1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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S. 21

1. Kapitel Verfahren in Familiensachen Übersicht A. B.

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen . . . . . . . . . . . I. Ehesachen (§ 111 Nr. 1 FamFG) . . . . II. Kindschaftsachen (§ 111 Nr. 2 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfahren betreffend die elterliche Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfahren betreffend das Umgangsrecht . . . . . . . . . . . . . . 3. Verfahren betreffend die Herausgabe des Kindes . . . . . . . . . . . . . 4. Verfahren betreffend die Vormundschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verfahren betreffend die Ergänzungspflegschaft . . . . . . . . . . . . . 6. Verfahren betreffend die Unterbringung Minderjähriger . . . . . . . 7. Verfahren betreffend Erziehungsmaßregeln nach dem JGG . . . . . . III. Abstammungssachen (§ 111 Nr. 3 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Adoptionssachen (§ 111 Nr. 4 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Wohnungszuweisungs- und Haushaltssachen (§ 111 Nr. 5 FamFG) . . . . VI. Gewaltschutzsachen (§ 111 Nr. 6 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Versorgungsausgleichssachen (§ 111 Nr. 7 FamFG) . . . . . . . . . . . . VIII. Unterhaltssachen (§ 111 Nr. 8 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unterhaltssachen als Familienstreitsachen . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unterhaltssachen betreffend die durch Verwandtschaft begründete gesetzliche Unterhaltspflicht . . . . . . . . . . . . . . b) Unterhaltssachen betreffend die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht . . . . . . . c) Unterhaltssachen betreffend die Ansprüche nach § 1615l oder § 1615m BGB . . . . . . . . . . . . . 2. Unterhaltssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 231 Abs. 2 FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Güterrechtssachen (§ 111 Nr. 9 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfahren aus dem ehelichen Güterrecht (§ 261 Abs. 1 FamFG) . . . . . . 2. Güterrechtssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 261 Abs. 2 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Sonstige Familiensachen (§ 111 Nr. 10 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . .

Rdn.

Rdn. 1 30 30 35 39 44 47 49 52 53 54 55 60 62 C. 74 77

I. II.

78 III. 81 D. 82

E.

91 I. II. 97 98 99 100 112 114 114

Seiler/Geißler

2. Sonstige Familiensachen als Familienstreitsachen . . . . . . . . . . . . . . . a) Ansprüche zwischen miteinander verlobten oder ehemals verlobten Personen im Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses und auch gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . b) Ansprüche aus der Ehe herrührend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals verheirateten Personen oder zwischen einer solchen Person und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung . . . . . . . . . . . . . . . d) Ansprüche aus dem ElternKind-Verhältnis . . . . . . . . . . . e) Ansprüche die aus dem Umgangsrecht herrühren . . . . . f) Grenzen der Zuständigkeit für sonstige Familiensachen . . . . . . 3. Sonstige Familiensachen als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Familiensachen kraft Sachzusammenhangs und kraft prozessrechtlichen Zusammenhangs . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Familiensachen kraft Sachzusammenhangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Familiensachen kraft prozessrechtlichen Zusammenhangs . . . . . . . . . . . . Unterteilung der Familiensachen in »Ehesachen« und »andere Familiensachen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Unterteilung der Familiensachen in sog. Familienstreitsachen (ZPOFamiliensachen) und sog. FGG-Familiensachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Vorschriften . . . . . . . . . . Familienstreitsachen . . . . . . . . . . . . . 1. Familiensachen und Familienstreitsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendbarkeit der ZPO-Vorschriften für Ehesachen und Familienstreitsachen . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz: Anwendbarkeit der ZPO-Vorschriften . . . . . . . . . . b) Ausnahmen und Besonderheiten aa) Besonderheiten im Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . bb) Besonderheiten bei den Kosten . . . . . . . . . . . . . . (1) Familienstreitsachen . . .

121

122 123

132 135 136 137 139 141 141 142 145 146

148 148 150 150 152 152 156 156 161 162

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1. Kapitel

S. 22

Verfahren in Familiensachen Rdn.

Rdn.

III.

(2) Ehesachen – Kosten bei Aufhebung der Ehe und bei Scheidung . . . – Kostenentscheidung bei Aufhebung der Ehe, § 132 FamFG . . . . . – Kosten in Scheidungssachen und Folgesachen, § 150 FamFG . . . . . (3) Kosten in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit . . . . . FGG-Familiensachen . . . . . . . . . . . 1. Anwendbarkeit des 1. Buches für FGG-Familiensachen . . . . . . . . . a) Allgemeine Vorschriften . . . . . aa) Zuständigkeit . . . . . . . . . bb) Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Beteiligtenbegriff, Beteiligtenfähigkeit und Verfahrensfähigkeit . . . . . . . . . . dd) Bevollmächtigte, Verfahrensvollmacht und Beistand . . . . . . . . . . . . . . . ee) Akteneinsicht . . . . . . . . . ff) Bekanntgabe von Entscheidungen, Fristen und Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand . . . . . . . gg) Verfahrensverbindung und Verfahrenstrennung, Aussetzung des Verfahrens . . . hh) Antragsrücknahme . . . . . . b) Verfahren im ersten Rechtszug . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einleitung des Verfahrens . . . . . . . . . . . bb) Beweisverfahren . . . . . . . (1) Grundsatz der Amtsermittlung . . . . . . . . . . (2) Mitwirkungspflichten der Beteiligten . . . . . . (3) Verfahrensleitung des Gerichts . . . . . . . . . . (4) Beweiserhebung . . . . . (5) Terminsbestimmung und persönliches Erscheinen der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . (6) Beweiswürdigung . . . . cc) Zwangsmittel, Vergleich . . . c) Entscheidung durch Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rubrum und Tenor . . . . (2) Begründung . . . . . . . . (3) Rechtsbehelfsbelehrung . . . . . . . . . .

166

167

168 169 172

F. G. I. II. III.

172 173 174 180 181 183 186

189 196 198 200 202 206 206 208

IV. V. VI.

211 215

224 228 229

H. J. I.

232 234 235 237

II. III.

242

Seiler/Geißler

bb) Berichtigung und Ergänzung . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bekanntgabe und Wirksamwerden . . . . . . . . . . . . . . dd) Abänderung und Wiederaufnahme des Verfahrens . . ee) Rechtskraft . . . . . . . . . . . d) Kosten (Kurzübersicht) . . . . . . aa) Bisherige Regelung . . . . . . bb) Aktuelle Rechtslage . . . . . . e) Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassende Übersicht . . . . . . Zuständigkeit in Familiensachen . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . Örtliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . 1. Ehesachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Andere Familiensachen . . . . . . . . . a) Anhängigkeit einer Ehesache . . . b) Keine Ehesache anhängig . . . . . aa) Unterhaltssachen . . . . . . . bb) Güterrechtssachen und sonstige Familienstreitsachen . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kindschaftssachen . . . . . . . dd) Versorgungsausgleichsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . ee) Abstammungssachen . . . . . ff) Adoptionssachen . . . . . . . gg) Ehewohnung und Haushaltssachen . . . . . . . . . . . . hh) Gewaltschutzsachen . . . . . ii) Güterrechtssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit . . . jj) Sonstige Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . kk) Verfahren nach §§5-8 SorgeRÜbkAG . . . . . . . . . . . . ll) Kollision verschiedener Zuständigkeiten . . . . . . . . c) Nach Anhängigkeit einer »anderen Familiensache« wird eine Ehesache rechtshängig . . . . . . . Funktionelle Zuständigkeit . . . . . . . . . Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . Überleitung von Verfahren . . . . . . . . . 1. Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . 2. Ehesachen und Familienstreitsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beispielsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . Isolierte Familiensachen . . . . . . . . . . Verbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufgabe und Bedeutung des Verbunds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehen des Verbunds . . . . . . . . . . . »Zwangsverbund« . . . . . . . . . . . . . . 1. Scheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwaltszwang (§ 114 Abs. 1 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . .

243 245 248 250 251 251 254 261 263 264 264 266 267 268 276 276 284 285 289 290 291 292 293 294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 306 309 312 322 324 324 329 333 334 336

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Verfahren in Familiensachen

S. 23

1. Kapitel Rdn.

Rdn. b) Antragsschrift (§ 133 FamFG) . . . . . . . . . . . . c) Ausschließlichkeit des Eheverfahrens (§ 126 FamFG) . . . . . . . d) Vorbereitung der mündlichen Verhandlung . . . . . . . . . . . . . . e) Zustellung der Antragsschrift . . f) Reaktions- und Verteidigungsmöglichkeiten des Antragsgegners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Amtsermittlung . . . . . . . . . . . h) Aussetzung des Scheidungsverfahrens (§ 136 FamFG) . . . . . . . i) Kein Hinausschieben der Zustellung von verkündeten Beschlüssen (§ 41 FamFG) . . . . . . . . . . j) Erledigung der Hauptsache bei Tod eines Beteiligten (§ 131 FamFG) . . . . . . . . . . . . 2. Folgesache öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich (§ 111 Nr. 7 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verbund auf Antrag . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Familienstreitsachen als Folgesachen . . . . . . . . . . . . . . . . 3. FGG-Folgesachen . . . . . . . . . . . . V. Wirkungen des Verbunds . . . . . . . . . . VI. Auflösung und Ende des Verbunds . . . VII. Beschluss im Verbundverfahren . . . . . 1. Einheitliche Entscheidung durch Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kostenentscheidung (§ 150 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sofortige Wirksamkeit der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zustellung des Verbundbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Beispiel für einen Verbundbeschluss (ohne Versorgungsausgleichsentscheidung): . . . . . . . . . . . . . . . . . K. Anwaltliche Vertretung und Verfahrensvollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anwaltliche Vertretung . . . . . . . . . . . II. Verfahrensvollmacht . . . . . . . . . . . . . L. Vorläufiger Rechtsschutz . . . . . . . . . I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bisherige Rechtslage . . . . . . . . . . . . . 1. Bei Anhängigkeit der Ehesache oder PKH – Antrag hierfür . . . . . . . . . . a) Einstweilige Anordnung, §§620ff. ZPO . . . . . . . . . . . . . b) Arrest und einstweilige Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Keine Ehesache oder entsprechender PKH – Antrag anhängig . . . . . . a) ZPO – Familiensachen . . . . . . . b) FGG – Familiensachen . . . . . . .

III. 338 344 345 347 348 350 358 359 360 362 363 363 368 370 371 382 396 396 401 402

IV.

405 407 408 408 417 418 418 425 427 427 435 439 440 448

Seiler/Geißler

Neue Rechtslage – die einstweilige Anordnung, §§ 49 ff. FamFG und der Arrest nach § 119 FamFG . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . a) FGG-Familiensachen . . . . . . . . b) Familienstreitsachen . . . . . . . . 2. Voraussetzungen, Inhalt und Umfang des einstweiligen Rechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Anordnung sind daher . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhalt und Umfang der einstweiligen Anordnung, § 49 Abs. 2 FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verfahren und Zuständigkeit . . . . . a) Sachliche und örtliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfahren, § 51 FamFG . . . . . . . 4. Verhältnis zur Hauptsache, § 52 FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . a) Amtsverfahren . . . . . . . . . . . . b) Antragverfahren . . . . . . . . . . . 5. Vollstreckung der einstweiligen Anordnung, § 53 FamFG und deren Aussetzung, § 55 FamFG . . . . . . . . a) Vollsteckung . . . . . . . . . . . . . . b) Aussetzung der Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . 6. Aufhebung oder Änderung der Entscheidung, § 54 FamFG . . . . . . . . . 7. Außerkrafttreten der einstweiligen Anordnung, § 56 FamFG . . . . . . . . 8. Rechtsmittel gegen die einstweiligen Anordnung, § 57 FamFG . . . . . . . . Besonderheiten bei FGG-Familiensachen und Familienstreitsachen . . . . . . 1. FGG-Familiensachen . . . . . . . . . . a) Sonderregelung in Kindschaftssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Umgang des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit dem Kind . . . . . . . . . . . . . bb) Elterliche Sorge für ein gemeinschaftliches Kind und Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil . . (1) Elterliche Sorge für ein gemeinschaftliches Kind . . . . . . . . . . . . . (2) Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil . . . . . . . . . . . . . . . b) Benutzung der Ehewohnung und des Haushalts . . . . . . . . . . c) Sonderregelung in Gewaltschutzsachen . . . . . . . . . . . . . d) Güterrechtssachen nach §261 Abs.2 FamFG und sonstige Familiensachen nach § 266 Abs.2 FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . .

451 451 457 458 464 465 466 467 467 471 475 477 480 482 482 486 487 492 497 502 502 503 504

510 511 513 514 518

521

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1. Kapitel

S. 24

Verfahren in Familiensachen Rdn.

Rdn.

M. I.

2. Familienstreitsachen . . . . . . . . . . . a) Besonderheiten bei der einstweiligen Anordnung . . . . . . . . . . . aa) Besonderheiten für Unterhaltssachen . . . . . . . . . . . . (1) Zunächst ist die Regelung des § 246 FamFG zu betrachten . . . . . . . . (2) Schutz der Mutter und des Kindes nach § 247 FamFG . . . . . . . . (3) Einstweilige Anordnungen im Vaterschaftsfeststellungsverfahren nach § 1600d BGB, § 248 FamFG . . . . . . . . . . . . (4) Gesamtzusammenstellung zum einstweiligen Rechtsschutz in Unterhaltssachen nach bisherigem und neuem Recht bb) Arrest in Familienstreitsachen . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Durch Arrest schutzfähige Ansprüche . . . . . . (2) Zulässigkeits- und Begründetheitsvoraussetzungen von Arrest im Allgemeinen . . . . . . . . (a) Allgemeine Prozessvoraussetzungen . . . (b) Arrestantrag . . . . . . (c) Zuständiges Gericht (d) Begründetheit . . . . . (3) Besonderheiten für die wichtigsten Fälle . . . . . (a) Sicherung des künftigen Zugewinnausgleichs . . . . . . . . . . (b) Arrest zur Sicherung von Unterhaltsrückständen sowie künftigen Unterhalts . . . (4) Verfahrensgang bis zur Entscheidung . . . . . . . (5) Entscheidung im Arrestverfahren sowie deren Bekanntgabe . . . . . . . . (6) Vollziehung von Arrest . . . . . . . . . . . . (7) Schadensersatz wegen Vollziehung einer ungerechtfertigten Arrestanordnung (§ 945 ZPO) . . Rechtsmittel in Familiensachen . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Funktion des Rechtsmittels und die Rechtsmitteltypen . . . . . . . . . . . . 2. Überblick über die Neuordnung des Rechtsmittelrechts . . . . . . . . . . . . 3. Zuständigkeiten und Instanzenzug nach dem FGG-ReformG . . . . . . .

4. 5. 6. 7.

522 522 526 527 533 II.

536

542 544 545

549 549 552 554 555 557 557 III. 562 565 569 571

577 579 579 579 580 583

Seiler/Geißler

Anfechtungsberechtigung . . . . . . . Beschwer . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fristwahrung . . . . . . . . . . . . . . . Wiedereinsetzung in den vorigen Stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) unverschuldete Fristversäumung . . . . . . . . . . . b) Antrag auf Wiedereinsetzung . . c) Sonderfall PKH für beabsichtigte Beschwerde . . . . . . . . . . . 8. Verschlechterungsverbot . . . . . . . . Rechtsmittel und Verfahrensart . . . . . . 1. Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in einer isoliert geführten Familiensache . . . . . . . . . . . . . . . a) Isolierte Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit . . . . . . b) Isolierte Familienstreitsachen und Ehesachen . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsmittel gegen eine im Verbund ergangene Entscheidung . . . . . . . . a) Anfechtung des Scheidungsausspruchs sowie der Folgesachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anfechtung lediglich von Folgesachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anfechtung der Abtrennung . . . d) Anfechtung bei Zurückweisung des Scheidungsantrags . . . . . . . e) Anfechtung der Kostenentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsmittel gegen eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz außerhalb des Verbunds . . . . . . . . a) Arrest in Familienstreitsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anfechtung der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Beschwerde gegen Endentscheidungen Ehe- und Familienstreitsachen . . . . . . . . . . . . . 1. Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . a) Statthaftigkeit (§ 58 Abs. 1 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ohne Zulassung: Überschreiten der Beschwerdewerts . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zulassungsbeschwerde . . . b) Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einlegung . . . . . . . . . . . . bb) Begründung . . . . . . . . . . . cc) Sonderfälle des Fristbeginns dd) Fristverlängerung . . . . . . . ee) Sondervorschrift des § 145 Abs. 1 FamFG . . . . . c) Form und Begründung der Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . aa) Berufungsschrift (Einlegung) . . . . . . . . . . .

587 588 593 597 597 600 604 607 611 612 612 614 615 616 619 622 624 625 628 628 630 631 631 632 633 638 644 645 646 647 649 650 651 651

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A. Grundlagen

S. 25

1. Kapitel Rdn.

Rdn.

IV.

V.

bb) Notwendiger Inhalt . . . . . – Beschwerdeanträge (§ 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG) . . . . . . . . . . . – Beschwerdebegründung 2. Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Präklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anschlussbeschwerde (§66 FamFG, § 524 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unselbständigkeit der Anschlussbeschwerde . . . . . . . b) Statthaftigkeit . . . . . . . . . . . . . c) Zeitpunkt der Einlegung, Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Form und Begründung . . . . . . e) Abhängigkeit vom Hauptrechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Anschlussbeschwerde oder Abänderungsantrag . . . . . . . . . 5. Rechtsmittelverzicht . . . . . . . . . . 6. Beschwerderücknahme . . . . . . . . . 7. Entscheidung des Beschwerdegerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zurückweisung der Beschwerde durch Beschluss . . . . . . . . . . . b) Einzelrichter in der Beschwerdeinstanz . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Inhalt des Beschwerdeentscheidung (§ 69 FamFG) . . . . . . . . . d) Zurückverweisung in die erste Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . 1. Zulassungsrechtsbeschwerde (§ 70 Abs. 1 FamFG) . . . . . . . . . . . a) Statthaftigkeit . . . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit im Übrigen . . . . . . c) Prüfungsumfang und Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nichtzulassungsbeschwerde . . . . . 3. Sprungrechtsbeschwerde (§ 75 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsmittel gegen Endentscheidungen in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Statthaftigkeit . . . . . . . . . . . . . b) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beschwerdeberechtigung . . . . .

656 657 659 VI. 664 670 675 676 678 679 681 682 685 687 690 695 695 699 702 704 707 N. 711 711 715

I. II.

717 719 721 722 723 723 725 727 728

III.

e) Beschwerdewert . . . . . . . . . . . f) Beschwerdebegründung . . . . . . g) Begründetheit . . . . . . . . . . . . . h) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . Die Beschwerde gegen Zwischen- und Nebenentscheidungen und einstweilige Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sofortige Beschwerde (§§567ff. ZPO) . . . . . . . . . . . . . . a) Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . aa) Statthaftigkeit . . . . . . . . . . bb) Frist . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtsmittelgericht . . . . . . dd) Beschwerdesumme . . . . . . ee) Einreichung, Anwaltszwang . . . . . . . . . b) Mindestinhalt . . . . . . . . . . . . . c) Begründung und neues Tatsachenvorbringen . . . . . . . . . . . . d) Abhilfemöglichkeit . . . . . . . . . e) Entscheidung des Beschwerdegerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Rechtsmittel: Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . 2. Die Beschwerde gegen einstweilige Anordnungen (57 FamFG) . . . . . . a) Anfechtbare Entscheidungen . . b) Form und Frist . . . . . . . . . . . . c) Begründung . . . . . . . . . . . . . . d) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . 3. Erinnerung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anhörungsrüge . . . . . . . . . . . . . . Rechtskraft und Wirksamwerden des Scheidungsausspruchs . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formelle Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . 1. Wirksamer Rechtsmittelverzicht . . . 2. Ablauf der Fristen für Hauptrechtsmittel und Anschlussrechtsmittel . . 3. Zur Befristung von Rechtsmittelerweiterung in Verbundsachen und Anschließung im Einzelnen . . . . . . a) Zweck des § 145 FamFG . . . . . . b) Anwendungsbereich . . . . . . . . c) Grundsätze des Fristensystems . . . . . . . . . . . . d) Stufen des Fristensystems . . . . . 4. Erschöpfung des Instanzenzugs . . . Materielle Rechtskraft . . . . . . . . . . . .

