vermieten oder er zieht temporär zu Freunden oder Verwandten. In diesen Fällen ist keine Gefährdung der Wohnraumversorgung und damit auch keine Zweckentfremdung erkennbar.

Airbnb-Angebot 0,6 % des Berliner Wohnungsbestandes

Betrachtet man das Verhältnis der im ersten Halbjahr 2016 zumindest an einem Tag gebuchten 11.751 über Airbnb angebotenen Wohnungen zum Berliner Wohnungsbestand von 1.902.675 Wohnungen, macht dies einen Anteil von rd. 0,6 % aus.

Überwiegend Kurzeitvermietungen ohne gewerbliche Gewinnerzielungsabsicht

Das Gros der gebuchten Wohnungen (63 %) wurde nur bis zu 30 Tage vermietet. Bei 20 % lag die Auslastung über 60 Tage. Hierunter sind viele normale Wohnungsvermietungen, beispielsweise für zeitweilige berufsbedingte Aufenthalte, die auch von den Bezirksämtern nicht als Zweckentfremdung gewertet werden. Dies macht deutlich, dass der Anteil der Vermieter mit offensichtlich gewerblicher Gewinnerzielungsabsicht gering ist.

- IV -

Anteil vermieteter Airbnb-Wohnungen* am Berliner Wohnungsbestand

Beratung Planung Forschung

GEWOS

bis 15 Tage

0,28%

16 bis 30 Tage

0,11%

31 bis 45 Tage

0,06%

46 bis 60 Tage 61 bis 75 Tage 76 bis 90 Tage 91 bis 105 Tage

0,04% 0,03% 0,02% 0,02%

106 bis 120 Tage

0,01%

121 bis 135 Tage

0,01%

136 bis 150 Tage mehr als 150 Tage

Airbnb: 11.751 Wohnungen

0,01% 0,01%

* Zeitraum Januar bis Juni 2016

Berliner Wohnungsbestand am 31.12.2015 : 1.902.675

© GEWOS

Fazit: Anbieter überwiegend Privatpersonen. Keine signifikante Beeinträchtigung der Wohnungsversorgung Berlins

Die Auswertung der Airbnb-Daten zeigt, dass die Anbieter zum weitaus überwiegenden Teil keine professionellen, gewerblich tätigen Vermieter sind, sondern in der Regel Privatpersonen, die ihre Wohnung oder Zimmer nur zeitweise zahlenden Gästen überlassen. Insgesamt betrachtet ist damit die Wohnungsversorgung der Berliner Bevölkerung nicht signifikant beeinträchtigt. Bei selbst bewohnten und nur zeitweise vermieteten Wohnungen liegt mithin keine Beeinträchtigung vor. Vor dem Hintergrund steigender Mieten eröffnet die zeitweise Vermietung vielen Haushalten die Möglichkeit, ein zusätzliches Einkommen zu erzielen und ihre Wohnung halten zu können. Der typische Gastgeber nahm im Jahr 2015 durchschnittlich 1.800 € ein. Dies zeigt auch die diesjährige Befragung bei Berliner Airbnb-Anbietern. 33 % der Befragten gaben an, dass sie ihre AirbnbVermietungs-einnahmen als zusätzliches Einkommen benötigen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die zeitweise Vermietung von Wohnungen und Zimmern trägt damit dazu bei, der sozialen Entmischung in besonders begehrten Quartieren entgegenzuwirken. Viel

-V-

stärkere Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt haben die Wanderungsgewinne von +41.000 Personen und der Geburtenüberschuss (+3.750) allein im Jahr 2015, denen ein Neubauvolumen von nur rd. 10.700 Wohnungen gegenübersteht.

-1-

1

Hintergrund

Vom Wohnungsmangel zum Angebotsüberhang

Der Berliner Wohnungsmarkt ist in den vergangenen Jahrzehnten durch lange Phasen des Wohnungsmangels und des Überangebots geprägt worden. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands und Berlins setzte in den neuen Bundesländern ein Nachholprozess ein, der zu einem staatlich unterstützten Anstieg der Wohnungsbautätigkeit führte. Innerhalb weniger Jahre wuchs auch in Berlin das Wohnungsangebot erheblich. Entgegen den Erwartungen nahm die Einwohnerzahl zunächst ab und blieb dann lange Zeit konstant.

Niedrige Einkommen Zum ersten Mal in der Geschichte stand nahezu allen - niedrige Mieten Wohnungssuchenden geeigneter Wohnraum zur Verfügung. Der Wohnungsüberschuss betrug an seinem Höhepunkt im Jahr 2001 rund 160.000 Wohneinheiten. Aufgrund des Wohnungsüberangebots waren einerseits Mietsteigerungen am Markt kaum mehr durchzusetzen und andererseits ging die Neubautätigkeit erheblich zurück. Niedrige Einkommen standen niedrigen Mieten gegenüber. Abriss und Umnutzung

Als Reaktion auf den Wohnungsleerstand wurden Wohngebäude abgerissen und Wohnungen umgenutzt. So richteten Berliner Wohnungsunternehmen Gästewohnungen ein, nutzen Wohnungen als Mietertreffpunkte oder vermieteten sie gewerblich.

Wirtschaftliche Erholung

Seit einigen Jahren macht sich jedoch der wirtschaftliche Erholungsprozess Berlins bemerkbar, auch wenn diese Entwicklung allmählich stattfindet und die Wirtschaftskraft Hamburgs oder Münchens noch lange nicht erreicht ist. Berlin gewinnt deutlich an Einwohnern. Im vergangenen Jahr wuchs die Einwohnerzahl Berlins um rund 45.000 Personen –mehr als die benachbarte Kreisstadt Oranienburg an Einwohnern aufweist. Der ehemals hohe Wohnungsüberschuss Berlins wurde mittlerweile komplett abgebaut, ein Wohnungsdefizit entsteht. Die wachsende Nachfrage und der geringe Neubau führten zu steigenden Mieten und zu einem Nachfrageüberhang insbesondere in den mittlerweile attraktiven Innenstadtbereichen.

