Unterrichtseinheit „Innovationen“ in Verbindung mit dem „Innovationsindikator 2009“ 2. aktualisierte Auflage

Autoren

Katrin Eggert M.  A. Michael Koch Mitarbeit an der 2. Auflage: Christian Ziegler (Institut für Ökonomische Bildung an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg)

Dank gilt Anne Eickelkamp für die Erstellung der Übersicht zur curricularen Einordnung und Stephan Friebel für die Aktualisierung dieser in der 2. Auflage (beide Institut für Ökonomische Bildung Oldenburg)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Lehrerinnen und Lehrer, unsere Bildungsinitiative „Handelsblatt macht Schule“ zur Unter­ stützung der ökonomischen Bildung von Jugendlichen an Schulen existiert bereits seit dem Jahr 2003 und ist seitdem stetig gewach­ sen, denn das Interesse an gutem Unterrichtsmaterial zum Thema „Wirtschaft“ ist groß. Dies hat zwei Hintergründe: Die Lehrerinnen und Lehrer von heute sind stetig steigenden Anfor­ derungen an einen fundierten und aktualitätsbezogenen Unterricht ausgesetzt. Dazu kommen häufig die Kürzungen um ein bis zwei Schuljahre ohne Stoffreduktion und die Verquickung von Inhalten. So soll das Thema Wirtschaft in Ankerfächern wie Politik, Sozialwissenschaften o.a. stattfinden und das ohne Zusatzqualifi­ zierung der Lehrkräfte – und ein guter Kontakt zwischen Schulen und Unternehmen vor Ort bedeutet für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie Unternehmen in der Regel eine ­Win-Win-Win-Situation. An diesen Punkten setzen wir mit unserer Bildungsinitiative „Handelsblatt macht Schule“ an: Sie halten mit „Innovationen“ die vierte Unterrichtseinheit der Initiative in den Händen. Sie lie­ fert Ihnen – wie die bereits erschienenen Unterrichtseinheiten, eine Übersicht zur Verortung in die Lehrpläne jedes Bundeslandes, Materialien und Beispielaufgaben. Sie ist die erste Unter­ richtseinheit, die zusätzlich zu dem konkreten Thema „Innovationen“ einen Schwerpunkt auf den Bereich „Methodik“ legt: Was ist eine Studie? Was besagen Quelle, Aufbau, Struktur, Datener­ hebung und die Ergebnisse? Ihnen als Lehrende geben wir damit die Möglichkeit, sowohl inhalt­ lich als auch methodisch an dem Thema „Innovationen“ mit Ihren Schülerinnen und Schülern zu arbeiten. In Zeiten des Copy-and-Paste-Verfahrens z. B. bei der Erarbeitung von Referaten scheint uns das eine sinnvolle Kombination, um Jugendliche für Quellenangaben zu sensibilisie­ ren und die Zahlengläubigkeit zu reduzieren. Die Deutsche Telekom Stiftung hat die Partnerschaft für diese “Handelsblatt macht Schule“Unterrichtseinheit übernommen. Der Innovationsindikator 2009, den sie gemeinsam mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) herausgibt und beim Deutschen Institut für ­Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) in Auftrag gegeben hat, stellt die wissenschaftliche Seite und Studie dar, anhand derer das methodische Arbeiten erläutert wird. Um Ihren Schülerinnen und Schülern einen stärkeren Einblick in die Praxis und den unterneh­ merischen Alltag zu gewähren, bieten wir außerdem Praxiskontakte zu Partnerunternehmen an: Im Rahmen der „Mitarbeiter machen Schule“-Veranstaltungen gestalten engagierte Mitarbeiter dieser Unternehmen in Absprache mit Ihnen eine Schul-Doppelstunde und geben Ihren Schüle­ rinnen und Schülern Einblicke in die Praxis in Anlehnung an den aktuellen Lehrstoff. Haben Sie Interesse? Dann schreiben Sie uns: [email protected] Wir wünschen Ihnen gutes Arbeiten mit den Unterrichtsmaterialien von „Handelsblatt macht Schule“. Herzlichst Ihr

Hermann-Josef Knipper Stellvertretender Chefredakteur Handelsblatt

Innovationen sind Motor von Wachstum und Wohlstand Wer verstehen will, wie Marktwirtschaft funktioniert, kommt an dem Thema „Innovationen“ nicht vorbei. Innovationen sind die Trei­ ber des wirtschaftlichen und technischen Fortschritts und haben enormen Einfluss auf die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit eines Landes. In innovativen Unternehmen wachsen Wertschöpfung und Beschäftigung weitaus stärker als in innovationsschwachen Betrie­ ben. Aber auch für unsere Gesellschaft sind Innovationen enorm wichtig, denn durch sie kommen neue Produkte und Dienstleistun­ gen auf den Markt, die den Alltag erleichtern und bereichern. Somit beeinflussen Innovationen – in die Realität umgesetzte Ideen – Wohlstand und Lebensqualität der Menschen in Deutschland positiv. Das Unterrichtsmaterial, mit dem das Handelsblatt den Lehrkräften der Gymnasien und ­berufli­chen Schulen für den Wirtschaftsunterricht zur Verfügung stellt, füllt eine Lücke: Es ermöglicht eine systematische und tagesaktuelle Auseinandersetzung mit dem wirtschaftlichen Geschehen. Die bisher vorliegenden vier Unterrichtsbände bilden ein gutes Fundament, um Jugendlichen notwendige Grundkenntnisse über ökonomische Zusammenhänge zu vermitteln. Sie regen – durchaus kritisch, aber stets fundiert – die selbstständige Meinungsbildung über unser Wirt­schafts­system und die in ihm handelnden Akteure an. Dabei werden die dynamischen Kräfte der Marktwirtschaft ins Blickfeld gerückt. Unternehmen müssen ihre Wettbewerbs­ fähigkeit in einem sich ständig wandelnden wirtschaftlichen Umfeld behaupten. Das geht nur mit Kreativität, mit frischen Ideen und deren Markteinführung – also mit Innovationen. Insofern ist es mehr als berechtigt, dem Thema „Innovation“ eine besondere Unterrichtseinheit zu ­widmen. Für das vielfältige und interessante Unterrichtsmaterial wünsche ich mir eine möglichst weite Verbreitung. Den Lehrerinnen und Lehrern wünsche ich bei der Gestaltung ihres Wirtschafts­ unterrichts viel Erfolg.

Herzlichst Ihr

Hans Heinrich Driftmann Präsident Deutscher Industrie- und Handelskammertag

3

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Gliederung I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Zum Aufbau der Unterrichtseinheit „Innovationen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 II. Curriculare Einordnung in den Bundesländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 III. Lehrerhandreichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1. Didaktische Struktur der Unterrichtseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1.1

Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

1.2

Erkenntnisleitende Interessen und Gründe für die Auswahl der Thematik . . . . . 18

1.3

Fachwissenschaftliche Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

1.3.1 Innovationsfähigkeit in einer Volkswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1.3.2 Ziele des Innovationsindikators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1.3.3 Messung der Innovationsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.3.4 Auswahl der Vergleichsländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2. Unterrichtliche Realisierungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.1

Verortung des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

2.2

Struktur der Unterrichtseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

2.3

Informationen zu den Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Komplex 1: Grundlagen Innovation (M 1 – M 15) . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Komplex 2: Ziele, Methodik und Ergebnisse des Innovationsindikators 2009 (M 16 – M 23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Komplex 3: „Innovationen im deutschen Bildungssystem“ (M 24 – M 33) . . . . . 38

2.4

Internetlinks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

3. Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 IV. Verknüpfung mit wigy Angeboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 V. Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 M 1 Fünf Fragen zum Thema Innovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 M 2 Zitatesammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 M 3 Definition „Innovation“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 M 4 Basisinnovationen und ihre Wirkungen – Kondratjew V . . . . . . . . . . . . . . 56

Das Comeback von Kondratjew . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

M 5 Unternehmerfunktion und schöpferische Zerstörung nach ­Schumpeter . . . . . 59 M 6 Bedeutung des Entrepreneurship . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

Entrepreneurship als Quelle für wirtschaftlichen Wandel . . . . . . . . . . . . . 62

M 7 Unternehmensgründungen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

5

M 8 Innovationsfunktion von Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

Wettbewerb auf Märkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64



Innovationsfunktion des Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

M 9 Regeln für den Wettbewerb/Wettbewerbspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 M 10 BMWi – Innovationsfreundliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . 68 M 11 Deutschland ist spitze bei High-Tech-Ware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 M 12 Topmanager fordern Schub für Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 M 13 Die Wirtschaft forscht trotz Krise: Unternehmen halten Forschungsinvestitionen auf Vorjahresniveau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 M 14 Auf der Suche nach dem Neuen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 M 15 Vorstellung: Deutsche Telekom Stiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 M 16 Über Denkmodelle und Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 M 17 Akteure und Rahmenbedingungen oder: Wer oder was bringt Innovationen hervor? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 M 18 Der Innovationsindikator als Blackbox? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 M 19 Wie das DIW die Innovationsfähigkeit misst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

Standardisierung und Skalierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84



Gewichtung der Indikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

M 20 Institutionen im Bereich der Wirtschaftsforschung (Auswahl) . . . . . . . . . . 88 M 21 Vorstellung: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) . . . . . . . . . . 91 M 22 Zentrale Ergebnisse des Innovationsindikators 2009 . . . . . . . . . . . . . . . 92 M 23 Wozu dienen die Ergebnisse des Innovationsindikators 2009 . . . . . . . . . . . 96 M 24 Auszug aus der Berliner Rede des Bundespräsidenten Horst Köhler (21.09.2006) 97 M 25 Bildungsökonomen: Qualität der Schulen für Wirtschaftswachstum zentral . . . . 98 M 26 Schulmisere belastet die Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 M 27 Fachkräfte verzweifelt gesucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 M 28 Arbeitsblatt „Analyse der Innovationsindikatorergebnisse zum deutschen ­Bildungssystem“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 M 29 Innovationsindikator 2009: Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 M 30 Innovationsindikator 2009: Bildungsausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 M 31 Innovationsindikator 2009: Fachkräfteausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . 106 M 32 Innovationsindikator 2009: Bildungsqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 M 33 Innovationsindikator 2009: Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

6

Einleitung

I.

Einleitung

Die vorliegende Unterrichtseinheit stellt im Projekt „Handelsblatt macht Schule“ eine Besonder­ heit dar, da nicht nur Kenntnisse über ein Themas (hier: „Innovationen“) vermittelt und anhand realer Beispiele veranschaulicht werden, sondern gleichzeitig ein Bezug zu einer aktuellen und komplexen wissenschaftlichen Studie hergestellt wird. Ein wesentliches Ziel der Einheit ist es, Schülerinnen und Schülern den Umgang mit wissenschaftlichen Studien nahe zu bringen und Möglichkeiten der Analyse und Interpretation entsprechenden Datenmaterials zu vermitteln. Der von der Deutschen Telekom Stiftung und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in Auftrag gegebene und vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) erstellte Innovationsindikator liefert vielfältige Informationen und Forschungsergebnisse. Grundlegende Einsichten in Forschungsmethodik werden in gleicher Weise ermöglicht. Die ausführliche Studie finden Sie unter www.telekom-stiftung.de/innovationsindikator. Im Zusammenhang mit dem Paradigmenwechsel im Bildungssystem „Weg von der Input­ steuerung, hin zur Outputsteuerung von Lehrplänen“ spielen Kompetenzen eine entscheidende Rolle. Das Unterrichtsmodell berücksichtigt dabei nicht nur Sach- und Analysekompetenz, ­sondern will auch Methoden- und Urteilskompetenz vermitteln. Die Erkenntnisweisen der Wirt­ schaftswissenschaften, d. h. ihrer Forschungsmethodik bilden hier einen deutlichen Schwer­ punkt. Die Schülerinnen und Schüler „lernen“ nicht nur, was man unter „Innovationen“ ­versteht, wie sie entstehen und welche Wirkungen sie entfalten. Vielmehr erarbeiten sie sich, wie man die Innovationsfähigkeit eines Landes überhaupt messen kann, welche Instrumente hierfür zur Verfügung stehen, welche Grenzen und Möglichkeiten empirische Studien auf­weisen und wie die Ergebnisse solcher Studien bewertet und verwendet werden können.

7

Einleitung

Zum Aufbau der Unterrichtseinheit „Innovationen“: 1. Die „Curriculare Einordnung in den Bundesländern“ verdeutlicht, wo die Thematik in den Lehrplänen bzw. Rahmenvorgaben der verschiedenen Bundesländer für die gymnasiale Oberstufe verortet wird (vgl. II). Eine Konkretisierung (z. B. Zeitbedarf) für die vorliegende Unterrichtseinheit ist vor dem Hintergrund der großen Vielfalt der Vorgaben und Rahmen­ bedingungen nicht realisierbar. Vielmehr sollte die Lehrkraft entsprechend der landesspezi­ fischen oder individuellen Rahmenbedingungen eine Auswahl aus dem Angebot treffen. 2. Teil II, die Lehrerhandreichung (vgl. Seite 13), liefert Kompetenzen und Inhaltsaspekte der Unterrichtseinheit, erkenntnisleitende Interessen und Gründe für die Auswahl der Thematik, den fachwissenschaftlichen Hintergrund sowie unterrichtliche Realisierungsmöglichkeiten. Die Schülermaterialien im Anhang werden kommentiert und sind mit Aufgabenvorschlägen versehen. Die Unterrichtseinheit gliedert sich in drei Komplexe (auch: Unterrichtssequenzen): ■■ Der erste Komplex definiert zum Einstieg den Begriff „Innova­

tion“, stellt die wesentlichen Träger von Innovationen sowie ihre gesamtwirtschaftlichen Wirkungen heraus, benennt wesentliche Rahmenbedingungen für innovatorische Prozesse und liefert erste Informationen zur Innovationsfähigkeit Deutschlands. ■■ Der zweite Komplex stellt v. a. die methodische Vorgehensweise

des Innovationsindikators 2009 dar, um Schülerinnen und Schüler zu verdeutlichen, welche aufwändigen Arbeiten erforderlich sind und welche Daten einfließen oder auch nicht einfließen, um die Frage nach der Innovationsfähigkeit Deutschlands im internationa­ len Vergleich hinreichend beantworten zu können. ■■ Der dritte Komplex fokussiert auf die Ergebnisse des Innovations­

indikators bzgl. der Innovationsfähigkeit des deutschen Bildungs­ systems. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich für einen Bereich tiefergehend mit den Ergebnissen des Innovationsindika­ tors auseinandersetzen. Es handelt sich dabei um die größte Schwäche Deutschlands im Innovationsindikator 2009. 3. Die Einheit enthält einen umfangreichen Materialienteil. Es ist darauf hinzuweisen, dass das Materialienangebot nur eine Auswahl darstellt, aus der die Lehrkraft auswählen kann. Kei­ nesfalls sind die Materialien also zwingend in der dargestellten Reihenfolge abzuarbeiten.

8

Curriculare Einordnung in den Bundesländern

II.

Curriculare Einordnung in den Bundesländern

Ökonomische Bildung tritt in vielfältiger und häufig fragmentierter Weise in gymnasialen Lehr­ plänen auf. Die folgende Übersicht zur Verortung des Themas „Innovationen“ in die Lehrpläne des Ökonomieunterrichts oder affiner Fächer in den Bundesländern stellt dies dar. Eine kurze Erläuterung vorweg: ■■ Spalte 1: Da die Bundesländer für Inhaltsbereiche der ökonomi­

schen Bildung unterschiedliche Ankerfächer haben oder integrati­ ve Ansätze verfolgen, beginnt die Tabelle mit der Bezeichnung des Fachs, in welchem das Thema „Innovationen“ angesiedelt ist. ■■ Spalte 2: Es folgt die Angabe der Jahrgangsstufen. Hier ist so vorge­

gangen worden, dass die genaue Zuordnung, die im Lehrplan zu finden war, übernommen wurde. Die Bezeichnungen unterschei­ den sich dahingehend, dass zum einen der Lehrplan in den genau­ en Ablauf der Kursstufe, also 12.2 oder 13.1 unterteilt wurde, zum anderen aber teilweise nur grobe Angaben wie „Oberstufe“ gemacht wurden. Wo eine Unterteilung in Leistungskurs oder Grundkurs klar zu erkennen war, ist dies in der Aufstellung berücksichtigt worden. ■■ Spalte 3 liefert mit der Nennung der Thematik bzw. des Inhalts­

felds eine grobe Einordnung und Spalte 4 differenziert weiter. Ein Zeitrichtwert für die unterrichtliche Realisierung des behandelten Themenkomplexes ist in dieser Analyse nicht berücksichtigt, da ein Hinweis auf ein Stundendeputat in den Lehrplänen selten gegeben wurde.

9

Curriculare Einordnung in den Bundesländern

Land

Fach/ Jahrgang Thematik/Inhaltsfeld o. ä. Fachverbund Gemeinschafts- Kursstufe Globalisierung und kunde (4stündig) Strukturwandel

Baden-Württemberg

Wirtschaft

Geographie

Markt und Staat – Dynamik der Marktwirtschaft Aufgaben der Stabilisierungspolitik – Verlauf und aktueller Stand der wirtschaftlichen Entwicklung – Aufgabenbereiche der Stabilisierungspolitik (u. a. Wachstumspolitik) Globalisierung und Strukturwandel – Entwicklungen der Weltwirtschaft – Dimensionen und Erscheinungsformen des Globalisierungsprozesses – Erklärungsansätze für Globalisierung – Chancen und Risiken einer zunehmenden Verflechtung und Interdependenz der Weltwirtschaft

Kursstufe Wirtschaftswelt und (2stündig) ­Staatenwelt

Globalisierung der Weltwirtschaft – Prozess der Globalisierung – Ursachen und Auswirkungen der wirtschaftlichen Globalisierung

Kursstufe Wirtschaftliches Handeln (4stündig) im Sektor Unternehmen

– einen Überblick über die grundlegenden Entscheidungen, die Unternehmen treffen müssen (Produktidee, Rechtsform, Finanzierung, Standortwahl) – die ökonomischen, sozialen und ökologischen Aufgaben von Unternehmen und die Vereinbarkeit von Unternehmenszielen und unternehmerischer ­Verantwortung – die Bedeutung der Unternehmen für eine ökologisch ausgerichtete Wirtschaftsordnung – die Bedeutung der Produzenten beziehungsweise der Existenzgründungen für eine Volkswirtschaft – den Wandel in der Berufs- und Arbeitswelt und die damit verbundenen betrieblichen Auswirkungen

Wirtschaftliches Handeln im Sektor Staat

– einen Überblick über den bisherigen Verlauf und den aktuellen Stand der wirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland; – gegenwärtige und zukünftige wirtschaftspolitische Herausforderungen (u. a. Spannungsfeld von Ökonomie und Ökologie)

Wirtschaftliches Handeln im Sektor Ausland

– die Entwicklung des Welthandels und die Rahmenbedingungen und ­Ursachen des weltwirtschaftlichen Strukturwandels – Standortfaktoren und die Standortqualität der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten der EU und im internationalen Handel. – Ökonomische, politische, soziale und ökologische Auswirkungen der ­Globalisierung

Personalwirtschaft und Wandel der Arbeitswelt

Wandel in der Arbeitswelt Struktureller Wandel in der Arbeitsorganisation: Gruppenarbeit, Telearbeit, Zeitarbeit, Wissensarbeit, Auswirkungen auf Unternehmen, Mitarbeiter und Gesellschaft, Projekt „Unternehmen im Wandel“

Wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmendaten

Struktureller Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft – Intersektoraler, intrasektoraler, regionaler Strukturwandel, z. B. Tertiärisierungsprozesse, Konzentrationsprozesse

Weltwirtschaftliche ­Entwicklungsprozesse und ihre theoretischen ­Begründungen

Rahmenbedingungen und Ursachen für den weltwirtschaftlichen Struktur­ wandel (wirtschaftliche Globalisierung) – technischer Fortschritt, Entwicklung von Mobilität und Kommunikation, nachfrageseitige und angebotsseitige Ursachen, Rolle transnationaler ­Unternehmen

Kursstufe Wirtschaftliches Handeln (2stündig) und dessen Raumwirksamkeit ausgehend von der lokalen Ebene

Wirtschaftsstrukturen und Wirtschaftsprozesse auf regionaler und globaler Ebene

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Aspekte/Themen/Inhalte o. ä.

– der Wandel wirtschaftlichen Handelns in seinen Auswirkungen auf die Gesellschaft – moderne Produktionskonzepte und Ansätze nachhaltiger Entwicklung ­wirtschaftlichen Handelns – die unternehmerische Standortwahl und der Wandel von Standortfaktoren in ihrer Wirkung auf räumliche Strukturen branchenspezifisch beziehungsweise einzelbetrieblich – Organisationsformen industrieller Systeme in ihren Grundzügen – die Entwicklungszyklen der Wirtschaft mit der Raumentwicklung in ­Beziehung – einige der weltweiten Verflechtungen und Abhängigkeiten im Prozess der Globalisierung

Curriculare Einordnung in den Bundesländern

Fach/ Fachverbund Geographie

Bayern

Baden-Württemberg

Land

Jahrgang

Thematik/Inhaltsfeld o. ä.

Aspekte/Themen/Inhalte o. ä.

Kursstufe Wirtschaftliches Handeln – der Wandel wirtschaftlichen Handelns in seinen Auswirkungen auf die (4stündig) und dessen Raumwirk­ Gesellschaft samkeit ausgehend von der – konventionelle und moderne Produktionskonzepte und die Ansätze nach­ lokalen Ebene haltiger Entwicklung wirtschaftlichen Handelns – die unternehmerische Standortwahl und der Wandel von Standortfaktoren in ihrer Wirkung auf räumliche Strukturen branchenspezifisch beziehungsweise einzelbetrieblich – Organisationsformen industrieller Systeme – die Entwicklungszyklen der Wirtschaft mit der Raumentwicklung in ­Beziehung

Wirtschaftsund Rechts­ lehre

13 LK

Sozialwissenschaften

Oberstufe Grundkursfach

Wirtschaftsstrukturen und Wirtschaftsprozesse auf regionaler und globaler Ebene

– ausgewählte Wirtschaftsregionen in Deutschland, Europa beziehungsweise außerhalb Europas, Entwicklungstendenzen – die Bedingungen und Formen von Wirtschaftsprozessen – die weltweiten Verflechtungen und Abhängigkeiten im Prozess der Globalisierung sowie die Ambivalenz des Globalisierungsprozesses Räume unterschiedlichen Entwicklungsstandes im Globalisierungsprozess von Wirtschaft und Gesellschaft in ihren Grundzügen

Wachstums- und Strukturpolitik unter besonderer Berücksichtigung des Umweltschutzes Soziale Marktwirtschaft

Wachstumsfaktoren, insbesondere natürliche Ressourcen, ­Wissen, Schlüsseltechnologien, wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen

Wirtschaftspolitik (u. a. Wachstumspolitik)

Wirtschaft und GesellDie Systeme in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft schaft, Recht und Politik im – Wirtschaftswelt: Weltökonomie und Globalisierung internationalen System Herausforderungen in der globalisierten Welt – Demografische Entwicklung – Nachhaltigkeit

Leistungs- Individuum, Gesellschaft kurs und sozialer Wandel Soziale Marktwirtschaft

Deutschland und Europa im Prozess der Globalisierung Sozialstruktur und sozialer Wandel (u. a. Arbeitswelt im Wandel) Wirtschaftspolitik (u. a. Wachstumspolitik)

Berlin

Wirtschaft und GesellDie Systeme in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft schaft, Recht und Politik im – Wirtschaftswelt: Weltökonomie und Globalisierung internationalen System Herausforderungen in der globalisierten Welt – Demografische Entwicklung – Nachhaltigkeit Deutschland und Europa im Prozess der Globalisierung Wirtschafts­ Kursstufe wissenschaften 11 bis 13

Politikwissenschaft

Oberstufe

Das Unternehmen in der ­sozialen ­Marktwirtschaft

Produktbezug (Produktlebenszyklus, Forschung, Entwicklung, Simultaneous Engineering)

Wirtschaftspolitische Konzeptionen­

Marktwirtschaft Soziale Marktwirtschaft (u. a. Sicherung des Wettbewerbs)

Gesellschaftsökonomische Problemfelder in der Europäischen Union Erschließung von aus­ gewählten Politikfeldern

Dimensionen der Globalisierung (Chancen und Risiken des Globalisierungs­ prozesses)

Bundesrepublik Deutschland heute

Globales Wirtschaften contra nationale Politik (Pflichtbereich) – Konjunktur- und Wachstumspolitik Demografie und Gesellschaftswandel (Wahlbereich) – Demografische Entwicklung bis 2050 – Konsequenzen für gesellschaftliche, wirtschaftliche und soziale ­Entwicklungen Strukturwandel in Arbeitswelt und Sozialsystemen (Wahlbereich) – von der Industrie- zur Informationsgesellschaft

Europa

Leben und Arbeiten in Europa (Wahlbereich) – Bildung und Ausbildung in Europa

Wirtschaft (Wahlbereich) – Grundlagen der Wirtschaftspolitik – gesetzliche Grundlagen, z. B. Wettbewerbsrecht

11

Curriculare Einordnung in den Bundesländern

Land

Fach/ Fachverbund Politikwissenschaft

Thematik/Inhaltsfeld o. ä.

Aspekte/Themen/Inhalte o. ä.

Oberstufe

Internationale Entwicklungen im 21. Jahrhundert

Globalisierung als ökonomischer, politischer, (völkerrechtlicher), gesellschaft­ licher und ökologischer Prozess – unter Berücksichtigung der Interdependenzen zwischen Nord und Süd (Pflichtbereich) – Dimension der Entwicklung (Gesellschaft, Wirtschaft, Politik, Ökologie); nachhaltige Entwicklung

Oberstufe

Europa – Raumstrukturen im Wandel

Strukturräumliche Gliederung Europas Räumliche Disparitäten in Europa – Wandel der Standortfaktoren (Standorttheorien) – Raumanalyse unterschiedlich strukturierter Räume – altindustrialisierte Räume (Strukturwandel) – Wachstumsräume

Ausgewählte Weltwirtschaftsregionen

Die USA in der Weltwirtschaft – Exemplarische Strukturanalyse einer Wachstumsregion einschließlich räumlicher Veränderungen durch das Agieren multinationaler Unternehmen

Brandenburg

Berlin

Erdkunde

Jahrgang

Politische ­Bildung

13

Lernfeld Wirtschaft: Fortschritt durch Technik?

Der Zusammenhang von wirtschaftlicher Entwicklung, Wissenschaft und Arbeitsorganisation im 20. Jahrhundert – Technik und Wissenschaft als Produktionsfaktoren – Forschungspolitik und die Förderung technischer Innovationen ­zwischen Liberalismus und Staatsinterventionismus

Wirtschafts­ wissenschaft

12

Markt und Marktmacht

Wettbewerbspolitik (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen: Bestimmungen zu Kollektivverhalten, Bindungen, Behinderungen, Ausbeutung, Zusammenschlüssen; nationale und EG-Fusionskontrolle) Rationalisierung im Konfliktfeld zwischen Effizienz­steigerung und Humanisierung Produktionsverfahren und ihre Veränderung, Aufbau- und Ablauf­organisation und ihre Veränderung Bestimmungsgründe des Wachstums (u. a. Investitionen, technischer Fortschritt, Infrastrukturmaßnahmen, Qualifizierung des Erwerbstätigenpotenzials); Ansatzpunkte einer Wachstumspolitik (u. a. Stabilisierungs-, Wettbewerbs-, Vermögenspolitik, Deregulierung, Förderung des technischen Fortschritts); Strukturwandel als Begleiterscheinung des Wachstums (u. a. Wandel der Bedarfs- und der Produktionsstruktur), Ziele und Instrumente sektoraler und regionaler Strukturpolitik; Ursachen der Umweltbelastungen, Prinzipien der Umweltpolitik, Instrumente der Umweltpolitik Modernisierung: Wandel und Zukunft der Arbeit

Rationalisierung an Beispielen: Produktion und Organisation Oberstufe

Wachstums- und Konjunktur­politik, Umwelt

Politik/ Gesellschaft/ Wirtschaft

Oberstufe Gesellschaft und Gesell– Studien- schaftspolitik stufe Sozialstruktur und Strukturwandel Gesellschaftstheorien und -konzepte Globalisierung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen Oberstufe Handlungssituationen – Vor­ökonomisch analysieren stufe

Bremen

Wirtschafts­ lehre

Hamburg

Wirtschaft

12

z. B. Dienstleistungs-, Wissen-, Erlebnis-, Risiko-, Singlegesellschaft, ­Individualismus, Kommunitarismus, Wohlfahrtsstaat Internationale Arbeitsteilung und transnationale Unternehmen; Auswirkungen der Europäisierung und der Globalisierung

Der Einfluss von Anreizen und Restriktionen auf Entscheidungen in Haushalt, Unternehmen und Staat und Analyse unter einfachen Kosten-Nutzen­Gesichtspunkten Wettbewerb und Wettbewerbsbeschränkungen in ihren Auswirkungen auf ­Preise und Kosten, Innovationen und Qualität beispielhaft Ökonomische System­ – Wesentliche Zusammenhänge ökonomischer Entwicklungen und Ursachenzusammenhänge erklären Wirkungs-Beziehungen – Die Funktionszusammenhänge in modernen Ökonomien (z. B. Arbeitsteilung und Handel) – Preis- und Produktzyklen anhand ausgewählter Beispiele Oberstufe Das private Unternehmen – Unternehmerische Entscheidungsprozesse, betriebliche Grundfunktionen und – Studien- ökonomisches und soziales Managementkonzepte, veränderte Berufs- und Erwerbsorientierungen: stufe Aktionszentrum im Wandel – Voraussetzungen für die Gründung eines Unternehmens (z. B.: Entrepreneurship; juristische und ökonomische Unternehmensmerkmale) – Grundlagen unternehmerischer Entscheidungsprozesse (z. B.: betriebswirtschaftliche Produktionsfaktoren; Unternehmensziele und Zielkonflikte; ­Konzentration und Unternehmenskrise)

Curriculare Einordnung in den Bundesländern

Fach/ Fachverbund Wirtschaft

Jahrgang

Thematik/Inhaltsfeld o. ä.