729 730 732 733 735 739 743 743 743 745 746 747 748 750 751 754 757 761 762 762 764 765 766 767 768 770 770 775 777 782 784 784 785 786 788 791 792

A. Grundlagen Mit dem Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten 1 der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz – FGG-RG), welches als Art. 1 das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen

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1. Kapitel

S. 26

Verfahren in Familiensachen

Gerichtsbarkeit (FamFG) enthält, wurden das FGG und das 6. Buch der ZPO zum 01.09.2009 abgelöst.1 2 Insgesamt enthält das FGG-RG 112 Änderungen, wobei als letzter Punkt das neue Übergangsrecht geregelt wurde. Art. 111 Satz 1 FGG-RG bestimmt, dass auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des FamFG eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des FamFG beantragt wurde, weiter die vor Inkrafttreten des FamFG geltenden Vorschriften anzuwenden sind. Auf die Altverfahren findet somit das alte Recht Anwendung. Dies gilt für den gesamten Instanzenzug, bis zum Abschluss des Verfahrens. 3 Dies hat zur Folge, dass das FGG und vor allem das 6. Buch der ZPO auch noch die nächsten Jahre von Bedeutung sein werden. Andererseits wurde mit dem VAStrRefG (unten Kap. 7 Rdn. 10) die Übergangsvorschrift ergänzt, damit ein zügigerer Übergang zum neuen Recht erfolgen kann. Es wird aber bereits an dieser Stelle für prozessuale Probleme bei Verfahren, die vor dem 01.09.2009 eingeleitet wurden auf die Vorauflage des Handbuchs verwiesen. Die dortigen Kommentierungen haben auch weiterhin erhebliche Bedeutung. 4 In dieser Auflage werden nur noch Verfahren betrachtet, die nach dem 01.09.2009 eingeleitet wurden oder deren Einleitung erst nach dem Inkrafttreten des FamFG beantragt wurde. Es wird lediglich auf das ab dem 01.09.2009 geltende Recht abgestellt, somit vor allem auf das FamFG. 5 Art. 111 Satz 2 FGG-RG stellt noch klar, dass die Übergangsregelung auch für Verfahren auf Abänderung, Verlängerung oder Aufhebung gilt. Auch hier kommt es darauf an, wann diese Verfahren eingeleitet worden sind. 6 씰 Beispiel: Wurde ein Unterhaltstitel im Frühjahr 2008 errichtet und ein Abänderungsverfahren bis zum 31.08.2009 eingeleitet, so finden die bisherigen Vorschriften auch für das Abänderungsverfahren (§ 323 ZPO) Anwendung. 7 Wurde das Abänderungsverfahren dagegen erst ab dem 01.09.2009 eingeleitet, so sind hierauf die Vorschriften des FamFG (§§ 238 f. FamFG) anzuwenden.2 8 Mit dem Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) wurde in Art. 22 auch Art. 111 des FGG-RG ergänzt. Es wurde die bisherige Regelung zum neuen Abs. 1 und weitere Absätze 2 bis 5 angefügt. Nach Abs. 2 ist jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ein selbständiges Verfahren im Sinne des Abs. 1 Satz 1. Damit wird klargestellt, dass in Bestandsverfahren wie Betreuung, Vormundschaft oder Beistandschaft jeder selbständige Verfahrensgegenstand, der mit einer durch Beschluss (§ 38 FamFG) zu erlassenden Endentscheidung zu erledigen ist, ein neues, selbständiges Verfahren begründet. Hierunter fällt insbesondere die gerichtliche Aufsichtsund Genehmigungstätigkeit. Dadurch soll sichergestellt werden, dass auch in Bestandsverfahren eine zügige Umstellung auf das neue Recht erfolgt.3 9 In Abs. 3 wird klargestellt, dass das neue Verfahrensrecht auf Verfahren in Familiensachen anzuwenden ist, die auf der Grundlage einer formellen gerichtlichen Entscheidung bei Inkrafttreten des FGG-RG am 01.09.2009 ausgesetzt oder zum Ruhen gebracht sind oder nach diesem Zeitpunkt ausgesetzt oder zum Ruhen gebracht werden, wobei insbesondere die Aussetzung des Verfahrens nach z.B. §§ 246 ff., 614 ZPO, § 52 Abs. 2 FGG oder die Anordnung des Ruhens nach §§ 251, 251a ZPO betroffen sind.4 10 Für die Verfahren über den Versorgungsausgleich ordnen die Abs. 4 und 5 darüber hinausgehend die Umstellung von Altverfahren auf das neue Verfahrensrecht an, damit 1 2 3 4

Siehe hierzu grundlegend: Borth FamRZ 2009, 157 ff.; Büte FuR 2008, 537 ff. und 583 ff. So auch Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 50. BT-Drucks. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses 16/11903 S. 127 f. BT-Drucks. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses 16/11903 S. 128.

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S. 27

A. Grundlagen

1. Kapitel

der Gleichlauf zu der in § 48 VerAusglG enthaltenen Übergangsregelung hergestellt wird5. Nach Abs. 4 Satz 1 findet das neue Verfahrensrecht Anwendung für Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 01.09.2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach diesem Zeitpunkt abgetrennt werden. Satz 2 stellt insoweit noch klar, dass dies auch dann gilt, wenn die Versorgungsausgleichsfolgesache gemeinsam mit weiteren Folgesachen aus dem Verbund abgetrennt wird.6 Alle abgetrennten Folgesachen werden als selbständige Verfahren fortgeführt und stehen zueinander nicht im Restverbund.7 Abs. 5 ordnet schließlich eine Umstellung der erstinstanzlichen Verfahren über den Versorgungsausgleich an, sofern diese nicht innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des FGG-RG durch Endentscheidung abgeschlossen wurden. Dies gilt auch für Scheidungs- und Folgesachen, soweit sie mit dem Verfahren über den Versorgungsausgleich im Verbund stehen.8 Was Familiensachen sind, ist in § 111 Nr. 1 bis 11 FamFG abschließend aufgezählt. Soweit 11 andere Gesetze den Begriff »Familiensache« verwenden, ist nunmehr § 111 FamFG maßgeblich9. § 111 FamFG stellt eine Legaldefinition des Begriffes »Familiensache« dar. § 23b Abs. 1 Satz 2 GVG a.F. wurde aufgehoben und § 23b Abs. 2 GVG n.F. regelt nunmehr die gerichtsorganisatorischen Fragen. Die Regelung über die sachliche und örtliche Zuständigkeit findet sich in anderen Vorschriften. Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts ergibt sich aus § 23a Abs. 1 Nr. 1 GVG n.F., die örtliche Zuständigkeit für die einzelnen Familiensachen ergibt sich aus den jeweiligen Kapiteln und ist dort vor Ort geregelt. Die Zuständigkeit für Ehesachen ist in § 122 FamFG weiterhin als ausschließliche geregelt. Durch die stetige Verweisung an das Gericht für Ehesachen wird auch weiterhin sichergestellt, dass in Scheidungs- und Folgesachen eine einheitliche Entscheidung ergehen kann. Bereits mit In-Kraft-Treten des KindRG am 01.07.199810 ist die Entscheidungskompetenz 12 der FamGe wesentlich erweitert worden: Sie umfasste seither auch Ansprüche aus gesetzlicher Unterhaltspflicht, Kindschaftssachen, Ansprüche des ein nicht eheliches Kind betreuenden Elternteils und Befreiungen von Vorschriften zur Eingehung der Ehe. Dazu wurden die Vorschriften des § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 5 GVG a.F. neu gefasst sowie die Nr. 12, 13 und 14 angefügt. Mit dieser Erweiterung des Zuständigkeitsbereichs der FamGe hatte der Gesetzgeber einen sachgerechten, seit langem empfohlenen und weitgehend als notwendig erachteten11 Schritt in die richtige Richtung getan. Allerdings waren weiterhin nicht sämtliche vermögensrechtlichen Ansprüche der Ehegatten gegeneinander in den Zuständigkeitsbereich der FamGe einbezogen; dies erschien aber nach wie vor wenig sachgemäß. Erweitert wurde die Zuständigkeit der FamGe durch Einbeziehung der Lebenspartnerschaftssachen (§ 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 15 GVG a.F.) und im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes (§ 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 8a GVG a.F.; vgl. § 64b FGG). Erst die Einführung des FamFG hat nunmehr die Zuständigkeit der Familiengerichte noch- 13 mals deutlich erweitert. So unterliegen der Zuständigkeit der Familiengerichte nunmehr auch: – Die Verfahren betreffend die Vormundschaft oder Pflegschaft für Minderjährige, § 151 Nr. 4 und 5 FamFG. – Adoptionssachen gemäß §§ 186 ff. FamFG, denen gemäß § 186 Nr. 4 FamFG auch die Verfahren auf Befreiung vom Eheverbot gemäß § 1308 Abs. 1 BGB zugeordnet werden. – Die Verfahren betreffend die religiöse Kindererziehung, die vormals dem Vormundschaftsgericht zugewiesen waren, Art. 63 Fam-RG.12 – Sämtliche Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz, auch soweit sie bisher den Zivilgerichten zugeordnet waren, unterliegen nunmehr den Familiengericht, §§ 210 ff. FamFG. 5 6 7 8 9 10 11 12

BT-Drucks. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses 16/11903 S. 128. Siehe insoweit auch Borth FamRZ 2009, 562, 565 f. BT-Drucks. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses 16/11903 S. 128. BT-Drucks. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses 16/11903 S. 128 f. BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 493. BGBl I 2942. Vgl. BVerfG FamRZ 1992, 157. BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 319.

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1. Kapitel

S. 28

Verfahren in Familiensachen

– Bei den Unterhaltssachen erfolgt eine Ausweitung auch auf die Verfahren nach § 3 Abs. 2 Satz 3 BKGG sowie § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG, § 231 Abs. 2 FamFG. – sonstige Familiensachen im Sinne des § 266 FamFG von denen hier zunächst einmal nur die Mitwirkungspflichten zur gemeinsamen Einkommensteuererklärung, der Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB oder die Gesamtgläubigerschaft nach § 430 BGB, die Auseinandersetzung der BGB-Innengesellschaft genannt werden sollen. – Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 2 FamFG. – Eigenes Gesetz über die Gerichtskosten in Familiensachen, Art. 2 Fam-RG, das FamGKG,13 das dem neuen GKG nachempfunden wurde und daher im Anhang ein eigenes Kostenverzeichnis enthält.14 14 Entsprechend dem allgemeinen Grundsatz, dass sich die Zuständigkeit nach dem Klagevortrag richtet und durch Einwendungen der Gegenseite nicht beeinflusst wird, entscheidet sich die Frage, ob ein Rechtsstreit Familiensache ist, allein nach der Begründung des geltend gemachten Anspruchs.15 Das Verfahren wird nicht etwa dadurch zur Familiensache, dass bei der Entscheidung auf Grund des Verteidigungsvorbringens familienrechtliche Fragen eine Rolle spielen.16 Die rechtliche Einordnung des Klagevorbringens richtet sich, da es um die Frage der Zuständigkeit geht, auch in Fällen mit Auslandsberührung nach deutschem Recht als der lex fori.17 15 Wird ein einheitlicher prozessualer Anspruch auf verschiedene Anspruchsgrundlagen gestützt, von denen – für sich betrachtet – nur eine das Verfahren zur Familiensache machen würde, so kommt nach dem Zweck der familienrichterlichen Spezialzuständigkeit dem FamG grundsätzlich der Vorrang zu, es sei denn, dass bereits offensichtlich ist, dass die geltend gemachte familienrechtliche Anspruchsgrundlage nicht besteht.18 16 Gem. § 260 ZPO können mehrere Ansprüche, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, nur dann in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.19 17 Für das Verfahren in Familiensachen ist mit dem 2. Kapitel des FamFG (§§ 111 bis 270) eine eigene Verfahrensordnung vorgegeben und somit eine andere Prozessart vorgesehen, als für die im allgemeinen Streitverfahren zu verfolgenden Ansprüche. Dies gilt auch, obwohl § 113 FamFG in einer Vielzahl von Fällen, vor allem für die Ehesachen und Familienstreitsachen auf die ZPO verweist.20 18 Mehrere Ansprüche, die teils Familiensachen, teils Nichtfamiliensachen sind, können also nicht in einer Klage verbunden werden (der frühere Fall des § 621a Abs. 2 ZPO ist nunmehr in § 265 FamFG geregelt21), auch nicht im Verhältnis von Haupt- und Hilfsantrag.22 Geschieht dies dennoch, so ist zunächst das Gericht (Abteilung, Spruchkörper) zuständig, das zur Entscheidung über den Hauptanspruch berufen ist. Eine Verweisung (Abgabe) des Rechtsstreits wegen des Hilfsanspruchs, über den dieses Gericht nicht sachlich entscheiden kann, ist zunächst nicht möglich; erst wenn und soweit der Hauptanspruch abgewiesen wird, kann das Verfahren wegen des Hilfsanspruchs abgegeben werden.23 Betrifft ein Teil des Verfahrens eine Nichtfamiliensache, so hat insoweit nach § 145 ZPO eine Abtrennung – 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23

BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 197 ff. BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 223 ff. BGH. FamRZ 1985, 903; 1990, 851; OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1504 m.w.N. BGH FamRZ 1980, 988. BGH FamRZ 1983, 155; vgl. BGH FamRZ 1983, 1008, wonach das Verfahren über die Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Entscheidung Familiensache ist, wenn die entschiedene Sache nach inländischem Recht als Familiensache einzuordnen ist. BGH FamRZ 1983, 155, 156; OLG Bamberg FamRZ 1989, 408 m.w.N. Näher Thomas/Putzo/Reichold § 260 Rn. 13 f. Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 12 ff.; Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 453 ff. Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 454 f. Vgl. BGH FamRZ 1986, 348; ausdrücklich BayObLG FamRZ 2003, 1569. BGH FamRZ 1979, 215; 1980, 554; 1981, 1047.

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A. Grundlagen

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1. Kapitel

auch noch in zweiter Instanz24 – zu erfolgen. Ist eine Abtrennung nicht zulässig, so erstreckt sich die Zuständigkeit des FamG auf alle Ansprüche.25 Vor einem Gericht für allgemeine Zivilsachen (Prozessgericht) kann mit einem Anspruch aus 19 einer Familiensache aufgerechnet werden. Auf diese Weise können auch die allgemeinen Zivilgerichte mit Familiensachen befasst werden. Durch die Aufrechnung, die die Gegenforderung nicht rechtshängig macht, wird der Rechtsstreit allerdings nicht zu einer Familiensache. Der zuständige Spruchkörper kann aber nach § 148 ZPO die Verhandlung aussetzen, bis die Partei, die die Aufrechnung erklärt hat, eine Entscheidung über ihre Gegenforderung beigebracht hat.26 Im umgekehrten Fall kann das FamG auch über die Aufrechnung mit einer Gegenforderung entscheiden, die vor dem Prozessgericht einzuklagen wäre.27 Liegt keine Familiensache vor, hat das mit dem entsprechenden VKH-Gesuch oder Verfah- 20 renskostenhilfe-Gesuch (nunmehr in §§ 76–78 FamFG für die FGG-Familiensachen) befasste Gericht einen Verweisungsantrag nach § 281 ZPO (bei Ehe- und Familienstreitsachen) bzw. Verweisungsantrag (nach § 3 FamFG bei FGG-Familiensachen) anzuregen. Erst wenn dieser nicht gestellt wird, ist das entsprechende Gesuch abzulehnen.28 Bei ausländischen Rechtsverhältnissen bestimmt die deutsche lex fori, ob der Verfahrens- 21 gegenstand eine Familiensache darstellt oder ihr zugerechnet werden kann.29 Bei Anwendbarkeit von materiellem ausländischem Recht liegt eine Ehesache vor, wenn der Verfahrensgegenstand dem einer Ehesache entspricht.30 Mit dem 2. Buch des FamFG sollten eigene Verfahrensvorschriften für das familiengericht- 22 liche Verfahren geschaffen werden. Gründe für die Reform aus familienrechtlicher Sicht war vor allem die Unübersichtlichkeit des aktuellen familienrechtlichen Verfahrens, vor allem das Nebeneinander verschiedener Verfahrensordnungen. Das Verfahren ist teilweise in der ZPO, im FGG, im BGB, in der HausratsVO und in zahlreichen weiteren Gesetzen geregelt. Darüber hinaus besteht eine Mixtur aus der Parteimaxime der ZPO einerseits sowie aus dem Amtsermittlungs- und Beibringungsgrundsatz des FGG anderseits. In den Gesetzesmaterialien heißt es, die zahlreichen Hin- und Rückverweisungen stellten eine »komplizierte und dissonante Regelungstechnik« dar, die dazu führt, dass die Bürgerinnen und Bürger eine wenig transparente Gesetzeslage vorfinden, die zu einer schwer verständlichen Ausgestaltung des familiengerichtlichen Verfahrens führt.31 Am Beispiel der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit lässt sich belegen, dass allein eine 23 formale Ordnung des Familienverfahrensrechts und eine Zusammenfassung an einem einheitlichen Ort sinnvoll ist: So ist die sachliche Zuständigkeit in nicht weniger als 14 Paragraphen – die örtliche Zuständigkeit sogar in 20 Paragraphen in vier Gesetzen beziehungsweise Verordnungen geregelt, die durch sieben weitere Vorschriften zu Abgabe und Verweisung ergänzt werden.32

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BGH FamRZ 1979, 217. BGH FamRZ 1979, 215. BGH FamRZ 1989, 166. OLG Köln FamRZ 1992, 450; Zöller/Philippi § 621 Rn. 3 ff. OLG Karlsruhe FamRZ 2003, 621; Zöller/Philippi § 114 Rn. 22 a für das VKH-Gesuch. OLG Hamm FamRZ 1993, 211 m.w.N.; vgl. für iranisches Recht (Streit über Morgengabe): KG FamRZ 1980, 470, 471 (§ 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 GVG); OLG Bremen FamRZ 1980, 606 (§ 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 GVG); für jordanisches Recht: OLG Köln IPrax 1983, 74; OLG Hamburg IPrax 1983, 76; offen BGH FamRZ 1987, 463 f.; vgl. auch OLG Frankfurt FamRZ 1979, 813, 814; OLG Bremen FamRZ 1980, 606, 607. Nicht als Verfahren nach § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 GVG wurden die Herausgabe der Aussteuer und Ansprüche aus Schenkungen nach türkischem Recht angesehen; OLG Köln FamRZ 1994, 1476; 1995, 236; OLG Stuttgart FamRZ 1997, 1085. 30 Vgl. die Beispiele aus der Praxis noch zum alten Recht für eine Gleichstellung mit Scheidungsverfahren i.S.d. § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GVG bei Rn. 15. 31 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 352. 32 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 352.