-2-

Tourismus sichert 240.000 Arbeitsplätze

Diese Stadtbereiche sind auch touristisch attraktiv. Seit 1991 verzehnfachte sich die Besucherzahl in Berlin. Tourismus ist mittlerweile der wichtigste Wirtschaftsfaktor der Stadt. Nach Berechnungen von visitBerlin hängen 240.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt davon ab. Ein Teil der Besucher möchte stärker am Berliner Leben teilhaben und zieht die Übernachtung bei privaten Gastgebern der in Hotels vor.

Airbnb als Mittler Airbnb hat sich auf die Vermittlung dieser privaten Unzwischen Besuchern terkünfte spezialisiert und fördert damit den direkten und Berlinern Kontakt von Einheimischen mit Besuchern aus der ganzen Welt. Dabei ist das Angebot so breit wie die Lebenswirklichkeiten der Berliner – von der Schlafcouch bis zur kompletten Wohnung. Im Jahr 2015 wohnten 568.000 Gäste in Zimmern und Wohnungen, die über Airbnb angeboten wurden. Die gesamte wirtschaftliche Bedeutung der Airbnb-Gäste und -Gastgeber in Berlin wird auf mehr als 467 Millionen Euro im vergangenen Jahr geschätzt. Wohnungsmarkt und Airbnb

Diese Studie soll dazu beitragen, die oft emotional geführte Diskussion um Ferienwohnungen auf eine fundierte Grundlage zu stellen und zu versachlichen. Airbnb hat das unabhängige GEWOS-Institut mit der Erarbeitung dieser Studie beauftragt, um die Entwicklung des Berliner Wohnungsmarktes und die Auswirkungen des Airbnb-Angebots auf die Wohnraumversorgung der Berliner Bevölkerung zu untersuchen.

GEWOS Institut

GEWOS ist eines der ältesten Wohnungsforschungsinstitute Deutschlands und seit Jahrzehnten auch in Berlin ansässig und tätig. Zahlreiche Berliner Mietspiegel, Wohnungsmarktberichte und -analysen wurden von GEWOS erarbeitet. Schwerpunkt der diesjährigen Arbeit in Berlin war die Begleitung der Fachkommission und Expertengruppe zur Reform und Sicherung des Sozialen Wohnungsbaus der Stadt.

Airbnb-Daten

Für die vorliegende Untersuchung wurden zahlreiche Datenquellen genutzt. Aktuelle Wohnungsmarktdaten entstammen der Öffentlichen Statistik, GEWOS-eigenen Erhebungen sowie den Preisdatenbanken von Im-

-3-

moscout 24. Airbnb stelle GEWOS seine Nutzungsdaten zur Auswertung zur Verfügung. Ausgewertet wurden alle Airbnb-Angebote von Anfang Januar bis Ende Juni 2016.

-4-

2

Wohnungsnachfrage Zum besseren Verständnis werden Wohnungsmarkstudien thematisch in Wohnungsnachfrage und Wohnungsangebot gegliedert, den bestimmenden Faktoren des Wohnungsmarktes.

2.1

Einwohnerentwicklung

Anstieg der Einwohnerzahlen seit 2005, Korrektur durch den Zensus 2011

Ein wesentliches Element für die Wohnungsnachfrage ist die Entwicklung der Bevölkerung einer Stadt. Berlin hatte Ende des Jahres 2015 rund 3.520.000 Einwohner. Die Einwohnerzahl steigt seit 2005 kontinuierlich. 2011 wurden mit der Zensuserhebung die Einwohnerzahlen bundesweit korrigiert. Berlin hatte laut Zensus rund 130.000 Einwohner weniger, als die Fortschreibung der Melderegister vermuten ließ. Viele fortziehende Bewohner hatten sich nicht abgemeldet, was sich im Laufe der Jahrzehnte entsprechend summierte. Unabhängig von der Korrektur der Melderegister im Jahr 2011 ist die Einwohnerzahl Berlins weiter erheblich gestiegen. Dies zeigt die Indexlinie in der untenstehenden Grafik 1. Seit 2011 steigt die Einwohnerzahl stärker als in den Jahren zuvor.

Abb. 1 Einwohnerentwicklung Berlins 2005 bis 2015

Beratung Planung Forschung

GEWOS

3.600.000

104 103

3.500.000

102 Anzahl der Personen

3.400.000 101 3.300.000 100 3.200.000 99 3.100.000

98

3.000.000

97 2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011*

2012*

2013*

2014*

2015*

*seit 2011 erfolgte die Fortschreibung auf Basis der Ergebnisse des Zensus 2011.

Berlin insgesamt

Index(2005 = 100)

© GEWOS

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Geburtenüberschuss und Wanderungsgewinne in Berlin

Für die Veränderung der Einwohnerzahlen sind zwei Komponenten bestimmend, die natürliche Bevölkerungsentwicklung und die Wanderungsbewegungen. Anders als viele andere Städte in Deutschland gewinnt Berlin Einwohner sowohl durch Geburtenüberschüsse als auch durch Wanderungsgewinne.

Wanderungsgewinne 2015: + 41.000 Personen

Der Geburtenüberschuss lag 2015 bei rund 3.750 Kindern. Weitaus wichtiger für die Bevölkerungszunahme Berlins sind die Wanderungsgewinne. Im letzten Jahr zogen ca. 41.000 mehr Personen nach Berlin zu als fort.