Oberstufe Internationale Wirtschafts– Studien- beziehungen und Europa stufe

Hamburg

Land

Niedersachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hessen

Politik und Wirtschaft (Entwurfs­ fassung)

Sozialkunde Wirtschaft

Politik/ Wirtschaft

Sozialwissenschaften

Einfüh­rungs­phase E1

Sozialstruktur und sozioökonomischer Wandel

E2

Ökologie und wirtschaftliches Wachstum

Qualifikati- Internationale Beziehungen onsphase und Globalisierung Q3 Oberstufe Internationale Politik/ Wirtschaft Oberstufe Mikroökonomie/Arbeit Ökonomische Herausforderungen und Problemfelder/ Technik und Technologien

11/1 Die Bundesrepublik in der (zweiglobalisierten Wirtschaft stündiges Ergänzungsfach) 12/2 Internationale Wirtschaftsbeziehungen 11/II Unternehmen unter Globalisierungsdruck

Nordrhein-Westfalen

12/I

Erdkunde

11.I/II

13.I/II

Aspekte/Themen/Inhalte o. ä. Grundlegende Aspekte des weltweiten ökonomischen Strukturwandels, der Durchdringung nationaler wie supranationaler Ökonomien, die Tauglichkeit neuerer Erklärungsansätze sowie klassischer Theorien unter dem Aspekt der Gestaltbarkeit einer künftigen neuen Weltwirtschaftsordnung: – Europa zwischen Regionalisierung und Globalisierung (z. B.: Europa der ­Regionen: Armutsregionen und reiche Metropolen, Perspektiven wirtschaftlicher Integration in der EU; Wachstumschancen des europäischen Wirtschafts­raumes im Vergleich zu anderen Ökonomien der Weltwirtschaft) – Die deutsche Volkswirtschaft im internationalen Wirtschaftsgefüge (z. B.: Exportnation Deutschland; europäischer und internationaler Verflechtungsgrad; Bedeutung des Außenwertes einer Währung; Zusammenhang zwischen Arbeitsproduktivität und Arbeitskosten, soziale Gerechtigkeit und internationales Wirtschaften) Von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft – Sozialer, wirtschaftlicher Wandel, Modernisierung, Rationalisierung und neue Technologien Neue Schlüsselbegriffe der Gesellschaftsanalyse Digitale Revolution, Informationsgesellschaft, Zweidrittelgesellschaft, Risikogesellschaft, „Neue Armut“ Wirtschaftswachstum und Ökologie Von der Ökologie als „negativer Standortfaktor“ zum marktorientierten Umweltmanagement Weltwirtschaft und Globalisierung – Standortfaktoren und Veränderungen der internationalen Arbeitsteilung u. a. Dimensionen und Auswirkungen der Globalisierung u. a. Tendenzen des Wandels (z. B. technischer, demographischer, Struktur-, Wertewandel) – Dimensionen der Globalisierung; Chancen und Risiken des Globalisierungsprozesses – Technik als ein die Gesellschaft mitbestimmender Faktor (u. a. treibende Kraft im Wirtschaftsprozess; auf globaler Ebene) – Auswirkungen des technologischen Wandels auf das Wirtschaftsgeschehen, technologische Entwicklungen als „Motoren des Fortschritts“ in ihren ­Möglichkeiten und Risiken Chancen und Risiken der Globalisierung aus der Sicht unterschiedlicher ­Akteure, Indikatoren und Ursachen der Globalisierung

Weltwirtschaft zwischen Liberalisierung und Protektionismus – Der Unternehmensstandort Deutschland im Rahmen der Globalisierung – Unternehmer und der Prozess der schöpferischen Zerstörung – Unternehmen im internationalen Wettbewerbsdruck – Standortfaktoren in der Diskussion – Warum schützt der Staat den Wettbewerb? – Zusammenhänge zwischen Wachstum, Produktivitätsentwicklung und Beschäftigung – Entwicklung von Investitionen, Kapitalstock und Produktionspotenzial, Ziele und Motive von Investitionen – Investitionen: nachfrage- und angebotsseitige Wirkungen (insbesondere Kapazitäts-, Einkommens- und Arbeitsplatzeffekte)

Kann sich die Bundes­ republik Deutschland die Soziale Marktwirtschaft noch leisten? Deutschland in der Wachstumskrise – Konjunktur und Wachs­ tumspolitik Weltweite Verflechtungen in – Globale Verflechtung als Auslöser für Strukturwandel in der deutschen ihrer Bedeutung für regionaLandwirtschaft und in einem Herkunftsland der importierten Agrarprodukte le Prozesse – Merkmale und räumliche Veränderungen eines heimischen Industriestandortes in einer Welt zusammenrückender Märkte – Die Bedeutung des tertiären Sektors für die Wirtschaftskraft und die Arbeitsmarktsituation einer Region Güterversorgung und – Veränderungen der Standortstruktur in der Konsumgüterindustrie unter dem Dienstleistungen als AusEinfluss von Arbeitsteilung und technologischer Entwicklung löser raumprägender und – Umwertung von Standortfaktoren durch neue Kommunikationstechnologien raumverbindender Prozesse

13

Curriculare Einordnung in den Bundesländern

Fach/ Jahrgang Fachverbund Gemeinschafts- 11 kunde/ Sozialkunde

Thematik/Inhaltsfeld o. ä.

Gesellschaft und Wirtschaft – Strukturen der Gesellschaft (Industriegesellschaft im Wandel) – Gesellschaft im Wandel – Wirtschaftspolitische Aufgaben in einer sozialen Marktwirtschaft

4-stündiger G-Kurs/ Neigungsfach

Industriewirtschaft – Notwendigkeit ständigen Strukturwandels Wirtschaftsräumliche Strukturen und Probleme in Industrieländern: Industriewirtschaft – ­Notwendigkeit ständigen Strukturwandels Energiewirtschaft – ­Notwendigkeit der Ressourcenschonung Regionale Disparitäten in unterschiedlich entwickelten Wirtschaftsräumen Raumbeispiel: Vereinigte Staaten von Amerika Sozioökonomische Disparitäten zwischen dem ländlichen Raum und aufstrebenden Wirtschaftszentren Welthandel und Globalisierung

– Die industrielle Entwicklung nach 1945 – Möglichkeiten und Grenzen von Strukturverbesserungen in Vergangenheit und Gegenwart – die klassischen Standortfaktoren der Industriewirtschaft und deren Bedeutungswandel für das Montandreieck Saar-Lor-Lux – die Rolle Deutschlands im Welthandel – Vor- und Nachteile des Industriestandorts Deutschland – Der Strukturwandel der Energiewirtschaft und seine Bedeutung für die Energieversorgung – Standortfaktoren der Hightech-Industrie in den USA – gesellschaftliche Strukturen als Hemmnis wirtschaftlicher Entwicklung – Chancen und Risiken der Globalisierung in Industrie- und Entwicklungsländern

Sozialkunde

Einfüh­ rungs­ phase

Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland

Der Sektor Ausland – Begriff internationale Arbeitsteilung – Vor- und Nachteile der internationalen Arbeitsteilung – Globalisierung: Begriff, Voraussetzungen, Auswirkungen

Wirtschafts­ lehre

Einfüh­ rungs­ phase

Wirtschaftssektoren Ökonomie und Ökologie

Globalisierung (Begriffsklärung, Voraussetzungen, Auswirkungen) Ursachen der Umweltprobleme – Wirtschaftswachstum

Zweistündiger G-Kurs

Produktionstheorie Ziele staatlicher ­Wirtschaftspolitik

Produktionsfaktor – Begriffsinhalt – Arten (Boden, Kapital, Arbeit) Wirtschaftspolitische Ziele Produktionspotenzial einer Volkswirtschaft – Begriffsinhalt – Bestimmungsgrößen

Sachsen

Vierstün- Industrielle Revolution und diger ihre Folgen G-Kurs / Neigungsfach

14

Aspekte/Themen/Inhalte o. ä.

Erdkunde

Saarland

RheinlandPfalz

Land

Gemeinschafts- 11 kunde/Rechtserziehung/ Wirtschaft 12

Voraussetzungen und Ursachen der Industrialisierung – Wirtschaftsliberalismus – Bevölkerungsentwicklung Einheitlicher Wirtschaftsraum Indikatoren der Industrialisierung Folgen der Industrialisierung

Produktionstheorie

Produktionsfaktor – Begriffsinhalt – Arten (Boden, Kapital, Arbeit)

Ziele staatlicher Wirtschaftspolitik

Wirtschaftspolitische Ziele Produktionspotenzial einer Volkswirtschaft – Begriffsinhalt – Bestimmungsgrößen

Sozialstruktur und sozialer Wandel

Kennen von Phänomenen des sozialen Wandels – Bevölkerungsentwicklung – Erwerbstätigkeit

Wirtschaft und Wirtschafts- Beurteilen des Wirtschaftsstandorts Deutschland vor dem Hintergrund von ordnung in der globalisierGlobalisierungsprozessen ten Welt Standortfaktoren: Arbeitskosten, Umwelt, Humankapital

Curriculare Einordnung in den Bundesländern

Thüringen

SchleswigHolstein

Sachsen-Anhalt

Sachsen

Land

Fach/ Fachverbund Geographie

Wahlpflichtfach: Wirtschafts­ lehre

Jahrgang

Thematik/Inhaltsfeld o. ä.

Aspekte/Themen/Inhalte o. ä.

11 (Grundkurs)

11 (Grundkurs)

Einflussfaktoren auf die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland

11/12

Unternehmen als wirtschaft­liche und soziale Gebilde

– Organisation und Struktur von Unternehmen – Unternehmensgründung – strategische Ziele der Unternehmen – Unternehmen als soziale Gebilde – technisch-ökonomische Entwicklung und Beschäftigungsstruktur

Wirtschaftspolitik

Wirtschaftswachstum vs. Ressourcenknappheit und Umweltbelastung – Ursachen sowie ökologische und soziale Auswirkungen der technologischen Entwicklung

Sozialkunde/ Pflichtkurs Wirtschaft

11/12

Globalisierung der Märkte

– Internationalisierung der Produktion und des Handels – Globalisierung der Wissensmärkte und Kapitalmärkte – Auswirkungen auf den Standort Deutschland

Wirtschaft/ Politik

12.1

Wirtschaft in Theorie und Praxis: Wirtschaft in einer sich wandelnden Welt

- Wirtschaftspolitische Zielsetzungen/wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland (konjunkturelle Entwicklung, stetiges Wirtschaftswachstum, Strukturwandel u. a.) – Standort Deutschland (Deutschland im Strukturwandel, Arbeitsethik und Innovationsbereitschaft u. a.)

13

Gewinner und Verlierer der Globalisierung

– ökonomische Dimension der Globalisierung: u. a. Globalisierung als Falle oder als Fortschritt (Auswirkungen der Globalisierung auf nachhaltige Entwicklung, auf die Arbeitsmärkte, auf die Verteilung von Kapital) – gesellschaftliche Auswirkungen der Globalisierung

Wirtschaft Recht

11/12

Lernbereich Volkswirtschaft: Strukturwandel

– Die entscheidenden Wachstumsfaktoren für die Bundesrepublik Deutschland und die EU – strukturelle Wachstumsprozesse – die Selbstständigkeit als Chance zur Selbstverwirklichung

Sozialkunde

11/12

Internationale Politik

Aspekte der Globalisierung

15

Lehrerhandreichung

III.

Lehrerhandreichung

1.

Didaktische Struktur der Unterrichtseinheit

1.1

Kompetenzen

Die zu erwerbenden Kompetenzen beziehen sich auf drei verschiedene Kompetenzbereiche: Fachwissen (Sach- und Analysekompetenz), Erkenntnisgewinnung (Methodenkompetenz) sowie Bewertung (Urteilskompetenz)1. Die Kompetenzbereiche lassen sich wie folgt beschreiben: 1. Fachwissen: Die Schülerinnen und Schüler verfügen über strukturiertes ökonomisches Wis­ sen, welches ihnen das Wiedererkennen von wirtschaftlichen Strukturelementen und Pro­ zessregeln in der Fülle der ökonomischen Phänomene ermöglicht. 2. Erkenntnisgewinnung: Die Schülerinnen und Schüler analysieren wirtschaftliche Phäno­ mene mit Hilfe fachspezifischer Methoden und wenden fachspezifische Arbeitstechniken an. 3. Bewertung: Die Schülerinnen und Schüler bewerten ökonomische Handlungen und Sach­ verhalte und reflektieren Wege des Erkennens und Urteilens. 1. Fachwissen Die Schülerinnen und Schüler ...

Inhalte

1. den Begriff der Innovation definieren sowie unterschied- ■■Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft liche Formen von Innovationen beschreiben können. (vgl. ■■Theorem der Basisinnovationen Komplex 1) ■■Wirkungen von Innovationen 2. benennen die zentralen Träger/Entwickler von Innovatio- ■■Unternehmen als Innovatoren nen. (vgl. Komplex 1) ■■Entrepreneurship-Gedanke ■■gesellschaftliches Innovationsklima 3. erfassen die Bedeutung von Innovationen für die Entwicklung eines Landes und erläutern Ansatzpunkte für die Förderung der Innovationsfähigkeit (vgl. Komplex 1).

■■Einfluss von Innovationen auf Wohlstand, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit ■■Rolle der Politik und des allgemeinen Ordnungsrahmens zur Förderung von Innovationsfähigkeit

4. beschreiben die volkswirtschaftliche Bedeutung der „Bildung“ auf der Basis der Ergebnisse des Innovationsindikators (vgl. Komplex 3).

■■„Bildung“ als Grundlage für Innovationsfähigkeit ■■Bildungssystem als größte Schwäche in Deutschland ■■Ansatzpunkte für die Verbesserung der Bildungssystems

5. denken in den Kategorien eines ökonomischen Verhaltensmodells.

■■Präferenzen und Restriktionen für Konsumenten, ­Produzenten, Staatsbürger und Politiker für innovationsbezogenes Verhalten und Einstellungen ■■Gesellschaftliche und politische Anreizstrukturen für die Innovationsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland

6. denken in Kreislaufzusammenhängen und Interdependenzen.

■■Wirtschaften, und damit auch Innovationen, vollziehen sich in Kreislaufprozessen (z. B. staatliche Forschungspolitik kommt Unternehmen zugute, staatliche Abgaben der Betriebe füllen Staatskasse ...) ■■Wechselwirkungen zwischen den Akteuren (Gesellschaft, Unternehmen, Staat), die Innovationen hervorbringen

1

16

vgl. hierzu Niedersächsisches Kultusministerium (Hg.) (2006): Kerncurricula für das Gymnasium, Schuljahr­ gänge 8-10, Politik-Wirtschaft, Hannover und Kaminski, H. u. a. (2007): Mehr Wirtschaft in die Schule, hg. von der Stiftung Jugend und Bildung, dem Bundesverband deutscher Banken u. a., Universum Verlag

Didaktische Struktur der Unterrichtseinheit

7. denken in Ordnungszusammenhängen.

■■Spielregeln für Innovationen in Deutschland, Ordnungsbedingtheit von Spielzügen der Akteure (Gesellschaft, Unternehmen, Staat) ■■Verhältnis von Wirtschafts-, Gesellschafts- und Rechtsordnung ■■Einfluss der Regulierung(sdichte) auf die Innovationsfähigkeit

8. denken in den Kategorien, die allen wirtschaftlichen Handlungen immanent sind.

■■Anwendung ökonomischer Grundbegriffe wie Bedürfnisse, Arbeitsteilung, Entscheidungen, Koordination, Nutzen, Knappheit, Risiko, Markt u. ä. auf „Innovationen“ und „Innovationsfähigkeit“

2. Erkenntnisgewinnung Die Schülerinnen und Schüler ...

Inhalte

9. analysieren die methodische Vorgehensweise des Innovationsindikators (vgl. Komplex 2).

■■Analyse der Datenbasis des Innovationsindikators und des methodischen Verfahrens ■■Rolle der nationalen und internationalen Wirtschaftsforschungsinstitute ■■Skalierung und Standardisierung von Daten

  10. wenden Arbeitstechniken zur Erschließung des Innovationsindikators an.

■■Informationssuche und -auswertung ■■Umgang mit Statistiken und Diagrammen ■■Denken in Modellen ■■Textanalyse

3. Bewertung Die Schülerinnen und Schüler ...

Inhalte

11. bewerten die Ergebnisse des Innovationsindikators 2009.

■■Stärken und Schwächen der Bundesrepublik Deutschland im internationalen Vergleich ■■Beurteilung unterschiedlicher Ansatzpunkte für die Verbesserung der Innovationsfähigkeit

12. beurteilen die Rahmenbedingungen des Bildungssystems als Grundlage für die Innovationsfähigkeit einer Gesellschaft (vgl. Komplex 3).

■■Zahlen und Fakten zum deutschen Bildungssystem ■■Abschneiden des Bereichs „Bildung“ im Innovationsindikator 2009 ■■Handlungsoptionen für ein besseres Bildungssystem

17

Lehrerhandreichung

1.2

Erkenntnisleitende Interessen und Gründe für die Auswahl der Thematik

1. Eine generelle Vorbemerkung: Die Vermittlung wirtschaftlicher Grundkenntnisse zielt ab auf die Einsicht in Grundstrukturen und -prinzipien des wirtschaftlichen Geschehens. Es muss darum gehen, die wachsende Stofffülle des Unterrichts zu reduzieren und Strukturen in allen ökonomischen Handlungsfeldern zu erkennen. Die folgenden generellen Kompetenzen sollte die ökonomische Bildung vermitteln (vgl. Kompetenzkatalog in 1.1): Die Schüle­ rinnen und Schüler... ■■ denken in den Kategorien eines ökonomischen Verhaltensmo­

dells, ■■ denken in Kreislaufzusammenhängen und erkennen die Inter­

dependenz von Entscheidungen auf unterschiedlichen Ebenen, ■■ denken in Ordnungszusammenhängen, ■■ denken in den Kategorien, die allen wirtschaftlichen Handlun­

gen immanent sind. 2. Es lassen sich (mindestens) drei Kompetenzbereiche ausmachen, auf die der Unterricht in der ökonomischen Bildung abzielen sollte: Fachwissen, Erkenntnisgewinnung und Beurtei­ lung. Die Kompetenzen, die in Punkt 1.1 aufgeführt sind, sind diesen Bereichen zugeordnet. Für den Unterricht gilt, dass erst auf der Grundlage systematischen Wissens komplexe Fra­ gen bearbeitet und Problemlösungsstrategien entwickelt werden können. Für die Unter­ scheidung von Sach- und Werturteilen ist es zwingend, dass der Vermittlung von Wissen unter Anwendung fachspezifischer Methoden und Arbeitstechniken hinreichend Raum gege­ ben wird. 3. Die Unterrichtseinheit legt einen Schwerpunkt auf die Vermittlung von Methodenkompetenz. Für eine sachgerechte Interpretation bzw. für das kritische Hinterfragen von Zahlenund Datenmaterial ist es unabdingbar, dass Schülerinnen und Schüler den Entstehungspro­ zess einer komplexen Studie wie dem Innovationsindikator 2009 und ihren Aufbau im Kern verstehen und nachvollziehen können. Durch Transparenz bzgl. des gewählten methodi­ schen Verfahrens soll einerseits der Abbau von „Zahlengläubigkeit“ gefördert und anderer­ seits für die Schwierigkeit von Forschungstätigkeiten sensibilisiert werden. Dabei kommt es darauf an, dass sich Schülerinnen und Schüler spezifische Erkenntnisweisen der Wirtschafts­ wissenschaften (z. B. Denken in Modellen) und Arbeitstechniken (z. B. Entwicklung von und Umgang mit Statistiken) aneignen. Für die Förderung von Erkenntnisprozessen müssen die Lernenden nachvollziehen können, welche Ausschnitte wirtschaftlicher Wirklichkeit in einem Modell (hier: der Innovationsindikator 2009) repräsentiert werden, welche Annahmen in das Modell eingeflossen sind, d. h. welche Akzentuierungen und Reduktionen vorgenom­ men wurden. 4. Mit den bisher beschriebenen Aspekten geht einher, dass es den Autoren ausdrücklich nicht darum geht, dass Schülerinnen und Schüler zu Experten werden im Hinblick auf den Aufbau und die Methodik des Innovationsindikators. Es gilt: Struktur- vor Detailwissen! Die Schü­ lerinnen und Schüler sollen die Bedeutung von Innovationen für Wohlstand und Wachstum eines Landes erfassen, den Aufbau des Innovationsindikators 2009 in seiner grundsätzlichen Vorgehensweise verstehen und (ausgewählte) Konsequenzen des internationalen Rankings für mehr Innovationsfähigkeit und ‑tätigkeit in Deutschland beschreiben. Es kann aber nicht darum gehen, die Forschungsmethodik im Einzelnen zu analysieren oder gar nachzurechnen.

18

Didaktische Struktur der Unterrichtseinheit

5. Mit Blick auf das erwähnte Strukturwissen ist es zwingend, dass die Schülerinnen und Schü­ ler sich mit dem Institutionen- und Regelsystem der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung in der Bundesrepublik Deutschland auseinandersetzen. Der Ordnungsrahmen bestimmt die Spielräume und Restriktionen für die Akteure Gesellschaft, Unternehmen und Staat. Die Rolle von Anreizstrukturen für innovationsfreundliches oder -feindliches Verhalten der einzelnen Akteure ist dabei von herausragender Bedeutung. Da Individuen nicht dauer­ haft gegen ihre Interessen verstoßen, kommt der Gestaltung eines innovationsfördernden all­ gemeinen Ordnungsrahmens eine entscheidende Bedeutung zu.  Auf diese Weise kann den Schülerinnen und Schülern die Einsicht vermittelt werden, dass Appelle an „die Wirtschaft“ z. B. mehr Forschung & Entwicklung zu betreiben nicht hinreichend sind, wenn ein Unter­ nehmen keinen Nutzen daraus ziehen würde oder gar durch hohe Transaktionskosten, d. h. teure Folgen entsprechender Investitionen bestraft würde. 6. Mit Schülerinnen und Schülern ist – dies leitet sich aus Punkt 5 ab – im Unterricht zu thema­ tisieren, dass bei allen Betrachtungen zur Innovationsfähigkeit der Deutschen zwingend zwi­ schen Individuen (ein Unternehmer, ein Konsument, ein Politiker) und aggregierten Einheiten („die Gesellschaft“, „der Staat“, „die Unternehmen“) zu unterscheiden ist. Weder „die Unternehmen“ noch „der Staat“ haben gemeinsame Interessen, sondern Individuen in Insti­ tutionen (vgl. den methodologischen Individualismus) haben Präferenzen und unterliegen Restriktionen.

1.3

Fachwissenschaftliche Hinweise

Da die Unterrichtseinheit einen direkten Bezug zu dem von der Deutschen Telekom Stiftung und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in Auftrag gegebenen und vom Deut­ schen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) erstellten Innovationsindikator 2009 auf­ weist, wird an dieser Stelle auf die Begriffsbestimmungen und Ausführungen zur gesellschaft­ lichen und volkswirtschaftlichen Relevanz innovatorischer Prozesse und der methodischen ­Herangehensweise der Studie zurückgegriffen.2 An dieser Stelle soll nur eine sehr grundlegende Beschreibung der Methodik erfolgen.3

1.3.1

Innovationsfähigkeit in einer Volkswirtschaft

Unter Innovationen werden im Wesentlichen neue Produkte, Prozesse und Organisationslösun­ gen verstanden, die sich in der Produktion und auf dem Markt durchsetzen und damit zum Wachstum von Produktivität und Wohlstand in einer Volkswirtschaft beitragen (Schumpeter 1912). Innovationen werden vor allem von Unternehmen hervorgebracht, die dazu alleine oder in Netzwerken mit anderen Akteuren (z. B. andere Unternehmen und Forschungsinstitutionen) neues Wissen absorbieren oder generieren und in marktfähige Produkte und Prozesse umsetzen. Die Fähigkeit der Unternehmen, bei sich verändernden Produktions- und Marktbedingungen nachhaltig Innovationen hervorzubringen, kann als Innovationsfähigkeit bezeichnet werden. Über die Einbindung des unternehmerischen Innovationsprozesses in die institutionellen Akteursbeziehungen und Rahmenbedingungen definiert sich das nationale Innovationssystem. [...]

2

vgl. Innovationsindikator 2009, 10ff.

3

Interessierte können die gesamte Studie einschl. der umfassenden Beschreibung des methodischen Vorgehens beziehen unter: www.telekom-stiftung.de/innovationsindikator

19

Lehrerhandreichung

Die Fähigkeit der Menschen und Unternehmen, in Deutschland Innovationen hervorzubringen, d. h. neues Wissen zu schaffen und dieses in neue, marktfähige Produkte und Dienstleistungen umzusetzen, ist von herausragender Bedeutung für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Wohl­ stand. [...]

Theoretische Konzepte Das Konzept des nationalen Innovationssystems, das hier die Grundlage für die Messung der Innovationsfähigkeit eines Landes bildet, ist in mancher Hinsicht eine Reaktion auf die vereinfa­ chenden Annahmen formaler Modelle des ökonomischen Wachstums über die Natur von Tech­ nologie und Wissen, z. B. über den freien Fluss des Wissens zwischen den Unternehmen und Ländern. Damit sind diese Wachstumsmodelle mit wenigen Einflussfaktoren in ihrer Relevanz für praktische Fragen der Gestaltung der Innovationspolitik begrenzt. Die historische, evolutio­ näre Theorietradition dokumentiert die Begrenztheit solcher Annahmen. [...] Die Volkswirtschaftslehre hat viele Theorien entwickelt, die zum Verständnis der Zusammenhän­ ge von Forschung und Entwicklung, Bildung, Innovation, Produktivität und Wachstum beitragen. [...] Diese [...] Modelle beziehen Bildung und Innovation zwar noch nicht mit in die Analyse ein, sie bilden aber dennoch für viele empirische Analysen auch heute noch die theoretische Basis. [Ab den 60er Jahren] rückte die Erklärung des so genannten Solow-Residuums, des Beitrags zum Wachstum, der sich nicht auf die klassischen Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital zurückfüh­ ren ließ, in den Vordergrund. Damit gelangten Bildung und Forschung als Determinanten von Produktivität und Wachstum in das Zentrum des Interesses. Mit der Renaissance der Werke Schumpeters in den 1980er Jahren wurde die Wachstumstheorie wesentlich befruchtet. Es ent­ wickelte sich die neue Wachstumstheorie, die in der Tradition der neoklassischen Wachstums­ theorie steht, nun aber versucht, den technischen Fortschritt endogen zu modellieren. Schumpeter4 geht davon aus, dass dynamische Unternehmer Inventionen5 aufgreifen und als Innovationen (in seiner Notation: „neue Kombinationen“) in Märkten durchsetzen. Schumpeter unterscheidet zwischen dynamischen „Unternehmern“ und „Wirten“. Wirte sind nach seinem Verständnis lediglich Verwalter, die Unternehmen führen, ohne etwas Neues zu wagen oder Neuerungen hervorzubringen. Der technische Fortschritt wird nur von den dynamischen Unter­ nehmern getrieben, die kreativ und innovativ sind. Damit stellt Schumpeter das unternehmeri­ sche Handeln, das mit Risiko verbunden ist, in den Vordergrund. Daneben betont er auch die Rolle der Banken, die die Finanzierung der Innovationen mittragen müssen. Technologischer Wandel ergibt sich dadurch, dass dynamische Unternehmer neue Produkte oder Prozesse in den Markt bringen, die alte Produkte und Prozesse verdrängen. Schumpeter spricht in diesem Zusammenhang vom „Prozess der schöpferischen Zerstörung“, der notwendig ist, damit techno­ logischer Wandel und Fortschritt möglich werden. Ein wesentliches Anliegen der neuen Wachstumstheorie ist es, die Bedeutung von Forschung und Entwicklung sowie die Bedeutung von Humankapital als Determinanten des Wachstums zu untersuchen. Technisches Wissen wird durch Forschung und Entwicklung in privaten und öffentlichen Einheiten generiert. Es ist in aller Regel ein öffentliches Gut. [...] Insgesamt wird der Innovationsprozess von der Generierung des Wissens bis zur Innovation in aller Regel sehr einfach dargestellt. [...] Zurzeit dominieren diese Modelle der neuen Wachstumstheorie, die auf einem sehr hohen Abs­ traktionsniveau die Wechselwirkungen zwischen Forschung, Bildung und Wachstum herausarbei­ ten. Zwar wird vielfach auf die Arbeiten von Schumpeter Bezug genommen, eine umfassende

4



5

20

vgl. auch M 5 von lateinisch invenire – entdecken, erfinden, bzw. inventio – Einfall

Didaktische Struktur der Unterrichtseinheit

Modellierung der Innovationsprozesse findet sich allerdings eher selten. Wegen ihrer relativ strik­ ten Annahmen wird die neue Wachstumstheorie im Hinblick auf die Nützlichkeit für empirische Untersuchungen von einigen Autoren sehr kritisch begutachtet. Diese Ökonomen betonen, dass technologische Innovationen nicht frei zwischen den Akteuren und über größere Distanzen flie­ ßen, weil ihre Entwicklung und Nutzung eng an bestimmte Firmen, Netzwerke und ökonomische Institutionen gebunden sind [...]. Sie betrachten die Konfigurationen von Unternehmen, Netzwer­ ken und Institutionen, die das Innovationsergebnis in verschiedenen Ländern beeinflussen. Sie konzentrieren sich dabei weniger auf das Niveau der ökonomischen und technologischen Ent­ wicklung, als auf die Institutionen und Akteure in wichtigen Industrien, die entscheidend für die Vielfalt und die Unterschiede der nationalen Zugänge zu Innovation sind. Unternehmen innovieren meist nicht in der Isolation, sondern in Zusammenarbeit und gegenseiti­ ger Abhängigkeit mit anderen Organisationen. Diese Organisationen können sowohl andere Unternehmen (z. B. Zulieferer, Kunden, Wettbewerber) sein als auch Universitäten, Schulen oder andere staatliche Einrichtungen, wie Ministerien. Das Zusammenspiel der einzelnen Organisatio­ nen wird durch institutionelle Rahmenbedingungen wie z. B. Gesetze, Normen und Routinen gere­ gelt. Diese können sowohl Anreize für Innovationsaktivitäten bieten als auch blockierend wirken. Grundlage für Innovationen ist also ein kreativer und interaktiver Prozess, der weit über For­ schung und Entwicklung hinausgeht und in einem System von institutionellen Regelungen und Organisationen stattfindet. Dieses System wird in der Literatur als „Innovationssystem“ bezeich­ net. Der Begriff des „Nationalen Innovationssystems“ wurde Anfang der 1980er Jahre geprägt. ­Freeman (1987) definiert den Begriff als erster als ”the network of institutions in the public and private sector whose activities and interaction initiate, import, and diffuse new technologies”. [...] Die Erfassung der wesentlichen Elemente eines Innovationssystems kann an den ■■ wichtigen Akteuren und ■■ wichtigen Verbindungen bzw. Interaktionen

ansetzen. Die Qualität eines Innovationssystems kann im Prinzip durch eine einfache Formel beschrieben werden: Je besser die einzelnen Akteure mit Kompetenzen ausgestattet sind, die zur erfolgrei­ chen Durchführung von Innovationsprozessen notwendig sind, je vollständiger das Innovations­ system ist und je besser die Akteure vernetzt sind, desto höher ist die Qualität des Innovations­ systems einzuschätzen. Diese Formel ist allerdings zu weich, um sie als Maßstab für die Beurtei­ lung von Innovationssystemen in der Praxis anzuwenden. Die Analyse der komplexen Beziehungen zwischen Akteuren und der technologischen Infra­ struktur in den nationalen oder regionalen Innovationssystemen ist vorwiegend qualitativ. Dies hat zu der Aufforderung geführt, die Charakteristika der Inputs und Outputs der nationalen Innovationssysteme auch zu quantifizieren.