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1. Kapitel

S. 30

Verfahren in Familiensachen

24 Eine Novellierung des bestehenden FGG und 6. Buches der ZPO schied nach Auffassung der Bundesregierung aus, weil die oben aufgezeigten Strukturdefizite nicht behebbar erschienen.33 Dennoch gilt auch das FamFG nicht uneingeschränkt für alle Familiensachen. An der Unterscheidung zwischen Amtsermittlung und Beibringungsgrundsatz ist gleichwohl für das familiengerichtliche Verfahren inhaltlich grundsätzlich festzuhalten. Eine Säumnisentscheidung muss in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, vor allem im Unterhaltsprozess, weiterhin möglich sein. 25 Die Zweispurigkeit ist daher beizubehalten; es sind aber die Möglichkeiten des Gerichts zur Verfahrensförderung und Sachverhaltsaufklärung zu verbessern, zum Beispiel durch den Ausbau der Auskunftsrechte und der Auskunfts- und Belegpflichten der Beteiligten im Unterhaltsverfahren.34 26 Neu sind aber dennoch die einheitlichen Begriffe im Verfahren gemäß § 113 Abs. 5 FamFG: Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung 1. Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren, 2. Klage die Bezeichnung Antrag, 3. Kläger die BezeichnungAntragsteller, 4. Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner, 5. Partei die Bezeichnung Beteiligter 27 Dies hat zur Folge, dass der verfahrenseinleitende Schriftsatz als »Antragsschrift« (statt bisher: Klageschrift) bezeichnet wird, es nunmehr Stufen-, Feststellungs-, Abänderungs- Vollstreckungsabwehr- und Leistungsverfahren gibt. Weiter spricht man von Beteiligten- und Verfahrensfähigkeit und Verfahrensstandschaft.35 28 Als Konsequenz der Zweispurigkeit des Verfahrens wurde im 2. Buch ein Abschnitt 1 mit allgemeinen Vorschriften vorangestellt. In § 111 FamFG erfolgt die Grundaufteilung der Familiensachen. Maßgeblich ist aber nicht mehr wie bisher die Unterscheidung zwischen »Ehesachen« (§§ 606–620g ZPO) und »anderen Familiensachen« (§§ 621 ff. ZPO), sondern alle Familiensachen werden gleichwertig nacheinander aufgezählt. Ein neuer wichtiger Unterschied ist nunmehr die Differenzierung zwischen Ehe- und Familienstreitsachen und sonstigen Familiensachen. Familienstreitsachen (§§ 112, 113 FamFG) sind vor allem die bisherigen ZPO- Familiensachen (siehe dazu unten Rdn. 150 ff.).

33 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 352. 34 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 352. 35 Zur neuen Terminologie: Schael FamRZ 2009, 7 ff.; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 113 FamFG, Rn 20 ff.

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S. 31

A. Grundlagen

1. Kapitel

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Übersicht über die Familiensachen, § 111 FamFG Verfahren auf Scheidung, § 1564–1568 BGB, §§ 113–120 FamFG; §§ 121–132, 133–150 FamFG Verfahren auf Aufhebung einer Ehe, §§ 1313–1318 BGB, §§ 113–120, 121–132 FamFG

Ehesachen, § 111 Nr. 1 FamFG

Verfahren auf Festellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe, §§ 113–120, 121–132 FamFG

Kindschaftssachen, § 111 Nr. 2 FamFG

§ 151 FamFG Kindschaftssachen Kindschaftssachen sind die dem Familiengericht zugewiesenen Verfahren die 1. die elterliche Sorge, 2. das Umgangsrecht, 3. die Kindesherausgabe, 4. die Vormundschaft 5. die Pflegschaft oder die gerichtliche Bestellung eines sonstigen Vertreters für einen Minderjährigen oder für eine Leibesfruch 6. die Genehmigung der freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen (§§ 1631b, 1800 und 1915 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), 7. die Anordnung der freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker oder 8. die Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz betreffen.

Gewaltschutzsachen, § 111 Nr. 6 FamFG

§ 210 FamFG Gewaltschutzsachen: Gewaltschutzsachen sind Verfahren nach den §§ 1 und 2 des Gewaltschutzgesetzes.

Versorgungsausgliachssachen, § 111 Nr. 7 FamFG

§ 217 FamFG Versorgungsausgleichssachen Versorgungsausgleichssachen sind Verfahren, die den Versorgungsausbetreffen.

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1. Kapitel

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Verfahren in Familiensachen

§ 231 FamFG Unterhaltssachen (1) Unterhaltssachen sind Verfahren, die 1. die druch Verwandtschaft begründete gesetzliche Unterhaltspflicht 2. die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht, 3. die Ansprüche nach § 1615l oder § 1615m des Bürgerlichen Gesetzbuchs betreffen. (2) Unterhaltssachen sind auch Verfahren nach § 3 Abs. 2 Satz 3 des Bundeskindergeldgesetzes und § 64 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes. Die §§ 235 bis 245 sind nicht anzuwenden.

Unterhaltssachen, § 111 Nr. 8 FamFG

Abstammungssachen, § 111 Nr. 3 FamFG

§ 169 FamFG: Abstammungssachen Absstammungssachen sind Verfahren 1. auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Eltern-KindVerhältnisses, insbesondere der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Anerkennung der Vaterschaft, 2. auf Ersetzung der Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung und Anordnung der Duldung einer Probeentnahme, 3. auf Einsicht in ein Abstammungsgutachten oder die Aushändigung einer Abschrift oder 4. auf Anfechtung der Vaterschaft.

Adoptionssachen, § 111 Nr. 4 FamFG

§ 186 FamFG Adoptionssachen: Adoptionssachen sind Verfahren, die 1. die Annahme als Kind, 2. die Ersetzung der Einwilligung als Kind, 3. die Aufhebung des Annahmeverhältnisses oder 4. die Befreiung vom Eheverbot des § 1308 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs betreffen.

Wohnungszuweisung- und Hausratssachen, § 111 Nr. 5 FamFG

§ 200 FamFG Wohnungszuweisungssachen; Haushaltssachen: (1) Wohnungszuweisungssachen sind Verfahren 1. nach § 1361b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 2. nach § 1568a des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Hausratssachen sind Verfahren 1. nach § 1361a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 2. nach § 1568b des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

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S. 33

B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen

1. Kapitel

§ 266 FamFG: Sonstige Familiensachen (1) Sonstige Familiensachen sind Verfahren, die 1. Ansprüche zwischen miteinander Verlobten oder ehemals verlobten Personen um Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses sowie in den Fällen der §§ 1298 und 1299 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zwischen einer solchen und einer dritten Person, 2. aus der Ehe herrührende Ansprüche, 3. Ansprücje zwischen miteinander verheirateten oder ehemlas miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe, 4. aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührende Ansprüche oder 5. aus dem Umgangsrecht herrührende Ansprüche betreffen, sofern nicht die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben ist oder das Verfahren eines der in § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe a bis k der Zivilprozessordnung genannten Sachgebiete, das Wohnungseigentumsrecht oder das Erbrecht betrifft und sofern es sich nicht bereits nach anderen Vorschriften um eine Familiensache handelt.

sonstige Familiensachen, § 111 Nr. 10 FamFG

§ 269 FamFG Lebenspartnerschaftssachen

Lebenspartnerschaftssachen, § 111 Nr. 11 FamFG

B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen I. Ehesachen (§ 111 Nr. 1 FamFG) Der Begriff der »Ehesache« ist in § 121 FamFG legal definiert als Verfahren 30 Nr. 1 auf Scheidung der Ehe (Scheidungssachen), (§§ 1564–1568 BGB, §§ 121–132, 133–150 FamFG) Nr. 2 auf Aufhebung der Ehe (§§ 1313–1318 BGB, §§ 121–132 FamFG) und Nr. 3 auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Beteiligten (§§ 121–132 FamFG). Rechtstatsächlich am Bedeutsamsten sind die Scheidungssachen. Rechtssystematisch sind die 31 Scheidungssachen von den anderen Ehesachen zu trennen. § 126 FamFG regelt die Anhängigkeit mehrerer Ehesachen und das Verhältnis zu anderen Verfahren. Gemäß § 126 Abs. 1 FamFG können mehrere Ehesachen miteinander verbunden werden. Gemäß § 126 Abs. 3 FamFG ist – wenn sowohl der Scheidungsantrag als auch der Aufhebungsantrags begründet ist – nur die Aufhebung der Ehe auszusprechen.36 Die Ehenichtigkeitsklage wurde im Zusammenhang mit der Eheschließungsreform abgeschafft; gegen fehlerhafte Eheschließun36 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 494.

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gen kann seit 01.07.1998 nur noch mit dem Aufhebungsantrag (§§ 1313 ff. BGB, §§ 121–132 FamFG) vorgegangen werden. 32 Nicht mehr unter den Begriff der Ehesache fallen die Verfahren auf Herstellung des ehelichen Lebens sowohl in der Form des positiven Herstellungsverfahrens als auch in der Form des negativen Herstellungsverfahrens, nämlich dem Verfahren auf Feststellung des Rechts zum Getrenntleben (§ 1353 BGB). (zu den gesamten Streitfragen, siehe die Vorauflage Kap. 1 Rdn. 125 ff. mit vielen Nachweisen). Sie sind nicht mehr bei § 121 FamFG genannt. Diese Ansprüche sind als sonstige Familiensache gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG als Familienstreitsache (§ 112 Nr. 3 FamFG) ohne das Privileg der Amtsermittlung geltend zu machen.37 33 Ehesachen sind auch Verfahren, mit denen Ehegatten eine im ausländischen Recht vorgesehene Gestaltung ihrer Ehe durchsetzen wollen, insbesondere die Trennung von Tisch und Bett nach italienischem Recht,38 die Bestätigung der einverständlichen Trennung39 und das Erlöschen der bürgerlichen Wirkungen einer religiös geschlossenen Ehe.40 34 Zu kritisieren ist, dass das vor allem aus dem italienischen Recht bekannte Verfahren »auf Trennung ohne Auflösung des Ehebandes« (Art. 151 des italienischen Zivilgesetzbuches) in die Aufzählung des § 121 FamFG nicht aufgenommen wurde41. Der Regierungsentwurf merkt hierzu nur an, dass sich für die Zuordnung zu den Ehesachen keine Änderungen zum derzeitigen Rechtszustand ergeben42. Die EuEheVO43 (Brüssel II a – VO, VO EG Nr. 2201/ 2003) führt diese Verfahren unter Art. 1 Abs. 1 lit. a explizit auf, wie auch die Verfahren auf Ungültigkeit der Ehe, die in anderen Rechtsordnungen enthalten sind. Zwar sind diese Verfahren von der Rechtsprechung als Ehesachen anerkannt.44 Dennoch wäre es mit Borth45 wünschenswert gewesen, zumindest unter dem Gesichtspunkt der Transparenz und Übersichtlichkeit, auch diese Verfahren als Ehesachen zu definieren. Insbesondere schon deshalb, weil in § 107 Abs. 1 FamFG diese Verfahren im Rahmen der Anerkennung ausländischer Entscheidungen ausdrücklich genannt werden.

II. Kindschaftsachen (§ 111 Nr. 2 FamFG) 35 Der Begriff der Kindschaftssachen wird durch das FamFG neu geregelt.46 Während man früher die in § 640 Abs. 2 ZPO genannten Verfahren, vor allem die mit Bezug auf die Abstammung verstand, sind künftig die in § 151 FamFG genannten Gegenstände umfasst, die die in § 621 Abs. 1 Nr. 1–3 und 12 ZPO aufgezählten Verfahren in Familiensachen betreffen, teilweise auch bisher vom Vormundschaftsgericht wahrgenommene Bereiche.47 Im Regierungsentwurf heißt es:48 36 »Durch den Begriff Kindschaftssachen soll der für die überwiegende Zahl der davon umfassten Einzelverfahren gemeinsame Gesichtspunkt, dass das Kind im Zentrum des Verfahrens steht, hervorgehoben werden. Dass damit einem anderweitig besetzten Gesetzesbegriff ein neuer Inhalt gegeben wird, dürfte zu keinen nennenswerten Problemen füh37 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 174. 38 BGH FamRZ 1967, 452 ff.; OLG München NJW 1978, 1117; OLG Bamberg FamRZ 1979, 514; OLG Frankfurt FamRZ 1979, 813, 814. 39 AG Offenbach FamRZ 1978, 509 m. Anm. Jayme; vgl. auch AG München FamRZ 1979, 815 f. m. Anm. Hausmann. 40 OLG Frankfurt FamRZ 1978, 510, 511. 41 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 175. 42 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 501. 43 Abgedruckt in T/P 28. Aufl. 2007 S. 1597 ff. und kommentiert von Hüßtege. 44 Siehe Fn. 28 bis 30; BGH FamRZ 2001, 992; 1987, 793 bezüglich der Nichtigkeit nach türkischem Recht. 45 Borth FamRZ 2007, 1925, 1932. 46 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 561; Schulte-Bunert/Weichreich/Tschichoflos, FamFG, Vorb. zu den § 151 ff. Rn 1 ff. 47 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 246. 48 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 518.

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ren, zumal ein entsprechender Bedeutungswandel des Begriffs in der Praxis bereits heute zu beobachten ist.« Der Begriff Kindschaftssache umfasst nunmehr sämtliche Verfahren, die die Verantwor- 37 tung für die Person oder das Vermögen oder die Vertretung des Minderjährigen betreffen, § 151 FamFG. Das Vormundschaftsgericht wird abgeschafft; stattdessen übernimmt das Betreuungsgericht die bisherigen vormundschaftsgerichtlichen Zuständigkeiten aus dem Bereich der Betreuung und Unterbringung.49 Die aus dem Bereich der Vormundschaft übergegangenen Aufgabenbereiche sind mit denen des Familiengerichts vergleichbar. Im Übrigen besteht häufig auch ein sachlicher Zusammenhang mit familiengerichtlichen Entscheidungen, zum Beispiel zur elterlichen Sorge. Das Nebeneinander zwischen Entscheidungen des Vormundschaftsgerichts und des Familiengerichts wird damit aufgegeben, was eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der Verfahrensvorschriften ermöglicht.50 In § 151 FamFG werden folgende Bereiche genannt: 38 – die elterliche Sorge, – das Umgangsrecht, – die Kindesherausgabe, – die Vormundschaft, – die Pflegschaft oder die gerichtliche Bestellung eines sonstigen Vertreters für einen Minderjährigen oder für eine Leibesfrucht, – die Genehmigung der freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen (§§ 1631b, 1800 und 1915 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), – die Anordnung der freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker oder – die Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz betreffen. 1. Verfahren betreffend die elterliche Sorge § 151 Nr. 1 FamFG stellt eine Art Auffangvorschrift dar. Die elterliche Sorge umfasst alle 39 Verfahren, die die Bestimmung der Person, der Rechte oder Pflichten des Sorgeberechtigten betreffen. Soweit die Nr. 2 bis 8 auch erfüllt sind, gehen diese als speziellere Vorschrift vor.51 Damit bleiben alle bisher unter § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO umfassten Verfahren Kindschaftssachen, die ohnehin in den letzten Jahren einer stetigen Ausweitung unterlagen und deren Streitfragen vor allem durch § 151 Nr. 5 bis 8 nunmehr größtenteils zugunsten des FamG gelöst sind: Nach der Neuregelung durch das KindRG wurde das FamG im Bereich der elterlichen 40 Sorge umfassend zuständig. Die Erweiterung der Zuständigkeit des FamG gilt insbesondere für die Vorschrift des § 1666 BGB, ferner auch für §§ 1632, 1634 BGB. Nach der Konzeption des KindRG (§ 1697 BGB) konnte und auch künftig kann das FamG im Rahmen von Regelungen der elterlichen Sorge bei dauerndem Getrenntleben oder anlässlich der Ehescheidung selbst den Vormund oder Pfleger auswählen, was zu einer erheblichen Vereinfachung in der Praxis führt. Es verblieben restliche Kompetenzen zu Gunsten des VormG im Bereich des Adoptionsrechts und der Vormundschaft (§§ 1741 ff., 1773 ff. BGB). Die Verlagerung der Zuständigkeiten von den Vormundschafts- zu den Familiengerichten hatte die früher bestehenden Abgrenzungsprobleme freilich nicht völlig beseitigt. Die Regelung des § 23b Nr. 2 GVG i.d.F. des 1. EheRG hatte aus der ursprünglich umfassen- 41 den Kompetenz des VormG für Sorgerechtsangelegenheiten nur einen Ausschnitt auf das FamG übertragen (§§ 1671, 1672, 1678 Abs. 2, 1681 Abs. 2 Satz 3, 1696 BGB a.F.). Die Zuständigkeit des FamG beschränkte sich nach dem betroffenen Personenkreis auf Regelungen, die das Verhältnis von Eltern zu ihren gemeinschaftlichen Kindern betrafen. Außer den Eltern konnte nur ein Vormund oder Pfleger Adressat der Entscheidung sein (§§ 1671 Abs. 5, 49 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 238. 50 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 248. 51 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 519.

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1672, 1681 Abs. 2 Satz 3, 1696 BGB a.F.).52 Diese gegenständliche und persönliche Beschränkung fiel durch das KindRG weg. Adressat der Entscheidung konnte nun auch ein Dritter sein (§ 1640 Abs. 3, 1666 Abs. 4, 1688 Abs. 2 BGB). Darüber hinaus hatte das KindRG auch die entsprechenden neu erfassten Verfahren nach ihrem Gegenstand durch das materielle Recht näher umschrieben, das jeweils die darin bezeichneten Angelegenheiten dem FamG zuwies, nämlich gem. §§ 1612 Abs. 2 Satz 2, 1618 Satz 4, 1626c Abs. 2 Satz 3, 1628, 1629 Abs. 2 Satz 3, 1630 Abs. 2 und 3, 1631 Abs. 3, 1631b, 1632, 1640 Abs. 3, 1643, 1644, 1645, 1666, 1666a, 1667, 1671, 1672, 1673 Abs. 2 Satz 3, 1674, 1678 Abs. 2, 1680 Abs. 2, 1681, 1682, 1683, 1686, 1687 Abs. 2, 1687a, 1688 Abs. 3 und 4 BGB, einschließlich erforderlicher Änderungsverfahren (§ 1696 BGB)53 und der Bestellung eines Pflegers oder Vormunds (§ 1697 BGB). 42 Ausfluss der elterlichen Sorge (genauer: des aus Art. 6 GG fließenden Elternrechts) ist nach h.M.54 auch das Recht der Eltern zur Bestimmung des Kindesnamens, so dass die dem FamG zugewiesene Entscheidung nach § 1618 Satz 4 BGB eine die elterliche Sorge für ein Kind betreffende Familiensache i.S.d. § 151 Nr. 1 FamFG ist. Die Zuständigkeit des FamG ist auch beim Streit nicht miteinander verheirateter Eltern um das gemeinsame Sorgerecht gegeben. Ist auf Grund einer Maßnahme des FamG (z.B. § 1666 BGB) eine Vormundschaft oder Pflegschaft anzuordnen, konnte diese Anordnung bereits vor dem FamFG das FamG treffen. Es konnte den Vormund auswählen;55 die Anordnung konnte in einer einheitlichen Entscheidung getroffen werden (Ausnahme: Verbundverfahren). Wie bisher umfasste die Zuständigkeit des FamG in allen Fällen einen erforderlichen vorläufigen Rechtsschutz. 43 Darüber hinaus fallen unter § 151 Nr. 1 FamFG beispielsweise nun auch56: – Verfahren, die die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der elterlichen Sorge eines Beteiligten für den anderen zum Gegenstand haben (vgl. den bisherigen § 640 Abs. 2 Nr. 3 ZPO); diese sind nach dem vorliegenden Entwurf keine Abstammungssachen mehr (vgl. § 169 FamFG); – Verfahren nach § 112 BGB, §§ 2 Abs. 3, 3 Abs. 2 und § 7 RelKErzG, § 2 Abs. 1 NamÄndG, § 16 Abs. 3 VerschG und zahlreichen anderen spezialgesetzlichen Vorschriften, soweit der Minderjährige unter elterlicher Sorge steht und auch – Verfahren nach §§ 1303 Abs. 2 bis 4, 1315 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB.