Abb. 2: Natürliche und wanderungsbedingte Bevölkerungsentwicklung in Berlin 2003 bis 2015

Beratung Planung Forschung

GEWOS

50.000

44.837

41.116

Anzahl der Personen

40.000

30.000

20.000

15.335

10.000

0 -3.946 -10.000 2002

2003

2004

2005

2006

Natürlicher Bevölkerungssaldo

2007

2008

2009

2010 2011* 2012* 2013* 2014* 2015*

*seit 2011 erfolgte die Fortschreibung auf Basis der Ergebnisse des Zensus 2011. Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg

© GEWOS

Zuwanderung vor allem aus dem Ausland

Die starken Wanderungsgewinne setzten kurz nach Beginn der europäischen Wirtschaftskrise 2009 ein. Ein Großteil der Zuwanderer kommt daher auch aus den wirtschaftlichen Krisenstaaten Ost- und Südeuropas. In jüngster Zeit ist auch die Zahl der Flüchtlinge deutlich angestiegen. Seit 2011 liegen die Wanderungsgewinne jeweils über 40.000 Personen pro Jahr.

-6-

266.000 neue Einwohner bis 2030

Die jüngste Einwohnerprognose Berlins von 2015 berücksichtigt die Entwicklung der letzten Jahre. In der gesamtstädtischen Rechnung weist sie in ihrer mittleren (wahrscheinlichsten) Variante für das Jahr 2030 eine Einwohnerzahl von rund 3,828 Mio. Personen aus. Danach nimmt die Bevölkerung in Berlin bis 2030 um rd. 7,5 % zu. Das sind 266.000 Personen mehr als im Januar 2015. Dies entspricht in etwa der Einwohnerzahl einer Großstadt wie Braunschweig oder Kiel.

Wanderungsgewinne vorwiegend bei den 20- bis 30Jährigen

Betrachtet man den Wanderungssaldo des letzten Jahres nach Altersgruppen, zeigt sich, dass Berlin vorwiegend junge Menschen zwischen 20 und 30 Jahren angezogen hat, darunter Deutsche, aber vor allem Ausländer. In allen anderen Altersgruppen verliert Berlin mehr Bürger deutscher Nationalität als es hinzugewinnt. Dafür dürfte in erster Linie die wieder zunehmende Abwanderung ins Umland ursächlich sein. Die Wanderungsgewinne werden in allen Altersgruppen von Zuwanderern aus dem Ausland getragen.

Abb. 3 Wanderungssalden nach Altersgruppen 2015

Beratung Planung Forschung

GEWOS

65 Jahre und älter 45 bis unter 65 Jahre 30 bis unter 45 Jahre 18 bis unter 30 Jahre 6 bis 18 Jahre unter 6 Jahre -10.000

-5.000

0

5.000

Ausländer

10.000

15.000

20.000

25.000

30.000

Deutsche © GEWOS

-7-

Einwohnerentwicklung

Laut Melderegister hat Berlin seit 2005 6,7 % an Einwohnern gewonnen. Innerhalb des Stadtgebiets verlief die Entwicklung unterschiedlich. Deutlich hinzugewonnen haben Stadtbereiche, in denen größere Neubauprojekte entstanden sind und Gebiete, in denen die Einwohnerdichte im Bestand zugenommen hat. Der Bezirk Mitte liegt mit einer Zuwachsrate von ca. 12 % vorn, gefolgt von Pankow mit 11 %. Einwohnerverluste betreffen vorwiegend Eigenheimbereiche, in denen sich die Haushalte verkleinern.

Abb. 4 Einwohnerentwicklung in den Planungsräumen 2005 - 2014

Beratung Planung Forschung

GEWOS

Quelle: IBB Wohnungsmarktbericht 2015, Amt für Statistik Berlin Brandenburg Anmerkung: Einwohnerentwicklung laut Melderegister ohne Korrektur 2011

© GEWOS

2.2

Haushalte

Auch die Zahl der Haushalte steigt

Für die Wohnungsnachfrage ist die Entwicklung der Haushalte ausschlaggebend. Nicht jede einzelne Person fragt eine Wohnung nach, sondern Haushalte. Dies können Singles, Paare, Alleinerziehende mit Kindern, Familien oder andere Lebensgemeinschaften sein. Verlässliche Angaben zu Wohnhaushalten liegen für Berlin derzeit nicht vor, daher ist ein rechnerischer Abgleich von Haushalten und Wohnungen nicht möglich. Es ist jedoch

-8-

davon auszugehen, dass mit steigender Einwohnerzahl auch die Zahl der Haushalte steigt, die Wohnungen nachfragen. Abb. 5 Entwicklung der Haushaltsstruktur in Berlin 2005 - 2014

Beratung Planung Forschung

GEWOS

3.000.000

2.500.000 156.200

161.100

147.900 185.100

581.200

557.600

586.400

581.200

557.600

962.800

1.051.500

1.078.800

1.057.700

2005

2008

2011

2014*

2.000.000 153.400 201.900 1.500.000 579.800 1.000.000

500.000

0

1 Person Quelle: Amt für Statistik Berlin Brandenburg

2 Personen

3 Personen

4 und mehr Personen

* auf Basis Zensus 2011

© GEWOS

Größere Haushalte nehmen wieder zu

In Berlin scheint der langjährige Trend der Haushaltsverkleinerung gebrochen. Von 2011 bis 2014 stieg die Zahl der Privathaushalte mit 3 Personen und mehr Personen erstmals wieder an. Dafür ist neben dem positiven Geburtensaldo, das zur Zunahme von Familien führt, die Verengung des Wohnungsmarktes ausschlaggebend. Erwachsende Kinder bleiben heute länger im Familienverband, bevor sie einen eigenen Haushalt gründen.