1.3.2

Ziele des Innovationsindikators

Die Fähigkeit der Menschen und Unternehmen, in Deutschland Innovationen hervorzubringen, d. h. neues Wissen zu schaffen und dieses in neue, marktfähige Produkte und Dienstleistungen umzusetzen, ist von herausragender Bedeutung für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Wohl­ stand. Ziel dieses Projekts [Innovationsindikator 2009] ist es, die Innovationsfähigkeit Deutsch­ lands im internationalen Vergleich jährlich zu erfassen, zu bewerten und für eine breite Öffent­

21

Lehrerhandreichung

lichkeit verständlich darzustellen. Um dieser komplexen Zielstellung gerecht zu werden, stützen wir uns auf eine Vielzahl von Einzelindikatoren zur Innovationsfähigkeit Deutschlands und anderer hoch entwickelter Wettbewerberländer. Diese Einzelindikatoren werden in mehreren Aggregationsschritten zu einem Gesamtindikator („Innovationsindikator Deutschland“) zusam­ mengefasst. Auf der letzten Stufe werden dabei ein Systemindikator für die Leistungsfähigkeit des nationalen Innovationssystems und ein Indikator für das gesellschaftliche Innovationsklima im Land verbunden. Auf Basis des Gesamtindikators, der Subindikatoren und weiterer Unterindikatoren bilden wir [DIW] Länder-Rankings zur Innovationsfähigkeit der Volkswirtschaften insgesamt, der Kompo­ nenten des Innovationssystems und der Innovationskultur. Die Leistungskennzahlen der Kom­ ponenten des Innovationssystems werden zudem den wichtigsten Innovationsakteuren, Unter­ nehmen und Staat zugeordnet. Dadurch lässt sich ihr jeweiliger Beitrag zum Gesamtergebnis im Innovationsindikator abschätzen. Dieser Ansatz, mit seiner Zuspitzung zum „Innovationsindika­ tor Deutschland“, erlaubt zum einen die Gesamtbewertung der Innovationsfähigkeit Deutsch­ lands im internationalen Vergleich und bietet damit einen „Aufhänger“ für ein breiteres öffentli­ ches Interesse. Die Differenzierung in eine System-, zwei Akteurs- (Unternehmen und Staat) und eine kulturelle Komponente erlaubt zum anderen die klare Zuordnung der Beiträge einzelner Teilbereiche und Akteure zum Gesamtergebnis. Auf diese Weise lässt sich eine „Innovationsbi­ lanz“ für Deutschland ableiten, die seine Stärken und Schwächen relativ zu den Vergleichslän­ dern auf den Punkt bringt. Die transparente, differenzierte und gleichzeitig zugespitzte Bewer­ tung soll eine breite Öffentlichkeit für die Bedingungen der Innovationsfähigkeit sensibilisieren, konkrete Ansatzpunkte zur Verbesserung der Position Deutschlands im internationalen Innovati­ onswettbewerb aufzeigen und auch Anregungen für die Erforschung komplexer Innovationssys­ teme geben. Sie kann und soll allerdings differenzierte Analysen und Bewertungen der Beson­ derheiten der Systemkomponenten, der Unternehmen und der staatlichen Institutionen sowie des Innovationsklimas im internationalen Vergleich nicht ersetzen, sondern vielmehr anregen.

1.3.3

Messung der Innovationsfähigkeit

Es scheint zunächst nahe liegend, bei der Messung der Innovationsfähigkeit an den Outputs des Innovationsprozesses anzusetzen – also an den neuen Produkten, Prozessen und Organisations­ lösungen, die zur Marktreife gelangen. Doch liegen für diese Outputs in der Regel höchstens Proxyvariablen vor (wie z. B. die Anzahl der neuangemeldeten bzw. erteilten Patente, der Umsatz mit forschungsintensiven Produkten), die nur Ausschnitte der Leistungsfähigkeit des Innovati­ onssystems erfassen. Zudem würde ein physisches Zählen der Outputgrößen ignorieren, dass es sich bei Innovationen um ein ökonomisches Phänomen handelt, dass also nicht die Zahl der neuen Produkte und Prozesse maßgebend ist, sondern ihr Wert bzw. die Wohlfahrt, die sie stif­ ten. Obwohl die Messung der wohlfahrtssteigernden Wirkungen von Innovationen ein sehr aktives Forschungsfeld ist, gibt es (insbesondere für Produktinnovationen) noch keine verwertbaren Konzepte, die die komplexen Zusammenhänge zwischen Innovationen und dem Wachstum der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt umfassend abbilden. Doch selbst wenn der durch Innovatio­ nen induzierte Wohlfahrtszuwachs exakt quantifiziert werden könnte, scheint es für die Mes­ sung der Innovationsfähigkeit einer Volkswirtschaft sinnvoller, nicht nur die Outputseite des Innovationsprozesses zu betrachten. Vielmehr muss auch die Inputseite der Innovationsprozes­ se, wie die Rahmenbedingungen in einer Volkswirtschaft, die Ressourcen, die Präferenzen und das Verhalten der Akteure, einbezogen werden. Nur ein solcher umfassend input- und outputbezogener Innovationsindikator wird in der Lage sein, die Fähigkeit einer Volkswirtschaft zu erfassen, Innovationen nicht nur zum gegenwärtigen Zeitpunkt, sondern immer wieder und nachhaltig hervorzubringen.

22

Unterrichtliche Realisierungsmöglichkeiten

Deshalb wird hier ein Messkonzept gewählt, in dem sowohl der jeweilige Output der verschie­ denen Phasen des Innovationsprozesses, als auch ihr Input erfasst wird. In der Betrachtung des Innovationsprozesses wird heute betont, dass es dabei nicht um eine lineare Abfolge von auf­ einander folgenden Stufen handelt. Innovation ist ausdrücklich nicht angewandte Wissenschaft. Die Vorstellung, Innovationsprozesse seien immer die zeitliche Folge von Forschung, Entwick­ lung, Produktion und Vermarktung impliziert zwei Gefahren: 1. Sie generalisiert eine Ursache-Wirkungs-Kette, die nur einen sehr kleinen Teil der erfolgrei­ chen Innovationen beschreibt, nämlich diejenigen, bei denen tatsächlich ein wissenschaft­ licher Durchbruch der Ausgangspunkt war. Unternehmen innovieren aber meistens dann, wenn sie die Chance sehen, neues Wissen zu kommerzialisieren und dabei suchen sie in ers­ ter Linie im schon existierenden Wissen, bevor sie sich entscheiden, in Forschung zu inves­ tieren. In vielen Fällen sind die Erfahrung und der Bedarf der Nutzer wichtige Impulse für eine Innovation. 2. Das lineare Modell ignoriert die Rückkopplungen zwischen den Phasen des Innovationspro­ zesses. Probleme und Fehler im Prozess können jederzeit zu einer Neubewertung, zum Abbruch und Wiederbeginn von Innovationsprozessen führen. Weil der Innovationsprozess also streng genommen keinen Anfang und kein Ende hat, sondern ein beständiges Generieren, Testen, Verwerfen,  Anwenden von neuem Wissen ist, gibt es nicht den einen Input am Anfang und den einen Output am Ende des Prozesses. Vielmehr gehen in jeder Phase und in jedes Teilsystem des Innovationssystems Inputs ein und werden Outputs erzeugt, die in ihrer Gesamtheit dann den „dahinter steckenden“ Faktor der Innovationsfähig­ keit des Landes bestimmen.

23

Lehrerhandreichung

Im Mittelpunkt unseres Konzepts steht das nationale Innovationssystem. Der zentrale Akteur im nationalen Innovationssystem sind die Unternehmen. Letztlich bestimmt das Verhalten der Unternehmen, in welchem Umfang Innovationen potenziell überhaupt geschaffen werden kön­ nen. Die Innovationsfähigkeit der Unternehmen hängt von ihren eigenen Ressourcen, aber auch von den Rahmenbedingungen des nationalen Innovationssystems ab. Die für den Innovations­ prozess wichtigen Rahmenbedingen lassen sich sieben Bereichen zuordnen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Forschungssystem (Hochschulen und andere Forschungsinstitutionen) Bildungssystem Finanzierung von Innovationen Vernetzung zwischen und innerhalb der Akteursgruppen Umsetzung von Innovationen in der Produktion und auf den Märkten innovationsfreundliche Regulierung und Wettbewerb innovationsfördernde Nachfragebedingungen.

Das innovative Verhalten der Unternehmen wird u. a. durch ihre Wettbewerbssituation und die sich daraus ergebenden Anreize zum Innovieren beeinflusst. Für die Wettbewerbsbedingungen und Anreize spielen staatliche Regulierungsmaßnahmen eine wichtige Rolle. So beeinflussen Art und Umfang des Schutzes von geistigem Eigentum, staatliche Fördergelder für Forschungspro­ jekte oder Zulassungsvorschriften innovative Unternehmensaktivitäten. Innovationsaktivitäten werden auch durch die Nachfrage getrieben. Die Bereitschaft der Kunden, seien es Unterneh­ men oder Konsumenten, innovative Produkte nachzufragen, wirkt auf die Innovationsaktivitäten der Unternehmen. Ein für neue Produkte und Dienstleistungen aufgeschlossener und einkom­ mensstarker Heimatmarkt kann Impulse für Forschungs- und Innovationsaktivitäten und die spätere weltweite Vermarktung geben. Die Leistungen des Innovationssystems werden von den Unternehmen und vom Staat bestimmt. Um ein Maß für den Beitrag der Unternehmen zur Innovationsfähigkeit einer Volkswirtschaft zu erhalten, werden die Indikatoren der Systemseite zusammengefasst, die vorwiegend auf das Ver­ halten der innovativen Unternehmen zurückzuführen sind. So werden im Akteursindikator „Unternehmen“ Indikatoren zusammengeführt, die Umfang und Intensität ihrer Innovationsakti­ vitäten, Erfolge bei der Umsetzung von Innovationen auf den Märkten, die Intensität der Koope­ ration und Vernetzung sowie Aktivitäten der innerbetrieblichen Weiterbildung abbilden. Im Akteursindikator „Staat“ werden – ähnlich wie im Subindikator „Unternehmen“ – alle die Indikatoren der Systemseite zusammengefasst, die vor allem auf das Verhalten des Staates als Akteur im nationalen Innovationssystem zurückzuführen sind. Der Akteursindikator „Staat“ führt Indikatoren zur Bewertung des staatlichen Forschungssystems, des weitgehend staatlich geprägten Bildungssystems sowie zu weiteren Rahmenbedingungen wie Forschungsförderung und Regulierung der Märkte zusammen. Diese beiden Akteursindikatoren werden aus den verfügbaren Einzelindikatoren gebildet, um zu beurteilen, in welchem Maße die Unternehmen und der der Staat zur Gesamtbewertung der Innovationsfähigkeit eines Landes im internationalen Vergleich beiträgt. Sie gehen jedoch nicht in den Gesamtindikator ein, weil sie überwiegend aus den Einzelindikatoren bestehen, die bereits im Systemindikator verwendet wurden und es sonst zu Doppelzählungen käme. Die Akteursindikatoren sind vielmehr ein zusätzliches Analyseelement, mit dem der Beitrag der Unternehmen und des Staates zur Innovationsfähigkeit eines Landes beurteilt werden kann. In die Gesamtbewertung des Innovationsindikator geht aber hier auch eine kulturelle Kompo­ nente ein. Zum ersten Mal wird hier gemessen, wie sie die Innovationsfähigkeit eines Landes beeinflussen.

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Unterrichtliche Realisierungsmöglichkeiten

Mit der Einbeziehung von Indikatoren zu gesellschaftlich geprägten Einstellungen und Werten der Bürger und damit des gesellschaftlichen Innovationsklimas hat das DIW Berlin Neuland betreten. Anders als bei anderen Aspekten der Innovationsfähigkeit eines Landes gibt es zu die­ sem Thema bisher kein etabliertes Messkonzept. Nach drei Jahren der Beschäftigung mit dem Thema war es an der Zeit, den dafür konstruierten zusammengefassten Indikator „Bürger“ zu überprüfen und vor dem Hintergrund von Kritik und der Auswertung anderer Forschungsergeb­ nisse zu überarbeiten. Dadurch wurde die Struktur des Indikators vereinfacht und die Komple­ xität reduziert. Im Mittelpunkt stehen jetzt innovationsrelevante Einstellungen und Werte der Bürger eines Landes, wie Risikobereitschaft, Vertrauen, Offenheit für Neues, Interesse an Wissen­ schaft und Technik und Einstellungen zu ihrer gesellschaftlichen Steuerung.

1.3.4

Auswahl der Vergleichsländer

Die Untersuchungen werden für Deutschland, 12 weitere europäische Länder (Österreich, Belgi­ en, Dänemark, Spanien, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Schweden, Irland und die Schweiz) sowie die USA, Kanada, Japan und Südkorea durchgeführt. Diese Länder sind vor allem als Konkurrenten Deutschlands anzusehen, weil ihre Unternehmen auf den inter­ nationalen Märkten miteinander im Wettbewerb stehen, sie ein ähnliches Entwicklungs- und Einkommensniveau aufweisen und über ähnliche institutionelle Rahmenbedingungen verfügen. Für all diese Länder liegt eine relativ große Zahl von Einzelindikatoren zur Innovationsfähigkeit der Volkswirtschaft und zu ihren Voraussetzungen in vergleichbarer Form vor. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um Deutschlands Position und Deutschlands Profil im Vergleich mit diesen hoch entwickelten Ländern herausarbeiten zu können, die sich in grundlegender Hin­ sicht (Existenz eines Rechtssystems bzw. Schutz von Eigentumsrechten, hoch entwickeltes sekundäres und tertiäres Bildungssystem, starke Einbindung in die Weltmärkte) sehr ähnlich sind. Würde man auf die Einbeziehung der nordamerikanischen und asiatischen Länder verzichten, dann ließe sich ein noch differenzierteres Bild der Innovationssysteme der EU-Länder zeichnen, da für sie noch deutlich mehr vergleichbare Indikatoren zur Verfügung stehen. Allerdings bedeu­ tete dies, auf einen Vergleich Deutschlands mit einigen besonders innovativen bzw. besonders dynamischen Ländern zu verzichten und einen rein europäischen Blickwinkel einzunehmen.

Einbeziehung von Aufholländern? Da viele deutsche Unternehmen sich einem starken Wettbewerbsdruck von Unternehmen ande­ rer Aufholländer wie China oder Indien ausgesetzt sehen, stellt sich die Frage, ob diese Länder in die Analyse einbezogen werden sollen und können. Zu diesen Ländern sind – neben den bereits genannten – Taiwan, Singapur, Hongkong, Israel sowie die neuen osteuropäischen EUMitglieder Polen, Ungarn und Tschechien zu zählen. So sinnvoll und nötig (und reizvoll!) es auch sein mag, diese hochdynamischen Länder im Auge zu behalten, so sprechen mehrere Grün­ de dagegen, sie zum jetzigen Zeitpunkt vollständig einzubeziehen.

1.3.5 Datenbasis des Innovationsindikators Das Ziel des Projekts, die Innovationsfähigkeit Deutschlands im internationalen Vergleich zu erfassen, stellt hohe Anforderungen an die Datenbasis. Dies hat mehrere Gründe. Zum einen liegt dies am Phänomen „Innovation“ bzw. der „Innovationsfähigkeit“. Selbst der gegenwärtige Output an Innovationen lässt sich bestenfalls näherungsweise quantifizieren. Führt man sich den komplexen Prozess vor Augen, in dem diese Innovationen entstehen, dann kommt schnell eine sehr lange Liste von potenziellen Einflussfaktoren zusammen. Will man also die Fähigkeit einer Volkswirtschaft abbilden, einen Strom von Innovationen nicht nur heute, sondern auch zukünftig hervorzubringen, dann werden die Anforderungen an die Datenbasis noch ungleich

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Lehrerhandreichung

größer – selbst wenn man sich auf die wichtigsten Aspekte des Innovationssystems beschränkt.  Aber auch für die einzelnen Komponenten des Innovationssystems wie z. B. Forschungs- und Bildungssystem oder Vernetzung, gilt: Mehrere „Pinselstriche“ sind nötig, um ein (immer noch recht grobes) Bild des jeweiligen Teilbereichs zu skizzieren. Deutschlands Innovationsfähigkeit muss aber auch an derjenigen seiner wichtigsten Konkur­ renten gespiegelt werden. Da sich all diese Länder auf einem ähnlich hohen Entwicklungsni­ veau befinden, ist eine breite Datenbasis nötig, um die vorhandenen Unterschiede identifizieren und herausarbeiten zu können. [...] Aus den genannten Gründen wurde der Innovationsindikator auf eine Datenbasis gestellt, die nicht nur außerordentlich breit ist, sondern auch eine Vielzahl von qualitativen und „wei­ chen“ Faktoren enthält. Dass dies im Rahmen eines Ländervergleichs überhaupt möglich ist, liegt daran, dass im Rahmen (der Erforschung) der Globalisierung internationale (bzw. sogar weltweite) Befragungen von Managern, Unternehmen und Bürgern durchgeführt werden (Com­ munity Innovation Survey, Executive Opinion Survey des WEF, Eurobarometer, World Values Study). Insbesondere die Ergebnisse der Managerbefragung des World Economic Forum enthal­ ten eine Fülle von Einschätzungen und Bewertungen zum Innovationsgeschehen jedes Landes und sind daher einer der Eckpfeiler der Datenbasis des Innovationsindikators. Um die Einstel­ lungen der Bevölkerungen zu Technik, Wissenschaft oder Risiko abzubilden, wurden darüber hinaus viele Länderergebnisse des Eurobarometer und der World Values Study in die Datenbasis des Innovationsindikators integriert. Ein weiterer Grundpfeiler der Datenbasis sind die Statisti­ ken von internationalen Organisationen wie OECD und EUROSTAT, die eine Vielzahl von Fakten zu Forschung, Entwicklung, Humankapitaleinsatz und Produktion der meisten hochentwickel­ ten Volkswirtschaften enthalten. Vervollständigt wird diese Datengrundlage durch „Spezialindikatoren“, wie beispielsweise ■■ die vom DIW Berlin berechneten Indikatoren zur Umsetzung von Innovationen in der Form

von wissensintensiven Dienstleistungen bzw. wissensintensiver Produktion im Bereich der Hoch- und Spitzentechnologie, ■■ die Indikatoren des Global Entrepreneurship Monitor (GEM) insbesondere zum höherwerti­

gen, innovativen Gründungsgeschehen, ■■ oder die Indikatoren des INSEAD und der OECD zur Informations- und Kommunikationsinf­

rastruktur bzw. der Produktmarktregulierung, die – ähnlich der Bauweise des Innovationsin­ dikators – aus einer Vielzahl von Einzelindikatoren zum jeweiligen Thema zusammengesetzt wurden. Aus diesen Quellen speist sich die Datenbasis des Innovationsindikators, die sowohl vom Umfang als auch von der Art der Indikatoren die nötige Breite besitzt, um die wichtigen Berei­ che und Teilbereiche des Innovationssystems und des Innovationsgeschehens für Deutschland und jedes Vergleichsland adäquat abzubilden. [...]6

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Auf die Darstellung des komplexen Systems der Skalierung und Standardisierung der Daten wird an dieser Stelle aus Platzgründen mit Verweis auf die Darstellung in der Gesamtstudie (www.telekom-stiftung.de/innovationsindikator) verzichtet.

Unterrichtliche Realisierungsmöglichkeiten

2.

Unterrichtliche Realisierungsmöglichkeiten

2.1

Verortung des Themas

Innovationen spielen, so haben es die Ausführungen in 1.3 verdeutlicht, in allen Inhaltsberei­ chen der ökonomischen Bildung (Private Haushalte, Unternehmen, Wirtschaftsordnung, Staat, Internationale Wirtschaftsbeziehungen) eine Rolle. Mal stehen dabei die Rahmenbedingungen für innovatorische Prozesse im Vordergrund (Wirtschaftsordnung, Staat, Internationale Wirt­ schaftsbeziehungen), mal werden die Träger und Nutznießer von Innovationen (Private Haushal­ te, Unternehmen) stärker betrachtet. Insbesondere die Materialien von Komplex 1 vermitteln grundlegende Einsichten zum Thema „Innovationen“. Die Autoren gehen davon aus, dass gene­ relle Kenntnisse über wirtschaftliche Zusammenhänge vorhanden sind.

2.2

Struktur der Unterrichtseinheit

Komplex 1: „Grundlagen Innovation“ (M 1 – M 15) ■■ Definition des Begriffes „Innovation“ ■■ Bestimmung von Basisinnovationen ■■ Träger von Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft ■■ Rahmenbedingungen für Innovationen ■■ Innovationsfunktion des Wettbewerbs ■■ Innovation in Deutschland (Schlaglichter) ■■ Über Denkmodelle und Theorien

Komplex 2: „ Ziele, Methodik und Ergebnisse des Innovationsindikators 2009“ (M 16 – M 23) ■■ Methodisches Vorgehen des Innovationsindikators – die Öffnung

der Blackbox ■■ Datenquellen des Innovationsindikators ■■ Wesentliche Ergebnisse des Innovationsindikators 2009 ■■ Verwendung der Ergebnisse des Innovationsindikators 2009

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Lehrerhandreichung

Komplex 3: „Innovationen im Bildungsbereich“ (M 24 – M 33) ■■ Das deutsche Bildungssystem: Defizite, Herausforderungen,

Lösungsstrategien ■■ Deutschlands Bildungssystem im internationalen Vergleich ■■ Ergebnisse des Innovationsindikators 2009 bzgl. Bildungsausgaben,

Fachkräfteausstattung, Bildungsqualität und Weiterbildung im deutschen Bildungssystem

2.3

Informationen zu den Materialien Hinweis: Die dargestellte Materialienreihenfolge bedeutet keine zwingende Reihenfolge des Einsatzes im Unterricht. In Abhängigkeit von der methodischen Herangehensweise (z. B. im Rahmen von Projektarbeit), der individuellen Schwerpunktsetzung durch die Lehrenden und weiterer Einflussfaktoren sind sehr unterschiedliche Abfolgen denkbar. Das Materialienangebot stellt daher keine Aufforderung dar, einen aus­ schließlich traditionellen Lehrgang durchzuführen, der ein „Abarbeiten“ aller Texte, Schaubilder, Grafiken etc. nahe legt. Ein allein materialien-gesteuerter Unterricht ist von den Autoren nicht beabsichtigt; vielmehr soll der „Materialienpool“ flexibel aufgaben- und zielbezogen gehandhabt werden und nicht zuletzt den Einsatz kom­ plexer, aktiver Lehr- und Lernverfahren des Ökonomieunterrichts unterstützen.

Komplex 1: Grundlagen Innovation (M 1 – M 15) M 1: Fünf Fragen zum Thema „Innovation“ Zum Einstieg wird ein kurzer Fragebogen angeboten, mit dessen Hilfe die Schülerinnen und Schüler ihre eigenen Vorstellungen über Innovationen reflektieren sollen. Es geht darum festzu­ stellen, was unter dem Begriff „Innovation“ verstanden wird, wie Bedeutung und Wirkung der Generierung von Innovationen im Hinblick auf die volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung bewertet werden und welche Beispiele für Innovationen aus Vergangenheit und Gegenwart bekannt sind. Die Diskussion der Befragungsergebnisse im Kurs stellt eine Grundla­ ge für die vertiefte Auseinandersetzung mit dem Themenbereich in den folgenden Materialien dieses Komplexes dar.

Arbeitsauftrag im Material

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Unterrichtliche Realisierungsmöglichkeiten

M 2: Zitatesammlung Die Zitatesammlung kann als Einstieg in die inhaltliche Auseinandersetzung Verwendung finden. Die Aussagen bekannter Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Epochen verdeutlichen dabei gleichermaßen die zeitlose Bedeutung von Innovationen im gesellschaftlichen und wirtschaftli­ chen Leben wie auch die Vielschichtigkeit der hinter diesem Begriff verborgenen Aspekte und Fragestellungen.

1. Geben Sie die Kernaussagen aller Zitate wieder. 2. Legen Sie die verschiedenen Aspekte des Begriffs „Innovation“, die in den Aussagen beleuchtet werden, dar.

M 3: Definition „Innovation“ M 4: Basisinnovationen und ihre Wirkungen In Anknüpfung an die vorangegangenen Materialien findet sich in M 3 eine Lehrbuchdefinition des Begriffs „Innovation“, wobei auch verschiedene Formen und Wirkungen von Innovationen sowie Instrumente zu deren Förderung knapp vorgestellt werden.

In Zusammenhang damit erfolgt in M 4 die Vorstellung sog. Basisinnovationen, die in der Histo­ rie nachhaltige Auswirkungen auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der Industriestaaten hatten. Gleichermaßen wird die Veranschaulichung der Wirkungsweise solcher Basisinnovationen nach Nicolai Kondratjew (Kondratjew-Zyklus) dargestellt. Nicolai Kondratjew (1892 – 1938), war ein bedeutender russischer Wirtschaftswissenschaftler und Statistiker, dem die Entdeckung langer Konjunkturwellen zugeschrieben wird. Diese strecken sich über Zeiträu­ me von 50–60 Jahren und werden durch grundlegende technische (Basis-) Innovationen ausge­ löst.

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zu M 3: 1. Finden Sie Beispiele für die genannten Formen von Innovationen! 2. Erläutern Sie in eigenen Worten den folgenden Satz: „Darüber hinaus tragen Inno­ vationen dazu bei, gesamtwirtschaftliche Sättigungserscheinungen zu überwinden und sind insofern eine wichtige Bedingung für Strukturwandel und Wachstum der Wirtschaft.“ zu M 4: 3. Fassen Sie die besonderen Merkmale so genannter Basisinnovationen zusammen. Was zeichnet diese im Wesentlichen aus? 4. Analysieren Sie die vorliegende Grafik. Welcher Zusammenhang zwischen der Ent­ wicklung von Basisinnovationen und der volkswirtschaftlichen Entwicklung der Industriestaaten wird dargestellt? 5. Setzen Sie sich mit der Theorie des vorgestellten Wissenschaftlers Nefiodows ausein­ ander, dass wesentliche Basisinnovationen derzeit im Gesundheitssystem zu finden sind. Analysieren Sie hier aktuelle (politische) Diskussionen in diesem Bereich. 6. Ermitteln Sie weitere Forschungsbereiche, in denen die Ihrer Meinung nach in Zukunft vergleichbare Basisinnovationen entwickelt werden (könnten). Begründen Sie Ihre Einschätzung.

M 5: Unternehmensfunktion und schöpferische Zerstörung M 6: Bedeutung des Entrepreneurship M 7: Unternehmensgründungen in Deutschland Die Materialien M 5 – M 7 stellen die Unternehmen als wesentliche Akteure bei der Entwick­ lung und Verbreitung von Innovationen in das Zentrum der Betrachtung. Es ist unerlässlich, sich insbesondere mit der von Schumpeter entwickelten Theorie des Unternehmertums und seinen gesellschaftlichen Funktionen auseinander zu setzen (M 5). Die Figur des Unternehmers wurde in der ökonomischen Literatur des 20. Jahrhunderts weitestgehend ausgeblendet. Eine bekannte Ausnahme stellt das Werk des Österreichers Joseph Alois Schumpeter dar, der mit seiner „Theo­ rie der wirtschaftlichen Entwicklung“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Analyse und Beschreibung des Unternehmers gegeben hat. Der Unternehmer ist nach Schumpeter nicht der Erfinder, sondern der Innovator, der neue Ideen aufgreift und durchsetzt und damit aktuelle Strukturen zerstört, um neue zu schaffen. Diesen Prozess nennt er entsprechend die „schöpferi­ sche Zerstörung“. Unternehmensgründungen werden seit der These der schöpferischen Zerstö­ rung überkommener Wirtschaftsstrukturen als Motor des volkswirtschaftlichen Strukturwandels angesehen. Hinweis: Der vorliegende Text hat einen hohen Anspruch. Die Kenntnis der Grundgedanken der hier vorgestellten Betrachtungsweise von Unternehmen stellt jedoch eine wesentliche ­Voraussetzung für die weitere Beschäftigung mit dem Thema „Innovation“ dar. Eine erweiterte Fassung des Quellentextes finden Sie in der Unterrichtseinheit „Unternehmen und Struktur­ wandel“ im Material M 15.

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Unterrichtliche Realisierungsmöglichkeiten

In Fortführung des historischen Exkurses wird in M 6 die Entwicklung und Bedeutung des „Entrepreneurship“ vorgestellt. Hierbei wird veranschaulicht, dass nicht sämtliche Unterneh­ mensgründungen unter diesem Signet zu fassen sind und dass Entrepreneure eine wesentliche Innovations- und Wachstumsfunktion in der Gesellschaft innehaben. Die grafische Übersicht in M 7 stellt die Existenzgründungsquoten in den einzelnen Bundeslän­ dern und ihre Entwicklung in den letzten Jahren sowie die Verortung der Gesamtquote im inter­ nationalen Vergleich dar. Deutlich wird, dass Deutschland bzgl. Existenzgründungen deutlichen Nachholbedarf zu verzeichnen hat.

zu M 5: 1. Beschreiben Sie in eigenen Worten, was unter dem „schöpferischen Zerstörungs­ prozess“ verstanden wird! 2. Erläutern Sie mit eigenen Worten, worin Schumpeter die Funktion des Unterneh­ mers sieht und wie sich seiner Meinung nach „wirtschaftliche Entwicklung“ ­vollzieht! zu M 6: 3. Fassen Sie knapp zusammen, was einen Entrepreneur auszeichnet und von ande­ ren Unternehmensgründern unterscheidet. Zu welchem Zeitpunkt hatte sich die heute gültige Definition durchgesetzt? 4. Analysieren Sie die Grafik und führen Sie aus, wie die verschiedenen Funktionen von Entrepreneurship miteinander in Beziehung stehen. Welche Rolle spielt in ­diesem Zusammenhang insbesondere die Innovationsfunktion? zu M 7: 5. Verorten Sie die Existenzgründungsquote in Deutschland und ihre Entwicklung im internationalen Vergleich. 6. Benennen Sie die Folgen, die aus einer geringen Existenzgründungsquote für die ­deutsche Volkswirtschaft resultieren. 7. Beschreiben Sie die größten Unterschiede zwischen den 16 Bundesländern. Nennen Sie die wesentlichen Ursachen hierfür. Ermitteln Sie die Situation in Ihrem Bundes­ land / Ihrer Region.

M 8: Innovationsfunktion von Wettbewerb M 9: Regeln für den Wettbewerb/Wettbewerbspolitik Ein funktionsfähiger Wettbewerb im Rahmen einer marktwirtschaftlichen Ordnung stellt eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung von Innovationen dar, wie M 8 deutlich macht. Hieraus lässt sich ableiten, dass es eine bedeutende Aufgabe des Staates in marktwirtschaftli­ chen Ordnungen ist, Wettbewerb auf den Märkten zu gewährleisten bzw. Wettbewerbsstörungen zu verhindern. M 9 stellt diesen Sachverhalt sowie wesentliche Instrumente der Wettbewerbs­ politik gleichermaßen anschaulich wie anspruchsvoll dar. In diesem Zusammenhang, insbeson­

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Lehrerhandreichung

dere zur Beantwortung der Aufgabe 3., kann es geboten sein, auf Materialien der Unterrichts­ einheit „Wirtschaftsordnung“ zurück zu greifen.

zu M 8: 1. Beschreiben Sie in eigenen Worten, weshalb der freie Wettbewerb auf Märkten eine wesentliche Voraussetzung für Innovationen darstellt. 2. Erläutern Sie anhand des grafisch dargestellten Beispiels, wie im vorliegenden Fall die Innovationsfunktion von Wettbewerb wirkt. Inwiefern profitieren die Nachfra­ ger? Wie würde sich die Situation vermutlich darstellen, wenn es nur einen Anbieter auf diesem Markt gäbe bzw. zwei Anbieter sich bzgl. ihrer Strategien absprechen würden? zu M 9: 3. Es ist eine zentrale Aufgabe des Staates in einer marktwirtschaftlichen Ordnung, den Wettbewerb auf Märkten zu schützen. Begründen Sie dies ordnungstheoretisch. 4. Stellen Sie mögliche Störungen des Wettbewerbs und entsprechende wettbewerbspo­ litische Instrumente einander gegenüber. Recherchieren Sie aktuelle Beispiele für die genannten Probleme und Instrumente aus unterschiedlichen Wirtschaftsberei­ chen!

