Schizophrenie 

Symptomatik



Diagnostik



Krankheitsverlauf



Ätiologie



Prävention und Intervention

von Christoph Hopfner

Symptomatik 





Fundamentale Störung des Denkens, Wahrnehmens, Handelns und Affekts Positive (produktive) Symptome: Wahnvorstellungen, Halluzinationen, Desorganisation der Sprache und des Denkens, sowie der Motorik und Katatonie Negative (einschränkende) Symptome: Affektive Verflachung, Sprachverarmung, sozialer Rückzug, nachlassende Leistungsfähigkeit

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Symptomatik 

Im Kindesalter herrschen negative Symptome vor: −

Antriebsarmut, extreme Introversion, Bindungsunfähigkeit, Ängste, regressives Verhalten, Konzentrationsstörungen, Sprachentwicklungsstörungen

→ Schwer als Schizophrenie zu erkennen 

Positive Symptome bei Mädchen ab 9 – 10 Jahren, bei Jungen ab 11 – 12 Jahren, Warnsymptome ab 8 – 10 Jahren: −

Transitivistische Depersonalisationserlebnisse (z. B. Identifikation mit einem Gegenstand)

Symptomatik





Wahnideen und -befürchtungen den eigenen Körper betreffend



Beeinflussungs- und Bedrohtheitserlebnisse

Ab dem 12 – 13 Lebensjahr häufig akkustische und visuelle Halluzinationen

→ Nicht zu verwechseln mit normalen Phantasiegefährten bei jüngeren Kindern

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Symptomatik 



Im Jugendalter ähnliche Wahnideen wie Erwachsene (Paranoia, Hypochondrie, Größenwahn, etc.) Beginn im Kindesalter sehr selten (nur 4 % aller Fälle vor dem 15. Lebensjahr), meist zwischen 16 und 30 Jahren, auf die gesamte Lebenszeit betrachtet sind etwa 1 % aller Menschen betroffen

→ Von Fall zu Fall sehr unterschiedliche Symtomatik

Symptomatik 

Allgemeine Klassifikation nach ICD und DSM: −

Paranoider Typus (v.a. Halluzinationen und Wahnideen)



Hebephrener (ICD) oder desorganisierter (DSM) Typus (v.a. Affekt- und Denkstörungen)



Katatoner Typus (v.a. Psychomotorische Symptome)



Undifferenzierter Typus (Ausgeglichene Symptomatik)



Residualer Typus (v.a. Negative Symptome)

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Symptomatik 

Klassifikation im Kindesalter: −

Beginn vor dem 11. oder 12. Lebensjahr („Very Early Onset Schizophrenia“, VEOS)



Beginn zwischen 12. und 15. Lebensjahr („Early Onset Schizophrenia“, EOS)



Beginn zwischen 15 und 20 Jahren („Adolescent Onset Schizophrenia“, AdOS)

Diagnostik 



Diagnose im Kindesalter sehr schwer zu stellen, da sich die Symptomatik meist noch nicht eindeutig abgrenzen lässt Mögliche Differenzialdiagnosen: − Frühkindlicher Autismus − Zwangssymptomatik − Schizoaffektive Psychose − Bipolare Störung − Neurologische Erkrankung, z.B. durch Substanzmissbrauch oder Infektion − Aufmerksamkeitsstörung

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Krankheitsverlauf 



Einige Tage oder Wochen vor dem akuten Ausbruch meist Krankheitsvorläufer (Prodrome): − Sozialer Rückzug − Interessenverlust − Schlaf- und Appetitlosigkeit − Aggression − Bizarre Gedankengänge, etc. Akute Episode von etwa 1 – 6 Monaten Dauer mit produktiven Symptomen wie Halluzinationen oder Wahnvorstellungen

Krankheitsverlauf 





Danach entweder postremissive Phase mit einer möglichen vollständigen Wiederherstellung und oft auch depressivem Erschöpfungszustand Oder postpsychotisches Residuum mit chronischer Negativsymptomatik Verlaufstypen können sehr unterschiedlich sein (z.B. häufige akute Phasen mit Wiederherstellung oder auch schleichender Verlauf mit zurückbleibender Persönlichkeitsveränderung)