Fazit: Steigender Druck auf dem Wohnungsmarkt durch Zuzüge

Berlin befindet sich in der wirtschaftlichen Erholungsphase, die die Stadt attraktiv insbesondere für junge Zuwanderer macht. Seit dem Einsetzen der Finanzkrise 2009 steigt die Zahl der Einwohner und wohnungsnachfragenden Haushalte stark an. Wohnungsüberhänge, wie sie noch zur Mitte des letzten Jahrzehnts prägend waren, sind mittlerweile abgebaut. Der Mietermarkt hat sich zum Vermietermarkt gewandelt.

-9-

3

Wohnungsangebot Den nachfragenden Haushalten steht das Wohnungsangebot gegenüber. Im folgenden Kapitel werden die Struktur und Entwicklung des Wohnungsbestands beschrieben, ebenso wie die Veränderung der Mieten und Kaufpreise.

3.1

Bestandsstruktur- und -entwicklung

Seit 2010 Anstieg um rd. 33.000 Wohnungen

Der Wohnungsbestand verändert sich kontinuierlich. Einerseits werden Wohnungen neu gebaut, andererseits verschwinden Wohnungen vom Markt aufgrund von Abrissen, Wohnungszusammenlegungen und Umnutzungen. Die amtliche Statistik erfasst die Abgänge nicht vollständig, so dass es bei Wohnungszählungen wie dem Zensus 2011 zu Korrekturen der Bestandszahlen kommt.

Abb. 6 Entwicklung des Berliner Wohnungsbestands 2006 bis 2015

Beratung Planung Forschung

GEWOS

2.500.000 + 8.645 2.000.000

188.841

199.237

190.592

1.500.000

1.000.000

+ 24.123

1.678.791

1.653.120

1.628.997

500.000

0 2006

2007

in Mehrfamilienhäusern

2008

2009

2010 ¹

2011 ¹

2012 ¹

2013 ¹

2014 ¹

2015 ¹

in Ein- und Zweifamilienhäusern

Quelle: Amt für Statistik Berlin Brandenburg

* auf Basis Zensus 2011

© GEWOS

- 10 -

Die Korrektur der Bestandsstatistik führte zu einer (rechnerischen) Verringerung des Wohnungsbestands um rund 27.000 Wohnungen. Seit 2010 wuchs der Bestand um rd. 8.600 Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern sowie um ca. 24.000 in Mehrfamilienhäusern. Ende 2015 umfasste der Berliner Wohnungsbestand rd. 1.902.000 Wohnungen.

Abb. 7 Anteile der Mietwohnungen am Wohnungsbestand 2014

Beratung Planung Forschung

GEWOS

Quellen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, IBB Wohnungsmarktbericht 2015

© GEWOS

85 % Mietwohnungen

Berlin ist eine Mieterstadt. Rund 85 % des Wohnungsbestands besteht aus Mietwohnungen. Die übrigen Wohnungen sind Wohnungen oder Einfamilienhäuser, die von Eigentümern bewohnt werden. In Außenbezirken mit vielen Einfamilienhausbeständen ist daher der Anteil der Mietwohnungen geringer.

73 % der Mietwohnungen privat

Der Mietwohnungsbestand ist überwiegend in privater Hand. Rund 71 % aller Mietwohnungen gehören privaten Einzeleigentümern, Wohnungsgesellschaften und Stiftungen. Davon sind 6 % staatlich geförderte Wohnungen, bei denen sich die Eigentümer verpflichtet haben,

- 11 -

im Gegenzug zur Förderung Mietobergrenzen einzuhalten und ggf. anspruchsberechtigte Mieter mit geringen Einkommen zu akzeptieren.

Abb. 8 Mietwohnungen nach Eigentümergruppen und Wohnungsbindungen 2014 37.638 2% 59.638

Beratung Planung Forschung

GEWOS

Städtische Sozialmietwohnungen

4%

186.290 12%

8.802 0,5% 20.110 1,3%

159.588 10%

Städtische Belegungsbindungswohnungen Sonstige Städtische Mietwohnung

Genossenschaftliche Sozialmietwohnung Genossenschaftliche Belegungsbindungswohnung

1.041.128 65%

89.272 6%

Sonstigen Genossenschaftliche Mietwohnung Private Sozialwohnungen

Quelle: SenStadtUm

Übrige Mietwohnungen bei sonstigen Eigentümern

© GEWOS

Kommunaler Anteil 18 %

Geförderte Wohnungen finden sich auch im Eigentum von Genossenschaften, kommunalen und freien Wohnungsunternehmen. Kommunale Wohnungsunternehmen verfügen über rund 18 % der Berliner Mietwohnungen. Auf diese Unternehmen hat das Land Berlin als Eigentümer direkten oder indirekten Einfluss, beispielsweise was die Höhe der Mietpreise oder Neubauaktivitäten anbelangt.

Anteil der Genossenschaften 12 %

Genossenschaften sind in erster Linie dem Wohl ihrer Mitglieder verpflichtet und nicht rein gewinnorientiert. Ihr Anteil am Mietwohnungsbestand beträgt rd. 12 %.

2015 noch 118.500 Sozialwohnungen

Anfang des Jahres 2015 verfügte Berlin noch über rd.118.500 Sozialwohnungen. Dieser Bestand verringert sich seit einigen Jahren dramatisch, weil viele Eigentü-

- 12 -

mer die e derzeit gü ünstigen Fin nanzierungsskonditionen auf dem Ka apitalmarkt nutzen und d ihre Fördderdarlehen n vorzeitig ab blösen.

