F2 Schizophrenie Seite 1 F2 – Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen F20 - Schizophrenie Einführung Die Schizophrenie ist ein sehr umfangreiches Störungsbild. Es gibt viele verschiedene Krankheitsverläufe bzw. Subtypen der Schizophrenie. Sie wird auch als „neuronal-zerebrale Entwicklungsstörung“ bezeichnet (Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie, Benkert, Hippius, Springer Verlag), die bereits prä-/ perinatal (vorgeburtlich/ um die Geburt herum) entsteht, sich aber erst häufig im späteren Verlauf zeigt. In der ICD-10 Klassifikation findet man die Schizophrenie mit ihren unterschiedlichen Ausprägungen im Kapitel F2. Neben der Schizophrenie findet man hier auch noch weitere eng mit der Schizophrenie im Zusammenhang stehende Störungen. Wie erleben die Patienten ihre Krankheit ? Vor allem bei Ersterkrankungen sind die psychotischen Erlebnisse sehr quälend für die Betroffenen. Viele spüren zu Beginn der Psychose, dass das krankheitsbedingte Erleben eigentlich nicht möglich und dies mit den bisherigen Erfahrungen nicht vereinbar ist. Gleichzeitig werden aber Halluzinationen (Trugwahrnehmungen) und die paranoiden Symptome (Wahnerlebnisse) so eindeutig und überzeugend wahrgenommen, dass an der Realität (Wirklichkeit) dieser Eindrücke nicht gezweifelt werden kann. Dieser Widerspruch verunsichert die Patienten sehr. Sie sind deshalb oft mit sich selbst uneins, gehen anderen aus dem Weg, ziehe sich zurück oder kapseln sich ab. Viele Patienten wehren sich mit bewundernswerter Zähigkeit gegen die plötzlich auftretenden Krankheitssymptome. Durch den dämpfenden Effekt von Alkohol oder Drogen gelingt es manchmal, die Krankheit abzuschwächen. Derartige „Notbremsen“ können den Ausbruch der Psychose aber meist nur geringfügig hinauszögern. In schweren Fällen entwickeln sich neben der schizophrenen Psychose auch eine Alkohol- oder Drogenabhängigkeit. In den meisten Fällen gelingt es ohne fremde Hilfe und aus eigener Kraft nicht, den Ausbruch der Krankheit zu verhindern. Definition/ Allgemeines

Daten und Fakten Vorkommen/ Auftreten/ Häufigkeit Betroffene Personen weltweit (hohe Dunkelziffer)

ca.

1%

- Vorkommen weltweit (Erscheinungsformen abhängig von soziokulturellen Faktoren)

ca.

nahezu gleiche Häufigkeit davon in Behandlung

ca.

30 %

- Geschlechterverteilung

ca.

1:1

davon in Behandlung

ca.

Frauen häufiger

- Erstmanifestation Häufigkeit

ca. 1. – 7. Lebensjahrzehnt 1–2%

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

ca. geprüft/aktualisiert: Januar 2013

< 14. Lebensjahr Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 2 50 %

ca.

12. – 30. Lebensjahr

25 %

ca.

30. – 40. Lebensjahr

16 %

ca.

> 40. Lebensjahr

- Manifestationsgipfel

Frauen

ca.

25. – 35. Lebensjahr Männer

ca.

15. – 25. Lebensjahr

Häufigste psychiatrische Erkrankung (neben Depressionen und Alkoholmissbrauch) Teuerste psychische Erkrankung (neben Suchterkrankungen)

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geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 3 Verlauf/ Prognose/ Prävalenz - Erhöhtes Auftreten bei Verwandten Eltern von Schizophrenen

ca.

7 – 10 %

Kinder (beide Elternteile erkrankt) ca.

40 - 50 %

Kinder (ein Elternteil erkrankt)

ca.

9 – 16 %

Geschwister

ca.

10 %

Enkel

ca.

3%

Eineiige Zwillinge

ca.

30 – 80 %

Zweieiige Zwillinge

ca.

8 – 25 %

Untersuchungen bei Adoptivkindern ergaben - Kinder erkrankter Eltern, die in einer Adoptivfamilie mit einem schizophrenen Elternteil aufwachsen erkranken ebenso häufig, wie die leiblichen Kinder - Kinder ohne schizophrene Eltern, die in einer Adoptivfamile mit einem schizophrenen Elternteil aufwachsen erkranken nicht häufiger an Schizophrenie als der Durchschnitt der Bevölkerung

Lebenszeitprävalenz

ca.

1%

Prävalenz (vor 40. Lebensjahr)

ca.

75 %

ca.

10 %

Suizidrisiko Erhöhte Mortalität gegenüber Normalbevölkerung

Historisches - ein kurzer historischer Abriss über das Krankheitsbild der Schizophrenie

Emil Kraepelin Emil Kraepelin (1856 – 1926) beschrieb das Krankheitsbild der Schizophrenie zum ersten Mal im Jahre 1896. Er nannte sie allerdings nicht Schizophrenie sondern „dementia praecox“. Mit dieser Bezeichnung grenzte er es vom „manisch-depressiven Irresein“ ab. In seinen Beobachtungen stellte er fest, dass sich dieses „dementia praecox“ im 2. Und 3.Lebensjahrzehnt manifestierte und progredient zu einem „dementiellen Abbau“ führe. Damit unterschied sich diese Erkrankung von den manisch- depressiven Erkrankungen, die in jedem Lebensalter auftreten können und einen phasenhaften und günstigeren Verlauf zeigten. Das besondere der „dementia praecox“ waren somit neben Wahn, Halluzinationen, psychomotorischen Auffälligkeiten und sozialem Rückzug vor allem die kognitiven Störungen. Eugen Bleuler Eugen Bleuler (1857 – 1939) führte 1911 zum ersten Mal den Begriff der Schizophrenie (griechisch: gespaltener Verstand/ Seele) ein. Er beobachtete im Gegensatz zu Kraepelin viele Fälle, die nicht diesen progredienten Verlauf zeigten und sogar auch später begannen. Er unterteilte die Schizophrenie in sogenannte Grundsymptome und Akzessorische (Zusatz)-Symptome. - Die Grundsymptome sind für ihn die charakteristischen Symptome der Schizophrenie. entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 4 - Die akzessorischen Symptome sind Symptome, die auch bei anderen psychischen Erkrankungen vorkommen können. Kurt Schneider Kurt Schneider (1887 – 1967) erweiterte und verfeinerte das Konzept über die Schizophrenie, in dem er Sie in sogenannte Erstrangsymptome, Zweitrangsymptome und uncharakteristische Symptome unterschied. Auch wenn es sich um veraltete Symptomklassifikationen handelt, haben sie dennoch die Sichtweise des ICD -10 geprägt und finden sich dort noch in Teilen wieder.