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Krankheitsverlauf 





Vollständige oder sehr gute Remission nur in etwa 20 % aller Fälle, chronischer Verlauf bei etwa 40 %, Teilremission ebenfalls 40 % Prognose altersabhängig, schlechter bei frühem Beginn, aufgrund des unfertigen Nervensystems und der höheren Zahl schleichender Verläufe Häufig gravierende Probleme (nach Huber et al.): − 59 % immer alleinlebend (mit 50 Jahren) − 29 % normale Arbeit, dagegen 46 % Arbeit im Rahmen von Heim oder WfB, 25 % keine Arbeit

Ätiologie 

Entstehung wahrscheinlich durch ein Zusammenwirken von genetischen, neurobiologischen, neuropsychologischen und psychosozialen Faktoren

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Ätiologie 

Genetische Faktoren: −



Sehr hohes Erkrankungsrisiko für Kinder von schizophrenen Eltern (10 – 15 % bei einem erkrankten Elternteil, 40 – 45 % falls bei erkrankt sind) Erkrankungsrisiko bei erkranktem zweieiigen Zwillingsgeschwister 12 – 15 %, bei eineiigem knapp 50 %

Ätiologie 

Neurobiologische Faktoren: −

Infektionen oder Stress während der Schwangerschaft oder der Geburt



Abbau der grauen Hirnsubstanz



Anomalien im limbischen System



Dopaminüberaktivität während akuter Phasen

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Ätiologie 

Neuropsychologische Faktoren: −

Allgemein eingeschränkte kognitive Entwicklung



Beeinträchtigung der Konzept- und Strategiefähigkeit



Fehlende Fähigkeit Handlungsabsichten und Überzeugungen anderer Menschen einzuschätzen

Ätiologie 

Psychosoziale Faktoren: −

Belastende Situationen und Krisen als Auslöser akuter Phasen



Erhöhtes Erkrankungsrisiko bei Kindern schizophrener Eltern, die von Familien mit ungünstigem Kommunikationsstil adoptiert wurden, ansonsten nicht



Häufige Kritik oder überbehütendes Verhalten seitens der Familie wirkt sehr ungünstig auf den Krankheitsverlauf (Expressed-EmotionsKonzept)

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Prävention und Intervention 



Prävention ist oft problematisch, da es kaum spezifische Vorläufersymptome gibt Verhütung der genannten Risikofaktoren (v.a. Eltern-Kind-Bindung, sowie Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen)

Prävention und Intervention 

Intervention sind im Optimalfall multimodal ausgerichtet und umfassen in erster Linie Psychopharmakotherapie, Psychoedukation, Psychotherapie, Soziotherapie (zur sozialen und beruflichen WIedereingliederung) sowie heilpädagogische und kreativ- bzw. Beschäftigungstherapeutische Ansätze

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Prävention und Intervention Psychopharmakotherapie: 





In der Akutphase Behandlung mit Neuroleptika, die auch danach kontinuierlich weiter genommen werden sollten Heute vor allem atypische Neuroleptika, die in der Regel geringe Nebenwirkungen aufweisen (trotzdem: Appetitsteigerung, Gewichtszunahme, Erektionsstörungen) Mitunter auch Behandlung mit Antidepressiva und angstlösenden Mitteln

Prävention und Intervention Psychoedukation: 







Informationen für den Betroffenen und sein Umfeld über den Krankheitsverlauf und Behandlungsstrategien Meist nur im Prodromalstadium möglich, nicht in der akuten oder residualen Phase Möglichkeit Frühwarnsymptome einer akuten Phase selbst zu erkennen Möglicher Abbau von Stigmatisierungen

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Prävention und Intervention Psychotherapie: 







Bezieht am besten die Familie mit ein Verbesserung kommunikativer Prozesse: Ausdrücken positiver Gefühle und Verringern von Aggressionen Soziales Problemlösetraining, Förderung der Selbstständigkeit Bearbeitung individueller Probleme wie etwa ängstlichem Vermeidungsverhalten oder Passivität

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