3.2

Ne eubautätigk keit

Beratung Planung Forschung

Abb. 9 Baufertig gstellungen n 2000 bis 2015

GEWOS

Wohneinheite en (WE) 12.000 10 0.722 10.000

9.354

8.000

8.744 7.358 6.641 5.483

6.000

5.417 4 4.597 4.491 3.528

4.000

3.928

3.601

3.768 3.889 3.932 3.195

2.000

0 2000

2001

002 20

2003

2004

2005

2006

07 200

2008

2009

2010

2011

2 2012

2013

2014

2 2015

WE in Ein- und d Zweifamilienhäu usern

WE in Mehrffamilienhäusern

WE in Nichtwo ohngebäuden

Baumaßnahmen an bestehen nden Gebäuden in n WE

© GE EWOS

Ca. 10.70 00 neue Wohnun ngen 2015

Nachde em in den 1990er Ja ahren in Beerlin, wie in n den neuen Bundeslä ändern, Üb berkapazitääten gesch haffen wurden n, ging die Neubautätig N gkeit im neuuen Jahrtau usend deutlich h zurück. Als A Folge der steigeenden Nach hfrage stieg au uch die Zah hl der Fertig gstellungenn wieder an. Vom Tiefpun nkt im Jahrr 2006 mit nur noch rd. 3.200 Wohnungsfe ertigstellung gen ging es e deutlich aufwärts. 2015 wurden n bereits wiieder rd. 10 0.700 Wohnnungen errichtet. Vom H Höchststand d im Jahr 1997 mit rrund 33.000 0 neu errichte eten Wohnu ungen ist Berlin B jedocch noch weit entfernt. D Die Zahl derr Baugenehmigungen llässt auch für f die komme enden Jahrre steigende Fertigsteellungszahle en erwarten .

- 13 -

Fazit: Neubauvolumen kann Nachfragezuwachs nicht kompensieren

3.3

Der Wohnungsmarkt reagiert auf die wachsende Nachfrage durch eine Ausweitung des Angebots. Die Fertigstellungszahlen steigen zwar stetig, können jedoch bislang die steigende Nachfrage nicht kompensieren. Dies verdeutlicht die überschlägige Gegenüberstellung des Einwohnerzuwachses 2015 mit den im gleichen Jahr fertiggestellten Wohnungen. 45.000 Neuberlinern stehen 10.700 neugebaute Wohnungen gegenüber. Bei einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von 1,75 Personen je Haushalt müssten 25.700 neue Wohnungen errichtet werden, allein um diesen zusätzlichen Wohnbedarf zu decken. Da dies in absehbarer Zeit nicht erreicht werden kann, ist davon auszugehen, dass sich der Wohnungsmarkt weiter anspannt, sollten die Wanderungsgewinne anhalten. Wohnungswechsel werden zunehmend schwerer. Wohngemeinschaften und Untermietverhältnisse werden stark zunehmen und die Versorgung einkommensschwacher Haushalte wird schwieriger.

Mieten In Folge der Verknappung des Wohnungsangebots steigen in Berlin seit einigen Jahren die Mieten wieder merklich an.

Berliner Mietniveau niedriger als in Hamburg und München

Dies betrifft sowohl Neuvertrags- wie auch Bestandsmieten. Insbesondere der Wohnungswechsel wird für Mieter daher oft erheblich teurer. Vergleicht man die Mittelwerte der Mietspiegel Berlins, Hamburgs und Münchens zeigt sich, dass das allgemeine Mietniveau in Berlin trotz des Anstieges immer noch erheblich unter dem der Vergleichsstädte liegt. Dies gilt auch für das Einkommensniveau der Bevölkerung.

Wohnkostenbelastung wie in Frankfurt und Hamburg

Der Anteil der Wohnkosten an den Einkommen ist daher die relevante Vergleichsgröße. Die Wohnkosten-Analyse von ImmoScout24 aus dem Jahr 2016 zeigt, dass die Unterschiede zwischen vielen deutschen Großstädten gering sind. Berlin weist zwar mit einem Wohnkostenanteil von 21,9 % an der Kaufkraft je Haushalt einen niedrigen Wert auf, Hamburg liegt mit 22,6 % jedoch nur knapp darüber. Auch die Bürger Frankfurts am Main sind

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mit 23 % kaum stärker belastet. Im Süden des Landes, in Freiburg (30 %) und München (28,3 %) können höhere Einkommen das hohe Mietniveau nicht kompensieren.

Abb. 10

Beratung Planung Forschung

Mietentwicklung im Vergleich

GEWOS

10,73 €

in €/m² (netto kalt) 9,90 €

10,13 €

9,79 €

München

9,30 €

Hamburg

8,72 €

Berlin 8,02 €

7,56 € 6,53 €

7,15 €

6,76 €

6,26 € 5,54 €

5,84 €

5,21 € 4,75 €

4,83 €

4,49 €

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

Mietspiegel-Mittelwerte

© GEWOS

Mietendynamik in Berlin stärker als in Hamburg oder Frankfurt

Betrachtet man die Entwicklung der Wohnkosten von 2012 bis 2015 zeigt sich, dass Berlin mit einem Anstieg von 2,1 % eine stärkere Dynamik aufweist als beispielsweise Hamburg mit 1,3 % und Frankfurt mit nur 0,3 %. Anders als in Frankfurt und Hamburg ging die Entwicklung in Berlin von einem vergleichsweise niedrigen Mietniveau aus. Hier kann man von Nachholeffekten im Rahmen der wirtschaftlichen Erholung ausgehen, während das bereits hohe Mietniveau in vielen prosperierenden Großstädten Mietsteigerungspotenziale begrenzt.