52 Zur Zuständigkeit von FamG und VormG nach früherem und seit 01.07.1998 geltendem Recht näher Büdenbender FuR 1996, 300 m.w.N. Zum Nebeneinander von VormG und FamG bei genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäften vgl. Wesche Rpfleger 2000, 145. Zur Zuständigkeit des VormG für Änderung der Vormundschaft vgl. OLG Köln NJWE-FER 2000, 158. Zur Abgrenzung der Zuständigkeit von FamG und VormG im Bereich der Pflegschaft vgl. ZoRn. FamRZ 2000, 719 (zugleich krit. Anm. zu OLG Stuttgart FamRZ 1999, 1601 und OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 234). Im Anwendungsbereich des § 1693 BGB ist das FamG nur in Eilfällen für die Anordnung der Ergänzungspflegschaft (§ 1909 BGB) zuständig. – Im Anwendungsbereich des § 1697 BGB beschränkt sich die Zuständigkeit des FamG auf die Anordnung der Ergänzungspflegschaft in dem Fall, dass die Anordnung der Pflegschaft als Folge einer anderen getroffenen familiengerichtlichen Anordnung als erforderlich erweist. Für die Auswahl des Pflegers ist entweder nach §§ 1915 Abs. 1, 1779 BGB das VormG oder nach § 1697 BGB das FamG berufen. Für die förmliche Bestellung des Pflegers (§ 1789 BGB) und die gerichtliche Genehmigung von Pflegergeschäften ist nach wie vor das VormG zuständig. Zur Zuständigkeit bei der Ergänzungspflegschaft vgl. auch BayObLG NJW-RR 2000, 959; Bestelmeyer FamRZ 2000, 1068. 53 BayObLG FGPrax 1999, 61 m. Anm. Schmidt stellt klar, dass es sich bei der Überprüfung und Abänderung einer Sorgeentscheidung gem. § 1696 BGB um ein gegenüber der Erstentscheidung selbständiges Verfahren handelt, für das seit Inkrafttreten des KindRG das FamG auch dann zuständig ist, wenn die Erstentscheidung vom VormG getroffen worden war. 54 BGH FamRZ 1999, 1648; dazu Oelkers/Kreutzfeldt FamRZ 2000, 645, 647 m.w.N. in Fn. 7 u. Fn. 34 (Gegenmeinung). Folge für Rechtsmittel: § 621e ZPO, nicht § 19 FGG. 55 Damit hat der Gesetzgeber der Entscheidung des BGH FamRZ 1981, 1049 Rechnung getragen. 56 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 249.

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2. Verfahren betreffend das Umgangsrecht § 151 Nr. 2 FamFG entspricht dem bisherigen § 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO und betrifft den 44 Umgang des Kindes. Bis zum Inkrafttreten des KindRG zum 01.07.1998 fielen in die Entscheidungskompetenz 45 des FamG nach Nr. 3 a.F. nur Umgangsverfahren zwischen Ehegatten und ihren gemeinschaftlichen ehelichen Kindern (§ 1634 BGB a.F.); für Umgangsverfahren zwischen einem Elternteil und einem Dritten, der das Kind in Obhut hatte, war demgegenüber (auch für einen Auskunftsanspruch) das VormG zuständig. Diese Differenzierung hat das KindRG aufgegeben. Nach dem Grundgedanken des nunmehr einheitlich für eheliche und nicht eheliche Kinder geltenden neuen Sorgerechts ist die Zuständigkeit des FamG seit 01.07.1998 auf Umgangsregelungen erweitert worden, die »nicht eheliche« Kinder betreffen. Damit wurde eine umfassende Zuständigkeit des FamG für Umgangsverfahren geschaffen. Dies gilt auch hinsichtlich des durch das KindRG neu eingeführte Umgangsrechts des Kindes gegenüber seinen Eltern (§ 1684 Abs. 1 BGB).57 Das FamG ist für Umgangsregelungen »ehelicher« und »nicht ehelicher« Kinder nach §§ 1684, 1685 BGB einschließlich eines erforderlichen Auskunftsverfahrens (§ 1686 BGB) sowie für Verfahren nach § 1632 Abs. 2 u. 3 BGB zuständig. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Umgangsregelung auf eine Entscheidung nach §§ 1671, 1672 oder auf § 1666 BGB stützt. Ob für das Kind elterliche Sorge besteht, ist in den Fällen von §§ 1684, 1685 BGB unerheblich. Die Zuständigkeit des FamG erfasst auch Umgangsregelungen gegenüber Dritten nach § 1685 BGB (einschließlich abändernde Entscheidungen) und Maßnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes. Für die bisherigen Vormundschaftssachen nach §§ 1800, 1631 bis 1633 BGB ist wegen § 151 46 Nr. 4 nunmehr auch das FamG zuständig. 3. Verfahren betreffend die Herausgabe des Kindes § 151 Nr. 3 FamFG entspricht dem bisherigen § 621 Abs. 1 Nr. 3 FamFG und betrifft die 47 Herausgabe des Kindes. Bis zum Inkrafttreten des KindRG zum 01.07.1998 war das FamG nach Nr. 4 a.F. für 48 Herausgabeverlangen des § 1632 BGB a.F. über eheliche Kinder nur für Verfahren im Verhältnis der Ehegatten untereinander zuständig; im Übrigen bestand eine Zuständigkeit des VormG. Nachdem das KindRG in § 1632 BGB Herausgabeverlangen einheitlich für eheliche und nicht eheliche Kinder regelt, ist für diese Verfahren einheitlich das FamG zuständig, unabhängig davon, gegen wen sich das Herausgabeverlangen richtet, also für Verfahren nach § 1632 Abs. 1 u. 4 mit Abs. 3 BGB. Das FamG ist damit auch zuständig, wenn es um das Herausgabeverlangen des Vormunds des betroffenen minderjährigen Kindes gegen die leiblichen Eltern oder einen leiblichen Elternteil58 oder wenn es um die Herausgabe eines Kindes bei einer Pflegeperson geht. Die erweiterte Zuständigkeit umfasst (wie schon früher) Abänderungsverfahren (§ 1696 BGB) und den erforderlichen vorläufigen Rechtsschutz. Voraussetzung ist nur, dass elterlicher Sorge besteht; unerheblich ist dagegen, ob die elterliche Sorge beschränkt ist (z.B. durch Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts). Das VormG blieb nur zuständig etwa für das Herausgabeverlangen des Vormunds gegen die Eltern nach Entziehung der elterlichen Sorge gem. §§ 1800, 1631 Abs. 1 BGB). Hierfür ist nunmehr auch das FamG nach § 151 Nr. 4 FamFG zuständig. 4. Verfahren betreffend die Vormundschaft § 151 Nr. 4 FamFG erweitert die Kindschaftssachen auch auf die Verfahren der Vormund- 49 schaft. Umfasst sind sämtliche Verfahren, die die Bestimmung der Person oder der Rechte oder Pflichten des Vormunds betreffen. Insbesondere sind zu nennen die Anordnung und Aufhebung der Vormundschaft, die Auswahl und Bestellung des Vormunds, die Genehmi57 Eingehend zur Umgangsverweigerung und ihren Folgen Finger FuR 2006, 299. 58 OLG Hamm FamRZ 2005, 1845.

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gungen des Vormundschaftsrechts, die Aufsicht über die Tätigkeit des Vormunds und Entscheidungen über die Vergütung.59 50 Dies ist eine wesentliche Änderung gegenüber der früheren Rechtslage. Eine Zuständigkeit des VormG für Angelegenheiten der elterlichen Sorge war bereits früher nur noch ausnahmsweise geblieben. Sie beschränkte sich grundsätzlich auf die Vormundschaft über Minderjährige (vgl. aber bereits § 1626c Abs. 2 Satz 3 BGB). Vormundschaftssachen waren allerdings die Verfahren nach den oben genannten Vorschriften, wenn sie das Verhältnis zwischen einem Kind und seinem Vormund (Pfleger) betrafen (insbesondere §§ 1800, 1837 Abs. 4 BGB) oder wenn es um die Bestellung eines nach § 1697 BGB vom FamG ausgewählten Vormunds (Pflegers) und die Führung der vom FamG gem. §§ 1693, 1697 BGB angeordneten Vormundschaft (Pflegschaft) ging. 51 § 151 Nr. 4 FamFG hat insoweit Klarheit geschafft. Nunmehr ist das FamG für all diese Fälle zuständig. Stritten die gemeinsam personensorgeberechtigten Eltern über die religiöse Erziehung ihrer minderjährigen Kinder, bestand gem. § 7 RKEG die Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts.60 Auch hierfür gilt nunmehr § 151 Nr. 4 FamFG. Gleiches gilt für Genehmigungen und Entscheidungen des FamG nach § 112 BGB, §§ 3 Abs. 2, 7 RelKErzG, § 2 Abs. 1 NamÄndG, § 16 Abs. 3 VerschG, §§ 1303 Abs. 2–4, 1315 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB, wenn der Minderjährige unter Vormundschaft steht.61 5. Verfahren betreffend die Ergänzungspflegschaft 52 § 151 Nr. 5 FamFG hat nunmehr vor allem die Streitfragen bezüglich der Anordnung einer Ergänzungspflegschaft in den Fällen der §§ 1909 und 1912 BGB geklärt: Streitig war durch die Änderungen der §§ 1693, 1697 BGB, ob das FamG oder das VormG zur Anordnung einer Ergänzungspflegschaft nach § 1909 BGB bei Verhinderung der Eltern an der rechtlichen Vertretung des Kindes zuständig sei. Zum einen wurde die Ansicht vertreten, dass das FamG sowohl für die Anordnung als auch für die Auswahl des Ergänzungspflegers allein zuständig sei62 oder jedenfalls für die Anordnung der Ergänzungspflegschaft, während für die Auswahl des Ergänzungspflegers die Zuständigkeit des FamG und des VormG nebeneinander bestand.63 Zum anderen wurde angenommen, dass sich die Zuständigkeit des FamG auf die Ausnahmefälle des § 1697 BGB sowie Eilfälle im Rahmen des § 1693 BGB beschränke und es im Übrigen, insbesondere für die praktisch häufig auftretenden Vertretungsausschlüsse nach §§ 1629, 1795, 181 BGB bei der Zuständigkeit des VormG verblieb. Durch § 151 Nr. 5 FamFG ist diese Frage nunmehr zugunsten des FamG geklärt.64 6. Verfahren betreffend die Unterbringung Minderjähriger 53 § 151 Nr. 6 und 7 FamFG betreffen die Unterbringung Minderjähriger. Wegen § 167 FamFG sind hier die Vorschriften für das Verfahren in Unterbringungssachen anzuwenden.65 Es handelt sich um Fälle die bisher teilweise unter § 70 Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 3 FGG geregelt waren.

59 60 61 62 63

BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 519 f. AG Weilburg FamRZ 2003, 1308. Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 561. So Hamm FamRZ 2001, 718 m. abl. Anm. Bestelmeyer. So BayObLG FamRZ 2000, 568 und 1111; Zweibrücken FamRZ 2000, 243 = NJW-RR 2000, 1679; Dresden FamRZ 2001, 715 = NJW-RR 2000, 1677; vgl. MüKo/Schwab § 1909 Rn. 62. 64 Vgl. OLG Karlsruhe 19. ZS. FamRZ 2000, 568 (VormG, wenn kein Eilfall vorliegt) 20. ZS. FamRZ 2001, 41 (grds. VormG; jedenfalls dann keine kumulative Zuständigkeit des FamG, wenn das VormG zuerst mit der Vormundschaftssache befasst ist und die – restriktiven – Voraussetzungen der §§ 1693, 1697 BGB nicht vorliegen); OLG Stuttgart Rpfleger 2001, 129; KG FamRZ 2001, 719. 65 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 255.

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7. Verfahren betreffend Erziehungsmaßregeln nach dem JGG § 151 Nr. 8 FamFG betrifft hauptsächlich Erziehungsmaßregeln nach §§ 9, 53, 104 Abs. 4 54 JGG oder die Bestellung eines Pflegers gemäß § 67 Abs. 4 Satz 3 JGG.66

III. Abstammungssachen (§ 111 Nr. 3 FamFG) Die Abstammungssachen sind nunmehr in den §§ 169 bis 185 FamFG geregelt.67

55

§ 169 FamFG umfasst vor allem die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines 56 Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen den Parteien einschließlich der Feststellung der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Anerkennung der Vaterschaft (§ 169 Nr. 1 FamFG), die Verfahren auf Ersetzung der Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung und Anordnung der Duldung einer Probeentnahme (§ 169 Nr. 2 FamFG), die Verfahren auf Einsicht in ein Abstammungsgutachten oder die Aushändigung einer Abschrift (§ 169 Nr. 3 FamFG) und die Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung (§ 169 Nr. 4 FamFG). Unter Abstammungssachen sind im Wesentlichen die bislang in § 640 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 ZPO 57 genannten Verfahren zu verstehen, früher als »Kindschaftssachen« bezeichnet, und zwar auch wenn ein Fall des § 1600e Abs. 2 BGB a.F. vorliegt (früher dem FGG – Verfahren zugewiesen). Die §§ 1600e BGB wurde aufgehoben. All diese Verfahren sollen künftig ausnahmslos Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit sein68. Hierin liegt eine wesentliche Neuerung gegenüber dem bisher geltenden Recht. Hintergrund ist die größere Flexibilität der Verfahrensordnung und die problemlosere Einbeziehung weiterer Beteiligter. Auch ist ein formaler Gegner nicht mehr zwingend notwendig, was insbesondere für das Verhältnis von Kind zum anfechtenden Vater von Vorteil ist.69 Die Einleitung des Verfahrens erfolgt wie bisher durch einen Antrag, der begründet werden 58 soll (§ 171 Abs. 2 FamFG). Die für das bisherige Verfahren nach §§ 640 ff. ZPO typischen besonderen Elemente, wie der 59 Strengbeweis (die Wirkung der Entscheidung für und gegen alle sowie besondere Regelungen für eine Wiederaufnahme, sollen in das FamFG-Verfahren integriert und auf diese Weise erhalten werden.70

IV. Adoptionssachen (§ 111 Nr. 4 FamFG) Adoptionssachen waren bislang dem Vormundschaftsgericht zugeordnet. Unter Adopti- 60 onssachen sind Verfahren zu verstehen, die die Annahme als Kind betreffen (§ 186 Nr. 1 FamFG). Dies umfasst das gesamte Verfahren inklusive beispielsweise der familienrechtlichen Genehmigung nach § 1746 Abs. 1 4 BGB bei unterschiedlicher Staatsangehörigkeit des Annehmenden und des Kindes sowie der Namensbestimmung nach § 1757 BGB.71 Nach § 186 Nr. 2 FamFG betreffen Adoptionssachen auch Verfahren auf die Ersetzung der Einwilligung zur Annahme als Kind (§§ 1748 BGB bezüglich des Elternteils oder § 1749 Abs. 1 Satz 2 BGB bezüglich des Annehmenden), die Aufhebung des Annahmeverhältnisses (§ 186 Nr. 3 FamFG, §§ 1759 f. BGB) oder die Befreiung vom Eheverbot des § 1308 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Mit der Abschaffung des Vormundschaftsgerichts ist künftig das Familiengericht für 61 Adoptionssachen zuständig.72 Dies ergibt sich im Zusammenhang mit der Bildung des gro66 67 68 69 70 71 72

Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 561. Stößer FamRZ 2009, 923. BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 220. Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 315. BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 542. Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 669. Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 668.

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ßen Familiengerichts und ist im Zuge der Auflösung des Vormundschaftsgerichts sachgerecht (vgl. oben Rdn. 13). Adoptionssachen sollen, wie bisher, dem Verfahrensrecht der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterliegen. Die vorhandenen verfahrensrechtlichen Sonderbestimmungen sollen weitgehend übernommen werden73. Die Mitwirkung eines Verfahrensbeistands für einen minderjährigen Beteiligten soll künftig in allen Adoptionssachen ermöglicht werden. In Bezug auf Adoptionssachen ist das FamG auch zuständig für die Adoption Volljähriger74. Durch den Wechsel der Aufgaben zum FamG ist nunmehr das OLG Beschwerdegericht, nicht mehr das LG75. Die Wirkungen des AdWirkG sind nach § 199 FamFG weiterhin anzuwenden und gehen den allgemeinen Vorschriften der §§ 186 ff. FamFG vor (vgl. Kap. 3 Rdn. 278, 281).

V. Wohnungszuweisungs- und Haushaltssachen (§ 111 Nr. 5 FamFG) 62 Familiensachen sind alle Verfahren betreffend die Zuweisung der Ehewohnung und des Haushalts für die Zeit vor (§§ 1361, 1361a, 1361b BGB) oder nach (§§ 1568a, 1568b BGB) Ehescheidung (nebst Annexverfahren). Das Verfahren ist der freiwilligen Gerichtsbarkeit zugeordnet (Umkehrschluss aus § 112 FamFG).76 Im Einzelnen sind die Abgrenzungskriterien umstritten.77 63 Bislang war nach der Rechtsprechung des BGH von folgenden Grundsätzen auszugehen: Das allgemeine Zivilgericht war zuständig, wenn sich die Ehegatten darüber geeinigt hatten, wer von ihnen künftig in der Wohnung leben und wer den Haushalt erhalten sollte und nunmehr ein Ehegatte auf Erfüllung des Vertrages klagte.78 Denn in einem solchen Fall geht es nicht um eine rechtsgestaltende Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung oder am Haushalt. Der Richter regelte diese nur, soweit sich die Ehegatten nicht einigen konnten. Der vertraglich begründete Anspruch konnte somit nach h.M. nur im allgemeinen Prozessweg geltend gemacht werden. Im Hausratsverfahren war allerdings die Vorfrage, ob eine Einigung tatsächlich erfolgt ist, vom FamG zu klären; es hatte – ggf. von Amts wegen – festzustellen, dass keine wirksame Einigung vorlag.79 64 Im Rahmen des § 111 Nr. 5 FamFG, hat sich insoweit nichts daran geändert, dass das FamG nach Rechtskraft der Entscheidung (§ 209 Abs. 2 FamFG) nicht für sämtliche Fragen zuständig ist. Nur soweit es um Fragen der Durchsetzbarkeit der Ansprüche der §§ 1361, 1361a, 1361b oder der §§ 1568a, 1568 b BGB geht, ist das FamG zuständig, ebenso soweit es um deren Vollstreckung geht. Haben sich getrennt lebende Ehegatten darüber geeinigt, wer von ihnen künftig die im gemeinsamen Miteigentum stehende Ehewohnung benutzt, und kommt es nachträglich zum Streit über den Mietzins, ist das allgemeine Zivilgericht (zumeist der Mietrichter) zuständig; denn Anspruchsgrundlage ist dann nicht die spezielle familienrechtliche Vorschrift des § 1568a Abs. 3 u. 5 BGB, sondern die allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften. Wird die Überlassung der Wohnung an den Nichteigentümer nach § 1568a Abs. 2 BGB geregelt, von diesem jedoch kein Antrag auf Begründung eines Mietverhältnisses nach § 1568a BGB gestellt, so vertraten Götz/Brudermüller80 die Auffassung, dass die Nutzungsentschädigung nach den bisherigen Grundsätzen zu gewähren ist. Dieser Anspruch sei eine sonstige Familiensache im Sinne des § 111 Nr. 10, 266 Abs. 1 73 74 75 76 77

Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 333. Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 668. Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 333; Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 668. Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 343. Ausführlich Johannsen/Henrich/Brudermüller § 1361a BGB Rn. 42 ff., § 1361b BGB Rn. 54 f. und § 1 HausrVO Rn. 7 ff. zur Streitfrage bei verbotener Eigenmacht § 1361a BGB Rn. 58 ff. und § 1361b BGB Rn. 47 ff. jew. m.w.N.; vgl. Palandt/Brudermüller § 1361a Rn. 19 und § 1361b Rn. 18. 78 BGH FamRZ 1974, 789; OLG Karlsruhe FamRZ 2003, 621, 622; OLG Koblenz FamRZ 1984, 1241; OLG Zweibrücken FamRZ 1993, 82, 83; Palandt/Brudermüller § 1 HausrVO Rn. 2 m.w.N.; a.A. KG FamRZ 1990, 183, 184. 79 OLG Koblenz FamRZ 1984, 1241; OLG Zweibrücken FamRZ 1993, 82, 83; s.a. 8. Kap. Rdn. 2 ff. 80 Götz/Brudermüller NJW 2008, 3025, 3029.