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Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 5 Was sind schizophrene Psychosen ? Das Wort „schizophren“ kommt aus dem griechischen und heißt wörtlich übersetzt in etwa „Spaltung der Seele“. Damit ist aber nicht die Spaltung des Menschen in zwei oder mehrere Persönlichkeiten gemeint (wie bei der multiplen Persönlichkeitsstörung). Der Begriff Schizophrenie bezeichnet vielmehr die Tatsache, dass Erkrankte zwei Wirklichkeiten wahrnehmen. Die Wirklichkeiten Die „allgemeine“ Wirklichkeit, ist diejenige, die mit der Wahrnehmung der Durchschnittsbevölkerung weitgehend übereinstimmt. Gleichzeitig erleben Betroffene aber eine zweite, „private“ Wirklichkeit“. Sie nehmen in dieser Form der Wirklichkeit besondere Sinneseindrücke (wie z. B. Halluzinationen oder die wahnhafte Vorstellung verfolgt zu werden) wahr, die Gesunde nicht nachvollziehen können. Das Vorhandensein dieser beiden Wahrnehmungsrealitäten nebeneinander wird mit dem Begriff „schizophren“ beschrieben. Umgangssprachlich wird er als „verrückt“ empfunden, also „weggerückt“ bzw. „verrückt“ gegenüber dem Empfinden der übrigen Menschen.

Wichtige Begriffe Psychose Sehr schwere seelische Störung, die meist nicht aus eigener Kraft bewältigt werden kann und somit ärztlich-therapeutische Hilfe benötigt; Das Denken, Wollen, Fühlen und Handeln sind sehr eigenartig verändert, so dass viele Patienten hinterher ganz fassungslos sind und sich fragen, ob das alles nicht ein böser Traum gewesen sei. Der Bezug zur Wirklichkeit, die Einsichtsfähigkeit, sowie die Fähigkeit, mit den üblichen Lebensanforderungen zurechtzukommen sind somit erheblich gestört.

Schizophrener Formenkreis Schwere seelische Erkrankung, die ein psychotisches Ausmaß besitzen; Störung der Informationsverarbeitung; parallele Existenz von zwei unterschiedlichen Wahrnehmungsqualitäten mit Spaltung in eine reale und eine Irreale Welt („private Wirklichkeit“).

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Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 6 Symptome Aktuelle Klassifikation nach dem ICD-10

F20.0 – F20.3 Allgemeine Kriterien für die paranoide, die hebephrene, die katatone und undifferenzierte Schizophrenie. G1. Entweder mind. 1 der Symptome, Anzeichen und Syndrome aufgelistet unter 1. oder mind. 2 unter 2. sollten in der meisten Zeit während einer psychotischen Episode von min. einem Monat Dauer vorhanden sein (oder während einiger Zeit an den meisten Tagen) 1.

Hauptsymptome

a) Gedankenlautwerden, Gedankeneingebung, Gedankenentzug oder Gedankenausbreitung; 1 Symptom

b) Kontrollwahn, Beeinflussungswahn; Gefühl des Gemachten, deutlich bezogen auf Körper- oder Gliederbewegungen oder bestimmte Gedanken, Tätigkeiten oder

aus Gruppe 1 meiste

Zeit

nerhalb

ineines

Monats

Empfindungen; Wahnwahrnehmung; c) Kommentierende oder dialogische Stimmen, die über das Verhalten des Patienten reden oder untereinander über ihn diskutieren oder andere Stimmen, die aus bestimmten Körperteilen kommen; d) Anhaltender kulturell unangemessener, bizarrer und völlig unrealistischer Wahn, wie der, das Wetter kontrollieren zu können oder mit Außerirdischen in Verbindung zu stehen. 2. Zusatzsymptome a) Anhaltende Halluzinationen jeder Sinnesmodalität (täglich während mindestens 1 Monat) begleitet von flüchtigen oder undeutlich ausgebildeten Wahngedanken ohne deutlichen affektiven Inhalt oder begleitet von lang anhaltenden überwerti-

2 Symptome

gen Ideen;

aus Gruppe 2 meiste

Zeit

nerhalb Monats

b) Neologismen, Gedankenabreißen oder Einschiebungen in den Gedankenfluß, was in-

eines

zu Zerfahrenheit oder Danebenreden führt; c) Katatone Symptome wie Erregung, Haltungsstereotypen oder wächserne Biegsamkeit (Flexibilitas cera), Negativismus, Mutismus und Stupor; d) Negative Symptome wie auffällige Apathie, Sprachverarmung, verflachte oder inadäquate Affekte und emotionale Reaktionen; e) Sicherstellung, dass Symptome nicht durch Depression oder eine neuroleptische Medikation verursacht werden.

G2. Ausschlussvorbehalt 1. Wenn die Patienten ebenfalls die Kriterien für eine manische Episode (F30) oder eine depressive Episode (F32) erfüllen, müssen die oben unter G1.1 und G1.2 aufgelisteten Kriterien vor der affektiven Störung aufgetreten sein.

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Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 7 2. Die Störung kann nicht einer organischen Gehirnerkrankung (im Sinn von F00-F09) oder einer Alkohol – oder Substanzintoxikation (F1x.0), einem Abhängigkeitssyndrom (F1x.2) oder einem Entzugssyndrom zugeordnet (F1x.3, F1x.4) werden.

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geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 8 Allgemeine Psychopathologie Typische Symptome der Psychopathologie (Übersicht) Veränderungen Bewusstsein –quantitativ Bewusstsein –qualitativ Orientierung Auffassung/ Konzentration/ Gedächtnis Zwänge/ Ängste/ Phobien

Gesteigerte Wahrnehmungsintensität, Bewusstseinsverschiebung Starke Irritierbarkeit, Ablenkbarkeit Können im Zusammenhang mit den Wahnthemen auftreten Gedankenabreißen, Denkzerfahrenheit (Inkohärenz), Neologismen, Logischer Zusammenhang der Gedanken geht verlo-

Denkstörungen –formal

ren,

Ideenflucht,

Kontamination,

Denkhemmung,

Gedankenabbruch,

Begriffsverschiebung,

Paralogik,

Konkretismus, Symboldenken. Wahn (systematisiert), beispielsweise Beziehungs-, VerfolDenkstörungen –inhaltlich

gungs und Größenwahn. Typisches Kennzeichen: Bizarre Themen - Akustische Halluzinationen (dialogisierende, kommentierende, befehlende Stimmen; Murmeln, Lachen, Schritte.

Sinnestäuschungen/ Halluzinationen

- Leibhalluzinationen/ Zönästhesien (Einwirkung von außen, wie Bestrahlung, Elektrisierung, Entzug von Energie u. ä.) - Geruchs-/ Geschmackshalluzinationen (Angst vor Vergiftung) Derealisation/ Depersonalisation

Ich-Störungen

Gefühl der fehlenden Ich-Grenze. Erleben von Fremdbeeinflussung, Gedankenentzug, Gedankeneingebung, Gedankenlesen etc. Affektverflachung, Angst, Erregung, Freud-/ Lustlosigkeit

Affektivität

(Anhedonie). Inneres Erleben und äußerer Ausdruck entsprechen sich nicht/ sind nicht stimmig (parathymer Affekt).

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geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 9 Katatonie, Antriebsschwäche → Getriebenheit, Ruhelosigkeit (je nach Phase/ Stadium). Im Einzelnen können das sein: Antrieb/ Psychomotorik

Katatoner Stupor, Mutismus, Echolalie, Echopraxie, Befehlsautomatismen, Bewegungs-/ Sprach- /Haltungsstereotypien, Negativismus, Rigidität u. a.