M 10: BMWi – Innovationsfreundliche Rahmenbedingungen/ Bundeswirtschaftsminister Brüderle zum Gutachten der Expertenkommission „Forschung und Innovation“ M 11: Deutschland ist spitze bei High-Tech-Ware M 12: Topmanager fordern Schub für Innovationen Der Staat kommt nicht nur im Rahmen der Wettbewerbsordnung ins Spiel, vielmehr hat er auch die Aufgabe, die Entwicklung von Innovationen zu fördern. Verantwortlich hierfür ist im Wesent­ lichen das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi). M 10 stellt dessen Leitli­ nien für die Förderung von Innovationen vor. Ergänzend hierzu findet sich in diesem Material ein Kommentar von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, der besondere Herausforderun­ gen im Rahmen der Innovationsförderung im Jahr 2010 herausstellt. Die Meldung in M 11 stellt die – im internationalen Vergleich – hohe Innovationsfähigkeit deut­ scher Unternehmen exemplarisch heraus. Grafisch ergänzend dargestellt wird insbesondere die zunehmende Bedeutung technologischer Innovationen für den Export. M 12 wiederum verdeutlicht in diesem Kontext, dass die politisch gesetzten Rahmenbedingun­ gen nicht nur auf Zustimmung stoßen. Beispielsweise konstatieren führende Wirtschaftsvertre­ ter im vorliegenden Artikel, dass die Europäische Union die von ihr zu Beginn des Jahrtausends gesetzten Ziele im Bereich der Innovationsförderung weit verfehlt hat und fordert entsprechen­ de Nachbesserungen

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Unterrichtliche Realisierungsmöglichkeiten

zu M 10: 1. Erläutern Sie, warum die Innovationsförderung eine wichtige staatliche Aufgabe in Deutschland darstellt. 2. Fassen Sie die generell vom BMWi verfolgte Strategie zusammen! Ermitteln Sie die unterschiedlichen Ansatzpunkte des Ministeriums und stellen Sie die Zusammen­ hänge zwischen diesen heraus. 3. Legen Sie dar, welche Bedeutung der Bundeswirtschaftsminister Brüderle den Inno­ vationen in der deutschen Volkswirtschaft beimisst. zu M 11: 1. Ermitteln Sie die Stellung deutscher Unternehmen im globalen Wirtschaftsgesche­ hen. Arbeiten Sie in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Exports für die deut­ sche Volkswirtschaft heraus. 2. Erläutern Sie, inwieweit die Exportstärke deutscher Unternehmen von Anstrengun­ gen im Bereich Forschung und Entwicklung abhängt. 3. Analysieren Sie die zweite Grafik und ordnen Sie die vorgestellten Unternehmen einzelnen Banchen zu. Bewerten Sie anschließend die Bedeutung der Entwicklung von Innovationen in den verschiedenen Branchen und begründen Sie Ihre Ein­ schätzungen. zu M 12: 1. Recherchieren Sie die Eckpunkte der 2000 von der Europäischen Union (EU) aufge­ legten Lissabon-Strategie. Benennen Sie deren zentrale Ziele. 2. Fassen Sie die Kritik der genannten Unternehmensvertreter an den politisch gesetz­ ten Rahmenbedingungen zusammen. Geben Sie die Bewertung der bisherigen Ergebnisse der Lissabon-Strategie wieder. 3. Benennen Sie die zentralen Forderungen der Unternehmensvertreter an die staatli­ chen Institutionen. Unterscheiden Sie hierbei struktur- von ordnungspolitischen Maßnahmen.

M 13: Die Wirtschaft forscht trotz Krise – Unternehmen halten Forschungsinvestitionen auf Vorjahresniveau M 14: Wie Innovationen entstehen Die Artikel in den beiden letzten Materialien dieses Komplexes stellen den Übergang zur Ausei­ nandersetzung mit dem Innovationsindikator 2009 her. M 13 verdeutlicht, dass deutsche Unter­ nehmen auch in Krisenzeiten kaum an Forschung und Entwicklung gespart haben und auch die Förderung von Bildungsinitiativen nur in geringem Maße zurückgegangen ist. Verbunden ist das eigene Engagement jedoch mit der Aufforderung an staatliche Institutionen, derartige Aktivitä­ ten stärker zu unterstützen, da sie auch im volkswirtschaftlichen Gesamtinteresse liegen.

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Lehrerhandreichung

M 14 beschäftigt sich dahingegen sehr grundlegend mit den Entstehungszusammenhängen von Innovationen, denen sich Geistes- und Sozialwissenschaftler, unter dem Eindruck der Allgegen­ wart des Begriffes, derzeit intensiv widmen.

zu M 13: 1. Stellen Sie dar, inwieweit sich die Forschungsinvestitionen deutscher Unternehmen in den Krisenzeiten konkret verändert haben. 2. Erläutern Sie, welche Gründe für die relativ geringen Veränderungen der For­ schungsinvestitionen verantwortlich sein dürften. Überprüfen Sie, welche Aussagen sich hinsichtlich der Bedeutung des Forschungsbereiches für deutsche Unternehmen hieraus ableiten lassen. zu M 14: 1. Erklären Sie, inwieweit „Innovation“ zum „Schlagwort des Jahrzehnts“ avanciert ist. Geben Sie wesentliche Aspekte wieder, die im Allgemeinen mit diesem Begriff in Ver­ bindung gebracht werden. 2. Setzen Sie sich mit den vorgestellten Forschungsergebnissen auseinander. Ermitteln Sie jene Faktoren, die nach Ansicht der Kultur- und Geisteswissenschaftler aus­ schlaggebend für die Entwicklung von Innovationen sind und überprüfen Sie, inwieweit diese Einsichten herkömmlichen Vorstellungen zu widersprechen schei­ nen. 3. Ermitteln Sie die Bedeutung und Dimensionen des „Scheiterns“ im Zusammenhang mit der Entwicklung von Innovationen.

M 15: Vorstellung Deutsche Telekom Stiftung M 15 stellt die Deutsche Telekom Stiftung mit ihren wesentlichen Tätigkeitsfeldern vor. Die ­Stiftung liefert als Auftraggeber des Innovationsindikators einen wesentlichen Beitrag zur Inno­ vationsforschung, mit der sich die Schülerinnen und Schüler in den folgenden Komplexen aus­ einander setzen sollen. Weitere Informationen zur Deutschen Telekom Stiftung erhält man unter: www.telekom-stiftung.de

1. Begründen Sie das Interesse der Deutschen Telekom Stiftung an der Innovationsfor­ schung. 2. Arbeiten Sie heraus, inwiefern der Aspekt der „Innovation“ in allen vier Tätigkeits­ bereichen der Stiftung eine Rolle spielt. Erläutern Sie, wie hierzu die Initiierung und Finanzierung des Innovationsindikators, also einer umfassenden Studie zur Innovationsfähigkeit Deutschlands im internationalen Vergleich, passt.

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Unterrichtliche Realisierungsmöglichkeiten

Komplex 2: Ziele, Methodik und Ergebnisse des Innovationsindikators 2009 (M 16 – M 23) M 16: Über Denkmodelle und Theorien Bevor die Auseinandersetzung mit der Fragestellung und Methodik des Innovationsindikators beginnt, soll mit Hilfe dieses Materials eine Sensibilisierung für wissenschaftliche Forschung zur Erschließung komplexer ökonomischer und gesellschaftlicher Sachverhalte und Prozesse erreicht werden. Den Schülerinnen und Schülern muss dabei deutlich werden, dass es im Rah­ men von Forschung und Modellbildung qua definitionem nie um die Erfassung sämtlicher Aspekte eines Wirklichkeitsbereiches geht, sondern dass die Fokussierung auf spezifische Frage­ stellungen und die Nutzung ausgewählter Informationen überhaupt erst die Möglichkeit schafft, sinnvolle Ergebnisse und Aussagen zu generieren. Dies beinhaltet auch, dass die Ergebnisse empirischer Studien wie des Innovationsindikators nur verstanden und verortet werden kön­ nen, wenn das „Netz“, mit dem die Forscher nach Informationen „gefischt“ haben, bekannt ist.

1. Fassen Sie die Kernaussagen der drei Beispiele zusammen. Was wird hinsichtlich der Vorgehensweise wissenschaftlicher Forschung beschrieben? 2. Welche Hinweise liefern diese Beispiele für die Annäherung an eine umfangreiche Studie wie den Innovationsindikator 2009?

M 17: Akteure und Rahmenbedingungen Im Sinne der unter 1.1 und 1.2 formulierten Kompetenzen bettet dieses Material die Herange­ hensweise des Innovationsindikators in einen grundlegenden Rahmen ein. Im Hinblick auf alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fragen ist es v. a. wichtig zu erkennen, dass die im Ord­ nungsrahmen festgelegten „Spielregeln“ die Handlungen/„Spielzüge“ der Akteure in Wirtschaft, Gesellschaft, Politik usw. maßgeblich bestimmen. Bezogen auf die Frage der Innovationsfähigkeit eines Landes und seiner Akteure ist entsprechend die Verbindung zwischen den hier gültigen Rahmenbedingungen und den zu beobachtenden Handlungen von Unternehmen, Privaten Haushalten etc. zu analysieren. Genau dies tut der Innovationsindikator, indem er die für seine Fragestellung relevanten Akteure und Rahmenbedingungen unter die Lupe nimmt und Interde­ pendenzen zwischen Input (z. B. in Form staatlicher Anreizsysteme) und Output (z. B. in Form innovativer Produkte von Unternehmen) veranschaulicht.

1. Erläutern Sie in eigenen Worten die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Teilsystemen eines Gesellschaftssystems. 2. Inwiefern können Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen auch als „Spielregeln“ verstanden werden, die die „Spielzüge“ der Akteure im Wirtschaftsgeschehen bestim­ men? Welche Funktion erfüllt in diesem Zusammenhang die Rechtsordnung? 3. Erklären Sie, was unter dem gesellschaftlichen Innovationsklima verstanden wird. Diskutieren Sie, welche Aspekte hierzu Ihrer Meinung nach zählen sind. 4. Verdeutlichen Sie vor diesem Hintergrund, warum die Untersuchung der Innovati­ onsfähigkeit eines Landes nicht nur z. B. den Output von innovativen Produkten durch die Unternehmen betrachten kann, sondern gleichermaßen die vom Staat in diesem Zusammenhang festgelegten gesetzlichen Regelungen und das gesellschaft­ liche Innovationsklima.

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Lehrerhandreichung

M 18: Der Innovationsindikator als Blackbox M 19: Überblick über die Methodik des Innovationsindikators M 20: Institutionen im Bereich der Wirtschaftsforschung M 21: Vorstellung: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Betrachtet man nur die Ausgangsfrage sowie die Ergebnisse des Innovationsindikators, wie es die meisten Beobachter, auch bei anderen Studien i. d. R. tun, so bleibt vollkommen unklar, wie die ermittelten Werte zustande gekommen sind. Dies gilt insbesondere, wenn am Ende abstrakte Zahlenangaben stehen (Deutschlands Innovationsfähigkeit liegt bei 5,01 = Rang 9!). Wesentli­ ches Ziel dieser Einheit ist es, die „Blackbox“ Innovationsindikator für Schülerinnen und Schü­ ler zu öffnen und darüber Einsichten bzgl. der Vorgehensweise der Forscher zu ermöglichen. Eine kritische Beurteilung der Ergebnisse setzt diese Form der Transparenz zwingend voraus. M 18 liefert die zur Annäherung erforderlichen Fragestellungen und liefert erste grundlegende Hinweise. Hieran anknüpfend beschäftigt sich M 19 ausführlich mit der methodischen Herangehensweise der Studie: Was wird konkret betrachtet? Welche Quellen werden genutzt? Wie werden die gesammelten Werte vereinheitlicht und skaliert? usw. In diesem Zusammenhang stellt das Material M 20 wesentliche Institutionen, die als Datenquel­ len fungieren, in kurzen Steckbriefen vor.  Auf diese Weise wird Schülerinnen und Schülern ein wichtiges Instrument an die Hand gegeben um sich selbstständig Informationen und Daten auch in anderen Unterrichtszusammenhängen zu beschaffen. Das Deutsche Institut für Wirt­ schaftsforschung in Berlin wird in M 21 als diejenige Institution, die den Innovationsindikator erarbeitet, dabei ausführlicher vorgestellt.

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Unterrichtliche Realisierungsmöglichkeiten

zu M 18: 1. Entwickeln Sie weitere Fragen zur näheren Beschreibung der „Blackbox“. 2. Ermitteln Sie weitere Beispiele für „Blackboxes“, wie sie z. B. in der täglichen Berichterstattung über politische und wirtschaftliche Ereignisse zu finden sind. 3. Erläutern Sie, warum es notwendig ist, die „Blackbox“ zumindest ein Stück weit zu öffnen, um die Ergebnisse des Innovationsindikators angemessen verstehen und beurteilen zu können. zu M 19: 1. Arbeiten Sie heraus, warum eine solche Studie eine breit angelegte Quellenbasis benötigt. 2. Beschreiben Sie, wie die unterschiedlichen Informationen aus den verschiedenen Quellen im Innovationsindikator gebündelt und zusammengefasst werden. Erklä­ ren Sie in diesem Zusammenhang die Begriffe „Skalierung“ und „Standardisie­ rung“. zu M 20: 1. Recherchieren Sie unter den angegebenen Internet-Adressen weitere Informationen zu den in M 20 vorgestellten Institutionen. Erläutern Sie, warum gerade diese als Informationslieferanten für den Innovationsindikator dienen. zu M 21: 1. Ermitteln Sie weitere Informationen zu Aufbau, Tätigkeit und Zielsetzung des DIW! 2. Legen Sie dar, inwiefern sich die Erstellung des Innovationsindikators in das gesamte Profil und Aufgabenspektrum des DIW einpasst.

M 22: Zentrale Ergebnisse des Innovationsindikators 2009 M 22 fasst die wesentlichen Ergebnisse des Innovationsindikators 2009 im Hinblick auf Deutschland übersichtlich zusammen. Die Darstellung wird bewusst kurz gehalten, um eine tiefergehende Auseinandersetzung mit den Resultaten einzuleiten, jedoch nicht zu ersetzen. Auf der Grundlage dieser Aufstellung können je nach Wunsch – beispielsweise arbeitsteilig – „Tie­ fenbohrungen“, sprich detaillierte Analysen vorgenommen werden.

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Lehrerhandreichung

1. Verorten Sie die Innovationsfähigkeit Deutschlands im internationalen Vergleich. 2. Fassen Sie die zentralen Ergebnisse des Innovationsindikators 2009 bzgl. der ­deutschen Innovationsfähigkeit zusammen. Verorten Sie diese im internationalen Vergleich. 3. Überprüfen Sie, inwieweit die identifizierten Stärken und Schwächen Deutschlands hinsichtlich der Innovationsfähigkeit überraschen könnten. Begründen Sie Ihre ­Meinung! 4. Wählen Sie einen Bereich aus und analysieren Sie, unter Rückgriff auf die Publi­ kation bzw. die ausführliche Studie, auf welcher Datenbasis die Ergebnisse ermittelt wurden.

M 23: Wozu dienen die Ergebnisse des Innovationsindikators? Die entscheidende Frage ist: Was fängt man mit der Vielzahl von Ergebnissen und Informationen an? Das Ziel des Innovationsindikators ist es grundsätzlich, ein Bewusstsein für die Funktion von Innovationen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft zu entwickeln und Verhalten auf den verschiedenen Entscheidungs- und Handlungsebenen zu initiieren, das eine Verbesserung der Innovationsfähigkeit in Deutschland ermöglichen kann.

1. Ermitteln Sie das Verhältnis zwischen den Handlungen und den Handlungs­möglich­ keiten/-bedingungen der Akteure. Unterscheiden Sie in diesem Zusammenhang ­zwischen Rahmenbedingungen (= Input) und Handlungen, die Innovationen her­ vorbringen (= Output). 2. Geben Sie die zentralen Ziele, die die Forscher mit Hilfe des Innovationsindikators erreichen wollen, wieder..

Komplex 3: „Innovationen im deutschen Bildungssystem“ (M 24 – M 33) M 24: Auszug aus der Berliner Rede des Bundespräsidenten Horst Köhler (21.09.2006) Zum Einstieg in die Auseinandersetzung mit dem Status des deutschen Bildungssystems, seinen Entwicklungsperspektiven und den notwendigen Innovationen dient ein Auszug der bekannten Berliner Rede des Bundespräsidenten Horst Köhler aus dem Jahr 2006. Im ausgewählten Aus­ schnitt begründet er a) die Notwendigkeit eines effizienten Bildungssystems in Deutschland und benennt b) seiner Meinung nach notwendige Reformschritte. Den Schülerinnen und Schü­ lern wird auf diesem Weg – in Anknüpfung an M 14 – ein Einstieg in Komplex 3 ermöglicht.

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Unterrichtliche Realisierungsmöglichkeiten

1. Geben Sie die Begründung des Bundespräsidenten Horst Köhler hinsichtlich der Notwendigkeit eines effizienten Bildungssystems in Deutschland wieder. Legen Sie dar, welche Rolle seiner Meinung nach der internationale Wettbewerb in diesem Zusammenhang spielt. 2. Benennen Sie die von ihm aufgeführten Defizite. Diskutieren Sie mögliche Lösungs­ möglichkeiten und begründen Sie diese. 3. Überprüfen Sie, inwiefern die Forderung Köhlers auch Jahre später noch berechtigt erscheinen. Begründen Sie Ihre Einschätzung. 4. Recherchieren Sie weitere Beiträge und Aussagen des Bundespräsidenten Köhler zu bildungspolitischen Fragen. Fassen Sie seine Positionen zu den jeweiligen Fragestel­ lungen zusammen!

M 25: Bildungsökonomen: Qualität der Schulen für Wirtschaftswachstum zentral M 26: Schulmisere belastet die Wirtschaft M 27: Fachkräfte verzweifelt gesucht Der Artikel in M 25 stellt die bereits 2007 formulierte Position der Bildungsforscher Eric Hanus­ hek (Princeton University, USA) und Ludger Wößmann (Ifo-Institut und Ludwig Maximilian Uni­ versität München) hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen bildungspolitischen und volks­ wirtschaftlichen Entwicklungen sowie der Bewältigung der im deutschen Bildungssystem zu erkennenden Defizite zusammen. Interessant ist der Artikel deshalb, weil Analyse und Entwicklung von Lösungswegen auf der Basis wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse erfolgen. In diesem Zusammenhang wird ver­ deutlicht, dass ein hoher Bildungsabschluss gleichermaßen auf individueller wie gesellschaftli­ cher Ebene Nutzen stiftet. Zudem wird artikuliert, dass die Ausdehnung der staatlichen Finanz­ mittel keineswegs ausreiche, die Defizite im Bildungssystem zu lösen. Vielmehr gehe es darum, die Anreizstrukturen für alle in diesem System tätigen Akteure im Sinne gesamtgesellschaftlicher Zielsetzungen zu verändern. Bestärkt wird diese Analyse durch weitere Studien, von denen eine in M 26 näher vorgestellt wird. In dieser wird der Fokus insbesondere auf die Gruppe der so genannten „Risikoschüler“ gerichtet, von denen viele gar keinen Schulabschluss erreichen. M 27 beschäftigt sich in Ergän­ zung mit dem hieraus resultierenden Mangel an Fachkräften, der die deutsche Wirtschaft vor große Probleme stellt.

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Lehrerhandreichung

1. Erläutern Sie den Zusammenhang zwischen der Ausgestaltung des Bildungssystems, den individuellen Entwicklungschancen und der gesamtwirtschaftlichen Entwick­ lung eines Landes, so wie ihn die Bildungsforscher Eric Hanushek und Ludger Wöß­ mann wahrnehmen. 2. Ermitteln Sie die Erfordernisse, die sich hieraus für die deutsche Bildungspolitik ergeben. 3. Geben Sie die Lösungsvorschläge der Bildungsökonomen wieder. Verdeutlichen Sie, inwieweit diese auf ökonomische Analyseinstrumente und Erklärungsansätze zurückgreifen. 4. Arbeiten Sie heraus, wer zur Gruppe der „Risikoschüler“ gezählt wird. 5. Erklären Sie, weshalb dringend Lösungen für diese Schülerguppe zu finden sind. Ermitteln Sie die diskutierten Instrumente und bewerten Sie diese hinsichtlich kurz- und mittelfristiger Erfolgsaussichten. Begründen Sie Ihre Einschätzungen. 6. Legen Sie dar, was unter dem „Fachkräftemangel“ verstanden wird. Analysieren Sie die in diesem Zusammenhang auftretenden Beziehungen zwischen den Problemen des Bildungssystems, den Herausforderungen der Unternehmen und der zukünfti­ gen Entwicklung der Volkswirtschaft.

M 28: Arbeitsblatt: Analyse der Indikatorergebnisse zum deutschen Bildungssystem M 29: Innovationsindikator 2009: Bildung M 30: Innovationsindikator 2009: Bildungsausgaben M 31: Innovationsindikator 2009: Fachkräfteausstattung M 32: Innovationsindikator 2009: Bildungsqualität M 33: Innovationsindikator 2009: Weiterbildung Im Weiteren erfolgt arbeitsteilig eine detaillierte Analyse der Ergebnisse des Innovationsindika­ tors in Bezug auf das deutsche Bildungssystem. Der Innovationsindikator untersucht dessen Sta­ tus Quo und Innovationsfähigkeit im Hinblick auf die in M 30 – M 33 benannten vier Aspekte. Der Kurs könnte in vier Schülergruppen geteilt werden, die jeweils die Aufgabe bekommen, sich einem der Aspekte näher zu widmen und die Herangehensweise und die ermittelten Ergebnisse des Innovationsindikators zu analysieren, zusammenzufassen und anschließend dem Kurs zu präsentieren. Form und Umfang der Untersuchung sowie der Präsentation sind dabei – abhän­ gig u. a. vom vorhandenen Zeitdeputat – durch die Lehrkraft zu konkretisieren. Das Arbeitsblatt M 28 strukturiert die Arbeit der Gruppen und sorgt dafür, dass am Ende ver­ gleichbare Ergebnisse erzielt werden. Gleichermaßen erhalten alle Schülerinnen und Schüler das Material M 29 als Einstieg in die vertiefte Auseinandersetzung mit dem Innovationsindikator.

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Unterrichtliche Realisierungsmöglichkeiten

Die Materialien M 30 – M 33 werden jeweils entsprechend der vergebenen Analyseschwer­ punkte in die Gruppe gegeben. Sie liefern erste Informationen zu den Quellen und Ergebnissen des Innovationsindikators bzgl. der o. g.  Aspekte, so dass von ihnen ausgehend recht einfach eine weitergehende Untersuchung vorgenommen werden kann. Selbstverständlich kann der Gruppenauftrag erweitert werden, z. B. um die Einbeziehung weiterer Studien und Quellen.

1. Teilen Sie sich in vier Gruppen auf und legen Sie fest, welche Gruppe sich jeweils mit dem Aspekt Bildungsausgaben, Fachkräfteausstattung, Bildungsqualität bzw. Weiterbildung beschäftigt. 2. Arbeiten Sie in der Gruppe auf der Grundlage des Arbeitsblattes M 28.  Ausgangs­ basis sind die Ihnen ausgehändigten Materialien. 3. Erstellen Sie abschließend entsprechend der Vorgaben Ihrer Lehrkraft eine Präsenta­ tion, in der Sie Ihren Mitschülerinnen und Mitschülern die Ergebnisse Ihrer Arbeit vorstellen.

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Lehrerhandreichung

2.4

Internetlinks

Handelsblatt macht Schule www.handelsblattmachtschule.de Handelsblatt www.handelsblatt.com Institut für Ökonomische Bildung Oldenburg www.ioeb.de WiGy e. V. www.wigy.de Innovationsindikator 2009 http://www.telekom-stiftung.de/dtag/cms/contentblob/Telekom-Stiftung/de/791220/ blobBinary/innovationsindikator-2009.pdf Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung www.diw.de Deutsche Telekom Stiftung www.telekom-stiftung.de Statistisches Bundesamt www.destastis.de Europäisches Statistikamt (Eurostat) http://epp.eurostat.ec.europa.eu

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Internetlinks

Europäische Kommission http://ec.europa.eu/index_de.htm Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) www.bmwi.de Bundesministerium für Bildung und Forschung www.bmbf.de Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) www.oecd.org Gesellschaft zur Erforschung des Markenwesens e. V. (GEM) www.gem-online.de Economist Intelligence Unit (EIU) www.eiu.com INSEAD www.insead.edu World Economic Forum www.weforum.org

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Lehrerhandreichung

3.

Literaturhinweise

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Verknüpfung mit wigy Angeboten

IV.

Verknüpfung mit wigy Angeboten

Im Rahmen der Kooperation zwischen dem Handelsblatt und dem Institut für Ökonomische ­Bildung an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, in deren Rahmen die vorliegende Unterrichtseinheit entstanden ist, spielen die Supportangebote des wigy e. V. eine wesentliche Rolle. wigy setzt sich als bundesweite Initiative dafür ein, die ökonomische Bildung als einen inte­ gralen Bestandteil im allgemein bildenden Schulwesen zu verankern und das Bewusstsein für wirtschaftliche Gesamtzusammenhänge in der breiten Öffentlichkeit zu stärken. Gemeinsam mit engagierten Partnern und Förderern verfolgt wigy folgende Ziele: ■■ Unterstützung von Lehrkräften verschiedener Schulformen und

Schulstufen durch curriculare Konzepte und Unterrichtsmaterialien sowie Best-Practice-Beispiele ihrer Kollegen (z. B. Schulversuche oder Unterrichtsprojekte). ■■ Verbesserung des unternehmerischen Denkens und der

Ausbildungsfähigkeit der Schüler (z. B. mithilfe von Schülerfirmen). ■■ Unterstützung beim Aufbau systematischer Aus-, Fort- und

Weiterbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte in der ökonomischen Bildung. Nähere Informationen finden Sie unter www.ioeb.de. ■■ Auf- und Ausbau eines Netzwerkes von Schule, Wissenschaft,

Wirtschaft und Bildungspolitik für einen stetigen Informationsund Kommunikationsaustausch in der ökonomischen Bildung. ■■ Schaffung und Anpassung politischer Rahmenbedingungen für die

Etablierung der ökonomischen Bildung im allgemein bildenden Schulwesen.

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A B C D E F G H I J K  

Unter www.wigy.de werden umfangreiche Angebote für einen modernen Wirtschaftsunterricht aller Schulformen und Schulstufen bereitgestellt.

A Kennenlernen und Mitmachen Im Portrait des wigy e. V. erfahren Sie mehr über die Geschichte und die Zielsetzungen des Ver­ eins. Der Vereinsvorstand, die Mitglieder sowie die Unternehmensmitglieder stellen sich vor. Informationen für eine wigy Mitgliedschaft werden hier bereitgestellt.

 Aktuelles Hier finden Sie aktuelle Meldungen aus der ökonomischen Bildung sowie Hinweise zu Veranstal­ tungen und neuesten Publikationen.

 wigy für Lehrkräfte und Referendare Lehrkräfte und Referendare erhalten hier umfangreiche Angebote für den Wirtschaftsunterricht. Dazu gehören Unterrichtseinheiten und Arbeitsblätter, aber auch multimediale Angebote zum

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Thema Wirtschaft. Eine Suchmaske ermöglicht die gezielte Auswahl nach Inhaltsbereichen, Schulformen und -stufen. Das Angebot wird fortlaufend erweitert.

 wigy für Schulen Um das wirtschaftliche Grundwissen und die Ausbildungsfähigkeit der Schülerinnen und Schü­ ler zu fördern, erhalten die Schulen hier zahlreiche Angebote für den Wirtschaftsunterricht.

 wigy für Unternehmen/Institutionen Gute Gründe sprechen dafür, bei wigy aktiv zu werden: Unternehmen und Institutionen können mit wigy den Kontakt zu Auszubildenden und Mitarbeitern von morgen pflegen. Sie können vom Austausch mit anderen Unternehmen profitieren und ihrer sozialen Verantwortung Aus­ druck verleihen.

 wigy in den Bundesländern Die Angebote von wigy finden mittlerweile bundesweite Nutzung. Für einzelne Bundesländer stellt wigy bereits individuelle Angebote zur Verfügung. Neben den bestehenden Kooperationen mit Niedersachsen, Bremen und Hamburg können weitere Bundes­ länder diesem Beispiel folgen.

 Rund um den Unterricht Hier bietet wigy einen großen Fundus an Unterrichtsmaterialien, Methodenbeispielen und wei­ teren Unterrichtshilfen für alle Schulformen. Dazu gehören auch Angebote, die durch die Kooperation zwischen dem Handelsblatt und dem Institut für Ökonomische Bildung entstanden sind.

 Handelsblatt macht Schule Hier finden Sie alle Angebote der Kooperation zwischen dem Handelsblatt und dem Institut für Ökonomische Bildung. Sie können sich hier auch die Unterrichtseinheiten zu den Themen ­„Globalisierung“, „Unternehmen und Strukturwandel“, „Wirtschaftsordnung“ sowie die vorlie­ gende „Innovationen“ als pdf-Dokument herunter laden bzw. als Printversion bestellen. Darüber hinaus stehen Ihnen ein Lehrer-Probeabonnement, Klassensatzlieferungen des Handelsblattes und der Handelsblatt Newcomer, die erste deutsche Wirtschaftszeitung für Schüler, zur Verfü­ gung – alles kostenlos und unverbindlich. Zudem bieten wir Praxiskontakte zu Partnerunterneh­ men, Glossare, Serien u. v. m. www.handelsblattmachtschule.de

 wigy netz:werk Veranstaltungen Zur Förderung ökonomischer Grundbildung wird neben der Bereitstellung von Angeboten für den Unterricht besonders der kontinuierliche Austausch zwischen den teilnehmenden Akteuren vertieft. Die netz:werk-Veranstaltungen zwischen Schule, Wirtschaft und Wissenschaft fördern den Informations- und Kommunikationsaustausch in der ökonomischen Bildung.

 Praxiskontakte wigy unterstützt seine Mitglieder bei Kontaktwünschen zwischen Schulen, Unternehmen und Verbänden, bei der Durchführung von Praktika sowie bei Fragen der Qualifizierung oder der schulischen Profilbildung.