Berlin auch günstig Im internationalen Vergleich sind die Wohnkosten in im internationalen deutschen Städten und insbesondere in Berlin niedrig. Vergleich Dies hat viele Ursachen. Zu den wichtigsten gehören der staatlich gestützte Wohnungsneubau, die gesetzlichen Schutzmechanismen zur Begrenzung der Miethöhe und

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die dezentrale Struktur Deutschlands, die die Fokussierung auf ein wirtschaftliches Zentrum verhindert, wie dies in London, Paris oder Tokio der Fall ist. Anstieg um 6,6 % in Im Juni 2016 lag das Niveau der Angebotsmieten im 12 Monaten Median bei 9,39 €/m². Der Anstieg beträgt 6,6 % im Vergleich zum Vorjahresmonat. Die Mieten für neuere Wohnungen mit einem Alter von bis zu 4 Jahren stiegen um 5,7 % von 12,58 €/m² auf 13,30 €/m². Die Angebotsmieten für Bestandswohnungen erhöhten sich um 6 % von 8,50 €/m² auf 9,01 €/m².

Abb. 11

Entwicklung der Angebotsmieten in Berlin (Mai 2015 bis Juni 2016) GEWOS Beratung Planung Forschung

in €/m² 16,00 € Einführung der Mietpreisbremse 14,00 €

13,30 €

12,59 €

12,00 €

9,39 €

9,30 €

9,14 €

9,09 €

9,04 €

9,00 €

9,00 €

9,00 €

9,00 €

8,98 €

8,93 €

8,84 €

6,00 €

8,79 €

8,81 €

8,00 €

9,00 €

10,00 €

9,01 €

4,00 € 2,00 € 0,00 €

Median absolut Quelle: Immoscout24

Miete Neubau

Miete Bestand

Neubau = Fertigstellung ab Juni 2012

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3.4

Kaufpreise für Eigentumswohnungen

Starke Preisdynamik Weitaus stärker als die Mieten sind in Berlin die Preise bei Eigentumswoh- für Eigentumswohnungen gestiegen. Vergleicht man die nungen Preisentwicklung wichtiger deutscher Städte seit 2007, zeigt sich, dass Berlin mit diesem Preisanstieg von 82 % nicht allein steht. In München verdoppelten sich die Kaufpreise, in Hamburg stiegen sie um 70 %. Schwächer war die Preisdynamik hingegen in Frankfurt

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und Köln (+ 38 %). Mehrere Gründe für Preissteigerungen

Abb. 12

Die Ursachen für die Preisanstiege liegen in der Angebotsverknappung in den Metropolregionen, den günstigen Finanzierungskosten für den Immobilienerwerb und der Flucht der Kapitalanleger in Sachwerte. Darüber hinaus darf man nicht außer Acht lassen, dass in Deutschland sehr viel Kapital vererbt wird, dass nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eingesetzt wird. Für Selbstnutzer mit viel Eigenkapital ist ein hoher Kaufpreis oft kein Hinderungsgrund für den Erwerb, da die Immobilie nicht refinanziert werden muss. Für diese Erwerber ist der persönliche Wohnwunsch ausschlaggebend.

Entwicklung der Kaufpreise für Eigentumswohnungen

Beratung Planung Forschung

GEWOS

im Vergleich 450

Kaufpreis pro Objekt in 1.000 € +100%

400 350 +70%

300

+56% +38%

250

+38%

200

+82%

150 100 50 2007

2008

*Berlin: vorläufige Werte

2009

2010

Berlin Frankfurt am Main

2011

2012 Hamburg München

2013

2014

2015* Quelle: IMA©

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Berliner Kaufpreise weit unter denen anderer Städte

Vergleicht man aber die durchschnittlichen Kaufpreise, zeigt sich, dass die Berliner Preise für Eigentumswohnungen auch heute noch weit unter denen anderer deutscher Metropolen liegen. Neben der vergleichsweise geringeren Kaufkraft der Hauptstadtbewohner sind das

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niedrige Mietniveau und ein vergleichsweise großer Altbaubestand Ursachen für die Preisunterschiede. Attraktiv für Erwerber aus dem In- und Ausland

Abb. 13

Berliner Eigentumswohnungen sind daher für Kapitalanleger und Eigennutzer aus dem In- und Ausland sehr attraktiv, was sich in steigenden Verkaufszahlen und Preisen bemerkbar macht.

Entwicklung der Kaufpreise für Eigentumswohnungen in Berlin (Juni 2015 bis Mai 2016) GEWOS Beratung Planung Forschung

in €/m² 5.000 € 4.500 € 3.996 €

4.254 €

4.000 € 3.500 €

2.857 €

3.408 €

Jan 2016

3.402 €

3.363 €

Dez 2015

3.375 €

3.323 €

Nov 2015

3.358 €

3.317 €

3.304 €

Jul 2015

3.230 €

3.153 €

Jun 2015

3.163 €

3.128 €

2.000 €

3.112 €

2.500 €

3.363 €

3.076 €

3.000 €

Feb 2016

Mrz 2016

Apr 2016

Mai 2016

Jun 2016

1.500 € 1.000 € 500 € 0€ Mai 2015

Median absolut Quelle: Immoscout24

Aug 2015

Sep 2015

Okt 2015

Eigentumswohnungen Bestand

Eigentumswohnungen Neubau

Neubau = Fertigstellung ab Juni 2012

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Preisanstieg um rd. 8 % in 12 Monaten

In den Monaten Juli 2015 bis Juni 2016 stiegen die Angebotspreise für Eigentumswohnungen in Berlin im Median um rd. 8 % von 3.153 €/m² auf 3.304 €/m². Die Preise für neuere Eigentumswohnungen mit einem Alter von bis zu vier Jahren stiegen um rd. 6 % von 3.996 €/m² auf 4.254 €/m². Bei Bestandswohnungen betrug der Anstieg rd. 8 % von 2.857 €/m² auf 3.076 €/m².