Intelligenz

-

Vegetative Symptomatik Suizidalität

Wichtig:

Schlafmangel/ Schlafstörungen, veränderte Stoffwechselaktivität, vegetative Überreizung Suizidrate: 10 – 15 % !

Formale Denkstörungen sind meistens nicht durchgehend vorhanden, sondern kommen abwechselnd mit geordnetem Denken vor. Häufig machen Sie andere Personen für ihre Denkstörungen verantwortlich. So wird beispielsweise das Gedankenabreißen auf einen von außen gemachten Gedankenentzug (Ich-Störung) zurückgeführt.

Unterteilung in die akute und chronische Schizophrenie Die Symptome der akuten Schizophrenie unterscheiden sich deutlich von den Symptomen der chronischen Schizophrenie. - In der akuten Krankheitsphase dominieren „positive“ oder „produktiv-psychotische“ Symptome, wie Wahn, Halluzinationen und Ich-Störungen - In der chronischen Krankheitsphase überwiegen die „Negativsymptome“, wie sozialer Rückzug, verminderte Aktivitäten, Verarmung des Sprechens etc. Unterscheidung von Positivsymptomen und Negativsymptomen

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geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 10 Anamnese & Diagnostik Methode

Fachbereich

Inhalt

Anamnese (Gespräch) Ärzte (fachübergreifend)

Untersuchung körperlicher und psychischer Symptome (Körperliche und Labordiagnostik, Psychopathologie, Drogenscreening,

Computertomographie,

Liquorpunktion) Allgemeinmedizin, Neurologie, Psychiatrie, Inneres (Endokrinologie,

Kardiologie,

Gastroenterologie,

Immunologie u.a.) Anamnesegespräch

Psychotherapeut (Dipl./ HPP) Untersuchung

psychischer

Symptome,

Fremdanamnese (Psychopathologie/

Familiengeschichte/

Krankheitsgeschichte) Auswertung

Ärzte (fachübergreifend)

Vergleich Laborwerte/ Normwerte, Zusammenfassung somatischer und psychischer Symptome sowie Komorbiditäten

Psychotherapeut (Dipl./ HPP) Feststellung und Zusammenfassung psychischer Symptome, Auffälligkeiten, Komorbiditäten Differentialdiagnostik

Feststellung und Abgrenzung gegenüber anderen somatischen und psychischen Erkrankungen auf Basis der Anamnese, Daten und Auswertungen der somatischen und psychischen Faktoren

Dieses Erkrankungsbild ist sehr komplex und eine entsprechende Diagnose hat weitreichende Folgen für den Erkrankten. Daher ist es immer wichtig, eine fundierte Diagnostik und Differentialdiagnostik durchzuführen, in der alle Kriterien der Psychopathologie sowie Laboruntersuchungen sorgsam geprüft werden. Desweiteren müssen Komorbiditäten, andere psychische sowie körperliche Störungen als Ursache für die Erkrankung ausgeschlossen werden können. Die Diagnose der Schizophrenie ist das Ergebnis einer Ausschlussdiagnostik, da viele Symptome auch bei anderen psychiatrischen Störungsbildern vorkommen. Solange die Diagnose nicht sichergestellt werden kann, empfiehlt es sich von einem Syndrom oder einer Symptomkonstellation zu sprechen. Historisch begründete Zugangswege zur Diagnostik der Schizophrenie Das triadische System Das triadische System teilt die psychischen oder psychiatrischen Erkrankungen nach ihrer Ursache in drei Gruppen ein: -

Organische, durch fassbare körperliche Veränderungen (z.B. Hirntumor) ausgelöst

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geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 11 -

Endogene psychische Erkrankungen, vermutlich durch körperliche Veränderungen begründet, welche man jedoch noch nicht genau angeben kann (z.B. genetisch)

-

vermutlich rein psychisch ausgelöste Erkrankungen, sog. „abnorme Variationen seelischen Wesens“

Die Schizophrenie, früher als Dementia praecox bezeichnet, galt bis weit nach dem 2.Weltkrieg als eine endogene Psychose, d. h. als ein wesentlich genetisch bedingter Krankheitsprozess. In der Psychiatrie stellen die endogenen Psychosen eine systematische Sammelbezeichnung für Krankheiten dar, die also weniger durch äußere Einflüsse als vielmehr durch die innere Konstitution verursacht sind. Auch die affektiven Psychosen wurden zu den endogenen Psychosen gezählt.

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Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 12 Differentialdiagnostik Abzugrenzende Erkrankungen/ Störungen - Affektive Störungen - Angst-, Zwangsstörungen - Paranoide/ schizoide Persönlichkeitsstörung - Andere wahnhafte oder schizoaffektive Störungen - Schizotype Störung - Dissoziative Störungen - Substanzmittelabhängigkeiten, -missbrauch, Intoxikationen - Autismus - Fasten, Exsikkose Sollten die Charakteristika bzw. Kriterien einer dieser Differentialdiagnosen aber im Vordergrund stehen und die Störung der Stimmungslage eine Begleitsymptomatik sein, wäre die Erkrankung unter dem entsprechenden Störungsbild zuzuordnen.

Organische Ursachen Organische Hirnerkrankungen - Alkoholdelir - Korsakow-Syndrom - Entzündliche Prozesse, Multiple Sklerose - Schädel-Hirn-Trauma - Zerebrale Gefäßerkrankungen - Dementielle Erkrankungen - Morbus Parkinson Hirnbeteiligte Erkrankungen - Endokrine Stoffwechselstörungen Schilddrüsenunterfunktion (Hypothareoditis), Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreoditis) - Diabetes (Überzuckerung/ Unterzuckerung) - Vitaminmangelerkrankungen (Vitamin-B12- Mangel, Vitamin-B-1-Mangel) Ursachen

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geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 13 Die Ätiopathogenese der schizophrenen Störungen ist bis heute nicht vollständig geklärt. Die Ursachen dieser Störungsbilder werden als multikausal gesehen, das bedeutet, dass sich die einzelnen Faktoren gegenseitig beeinflussen oder sogar verstärken. Folgende Hintergründe und Gründe werden als Auslöser benannt.

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geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 14 Überblick Faktoren

Stressoren/ Erkrankungen/ Wirkungen/ Folgen

Genetisch/

- Hormonelle Störungen/ Stoffwechselstörungen/ Fasten (exzessiv)

Hirnmorphologisch

- Genetische Disposition im Hirnstoffwechsel/ Gehirnchemie - Tumore, Epilepsie, systemische Atrophien/ Organerkrankungen - Infekte, Entzündungen, Autoimmunerkrankungen - Intoxikationen/

Missbrauch

von

Substanzen

=>

Verstärkung

der

Dopaminaktivität, besonders durch Stimulanzien, wie Amphetamine u. ä. - Schizophrene Erkrankungen innerhalb der Familie Neurobiologisch

- Überaktivität der Reizübertragung im limbischen System durch unterschiedliche Neurotransmitter, besonders aber durch Dopamin, der Überträgersubstanz => Überschuss an Dopamin => verstärkte Wahrnehmung, Sinneseindrücke - Weitere beteiligte Neurotransmitter sind: Serotonin (Annahme einer Überaktivität), Glutamat (Annahme einer Unteraktivität) - Störung des Gleichgewichts/ Zusammenarbeit der Neurotransmittersysteme - Östrogen bei Frauen als möglicher Schutz vor Erkrankungen. Es wird eine Verminderung der Sensitivität der Dopaminrezeptoren durch Östrogen angenommen.