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Verknüpfung mit wigy Angeboten

 Berufsorientierung und Studienwahl In dieser Rubrik finden Sie Informationen rund um die „Berufsorientierung und Studienwahl“ in allgemein bildenden Schulen. Neben fachwissenschaftlichen Beiträgen zur Diskussion vom Übergang von der Schule in das Berufsleben, werden allgemeine Konzepte und curriculare Vor­ gaben zur Berufsorientierung vorgestellt. Materialien und Arbeitsblätter zur Berufsorientierung für Ihren Unterricht stellen wir Ihnen hier zur Verfügung.

 wigy Bibliothek Hier finden Sie viele interessante Materialien und Anregungen rund um die ökonomische Bil­ dung. Die wigy Bibliothek umfasst eine umfangreiche Linksammlung und Medientipps.

 Kontakt Anregungen und Themenwünsche für neue Unterrichtsmaterialien, Informationen zu Schulpro­ jekten oder Fragen zur WiGy-Mitgliedschaft können Sie im Feedbackbereich mitteilen.

 Login Einige Supportangebote stehen exklusiv WiGy-Mitgliedern zur Verfügung. Ein persönliches Login ermöglicht den uneingeschränkten Zugriff auf alle Angebote. In der Datenbank des wigy e. V. finden sich im Archiv von „Wirtschaft aktuell im Unterricht“ beispielsweise die folgenden, für den Unterricht aufbereiteten Handelsblatt-Artikel:

Expo: Schlangen, Gedränge und Plagiate (29.04.2010) Der Artikel zeigt die wirtschaftliche Bedeutung der Weltausstellung Expo 2010 in der chinesi­ schen Metropole Shanghai auf.

Nokia muss sich neu erfinden (23.04.2010) Der Artikel beschäftigt sich mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Handy-Herstellers Nokia und der zunehmenden Relevanz von Zusatzfunktionen bei Mobiltelefonen.

Leuchtdioden: Neues Licht bringt neue Hoffnung (04.03.2010) Der Artikel setzt sich mit der derzeit positiven Entwicklung auf dem Markt für Leuchtdioden (LEDs) auseinander.

Fernsehstars gehen im Netz auf die Quotenjagd (25.02.2010) Der Artikel thematisiert die zunehmende Nutzung von Videoplattformen öffentlich-rechtlicher und privater TV-Sender.

Die Boarder und ihr Hang zur Mode (22.02.2010) Der Artikel fasst die aktuellen Entwicklungen auf den Märkten für Snowboard-Equipment und Wintersportbekleidung zusammen.

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Verknüpfung mit wigy Angeboten

Wirtschaft hofft auf Migranten (17.02.2010) Der Artikel beschäftigt mit der Stellung der Jugendlichen mit Migrationshintergrund im deut­ schen Bildungssystem und in der Arbeitswelt.

Firmen wollen 2010 wieder einstellen (15.02.2010) Der Artikel beschäftigt sich mit den positiven Prognosen für den deutschen Arbeitsmarkt im Jahr 2010.

Benetton sucht auf Youtube (05.02.2010) Der Artikel beschreibt die vom Modekonzern Benetton geplante Marketingmaßnahme, durch ein online-Casting neue Models zu finden.

Australier sagen Discounter Aldi den Kampf an (02.02.2010) Der Artikel thematisiert die Expansion des deutschen Discounters Aldi auf dem australischen Einzelhandelsmarkt.

Das Jahr 2010 wird für die Weltwirtschaft zur Nagelprobe (27.01.2010) Der Artikel beschäftigt sich mit den zentralen Themen des diesjährigen World Economic Forums (WEF).

Samsung kooperiert mit Google künftig bei E-Büchern (08.01.2010) Der Artikel thematisiert die aktuelle und prognostizierte Entwicklung auf dem Markt für E-Books.

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Materialien

V. Materialien Der „Materialienpool“ in diesem Kapitel gibt Ihnen eine Auswahl an Texten, Schaubildern, Grafiken und Zeitungsartikeln. Sie können für Ihren Unterricht flexibel aufgaben- und zielbezogen darauf zurück­ greifen. Gleichzeitig bieten sich Ihnen an verschiedenen Stellen Möglichkeiten des Einsatzes komplexer, aktiver Lehr- und Lernver­ fahren des Ökonomieunterrichts. Zum besseren Einsatz haben wir für Sie Zeitungsartikel teilweise in zwei Formaten abgedruckt. Sie finden Artikel, die mit Zeilennummern versehen und einspaltig sind, aber auch Faksimiles der Originalartikel aus dem Handelsblatt. Sie können so Ihre Schülerinnen und Schüler auf verschiedene Weisen an Wirtschaftsartikel heranführen und Ihnen zeigen wie sie sich in der täglich wachsenden Informationsflut orientieren, wie sich Texte lesen, erfassen und bewerten lassen. Die Materialien bieten Ihnen eine Auswahl an Artikeln zum Thema „Innovation“, die im Handelsblatt erschienen sind. Damit Sie das ganze Jahr lang auf aktuelle Handelsblatt-Artikel zurückgreifen können, haben wir die Rubrik „Unterrichtsmaterial“ auf unserer Webseite www.handelsblattmachtschule.de und der Internetpräsenz des WiGy e.V. (www.wigy.de) eingerichtet. Dort finden Sie tagesak­ tuelle Handelsblatt-Artikel, die für den direkten Einsatz im Unterricht didaktisch aufbereitet wurden. Versehen mit Arbeitsanweisungen und Lernzielen können Sie so auch „last minute“ einen spannenden Wirtschaftsunterricht gestalten.

Übrigens: Lehrer lesen günstiger! Für Sie als Lehrerinnen und Lehrer haben wir ein besonderes Angebot: Vier Wochen können Sie kostenlos das Handelsblatt als Probeabonnement beziehen – kostenlos und unverbindlich. Darüber hinaus haben Sie die Möglichkeit, für sich und Ihre Klasse / Ihren Kurs ebenfalls kostenlos das Handelsblatt als Klassensatz zu bestellen – Lieferstart, -dauer und die Wochentage sind dabei wählbar. Mehr dazu unter www.handelsblattmachtschule.de/info

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M1 Fünf Fragen zum Thema Innovation

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Was verstehen Sie selbst eigentlich unter dem Begriff „Innovation“? Wie bewerten Sie persönlich die Wirkungen von Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft? Und für wie relevant halten Sie die Entwicklung von Innovationen für die Weiterentwicklung der Gesellschaft und Wirtschaft des eigenen Landes? Als Ausgangspunkt für die vertiefte Aus­ einandersetzung mit dem Thema Innovation ist es sinnvoll, sich mit diesen Fragen zu befassen.

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Aufgabe: Beantworten Sie die folgenden Fragen. Es geht nicht um richtige oder falsche Antworten, sondern um Ihr Verständnis von Innovationen. Fassen Sie anschließend die Ergebnisse des Kurses zusammen und diskutieren Sie insbesondere Unterschiede in den Bewertungen.

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1. Definieren Sie den Begriff „Innovation“. Was zeichnet eine Innovation Ihrer Meinung nach im Wesentlichen aus?

2. Welche Innovationen fallen Ihnen ein, die im Verlaufe der Geschichte wesentliche ­Veränderungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens in den Industrie­ staaten hervorriefen? Begründen Sie kurz Ihre Einschätzung!

3. Gab es seit den 1990er Jahren Innovationen, denen Sie eine starke Veränderungs­ wirkung in Gesellschaft und Wirtschaft heute und in Zukunft zuschreiben? Begründen Sie kurz Ihre Einschätzung!

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M1

4. Wer hat Ihrer Meinung nach als Träger von Innovationen in einer Gesellschaft zu gel­ ten bzw. spielt im Rahmen deren Entwicklung eine Rolle?

5. Wie bewerten Sie die Bedeutung einer hohen Innovationsfähigkeit für die wirtschaft­ liche und gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland: sehr hoch  

hoch  

weniger hoch  

irrelevant

Begründen Sie kurz Ihre Meinung:

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M2 Zitatesammlung „Innovation umfasst die Einführung,  Aneignung und erfolgreiche Verwendung einer Neu­ erung in Wirtschaft und Gesellschaft“ 5

Europäische Union

„Du siehst Dinge und fragst dich: ,Warum?‘, doch ich träume von Dingen und sage ,Warum nicht!‘“ George Bernhard Shaw (1856 – 1950), irischer Schriftsteller 10

„Es gibt kein Vergangenes, das man zurücksehnen darf, es gibt nur ein ewig Neues, das sich aus den erweiterten Elementen der Vergangenheit gestaltet, und die echte Sehnsucht muss stets produktiv sein, ein Neues, Besseres zu schaffen.“ Giordano Bruno (1548 – 1600), italienischer Philosoph 15

„Innovationsfähigkeit fängt im Kopf an, bei unserer Einstellung zu neuen Techniken, zu neuen Arbeits- und Ausbildungsformen, bei unserer Haltung zur Veränderung schlechthin. [...] Die Fähigkeit zur Innovation entscheidet über unser Schicksal. [...] Wer 100 Meter Anlauf nimmt, um dann zwei Meter weit zu springen, der braucht gar nicht anzutreten.“ 20

Roman Herzog, ehemaliger Bundespräsident, Berliner Rede,  April 1997

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Am 14. Juli 1881 erschien in Berlin das ‚Buch der 96 Narren‘ – das erste Telefonbuch! ‚Buch der 96 Narren‘ nannte es der Volksmund, weil sie dem Mann auf der Straße leid taten, die ersten 96 deutschen Teilnehmer, die auf diesen ‚Schwindel aus Amerika‘ herein­ gefallen waren: das Telefon. Der Postminister bot übrigens jeder Stadt ein eigenes Fern­ sprechnetz an, wenn sich wenigstens 40 Interessenten melden würden. In Köln waren es nur 36. Die Stadt wäre vielleicht heute noch ohne Telefon, wenn die Industrie- und ­Handelskammer nicht für die fehlenden vier gebürgt hätte. Quelle unbekannt

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Das Neue wird immer im Schmerz geboren. Graham Greene (1904 – 1991), englischer Autor

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Bill Gates wäre in Deutschland allein deshalb gescheitert, weil nach der Baunutzungs­ ordnung in einer Garage keine Fenster drin sein dürfen. Jürgen Rüttgers (*1951), Ministerpräsident von Nordrhein Westfalen

Jede Schöpfung ist ein Wagnis. Christian Morgenstern (1871 – 1914), deutscher Lyriker 40

Statt unablässig den Verlust der alten Industrien zu bejammern, müssen wir uns einfach dem Abenteuer stellen, neue Industrien zu entwickeln. John Naisbitt (*1930), amerikanischer Prognostiker 45

Wer auf frischen Wind wartet, darf nicht verschnupft sein, wenn er kommt. Helmut Qualtinger (1928 – 1986), österreichischer Schriftsteller, Kabarettist und Schauspieler

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M3 Definition „Innovation“

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Innovation (zu latein. novare „erneuern“, „verändern“): die Erzeugung und Umsetzung von Neuerungen. Dazu gehören die Schaffung neuer Produkte (Produktinnovation) oder die Verbesserung bestehender Produkte (Verbesserungsinnovation), die Entwicklung neuer Herstellungsverfahren (Prozessinnovation oder Verfahrensinnovation) und die Ein­ führung neuer Methoden der Organisation des Managements, die Erschließung neuer Märkte (z. B. Vertrieb über das Internet) sowie institutionelle Änderungen (institutionelle Innovation), z. B. technische Sicherheitsstandards und Umweltqualitätsnormen.

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Wirkungen: Die ständige Bereitschaft und Fähigkeit der Unternehmen zu Innovationen ist im Sinne des von Joseph A. Schumpeter beschriebenen Prozesses der schöpferischen Zerstörung eine entscheidende Voraussetzung zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und der Volkswirtschaft. Darüber hinaus tragen Innovationen dazu bei, gesamtwirtschaftliche Sättigungserscheinungen zu überwinden und sind insofern eine wichtige Bedingung für Strukturwandel und Wachstum der Wirtschaft. Förderung: [...] Die Bereitstellung von Forschungsinfrastruktur und die Integration ver­ schiedener innovationsbeeinflussender Politikbereiche sind wichtige Aufgaben der For­ schungs- und Technologiepolitik. Die zunehmende Globalisierung der Märkte zwingt dar­ über hinaus die nationale wie die europäische Politik dazu, den Schwerpunkt von der rei­ nen Technikförderung auf das Initiieren von komplexen Innovationen [...] zu verlagern. Zukunftsentwürfe der 1990er-Jahre gehen davon aus, dass künftig nicht nur die Frage nach der technischen Realisierbarkeit im Mittelpunkt des Interesses von Wirtschaft, ­Wissenschaft, Staat und Öffentlichkeit stehen wird, sondern auch jene nach dem Lösungs­ beitrag von Innovationen für zahlreiche, in den verschiedenen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft anstehenden Probleme. [...] Förderinstrumente: Die Instrumente der Innovationsförderung sollen die mit der Erfor­ schung und Entwicklung neuer Produkte und Verfahren verbundenen Risiken, vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen, reduzieren. Quelle: Der Brockhaus – Wirtschaft (2008), Leipzig/Mannheim: Brockhaus, 292ff.

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M4 Basisinnovationen und ihre Wirkungen – Kondratjew V

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Die langfristigen Wellenbewegungen der Wirtschaft, die von Basisinnovationen ausgelöst werden, nennen die Ökonomen „Kondratjew-Zyklen“7. Jeder dieser Anstöße hat einen starken Wachstumsschub gebracht, hat den Strukturwandel beschleunigt und die Lebens­ umstände umgewälzt. Mit der Dampfmaschine kam die Mechanisierung der Produktion. Weil man die Energie mit Transmissionen nur über geringe Entfernungen übertragen konnte, mussten alle Maschinen in einer Halle aufgestellt werden. Die Fabrik war entstan­ den.  Aus Handwerkern wurden Arbeiter.

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Die Eisenbahn dezimierte die Transportkosten. Große Produktionsstätten wurden mög­ lich. Die Folge war Massenproduktion, Konzentration aber auch Konkurrenz also Markt­ wirtschaft. Die folgende Welle war ein Doppelschlag – Chemie und Elektrizität. Unter den zahlreichen Folgen ragen zwei heraus: Die Nahrungsmittelproduktion konnte soweit gesteigert werden, dass der Hunger auf absehbare Zeit besiegt war und das elektrische Licht machte die Nacht zum Tage. Der Lebens- und Arbeitsrhythmus löste sich von den natürlichen Gegebenheiten. Der vierte Zyklus, das Automobil, hat unsere Lebensgewohn­ heiten, Siedlungsstrukturen und Landschaften stärker noch als die früheren verändert. Heute zählen wir den fünften Kondratjew, Datenverarbeitung und Datenübertragung. Quelle: Engels, W., Wirtschaftswoche, Nr. 003, 12.01.1995, 106

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Das Comeback von Kondratjew […] Dass „lange Wellen“ die Wirtschaftsgeschichte charakterisieren, hat als Erster der ­russische Ökonom und Konjunkturforscher Nicolai Kondratjew entdeckt – in den 20erJahren des letzten Jahrhunderts. Für ihn persönlich erwies sich diese Theorie als verhäng­ nisvoll. Josef Stalin ließ den Wissenschaftler 1930 verhaften und acht Jahre später hinrich­ ten. Schließlich implizierte Kondratjews These vom langfristigen Auf und Ab der Wirt­ schaft: Der Kapitalismus ist lernfähig und nicht, wie die Kommunisten glaubten, unweigerlich dem Untergang geweiht. Eine konterrevolutionäre These, die Kondratjew mit seinem Leben bezahlte.

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Kurz nach dessen Tod griff der berühmte österreichische Ökonom Joseph Schumpeter Kondratjews Thesen auf und entwickelte sie weiter. Die Theorie der „langen Wellen“ war der Ausgangspunkt für Schumpeters These der „schöpferischen Zerstörung“. Laut Schum­ peter sind neue Ideen und Technologien, die alte verdrängen, der eigentliche Motor für Wohlstand und Wachstum. Innovative Unternehmer, die grundlegend neue Basistechno­ logien erfinden, bringen laut Schumpeter „lange Wellen“ in Gang. Die Spanne zwischen zwei Basisinnovationen nannte Schumpeter als Hommage an seinen jung verstorbenen Kollegen „Kondratjew-Zyklus“. So war es die Dampfmaschine, die die Wirtschaft revolutionierte, später die Eisenbahn, die die Transportzeiten auf einen Bruchteil zusammenschrumpfen ließ. Für KondratjewKenner ist es auch kein Zufall, dass die Große Depression begann, als fast alle Fabriken über elektrisches Licht verfügten und die nächste – vierte – Welle des Automobils noch nicht ihren Höhepunkt erreicht hatte.

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Nicolai Kondratjew (1892 – 1938), russischer Wirtschaftswissenschaftler und Statistiker, dem die Entdeckung langer Konjunkturwellen zugeschrieben wird. Diese strecken sich über Zeiträume von 50 – 60 Jahren und werden durch grundlegende technische (Basis-)Innovationen ausgelöst.

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Nur wenige Wissenschaftler denken in „langen Wellen“. Das bekam Schumpeter bereits Ende der 30er- Jahre zu spüren. Damals überragte die „Allgemeine Theorie“ von John Maynard Keynes alle anderen Ansätze. „Obwohl sich Schumpeter redlich bemühte, seine Sicht der Kondratjew-Wellen, die durch innovative Unternehmer entstehen, zu erklären“, sagt Kondratjew-Experte Erik Händeler.

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Mainstream-Ökonomen verweisen darauf, dass die Wirtschaftsleistung in den Industrie­ ländern trotz Rezessionen kontinuierlich gewachsen ist. Weder in den Statistiken zum Brutto­inlandsprodukt noch zur Produktivitätsentwicklung ließen sich Belege für die Exis­ tenz von „langen Wellen“ finden. „Auf makroökonomischer Ebene lassen sich die langen Wellen tatsächlich nicht nachweisen“, räumt die venezolanische Innovationsforscherin Carlota Perez ein. Schaue man aber auf die Ebene der Innovationen, dann werde die Wucht der Neuerungen in den Märkten sichtbar – auch wenn sich die Veränderungen nicht oder erst später im BIP zeigen oder sich große Wellen überlappen. Perez, die unter anderem an der Judge Business School in Cambridge forscht, hat noch ein anderes Gegenargument. Traditionelle Makroökonomen, die nur auf harte wirtschaft­ liche Kennzahlen schauen, litten unter einem Tunnelblick. Beziehe man auch gesellschaft­ liche und soziale Aspekte mit ein, seien die langen Wellen klar erkennbar: Von der Dampf­ maschine über das Auto bis zum Computer hätten Basisinnovationen die Gesellschaft radikal umgewälzt. […] Wer an die Theorie der langen Wellen glaubt, für den ist die spannendste Frage die: Was treibt den nächsten Kondratjew-Zyklus? Was wird in Zukunft der wichtigste Motor der Wirtschaft? Der St. Augustiner Wissenschaftler Nefiodow ist überzeugt, die Antwort darauf gefunden zu haben. In den 80er-Jahren arbeitete er als Gutachter in der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung im Auftrag des Bundesforschungsministeriums. Er sollte herausfinden, warum die Japaner die Deutschen im Computerzeitalter abgehängt hatten. Dabei stieß Nefiodow auf Kondratjews Theorie und kam zu dem Ergebnis: „Der Beginn des vernetzten Arbeitens per Computer passte einfach besser zu den Japanern als zu den Deutschen.“ Fortan suchte er nach dem „nächsten Kondratjew“. Er sammelte unendlich viele Daten über neue Technologien, spielte verschiedene Szenarien durch. 1996 kam er zu dem Ergebnis: „Der gesunde Mensch in einem umfassenden Sinne ist der sechste Kondratjew.“

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Schneller als mit dem Flugzeug ließen sich Güter und Menschen nicht mehr transportie­ ren, schneller und kostengünstiger als per E-Mail ließen sich Daten nicht austauschen. „Das größte Produktivitätspotenzial besteht nun in der Vermeidung und Heilung von Krankheiten“, ist Nefiodow überzeugt. Die Gesundheit der Mitarbeiter sei Voraussetzung für gute Leistungen und gute Zusammenarbeit. Er ist sicher, dass wir bereits auf dem Wege zum sechsten Kondratjew sind. „Sowohl in Deutschland als auch in den USA ist die Gesundheitsbranche zum größten Arbeitgeber geworden“, argumentiert er. Mehr als jeder zweite Job seit 2001 sei in den USA im weite­ ren Umfeld der Gesundheitsbranche entstanden. Dabei gehe es um weit mehr als Ärzte und Krankenschwestern, sondern auch um all diejenigen Jobs, die dazu geeignet sind, Menschen gesund zu machen oder gesund zu erhalten. Zudem würden die Menschen immer älter, aber nicht gesünder. Die Krankheitskosten für Sozialsysteme und Unternehmen steigen. Davon würden Psychotherapeuten, Alternativ­ mediziner, Unternehmen aus der Bio- und Umwelttechnologie profitieren, aber auch etab­ lierte Konzerne aus der Medizintechnik sowie die Pharma- und Ernährungsindustrie, argumentiert Nefiodow. „Die Haupt- und Nebenrollen sind noch nicht vergeben.“ Seit

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Beginn der Finanzkrise, in der konventionelle Theorien an Akzeptanz verlieren, stoßen die Kondratjew-Zyklen auf ein immer größeres Interesse. Davon profitiert Nefiodow und reist zu Vorträgen. Er zählt Siemens, die Deutsche Bank, Volkswagen und BASF zu seinen Kunden. Und auch Unternehmer der Gesundheitsbranche wie der Geschäftsführer von Klosterfrau, Friedrich Neukirch, folgen fasziniert Nefiodows Ausführungen. Marketingexperten wie Wolfgang Disch, Gründer des Marketing-Journals, glauben fest an diese Thesen. „Wir werden in strukturell veränderten Märkten agieren, da hilft ein Blick über den Tellerrand“, ist Disch überzeugt. Ihm ist es nicht wichtig, ob und wann sich der Gesundheitstrend im Bruttoinlandsprodukt ablesen lässt. „Innovationen“, sagt Disch, „gehen von den Unternehmen aus.“

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Quelle: Müller, A., Handelsblatt, Nr. 072, 15.04.2010, 18

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Die Grafik veranschaulicht die Kondratjew-Zyklen detaillierter, insbesondere unter Einbe­ zug aktueller Entwicklungen mit einem möglichen neuen Zyklus Nano- und Biotechnolo­ gie bzw. Erneuerbare Energien:

Quelle: Darstellung des Institutes für Ökonomische Bildung Oldenburg in Anlehnung an Maß, C. (2008): E-Business Management, Stuttgart, Lucius & Lucius, 16.

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M5 Unternehmerfunktion und schöpferische Zerstörung nach ­Schumpeter

Joseph Alois Schumpeter 5

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(1883 – 1950) Schumpeter gilt als einer der bedeutendsten Nationalökonomen des 20. Jahrhunderts. Der Österreicher hat sich in seinem wissenschaftlichen Werk vor allem mit den Bestim­ mungsgründen für die wirtschaftliche Entwicklung auseinander gesetzt und damit nur folgerichtig auch mit der Funktion des Unternehmertums. Noch heute werden Unterneh­ mer, die mit der Einführung von Innovationen neue Märkte erschließen, d. h. neue ­Produkte und Verfahren entwickeln oder neue Organisationsformen schaffen, als sog. ­Pionier- bzw. „Schumpeter-Unternehmer“ bezeichnet. Sie fördern den Konjunktur­ aufschwung und erzielen für eine befristete Zeit „Pioniergewinne“ bis wieder andere „schöpferische“ Unternehmer durch innovatorische Akte das „Alte“ zerstören und „Neues“ schaffen. Der Wettbewerb zwischen Unternehmen ist somit ein permanenter Prozess „schöpferischer Zerstörung“: „Immer handelt es sich um die Durchsetzung einer anderen als der bisheri­ gen Verwendung nationaler Produktivkräfte, darum, daß dieselben ihren bis­ herigen Verwendungen entzogen und neuen Kombinationen dienstbar gemacht werden.“ Quelle: Schumpeter, J.  A. (1957): Beiträge zur Sozialökonomik, hrsg. von Stephan Böhm, Graz-Wien: Böhlau

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Wesentliche Werke: (1) Schumpeter, J.  A. (1912): Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Leipzig: Duncker & Humblot

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(2) Schumpeter, J.  A. (1939): Business Cycles.  A Theoretical, Historical and Statistical Anal­ ysis of the Capitalist Process, 2. Vol.; New York and London: McGraw-Hill 35

(3) Schumpeter, J.  A. (1942): Capitalism, Socialism and Democracy, New York: Harper & Brothers Publishers

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M5

Die Unternehmerfunktion

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Die Unternehmerfunktion ist nichts anderes als diese Führerfunktion auf dem Gebiet der Wirtschaft. [...] Im Erkennen und Durchsetzen neuer Möglichkeiten auf wirtschaftlichem Gebiet liegt das Wesen der Unternehmerfunktion. Diese wirtschaftliche Führerschaft betätigt sich also an Aufgaben, die sich in die folgenden Typen fassen lassen: 1. die Erzeugung und Durchsetzung neuer Produkte oder neuer Qualitäten von ­Produkten, 2. die Einführung neuer Produktionsmethoden, 3. die Schaffung neuer Organisationen der Industrie,

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4. die Erschließung neuer Absatzmärkte, 5. die Erschließung neuer Bezugsquellen. 55

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Immer handelt es sich um die Durchsetzung einer anderen als der bisherigen Verwen­ dung nationaler Produktivkräfte, darum, daß dieselben ihren bisherigen Verwendungen entzogen und neuen Kombinationen dienstbar gemacht werden. Die Natur der dabei zu bewältigenden Leistung ist charakterisiert einmal durch die objektive und subjektive Schwierigkeit, neue Wege zu gehen, und sodann durch die Widerstände der sozialen Umwelt dagegen. Objektiver sind die Daten z. B. für Produktion und Absatz eines bisher nicht bekannten Fabrikates offenbar nicht in dem gleichen Sinn erfahrungsmäßig bekannt wie für eine Produktion und Absatzorganisation, die nur das wesentlich Gleiche zu tun gibt wie im Vorjahre. Die Daten müssen vielmehr geschätzt (zu erwartende Nach­ frage z. B.) oder selbst erst geschaffen werden. Die Fehlerquellen sind infolgedessen nicht nur graduell, sondern wesentlich größer. Das Verhältnis zwischen vorgetaner und mecha­ nisch zu wiederholender Tätigkeiten einerseits und erst bewußt zu vollbringender neuer Leistung andererseits ist ebenfalls nicht nur graduell, sondern wesentlich ungünstiger. Dazu kommt, daß es uns subjektiv schwerer fällt, Neues als Gewohntes zu tun, daß wir dabei nicht von demselben Gefühl fester Wirklichkeit gestützt sind und daß wir unsere Denk- und Handlungsgewohnheiten zu überwinden, uns vom Diktat der Routine zu befreien haben. Endlich widerstrebt unsere Umwelt ungewohntem Verhalten. Im jährli­ chen Kreislauf des Gewohnten kooperieren die Leute automatisch und in der Regel wil­ lig. Neuen Methoden widerstrebt der Arbeiter, neuen Produkten der Konsument, neuen Betriebsformen die öffentliche Meinung, Behörden, Recht, Kreditgeber. Während es im Wesen der Routinearbeit in ausgefahrenen Bahnen liegt, daß ihr die durchschnittliche Intelligenz und Willenskraft der Individuen des betreffenden Volkes und der betreffenden Zeit gewachsen ist, so erfordert die Überwindung der eben erwähnten Schwierigkeiten Eigenschaften, die nur ein geringer Prozentsatz der Individuen hat, und daher bedarf es, um eine ganze Volkswirtschaft in solche neue Bahnen zu ziehen und den Fond ihrer wirt­ schaftlichen Erfahrung neu zu gestalten, einer wirtschaftlichen Führerschaft durch diese Individuen. Quelle: Schumpeter, J.  A. (1996): Die Unternehmerfunktion, in: Leube, K. R. (Hg.): The Essence of J.  A. Schumpeter, Die wesentlichen Texte, Wien: Manz, 167ff.

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M6 Bedeutung des Entrepreneurship

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Der Begriff Entrepreneurship stammt aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum, wird aber zunehmend auch in Deutschland verwendet. Ursprünglich stammt er aus dem ­Französischen und leitet sich von „entreprendre“ ab, welches in etwa mit „unternehmen“ oder „etwas in die Hand nehmen“ übersetzt werden kann. Entrepreneurship lässt sich somit zunächst mit „Unternehmertum“ übersetzen. Ausgehend von seiner ursprünglichen Bedeutung unterlag dieser Begriff im Laufe der Geschichte einem Bedeutungswandel, wie die Tabelle zeigt: Mittelalter

Eine Person, die Verantwortung für umfangreiche Produktionsvorhaben besitzt

17. Jhdt.

Eine Person, die das Risiko von Gewinn und Verlust trägt und mit der Regierung Verträge zu fest ausgehandelten Preisen schließt

1725

Richard Cantillon: Person, die Risiken trägt, die sich von der reinen Bereitstellung von Kapital unterscheiden

1803

Jean Baptiste Say: Unterschied zwischen den Gewinnen des Entrepreneurs und den Gewinnen aus Kapital

1876

Francis Walker: differenzierte zwischen denen, die Finanzmittel für Zinserträge bereitstellen und denen, die Gewinn durch Managementfähigkeiten erzielen

1934

Joseph Schumpeter: der Entrepeneur als Innovator und Durchsetzer „neuer Kombinationen“

1961

David McClelland: Entrepreneur ist eine energetische Person, die eingeschränkt Risiken ­übernimmt

1964

Peter Drucker: Entrepreneur maximiert Geschäftsgelegenheiten

1975

Albert Shapero: Entrepreneur zeigt Initiative, organisiert soziale und ökonomische Zusammenhänge und akzeptiert das Risiko des Scheiterns

1980

Karl Vesper: Entrepreneur wird unterschiedlich von Ökonomen, Psychologen, Unternehmenspraktikern und Politikern betrachtet

1983

Gifford Pinchot: Intrapreneur ist ein Entrepreneur innerhalb eines bereits bestehenden ­Unternehmens

1985

Robert Hisrich: Entrepreneurship ist der Prozess, bei dem etwas Werthaltiges geschaffen wird, in dem Zeit und Engagement aufgebracht werden; Bewusstsein über die einhergehenden finanziellen, psychologischen und sozialen Risiken; Erhalt der entstehenden Anerkennung, sowohl in monetärer Form als auch in Form persönlicher Befriedigung

Quelle: in Anlehnung an Hisrich, R.D./Peters, M.P. (2002): Entrepreneurship, Irwin: McGraw Hill, 5th ed., 96. 15

Die Tabelle verdeutlicht, dass der Entrepreneurship-Begriff sehr vielschichtig ist. Sie zeigt auch, dass Entrepreneurship und Unternehmertum weiter gefasst sind als Gründungsma­ nagement. Unternehmertum wird offenbar mit bestimmten Handlungsweisen und Eigen­ schaften verbunden, die bei der Entstehung eines Unternehmens wichtig sind, aber deren Bedeutung sich nicht auf diese Phase im Lebenszyklus beschränkt. [...]