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B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen

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FamFG, der zur Zuständigkeit des FamG gehöre. Weiter forderten sie vom Gesetzgeber, dieser sollte die Nutzungsentschädigung in § 1568a BGB regeln und den Verfahrensregeln der §§ 200 ff. FamFG unterstellen81. Schließlich wurde § 1568a Abs. 5 S. 1 BGB dahingehend abgeändert, dass auch die zur Vermietung berechtigte Person die Begründung eines Mietverhältnisses über die Ehewohnung verlangen kann. Damit soll dem dinglich Berechtigten ein korrespondierender Anspruch auf Begründung eines Mietverhältnisses eingeräumt werden. Auch er kann nunmehr den Abschluss eines Mietvertrages verlangen. Eines gesonderten familienrechtlichen Anspruchs auf Nutzungsentschädigung (s. Götz/Brudermüller) bedarf es daher nicht, da der dinglich Berechtigte durch den Anspruch auf Begründung eines Mietverhältnisses ausreichend gesichert ist82. Zu beachten ist allerdings, dass eine Zuständigkeit im Rahmen des §§ 111 Nr. 10, 266 Abs. 1 65 Nr. 3 FamFG in Betracht kommt, soweit es um die Einigung und Durchsetzung der vertraglichen Ansprüche anlässlich von Trennung und Scheidung der Ehegatten geht. Soweit es allerdings nicht um die rechtsgestaltenden Regelungen der §§ 200 ff. FamFG geht, können diese zivilrechtlichen Ansprüche als Familienstreitsachen im Rahmen des § 266 Abs. 1 FamFG geltend gemacht werden. Für einen Streit getrennt lebender Ehegatten über die Rückschaffung eigenmächtig aus der 66 Ehewohnung entfernter Haushaltsgegenstände ist das FamG zuständig.83 Keine Ehezuweisungs- oder Haushaltssachen sind zivilprozessuale Streitigkeiten, in denen 67 Ansprüche aus Verträgen über die Auseinandersetzung von Ehewohnung und Haushalt geltend gemacht werden; es sei denn, dass der Kläger sein Begehren darauf stützt, dass die herausverlangten Haushaltsgegenstände von der einverständlichen Hausratsverteilung anlässlich der Scheidung nicht erfasst seien und er sein Alleineigentum behauptet.84 Entscheidend für die Qualifizierung als Ehezuweisungs- oder Haushaltssachen ist nicht, ob ein Herausgabeanspruch auf § 985 BGB gestützt wird, sondern allein die Anwendbarkeit der §§ 1361, 1361a, 1361b oder §§ 1568a, 1568b in Zusammenhang mit §§ 200 ff. FamFG.85Die Rechtsnatur einer Ehezuweisungs- oder Haushaltssachen hat das Verfahren dann auch schon vor der Überleitung ins Haushaltsverfahren. Ansonsten ist zu prüfen, ob die Ansprüche anlässlich der Trennung und Scheidung geltend gemacht werden. Dann greift § 266 Abs. 1 FamFG. § 1568b Abs. 3 BGB ist als Anspruchsgrundlage ausgestaltet. Auch die Haushaltsgegen- 68 stände, für die die Ehegatten im Rahmen der Verteilung wechselseitig Ausgleichszahlungen zu leisten haben, unterfallen der Sonderregelung des § 1568b BGB. Die angemessene Ausgleichszahlung wird sich i.d.R. am Verkehrswert orientieren müssen, damit gerechte Ergebnisse erzielt werden. Etwaige Ausgleichszahlungen können dann im Verfahren über die Zuteilung von Hausrat unschwer verrechnet werden. Haushalt, der nach §§ 1361a, 1568b BGB verteilt werden kann, fällt nicht in den Zuge- 69 winnausgleich.86 Demnach unterliegt Hausrat, der im Alleineigentum eines Ehegatten steht, den Regeln des Zugewinnausgleichs. Eine dem früheren § 9 HausrVO vergleichbare Regelung ist in § 1568b bewusst nicht übernommen worden.87 Zum Hausrat können auch Forderungen gehören, die sich auf Hausratsgegenstände bezie- 70 hen, mit der Folge, dass sie dann dem Hausratsteilungsverfahren unterliegen und das FamG zuständig ist,88 z.B. Forderungen gegen Dritte, die sich auf Grund der Veräußerung eines Hausratsgegenstandes ohne Einwilligung des anderen Ehegatten (etwa aus §§ 1369, 1368 81 82 83 84 85 86 87

Götz/Brudermüller NJW 2008, 3025, 3030. BT-Drucks 16/13027, S. 11. OLG Frankfurt FamRZ 2003, 47. BGH FamRZ 1979, 789. BGH FamRZ 1984, 575. BGH FamRZ 1984, 144. Siehe auch RegE zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts, S. 48 und Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts, BT-Drucks. 16/10798. 88 BGH FamRZ 1980, 45.

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BGB) ergeben.89 Schadensersatzansprüche gegen den anderen Ehegatten,90 z.B. aus unrechtmäßiger Verfügung über einen Hausratsgegenstand,91 fallen dagegen nicht unter § 111 Nr. 5 FamFG, sondern ggf. als sonstige Familiensachen nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG zum FamG.92 71 씰 Beispiel: Ein Ehegatte nimmt beim heimlichen Verlassen der Ehewohnung einen Großteil des Hausrats mit, darunter Bettwäsche, einiges Besteck und Geschirr sowie ein wertvolles Gemälde. Der andere Ehegatte verlangt die sofortige Rückschaffung sämtlicher Hausratsgegenstände. Welches Gericht ist zuständig? In welchem Eilverfahren kann der Anspruch auf Rückforderung geltend gemacht werden? Lösung: Streitigkeiten getrennt lebender Ehegatten über die Rückschaffung von eigenmächtig aus der Ehewohnung entfernten Hausrats fallen nach h.M. – einschließlich des einstweiligen Rechtsschutzes – unter die §§ 200 ff. FamFG und sind danach Familiensache.93 Denn § 1361a BGB verdrängt nach h.M. als Spezialregelung den possessorischen Besitzschutz nach § 861 BGB, für den das allgemeine Prozessgericht zuständig wäre.94 Das FamG kann nach verbreiteter Ansicht jedoch nur die Rückschaffung der Gegenstände anordnen, die dem klagenden Ehegatten nach § 1568b BGB zuzuteilen sind. Es verstieße gegen den Grundsatz der Prozessökonomie, wenn der danach allein zuständige Familienrichter zunächst gem. § 861 BGB die Rückschaffung aller entzogenen Hausratsgegenstände anordnet, auf die Gefahr hin, sie danach auf Antrag des anderen Ehegatten diesem wieder zuteilen zu müssen. Entfernt ein Ehegatte eigenmächtig Hausrat aus der Ehewohnung, ohne dieser Sachen dringend zu bedürfen, kann er bis zur endgültigen Auseinandersetzung des Hausrats im Verfahren der einstweiligen Anordnung gem. §§ 49 ff. FamFG, § 1361a BGB vom FamG verpflichtet werden, die Sachen wieder zurückzuschaffen.95 72 씰 Beispiel: Ein Ehegatte lässt das Schloss der Ehewohnung auswechseln, um den Anderen »auszusperren«. Der andere Ehegatte widersetzt sich aber einer Trennung und möchte wieder in die Wohnung eingelassen werden. Lösung: Nach nunmehr geltendem Recht ist stets das FamG zuständig: Verlangt ein Ehegatte, der nicht getrennt leben will, die Wiedereinräumung des durch verbotene Eigenmacht entzogenen Mitbesitzes an der Ehewohnung (§ 861 BGB), so ist hierfür das FamG gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG zuständig. Umstritten ist, vor welchem Gericht der getrennt lebende Ehegatte klagen muss, wenn er die Wiederbenutzung der Ehewohnung fordert. Hier ergibt sich die Zuständigkeit des FamG aus §§ 200 ff. FamFG, § 1361b BGB mit der Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung (§§ 49 ff. FamFG) zu erwirken. 73 Zum Haushalt gehören nach geltendem Recht nicht die zum persönlichen Gebrauch bestimmten und der Berufsausübung eines Ehegatten dienende Sachen (z.B. Kleidung, Schuhe, Schmuck, Berufskleidung, Handwerkszeug, Fachliteratur, überwiegend beruflich

89 90 91 92 93

BGH FamRZ 1983, 794. BGH FamRZ 1980, 45. BGH FamRZ 1980, 988. Siehe unten Rdn. 111. BGH FamRZ 1982, 1200; OLG Düsseldorf (5. und 6. ZS) FamRZ 1987, 483; 1994, 390; OLG Zweibrücken FamRZ 1987, 1146; OLG Hamm FamRZ 1988, 1303; OLG Frankfurt FamRZ 1988, 399; 1989, 76; a.A. OLG Bamberg FamRZ 1993, 35; vgl. auch Hambitzer FamRZ 1989, 236 ff. 94 A. A. OLG Düsseldorf (9. ZS) FamRZ 1984, 1095; 1987, 484; KG FamRZ 1987, 1147 – gleichwohl im Ergebnis Zuständigkeit des FamG, aber für den einstweiligen Rechtsschutz einstweilige Verfügung nach § 940 ZPO. 95 Eingehend zur Lösung Brudermüller FuR 1996, 229, 230 f. m.w.N. zu den Streitfragen.

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B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen

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benutzter Pkw), so dass insoweit die §§ 200 ff. FamFG nicht gelten. Für Klagen auf Herausgabe persönlicher Gegenstände ist nunmehr gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG auch das FamFG zuständig. Die früher gespaltene Zuständigkeit für Herausgabeansprüche zwischen getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten, die sowohl Haushalt als auch persönliche Gegenstände erfasst hatte (»Mischfälle«), war aus praktischer Sicht unbefriedigend und ist durch das FamFG vom Gesetzgeber geändert worden. Soweit für diese Fälle früher aus Gründen der Prozessökonomie die Zuständigkeit des FamG angenommen wurde,96 handelte es sich um eine – zwar im Ergebnis wünschenswerte, aber wohl unzulässige – richterliche Rechtsfortbildung contra legem.

VI. Gewaltschutzsachen (§ 111 Nr. 6 FamFG) In die Zuständigkeit der Familiengerichte fallen nunmehr sämtliche Verfahren nach §§ 1, 74 2 Gewaltschutzgesetz.97 Während früher Voraussetzung war, dass die Beteiligten einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen oder innerhalb von sechs Monaten vor der Antragstellung geführt haben, so ist nunmehr die Zuständigkeit der FamG für alle Gewaltschutzsachen gegeben. Damit sollen keine Zweifel mehr über die Zuständigkeit bestehen. Eine Zuständigkeit der allgemeinen Zivilgerichte besteht nicht mehr. Dies kann allerdings zur Folge haben, dass das FamG sich mit Angelegenheiten zu befassen hat, die keinerlei familienrechtliches Verhältnis aufweisen, wenn also z.B. eine Person ohne ein solches Näheverhältnis gegenüber einer anderen eine Gewalttat begeht.98 Mit der Vereinheitlichung der Zuständigkeit ist auch ein einheitliches Verfahrensrecht 75 vorgesehen.99 Sämtliche Gewaltschutzsachen sind Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, da es gegenüber der ZPO flexibler ist und eine den Besonderheiten des Falles angepasste Verfahrensgestaltung ermöglicht.100 Damit sind auch die Anforderungen an die verfahrenseinleitende Erklärung geringer, da die Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes den Antragsteller entlastet; die Möglichkeit formloser Beweiserhebungen beschleunigt das Verfahren.101 Bereits bestehende spezielle Verfahrensvorschriften sollen weitgehend beibehalten werden. Es wird erwartet, dass die Möglichkeit des hauptsacheunabhängigen einstweiligen Rechtschutzes in Gewaltschutzsachen besondere praktische Bedeutung erlangen wird. Für die örtliche Zuständigkeit eröffnet § 211 FamFG dieselben Wahlmöglichkeiten wie vorher § 64b FGG. § 1 GewSchG setzt einen materiellrechtlichen Unterlassungsanspruch nach §§ 823, 1004 76 BGB voraus. Liegt er vor, ist das Gericht befugt, nicht nur die Unterlassung der Verletzungshandlung, sondern auch andere Schutzmaßnahmen (nicht Schadensersatz und Schmerzensgeld) anzuordnen, wobei die Aufzählung in § 1 Abs. 1 Satz 3 GewSchG nicht abschließend ist. § 2 GewSchG begründet einen materiellrechtlichen Anspruch auf Wohnungsüberlassung. Das Wohnungszuweisungsverfahren nach § 1361 b BGB hat aber gegenüber § 2 GewSchG Vorrang, wenn es sich um Ehegatten handelt, die getrennt leben oder sofern Trennungsabsicht besteht, gegenüber einem Wohnungsüberlassungsverfahren nach § 2 GewSchG.102

96 So z.B. OLG Düsseldorf FamRZ 1978, 523. 97 Zu Fallstricken in der anwaltlichen Praxis sowie einem Muster für einen Antrag nach dem GewSchG Machulla-Notthoff ZFE 2007, 55 noch zur alten Rechtslage. 98 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 728. 99 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 363. 100 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 560. 101 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 560. 102 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 729.

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Verfahren in Familiensachen

VII. Versorgungsausgleichssachen (§ 111 Nr. 7 FamFG) 77 Alle Streitigkeiten, die den Versorgungsausgleich (VA) betreffen, sind Familiensachen. Erfasst werden nur Ansprüche auf VA, die nach In-Kraft-Treten des 1. EheRG begründet worden sind.103 Wurde zwischen geschiedenen Ehegatten eine Regelung des VA nicht getroffen (etwa weil der VA rechtskräftig versagt worden ist) und verlangt ein Ehegatte von dem Anderen Auskunft über dessen Anrechte, um einen Schadensersatzanspruch gegen einen Dritten beziffern zu können, so ist ein deswegen geführter Rechtsstreit keine Familiensache.104

VIII. Unterhaltssachen (§ 111 Nr. 8 FamFG) 78 § 111 Nr. 8 FamFG fasst die früher auf mehrere Nummern unterteilten Unterhaltssachen einheitlich zusammen. In § 231 Abs. 1 FamFG werden die klassischen Familienstreitsachen umfasst, die auch bisher unter den Begriff der Unterhaltssache umgangssprachlich verstanden wurden (siehe bereits früher: § 621 Abs. 1 Nr. 4, 5, und 11 ZPO). 79 In § 231 Abs. 2 FamFG folgen nunmehr auch die Fragen der Bestimmung des KindergeldBezugsberechtigten; maßgebend ist hier der enge tatsächliche und rechtliche Zusammenhang mit Verfahren, die den Unterhalt des Kindes betreffen:105 Nach § 1612b BGB hat die Frage der Bezugsberechtigung auch unmittelbaren Einfluss auf die Höhe des geschuldeten Unterhalts.106 Diese Unterhaltsverfahren sind allerdings wie bisher Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Daher sind sie auch von den §§ 235 bis 245 FamFG, die die für ZPOVerfahren typische Regelungen enthalten, ausgenommen. Für sie gelten die Vorschriften des ersten Buches und die §§ 232 bis 234 FamFG.107 80 Es bleibt bei den Familienstreitsachen auch weiterhin bei einer grundsätzlichen Anwendbarkeit der ZPO, allerdings mit der Modifikation, dass die Entscheidung nicht mehr durch Endurteil, sondern nunmehr durch Beschluss ergeht mit dem Rechtmittelweg des FamFG. 1. Unterhaltssachen als Familienstreitsachen 81 § 231 Abs. 1 FamFG definiert als Unterhaltssachen Verfahren, die 1. die durch Verwandtschaft begründete gesetzliche Unterhaltspflicht, 2. die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht, 3. die Ansprüche nach § 1615l oder § 1615m des Bürgerlichen Gesetzbuchs betreffen. a) Unterhaltssachen betreffend die durch Verwandtschaft begründete gesetzliche Unterhaltspflicht 82 Der nunmehr in § 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG genannte Verwandtenunterhalt war früher separat in §§ 23b Abs. 1 Nr. 5 GVG, § 621 Nr. 4 ZPO geregelt. 83 Nach § 23b Abs. 1 Nr. 5 GVG in der Fassung vor Inkrafttreten des KindRG war das FamG nur für Streitigkeiten über die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber ehelichen Kindern nach §§ 1601 bis 1615 BGB zuständig. Das KindRG hatte die Zuständigkeit des FamG auf sämtliche Streitigkeiten über die gesetzliche Unterhaltspflicht zwischen Verwandten (§§ 1601 ff. BGB) erweitert einschließlich der Verfahren über den Unterhalt nicht ehelich geborener Kinder. Erfasst werden auch die vereinfachten Verfahren zur Abänderung von Unterhaltstiteln (vormals §§ 645 ff. ZPO, nunmehr in §§ 249 ff. FamFG – siehe unten Kap. 6 Rdn. 353 ff.). Indem die Zuständigkeit nach § 23b Abs. 1 Nr. 5 GVG a.F. von da an alle Fälle

103 104 105 106 107

BGH FamRZ 1979, 1005. BGH FamRZ 1984, 465. Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 384. BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 569. Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 384.

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B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen

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1. Kapitel

einer gesetzlichen Unterhaltspflicht einschließlich Ansprüchen nichtehelich geborener Kinder umfasste, fielen in die Entscheidungskompetenz des FamG einheitlich Unterhaltsansprüche aus dem Verhältnis der Eltern zu ihren (ehelichen oder nichtehelichen) Kindern. Das FamG ist darüber hinaus nun auch zuständig für Unterhaltsansprüche der Kinder gegenüber anderen Verwandten, z.B. den Großeltern, und umgekehrt der Großeltern gegenüber ihren Enkeln.108 Das FamG entscheidet über eine vertraglich begründete Unterhaltspflicht unter der 84 Voraussetzung, dass sie eine gesetzlich geregelte Unterhaltspflicht näher regelt oder modifiziert.109 Eine Familiensache liegt also auch vor, wenn die gesetzliche Unterhaltspflicht für ein Kind im Rahmen einer (Scheidungs-)Vereinbarung zwischen den Eltern näher geregelt wird.110 Ein anlässlich der Scheidung von den Eltern abgeschlossener gerichtlicher Vergleich, in dem sich ein Ehegatte gegenüber dem Anderen zur Entrichtung gesetzlicher Unterhaltsleistungen für das gemeinschaftliche eheliche Kind verpflichtet, hat eine Familiensache zum Gegenstand.111 Eine gegen eine solche Vereinbarung gerichtete Vollstreckungsabwehr- oder Abänderungsklage ist ebenfalls Familiensache.112 Es ist nicht erforderlich, dass die gesetzliche Unterhaltspflicht selbst Gegenstand des Verfah- 85 rens ist. Den Gesetzeswortlaut (»betreffen«) legt die Rechtsprechung weit aus. Familiensachen sind danach auch Verfahren, die nur der Durchsetzung des gesetzlichen Unterhalts dienen, wie z.B. ein Auskunftsverlangen (§ 1605 BGB).113 Auch ein Rechtsstreit über die Rückgewähr von Leistungen, die zum Zweck der Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht i.S.d. § 231 Abs. 1 FamFG erbracht wurden, werden daher als Familiensache behandelt.114 Vor das FamG gehören Ansprüche aus Verträgen, die die Eltern über den Kindesunterhalt geschlossen haben, da dadurch nur die gesetzliche Unterhaltspflicht im Einzelnen ausgestaltet wird.115 Bei Unterhaltsleistungen für ein Kind gilt dies auch dann, wenn sich die Klage gegen einen Elternteil richtet, der den zurückverlangten Betrag auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung der Eltern empfangen hat;116 ebenso, wenn ein Elternteil gegen den anderen mit der Behauptung, diesem obliegende gesetzliche Unterhaltsleistungen für ein gemeinschaftliches Kind erbracht zu haben, einen »Ausgleichsanspruch« geltend macht.117, 118 Bei Ansprüchen des Scheinvaters gegen den biologischen Vater119 handelt es sich um einen 86 übergegangenen Unterhaltsanspruch, so dass eine Familiensache i.S.d. § 231 Abs. 1 Nr. 1

108 109 110 111 112 113 114

115 116 117 118 119

Vgl. dagegen nach früherem Recht noch BGH FamRZ 1992, 665 und 797. Vgl. BGH in st. Rspr., z.B. FamRZ 1978, 674; 1979, 907. Vgl. BGH FamRZ 1981, 19, 21. BGH FamRZ 1978, 672. BGH FamRZ 1978, 672. OLG Zweibrücken FamRZ 1996, 288. Noch zur alten Rechtslage: BGH FamRZ 1979, 217 Nr. 158 und Nr. 159 bei einem Anspruch auf Befreiung von der gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber einem gemeinschaftlichen Kind und auf Erstattung bereits erbrachter Unterhaltszahlungen; näher dazu Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber § 23b GVG Rn. 53, 56. BGH FamRZ 1990, 867. BGH FamRZ 1978, 582, 584 f. (hier: Scheidungsfolgenvereinbarung). BGH FamRZ 1978, 770. BGH FamRZ 1980, 345; zu Unterhaltsstreitigkeiten kraft Sachzusammenhangs vgl. auch Rn. 71. Noch zur alten Rechtslage: Eingehend dazu Schwonberg FuR 2006, 395, 443, 501; zum Anfechtungs- und Umgangsrecht des biologischen Vaters Pieper FuR 2004, 385. Zu den Ansprüchen gegen die Mutter: Huber FamRZ 2004, 145; Nehlsen-v Stryk FamRZ 1988, 225; Raiser FamRZ 1986, 942; zu den Ansprüchen gegen das Kind: BGH FamRZ 1981, 30 und 764 (verneint werden Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, weil diesen der Entreicherungseinwand aus § 818 Abs. 3 BGB entgegensteht); OLG Frankfurt FamRZ 1990, 558; Zum Forderungsübergang, wenn Unterhalt auch in Kenntnis der Nichtvaterschaft geleistet wird: LG Bielefeld FamRZ 2006, 1149; OLG Schlegwig FamRZ 2007, 2012; OLG Koblenz FamRZ 2007, 2098; zur inzidenten Feststellung der Vaterschaft im Scheinvaterregress: BGH FamRZ 2008, 1424; 2009, 32; zur Vollstreckung des titulierten Anspruchs auf Benennung des Kindsvaters: BGH FamRZ 2008, 1751.