Psychosozial/ Biografisch/ Intrapsychisch

- Geburtskomplikationen,

stresserzeugende

überfordernde

Lebensereignisse,

Konflikte, Änderungen der Lebensumstände, Leistungsdruck, Verlust sozialer Bindungen, Erkrankungen, Todesfälle, also individuell belastende Ereignisse und Umstände, die nicht adäquat verarbeitet werden können - Überkritische oder überprotektive (überbeschützende) Haltung/ Einstellung innerhalb der Familie (= High-Expressed-Emotions). Gemeint ist eine heftige negative gefühlsmäßige, feindliche und abwertende Haltung und Kritik innerhalb der Familie, die stresserzeugend und unproduktiv wirkt. - Pathologische Familienkonstellationen, Kommunikationsmuster und Verhaltensweisen, die als Entwicklungsmodell dienen - Vulnerabilitäts-Stress-Modell: Die Vulnerabilität (innere Verletzlichkeit/ Anfälligkeit) wird durch äußere Umstände (Stressoren, Lebensumstände) herausgefordert.

Für

die

Lösungsbewältigung

fehlen

adäquate

Verarbeitungsmöglichkeiten bzw. es herrschen familiär unpassende Verhaltensmuster zur Bearbeitung vor. Die sich daraus ergebende Überforderung führt zu psychischen und körperlichen Stressreaktionen, die sich in pathologischen Symptomen zeigen

Die genauen Ursachen der Schizophrenie sind bis heute ungeklärt. Man geht aber davon aus, dass den Schizophrenien eine multifaktorielle Genese zugrunde liegt. Man schätzt hierbei, dass die genetischen Faktoren zu 70% an der Erkrankung beteiligt sind und dass ca. 30% Nicht-genetische Faktoren bei der Krankheitsentstehung eine Rolle spielen. entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 15

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 16 Verlauf/ Prognose Krankheitsverläufe Die Lebens- und Krankheitsverläufe zeigen sich häufig in verschiedenen Phasen, die der Erkrankte zu bewältigen hat. So kann es zu folgenden Verläufe kommen Prodomalphase/ Frühwarnzeichen/ Vorstadium (Dauer: Monate bis Jahre) Gekennzeichnet durch unspezifische Symptome, wie Unruhe, Getriebensein, Geräusch-/ Licht-/ Lärmempfindlichkeit, Nervosität, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Veränderungen der Affektivität, soziale Isolation, Misstrauen, Wahnstimmung, Ängste. Akute Phase (Dauer: Ca. 3 Monate) Gekennzeichnet durch psychotische Symptome (Plus-Symptomatik), wie Wahnwahrnehmung, Halluzinationen, Ich-Störungen, Denkstörungen, Affekt-/ AnAkuter Verlauf

triebsstörungen, Psychomotorische Störungen, Störungen des Sozialverhaltens.

(3 Phasen)

=> Abklingen unter Behandlung von Neuroleptika innerhalb von Wochen möglich. Residualphase Gekennzeichnet durch depressive Symptome (Negativ-Symptomatik), wie Affektverflachung, Konzentrationsschwierigkeiten, Leistungsmangel, Antriebshemmung. Ein Fortbestehen schwächerer psychotischer Symptome (Residualwahn) ist möglich. Achtung ! Im Verlauf können Störungsbilder, wie die postschizophrene Depression (F20.4) bzw. das schizophrene Residuum (F20.5) erreicht werden. 1/3 der Fälle

Einmaliges Auftreten (Erstmanifestation) der Erkrankung mit vollständiger Genesung (Vollremission)

1/3 der Fälle

Verlauf der Störung in Phasen. Wiederholtes Auftreten psychotischer Episoden auf die Erstmanifestation. Zwischen den Episoden finden

Langzeitverlauf

sich symptomfreie Intervalle.

(Drittelregel)

Eine vollständige Genesung (Vollremission) ist möglich. 1/3 der Fälle

Chronischer Krankheitsverlauf (progredient). Verlauf in Episoden, wobei das schizophrene Residuum mit häufig ausgeprägter NegativSymptomatik eine starke Einschränkung der Betroffen für das Bestehen im Alltag mit sich bringt.

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geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 17 Prognostisch günstig für den Verlauf sind

Prognostisch ungünstig für den Verlauf sind

- Akuter Krankheitsbeginn

- Schleichender Beginn

- Kurze Dauer der (Erst-)Erkrankung

Lange Prodomalphase

- Später Beginn der Erkrankung

- Früher Beginn der Erkrankung

- Psychoreaktive Auslösung

- Fehlende Nachweise für auslösende Ereignisse

- Gute Remission früherer Schübe

- Kurze/ fehlende Remission zwischen den Schüben

- Lange Intervalle zwischen den Schüben

- Häufige Schübe in kurzen Abständen

- Starke Beteiligung affektiver Symptomatik

- Überwiegen der Minus-Symptomatik

(stark ausgeprägte Plus-Symptomatik) - Keine schizophrenen Vorerkrankg. in der Familie - Keine

psychiatrischen

Erkrankungen

in

der

Anamnese

- Ausgeprägte formale Denkstörungen - Schizophrene Vorerkrankungen in der Familie - Psychiatrische Erkrankungen in der Anamnese

- Keine Komorbiditäten

- Komorbiditäten vorhanden

- Stabile Primärpersönlichkeit mit guter sozialer

- Labile Primärpersönlichkeit mit mangelnder so-

Integration

zialer Integration; Minderbegabung

- Weibliches Geschlecht

-

Männliches Geschlecht

- Gute Compliance

-

Geringe Compliance

Ein günstiger Verlauf bedeutet => Dauerhafte soziale Integration, Erhalt der Familienstruktur und des sozialen Rahmens => Volle Erwerbsfähigkeit (wieder) möglich => Subjektives Wohlbefinden der Erkrankten => Fehlen psychotischer Symptome bei Nachuntersuchungen

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Schizophrenie keine unheilbare Erkrankung ist. Eine Besserung der Prognose ist auch der passenden Psychopharmakotherapie zu verdanken, sowie anschließender individueller psychotherapeutischer Interventionen. Entscheidend für den Verlauf schizophrener Psychosen ist eine konsequente pharmakologische Therapie mit Neuroleptika. Dadurch kann die Rückfallrate deutlich gesenkt werden.