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Fazit

Die Berliner Mieten und Kaufpreise für Eigentumswohnungen liegen trotz erheblicher Preissteigerungen noch unter denen anderer Metropolregionen in Deutschland und im Ausland. Dies ist unter anderem in der geringeren Wirtschaftskraft der deutschen Hauptstadt begründet. Berlin steht daher im Fokus für kapitalkräftige Immobilienerwerber.

- 19 -

4

Einfluss des Airbnb-Angebots auf den Wohnungsmarkt

4. 1

Gesetz zum Verbot der Zweckentfremdung

Zweckentfremdungsverbot

Seit Mai 2014 ist die Nutzung von Wohnraum in Berlin für andere Zwecke als Wohnzwecke genehmigungspflichtig. Die Genehmigung ist bei dem Bezirksamt zu beantragen, in dessen Bezirk die Wohnung liegt. Eine Genehmigung ist u. a. erforderlich, wenn die Nutzung von Wohnraum zur wiederholten, entgeltlichen, nach Tagen oder Wochen bemessenen Vermietung als Ferienwohnung, zur Fremdenbeherbergung oder im Rahmen einer gewerblichen Zimmervermietung genutzt wird. Für Wohnungen, die bereits vor dem 1. Mai 2014 als Ferienwohnungen oder Beherbergung genutzt wurden, galt ein genehmigungsfreier Übergangszeitraum von zwei Jahren bis zum 30. April 2016. Seitdem ist die Vermietung von Wohnungen als Ferienwohnungen genehmigungspflichtig.

4.2

Thesen zur Gefährdung der Wohnungsversorgung

Gefährdet jede Ferienwohnung die Wohnraumversorgung?

Der Versorgungsgrad der Bevölkerung wird im Allgemeinen am Wohnungsangebot im Verhältnis zu den nachfragenden Haushalten gemessen. Auf angespannten Wohnungsmärkten ist die Versorgung der Bevölkerung gefährdet, wenn eine Wohnung nicht angemietet oder zu Wohnzwecken erworben werden kann, weil sie zweckentfremdet ist. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob jede Form der Vermietung von Wohnraum als Ferienunterkunft die Wohnungsversorgung der Berliner Bevölkerung gefährdet. Bei der Vermietung von Ferienwohnungen treten verschiedene Fälle auf: 1. Unbewohnte Wohnungen, die nur als professionelle Ferienwohnungen dienen 2. Ferienwohnungen, die nicht in Wohngebäuden liegen oder speziell für diesen Zweck errichtet wurden

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3. Bewohnte Wohnungen, die von Eigentümern oder Mietern nur zeitweise vermietet werden 4. Bewohnte Wohnungen, in denen nur einzelne Räume zeitweise vermietet werden 5. Bewohnte Wohnungen, in denen nur Schlafgelegenheiten (Betten) vermietet werden.

Professionelle Ferienwohnungen

Im ersten Fall, der professionellen Ferienwohnung, die nur diesem Erwerbszweck dient, ist die Lage eindeutig. Diese Wohnung kann nicht von der Bevölkerung zu Wohnzwecken genutzt werden.

Nicht alle Ferienwohnungen liegen in normalen MietSpeziell als Ferienwohnungen errichte- oder Eigentumswohnungen. Ein Teil der Ferienwohnungen wurde speziell für diesen Zweck errichtet oder bete Wohnungen findet sich in früheren Gewerbegebäuden, die zu diesem Zweck umgebaut wurden. Hier besteht keine Gefährdung der Wohnraumversorgung oder Zweckentfremdung. Selbstgenutzte Wohnungen mitzeitweiser Vermietung

Im dritten Fall wird die Wohnung zeitweise vom Wohnungsmieter oder Eigentümer genutzt und zeitweise als Ferienwohnung vermietet. Hier stellt sich die Frage, ob der Wohnungsmieter oder Eigentümer die Wohnung für den Markt freigeben würde, wenn er sie nicht zeitweise als Ferienwohnung vermieten könnte. So kann der Hauptnutzer die Wohnung beispielsweise während seiner Abwesenheit in den Ferien vermieten oder er zieht temporär zu Freunden oder Verwandten. In diesen Fällen ist keine Gefährdung der Wohnraumversorgung und damit auch keine Zweckentfremdung erkennbar.

Vermietung einzelner Zimmer

Wenn in einer Wohnung einzelne Zimmer als Ferienunterkunft vermietet werden, die übrige Wohnung aber vom Mieter oder Eigentümer bewohnt wird, kann die Wohnraumversorgung allenfalls dadurch gefährdet sein, dass eine dauerhafte Untervermietung dieser Räume verhindert wird. Diese liegt jedoch im Ermessen des Eigentümers oder ggf. des Hauptmieters.

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Vermietung einzelner Schlafstellen

4.3

Bei der Vermietung von Schlafstellen in einer Wohnung wird die Wohnraumversorgung nicht gefährdet, wenn der Hauptnutzer zeitweise ein Bett oder eine Couch an zahlende Gäste vermietet. Eine Gefährdung wäre anzunehmen, wenn die Wohnung nicht selbst vom Mieter oder Eigentümer bewohnt und illegal als Pension genutzt wird. In diesem Fall greifen aber andere gesetzliche Bestimmungen, u. a. die Berliner Beherbergungsstättenverordnung.