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Entrepreneurship kann als ein Prozess der Wertgenerierung beschrieben werden, bei dem eine einzigartige Verbindung von Ressourcen dazu eingesetzt wird, eine wirtschaftli­ che Gelegenheit zu ergreifen. Entrepreneurship bezeichnet somit einen aktiven, gelegen­ heitsorientierten und auf Innovationen und Kundenorientierung ausgerichteten Prozess, der Werte schafft. Zumeist geht unternehmerisches Handeln mit der Übernahme von ­Risiken einher. Neu gegründete Unternehmen lassen sich anhand verschiedener Kriterien differenzieren, etwa nach Branche, Finanzierungsform, Geografie, Größe oder Technologien. Grundsätz­

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M6

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lich bezieht sich dies auf jede Art von Unternehmensgründung. Dies gilt mit einer Ein­ schränkung, die hier mit dem Differenzierungskriterium des Gründungsziels erläutert werden soll. Das heterogene Feld der Unternehmensgründungen lässt sich in reine Exis­ tenzgründungen und Vorhaben, die dem strategischen Entrepreneurship zuzurechnen sind, unterteilen: reine Existenzgründung

strategisches Entrepreneurship

■■Übernahme eines bekannten Geschäftsmodells

■■neues/variiertes Geschäftsmodell

■■auf Existenzsicherung ausgerichtet

■■auf Wachstum ausgerichtet

■■viel Marktinformation

■■wenig Marktinformation

■■stärkerer operativer Fokus

■■stärkerer strategischer Fokus

Quelle: Nicolai, A. (2007): Entrepreneurship, Qualifizierungsbaustein C 16, Ökonomische ­Bildung online, Oldenburg: IÖB, 10ff., unveröffentlichtes Material

Entrepreneurship als Quelle für wirtschaftlichen Wandel Grundsätzlich können vier Funktionen genannt werden [die Entrepreneure im ­Wirtschaftsgeschehen erfüllen]:

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M7 Unternehmensgründungen in Deutschland

Quelle Grafik: Globus Nr. 2965

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M8 Innovationsfunktion von Wettbewerb Wettbewerb auf Märkten 5

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Jeder Mensch kommt als Konsument in vielfältiger Form mit Wettbewerb auf Märkten in Berührung: Möchte man beispielsweise einen PC kaufen, so ist es nicht nur ratsam, die verschiedenen PC-Modelle mit ihren jeweiligen Leistungsmerkmalen gut miteinander zu vergleichen, vielmehr lohnen sich auch intensive Preisvergleiche, da die Handelsunter­ nehmen zum Teil dieselben Modelle zu unterschiedlichen Preisen verkaufen. Hierin zeigt sich – ebenso wie bei den vielerlei Sonderangeboten im Handel – ein oft sehr intensiver Preiswettbewerb, der letztlich den Konsumenten zugute kommt. Wettbewerb zwischen Anbietern zeigt sich aber nicht alleine im Preis, sondern vor allem auch in dem Bemühen um eine gute Leistung für die Kunden. Diese kann in kompetenter, freundlicher Beratung, im guten Service, in großzügigen Garantieregelungen, aber auch in der Gestaltung einer angenehmen Verkaufsumgebung bestehen. Insbesondere manifestiert sich der Wettbewerb aber auch darin, neue Produkte in Form von Produktinnovationen zu entwickeln, mit denen die Bedürfnisse der Nachfrager bes­ ser erfüllt werden können. Die Entwicklung der UMTS-Technologie im Bereich der Han­ dys könnte eine solche Innovation sein. Sowohl die Hersteller von mobilen Telefonen als auch die Telekommunikationsunternehmen werden sich noch auf Jahre hinaus in einem intensiven Wettbewerb um die schnellstmögliche Entwicklung dieser neuen Technologie befinden.

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Innovationsfunktion des Wettbewerbs

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Technischer Fortschritt bzw. Innovationen gelten als wichtigste Determinante für die langfristige Steigerung des Lebensstandards aufgrund von Wirtschaftswachstum. Dem Wettbewerb kommt hierbei eine Schlüsselfunktion zu, weil im Wettbewerb hohe Anreize bestehen, dass Unternehmen neue Produkte und Produktionsverfahren entwickeln, um mit solchen Produkt- und Verfahrensinnovationen im Wettbewerb mit anderen vorzusto­ ßen, ihre Marktanteile zu vergrößern und ihre Gewinne zu erhöhen. Gleichzeitig werden dadurch die zurückbleibenden Konkurrenten unter Wettbewerbsdruck gesetzt, so dass diese mit Imitationen oder eigenen neuen Innovationen wieder versuchen, die Konkur­ renten einzuholen oder gar zu überholen. Dieser dynamische Prozess aus Vorstoßen, Nachziehen und Überholen im Wettbewerb führt dazu, dass ständig neue Innovationen kreiert, auf dem Markt ausprobiert und durch Imitation verbreitet werden. Vor allem Schumpeter hat die zentrale Bedeutung innovativer Unternehmer herausgearbeitet, die neue Innovationen kreieren und auf dem Markt durchsetzen. Quelle: Kerber, W. (2003): Wettbewerbspolitik, Qualifizierungsbaustein G03, Ökonomische Bil­ dung online, Oldenburg: IÖB, 8f., nicht veröffentlicht

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M8

Ein Beispiel für die Innovationsfunktion auf einem Markt mit funktionierendem ­Wettbewerb:

Quelle: IÖB (2007): Ökonomie inBegriffen, DVD-Spotreihe: 20 Grundbegriffe von „Arbeitsteilung“ bis „Wirtschaftsordnung“, Oldenburg: IÖB; Ausschnitt: Spot „Wettbewerb“

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M9 Regeln für den Wettbewerb/Wettbewerbspolitik

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Märkte und Wettbewerb können nur funktionieren, wenn es stabile institutionelle Rah­ menbedingungen gibt, auf deren Basis die marktlichen Wettbewerbsprozesse ablaufen. Ebenso wie die Spieler in einem Spiel bestimmte Regeln zu beachten haben, so sind auch für die im Wettbewerb stehenden Unternehmen „Spielregeln“ erforderlich, die sie bei ihren Wettbewerbshandlungen einzuhalten haben. Dürften die Wettbewerber dagegen mit allen möglichen Mitteln darum kämpfen, sich gegen andere Wettbewerber durchzu­ setzen, so könnten sich im Extremfall diejenigen behaupten, die auch vor dem Einsatz von Gewalt gegen Mitkonkurrenten nicht zurückschrecken. Wettbewerb ohne Regeln hätte somit in letzter Konsequenz den Charakter von Krieg. Für die Frage, wie Wettbe­ werb funktioniert und welche Wirkungen er hervorbringt, sind deshalb die Regeln ent­ scheidend, unter denen er stattfindet. Wirtschaftspolitisch ist somit die Frage zu stellen, welche Regeln erforderlich sind, damit der Wettbewerb seine positiven Wirkungen ­erzielen kann. Zu den zentralen institutionellen Voraussetzungen für die Funktionsfähigkeit des Wett­ bewerbs zählt zunächst die Sicherung von Privateigentum und Vertragsfreiheit, da nur durch sie die für den Wettbewerb erforderliche Dezentralität von Angebots- und Nach­ frageentscheidungen gewährleistet werden. Konkret bedeutet dies vor allem, dass Unter­ nehmen selbst entscheiden können, welche Leistungen sie mit welchen Produktionsfak­ toren produzieren und wie sie ihre Aktionsparameter im Wettbewerb um die Nachfrager einsetzen. In gleicher Weise müssen die Nachfrager das Recht besitzen, selbst darüber zu entscheiden, welche Güter sie kaufen. Nur wenn diese dezentralen Entscheidungsrechte in einem Mindestumfang vorhanden sind, können überhaupt Wettbewerbsprozesse ­stattfinden. Darüber hinaus aber sind weitere Regeln erforderlich, wenn die Märkte ihre positiven Wirkungen entfalten können sollen. [...] Aufgrund von Unvollkommenheiten des Marktes (wie geringe Anzahl von Anbietern, unterschiedliche Produkte, Informationsprobleme der Nachfrager usw.) können Probleme bei der Funktionsfähigkeit von Märkten auftreten („Marktversagen“). Um die negativen Auswirkungen solcher Funktionsdefizite zu beseiti­ gen oder zumindest zu vermindern, kann es notwendig sein, zusätzliche verbindliche Regeln für die Marktteilnehmer zu etablieren. Beispielsweise ist es für Konsumenten weitgehend unmöglich, selbst die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln herauszufinden, um dann zu entscheiden, ob diese Lebensmittel gesundheitsschädlich sind oder nicht. Um Gesundheitsrisiken für die Verbraucher auszuschließen, kann es deshalb sinnvoll sein, dass der Staat in Form von lebensmittelrechtlichen Regulierungen Vorschriften darüber erlässt, welche Inhaltsstoffe in bestimmten Lebensmittel erlaubt bzw. verboten sind oder dass bestimmte Inhaltsstoffe auf der Verpackung gekennzeichnet werden müssen. Neben solchen Verbraucherschutzregulierungen können aber auch andere Regulierungen im Bereich des Umweltschutzes, des Arbeitsrechts oder auch des Gesellschaftsrechts not­ wendig sein, um Marktversagensprobleme zu lösen. Die Gesamtheit der für die Funkti­ onsfähigkeit von Märkten notwendigen rechtlichen Regeln hatte Walter Eucken8 als Wett­ bewerbsordnung bezeichnet. Ihre Gestaltung ist Aufgabe verschiedener spezieller Wirt­ schaftspolitiken, wie beispielsweise der Verbraucherschutzpolitik oder der Umweltpolitik.

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Walter Eucken (1891–1950), deutscher Wirtschaftswissenschaftler; zählt zu den bedeutensten Theoreti­ kern der Marktwirtschaft und gilt als einer der geistigen Väter der deutschen Marktwirtschaft nach dem II. Weltkrieg

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Die Wettbewerbspolitik im engeren Sinne zielt dagegen darauf ab, die vielfältigen Mög­ lichkeiten zu bekämpfen, wie im Wettbewerb stehende Unternehmen selbst den Wett­ bewerb unter sich beschränken können (private Wettbewerbsbeschränkungen). [...] Der Wettbewerb kann auf Märkten dadurch beschränkt werden, dass die Unternehmen ­wechselseitig Preise absprechen oder dass durch Unternehmenszusammenschlüsse monopolartige Marktstellungen entstehen können, die den Wettbewerb ausschließen. Unter Wettbewerbspolitik sind folglich alle rechtlichen Regeln und staatliche Maß­ nahmen zu verstehen, die der Sicherung des Wettbewerbs gegenüber Wettbewerbsbe­ schränkungen dienen. [...] In Deutschland ist die rechtliche Grundlage dabei das „Gesetz gegen Wettbewerbsbe­ schränkungen“ (GWB), das vom Bundeskartellamt durchgesetzt wird, während auf der europäischen Ebene die EU-Kommission auf der Basis verschiedener Wettbewerbsregeln im EG-Vertrag gegen Beschränkungen des Wettbewerbs vorgehen kann. Quelle: Kerber, W. (2003): Wettbewerbspolitik, Qualifizierungsbaustein G03, Ökonomische Bil­ dung online, Oldenburg: IÖB, 10f., nicht veröffentlicht

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M 10 BMWi9 – Innovationsfreundliche Rahmenbedingungen Die Rahmenbedingungen für Innovationen der deutschen Wirtschaft nachhaltig zu ver­ bessern, ist oberstes Ziel der Technologiepolitik des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi).

Bildung und Ausbildung zu mehr Technologieorientierung ■■ Wir wollen Begeisterung für die natur- und ingenieurwissenschaftlichen Berufe

wecken. Dazu müssen technische und naturwissenschaftliche Lehrinhalte vor allem in Schulen aber auch Hochschulen eine größere Rolle einnehmen. […] ■■ Wir wollen durch eigene Initiativen Schülerinnen und Schüler auf natur- und ingeni­

eurwissenschaftliche Ausbildungsgänge hinweisen. […] ■■ Wir unterstützen die Reform des Schul- und Hochschulwesens im Hinblick auf mehr

Effizienz und Wettbewerb. ■■ Wir fördern ein positives Gründungsklima an Hochschulen und außeruniversitären

Forschungseinrichtungen, damit mehr Studierende als innovative Unternehmer tätig werden. ■■ Wir unterstützen die Bemühungen der Wirtschaft, ihre Mitarbeiter weiterzubilden und

das Potenzial gerade auch älterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstärkt zu nut­ zen.

Angewandte Forschung und Entwicklung am Bedarf der Unternehmen orientieren ■■ Wir setzen Anreize für eine stärkere Zusammenarbeit von Forschungsinstituten und

Unternehmen. Dadurch entstehen marktgerechtere Produkte, Verfahren und Dienst­ leistungen. ■■ Wir führen Effizienzverbesserungen bei unseren Forschungseinrichtungen ein.

Leistungsabhängige Bezahlung der Forscher, Markterfolg als Messgröße für den ­Forschungserfolg und flexibleres Haushalts- und Dienstrecht erhöht die Wettbewerbs­ fähigkeit der Einrichtungen – auch international – erheblich. ■■ Wir bauen den Technologietransfer von der Forschung in Wirtschaft und Industrie

durch verstärkte Kooperation und durch flexiblere Rahmenbedingungen für Ausgrün­ dungen und Beteiligungen der Forschungseinrichtungen aus. ■■ Wir fördern „Kompetenznetze“, an denen eine Vielzahl von Wissensträgern aus unter­

schiedlichen Institutionen und Unternehmen beteiligt sind. Diese Netze sind geprägt durch ein intensives, gemeinsames Agieren und Kooperieren der Partner aus Wissen­ schaft und Wirtschaft. Gemeinsam definierte Ziele führen zu einer hohen Markt- und Industrienähe.

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Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

M 10

Steuern auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau senken ■■ Wir haben mit der Senkung der Steuersätze den Unternehmen zusätzlichen finanziel­

len Spielraum für mehr Innovationen gegeben. ■■ Wir werden die Finanzierung von jungen innovativen Unternehmen verbessern,

indem wir die steuerliche Nutzung von Verlustvorträgen bei Finanzierungen durch Wagniskapitalgesellschaften erleichtern. Wir werden Investitionen von „Business Angels“ steuerlich besser stellen. „Business Angels“ sind erfahrene Unternehmer, die jungen Gründern mit Kapital und Rat unter die Arme greifen.

Abbau von Bürokratie für Forschung, Technologie und Innovation ■■ Wir setzen uns für einen deutlichen Abbau von überflüssiger Bürokratie ein, damit

den Unternehmen mehr Spielraum für ihre innovativen Ideen und Produkte bleibt. ■■ Wir schaffen für Unternehmen Rahmenbedingungen, mit denen sie unbürokratisch

von der Normung profitieren, z. B. durch einen einfachen und zielgerichteten Zugang zu Normen und Standards. […] ■■ Wir setzen uns im Rahmen der „Wissenschaftsfreiheitsinitiative“ für einen spürbaren

Abbau unnötiger Bürokratie bei den Forschungseinrichtungen ein, um die Produktivi­ tät und Innovationskraft zu erhöhen; wir streben z. B. mehr Autonomie und Flexibilität im Bereich des Haushalts-, Dienst-, Bau- und Vergaberechts an und wollen den Techno­ logietransfer durch Ausgründungen und Beteiligungen erleichtern.

Wettbewerbliche Rahmenbedingungen innovationsfreundlich weiterentwickeln ■■ Wir haben mit der Öffnung der Telekommunikations-, Post-, Strom- und Gasmärkte die

Wettbewerbschancen innovativer Unternehmen deutlich verbessert. ■■ Wir fördern durch wettbewerbsorientierte Rahmenbedingungen die Wachstumsdyna­

mik aller Produkt- und Dienstleistungsmärkte. Quelle: http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Technologie-und-Innovation/Technologiepolitik/ rahmenbedingungen,did=189728.html, 21.04.2010

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M 10

Bundeswirtschaftsminister Brüderle zum Gutachten der Expertenkommission „Forschung und Innovation“ 5

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„Der Wirtschaftskrise haben viele Unternehmen auch dank ihrer Innovationskraft stand­ halten können. Ihre Innovationsanstrengungen müssen unsere Unternehmen auch in Zukunft fortsetzen. Die Bundesregierung wird trotz der erforderlichen Konsolidierung des Bundeshaushaltes in dieser Legislaturperiode zusätzlich 12 Milliarden Euro für Bil­ dung, Forschung und Innovation ausgeben, einen erheblichen Teil davon für die For­ schungs- und Innovationsprogramme des Bundeswirtschaftsministeriums. Zusätzlich müs­ sen wir entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, um den Innovationsstandort Deutschland noch attraktiver zu machen, z. B. brauchen wir bessere Bedingungen für Risi­ kokapital. Zur Schließung der Finanzierungslücke für innovative Gründungen werde ich einen neuen Hightech Gründerfonds auflegen.“

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Einen Schwerpunkt der Förderung wird neben der Mittelstandsförderung die Elektromo­ bilität bilden. Hierzu hat das Bundeswirtschaftsministerium zusammen mit dem Bundes­ verkehrsministerium eine Geschäftsstelle eingerichtet, die die Aktivitäten des Bundes und der Wirtschaft koordinieren soll.

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Mit Blick auf die Innovationsfähigkeit in Ostdeutschland kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich die Innovationsintensitäten gerade in den Spitzentechnologien und wissensintensiven Dienstleistungen dynamischer entwickeln als in Westdeutschland. Daher sieht die Expertenkommission keine Notwendigkeit für spezielle Ost-Programme im Rahmen der Forschungs- und Innovationspolitik.

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Bundesminister Brüderle: „Diese Ausführungen zur Entwicklung in den neuen Ländern sind erfreulich. Die Innovationsdynamik ist sowohl auf die intensive öffentliche Unter­ stützung als auch auf die unternehmerischen Initiativen der dortigen Firmen zurückzu­ führen. Wir werden diesen Prozess weiter unterstützen, wo dies noch notwendig ist. Ich bin aber wie die Gutachter der Meinung, dass die Innovationsförderung in Ostdeutsch­ land allmählich an das in Westdeutschland geltende Maß angeglichen werden muss.“ Quelle: http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Presse/pressemitteilungen,did=332730.html, 21.04.2010

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M 11 Deutschland ist spitze bei High-Tech-Ware

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Die deutsche Wirtschaft erzielt fast die Hälfte ihrer Wertschöpfung mit forschungsintensi­ ven Gütern und wissensintensiven Dienstleistungen – das ist weltweit spitze. Das zeigen zwei Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Zugleich ist der Anteil der High-Tech-Produkte enorm gestiegen: 1995 lag deren Anteil an der Wertschöp­ fung noch bei 42 Prozent. Um den Trend zu stärken, sollen Forschungsausgaben künftig steuerlich gefördert werden, hatte die Kanzlerin angekündigt. In anderen Nationen ist dies längst üblich. Die Regierungsfraktionen wollen dazu nach Ostern Eckpunkte vorle­ gen. Nach DIW-Angaben hat Deutschland 2007 forschungsintensive Güter im Wert von fast 800 Mrd. Dollar exportiert – 80 Mrd. mehr als die USA und fast 300 Mrd. mehr als Japan. Um diese Spitzenposition halten zu können, bedürfe es aber dringend mehr Investitionen in Bildung und Forschung, mahnt das DIW. Forschungsintensive Produkte sind solche, bei denen die Forschungausgaben mehr als 2,5 Prozent des Umsatzes ausmachen. Quelle: Gillmann, B., Handelsblatt, Nr. 044, 04.03.2010, 10

Quelle Grafik: Globus Nr. 2213

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M 11

Quelle Grafik: Globus Nr. 2810

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M 12 Topmanager fordern Schub für Innovationen

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Spitzenmanager europäischer Industriekonzerne drängen auf eine neue EU-Initiative zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Region. Der European Roundtable of Industrialists (ERT) legte gestern im Rahmen einer „Vision 2025“ mehr als 50 konkrete Handlungsemp­ fehlungen vor. Die zentrale Herausforderung sehen die Topmanager in neuen Initiativen zur Stärkung der Innovationskraft. „Wir müssen unsere Kräfte konsequent darauf bündeln, innovativer als unsere Wettbewerber zu sein“, sagte BASF-Vorstandschef Jürgen Hambrecht, der als nationaler Champion des ERT das Programm gestern in Ludwigshafen vorstellte. Der ERT gilt als eine der hochkarätigsten Interessenvertretung auf europäischer Ebene. Zu den vier Dutzend Mitgliedern gehören auch die Chefs von Shell, Roche, Nokia, Eon, Thyssen und Vodafone.

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Die Manager-Vereinigung knüpft mit der Initiative an die im Jahr 2000 von den EU-Staa­ ten beschlossene Lissabon-Agenda an. Sie hatte das Ziel, Europa bis 2010 zum wettbe­ werbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen – eine Vorgabe, die klar verfehlt wurde. […] 20

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Diese Lissabon-Agenda sei letztlich an der Umsetzung gescheitert, so Hambrecht. Vor allem von der Vorgabe, zehn Prozent der Wirtschaftsleistung in Forschung und Bildung zu investieren, sei man nach wie vor weit entfernt. „Dieses Ziel muss aber unbedingt erreicht werden“, fordert der BASF-Chef. Vor allem die frühe Schulausbildung müsse erheblich verbessert werden. Lücken sehen die Manager aber auch in den Forschungs­ budgets, die mit 1,85 Prozent hinter dem von der Lissabon-Agenda geforderten Zielkorri­ dor von drei Prozent zurück bleiben. Zu den Forderungen des ERT gehört daher auch eine koordinierte steuerliche Forschungsförderung auf EU-Ebene, etwa nach dem Vorbild der Regelungen in Frankreich.

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Vorgeschlagen werden ferner eine stärkere Förderung für den Ausbau von BreitbandNetzwerken in Europa sowie ein „F+E-Crash-Programm“ in dem bislang ungenutzte Mit­ tel aus EU-Forschungsprogrammen eingesetzt werden. Weitere Vorschläge zielen auf aus­ gewogene und transparente Regulierungen, etwa im Bereich Umweltschutz und Sicher­ heit. Um Europa als Industriestandort attraktiv zu machen, sollte aus Sicht der Manager die Planungssicherheit weiter erhöht werden. Europa müsse beim nachhaltigen Wirt­ schaftswachstum führend sein, sagte Hambrecht. Eine rein an ökologischen Prinzipien ausgerichtete Politik sei aber der falsche Weg. „Was wir brauchen ist eine soziale Markt­ wirtschaft, die auf Offenheit, freiem Unternehmertum und einer soliden industriellen Wertschöpfung aufbaut.“ Quelle: Hofmann, S., Handelsblatt, Nr. 023, 03.02.2010, 18

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M 13 Die Wirtschaft forscht trotz Krise: Unternehmen halten Forschungsinvestitionen auf Vorjahresniveau 5

Trotz zum Teil deutlicher Umsatzeinbrüche setzen die deutschen Unternehmen unvermin­ dert auf Forschung und Entwicklung. Nach aktuellen Erhebungen des Stifterverbandes der deutschen Wirtschaft gaben sie dafür im abgelaufenen Jahr mit 57,3 Mrd. Euro genauso viel aus wie 2008. Von der Gesamtsumme seien 2,4 Mrd. Euro direkt in Forschungsaufträge für Hochschulen und Forschungsinstitute geflossen, sagte der Präsident des Stifterverbandes, Arend Oetker. Für 2010 erwartet er allerdings einen leichten Rückgang.

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Auch in ihrem Engagement für die Förderung von Forschung, Wissenschaft und Bildung lassen die Unternehmen in der Krise kaum nach. Allein für die Arbeit des Stifterverbandes flossen im vergangenen Jahr 31,4 Mio. Euro aus Spenden der Wirtschaft in die Förderung des Wissenschafts- und Hochschulsystems, genauso viel wie im Vorkrisenjahr 2007. Gegenüber dem Rekordjahr 2008, in dem der Stifterverband das beste Jahresergebnis sei­ ner 90-jährigen Geschichte erzielte, ging die Förderung nur um eine Mio. Euro zurück. „Unsere Appelle waren nicht vergebens“, sagte Oetker. Der langjährige Vizepräsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) sieht nun allerdings auch die Politik gefordert, der Wirtschaft bei der Forschung unter die Arme zu greifen. Sie müsse ihre Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag, Forschungsinvestitio­ nen künftig auch steuerlich zu fördern, in die Tat umsetzen. „Eine Steuergutschrift von zehn Prozent der gesamten Aufwendungen könnte zusätzliche Forschungsinvestitionen in erheblichem Umfang stimulieren“, so Oetker. Nach Berechnungen des BDI würden dem Staat dadurch zwar vier Mrd. Euro an Steuereinnahmen im Jahr fehlen. Ihnen stünde aber eine zusätzliche Wertschöpfung in der Wirtschaft von zwölf Mrd. Euro gegenüber. Große Hoffnungen setzt der Stifterverband auch auf das von der neuen Regierung ange­ kündigte nationale Stipendienprogramm. Das Programm – angedacht ist eine Unterstüt­ zung von 300 Euro im Monat für besonders begabte Studenten – müsse aber zusätzlich zu Bafög und Bildungskrediten als „dritte Säule“ der Studienfinanzierung treten, forderte der Generalsekretär des Verbandes, Andreas Schlüter. Zudem sollten auch Aspekte wie soziales Engagement oder Migrationshintergrund bei der Vergabe eine Rolle spielen. „Die bisherige Begabtenförderung geht vor allem an Studierende aus akademischen Besserver­ diener-Haushalten. Das muss sich ändern“, forderte Schlüter.

Quelle: Thelen, P., Handelsblatt, Nr. 015, 22.01.2010, 13

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M 14 Auf der Suche nach dem Neuen

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Auf der Internetseite des nordrhein-westfälischen „Ministeriums für Innovation, Wissen­ schaft, Forschung und Technologie“ steht 23 Mal das Wort Innovation. Aber nicht nur die besonders innovationsverliebte – oder sich zumindest so gebende – NRW-Regierung, son­ dern die gesamte politische und wirtschaftliche Elite nutzt den Begriff Innovation als argumentative Allzweckwaffe. „Innovation ist das Schlagwort des Jahrzehnts“, stellte Michael Hutter vom Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin (WZB) vor weni­ gen Tagen zur Eröffnung eines Symposiums über „Culture(s) and Innovation“ fest.

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Die Bedingungen von Innovation erkunden Geistes- und Sozialwissenschaftler unter dem Eindruck der Allgegenwart des Begriffes derzeit intensiv. Auch wenn manche der aktuel­ len Thesen allzu konstruiert erscheinen, […] so sind sich die Sozial- und Kulturwissen­ schaften doch in einer zentralen Erkenntnis einig: Innovation, also die Einführung neuer Produkte und Produktionsweisen, ist nicht nur technologisch und ökonomisch zu begrei­ fen. Innovationen lassen sich auch nicht […] durch staatliche Programme („Zukunft durch Innovation“ heißt eines) und immer neue Universitätsreformen herbeiregieren. Neuhei­ ten entstehen immer unter den Bedingungen der kulturellen und sozialen Umstände, die weder in der Macht der Regierungen noch in der der Unternehmen liegen. Innovation ist aber auch nicht die Summe der Werke von einzelnen Genies. Populäre Darstellungen machen Erfinder wie Thomas Edison oder Carl Benz (oder sogar dessen Frau Berta) zu den Helden des Fortschritts, aber seriöse Wissenschaftler erkennen neue Produkte vor allem als soziale Phänomene. Insbesondere im Scheitern zeigt sich, dass der Erfinder – wenn er denn überhaupt ein Einzeltäter ist – ohne eine günstige soziale Umge­ bung von Sponsoren, Mitarbeitern, Kunden und nicht zuletzt Konkurrenten keine erfol­ greiche, also gewinnbringende Erfindung hervorbringen kann.

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„Innovationen sind das Resultat komplexer Bewertungsprozesse“, sagt Hutter. Es komme darauf an, dass eine Neuheit als sinnvoll und nicht als dämlich […] beurteilt wird. Das Ergebnis dieses Prozesses ist nicht nur abhängig vom sozialen Stand der Bewertenden, sondern auch von kulturellen Veränderungen. „Was in dem einen Jahr verrückt erscheint, wird im nächsten annehmbar oder sogar cool“, sagt Hutter. Ekaterina Svetlova von der Zeppelin-Universität in Friedrichshafen verdeutlicht das in einem Beitrag im Sammelband „Die Philosophie des Neuen“ (2008) anhand des tragbaren digitalen Musikplayers iPod. Die persönliche Leistung des Erfinders (Apple-Ingenieur Tony Fadell kam die Idee angeblich beim Skifahren) war nicht allein entscheidend dafür, dass etwas Neues entstand. Der iPod, wie jede andere erfolgreiche Innovation, setzte sich durch, weil viele Menschen ihn als sinnvoll wahrnahmen. Innovation ist also, so Svetlova, ein Prozess der „sozialen Sinnstiftung“, in dem aus einem erfundenen Ding eine werthal­ tige Ware wird.

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Die Absichten des schöpferischen Erfinders sind auch aus einem weiteren Grund weni­ ger entscheidend als allgemein angenommen. Für jede wirkliche Innovation gilt das „Paradox des Suchens“, das Svetlova ebenso betont wie Hutter. Der New Yorker Soziologe David Stark hat es in seinem Vortrag auf dem Berliner Symposium so beschrieben: „Wenn du nicht weißt, nach was du suchst, aber es erkennst, wenn du es findest.“ Wüsste der Handelnde, was er erreichen will, führte er nur ein Programm aus, wie das eine Internet­ suchmaschine tut. Der wirkliche Erfinder kennt das Ziel aber nicht, und so hilft ihm nur ein versuchendes Tun. In der Wissenschaft nennt man dieses Suchen „Forschung“. […]

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Gescheiterte Innovationen hat der Historiker Reinhold Bauer von der Universität der Bundeswehr in Hamburg untersucht. Er wundert sich, dass Innovation in der Regel „gedankenlos mit Erfolg gleichgesetzt wird“. Tatsächlich sei eher das Scheitern der Regel­ fall. Dass Firmen ihre Flops nicht gerne öffentlich präsentieren und daher oft die Zusammen­ arbeit mit Bauer ablehnen, ist verständlich. Aber in Ministerien und Entwicklungsabteil­ ungen sollte das Interesse an den Gründen fürs Scheitern angesichts der vielen auch öffentlich geförderten Flops vorhanden sein. Denn „ohne Einblick in die gescheiterten Innovationen erhalten wir ein falsches Verständnis des zugrunde liegenden innovativen Prozesses“, schreibt der Kulturanthropologe Thomas Widlok von der Universität Nimwegen in dem Sammelband „Philosophie des Neuen“. Eines führe übrigens, so Wid­ lock, immer zum Scheitern von Erfindungen: die Verkennung ihrer sozialen Dimension.

Eine Typologie gescheiterter Innovationen Der Historiker Reinhold Bauer schätzt, dass 85 Prozent aller Innovationen ihre Investitionen nicht wieder einspielten. Die Gründe ordnet er fünf Typen zu. ■■ Technik: Unzureichende technische Leistungen spielen bei früh gescheiterten Innovationen oft die Hauptrolle. Das Windrad „Growian“ zum Beispiel entstand in den 80er-Jahren ohne Erfahrungen mit den verwendeten Einzelteilen. ■■ Konkurrenz: Selbst technisch ausgereifte Innovationen wie der Transrapid bleiben erfolglos, wenn die Konkurrenz etablierter Anbieter (Bahn und Flugzeug) zu groß ist und sie vorhandene Marktlücken selbst schließen. ■■ Fehleinschätzung: Oft fehlt den Entwicklern das Verständnis für die Bedürfnisse der potenziellen Nutzer, die sich schnell ändern können. ■■ Zu neu: Eine allzu radikale Innovation verlangt zu hohe Anpassungsleistungen. Für das Binnenschiff-Transportsystem „Lastrohrfloß“, das in den 1930er-Jahren erprobt wurde, hätten die Binnenhäfen ihre Anlagen völlig umbauen müssen. ■■ Entwicklungsumfeld: Innovationen brauchen eine gewisse Stabilität der beteiligten Entwickler, aber auch der Zielvorgaben und der Finanzierung. Probleme dieser Art tauchen oft bei aufwendigen Projekten auf, besonders bei staatlich geförderten.