Krise und Rückfall

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geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 18 Krisen und Rückfälle können auch nach Jahren der Stabilität wieder auftreten. Meist sind Überforderung und geringer werdende Belastbarkeit zu beobachten, bevor die Symptome wieder auftreten. Auch wenn Patienten meist schon gut stabilisiert sind, besteht die Gefahr eines Rückfalls. Hierbei verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen Belastung und Belastbarkeit. Die Ursachen dafür können vielfältig sein. Es können zusätzliche Belastungen auftreten, die nicht als solche wahrgenommen werden. Oder die persönliche Belastbarkeit wird z.B. durch körperliche Krankheiten, unregelmäßige Tagesstruktur, Alkoholbzw. Drogenkonsum oder unregelmäßige Einnahme der Medikamente reduziert. Bevor es zu einem richtigen Rückfall kommt, befinden sich die Betroffenen in einer Krise. Diese wird durch die so genannten Frühwarnzeichen angekündigt und kann verhindert werden, wenn die Patienten lernen, Signale eines sich ankündigenden Rückfalls schneller wahrzunehmen, richtig einzuordnen und die entsprechenden Schritte einzuleiten. Oft ist bei Krisen die Unterstützung der Angehörigen besonders wichtig. Diese nehmen meist schon vor dem Betroffenen eine Veränderung wahr. Sinnvoll ist es deshalb, Absprachen zu treffen, wie sich jeder Beteiligte bei einer drohenden Krise verhalten kann.

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 19 Therapie Bei der Therapie schizophrener Störungen werden 3 Stadien unterschieden - Akuttherapie (behandelt akute Symptomatik/ Erstmanifestation)

Wochen - Monate

- Erhaltungstherapie/ Stabilisierungsphase

Monate - Jahre

(soll nach Abklingen der Akutsituation einen Rückfall verhindern) - Rezidivprophylaktische Therapie/ Langzeittherapie (soll Neuerkrankung verhindern)

Jahre

Akuttherapie Psychopharmakotherapie

Antipsychotika/ Neuroleptika

Erhaltungstherapie Psychopharmakotherapie

Antipsychotika/ Neuroleptika

Psycho-/ Soziotherapie

Psychoedukation (Erkrankte + Angehörige)

Langzeittherapie Psychopharmakotherapie

Antipsychotika/ Neuroleptika

Elektrokonvulsionstherapie

Anwendung bei schweren Verläufen bzw. perniziöser (lebensbedrohlicher) Katatonie

Psycho-/ Soziotherapie

Kognitive Verhaltenstherapie Psychoedukation (Erkrankte + Angehörige) Familientherapie/ Gruppentherapie Stressmanagement Berufliche Rehabilitationprogramme Interpersonelle Therapie

Das Ziel jeder Therapie ist es, Rezidive zu vermeiden, eine Chronifizierung der Erkrankung zu verhindern und die psychische sowie körperliche Leistungsfähigkeit wiederherzustellen bzw. zu erhalten.

Compliance Compliance bedeutet: Einwilligung, Bewilligung. Im medizinischen Bereich steht Compliance für die Bereitschaft des Erkrankten zur Mitarbeit bzw. Zusammenarbeit mit dem Arzt mit dem Ziel der bestmöglichen

Wiederherstellung

der

Gesundheit.

Dazu

gehören

Verhaltensweisen,

wie

Zuverlässigkeit,

Termintreue, Vereinbarungstreue (z.B. bei der Einhaltung von Medikamentenplänen, etc.). Die Qualität der Compliance ist u. a. abhängig von der Persönlichkeit, dem Krankheitsverständnis, dem Leidensdruck, der Bewusstseinslage, der Orientierung, der Konzentration, der Affektivität, dem Antrieb und der akuten Ausprägung möglicher psychotischer Symptome des Erkrankten.

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 20 Bei den schizophrenen Erkrankungen ist die Compliance häufig schlecht, da in der akuten Episode die Symptome einer Compliance entgegenwirken. Nach Abklingen der psychotischen Phase bewirken die ausgeprägten Nebenwirkungen der Antipsychotika eine abwehrende Haltung des Erkrankten gegenüber der weiteren Einnahme. Leider liegen die Non-Compliance-Raten nach einem Monat Neuroleptikabehandlung zwischen 50 und 70%, wobei zwischen typischen und atypischen Neuroleptika keine Unterschiede bestehen.

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 21 Ambulante oder stationäre Behandlung? Eine stationäre Behandlung ist erforderlich, sobald es nicht mehr möglich ist, zu dem Erkrankten eine verlässliche Beziehung herzustellen, v.a. wenn das psychotische Erleben ein solches Ausmaß angenommen hat, das unkontrollierte und gefährliche Handlungen zu befürchten sind.

Die wichtigsten Indikationen für eine stationäre Aufnahme sind 1. Durchführung der Diagnostik 2. Medikamentöse Ein- bzw. Neueinstellung 3. Schutz des Patienten bzw. der Umwelt bei Eigen- oder Fremdgefährdung, hier muss unter Umständen eine Unterbringung auch gegen den Willen des Patienten erfolgen 4. Ausgeprägte Realitätsstörung und dadurch bedingtes desorganisiertes Verhalten mit der Unfähigkeit des Patienten, für sich zu sorgen, wodurch er sich selbst in Gefahr bringt.

Psychopharmakotherapie Je nach Befinden des Patienten und der vorherrschenden Symptome kann es gerade in der Akutphase erforderlich werden, mehrere Psychopharmaka gleichzeitig zu geben. Die Behandlung der Plus- und Minussymptomatik wird fast immer mit Antipsychotika (Neuroleptika) durchgeführt. Spannungs- und Erregungszustände erfordern manchmal den Einsatz eines weiteren (beruhigenden) Antipsychotikums oder eines Tranqulizers (Beruhigungsmittel). Eine zusätzliche Gabe von Antidepressiva, Stimmungsstabilisierern oder Tranquilizern bzw. Hypnotika (Schlafmittel) kann erforderlich werden, wenn - Depressive Verstimmungszustände auftreten - Sich eine unabschüttelbare Angst einstellt - Langanhaltende Schlafstörungen bestehen - Zur Linderung von Nebenwirkungen stehen Antiparkinsonmittel bzw. Medikamente gegen vermehrten Speichelfluss, Herzrasen, Verstopfung usw. zur Verfügung.

Die medikamentöse Frühintervention bzw. Frühtherapie greift bereits beim Vorliegen von Prodromalsymptomen zu Beginn der Erstmanifestation der schizophrenen Störung. Damit soll der Übergang in eine chronisch verlaufende Form der Schizophrenie verhindert werden.

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 22 Behandlung verschiedener schizophrener Störungsbilder Störungsbild

Symptome

Therapie

Schizophrene Plus-

Psychotische Symptome

Antipsychotika (gesamtes Spektrum)

Akuter Erregungszustand

Hochpotente Antipsychotika

Stark ausgeprägte psychoti-

(Beispiele: Haloperidol, Benperidol)

Symptomatik Akute schizophrene Psychose Katatonie

sche Symptome Katatoner Stupor

+ ggfs. Benzodiazepine + ggfs. Niedrigpotente, vorrangig sedierende Antipsychotika + ggfs. Elektrokrampftherapie

Paranoid-halluzinatorische

Ausgeprägte Wahnwahrneh-

Form (mit persistierendem

mung sowie Halluzinationen

Wahn)

Hochpotentes Antipsychotikum in niedriger Dosierung

(Beispiel: Risperidon, als Depot !) + ggfs. Lithium/ Carbamazepin

Psychotische Symptomatik

Angst-/ Zwangszustände

Atypische Antipsychotika

(Beispiele: Olanzapin, Risperidon, Quetiapin) Schizophrene MinusSymptomatik

Depressive Symptome, Persönlichkeitsveränderungen

Bevorzugt Antipsychotika, deren Wirkungsprofil Einfluss auf diese Symptome aufweisen

(Beispiele: Sulprid, Clozapin, Olanzapin, Amisulprid, Aripiprazol, Risperidon) Agitiert-depressive

Niedrigpotente Antipsychotika

Zustände

(Beispiele: Clozapin, Olanzapin, Amilsulprid, Ziprasidon) Zweizügeltherapie: Mittelpotente Antipsychotika + Antidepressiva

Gehemmt-depressive

Schizoaffektive Zustände

Zustände

Mittelpotente Antipsychotika + ggfs. Hochpotente Antipsychotika (Zweizügeltherapie) + Antidepressiva Achtung: Produktive Symptome !