Airbnb-Datenanalyse

Anteil der Airbnb Wohnungen in Berlin 0,6 %

Im Juni 2016 wurden in Berlin 11.715 komplette Wohnungen über Airbnb angebotenen. Die Zahl der Wohnungen scheint auf den ersten Blick hoch. Setzt man diese Zahl in Relation zum Wohnungsbestand, relativiert sich dieser Eindruck. Die angebotenen Wohnungen machen lediglich einen Anteil von rd. 0,6 % des Berliner Wohnungsbestands von 1.902.675 Wohnungen aus.

Airbnb als Marktplatz für Home Sharing

Das Airbnb-Geschäftsmodell basiert auf Home Sharing, dem temporären Vermietung und Teilen des eigenen Zuhauses von Privatpersonen, sei es einer Wohnung oder eines Zimmers.

11.751 Angebote genutzt

Die Auswertung der Airbnb-Daten für Berlin für den Zeitraum vom Januar bis Juni 2016 macht dies deutlich. Im ersten Halbjahr 2016 wurden 11.751 Wohnungsangebote mindestens für einen Tag gebucht.

Überwiegend kurze Vermietungszeiten ohne gewerbliche Gewinnerzielungsabsicht

Die Vermietungszeiten zeigen, dass die meisten gebuchten Wohnungen nicht professionell bzw. mit gewerblicher Gewinnerzielungsabsicht vermietet wurden. 45 % aller im ersten Halbjahr 2016 gebuchten Wohnungen wurden maximal für 15 Tage vermietet. Bei weiteren 18 % betrug die Vermietungszeit 16 bis 30 Tage. 16 % der Wohnungen wurden bis zu 60 Tagen vermietet. Bei 20 % der Wohnungen liegt die Auslastung bei über 60 Tagen.

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Abb. 16 Vermietung kompletter Wohnungen nach Tagen (Januar bis Juni 2016)

Beratung Planung Forschung

GEWOS

45%

18%

10% 6%

5%

4%

3%

2%

2%

2%

2%

N = 11.751 Wohnungen

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Auch normale Wohnungsvermietung über Airbnb

Da Airbnb-Gastgeber ihren Gästen reduzierte Wochenund Monatspreise anbieten können, werden mitunter auch längerfristige Vermietungen und deren Bezahlung über die Airbnb-Plattform abgewickelt. Diese Vermietungen dienen in der Regel nicht Ferienaufenthalten, sondern dienen der Wohnungsversorgung von Berufstätigen, die nur zeitweise in Berlin wohnen.

Längerfristige Vermietungen keine Zweckentfremdung

Die Berliner Bezirke sehen daher diese längerfristigen Vermietungen (ab 60 Tagen) nicht als Zweckentfremdung an, weil sie eine auf dem Wohnungsmarkt übliche Art der Vermietungen darstellen. In diesen Fällen wird kein Wohnraum entzogen.

- 23 -

Abb. 17

Anteil vermieteter Airbnb-Wohnungen* am Berliner Wohnungsbestand

bis 15 Tage 0,11%

31 bis 45 Tage

0,06%

46 bis 60 Tage

76 bis 90 Tage 91 bis 105 Tage

0,04% 0,03% 0,02% 0,02%

106 bis 120 Tage

0,01%

121 bis 135 Tage

0,01%

136 bis 150 Tage mehr als 150 Tage

Airbnb: 11.751 Wohnungen

GEWOS

0,28%

16 bis 30 Tage

61 bis 75 Tage

Beratung Planung Forschung

0,01% 0,01%

* Zeitraum Januar bis Juni 2016

Berliner Wohnungsbestand am 31.12.2015 : 1.902.675

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Der Abgleich der im ersten Halbjahr 2016 über Airbnb vermieteten Wohnungen mit dem Berliner Wohnungsbestand macht die Relationen deutlich. Lediglich 0,13 % aller Berliner Wohnungen wurden mehr als 60 Tage vermietet. Fazit: Anbieter weitaus überwiegend Privatpersonen

Die Auswertung der Airbnb-Daten zeigt, dass die Anbieter zum weitaus überwiegenden Teil keine professionellen Vermieter mit gewerblicher Gewinnerzielungsabsicht sind, sondern in der Regel Privatpersonen, die ihre Wohnung oder Zimmer nur zeitweise zahlenden Gästen überlassen. Dies wird auch an den durchschnittlichen Einnahmen pro Gastgeber im Jahr 2015 von nur 1.800 Euro deutlich. Vor dem Hintergrund steigender Mieten eröffnet die zeitweise Vermietung vielen Haushalten die Möglichkeit, ein zusätzliches Einkommen zu erzielen und ihre Wohnung halten zu können. Dies zeigt auch die Befragung der Berliner Airbnb-Gastgeber. 33 % der Befragten gaben an, dass sie ihre AirbnbVermietungseinahmen als zusätzliches Einkommen benötigen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die zeit-

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weise Vermietung von Wohnungen und Zimmern trägt damit dazu bei, der sozialen Entmischung in besonders begehrten Quartieren entgegenzuwirken. Fazit: Berliner Wohnungsmarkt nicht signifikant beeinflusst

0,6 % der Berliner Wohnungen wurden innerhalb von sechs Monaten mindestens an einem Tag an AirbnbFeriengäste vermietet, davon 0,2 % mehr als 30 Tage. Insgesamt betrachtet ist damit die Wohnungsversorgung der Berliner Bevölkerung nicht signifikant beeinträchtigt. Viel stärkere Auswirkungen haben die Wanderungsgewinne von +41.000 Personen und der Geburtenüberschuss (+3.700) allein im Jahr 2015, denen ein Neubauvolumen von nur rd. 10.700 Wohnungen gegenübersteht. Tatsächlich würden jedoch rd. 26.000 neue Wohnungen allein für die Zuziehenden gebraucht.

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