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1. Kapitel

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Verfahren in Familiensachen

FamFG vorliegt.120 Auch die Auskunftsklage des Scheinvaters gegen die Kindesmutter ist Familiensache.121 Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nicht nach § 232 FamFG, sondern nach den allgemeinen Vorschriften.122 87 Schadensersatzansprüche des Unterhaltsberechtigten gegen den Unterhaltsverpflichteten sind Familiensache i.S.d. § 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG (vormals § 23b Abs. 1 Nr. 5 GVG a.F.), wenn geltend gemacht wird, dass der Schuldner versucht, sich seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht zu entziehen.123 88 Keine Unterhaltssachen im Sinne von § 231 FamFG sind Streitigkeiten über (eher seltene) Verträge, die einen Unterhaltsanspruch ohne Rücksicht auf eine bestehende gesetzliche Unterhaltsverpflichtung begründen.124 Ein Rechtsstreit über Ausgleichsansprüche Dritter – ohne Überleitung eines familienrechtlichen Anspruchs als Grundlage – ist keine Unterhaltssache, etwa wenn ein Dritter von den Eltern des Kindes den Ersatz seiner Aufwendungen für den Unterhalt dieses Kindes begehrt.125 Nimmt der so genannte Scheinvater den tatsächlichen Vater eines Kindes auf Erstattung der für den Vaterschaftsanfechtungsprozess aufgewandten Kosten in Anspruch,126 liegt auch nach der Erweiterung der familiengerichtlichen Zuständigkeit durch das KindRG keine Unterhaltssache im Sinne von § 231 FamFG vor. Das FamG ist allerdings seit Inkrafttreten des FamFG gemäß § 266 Abs. 1 FamFG zuständig – es handelt sich insoweit um eine sog. sonstige Familiensache (unten Rdn. 114). 89 Ist ein Rechtsstreit über Unterhalt Familiensache, bleibt sie dies, auch wenn ein Parteiwechsel eintritt, sei es auf Seiten des Gläubigers (vgl. §§ 90, 91 BSHG, § 7 UVG, § 37 BAföG)127 oder des Schuldners (auch bei einem Erbfall). Auch Verfahren gegen den Vermögensnehmer können Familiensache sein.128 90 Beantragte das Kind »aus besonderen Gründen«, die Bestimmung der Eltern über die Art der Unterhaltsgewährung zu ändern (§ 1612 Abs. 2 BGB a.F.), so war vor dem UÄndG 2008 strittig, welches Gericht für eine Entscheidung darüber zuständig ist.129 Seit der Änderung des § 1612 Abs. 2 BGB130 durch das UÄndG ist diese Frage geklärt und sie wird inzident im Unterhaltsprozess entschieden.131 b) Unterhaltssachen betreffend die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht 91 Die »durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht« umfasst drei Bereiche: den Familienunterhalt (§§ 1360, 1360a BGB) bei bestehender häuslicher Gemeinschaft, den Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB) ab Trennung bis zur rechtskräftigen Scheidung und den nachehelichen Unterhalt (§§ 1569 ff. BGB) ab Rechtskraft der Scheidung. Die weite Gesetzesfassung erfasst grundsätzlich alle Ansprüche, deren Zuweisung in den familiengerichtli120 Noch zur alten Rechtslage: OLG Frankfurt FamRZ 2003, 1301; OLG Koblenz FamRZ 1999, 658; Schwonberg FuR 2006, 501, 506; a.A. OLG Thüringen FamRZ 2003, 1125. 121 OLG Hamm FamRZ 2005, 1844; Schwonberg FuR 2006, 501, 506. 122 FAKomm-FamR/Klein § 1607 BGB Rn. 77; Schwonberg FuR 2006, 501, 506. 123 Vgl OLG Braunschweig FamRZ 1979, 719 f. (bei Verletzung der Unterhaltspflicht); a.A. OLG Schleswig SchlHA 1982, 76. 124 BGH FamRZ 1984, 874, 875; 1985, 367, 368. Die Annahme einer solchen Vereinbarung erfordert das Vorliegen besonderer Anhaltspunkte, die eher beim Ehegatten- als beim Kindesunterhalt in Betracht kommen. 125 BGH FamRZ 1979, 218. 126 FAKomm-FamR/Klein § 1607 BGB Rn. 58 m.w.N. 127 Zu §§ 90, 91 BSHG: vgl. BGH FamRZ 1999, 843; zu § 37 BAföG: vgl. BGH FamRZ 1981, 758; zu § 7 UVG: BGH FamRZ 1998, 357 sowie auch BGH FamRZ 1995, 1131; 1996, 1203 und 1207; 1997, 608. 128 Vgl. BGH NJW 1993, 417; 1996, 1067; 1997, 1919; 2000, 1358. 129 Siehe hierzu noch ausführlich die Vorauflage: FA-FamR/Heintschel-Heinegg 6. Aufl. Kap. 1 Rn. 33. 130 Es wurde lediglich klargestellt, dass bei der Unterhaltsbestimmung »auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht zu nehmen ist«; vgl. BT-Drucks. 13/7338 S. 52, 13/9596 S. 32. 131 FAKomm-FamR/Klein § 1612 BGB Rn. 2a.

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1. Kapitel

chen Zuständigkeitsbereich nach Sinn und Zweck der Regelung geboten erscheint.132 Das gilt demgemäß auch für Befreiungs-, Schadensersatz- oder Bereicherungsansprüche, die ihre Wurzeln im unterhaltsrechtlichen Verhältnis der Ehegatten zueinander haben.133 Daher gehören auch Ansprüche auf Befreiung von Krankenhauskosten und auf Zahlung von Krankenhaustagegeldern, die im Rahmen einer Familienversicherung angefallen sind, zu den die gesetzliche Unterhaltspflicht betreffenden Familiensachen.134 Ebenso ist der familienrechtliche Ausgleichsanspruch, der einem Elternteil, der allein für den Unterhalt eines gemeinsamen Kindes aufgekommen ist, gegen den anderen Elternteil zusteht, als »Unterhaltsregress« vor dem FamG geltend zu machen.135 Das FamG ist auch für eine Klage auf Rückzahlung des geleisteten Kostenvorschusses zuständig.136 Wie bei den Verfahren nach § 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG (§ 23b Abs. 1 Nr. 5 GVG – Verwand- 92 tenunterhalt) ist das FamG nach § 231 Abs. 1 Nr. 2 FamFG (§ 23b Abs. 1 Nr. 6 GVG) auch bei dem Ehegattenunterhalt nur zuständig für Streitigkeiten, die die gesetzliche Unterhaltspflicht betreffen. Streitigkeiten, die rein vertragliche Unterhaltsvereinbarungen der Ehegatten betreffen, sind daher keine Familiensachen,137 außer es besteht ein Zusammenhang mit der Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe: Dann greift ggf. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG ein. Ansonsten muss der Wille der Parteien erkennbar sein, den Unterhaltsanspruch völlig auf eine vertragliche Grundlage zu stellen und ihn damit des Wesens eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs zu entkleiden.138 Bei Unterhaltsvergleichen und anderen vertraglichen Unterhaltsregelungen kommt es darauf an, ob sie eine gesetzliche Unterhaltspflicht in dem Sinn betreffen, dass sie eine nähere Ausgestaltung oder Änderung der gesetzlichen Unterhaltspflicht zum Inhalt haben,139 oder ob die Unterhaltspflicht völlig ohne Rücksicht auf die gesetzliche Unterhaltspflicht begründet wurde.140 Letzteres wird eher selten der Fall sein. Die Zuständigkeit des FamG ist für die Klage auf Zahlung einer für den Fall der Scheidung vereinbarten Abfindungssumme gegeben.141 Eine Vollstreckungsabwehrklage, mit der die Verwirkung des titulierten Unterhaltsanspruchs geltend gemacht wird, bleibt auch dann Familiensache, wenn die beklagte Partei behauptet, der verwirkte Anspruch sei später – als vertraglicher – wieder begründet worden.142

132 Vgl. BGH FamRZ 1979, 1005 (Leistung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung); BayObLG FamRZ 1981, 688, 689 (Überlassung einer Wohnung); OLG Braunschweig FamRZ 1983, 197 f. (Übernahme von Kosten für ein Grundstück, das der andere Ehegatte bewohnt); OLG Hamburg FamRZ 1985, 407 (Übernahme von Kinderbetreuungskosten); OLG Düsseldorf FamRZ 1997, 500 (Kosten der Hundehaltung, wenn diese zu den ehelichen Lebensverhältnissen gehörte). 133 Zum Schadensersatz vgl. OLG Braunschweig FamRZ 1979, 719 f. (bei verspäteter Erfüllung von Unterhaltsschulden); OLG Schleswig FamRZ 1983, 394 (wegen Schlechterfüllung); OLG Düsseldorf FamRZ 1988, 298 f. (hinsichtlich Unterhaltszinsen und Verfahrenskosten); OLG Hamm FamRZ 1988, 1291 f. (bei Streit über die Erstattung von Verfahrenskosten eines Rechtsbehelfs gegen unzulässige Vollstreckung aus einem Unterhaltstitel). 134 BGH FamRZ 1994, 626; vgl. aber OLG Hamm FamRZ 1991, 206 für Versicherungsleistungen besonderer Art (Krankenhaustage- und Genesungsgeld). 135 BGH FamRZ 1984, 775; OLG Düsseldorf FamRZ 1986, 180. 136 Es handelt sich allerdings nicht um einen Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB, sondern um einen unterhaltsrechtlichen Anspruch eigener Art, so dass die Einrede der Entreicherung nicht erhoben werden kann; BGH FamRZ 1990, 941. 137 BGH FamRZ 1978, 674 (Unterhaltszusage trotz früherer Verschuldensscheidung); vgl. OLG Hamm FamRZ 1978, 197; 1986, 819; FamRZ 1991, 443 f. (Zahlung einer Abfindungssumme für den Fall der Scheidung ohne Bezug zum Unterhalt); OLG München FamRZ 1978, 601; OLG Zweibrücken FamRZ 1981, 1090 sowie auch BGH FamRZ 1978, 873, 874 (Übernahme der Kosten eines Kindermädchens trotz Unterhaltsverzichts). 138 BGH FamRZ 1984, 874: nur bei besonderen Anhaltspunkten anzunehmen. 139 Vgl. BGH FamRZ 1980, 45, wonach ein Anspruch auf Erstattung von Umzugskosten die gesetzliche Unterhaltspflicht i.S.d. § 23b Abs. 1 Nr. 6 GVG betreffen kann. 140 BGH FamRZ 1978, 674. 141 OLG Hamm FamRZ 1991, 443. 142 BGH FamRZ 1979, 910.

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93 Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, der im gesetzlichen Unterhaltsverhältnis zwischen Ehegatten nicht nur bei intakter Ehe, sondern – eingeschränkt – auch noch nach der Scheidung gilt, folgen unterhaltsrechtliche Nebenpflichten. Dazu gehört etwa die Pflicht des unterhaltsberechtigten Ehegatten zur Zustimmung zum sog. begrenzten Realsplitting gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG,143 weil er damit die finanzielle Belastung des Unterhaltsverpflichteten mindert und so dessen Leistungsfähigkeit erhöht. Als Verfahren nach § 231 Abs. 1 Nr. 2 FamFG (vormals § 23b Abs. 1 2 Nr. 6 GVG) ist daher die Klage auf Zustimmung und Ausgleich einer insoweit entstandenen Belastung eingeordnet worden.144 Wird die Zustimmung, dass der unterhaltspflichtige Ehegatte den Unterhalt als Sonderausgabe absetzen kann, unberechtigt verweigert,145 besteht ein Anspruch auf Schadensersatz, der vor dem FamG zu verfolgen ist.146 94 Nicht unter § 231 Abs. 1 Nr. 2 FamFG (vormals § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 GVG) fällt dagegen eine Klage auf Mitwirkung bei der Zusammenveranlagung bei der Einkommensteuer.147 Es handelt sich nicht um eine Streitigkeit, welche die durch die Ehe begründete Unterhaltspflicht betrifft. Dass sich die Ersparnis von Steuern mittelbar auf die Höhe des Unterhalts auswirken kann, ändert hieran nichts. Ebenso wenig liegt eine vermögensrechtliche Streitigkeit i.S.d. § 261 Abs. 1 FamFG (§ 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 GVG) vor.148 Nunmehr ist diese Frage unter § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG zu subsumieren und damit dem FamG als sonstige Familiensache zugewiesen (vgl. Rdn. 127), wenngleich dies eine deutliche Ausweitung des Zuständigkeitsbereichs des FamG zur Folge hat149. Das gilt auch für den Streit um eine Mitwirkung bei dem Antrag auf Lohnsteuerermäßigung,150 die anteilige Auszahlung des Lohnsteuerjahresausgleichs151 oder einer Steuererstattung.152 Auch die Klage eines Ehegatten gegen den von ihm getrennt lebenden anderen Ehegatten auf Übertragung des KfZ-Schadensfreiheitsrabatts ist keine Unterhaltssache.153 Zu prüfen bleibt aber im Einzelfall, ob nicht die Streitigkeit einen engen familienrechtlichen Zusammenhang mit Trennung und Scheidung oder Aufhebung der Ehe haben; dann greift die Zuständigkeit des § 266 Abs. 1 FamFG ein, die wegen der besonderen Sachnähe diese Streitigkeiten dem FamG zuweist (vgl. im Einzelnen Rdn. 132). 95 Wie in den Fällen des § 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG (§ 23b Abs. 1 Nr. 5 GVG) (vgl. Rdn. 89) hat ein Gläubiger- oder Schuldnerwechsel auf den Charakter einer unterhaltsrechtlichen Streitigkeit als Familiensache keinen Einfluss. 96 Verfahren zwischen Partnern einer nichtehelichen Gemeinschaft sind keine Familiensachen, auch dann nicht, wenn sich ein Partner auf eine entsprechende Geltung der Vorschriften über die eheliche Unterhaltspflicht beruft.154

143 Vgl. dazu BGH FamRZ 1983, 576. 144 FAKomm-FamR/Schöppe-Fredenburg § 10 EStG Rn. 11 und 16 m.w.N.; BGH FamRZ 1983, 576; 1985, 1232, 1233; BayObLG FamRZ 1985, 947, 949; OLG Hamm FamRZ 1987, 489; 1987, 1046, 1047; OLG Zweibrücken FamRZ 1987, 1275; OLG Düsseldorf FamRZ 1983, 73; 1990, 160; OLG Köln FamRZ 1982, 383; 1986, 1111, 1112; OLG München FamRZ 1983, 594; KG FamRZ 1982, 1020. 145 Vgl. dazu BGH FamRZ 1988, 143; 1988, 476; BGH 1998, 953. 146 OLG Köln FamRZ 1986, 1111. Zum Schadensersatz bei verspäteter Erstattung von Steuern nach begrenztem Realsplitting OLG Zweibrücken FamRZ 1997, 830. 147 BayObLG FamRZ 1985, 947; OLG Düsseldorf FamRZ 1990, 160; OLG Stuttgart FamRZ 1992, 1147; OLG Naumburg FamRZ 2000, 165; vgl. auch Rdn. 127. 148 Vgl. bei Rdn. 100 ff. 149 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 464. 150 BayObLG FamRZ 1985, 947, 848. 151 OLG Hamm FamRZ 1988, 518 m.w.N. 152 OLG Düsseldorf FamRZ 1985, 82 f. 153 OLG Köln FamRZ 2003, 622 m.w.N. 154 Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber § 23b GVG Rn. 58; a.A. OLG Hamm FamRZ 1983, 273.

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1. Kapitel

c) Unterhaltssachen betreffend die Ansprüche nach § 1615l oder § 1615m BGB Durch das KindRG wurden Ansprüche der Mutter eines nichtehelichen Kindes gegen den 97 Vater aus der Zuständigkeit der allgemeinen Zivilabteilung herausgenommen und dem FamG zugewiesen.155 Damit ist einheitlich für alle Unterhaltsklagen aus dem Verhältnis nichtehelicher Eltern das FamG zuständig. In § 231 Abs. 1 Nr. 3 FamFG sind diese Fälle nunmehr direkt genannt. 2. Unterhaltssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 231 Abs. 2 FamFG Wegen des engen tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhangs mit Verfahren, die den 98 Unterhalt des Kindes betreffen, sind nunmehr auch die Fragen der Bestimmung des Kindergeld-Bezugsberechtigten als Unterhaltssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit gemäß § 231 Abs. 2 FamFG dem Unterhaltsrecht und damit dem Familiengericht zugewiesen. Hierfür spricht wegen § 1612b BGB auch der unmittelbare Einfluss auf die Höhe des zu zahlenden Unterhalts. § 231 Abs. 2 Satz 2 FamFG stellt aber klar, dass die §§ 235 bis 245 FamFG hier nicht gelten, da diese ZPO-typische Regelungen enthalten. Lediglich die §§ 232–234 FamFG und die allgemeinen Vorschriften des ersten Buches des FamFG finden Anwendung.