(Beispiel: Sulprid, wirkt in hoher Dosieentwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 23 rung antipsychotisch und in niedriger Dosierung antidepressiv) Suizidalität

Clozapin + ggf. Benzodiazepine

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 24 Andere Therapieformen Elektrokrampftherapie EKT (Elektrokonvulsionstherapie, Heilkrampfbehandlung) - Wirkung/ Ziel

Auslösen eines generalisierten Krampfanfalls durch elektrische Reizung des Gehirns mit dem Ziel der De-/ Repolarisierung der Nervenzellen, zwecks endokrinologischer Veränderungen der Neurotransmitteraktivitäten.

- 1. Wahl bei

- Perniziöser Katatonie - Stupor - Depressionen mit psychotischen Symptomen - hohem Suizidrisiko

- 2. Wahl bei

- Therapie-/ pharmakoresistenten affektiven Störungen

- Achtung

Starke Nebenwirkungen (Vorübergehende kognitive Störungen, Erbrechen, Übelkeit…) Kontraindikationen (Herzinfarkt, Schlaganfall, Schwangerschaft u. v. m.)

Die perniziöse Katatonie stellt eine Sonderform der katatonen Schizophrenie dar. Zu den in F20.2 genannten Symptomen kommen zusätzlich hohes Fieber, Exsikkose und vegetative Entgleisungen. Die perniziöse Katatonie ist potentiell lebensbedrohlich und stellt einen psychiatrischen Notfall dar.

Psychotherapie Grundsätzlich gilt: Eine Psychotherapie ist bei akuten psychotischen Symptomen, Stupor, Katatonie erst möglich nach erfolgreicher medikamentöser Therapie bzw. Wiederherstellung der Ansprechbarkeit. Grundsätzlich ist sie nur möglich, wenn der Erkrankte die entsprechende Aufmerksamkeit, Konzentration und Bereitschaft mitbringt.

Gesprächstherapien/ Supportive Psychotherapie - Klientenzentriert

Mit 3 Säulen Wertschätzung, Empathie, Kongruenz nach Rogers

- Tiefenpsychologisch Aufdeckende Verfahren mit Suche nach Spuren in der Kindheit sowie in der Familiengeschichte - Gruppengespräche

Gruppen von Betroffenen bzw. Gruppen innerhalb des sozialen Umfeldes

Psychoedukation Verhaltenstherapeutisch ausgerichtete Schulung des Erkrankten mit: - Erklärungen zur Erkrankung sowie den Therapiemöglichkeiten - Erläuterungen über den möglichen Verlauf und Prognosen entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 25 - Einzel- und Gruppengesprächen, Fragen, Diskussionen etc. - Rückfallprävention, Erkennen von Frühwarnzeichen - Erarbeiten einer Bewältigungsstrategie, Compliance, Stressmanagement, Notfallplan - Förderung des Verständnisses (auch innerhalb des sozialen Umfeldes)

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 26 Kognitive Verhaltenstherapie Diese Methode setzt an den negativen Denk- und Betrachtungsweisen und der Struktur der daraus folgenden automatischen Gedanken an. Die psychische Störung wird als Folge fehlangepasster Einstellungen einer einseitigen Betrachtungsweise und damit verbundener Denkfehler bzw. automatischer Gedanken interpretiert. Es geht um die Bedeutung einer verzerrten Sicht der Realität und daraus folgender Fehlinterpretationen. - Soziale Rhythmustherapie: Wiederherstellung des Tagesrhythmus, geregelter Abläufe etc. - Ziel: Aktive Intervention mit Kognitionen und Gedankenmustern zwecks Restrukturierung

Gestalttherapie Aufspüren der gestalt(geb)enden Faktoren hinter den psychisch wirkenden Prozessen.

Soziotherapie - Wirkung/ Ziel

Reintegration des Erkrankten in sein soziales Umfeld

- Methoden

- Arbeits- und Beschäftigungstherapie - Kunsttherapieformen (Musik, Tanz, Malen etc.) - Sozialtherapie (Soziale Wiedereingliederung)

Weitere Therapieansätze Training sozialer Kompetenzen Das Training sozialer Kompetenzen bezeichnet verschiedene Verfahren der Verhaltenstherapie, welche es ermöglichen sollen, die sozialen also zwischenmenschlichen Fähigkeiten zu erhöhen. Es kann sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Erwachsenen angewendet werden. Ursachen für Kompetenz-Defizite Bei den Ursachen für Kompetenz-Defizite wird zwischen situationsbezogenen Ursachen und biographischen Ursachen unterschieden. Zu den situationsbezogenen Ursachen werden z.B. die ungünstige kognitive- und emotionale Verarbeitung oder ungünstigen Verhaltensweisen gezählt. Biographische Ursachen sind z.B. soziale Überforderung, Verhaltensdefizite oder erworbene soziale Ängste. „Soziale Kompetenz“ bezeichnet das potenzielle Handlungsrepertoire, „soziale Fertigkeiten“ die manifeste Umsetzung in konkreten Verhaltensweisen. Beim SKT geht es um das Überprüfen eigener Verhaltensweisen, das Erlernen von Verhaltensalternativen, die den zwischenmenschlichen Kontakt verbessern und die Sicherheit im Umgang mit anderen Menschen erhöhen können. Die Gruppe gilt dabei als Übungsfeld, in der die Patienten neue Verhaltensweisen erproben und einüben können. Als Therapieziele kann man folgende Aspekte benennen - Information und Differenzierung von adäquatem Verhalten (Abgrenzung selbstsicher – selbstunsicher – aggressives Verhalten). Dies wird mit Arbeitsvorlagen sowie in praktischen Übungen, z. B. in Rollenund Interaktionsspielen in Gruppen– und Einzelarbeiten, vermittelt und geübt. entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 27 - Herstellen und Gestalten sozialer Kontakte, z. B. in Gesprächen und gemeinsamen Aktivitäten - Wertschätzendes Äußern von konstruktiver Kritik - Adäquates Formulieren von eigenen Wünschen und Bedürfnissen - Vorgabe oder Arbeit mit eigenen Anliegen aus den Bereichen: Rechte durchsetzen, Beziehungen gestalten, um Sympathie werben, Berücksichtigung der Erkrankung in sozialen Kontakten unter der Berücksichtigung der Einschätzung der Situationen anhand einer - Schulung der Fremd- und Selbstwahrnehmung