Quelle: Knauß, F., Handelsblatt, Nr. 051, 15.03.2010, 22

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M 15 Vorstellung: Deutsche Telekom Stiftung

Die Deutsche Telekom Stiftung ist eine gemeinnützige Stiftung zur Förderung von Bil­ dung, Wissenschaft und Forschung in den MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Natur­ wissenschaften und Technik. Sie arbeitet konzeptionell und operativ und führt daher in erster Linie eigene Vorhaben durch. Die Stiftung wurde im November 2003 von der Deut­ sche Telekom AG gegründet und hat ihren Sitz in Bonn. Mit einem Kapital von 150 Millio­ nen Euro zählt die Stiftung zu den größten deutschen Unternehmensstiftungen. Sie arbei­ tet entlang der Bildungskette in vier Themenschwerpunkten: ■■ Im Bereich Frühe Förderung kooperiert sie unter dem Motto

„Früh übt sich…“ mit Kindertageseinrichtungen und Grundschu­ len. Die Projektangebote richten sich vor allem an Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer, die in ihrer täglichen Arbeit unterstützt und begleitet werden. Zu diesem Zweck lässt die Stif­ tung unter anderem praxisorientierte Arbeitsmaterialien für die Umsetzung der staatlichen Bildungs- und Lehrpläne entwickeln. ■■ „Begeisterung macht Schule“ ist die Überschrift für die

S­ tiftungsprojekte an Weiterführenden Schulen. Ziel ist es, ­Kindern und Jugendlichen die Kompetenzen in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zu vermitteln, die für den jeweils weiteren Bildungsweg erforderlich sind. Dabei setzt sich die Stiftung für die Förderung individueller Begabungen ein und ermöglicht die frühe Studien- und Berufsorientierung. ■■ Gemeinsam mit ausgewählten Hochschulen will die Stiftung

„­ Bildung auf die Spitze treiben“. Ziel ist es, im Exzellenzbereich einen Beitrag zur Stärkung des Bildungs- und Wissenschaftsstand­ orts Deutschland zu leisten. Die Stiftung arbeitet vor allem daran, die Lehrerbildung zu verbessern. Ausgehend vom Fach Mathema­ tik unterstützt sie Hochschulen dabei, sich in diesem Bereich zu ­profilieren. Weitere Schwerpunkte in diesem Programm sind die Lehr-/Lernforschung und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. ■■ Zur umfassenden Allgemeinbildung in der Wissens- und Informati­

onsgesellschaft gehört für die Stiftung auch ein besseres Verständ­ nis der Menschen für Forschung, Technologie und Innovation. Wie spannend Wissenschaft sein kann oder wie wichtig Innovationen für die Zukunft sind, zeigt der vierte Programmbereich Innovation. Unter der Überschrift „Gemeinsam Neues wagen“ fördert die Stif­ tung unter anderem den Deutschen Zukunftspreis, den Preis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation und den Innovati­ onsindikator Deutschland. Weitere Informationen unter: www.telekom-stiftung.de

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M 16 Über Denkmodelle und Theorien a) Eine Fabel über Elefanten 5

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Es gab einmal eine Stadt nur mit blinden Einwohnern. Ein König kam mit Armee und Gefolge in die Nähe und kampierte dort. Er besaß einen mächtigen Elefanten, den er für Angriffe benutzte, weil das Riesentier den Feinden große Angst einjagte. Die Bürger waren neugierig, den Elefanten kennenzulernen, und einige Blinde machten sich auf den Weg, um Näheres über den Elefanten herauszufinden. Da sie die Gestalt eines Elefanten nicht kannten, befühlten sie seine Teile. Jeder, der einen Teil gefühlt hatte, dachte, daß er den Elefanten kennen würde. Sie kehrten zu ihren Mitbürgern zurück, und es bildeten sich um sie neugierige Gruppen.  Alle fragten nach der Form und nach der Beschaffenheit des Elefanten und lauschten andächtig. Der Mann, der das Ohr gefühlt hatte, sagte: „Der Elefant ist groß und rau, weit und breit wie ein Teppich.“ Ein anderer, der den Rüssel gefühlt hatte, sagte: „Ich weiß, wie es in Wahrheit ist. Der Elefant ist wie ein gerades und hohles Rohr, furchtbar und gefährlich.“ Wiederum ein anderer, der die Füße und Beine gefühlt hatte, sagte: „Nein, der Elefant ist mächtig und fest wie eine Säule.“ Quelle: Hans Hielscher (1979): Päda-Lotse, Heidelberg, 121

What you see of the world depends entirely on how you look at it …

Quelle: Titel einer Economist-Ausgabe, Datum unbekannt

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b) Theorien sind wie Fischernetze



c) Sir Karl Popper10 über „Wissenschaft“ Auf die Frage, wie er Wissenschaft beschreiben würde, antwortet Karl Popper wie folgt:

„Ich habe manchmal gesagt, dass das Vorgehen der Wissenschaft in der Forschung, also der Versuch, in das Gebiet vorzudringen, wo wir nichts wissen, verglichen werden kann mit dem Problem eines schwarzen Mannes, der in einem dunklen Keller einen schwarzen Hut sucht, der nicht dort ist. Was kann er machen? Er kann nach allen Richtungen hin tasten. Und auf diese Weise, mit dem Versuch nach allen Richtungen hin, kommt er schließlich zu einer Art Weltbild, also einer Idee, wie dieser Keller geformt ist, und er erkennt vielleicht sogar, dass der Hut nicht da ist. So ungefähr ist das Vorgehen der Wissenschaft.“ Sir Karl Popper

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Sir Karl Popper (1902–1994), österreichisch-britischer Philosoph, gilt mit seinen Arbeiten zu Erkenntnis­ theorie, Wissenschaftstheorie und politischer Philosophie als Begründer des Kritischen Rationalismus

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M 17 Akteure und Rahmenbedingungen oder: Wer oder was bringt Innovationen hervor?

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Die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung eines Landes ist der allgemeinste Rahmen, in den die Bürgerinnen und Bürger einer Gesellschaft über ihre Arbeits- und Lebenssituatio­ nen eingebunden sind. Die Kenntnis des Institutionen- und Regelsystems einer Wirt­ schafts- und Gesellschaftsordnung ist erforderlich, um Institutionen und ihre Reichweite zu identifizieren, die das wirtschaftliche Geschehen und das Verhalten der einzelnen Akteure in einer Volkswirtschaft bestimmen (z. B. Koordinationsmechanismen wie Markt oder Hierarchie, Werte und Normen, Gesetze).

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Das Gesamtsystem Gesellschaft besteht aus (mindestens) den Teilsystemen „Regierungs­ system“, „Sozialsystem“ und „Wirtschaftssystem“, die ihrerseits Institutionen und Ver­ fahren zusammenfassen. Die Teilsysteme stehen in Wechselbeziehung mit den anderen Teilsystemen, kein Teilsystem kann demnach isoliert betrachtet werden.

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Das Institutionen- und Regelsystem des Gesamtsystems Gesellschaft definiert die Hand­ lungsmöglichkeiten für die Akteure und deren Beziehungen untereinander. Dieser Ord­ nungsrahmen stellt gewissermaßen die Spielregeln für das Verhalten von Individuen dar. 20

Der Ordnungsrahmen legt fest, welche Möglichkeiten die Akteure haben und welche Grenzen zu beachten sind. Dort, wo ein Ordnungsrahmen lückenhaft ausgestaltet ist oder die Regeln nicht eindeutig festgelegt sind, treten Schwierigkeiten auf.

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Die Rechtsordnung in einer marktwirtschaftlichen Ordnung ist das Ergebnis von politi­ schen Aushandlungsprozessen. Sie liefert den Rahmen für individuelle Handlungen und sanktioniert Verstöße. Die folgende Abbildung verdeutlicht, dass unser tägliches Verhalten im Rahmen der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung auf vielfältigen rechtlichen Säulen fußt.

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Der Innovationsindikator untersucht eben jene Akteure, die das Gesamtsystem Gesell­ schaft ausmachen. Es sind die Gesellschaft, die Unternehmen und der Staat, die mit ihren (individuellen) Verhaltensweisen und ihren Einstellungen die Innovationsfähigkeit eines Landes prägen.

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a) Gesellschaft Die Einstellungen der Menschen und ihr Verhalten prägen maßgeblich das Innovati­ onsklima in einem Land. Das betrifft zum Beispiel die Aufgeschlossenheit gegenüber neuen wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen, die Bereitschaft zum unternehmerischen Risiko oder die Beteiligung von Frauen am Innovationsprozess.

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b) Unternehmen Unternehmen sind die treibenden Kräfte des Innovationsprozesses. Unternehmen tra­ gen das Gros an Investitionen und Risiken, sie setzen innovative Ideen in marktfähige Produkte um. 45

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c) Staat Vor allem die Politik sowie die staatliche Verwaltung setzen die Rahmenbedingungen und beeinflussen die Innovationsfähigkeit eines Landes auf vielfältige Weise, zum Bei­ spiel durch Gesetze und Vorschriften, durch die Förderung von Bildung, Forschung und Entwicklung und durch die Nachfrage nach innovativen Produkten.

Quelle: Innovationsindikator 2009, 37

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M 18 Der Innovationsindikator als Blackbox?

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Auf die Frage, wie innovativ die Bundesrepublik Deutschland sei, hat der Innovationsindi­ kator eine eindeutige Antwort: 5,01! Nicht nur das, wir erfahren auch, dass Deutschland damit Rang 9 im Vergleich von 17 Ländern einnimmt.  Alles klar? Wohl eher nicht, denn wir können mit einer Zahl und der Einordnung in eine Skala ohne weiteres gar nichts anfangen. Lediglich die Feststellung, dass Deutschland mit Blick auf seine Innovationskraft offensichtlich insgesamt im internationalen Mittelfeld landet ist uns möglich.  Aber auch dies ist ja eine sehr relative Aussage, denn es stellt sich sofort die Frage, welche Länder für einen Vergleich herangezogen worden sind... Viele weitere Fragen (Auswahl) drängen sich auf: 1. Was verbirgt sich hinter der Zahl 5,01, was misst der Punktwert? 2. Welches Verständnis von Innovation und Innovationsfähigkeit unterliegt der Studie? 3. Was haben die Forscher eigentlich untersucht? 4. Welche Daten haben die Wissenschaftler gesucht, in den Innovationsindikator einflie­ ßen lassen und ausgewertet? 5. Wie viele Daten und Umfrageergebnisse sind in den Innovationsindikator ­eingeflossen? 6. Wie wurden die erhobenen Daten gebündelt und gewichtet? 7. Welche Daten hat man für die Frage nach der Innovationsfähigkeit gar nicht ­berücksichtigt, d. h. ausgeblendet?

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Die Erstellung und Auswertung des Innovationsindikators stellt sich für den durchschnitt­ lichen Bürger also zunächst als „Blackbox“ dar: Wir stellen eine Frage, die für die Zukunftsfähigkeit des Landes und den Wirtschaftsstandort Deutschland von größter Bedeutung ist und erhalten eine Antwort – doch wie kommt man zu einem Ergebnis und, noch wichtiger, wie interpretieren wir es?

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Ein Blick in die „Blackbox“ des Innovationsindikators Um zu verstehen, wie die geheimnisvolle Zahl 5,01 errechnet worden und auf welcher Datenbasis das Ergebnis zustande gekommen ist, müssen wir die „Blackbox“ öffnen und einen Blick auf die wissenschaftliche Methode werfen, die von den Forscherinnen und Forschern zur Anwendung gekommen ist. Ohne Transparenz der Vorgehensweise ist eine Beurteilung und Interpretation des Innovationsindikators nicht möglich.

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M 19 Wie das DIW die Innovationsfähigkeit misst

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Für den Indikator analysiert das DIW sowohl Faktoren, in denen sich die aktuelle Innova­ tionsfähigkeit widerspiegelt, als auch Kriterien, die über die künftige Stärke der einzelnen Industriestaaten entscheiden. Die Beurteilung des Bildungssystems beispielsweise macht deutlich, dass auf Deutschland ein Fachkräftemangel zukommt, der die Innovationsfähig­ keit bedroht. Eine besondere Stärke des Indikators besteht darin, dass er neben Datenreihen und wis­ senschaftlichen Indizes auch Umfragen und Expertenurteile einbezieht. Die Statistiken werden auf diese Weise ergänzt durch aktuelle Einschätzungen aus der betrieblichen Pra­ xis und dem Alltag der Menschen. Für die Studie wertet das DIW rund 180 internationale Statistiken, Umfragen und Studien aus. Weil das Datenmaterial in unterschiedlichen Einheiten wie etwa Prozentwerten, Dol­ lar und Stückzahlen vorliegt, übertragen die Ökonomen die Werte für jeden Industriestaat auf eine Skala von 1 bis 7. Der Innovationsindikator Deutschland basiert auf drei verschiedenen Typen von Infor­ mationsquellen: ■■ Statistiken und Studien internationaler Organisationen wie der Europäischen Kommis­

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sion, des Europäischen Statistikamtes und der Organisation für wirtschaftliche Zusam­ menarbeit und Entwicklung (OECD). Sie liefern umfangreiche Zahlen zu vielfältigen Aspekten der Innovationsfähigkeit, wie zum Beispiel Forschung und Entwicklung, ­Bildung, Infrastruktur, Regulierung oder Produktion und Handel von Gütern und Dienstleistungen. ■■ Internationale Umfragen unter Privatpersonen und Wirtschaftsvertretern. Wichtige

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Einschätzungen zieht das DIW beispielsweise aus der Managerbefragung des World Economic Forum (WEF), dem Eurobarometer der EU-Kommission und dem World Values Survey unter Leitung des US-Forschers Ronald Inglehart. ■■ Thematisch enger fokussierte Studien, wie etwa die vom DIW selbst berechneten

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Indikatoren zur Umsetzung von Innovationen in marktfähige Dienstleistungen und Produkte der Hoch- und Spitzentechnologie. Ebenfalls in diese Kategorie fallen die OECD-Indikatoren zur Marktregulierung, die Korruptionsstudien von Transparency International und der Global Entrepreneurship Monitor zum innovativen Gründungs­ geschehen, der von einem internationalen Expertenkonsortium erhoben wird.

Standardisierung und Skalierung Viele dieser Quellen bieten eine große Datenmenge zu einer Fülle von Themen. Bei der Auswahl der Zahlen orientiert sich das DIW vor allem an zwei Kriterien: Zum einen müs­

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sen die Daten für alle 17 untersuchten Länder in vergleichbarer Form vorliegen. Zum anderen müssen sie eine besonders hohe Relevanz für den Innovationsprozess haben. Um beispielsweise die Gründungsaktivitäten in einem Land zu beurteilen, werden Daten herangezogen, die einen starken Fokus auf schnell wachsende Unternehmen legen, weil diese Firmen erfahrungsgemäß viele Innovationen entwickeln. Die beiden Beispiele ver­ deutlichen zudem ein Problem jeder breit angelegten Studie: Alle Statistiken liegen in unterschiedlichen Maßeinheiten vor. Für die Gründungsaktivitäten etwa wird die Zahl neuer Unternehmen ausgewiesen, der Anteil der Frauen an den FuE-Belegschaften wird in Prozent gemessen, Bildungsausgaben werden als Anteil an der Wirtschaftsleistung oder in Dollar pro Kopf dargestellt und so weiter. Um all diese unterschiedlichen Datengrößen zu einem Indikator zusammenzufassen, muss das DIW die Statistiken zunächst auf eine ein­ heitliche Messskala bringen. Dafür werden sämtliche Ursprungsdaten auf eine Skala von 1 bis 7 übertragen.

Quelle: Innovationsindikator 2009, 88.

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Im linken Teil der Grafik sieht man einen beliebigen Einzelindikator auf seiner ursprüng­ lichen Skala. Der rechte Teil der Grafik zeigt die standardisierte Skala des Innovationsindi­ kators. Zwar sind die Werte der Skalen verschieden. Die Ränge der Länder und die relati­ ven Abstände zwischen ihnen bleiben aber unverändert.

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Nachdem die Statistiken ausgewählt und auf eine einheitliche Messskala übertragen wor­ den sind, müssen die Indikatoren zu einem einzelnen Gesamtindikator verdichtet wer­ den. Dies geschieht in einem mehrstufigen Verfahren nach dem sogenannten Bottom-upPrinzip, also von unten nach oben. Erklären lässt sich diese Methode am besten, wenn man den umgekehrten Weg geht – von oben nach unten:

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Ganz oben steht der Gesamtindikator, der für Deutschland in diesem Jahr Platz 9 aus­ weist. Dieses Ergebnis setzt sich aus zwei Unterindikatoren zusammen: dem Indikator „Gesellschaftliches Innovationsklima“ und dem Indikator „Innovationssystem“. Letzterer besteht wiederum aus sieben Teilindikatoren: Bildung, Forschung und Entwicklung, Ver­ netzung, Finanzierung, Umsetzung, Nachfrage und Wettbewerb. Auf der untersten Ebene schließlich stehen rund 180 Datensätze, die das DIW zu den sieben Teilindikatoren des „Innovationssystems“ und dem Indikator „Gesellschaftliches Innovationsklima“ zusam­ menführt. Darüber hinaus werden aus den Datensätzen auch die beiden Indikatoren „Unternehmen“ und „Staat“ gebildet. Beide Indikatoren fließen aber nicht in die Berech­ nung des Gesamtindikators ein, sondern dienen lediglich dazu, die Innovationsanstren­ gungen von Politik und Wirtschaft getrennt bewerten zu können.

Gewichtung der Indikatoren 75

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Bei der Zusammenführung der Indikatoren auf den verschiedenen Ebenen stellt sich die Frage, wie die einzelnen Daten gewichtet werden sollen: Das DIW hat sich dafür ent­ schieden, auf den verschiedenen Ebenen unterschiedliche Methoden der Gewichtung anzuwenden. Um die 180 Datensätze der untersten Ebene zu den verschiedenen Teilindi­ katoren der nächsthöheren Ebene zu verdichten, greifen die Ökonomen auf statistische Verfahren zurück, vor allem auf die sogenannte Hauptkomponentenanalyse. Bei dieser Methode erhalten diejenigen Bestandteile eines Indikators ein größeres Gewicht, bei denen die Ergebnisse der Länder vergleichsweise weit auseinander liegen. Umgekehrt bekommen Teilindikatoren ein geringeres Gewicht, bei denen die Länder nahezu gleiche Ergebnisse erzielen. Ein wichtiger Grund für die Wahl dieser Methode: Die Unterschiede zwischen den ähnlich entwickelten Industrieländern werden gut herausgearbeitet. Die Stärken und Schwächen Deutschlands treten dadurch deutlich zutage. Einen anderen Weg wählt das DIW, um die sieben Teilindikatoren des Innovationssystems zum gemeinsamen Systemindikator zu verdichten. Hier vertrauen die Ökonomen auf Expertenurteile: Gemeinsam mit dem BDI hatte das DIW in den Jahren 2005 und 2006 Manager von international agierenden Unternehmen befragt. Die Führungskräfte sollten einschätzen, welche Aspekte den größten Einfluss auf die Innovationsfähigkeit eines Lan­ des haben. Das höchste Gewicht gaben die Manager den Themen Bildung, Forschung und Entwicklung sowie innovationsfreundliche Nachfrage. Ebenfalls wichtig, aber nicht ganz so entscheidend, sind aus Sicht der Wirtschaft eine gute Zusammenarbeit mit Hochschu­ len und anderen Firmen sowie die Weltmarktstellung der Unternehmen. Dem Finanzsys­ tem und dem Wettbewerbsdruck auf den Märkten maßen die Manager damals die gerings­ te Bedeutung bei. Entsprechend hat das DIW die sieben Teilindikatoren gewichtet. Für den letzten Schritt des Bottom-up-Verfahrens – die Zusammensetzung des Gesamtindika­ tors – gewichtet das DIW den Systemindikator, der aus den sieben Teilindikatoren besteht, mit sieben Achteln und das Innovationsklima mit einem Achtel.

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Quelle: Innovationsindikator 2009, 89.

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M 20 Institutionen im Bereich der Wirtschaftsforschung (Auswahl) Europäische Kommission ➜ Verantwortlich für die Vertretung der EU-Interessen und als Exekutive der EU für die Umsetzung der Beschlüsse des Parlaments und des Rates zuständig. ■■ Kommissionssitz in Brüssel ■■ 27 Kommissare – aus jedem Mitgliedsstaat ein Kommissar ■■ Präsident der Amtsperiode bis 2014: José Manuel Barroso aus Portugal

Zu den Aufgaben der Europäischen Kommission zählen u. a.Vorschläge für neue Rechts­ vorschriften, die Umsetzung der EU-Politik, die Verwaltung des Haushalts, die Einhal­ tung des europäischen Rechts und die Vertretung der EU auf internationaler Ebene. URL für weitere Informationen: http://ec.europa.eu/index_de.htm

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ➜ Organisation von 30 Mitgliedsländern zur Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Soziales, Umwelt und Governance. ■■ Gegründet 1961 ■■ Sitz in Paris ■■ Budget 2010: 328 Mio.

Die OECD unterstützt die Regierungen bei der Förderung von Wohlstand und der Bekämpfung von Armut durch wirtschaftliches Wachstum, finanzielle Stabilität, Handel und Investitionen, Technologie, Innovation, Unternehmertum und Entwick­ lungszusammenarbeit. URL für weitere Informationen: www.oecd.org

Europäisches Statistikamt (Eurostat) ➜ Erstellung von Statistiken für die EU-Länder. ■■ Gegründet 1953 ■■ Sitz in Luxemburg

Das Ziel der Arbeit von Eurostat ist es, den Europäischen Organen vergleichbare und harmonisierte Statistiken für die Festlegung, Umsetzung und Analyse der Gemeinschaftspolitiken zur Verfügung zu stellen. URL für weitere Informationen: http://epp.eurostat.ec.europa.eu

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Deutsches Institut für Wirtschafsforschung (DIW) (vgl. auch M 21) ➜ größtes Wirtschaftsforschungsinstitut in Deutschland ■■ Gegründet 1925 ■■ Sitz in Berlin ■■ Präsident des Instituts: Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann ■■ Sieben verschiedene Forschungsabteilungen

Als unabhängige Institution betreibt das DIW Grundlagenforschung und wirt­ schaftspolitische Beratung. Finanziert wird die Forschung durch öffentliche Zuwen­ dungen und durch Einnahmen aus Projekten und Aufträgen Dritter sowie durch Spenden. URL für weitere Informationen: www.diw.de

World Economic Forum (WEF) ➜ Private Stiftung, die Regional- und Jahrestreffen für Wirtschaftsführer und Politi­ ker organisiert. ■■ Sitz in Genf ■■ Getragen von über 1.000 weltweit führenden Wirtschaftsunternehmen

Das WEF ist eine Non-Profit Organisation. Führende Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Kultur sprechen beim jährlichen Jahrestreffen über globale Themen „to improve the state of the world“. URL für weitere Informationen: www.weforum.org

Global Entrepreneurship Monitor (GEM) ➜ Größte Forschungsstudie zur Erfassung von Entrepreneurship-Aktivitäten ­weltweit ■■ Gegründet 1991 ■■ Forschungsaktivitäten in 42 Ländern ■■ Partnerschaft zwischen der London Business School/England

und dem B ­ abson College/USA Der Global Entrepreneurship Monitor stellt eine gemeinnützige Arbeitsgemein­ schaft dar und untersucht die Rolle des nationalen Unternehmertums in Bezug auf das weltweite Wirtschaftswachstum. URL für weitere Informationen: www.gemconsortium.org

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Economist Intelligence Unit (EIU) ➜ Forschung und Beratung für Unternehmen durch Analysen und Prognosen ■■ Gegründet 1946 ■■ Hauptsitz in London, regionale Center in Hong Kong, Wien und New York ■■ Weltweit über 800 Mitarbeiter und 130 Länderexperten

Die EIU bietet drei Formen der Unterstützung: umfassende Marktanalysen, Prognosen über Trends in bestimmten Industriezweigen und neueste Managementstrategien. URL für weitere Informationen: www.eiu.com

INSEAD ➜ Eine der weltweit größten Business Schools ■■ Standorte in Frankreich und Singapur ■■ 1957 als unabhängige Institution gegründet ■■ Unterrichtsangebot für ca. 882 MBA-Studenten, 59 Executive MBA-­

Kandidaten, 6.400 Manager und 71 Doktoranden aus über 75 Ländern Die INSEAD ist eine gemeinnützige Institution und finanziert ihre Studienangebote durch die Erhebung von Studiengebühren sowie durch Spendengelder (z. B. durch die INSEAD-Alumni-Stiftung).  Anfang 2007 wurde eine Spendensumme von 169 Mio. € verzeichnet. Der Stiftungsfond der INSEAD hat mittlerweile einen Wert von ca. 75 Mio. €. URL für weitere Informationen: www.insead.edu

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M 21 Vorstellung: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

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Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin ist das größte Wirtschaftsfor­ schungsinstitut in Deutschland. Es ist als unabhängige Institution ausschließlich gemein­ nützigen Zwecken verpflichtet und betreibt Grundlagenforschung und wirtschaftspoliti­ sche Beratung. 1925 wurde es als Institut für Konjunkturforschung gegründet und erhielt einige Jahre später seinen heutigen Namen. Seinen Sitz hat es seit seiner Gründung in Berlin. Das DIW Berlin präsentiert seine Forschungsergebnisse in externen Fachzeitschriften, im Rahmen wissenschaftlicher Veranstaltungen im In- und Ausland sowie auf Workshops, Symposien und Kolloquien. Sie dienen dem Gedankenaustausch mit Experten und gesell­ schaftlich relevanten Gruppen. Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik sowie einer breiten Öffentlichkeit werden aktuelle Wirtschafts- und Strukturdaten, Prognosen und Gutachten sowie Dienstleistungen im Bereich der quantitativen Ökonomie zur Ver­ fügung gestellt. Das Institut hat es sich zur Aufgabe gemacht international anerkannte Grundlagenfor­ schung zu betreiben und forschungsgestützte Beratung für die nationale, europäische und internationale Politik, Wirtschaft und die Öffentlichkeit zu leisten. Es strebt eine ­Position als international anerkannter „Think Tank” für angewandte Wirtschaftsforschung und -beratung für die nationale und internationale Politik, Wirtschaft und die Öffentlich­ keit an. Das DIW Berlin wird seit 2000 von Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann als Präsident geführt und untergliedert sich in sieben Forschungsabteilungen, die von Abteilungsleitern und Abteilungsleiterinnen geführt werden: Konjunktur, Weltwirtschaft, Staat, Informationsge­ sellschaft und Wettbewerb, Innovation – Industrie – Dienstleistung, Energie – Verkehr – Umwelt, Längsschnittstudie Sozio-oekonomisches Panel. Das Institut hat die Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Vereinsorgane sind die Mit­ gliederversammlung, das Kuratorium, der Vorstand und der Wissenschaftliche Beirat.

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Die öffentlichen Zuwendungen, die das DIW Berlin als Forschungsförderung zu gleichen Teilen vom Land Berlin (Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur) und vom Bund (Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit) erhält, machen etwa die Hälfte des Institutshaushalts aus. Hinzu kommen Einnahmen aus Projekten und Aufträgen Drit­ ter sowie Beiträge der Kuratoriumsmitglieder und Spenden.  Aufgrund seiner Finanzie­ rungsstruktur ist das DIW Berlin Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Weitere Informationen unter: www.diw.de

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M 22 Zentrale Ergebnisse des Innovationsindikators 2009 1. Innovationsfähigkeit der führenden Industrienationen: Die Bundesrepublik Deutschland belegt im Innovationsindikator unter den 17 führenden Industriestaaten nur Rang 9. Im Vergleich zum Vorjahr rutscht sie damit um einen Platz ab und verliert gegenüber den innovativsten Ländern weiter an Boden. 5

Deutschland hat durchaus Stärken: Die Hersteller von Hochtechnologie sind hervorra­ gend auf den Weltmärkten aufgestellt. Zulieferer und Wissenschaftseinrichtungen leisten qualitativ hochwertige Arbeit. Und die Wirtschaft arbeitet eng mit der Wissenschaft zusammen, um neue Produkte zu entwickeln.

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Eklatante Schwächen bremsen jedoch die Innovationsfähigkeit: Die Unternehmen haben große Probleme, Kapital für Innovationen zu beschaffen. Das Bildungssystem ist unter­ finanziert und ineffizient. Es mangelt an Fachkräften. Gesetze sind weniger innovations­ freundlich als in anderen Ländern. Und die Bundesbürger stehen Wissenschaftlern und forschenden Unternehmen relativ skeptisch gegenüber.

Quelle: Innovationsindikator 2009, 12.

2. Innovationsfähigkeit der Unternehmen: 15

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Die Unternehmen bleiben die tragende Säule des Innovationsstandorts Deutschland. Im diesjährigen Ranking erreichen sie unter den 17 verglichenen Industriestaaten Rang 7. Kaum ein Land kann innovative Produkte so gut entwickeln und auf den Weltmärkten verkaufen wie Deutschland. Vor allem Branchen wie der Maschinenbau, die chemische Industrie und die Autoherstellung sind Stärken Deutschlands. Im Bereich der wissensin­ tensiven Dienstleistungen und der Spitzentechnologie kommt Deutschland dagegen nicht über Mittelmaß hinaus.

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Unternehmen, Zulieferer und Wissenschaftsinstitute arbeiten in Deutschland sehr inten­ siv zusammen. Die deutschen Manager loben die ausgezeichnete Kooperation mit ihren Partnern in Wirtschaft und Wissenschaft. Die deutsche Wirtschaft steckt voller Ideen. Weltweit melden nur zwei Länder – gemes­ sen an der Bevölkerungsgröße – mehr Patente an als die Bundesrepublik. In ihre Entwick­ lungsarbeit investieren die Unternehmen jedoch vergleichsweise wenig Geld.

Quelle: Innovationsindikator 2009, 17.

Quelle: Innovationsindikator 2009, 18.

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3.Die Innovationspolitik Die Politik in Deutschland stellt die Weichen wieder Richtung Zukunftsfähigkeit: Gegen­ über dem Vorjahr konnte die Bundesrepublik zwei Ränge gutmachen. Der Reformbedarf ist aber weiterhin hoch: Von den 17 analysierten Industriestaaten bieten noch immer zehn Länder bessere staatliche Rahmenbedingungen für Innovationsprojekte.

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Schwächen bleiben beispielsweise die bürokratische und für die Unternehmen zeitauf­ wändige Vergabe von Fördergeldern sowie die starke Regulierung.

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Staaten wie Korea, USA und Schweden ziehen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen innovative Produkte eher den billigeren Alternativen vor als Deutschland. Studien legen nahe, dass dynamische Unternehmen diese Länder wegen deren Technikbegeisterung als attraktive Standorte einschätzen.