IX. Güterrechtssachen (§ 111 Nr. 9 FamFG) Der Begriff der Güterrechtssachen ist nunmehr in § 261 FamFG definiert. § 261 Abs. 1 99 FamFG entspricht dem bisherigen § 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO und umfasst alle Verfahren, die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht betreffen. § 261 Abs. 2 FamFG erweitert den Bereich der Güterrechtssachen um die Verfahren nach § 1365 Abs. 2, § 1369 Abs. 2 und den §§ 1382, 1383, 1426, 1430 und 1452 BGB. 1. Verfahren aus dem ehelichen Güterrecht (§ 261 Abs. 1 FamFG) § 261 Abs. 1 FamFG umfasst – wie bisher – alle Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht. Es 100 bleibt aber zu beachten, dass nicht sämtliche vermögensrechtliche Streitigkeiten zwischen Ehegatten Güterrechtssachen sind, sondern nur Streitigkeiten über solche Ansprüche, die sich auf den gesetzlichen Güterstand, auf Gütergemeinschaft oder auf eine güterrechtliche Vereinbarung nach § 1408 Abs. 1 BGB stützen. Bei Gütertrennung gibt es keine Streitigkeiten »aus dem ehelichen Güterrecht«.156 Zahlreiche Abgrenzungsfragen wären der Rechtsprechung erspart geblieben, wenn der Gesetzgeber dem Regierungsentwurf des 1. EheRG157 gefolgt wäre und außer den Ansprüchen aus dem ehelichen Güterrecht auch »die sonstigen vermögensrechtlichen Ansprüche der Ehegatten gegeneinander« den Familiensachen zugeordnet hätte wie es de lege ferenda zu fordern ist. Diesem Wunsch ist durch das FamFG mit seinem § 266 FamFG nunmehr weitgehend Rechnung getragen worden, soweit es sich um Ansprüche zwischen den Beteiligten handelt, die eine besondere Nähe zu familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnissen aufweisen oder die in engem Zusammenhang mit der Auflösung eines solchen Rechtsverhältnisses stehen158(vgl. Rdn. 121). Für das Verständnis dieses familiengerichtlichen Aufgabenbereichs ist es hilfreich, folgende drei 101 Komplexe güterrechtlicher Auseinandersetzung zwischen Ehegatten zu unterscheiden:159 (1) Soweit die Anwendung inländischen Rechts in Betracht kommt, sind Ansprüche aus 102 dem ehelichen Güterrecht zunächst einmal solche, die sich unmittelbar aus den Vorschriften über das gesetzliche Güterrecht (§§ 1363–1518 BGB) und das Güterrechtsregister (§§ 1558–1563 BGB) ergeben. Familiensache ist deshalb z.B. der Anspruch auf Zugewinn155 156 157 158 159

Übersicht zur höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 1615l BGB bei Schilling FamRZ 2006, 1. OLG Hamm FamRZ 1993, 211, 212; vgl. neuerdings wieder OLG Stuttgart OLGR 2003, 409. BT-Drucks. 7/650 S. 23 f., 78. Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 456. Vgl. BGH FamRZ 1978, 674; 1982, 785.

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ausgleich nach § 1378 BGB oder die Auskunftspflicht bei Beendigung des Güterstands nach § 1379 BGB, der nunmehr nicht nur das End- sondern auch das Anfangsvermögen mit umfasst. Der Anspruch auf anteilige Erstattung der Steuernachzahlungen und Steuerberatungskosten, der auf eine angebliche Ausgleichspflicht der Ehegatten gestützt wird, ist kein Anspruch aus dem ehelichen Güterrecht.160 Er ist aber mit § 266 FamFG als sonstige Familiensache (§ 111 Rn. 10 FamFG) mit umfasst (vgl. Rdn. 132). Wird dagegen ein Ehegatte aus seiner Haftung auf Grund der Vorschriften über die Gütergemeinschaft von einem Gläubiger des anderen Ehegatten in Anspruch genommen, so liegt eine Streitigkeit über Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht vor.161 Dasselbe gilt für Streit über die Mitwirkungspflicht des anderen Ehegatten nach § 1451 BGB.162 Für den Anspruch auf Entschädigung für die Nutzung der in eine Gütergemeinschaft eingebrachten Wohnung ist ebenfalls das FamG zuständig.163 103 (2) Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht sind weiterhin Ansprüche aus – nach § 1408 BGB zulässigen – vertraglichen Vereinbarungen der Ehegatten, in denen güterrechtliche Verhältnisse im Einzelnen abweichend von einer gesetzlich vorgesehenen Ausgestaltung geregelt sind. Eine vertragliche Regelung eines güterrechtlichen Verhältnisses liegt nur dann vor, wenn die Vereinbarung den zwischen den Ehegatten bestehenden Güterstand als solchen – sei es auch nur hinsichtlich eines einzigen Vermögensgegenstands – verändert, d.h. Rechtsfolgen auslöst, die nur durch eine Änderung des bestehenden Güterstandes ermöglicht werden können. Schuld- und sachenrechtliche Rechtsgeschäfte, deren Rechtsfolgen den bestehenden Güterstand unberührt lassen, stellen dagegen keine güterrechtliche Regelung dar.164 Dies gilt auch für Schenkungen unter Ehegatten, soweit sie den Güterstand nicht umgestalten. Eine Regelung der Ausgleichspflicht unter den Ehegatten als Gesamtschuldner (§ 426 BGB)165 sowie eine Regelung der Auseinandersetzung des Miteigentums an Grundstücken166 oder eine Regelung der Auseinandersetzung wechselseitiger Beteiligung an einzelnen Vermögensgegenständen167 lassen ebenfalls die güterrechtlichen Verhältnisse der Parteien unberührt. Hierzu siehe unten bei den sonstigen Familiensachen (vgl. Rdn. 132). 104 (3) Schließlich sind dem ehelichen Güterrecht auch Ansprüche aus Vereinbarungen der Ehegatten zuzurechnen, durch die bestehende güterrechtliche Ansprüche nachträglich modifiziert oder bei Auflösung der Ehe besondere Vereinbarungen über die Auseinandersetzung der güterrechtlichen Beziehung getroffen werden.168 Auch der Streit über die Wirksamkeit einer Vereinbarung, durch die güterrechtliche Ansprüche modifiziert oder sonst die Auseinandersetzung güterrechtlicher Beziehungen geregelt worden sind, ist Familiensache.169 Dem ehelichen Güterrecht zuzurechnen ist ein Anspruch, der sich darauf stützt, dass die Geschäftsgrundlage einer während der Ehe der Parteien getroffenen güterrechtlichen Auseinandersetzungsvereinbarung infolge Scheidung der Ehe weggefallen ist.170 Enthält eine Scheidungsfolgenvereinbarung sowohl güterrechtliche als auch sonstige vermögensrechtliche Regelungen, z.B. über die gemeinsame Beteiligung an verschiedenen Vermögensgegenständen, so ist das FamG für alle Streitigkeiten aus dem Vertrag zuständig, falls keine Zuordnung bestimmter Ansprüche nur zu einem der beiden Regelungsbereiche möglich ist und sich die einzelnen Regelungen daher nicht trennen lassen.171 Nach jetziger Rechtslage ist das FamG 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171

BGH FamRZ 1980, 554; 1980, 988; OLG Hamm FamRZ 1988, 518. BGH FamRZ 1980, 551. BGH FamRZ 1990, 851. OLG Köln FamRZ 1993, 713. BGH FamRZ 1978, 674. BGH FamRZ 1981, 247. BGH FamRZ 1980, 1106. BGH FamRZ 1981, 19. BGH NJW 1978, 1923. BGH NJW 1980, 193. BGH FamRZ 1980, 989. Noch zur alten Rechtslage: BGH FamRZ 1980, 878 mit dem Hinweis, dass die Zusage einer nicht an die gesetzlichen Voraussetzungen gebundenen Unterhaltsrente zur Abgeltung eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich erfolgt sein kann.

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auch für diese Fragen zuständig, da es sich um eine Scheidungsfolgenvereinbarung handelt und insoweit § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG eingreift. Bestimmungen in einem Scheidungsvergleich, die Zuwendungen an die Kinder der Parteien vorsehen, durch die der nach dem Gesetz dem einen Ehegatten zustehende Anspruch auf Zugewinnausgleich vermindert wird, sind Inhalt der güterrechtlichen Auseinandersetzung der Parteien, so dass Streitigkeiten hieraus Familiensache sind.172 Ansprüche aus § 39 FGB/DDR sind Familiensachen i.S.d. §§ 111 Nr. 9, 261 Abs. 1 FamFG.173 105 Keine güterrechtliche Regelung stellen schuld- und sachenrechtliche Rechtsgeschäfte dar, 106 deren Rechtsfolgen den bestehenden Güterstand unberührt lassen. Hier greift nunmehr § 266 FamFG ein (vgl. Rdn. 132). Dies gilt insbesondere für – Schenkungen unter Ehegatten, soweit sie keine Umgestaltung des Güterstands beinhalten;174 oder unter der Voraussetzung, dass die Ausgleichspflicht nicht (allein oder auch) zur Abgeltung eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich begründet worden ist;175 für eine Regelung der – Auseinandersetzung des Miteigentums an Grundstücken;176 – Auseinandersetzung wechselseitiger Beteiligung an einzelnen Vermögensgegenständen;177 – Ausgleichspflicht unter den Ehegatten als Gesamtschuldner nach § 426 BGB.178 Keine Güterrechtssachen – aber bei § 266 FamFG zu prüfen sind auch Ansprüche auf 107 – Auseinandersetzung, Schadensersatz und Rechnungslegung, die sich auf ein während der Ehezeit zu Miteigentum erworbenes, inzwischen versteigertes Grundstück beziehen;179 – Auseinandersetzung einer Gesellschaft;180 – Schadensersatz z.B. wegen schuldhafter Beschädigung einer Sache des anderen Ehegatten181 oder wegen pflichtwidriger Übertragung eines Kfz-Schadensfreiheitsrabatts auf einen Dritten,182 – Güterrechtssache ist dagegen das Verfahren nach § 1368 BGB.183 Das Widerspruchsverfahren, mit der eine Teilungsversteigerung nach §§ 180 ff. ZVG verhin- 108 dert werden soll,184 ist Familiensache, wenn das der Versteigerung entgegengehaltene Recht im ehelichen Güterrecht wurzelt.185 Dagegen fällt eine Widerspruchsklage, mit der ein Ehegatte nach § 774 ZPO die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung in das eheliche Gesamtgut geltend macht, jedenfalls dann nicht in die Zuständigkeit des FamG, wenn der Vollstreckungstitel, der die Grundlage der Zwangsvollstreckung ist, keine Familiensache ist.186 Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung in § 261 Abs. 1 FamFG geht der Charak- 109 ter als Familiensache nicht durch die Beteiligung Dritter am Verfahren verloren, sei es als Streitgenosse,187 Nebenintervenient oder auch als Partei.188 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188

BGH FamRZ 1981, 19. BGH FamRZ 1991, 794. BGH FamRZ 1978, 1923. BGH FamRZ 1980, 878. BGH FamRZ 1980, 1106. BGH FamRZ 1981, 19. BGH FamRZ 1981, 247; vgl. auch BGH FamRZ 1987, 1239; 1988, 264; 1988, 1031; 1989, 147; vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1504 m.w.N. bei Ansprüchen unter Ehegatten wegen unerlaubter Verfügungen über ein Gemeinschaftskonto. BayObLG FamRZ 1980, 468. OLG Stuttgart FamRZ 1985, 83. Vgl BGH FamRZ 1988, 476. OLG Stuttgart FamRZ 1989, 763. BGH FamRZ 1981, 1045. Vgl. unten Rdn. 143. BGH FamRZ 1985, 903 – Übernahmerecht nach § 1477 Abs. 2 BGB. BGH FamRZ 1979, 219. BGH FamRZ 1980, 551. BGH FamRZ 1981, 1045.

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Verfahren in Familiensachen

110 Bei Streitigkeiten über Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht sind Dritte am Verfahren beteiligt bei – Klagen eines Ehegatten gegen Dritte wegen Rechten aus der Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts mit dem anderen Ehegatten (§§ 1368, 1369 Abs. 3 BGB),189 – Ausgleichsansprüchen gegen einen beschenkten Dritten (§ 1390 BGB), – Klagen gegen einen Ehegatten als Gesamtschuldner (§§ 1437 Abs. 2, 1459 Abs. 2, 1480 BGB),190 – Klagen anteilsberechtigter Abkömmlinge gegen den überlebenden Ehegatten auf Aufhebung der fortgesetzten Gütergemeinschaft (§ 1495 BGB), – Klagen des aus einem Vertrag zu Gunsten Dritter, der die Regelung güterrechtlicher Ansprüche zum Gegenstand hat, Begünstigten.191 111 Keine Güterrechtssachen – auch nicht kraft Sachzusammenhangs192 – sind insbesondere Schadensersatzansprüche zwischen geschiedenen Ehegatten aus unrechtmäßiger Verfügung über einen ihm gehörenden Gegenstand (auch über Hausratsgegenstände und Ansprüchen aus einer bereits getroffenen Hausratsteilung),193 aber auch schuld- und sachenrechtliche Rechtsgeschäfte unter Ehegatten, die den bestehenden Güterstand unberührt lassen.194 Sie können aber ggf. unter die sonstigen Familiensachen §§ 111 Nr. 10, 266 FamFG fallen. 2. Güterrechtssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 261 Abs. 2 FamFG) 112 § 266 Abs. 2 FamFG regelt Güterrechtssachen im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit.195 Darunter fallen die gerichtlichen Zuständigkeiten bei Gesamtvermögensgeschäften nach §§ 1365 Abs. 2, 1369 Abs. 2 BGB, die Verfahren nach § 1382, 1383 BGB (entsprechend dem früheren § 621 Abs. 1 Nr. 9 ZPO) und bestimmte gerichtliche Aufgaben bei der Gütergemeinschaft nach §§ 1426, 1430 und 1452 BGB196. – Das Verfahren über die Ersetzung der Zustimmung eines Ehegatten nach § 1365 Abs. 2 BGB bei einer Verfügung über das Vermögen im Ganzen oder einer entsprechenden Verpflichtung war früher keine Güterrechtssache.197 Sie blieb dem Vormundschaftsgericht vorbehalten. Nunmehr sieht § 266 Abs. 2 FamFG diese Verfahren als Güterrechtssachen explizit vor. – § 1369 Abs. 2 BGB betrifft die Ersetzung der Zustimmung des anderen Ehegatten bei einer Verfügung über Haushaltsgegenstände oder einer entsprechenden Verpflichtung, die früher dem Vormundschaftsgericht vorbehalten war. – Die Verfahren nach §§ 1382, 1383 BGB (Stundung der Ausgleichsforderung und Übertragung von Vermögensgegenständen) betreffen zwar auch Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht, mussten jedoch früher als Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit unter § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 GVG a.F. besonders genannt werden, um sie von den güterrechtlichen Zivilprozessen gem. § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 GVG a.F. abzugrenzen. Konsequent gehören sie nun zu den Güterrechtssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit gemäß § 266 Abs. 2 FamFG. – Die Ersetzung der Einwilligung bzw. Zustimmung bei Gütergemeinschaft im Falle alleiniger Verwaltung durch einen Ehegatten folgt wegen der Abschaffung des Vormundschaftsgerichts und der Nähe zum Güterrecht ebenso zu den Güterrechtssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit wie die Ersetzung der Zustimmung bei Gütergemeinschaft im Falle der gemeinschaftlichen Verwaltung, § 1452 BGB. 189 190 191 192 193 194 195

BGH FamRZ 1981, 1045. BGHZ 76, 305. BGH FamRZ 1983, 156. Vgl. bei Rdn. 142. Vgl. BGH FamRZ 1979, 789; 1980, 988. BGH FamRZ 1978, 771; vgl. neuerdings wieder OLG Stuttgart OLGR 2003, 409. S.a. Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG § 261 Rn. 8 ff.; Thomas/Putzo/Hüßtege, FamFG § 261 Rn. 5. 196 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 872. 197 BGH FamRZ 1982, 785.

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Nicht zu den Güterrechtssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit gehören die Verfahren 113 nach §§ 1411, 1491 Abs. 3, 1492 Abs. 3 und 1493 Abs. 2 BGB, da in diesen Fällen das Wohl des Minderjährigen bzw. Betreuten im Vordergrund steht. In der Sache geht es um die Reichweite der Befugnisse des Sorgeberechtigten, Vormunds oder Betreuers, so dass diese Angelegenheiten als Kindschaftssachen bzw. Betreuungssachen zu definieren sind.198

X. Sonstige Familiensachen (§ 111 Nr. 10 FamFG) 1. Allgemeines Die §§ 266 bis 268 FamFG entstanden im Zuge der Verwirklichung des »Großen Familienge- 114 richts«, wodurch die Zuständigkeit der Familiengerichte auch auf bestimmte Verfahren erstreckt wird, die bislang vor den Zivilgerichten geführt wurden.199 Diese Zivilstreitigkeiten, die eine besondere Nähe zu familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnissen aufweisen oder die in engem Zusammenhang mit der Auflösung eines solchen Rechtsverhältnisses stehen, sollen vor den Familiengerichten behandelt werden.200 Im Interesse der Beteiligten soll es dem Familiengericht möglich sein alle durch den sozialen 115 Verband der Ehe und Familie sachlich verbundenen Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden. Ineffektive und zudem die Beteiligten belastende Verfahrensverzögerungen, Aussetzungen und Mehrfachbelastung der Gerichte sollen vermieden werden. Die Zuständigkeit für diese Verfahren ergibt sich allein aus einer besonderen Sachnähe zu 116 den Regelungsgegenständen des Familienrechts.201 Es lassen sich zwei Gruppen von sonstigen Familiensachen im Sinne des § 266 FamFG 117 unterscheiden.202 Zwei Gruppen werden hierbei unterschieden

118

Verfahren die Ansprüche betreffen, die einen Zusammenhang mit der Beendigung eines familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnis aufweisen, wie z.B. dem Verlöbnis, der Ehe; der Begriff des Zusammenhangs hat dabei eine inhatliche wie zeitliche Komponente

Verfahren die Ansprüche betreffen, die ihren Grund unmittelbar in einem familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnis haben: z.B. Verlöbnis, Ehe, Eltern-KindVerhältnis, Umgangsrechtsverhältnis

Die Frage, ob die Streitigkeit vermögensrechtlicher oder nichtvermögensrechtlicher 119 Natur ist, ist für den Anwendungsbereich des § 266 FamFG nicht entscheidend. Die Einbeziehung nichtvermögensrechtlicher Auseinandersetzungen, wie etwa Streitigkeiten wegen privater Beleidigungen zwischen Ehegatten oder ein Verfahren wegen Herausgabe von pri-

198 199 200 201 202

BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 585. Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 456 ff. BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 367. BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 586 f. Übersicht nach Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 459.