Personal Effectiveness Training (PET) Das Personal Effectiveness Training wurde von Robert P. Liberman 1975 entwickelt. Es wurde mit dem Ziel konzipiert zu einer Verbesserung und Entwicklung der verbalen und nonverbalen Kommunikationsfähigkeit beizutragen sowie zu einer angemessenen Selbstsicherheit und Durchsetzungsfähigkeit. Es ist ein semistrukturiertes, verhaltenstherapeutisches Gruppentraining. Neben dem Training einer basalen unabhängigen Lebensführung, die sich auf die persönliche Hygiene, das Essverhalten, das Gesundheitsverhalten, den Umgang mit Geld, das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel ua. bezieht, werden auch komplexere Fertigkeiten trainiert wie Kommunikationsverhalten, der Aufbau sozialer Beziehungen und der Erwerb sozialer Kompetenzen in den Bereichen Wohnen, Freizeit und Arbeit. Problemlösetraining Das Problemlösetraining soll basale Fertigkeiten vermitteln, die dabei helfen, die alltäglichen oder krankheitsbezogenen Stress-Situationen besser zu bewältigen und langfristigen Belastungen und Unzufriedenheiten mit einem rationaleren Verhalten zu begegnen. Ablauf Systematisches Problemlösen Schritt 1: Beschreibung des Problems (inkl. Beschreibung des avisierten Ziels) Schritt 2: Erarbeitung von grundsätzlichen Lösungsmöglichkeiten Schritt 3: Bewertung der einzelnen Lösungsmöglichkeiten Schritt 4: Auswahl der besten Lösungsmöglichkeiten und Handlungsplan Schritt 5: Durchführung Schritt 6: Erfahrungen mit der Lösungsmöglichkeit und Bewertung Wenn keine befriedigenden Ergebnisse erzielt werden konnten, wird auf frühere Schritte zurückgegangen. Dabei ist der Leitgedanke, dass man aus Misserfolgen lernen kann (Was war schon gut? Was kann noch anders laufen? Auf was muss ich besonders achten? etc.) Entspannungstraining Entspannungsverfahren

haben

in

der

Schizophrenie-Behandlung

das

Ziel,

im

Rahmen

der

Rezidivprophylaxe zur besseren Bewältigung von Belastungssituationen beizutragen. Besonders die Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen wird in diesem Bereich verwendet. entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 28 Dabei sollte das Erlernen dieser Entspannungsmethode nicht in der akuten Phase erfolgen, sondern erst, wenn die Akutsymptomatik abgeklungen ist und der Patient in der Lage ist ruhig zu sitzen und den Instruktionen zu folgen. Neuropsychologische Trainingsprogramme Bereits Bleuler (1911)

wertete Störungen des formalen Denkens als eigentliche Primärsymptome der

Schizophrenie. In nachfolgenden empirischen Untersuchungen wurden kognitive Defizite bei schizophren Erkrankten bestätigt und sind sowohl im Vorfeld eines akuten Krankheitsstadiums, währenddessen, wie auch in Remission zu finden. Kognitive Beeinträchtigungen gehen mit einem Mangel an Krankheitseinsicht einher, gelten als Faktoren für eine Non-Compliance. Beeinträchtigungen des Langzeitgedächtnisses, der Vigilanz, der mentalen Flexibilität und von Qualität und Ausmaß von Alltagsaktivitäten, sowie sozialer Beziehungen, der Problemlösefähigkeit und des Erwerbs neuer Fertigkeiten sind häufig vorhanden.

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 29 Folgende kognitive Tests werden zur Überprüfung von Trainingserfolgen häufig eingesetzt - Continious Performance Test (CPT) Hier soll aus einer Serie unscharfer, in rascher Folge dargebotener Ziffern ein Zielreiz erkannt werden. Der CPT gilt als Vigilanzmaß zur Prüfung der Daueraufmerksamkeit über acht Minuten - Span of Apprehension Test (SAT) Misst den Umfang des visuellen Kurzzeitspeichers. Beim SAT soll aus kurzzeitig dargebotenen Buchstabenfeldern einer von zwei Zielreizen erkannt werden. Untersuchungen ergaben geringere CPT- und SAT-Leistungen bei schizophrenen Patienten. - Wisconsin Card Sorting Test (WCST) Hier werden Konzeptbildung und Flexibilität bei der Problemlösung erfasst.

Computergestützte Trainingsprogramme Cognition Laboratory (COGLAB) Mit diesem Programm können Aufmerksamkeit, Reaktionszeit, Konzeptbildung trainiert werden CogPacK Dieses Programm deckt eine Vielzahl unterschiedlicher Funktionen ab, wie arithmetische, logische und semantische Fertigkeiten, visumotorische Koordination sowie verbale und visuelle Gedächtnisleistungen.

Familieninterventionen Auch die Angehörigenarbeit ist ein wichtiger Aspekt in der Behandlung von Schizophrenien. Neben der Psychoedukation können weitere Elemente mit in die Arbeit eingebunden werden - Eine Verhaltensanalyse der Familie zu Beginn der Therapie - Eine Informationsvermittlung (Psychoedukation) über die Erkrankung und die Behandlungsmöglichkeiten) - Ein Kommunikationstraining - Ein auf dem Kommunikationstraining aufbauendes Problemlösetraining Umfang: ca. 25 Familiensitzungen

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 30 F20.0 – F20.2/ Paranoide, hebephrene, katatone Schizophrenie Subtypen der Schizophrenie (klassische Formen) Alle Subtypen der Schizophrenie erfüllen die allgemeinen diagnostischen Kriterien der Schizophrenie (wie unter Symptome im Teil F2 – Aktuelle Klassifikation nach ICD-10 aufgeführt). Allerdings stehen bei den verschiedenen Subtypen unterschiedliche charakteristische Merkmale im Vordergrund.

Hier werden folgende Subtypen beschrieben

F20.0

Paranoide Schizophrenie

F20.1

Hebephrene Schizophrenie

F20.2

Katatone Schizophrenie

Definition/ Allgemeines Daten und Fakten Paranoide Schizophrenie (paranoid-halluzinatorisch)

ca.

60 – 80 %

- Später Beginn, meist

ca.