Quelle: Innovationsindikator 2009, 27.

4. Das gesellschaftliche Innovationsklima 45

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Die Deutschen scheuen das Risiko. In keinem anderen Land schreckt die Möglichkeit zu scheitern so viele Menschen von einer Unternehmensgründung ab wie in Deutschland.

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Die zunehmende Offenheit und Toleranz der Bundesbürger schafft ein Klima, in dem sich Kreativität immer freier entfalten kann. Zugleich sind die Unternehmen dadurch in der Lage, leichter Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben, denn erfahrungsgemäß fühlen sich Spezialisten aus Asien, Amerika und Europa von einer toleranten, weltoffenen Atmo­ sphäre angezogen.

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Langsam legen die Bundesbürger ihre Vorbehalte gegen berufstätige Frauen ab. Dieser Wandel könnte künftig mehr Frauen dazu ermutigen, ihre Talente in den Innovations­ prozess einzubringen.

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Nur eine Minderheit glaubt hierzulande, dass sie vom Fortschritt profitieren wird. Ver­ gleichsweise misstrauisch stehen die Deutschen auch Wissenschaftlern und forschenden Unternehmen gegenüber. Daher wollen relativ wenige Bürger, dass Experten starken ­Einfluss auf gesellschaftliche Entscheidungen nehmen.

Quelle: Innovationsindikator 2009, 37.

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M 23 Wozu dienen die Ergebnisse des Innovationsindikators 2009?

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Der Innovationsprozess hat keinen Anfang und kein Ende, sondern ist ein beständiges Generieren, Testen, Verwerfen und Anwenden von neuem Wissen. Er ist ein kreativer und interaktiver Prozess, der in einem System von institutionellen Regelungen und Organisa­ tionen stattfindet. Hierzu ein Zitat von Douglas C. North11: „Diejenige Gesellschaft, die die größte Zahl von Versuchsmöglichkeiten gestattet, wird am ehesten im Laufe der Zeit Probleme lösen können.“ (North 1992, 96)

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Eine hohe Innovationsfähigkeit ist von elementarer Bedeutung für die Entwicklung einer Gesellschaft. Das Bewusstsein für diesen Zusammenhang und die Konsequenzen für das politische, unternehmerische und soziale Handeln ist in der Gesellschaft unterschiedlich stark ausgeprägt. In der Einleitung zur Forschungsdokumentation des DIW heißt es:

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„Die Fähigkeit der Menschen und Unternehmen, in Deutschland Innovationen hervorzu­ bringen, d. h. neues Wissen zu schaffen und dieses in neue, marktfähige Produkte und Dienstleistungen umzusetzen, ist von herausragender Bedeutung für Wachstum, Wettbe­ werbsfähigkeit und Wohlstand. Ziel dieses Projekts ist es, die Innovationsfähigkeit Deutschlands im internationalen Vergleich jährlich zu erfassen, zu bewerten und für eine breite Öffentlichkeit verständlich darzustellen. [...] Die transparente, differenzierte und gleichzeitig zugespitzte Bewertung soll eine breite Öffentlichkeit für die Bedingungen der Innovationsfähigkeit sensibilisieren, konkrete Ansatzpunkte zur Verbesserung der Position Deutschlands im internationalen Innovationswettbewerb aufzeigen und auch Anregungen für die Erforschung komplexer Innovationssysteme geben. Sie kann und soll allerdings differenzierte Analysen und Bewertungen der Besonderheiten der Systemkom­ ponenten und der Akteure im internationalen Vergleich nicht ersetzen, sondern vielmehr anregen.“

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US-amerikanischer Ökonom und Wirtschaftshistoriker, Träger des Wirtschaftsnobelpreises 1993

M 24 Auszug aus der Berliner Rede des Bundespräsidenten Horst Köhler (21.09.2006)

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[...] Unsere Fähigkeiten und unser Wissen, unser Einfallsreichtum und unsere Kreativität sind die wichtigste Ressource, die wir in Deutschland haben. Der globale Wettbewerb ist längst ein Wettbewerb der Bildungssysteme. Und da zählt eben auch, wie lange eine Aus­ bildung dauert und wie alt zum Beispiel ein Akademiker ist, wenn er seine erste Stelle antritt. In der Welt von heute ist es nicht gleichgültig, ob junge Menschen in ihrer Heimat gute Lern- und Arbeitsbedingungen finden – oder ob sie die lieber im Ausland suchen. In der Welt von heute ist es nicht gleichgültig, ob ein Land seinen Bedarf an Facharbeitern, Ingenieuren und Naturwissenschaftlern selbst heranbilden kann – oder ob es in diesen Schlüsseldisziplinen auf Zuwanderung von außen hoffen muss. Und es ist nicht gleichgültig, ob Menschen in einem Land auch nach der Berufsausbil­ dung systematisch weiterlernen oder eher nicht. Mit der Entwicklung in Wissenschaft und Technik hat sich unser Wissen rasant vermehrt. Gleichzeitig verlieren Kenntnisse und Fähigkeiten, die gestern noch richtig und wichtig waren, immer schneller an Bedeutung. Umso wichtiger ist es, das Lernen selbst zu lernen, damit man sein Wissen immer wieder auffrischen und erneuern kann. Lernen ist mehr denn je eine Lebensaufgabe. Ich weiß, das sagen viele.  Aber viel zu wenige handeln auch danach. In Deutschland neh­ men nur etwa 12 Prozent der Menschen im Erwerbsalter an beruflichen Weiterbildungs­ maßnahmen teil. In den meisten vergleichbaren Staaten liegt dieser Anteil deutlich höher. Haben Politik und Wirtschaft sich dem Thema Weiterbildung wirklich schon gründlich genug gewidmet? Und hat wirklich schon jede und jeder von uns begriffen, wie groß die Herausforderung „Lebenslanges Lernen“ ist? [...] Quelle: www.bundespraesident.de/-,2.633054/Berliner-Rede-von-Bundespraesi.htm

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M 25 Bildungsökonomen: Qualität der Schulen für Wirtschaftswachstum zentral 5

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Mehr Geld und mehr Lehrer – das gilt in Deutschland als Königsweg aus der Bildungs­ misere. „Gute Qualität von Bildung gibt es nicht zum Nulltarif“, sagt Ulrich Thöne, Chef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Daher müsse Deutschland seine Bildungs­ ausgaben von derzeit gut fünf auf sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen – nur damit könnten wir „international wieder den Anschluss gewinnen“. Aus der Wissenschaft dagegen kommen erhebliche Zweifel an dieser These. Eine Phalanx bildungsökonomischer Studien kommt zu dem Schluss: Zwischen den Ausgaben für Bil­ dung und der Qualität des Schulsystems besteht bestenfalls ein loser Zusammenhang. Eine Ausnahme sind Entwicklungsländer. Diese können die Leistungen von Schülern spür­ bar erhöhen, wenn sie dafür sorgen, dass Schulgebäude und Unterrichtsmaterial vorhan­ den sind und Lehrer regelmäßig zur Arbeit erscheinen.  Aber sobald diese Mindeststan­ dards erfüllt sind, gilt zum Beispiel für den Pisa-Test: „Länder mit hohen Bildungsausga­ ben haben im Durchschnitt genauso gute Ergebnisse wie Länder mit niedrigen Bildungsbudgets“, schreiben die Bildungsforscher Eric Hanushek (Princeton, USA) und Ludger Wößmann (Ifo-Institut und Ludwig Maximilian Universität München) in einer neuen Studie.

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Generell zeige die Forschung: „Eine Bildungspolitik, die Schulen einfach mit mehr Res­ sourcen ausstattet, aber die Strukturen des Schulsystems nicht ändert, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Leistung der Schüler nicht deutlich und systematisch steigern.“

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Hanushek und Wößmann haben untersucht, wie sich Bildungssysteme verbessern lassen und wie dies das Wirtschaftswachstum beeinflusst. Ihr Ergebnis: Die Bedeutung von guter Bildung für individuellen Wohlstand und nationales Wirtschaftswachstum kann man kaum überschätzen.

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Die Wissenschaftler zitieren zahlreiche Studien, die zeigen: Menschen, die überdurch­ schnittlich gut lesen, schreiben und rechnen können, haben auf dem Arbeitsmarkt besse­ re Karten und verdienen mehr. Für die USA stellten zum Beispiel Studien fest: Schüler, die ihn ihrem Jahrgang zu den besten 15 Prozent in Mathe gehören, verdienen später zehn bis fünfzehn Prozent mehr als durchschnittliche Schüler. Auch gesamtwirtschaftlich zahlt sich bessere Bildung aus – eine ganze Reihe von Studien spricht dafür, dass es einen Kausalzusammenhang gibt zwischen Bildungsniveau und Wirtschaftswachstum eines Landes. Mit einer auf diesen Arbeiten basierenden Simulati­ onsrechnung haben die Wissenschaftler die Frage untersucht: Was passiert, wenn ein Industrieland es schaffen würde, bis 2025 die Leistungen seiner Schüler so zu erhöhen, dass das durchschnittliche Pisa-Testergebnis von 500 auf 540 steigt? Das Ergebnis ist zwiespältig: In den ersten beiden Jahrzehnten hätte dies keine spürbaren Wirkungen auf das Wirtschaftswachstum – schließlich dauert es, bis die besser gebildeten Schüler ihre Ausbildung abgeschlossen haben und auf dem Arbeitsmarkt aktiv werden. Wenn sie aber voll im Berufsleben stehen, zahlt sich die Sache aus. Im Jahre 2037 wäre die Wirtschaftsleistung fünf Prozentpunkte höher als im Status quo.

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So eindrucksvoll die Wissenschaft die positiven Wirkungen guter Bildung für eine Nation aber auch belegen kann: Dafür, was die Politik konkret für bessere Schulen tun kann,­ liefert sie keine einfachen Rezepte. [...]

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Ihre Verbesserungsvorschläge setzen vor allem bei den institutionellen Rahmenbedingun­ gen an. Sie empfehlen mehr Wettbewerb im Bildungssystem und sprechen sich für eine höhere Schulautonomie und mehr Leistungsanreize für das Unterrichtspersonal aus. „Wenn die Akteure im Bildungssystem dafür belohnt werden, wenn sie die Performance der Schüler erhöhen, und wenn man sie bestraft, wenn sie das nicht schaffen, dann wird dies zu einer besseren Performance führen“, betonen die Autoren.

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Die Leistung der Lehrer und der Schulen sollte man stärker an den Ergebnissen der Schü­ ler messen, schlagen die Ökonomen vor. Doch für ein faires Urteil muss man behutsam vorgehen und den sozialen und familiären Hintergrund der Schüler berücksichtigen – schließlich haben Lehrer, die in Reichenvierteln unterrichten, ganz andere Arbeitsbedin­ gungen als solche, die in sozialen Brennpunkten tätig sind.

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Am Ende des Schuljahres sollten die Lernerfolge der Kinder in externen und für alle ­gleichen Tests überprüft werden, empfehlen die Forscher. Denn eine Reihe von Studien macht deutlich: In Ländern, in denen es solche standardisierten Abschlussprüfungen gibt, ist das Leistungsniveau der Schüler höher als in Staaten, die darauf verzichten. Quelle: Storbeck, O., Handelsblatt.com, 12.02.2007

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M 26 Schulmisere belastet die Wirtschaft

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„Investitionen in Wissen bringen immer noch die besten Zinsen“, wusste schon Benjamin Franklin, Staatsmann und Mitbegründer der USA. Wie hoch die Verzinsung für die deut­ sche Volkswirtschaft wäre, hat nun erstmals das Ifo-Institut im Auftrag der Bertelsmann Stiftung errechnet: Gelänge es, den Anteil der Risikoschüler in den nächsten zehn Jahren um 90 Prozent zu senken, legte die Wirtschaftskraft Deutschlands bis 2090 um rund 2,8 Billionen Euro zu. Das übersteigt das aktuelle Bruttoinlandsprodukt, das 2008 rund zweieinhalb Billionen Euro ausmachte.

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Reformen im Bildungswesen wirken nur sehr langsam „Das zeigt, wie dringend das Prob­ lem der unzureichenden Bildung gelöst werden muss“, sagte Stiftungsvorstand Jörg Dräger. „Allen politisch Verantwortlichen muss klar werden: Bildung lohnt sich – auch finanziell.“ 15

Der lange Horizont ist nötig, weil Bildungsreformen nur langsam wirken: Bis Defizite in der gesamten arbeitenden Bevölkerung beseitigt sind, dauert es 50 Jahre. In den ersten 20 Jahren betrügen die Zusatzerträge nach dem Ifo-Szenario nur 70 Mrd., bis 2043 schon 311 Mrd. Bis 2074 hingegen summierten sie sich auf 1,7 Billionen Euro – das entspräche der aktuellen Staatsverschuldung.

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Als Risikoschüler gelten nach der internationalen Pisa-Studie diejenigen, die mit 15 Jahren in Mathematik und Lesen maximal Grundschulniveau erreichen. Das sind in Deutschland fast ein Viertel der Schüler – international ein trauriger Spitzenwert. Noch größer ist das Problem bei Migranten, von denen sogar 40 Prozent Risikoschüler sind. Das ist umso bedeutender, als inzwischen jeder vierte bis 25 Jahre Migrant ist, bei den unter Sechsjäh­ rigen ist es schon ein Drittel. Doch auch von den Schülern ohne Migrationshintergrund zählen 14 Prozent zur Risikogruppe. […] Besser gebildete Schüler haben eine höhere Chance, eine Lehrstelle zu bekommen, erzie­ len später höhere Einkommen und sind seltener arbeitslos und somit auch seltener auf Transferleistungen angewiesen, erläutert der Autor der Ifo-Studie, Ludger Wößmann. Kon­ kret empfiehlt die Bertelsmann Stiftung ein Bündel an Reformmaßnahmen: Entscheidend sei die möglichst frühe Bildung vor allem für Kinder aus bildungsfernen und Migrantenfa­ milien – „gerade auch bei unter Dreijährigen“. Eltern müssten motiviert werden, sie mög­ lichst früh in eine gute Kita zu bringen. Hier dürften „keine falschen Anreize gesetzt wer­ den“, sagte Dräger mit Blick auf die Debatte um das Betreuungsgeld. Dieses sollen nach dem Willen der Koalition ab 2013 die Eltern erhalten, die Kinder bis zum 3. Geburtstag selbst betreuen. CDU und FDP streiten aber darüber, ob der Betrag in bar oder in Form von Bildungsgutscheinen ausgezahlt wird. […]

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Gerade weil Bildungsreformen nur langfristig wirken, drängt der Stiftungsvorstand auf hohes Tempo: „Jede weitere Verzögerung von wirksamen Reformen ist teuer“. Umgekehrt zahle sich schnelles Handeln aus: Gelänge die Abschaffung der Bildungsarmut schon in fünf Jahren – ein extrem ehrgeiziges Ziel – erhöht sich der Gesamtertrag nach Ifo-Rech­ nung um 280 Mrd. Euro. Lässt sich die Politik dagegen 20 Jahre Zeit, gehen 500 Mrd. ver­ loren. Besonders lukrativ wären höhere Bildungsinvestitionen für Bundesländer mit besonders großer Bildungsarmut: Das sind vor allem Nordrhein-Westfalen und Hessen sowie die Regionen Niedersachsen/Bremen und Schleswig-Holstein/Hamburg mit Risikoschüler­ quoten von 26 bis 28 Prozent. Bayern hingegen hat mit 16 Prozent den kleinsten Anteil an Problemschülern. Quelle: Gillmann, B., Handelsblatt, Nr. 229, 26.11.2009, 12

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M 27 Fachkräfte verzweifelt gesucht

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Die Wirtschaftskrise und die Demografie hinterlassen Schleifspuren auf dem Ausbildungs­ markt. Trotz erheblicher Nachvermittlungsbemühungen ist die Zahl der neu besetzten Ausbildungsplätze erstmals seit Jahren deutlich zurückgegangen. […] Am größten ist der Rückgang im Osten: Dort wurden den Industrie- und Handelskammern sogar 14,1 Pro­ zent weniger Lehrverträge gemeldet als im Vorjahr (Westdeutschland: minus 8,5 Prozent). Nur in den freien Berufen, also in Arztpraxen, Anwaltskanzleien und Architekturbüros, ist die Lage mit einem Minus von 2,9 Prozent zu Ende September noch einigermaßen stabil.

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Hauptursache ist nicht die mangelnde Ausbildungsbereitschaft der Betriebe in der Krise. „Das zeigen die Nachvermittlungen der IHKs. Dort kamen im Schnitt auf einen Suchen­ den noch 2,6 Ausbildungsangebote – und damit trotz Krise mehr als im Vorjahr“, sagt DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann. Viele Tausend Lehrstellen hätten nicht besetzt werden können. Schuld ist vor allem die Geburtenmüdigkeit der Deutschen. Sie führt zu sinkenden Schü­ lerzahlen. Als Folge sank in diesem Jahr die Zahl der Schulabgänger um vier Prozent, im Osten sogar um 15,5 Prozent. Die Zahl der Lehrstellenbewerber, die der Bundesagentur für Arbeit gemeldet wurden, ging sogar mit 14 Prozent noch deutlich stärker zurück. Erst hier kommt die Wirtschaftskrise ins Spiel. Sie führt nach Einschätzung des DIHK dazu, dass mehr Schulabgänger sich statt für eine berufliche Ausbildung für ein Studium oder eine andere Weiterbildung entscheiden. „Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren dramatisch fortsetzen. Den Betrie­ ben droht damit erheblicher Fachkräftemangel“, warnt Driftmann. „Der Trend wird rück­ läufig bleiben“, sagt auch Handwerkspräsident Otto Kentzler. Denn 2010 würden in den neuen Ländern erneut 13 Prozent weniger Schulabgänger erwartet, im Westen ein Pro­ zent weniger. „Da die Gruppe der Altbewerber, die tatsächlich eine duale Ausbildung suchen, zahlenmäßig nur noch sehr gering ist, müssen wir von weiter sinkenden Lehr­ lingszahlen ausgehen.“ Nach Schätzungen des Bundesinstituts für Berufsbildung wird die Zahl der potenziellen Bewerber für eine Ausbildung bis 2010 um 30 Prozent schrumpfen. Ein umso größerer Skandal ist aus Sicht der Wirtschaft, dass immer noch Jahr für Jahr 65 000 oder acht Prozent der Jugendlichen die Schule ohne Abschluss verlassen. Sie hät­ ten kaum eine Chance auf einen Ausbildungsplatz, klagt Driftmann. Kentzler will deshalb den im kommenden Jahr auslaufenden Ausbildungspakt zu einem „Pakt Fachkräftesiche­ rung“ weiterentwickeln. Oberstes Ziel müsse es sein, die Ausbildungsfähigkeit der weni­ ger werdenden Bewerber zu verbessern. „Unsere Büros, Praxen und Kanzleien können Defizite beim Lesen, Rechnen und Schreiben, aber auch in der Sozialkompetenz vieler Schulabgänger nicht allein auffangen“, klagt der Präsident des Bundesverbands der freien Berufe, Ulrich Oesingmann. Eltern und Schule müssen kooperieren. Bei der Verbesserung der Ausbildungsreife müsse bereits im Elternhaus angesetzt werden, fordert Oesingmann. Er unterstützt damit die Forderungen der AG Mittelstand, eines Zusammenschlusses von neun Wirtschaftsverbän­ den vom Gaststättengewerbe bis zu den Raiffeisenbanken. Eltern und Schule müssten enger kooperieren, zum Beispiel durch Lern- und Erziehungsvereinbarungen, heißt es auch in einem Positionspapier, auf das sich die neun Verbände verständigt haben. Der For­ derungskatalog der AG an die Bildungspolitiker reicht von besser qualifizierten Erziehern, gezielter Sprachförderung in Kindergärten und einer engeren Kooperation von Hort und Grundschule über einen „bedarfsgerechten Ausbau“ von Ganztagsschulen bis zum Ein­ satz von mehr Sozialpädagogen an den Schulen. „An den Schulen vermisst die Wirtschaft spezifische Förderangebote für typische Lernschwächen. Bei Jungen ist das vor allem das

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Lesen. Mädchen tun sich oft schwer mit Mathematik und Naturwissenschaften. Laut der jüngsten Pisa-Studie können rund 20 Prozent der 15-jährigen Schüler nur auf Grundschul­ niveau lesen, rechnen und schreiben. Insgesamt gebe es an den Schulen zu wenig indivi­ duelle Förderung. Quelle: Thelen, P., Handelsblatt, Nr. 235, 04.12.2009, 14

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M 28 Arbeitsblatt „Analyse der Innovationsindikatorergebnisse zum deutschen Bildungssystem“ Analysieren Sie die methodische Herangehensweise und die Ergebnisse des Innovations­ indikators 2009 zu einem der unter 1. genannten Aspekte. Nutzen Sie dabei als Ausgangs­ punkt die Informationen des zugeordneten Materials dieser Einheit sowie des entspre­ chenden Abschnitts des Innovationsindikators. Setzen Sie sich im Folgenden mit den Dar­ stellungen innerhalb der Studie auseinander (s. dazu die ausführliche Studie unter www. telekom-stiftung.de/innovationsindikator). Fassen Sie anschließend Ihre Ergebnisse zu den folgenden Aufgaben in einer Präsentation zusammen und stellen Sie diese Ihrem Kurs in vor. 1. Die Analyse bezieht sich auf den Aspekt... Bildungsausgaben Fachkräfteausstattung



Bildungsqualität Weiterbildung 2. Zur Ermittlung der Ergebnisse wurde auf folgende Quellen/Instrumente zurück­gegriffen (einschl. kurzer Charakterisierung dieser)... 3. Der Innovationsindikator ermittelt im Wesentlichen die folgenden Ergebnisse hinsichtlich des genannten Aspektes des deutschen Bildungssystems... 4. Die Stellung des deutschen Bildungssystems im internationalen Vergleich wird entsprechend der Ergebnisse wie folgt bewertet... 5. Hieraus ergeben sich für Deutschland nach Ansicht der Ersteller des Innovations­indikators folgende Konsequenzen...

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M 29 Innovationsindikator 2009: Bildung

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Unter den 17 führenden Industrienationen kommt das deutsche Bildungssystem nur auf Rang 12 und konnte seine Punktwertung gegenüber dem Vorjahr kaum verbessern. Weil andere Länder jedoch nachgelassen haben, steigt die Bundesrepublik gegenüber 2008 um drei Ränge. Vor allem die Bildungsausgaben bleiben ein Schwachpunkt. Im Vergleich zu den Statistiken des Innovationsindikators 2008 hat Deutschland sein Budget je Schüler und Student um 60 Dollar aufgestockt. Die USA beispielsweise legten dagegen 700 Dollar drauf. Das Bildungssystem bleibt ein Schwachpunkt der deutschen Innovationsfähigkeit. Zwar lässt der Indikator 2009 durchaus Fortschritte erkennen, wie etwa die steigende Zahl von Studentinnen in den Fächern Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften. Diese Lichtblicke werden aber überschattet von gravierenden Schwächen. Deutschland investiert beispielsweise noch immer relativ wenig in Schulen und Hochschulen. Dabei belegen Berechnungen des DIW: Bildung zahlt sich aus.

Quelle: Innovationsindikator 2009, 48.

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M 30 Innovationsindikator 2009: Bildungsausgaben

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Deutschland spart seit Langem an seinem wichtigsten Rohstoff: Im Jahr 2002 summierten sich die privaten und öffentlichen Bildungsausgaben auf 5,3 Prozent der Wirtschafts­ leistung. Schon damals war das im internationalen Vergleich wenig. In den darauf folgen­ den Jahren sank die Quote immer weiter. So investierte Deutschland 2005 gerade einmal 5,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Ausbildung des Nachwuchses. Unter den 17 analysierten Industriestaaten steht die Bundesrepublik damit bei den Gesamtausgaben für Bildung nur auf Platz 12. Vor einigen Wochen meldete die OECD, dass die Bildungs­ budgets im Jahr 2006 sogar weiter auf 4,8 Prozent gefallen sind. Der OECD-Durchschnitt liegt dagegen bei 5,5 Prozent. Für ein Land, dessen Wohlstand wesentlich auf dem Wissen und den Kompetenzen seiner Bürger basiert, ist ein solcher Rückstand mehr als bedenk­ lich. Wie sehr Deutschland bei der Bildung geizt, belegt auch eine zweite Perspektive: Je Schüler und Student gab die Bundesrepublik zuletzt 7.860 Dollar aus. Das waren knapp 60 Dollar mehr als in der Vorjahresstudie des DIW. Andere Länder haben ihre Etats dage­ gen deutlich stärker aufgestockt. Im internationalen Vergleich rutscht Deutschland daher in der Kategorie Pro-Kopf-Budgets gegenüber dem Vorjahr um einen Platz auf Rang 11 ab. Die höchsten Investitionen tätigen die USA und die Schweiz. In beiden Ländern beliefen sich die Bildungsausgaben je Schüler und Student zuletzt auf über 12.000 Dollar. Beson­ ders bemerkenswert: Die USA erhöhten ihre Pro-Kopf-Budgets gegenüber der Vorjahres­ studie um 700 Dollar. Pro-Kopf-Budgets und Gesamtausgaben werden vom DIW zum Teil­ indikator „Bildungsfinanzierung“ zusammengerechnet. Wie im vergangenen Jahr landet Deutschland in dieser Disziplin auf einem enttäuschenden zwölften Rang. Das Spitzentrio bilden erneut die USA, Dänemark und die Schweiz.

Quelle: Innovationsindikator 2009, 49.

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M 31 Innovationsindikator 2009: Fachkräfteausstattung

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Reformen an den Schulen und Hochschulen sind für den Innovationsstandort überle­ benswichtig, denn die Schüler von heute sind die dringend benötigten Fachkräfte von morgen. Wie aber steht es um das derzeitige Angebot an gut ausgebildeten Arbeitneh­ mern? Um diese Frage zu beantworten, vergleicht das DIW in den 17 Industriestaaten den Anteil der Erwachsenen mit tertiärem Abschluss – also mit vollendetem Grundstudi­ um oder Bachelorabschluss. Zudem wird die Zahl derjenigen berücksichtigt, die einen Abschluss in einem naturwissenschaftlichen oder technischen Fach haben oder eine Tätigkeit ausüben, die normalerweise einen solchen Abschluss erfordert. Die Auswertung ergab, dass vor allem in den Ländern viele gut ausgebildete Menschen leben, die im Gesamtranking des Innovationsindikators weit oben stehen – beispielsweise in Schwe­ den, der Schweiz, in den USA und in Dänemark. Deutschland muss sich dagegen mit Rang 8 begnügen. Was so harmlos klingt, stellt für die deutsche Wirtschaft ein großes Problem dar. Während der aktuellen Wirtschaftskrise ist die Nachfrage nach neuen Mitarbeitern zwar vorübergehend gesunken. Bei einigen Berufen herrscht aber dennoch großer Fach­ kräftemangel. In den für die Innovationsfähigkeit so wichtigen Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) beispielsweise suchen Unterneh­ men noch immer händeringend Fachkräfte. So übertraf selbst mitten im Krisensommer 2009 die Zahl der offenen Stellen für MINT-Akademiker diejenige der arbeitslos gemelde­ ten MINT-Absolventen um 61.000. Der Bedarf an Fachkräften wird weiter wachsen. Dafür sorgen zwei Trends: In den kom­ menden Jahren gehen die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegsgeneration in Rente und müssen durch neue Mitarbeiter ersetzt werden. Gleichzeitig spezialisieren sich die deutschen Unternehmen zunehmend auf hochkomplexe Produkte. Für deren Herstellung benötigen sie immer mehr gut ausgebildete Angestellte. Welche Konsequenzen das für die deutsche Wirtschaft hat, lässt sich am MINT-Bereich ablesen: Bis 2014 werden die Unter­ nehmen jedes Jahr rund 100.000 MINT-Arbeitsplätze für Akademiker neu besetzen müs­ sen – 70 Prozent davon sind Stellen für Ingenieure. Quelle: Innovationsindikator 2009, 50ff.

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M 32 Innovationsindikator 2009: Bildungsqualität

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Im deutschen Bildungssystem fehlt es nicht nur an Geld. Auch die Qualität der Ausbildung wird immer wieder bemängelt. Prominentester Kritiker ist die OECD. Im Jahr 2001 veröf­ fentlichte sie ihre erste PISA-Studie. Das schlechte Abschneiden Deutschlands öffnete damals breiten Bevölkerungsgruppen die Augen. Das einstige Land der Dichter und Den­ ker musste erkennen: Wir ermöglichen unseren Kindern nur noch eine mittelmäßige Schulausbildung. Seither sind zwei weitere PISA-Studien erschienen, die bislang letzte im Jahr 2007. In diesem Test mussten 15-Jährige ihre Kompetenzen in den Bereichen Lesen, Mathematik, Naturwissenschaften und Problemlösung unter Beweis stellen. Zwar schnitt Deutschland 2007 etwas besser ab als in den vorherigen Studien. Mit Rang 8 unter den 17 im Innovationsindikator analysierten Industriestaaten blieb das Abschneiden aber wei­ terhin unbefriedigend. Neben der Ausbildung an Schulen nimmt das DIW die Leistungsfähigkeit der Hochschu­ len unter die Lupe. Hierfür werden zwei viel zitierte Hochschulrankings ausgewertet: die Rangliste der Universität von Shanghai und das Higher Education Ranking der britischen Tageszeitung „The Times“. In beiden Studien stehen amerikanische Eliteschmieden wie Harvard, Stanford und Berkeley ganz oben. Deutsche Hochschulen sucht man in der Spit­ zengruppe dagegen vergeblich. Im Shanghai-Ranking 2008 schaffen es sechs deutsche Universitäten in die Top-100. Die beste von ihnen, die Ludwig-Maximilians-Universität München, liegt auf Rang 55. Im Ranking der „Times“ stehen sogar nur vier deutsche Aka­ demikerschmieden unter den 100 Besten.

Quelle: Innovationsindikator 2009, 52.

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M 33 Innovationsindikator 2009: Weiterbildung

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Wenn Unternehmen mehr Know-how brauchen, aber auf dem Arbeitsmarkt keine geeig­ neten Bewerber finden, dann wird die Weiterbildung der Mitarbeiter umso wichtiger. Deutschland schöpft dieses Potenzial allerdings noch nicht genügend aus: Im Teilindika­ tor „Weiterbildung“ liegt die Bundesrepublik lediglich auf einem enttäuschenden Rang 13. Die Bewertung stützt sich neben Umfragen unter Wirtschaftsvertretern auf Analysen der OECD. Die Wissenschaftler der internationalen Organisation haben sich angeschaut, wie viele Arbeitnehmer in den Industriestaaten an Weiterbildungen teilnehmen und wie viele Stunden sie damit verbringen. In beiden Kategorien landet Deutschland lediglich auf Rang 12. Nach Angaben der OECD bilden sich hierzulande nur 12 Prozent der Arbeit­ nehmer weiter. Zum Vergleich: Beim Spitzenreiter Dänemark frischen 40 Prozent der Arbeitnehmer ihr Wissen regelmäßig auf. Dafür opfern sie doppelt so viel Zeit wie die Deutschen.

Quelle: Innovationsindikator 2009, 56.

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