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Verfahren in Familiensachen

vatem Bildmaterial oder eines Tagebuchs kann gerade wegen des höchstpersönlichen Charakters der Streitigkeit sinnvollerweise dem Familiengericht zuzuordnen sein.203 120 Maßgeblich ist weiter die Rechtsnatur des Anspruchs bei seiner Entstehung. Soweit sich die Beteiligten des konkreten Streitverfahrens nachträglich ändern, etwa weil die Ansprüche im Wege der Rechtsnachfolge auf einen Dritten übergegangen sind, ist dies unschädlich und ändert nichts an der Einordnung als sonstige Familiensache.204 2. Sonstige Familiensachen als Familienstreitsachen 121 Unter § 266 Abs. 1 FamFG fallen bestimmte Zivilrechtsstreitigkeiten, die eine besondere Nähe zu familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnissen (Verlöbnis, Ehe) aufweisen oder die in engem Zusammenhang mit der Auflösung eines solchen Rechtsverhältnisses stehen (Verteilung gemeinschaftlicher Verbindlichkeiten oder gemeinsamen Eigentums, Ausgleich von Zuwendungen usw.), aber auch Ansprüche aus dem Eltern-Kind-Verhältnis und Ansprüche, die aus dem Umgangsrecht herrühren. a) Ansprüche zwischen miteinander verlobten oder ehemals verlobten Personen im Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses und auch gegenüber Dritten 122 § 266 Abs. 1 Nr. 1 FamFG umfasst Ansprüche ehemals verlobter Personen oder einer solchen mit einem Dritten, wobei ein Zusammenhang mit dem Verlöbnis bestehen muss. Insbesondere Fallen hierunter Streitigkeiten in Zusammenhang mit Schadensersatzansprüchen nach §§ 1298, 1299 BGB (so der Gesetzeswortlaut). Umfasst sind aber auch die Rückgabe von Geschenken oder sonstiger Zuwendungen der Verlobten untereinander.205 Bzgl. Dritten dürfte die Anzahl der Verfahren eher gering, aber durch einen persönlichen Grundkonflikt der Beteiligten geprägt sein. Beispielsweise können hierunter auch die Rückgabe von Geschenken oder sonstiger Zuwendungen fallen.206 b) Ansprüche aus der Ehe herrührend 123 § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG nennt die aus der Ehe herrührenden Ansprüche, unabhängig davon, gegen wen sie sich richten207. Hierzu gehören insbesondere auch die aus § 1353 BGB herzuleitenden Ansprüche, wie z.B. die Mitwirkung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung (vgl. unten Rdn. 127). Weiter aber auch die Abwehr- und Unterlassungsansprüche gegen Störungen des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe gegenüber dem anderen Ehegatten oder einem Dritten (sog. Ehestörungsanträge) und damit verbundene Schadensersatzansprüche. 124 Zuständigkeitsprobleme ergaben sich früher insbesondere bei Anträgen auf Herstellung des ehelichen Lebens nach § 1353 BGB. Diese begründeten als Ehesache i.S.d. § 606 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F. nur dann die familiengerichtliche Zuständigkeit des AG, wenn die personalen Ehewirkungen betroffen waren, insbesondere als auf die Durchsetzung von persönlichen Ansprüchen gegen den anderen Ehegatten gerichteten Leistungsanträge. Das Urteil war und der Beschluss ist wegen § 888 Abs. 2 ZPO allerdings nicht vollstreckbar, so dass ihm im Wesentlichen eine bloße Appellfunktion zukommt. Nunmehr fallen diese Ansprüche unter § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG. 125 Der Leistungsantrag auf Durchsetzung von persönlichen Ansprüchen kann sowohl auf Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft insgesamt208 als auch auf die Erfüllung

203 204 205 206 207 208

BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 587; auch Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 460. BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 587; Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 460. BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 587. Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 463. BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 588. BGH MDR 1957, 540 m. abl. Anm. Beitzke; OLG Hamburg FamRZ 1967, 100.

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von einzelnen sich aus ihr ergebenden konkreten Verpflichtungen gerichtet sein,209 die wiederum in einem Tun210 oder einem Unterlassen211 bestehen können.212 씰 Beispiele für positive Herstellungsanträge:

126

Antrag auf Gestattung der Benutzung der Ehewohnung und des Hausrats, sofern damit die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft angestrebt wird;213 Antrag des einen Ehegatten gegen den anderen auf Unterlassung der Kündigung der von ihm allein gemieteten Ehewohnung; Antrag auf Vornahme einer Heilbehandlung mit dem Ziel der Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft;214 Anträge auf Unterlassung von ehebrecherischen und ehewidrigen Handlungen.215 In die Zuständigkeit des FamG fallen auch Streitigkeiten über den zu leistenden Beitrag der Ehegatten zum Familienunterhalt (§ 1360 BGB), z.B. die Art der Haushaltsführung, die Verpflichtung zur Mitarbeit, Kinderbetreuung u. ä.,216 soweit damit keine vermögensrechtlichen Ansprüche verfolgt werden. Ehesache (und damit Familiensache) ist in diesem Zusammenhang auch der Antrag auf Führung des Ehenamens (vgl. § 1355 BGB).217 Im Gegensatz zur früheren Rechtslage fallen unter § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG nunmehr 127 auch (wenngleich es sich nicht um positive Herstellungsanträge handelt).218 – die (auch nach geschiedener Ehe noch aus § 1353 BGB folgende) Verpflichtung zur Mitwirkung bei der gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer (§ 26 EStG); weil es sich hier um eine vermögensrechtliche Forderung handelt, die im Zusammenhang mit der Ehe oder der Auflösung derselben besteht.219 – Antrag auf Zustimmung zum begrenzten Realsplitting gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG;220

209 210 211 212 213 214 215 216 217 218 219

220

OLG Hamburg FamRZ 1967, 100. RGZ 151, 159. OLG Celle FamRZ 1964, 300; 1965, 507. Vgl. auch Thomas/Putzo/Hüßtege vor § 606 Rn. 6. BGH FamRZ 1981, 633, 634; OLG Hamm FamRZ 1981, 477, 478. OLG Frankfurt FamRZ 1982, 484. Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber § 23b GVG Rn. 25; FamK-Rolland/Roth § 606 Rn. 5; a.A. Stein/Jonas/Schlosser vor § 606 Rn. 14 b. Zöller/Philippi § 606 Rn. 16. Vgl. zur Neuordnung des Ehenamenrechts vgl. die Nachweise bei Palandt/Brudermüller § 1355 Rn. 1 ff. Siehe hierzu FA-FamR/Heinschel-Heinegg 6. Aufl. Kap. 1 Rn. 13 ff. OLG Hamburg FamRZ 1982, 507; OLG Koblenz FamRZ 1982, 942; OLG München FamRZ 1979, 721; 1983, 614, 615; OLG Hamm FamRZ 1983, 937, 938; OLG Düsseldorf FamRZ 1984, 805, 806; 1990, 160; OLG Köln FamRZ 1989, 1174; OLG Stuttgart FamRZ 1992, 1147; vgl. auch BGH FamRZ 1977, 38. – Wichtig für die Fälle getrennte Veranlagung der Eheleute nach Trennung ist die Entscheidung BGH FamRZ 2007, 1229 mit Anm. Engels: Häufig liegt die Fallkonstellation vor, dass der unterhaltsverpflichtete Ehegatte mit dem höheren Einkommen während der intakten Ehe die Lohnsteuerklasse III und der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit dem geringeren Einkommen die Steuerklasse V gewählt hat. Da der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach der Trennung bestrebt ist, seine Einkommenssituation soweit wie möglich aufzubessern, beantragt er beim Finanzamt die getrennte Veranlagung. Jedoch ist er verpflichtet, der gemeinsamen Veranlagung zuzustimmen, wenn der andere Ehegatte ihm die Nachteile der getrennten Veranlagung ausgleicht. Diese Verpflichtung besteht jedoch dann nicht, wenn der Ehegatte mit den höheren Einkünften als Unterhaltsverpflichtete aus dem höheren Einkommen Trennungsunterhalt gezahlt hat, da in diesem Fall der Unterhaltsberechtigte an dem höheren Einkommen teilnimmt und insoweit eine Ausgleichsverpflichtung nicht in Betracht kommt. Er muss also in diesem Fall der getrennten Veranlagung zustimmen, ohne einen Anspruch auf Ausgleich der ihm dadurch entstehenden Nachteile zu haben. Ab dem Kalenderjahr, das der Trennung folgt, müssen die Eheleute ihre Steuerklassen ändern, da dann auch der Unterhaltsverpflichtete mit dem höheren Einkommen die Steuerklasse I wählen muss. Noch zur alten Rechtslage: BGH FamRZ 1983, 576 f; OLG Hamm FamRZ 1983, 937, 938; 1987, 489; OLG Zweibrücken FamRZ 1987, 1275; OLG Köln NJW-RR 1987, 456: Schadensersatz. Vgl. aber bei Rdn. 93 zur Zuständigkeit des FamG nach § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 GVG unter dem Gesichtspunkt der unterhaltsrechtlichen Nebenpflicht.

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Verfahren in Familiensachen

– Schadensersatzklagen des einen Ehegatten gegen den Anderen wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht beim begrenzten Realsplitting221 und bei der Abgabe der Steuererklärung;222 – eine auf § 826 BGB gestützte Schadensersatzklage, mit der ein Ehegatte Befreiung von der titulierten Mitwirkungspflicht zur Abgabe einer gemeinsamen Einkommensteuererklärung verlangt;223 – Antrag auf Mitwirkung bei der Stellung von Anträgen auf Lohnsteuerermäßigung;224 – Antrag auf Teilhabe des anderen Ehegatten am Lohnsteuerjahresausgleich)225 oder auf die ehegatteninterne Aufteilung des Betrages einer Steuerrückerstattung aus einer gemeinsamen Veranlagung;226 – das Begehren auf Herausgabe des Steuerbescheides.227 128 Umstritten war früher insbesondere die Einordnung der Ehestörungsklage gegen den anderen Ehegatten oder einen Dritten gegenüber Angriffen auf den sog. räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe als Ehesache.228 Nach h.M. handelte es sich nicht um eine Ehesache – und zwar unabhängig davon, ob sich die Klage nur gegen den anderen Ehegatten, den störenden Dritten oder beide richtete –, so dass nicht das FamG, sondern das allgemeine Prozessgericht zuständig war; denn es ging in diesen Fällen nicht um die persönlichen Ehebeziehungen (Herstellungsklage), sondern um den räumlich-gegenständlichen äußeren Lebensbereich der Ehe.229 De lege ferenda wurde bereits in der Vorauflage eine einheitliche Zuständigkeit des FamG aus Gründen des Sachzusammenhangs230 als wünschenswert angesehen.231 Nunmehr sieht § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG gerade diese Fälle auch als sonstige Familiensachen vor.232 129 Der Herstellungsantrag ist auch als negativer Feststellungsantrag möglich, weil das Recht besteht, die eheliche Lebensgemeinschaft zu verweigern (§ 1353 Abs. 2 BGB). Bei dieser negativen Herstellungsantrag auf Feststellung des Rechts zum Getrenntleben handelt es sich – als Pendant zur positiven Herstellungsantrag – ebenfalls um eine sonstige Familiensache. Zur alten Rechtslage siehe noch die Vorauflage (Kap. 1 Rn. 18). 130 Ein Verfahren auf Feststellung des Rechts zum Getrenntleben nach § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG ist nur zulässig, wenn ein rechtliches Interesse an dieser Feststellung besteht, § 256 ZPO.233 Dieses fehlt, wenn der andere Ehegatte das Recht des klagenden Ehegatten zum Getrenntleben nie bestritten hat und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass von der Gegenseite mit einem Verfahren auf Herstellung des ehelichen Lebens zu rechnen ist. Es

221 Noch zur alten Rechtslage: BGH FamRZ 1988, 820. 222 Noch zur alten Rechtslage: OLG Hamm FamRZ 1979, 607; 1991, 1070; OLG Frankfurt FamRZ 1980, 274; OLG Düsseldorf FamRZ 1984, 805; a.A. OLG München FamRZ 1983, 614. 223 Noch zur alten Rechtslage: OLG Hamm MDR 1987, 855. 224 Noch zur alten Rechtslage: BayObLG FamRZ 1985, 947, 949. 225 Noch zur alten Rechtslage: OLG München FamRZ 1979, 721, 723; OLG Hamburg FamRZ 1982, 507; OLG Hamm FamRZ 1988, 518; vgl. auch BGH FamRZ 1988, 820. 226 Noch zur alten Rechtslage: OLG Düsseldorf FamRZ 1985, 82. 227 Noch zur alten Rechtslage: OLG Hamm FamRZ 1991, 1070. 228 Grundlegend BGHZ 6, 360; vgl. BGHZ 14, 358; 23, 215, 217; 23, 279, 281; 26, 217, 220; 57, 229, 233; vgl. auch KG FamRZ 1983, 616; OLG Köln FamRZ 1984, 267; OLG Schleswig FamRZ 1989, 979; OLG Düsseldorf FamRZ 1991, 705 sowie Palandt/Brudermüller § 1353 Rn. 6 m.w.N. 229 OLG Karlsruhe FamRZ 1980, 139, 140; 1989, 77; OLG Hamm FamRZ 1981, 477, 478; OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 577, 578; KG FamRZ 1983, 616, 617; OLG Zweibrücken FamRZ 1989, 55 – Partnertausch; MüKo/Wacke § 1353 Rn. 42; Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber § 606 Rn. 12; FamK-Rolland/Roth § 606 Rn. 8; Zöller/Philippi § 606 Rn. 9; Riegel NJW 1989, 2798, 2799; Smid FamRZ 1989, 1144: jedenfalls soweit die Klage gegen den in der Ehewohnung verweilenden Dritten – den Störer – gerichtet ist; a.A. OLG Celle FamRZ 1980, 242; MüKo/ Walter § 606 Rn. 15; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 266 FamFG, Rn. 4. 230 Vgl. dazu die Beispiele bei Rdn. 143. 231 Vgl. FA-FamR/Heinschel-Heinegg 6. Aufl. Kap. 1 Rn. 17. 232 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 880; Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 464. 233 Neuerdings wieder klarstellend OLG Saarbrücken FamRZ 2007, 402.

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besteht, wenn der Antragsteller dem Herstellungsverfahren des Anderen zuvorkommt.234 Der Umstand, dass die Parteien sich nicht darüber verständigen können, in welcher Weise die Trennung in Bezug auf die Benutzung der Ehewohnung konkret durchzuführen ist, begründet dagegen allein kein Feststellungsinteresse.235 Dass der andere Ehegatte mit der Trennung nicht einverstanden ist, genügt nicht.236 Eine Klage auf Feststellung des Rechts zum Getrenntleben, die in Wirklichkeit nur auf das Verbot jeglicher persönlicher Kontaktaufnahme sowie ehrverletzender und herabsetzender Erklärungen gerichtet ist, begründete nach früherer Rechtsprechung237 keine Zuständigkeit des FamG. Durch § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG ist diese Frage zugunsten des FamG entschieden. Die Einbeziehung von Streitigkeiten wegen privater Beleidigungen zwischen Ehegatten oder ein Verfahren wegen Herausgabe von privatem Bildmaterial oder eines Tagebuchs kann gerade wegen des höchstpersönlichen Charakters der Streitigkeit sinnvollerweise dem Familiengericht zuzuordnen sein238 (siehe bereits oben Rdn. 114). Im Gegensatz zu früher sind somit auch vermögensbezogene Pflichten, wenn sie auf die 131 eheliche Lebensgemeinschaft gestützt werden, als Familienstreitsachen durchsetzbar.239 Hierzu gehören nunmehr auch Schadensersatzansprüche wegen Verfügung über das eheliche Vermögen im Ganzen, § 1365 BGB.240 c) Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals verheirateten Personen oder zwischen einer solchen Person und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung Unter § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG fallen Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder 132 ehemals verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil. Ein Zusammenhang zur Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe ist auch hier notwendig. In Erweiterung zur bisherigen Rechtslage ist nunmehr das sog. Große Familiengericht zuständig; d.h. umfasst wird nunmehr auch die Vermögensauseinandersetzung zwischen den Eheleuten außerhalb des Güterrechts (sog. Nebengüterrecht).241 Hierzu gehören bei Ehegatten vor allem:242 – die Auflösung der Ehegatteninnengesellschaft; – die Auseinandersetzung der Miteigentumsgemeinschaft; – Streitigkeiten wegen des Gesamtschuldnerausgleichs; – die Rückgewähr von ehebezogenen Zuwendungen oder – die Aufteilung von Steuerguthaben;

133

Auch die Auseinandersetzung zwischen einem Ehegatten und dessen Eltern oder den 134 Eltern des anderen Ehegatten aus Anlass der Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe gehören hierzu.243 Am Häufigsten dürfte hier die Rückabwicklung von Zuwendungen der Schwiegereltern sein. Diese sind nach der Rspr. des BGH244 nach denselben Grundsätzen wie ehebedingte Zuwendungen245 unter Ehegatten zu behandeln.

234 235 236 237 238 239 240 241 242 243 244 245

Stein/Jonas/Schlosser vor § 606 Rn. 14 a. OLG München FamRZ 1980, 244; OLG Karlsruhe FamRZ 1988, 81; 1989, 79. Zöller/Philippi § 606 Rn. 10 m.w.N. So OLG Karlsruhe FamRZ 1989, 77 (zweifelhaft). BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 587; auch Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 460. Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 880 – zu den früheren Argumenten siehe FA-FamR/Heinschel-Heinegg 6. Aufl. Kap. 1 Rn. 20. OLG Brandenburg FamRZ 2007, 293; vgl. auch 10. Kap. Rdn. 146 ff. BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 588. Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 466. BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 588. BGHZ 129, 259 ff.; NJW 1999, 353, 355. Grundlegend zum Begriff der ehebedingten Zuwendungen und dessen Entwicklung, Dissertation jur., Seiler: Der Begriff der Schenkung in § 2287 BGB Rn. 528 ff.; Zuwendungen an das eigene Kind/Schwiegerkind Rn. 763 ff.

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Verfahren in Familiensachen

d) Ansprüche aus dem Eltern-Kind-Verhältnis 135 § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG betrifft die aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührenden zivilrechtlichen Ansprüche, die darin ihre Grundlage haben, wie z.B. Streitigkeiten wegen der Verwaltung des Kindesvermögens, die Herausgabe des Kindesvermögens gem. § 1698 Abs. 1 BGB246 oder im Falle von missbräuchlicher Ausübung der elterlichen Sorge in Form Schadensersatzansprüchen,247 wobei der Anspruch im Eltern-Kind-Verhältnis seine Grundlage haben muss. Ein bloßer Zusammenhang genügt nicht.248 e) Ansprüche die aus dem Umgangsrecht herrühren 136 § 266 Abs. 1 Nr. 5 FamFG betrifft die Konstellation eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichteinhalten oder Vereitelung einer Umgangsregelung, für die nach Ansicht des Bundesgerichtshofs249 bislang die Zivilgerichte zuständig waren. f) Grenzen der Zuständigkeit für sonstige Familiensachen 137 In den in § 266 Abs. 1 Nr. 1–5 FamFG genannten Fällen ist das Familiengericht nicht zuständig, wenn eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte vorliegt oder Sachgebiete betroffen sind, die das Wohnungseigentumsrecht, das Erbrecht oder eines der in § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a–k ZPO genannten Sachgebiete betreffen.250 Da hierzu spezielle Kenntnisse notwendig sind, soll das Familiengericht nicht mit diesbezüglichen Verfahren befasst werden. Die Spezialität setzt sich gegenüber der Zuständigkeit des Familiengerichts insoweit durch.251 138 Eine sonstige Familiensache liegt nicht vor, wenn es sich bereits nach den anderen Vorschriften um eine Familiensache handelt. 3. Sonstige Familiensachen als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit 139 § 266 Abs. 2 FamFG nennt als sonstige Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit den Antrag nach § 1357 Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Entscheidung war früher dem Vormundschaftsgericht zugewiesen und ist güterstandsunabhängig. Nunmehr entscheidet das FamG. Es unterliegt aber weiterhin der freiwilligen Gerichtsbarkeit. XI. Lebenspartnerschaftssachen (§ 111 Nr. 11 FamFG) 140 Sämtliche Verfahren in Lebenspartnerschaftssachen sind Familiensachen (§§ 269, 270 FamFG).252 Zu beachten ist vor allem, dass durch das Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15.12.2004 (BGBl I 3396), welches zum 01.01.2005 in Kraft trat, das Lebenspartnerschaftsrecht weitgehend an das Institut der Ehe herangeführt wurde.253

246 247 248 249 250 251 252 253

Schael FamRZ 2007, 10 m.w.N. Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 468; Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 880. BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 588. BGH NJW 2002, 2566 ff. = BGHZ 151, 155 = FamRZ 2002, 1099; eingehend Bernau FamRZ 2007, 248; vgl. auch 10. Kap. Rdn. 145, 150. BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 589; Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 470 f. BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 589. Vgl. Palandt/Brudermüller vor § 1 LPartG Rn. 5; Überblick zum Lebenspartnerschaftsgesetz bei Koller FuR 2004, 482. FAKomm-FamR/Weinreich LPartG, Einl. Rn. 1 ff., insb. Rn. 3. Zu den Änderungen im Einzelnen siehe Finger FuR 2005, 5.

Seiler