30. – 40. Lebensjahr

- Hauptsymptome Wahn (Paranoia): Verfolgungs-/ Beziehungs-/ Abstammungs-/ Sendungs-/ Zönästhetischer Wahn, meist in Begleitung von Ich-Störungen (Wahnvorstellungen wirken bizarr, kulturell unangemessen), Angst Halluzinationen: Überwiegend akkustisch (imperative Stimmen, Akoasmen), aber auch Geruchs-/ Geschmackshalluzinationen, besonders bei Vergiftungswahn - Prognose

günstig gutes Ansprechen auf Antipsychotika

Hebephrene Schizophrenie (desorganisiert) - Schleichender Beginn,

meist während der Pupertät

- Hauptsymptome (Symptomtrias) Affektstörungen

Unangemessenes, läppisches, altkluges, gleichgültiges, distanzloses Verhalten, das der Situation nicht angemessen ist

Formale Denkstörungen: Zerfahrenes, desorganisiertes Denken, weitschweifige unzusammenhängende Sätze Aktivitätsstörungen

Ziellose, unsinnige Bewegungen und Aktivitäten, sozialer Rückzug,

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 31 Antriebslosigkeit, Absinken schulischer Leistungen. Häufig kommt es vor Ausbruch der Erkrankung zu einer intensiven Beschäftigung mit philosophischen und religiösen Themen - Prognose

ungünstig

Wenn auf Symptomatik weitere Symptome anderer Subtypen folgen

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

günstiger

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 32 Katatone Schizophrenie (psychomotorisch) - Kein typisches Erstmanifestationsalter. - In westlichen Industrieländern sehr selten geworden - Hauptsymptome Psychomotorische Symptome: Haltungsstereotypien, katatoner Stupor oder katatone Erregung (Raptus) mit sog. „Bewegungssturm“. Erregung und Stupor können schlagartig wechseln. Prognose

günstig

Die paranoide Schizophrenie ist die am häufigsten vorkommende Form der schizophrenen Erkrankungen. Sie tritt meist um das 40. Lebensjahr auf. Der größte Teil der in diesem Lebensalter auftretenden sog. Spätschizophrenien zeigt paranoid-halluzinatorische Symptome. Ca. die Hälfte der an Schizophrenie erkrankten weisen mindestens einmal eine paranoid-halluzinatorische Episode auf. Während bei der paranoiden Schizophrenie die Wahnphänomene und Halluzinationen im Vordergrund stehen, ist die hebephrene Schizophrenie gekennzeichnet durch eine starke Verflachung der affektiven Stimmung und Schwingungsfähigkeit.

Anamnese/ Diagnostik Wie unter „Anamnese/ Diagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Differentialdiagnostik Wie unter „Differentialdiagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Ursachen Wie unter „Ursachen“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Verlauf/ Prognose Wie unter „Verlauf/ Prognose“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Therapie Wie unter „Therapie“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert.

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 33 F20.3 – Undifferenzierte Schizophrenie Einführung Subtypen der Schizophrenie (klassische Formen) Dieser Subtyp der Schizophrenie erfüllt die allgemeinen diagnostischen Kriterien der Schizophrenie (wie unter Symptome im Teil F2 – Aktuelle Klassifikation nach ICD-10 aufgeführt). Allerdings erfüllt die undifferenzierte Schizophrenie keine der Kriterien der Unterformen F20.0 – F20.2.

Definition/ Allgemeines Die Diagnose undifferenzierte Schizophrenie wird verwendet, wenn psychotische Zustandsbilder die allgemeinen diagnostischen Kriterien erfüllen, aber den bisher aufgeführten Unterformen nicht entsprechen. Das kann ein Fehlen von Symptomen bedeuten oder auch eine Mischung der Kriterien aus mehreren Formen. Wobei keine Kriterien einer Form überwiegen oder das Bild maßgeblich bestimmen. Anamnese/ Diagnostik Wie unter „Anamnese/ Diagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Differentialdiagnostik Wie unter „Differentialdiagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Ursachen Wie unter „Ursachen“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Verlauf/ Prognose Wie unter „Verlauf/ Prognose“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Therapie Wie unter „Therapie“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert.

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 34 F20.4 – F20.5/ Postschizophrene Depression, Schizophrenes Residuum Einführung Subtypen der Schizophrenie (klassische Formen) Bei diesen Subtypen der Schizophrenie wurden die allgemeinen diagnostischen Kriterien der Schizophrenie (wie unter Symptome im Teil F2 – Aktuelle Klassifikation nach ICD-10 aufgeführt) für eine Schizophrenie in der Vergangenheit erfüllt. Hier werden folgende Subtypen beschrieben

F20.4

Postschizophrene Depression

F20.5

Schizophrenes Residuum

Definition/ Allgemeines Bei der postschizophrenen Depression handelt es sich um eine möglicherweise länger anhaltende depressive Episode, die im Anschluss an eine schizophrene Erkrankung auftritt. Es sind noch einige Merkmale der Plus- sowie Minus-Symptomatik vorhanden, sie beherrschen aber nicht das klinische Bild. Achtung: Während dieser Phase besteht ein erhöhtes Suizidrisiko ! Wenn in dieser Phase klar die Kriterien einer depressiven Episode erkennbar sind (Fehlen der schizophrenen Charakteristika) oder sich deutliche schizophrene Symptome zeigen, sollten die entsprechenden Diagnosen lt. F32.x oder F20.0 – F20.3 gestellt werden. Das schizophrene Residuum setzt eine eindeutig diagnostizierte schizophrene Phase voraus.

Anamnese/ Diagnostik Wie unter „Anamnese/ Diagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Differentialdiagnostik Wie unter „Differentialdiagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Ursachen Wie unter „Ursachen“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Verlauf/ Prognose Wie unter „Verlauf/ Prognose“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Therapie Wie unter „Therapie“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert.

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 35

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 36 F20.6 –Schizophrenia simplex Einführung Subtypen der Schizophrenie (klassische Formen) Bei diesem Subtyp der schizophrenen Störungen handelt es sich um eine Ausschlussdiagnose. Charakteristisch sind ein langsamer, schleichender, chronisch progredienter Verlauf mit schizophrener Residualsymptomatik allerdings ohne psychotische Symptome. Vordergründig erscheinen ein merkwürdiges Verhalten sowie eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit. Die erkennbare Minus-Symptomatik des schizophrenen Residuums entwickelt sich ohne vorangegangene psychotische Symptome. Im ICD-10 wird eine Verwendung dieser Diagnose nicht empfohlen. Desweiteren wird die Nähe zu den Kriterien der schizoiden Persönlichkeitsstörung (F60.1) sowie zur schizotypen Störung (F21) erwähnt. Anamnese/ Diagnostik Wie unter „Anamnese/ Diagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Differentialdiagnostik Wie unter „Differentialdiagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Allerdings ist die Differentialdiagnostik aufgrund der Nähe der Störung zur schizoiden Persönlichkeitsstörung, organischen Psychosen sowie den Folgen von Missbrauch psychotroper Substanzen sehr schwierig. Ursachen Wie unter „Ursachen“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Verlauf/ Prognose Wie unter „Verlauf/ Prognose“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Die Prognose dieses Störungsbildes ist schlecht. Sie zeigt häufig einen progredienten Verlauf mit ausgeprägten schizophrenen Residualzuständen. Therapie Wie unter „Therapie“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert.

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 37 F21 – Schizotype Störung Definition/ Allgemeines Charakteristisch für die schizotype Störung ist das Vorhandensein von exzentrischen Verhaltensweisen und Anomalien, die den Eindruck einer schizophrenen Störung erwecken. Die erkennbar unangemessenen Affekte, die Anhedonie, der soziale Rückzug, die paranoiden, bizarren und wahnähnlichen Ideen, die gelegentlichen Denk- und Wahrnehmungsstörungen, die Illusionen sowie Grübeln erreichen jedoch nie die Kriterien der Schizophrenie. Aufgrund der neurobiologischen Nähe zur Schizophrenie wird dieses Störungsbild als SchizophrenieSpektrumsstörung beschrieben. Zu dieser Kategorie zählen auch die schizoide sowie die paranoide Persönlichkeitsstörung. Beginn häufig in der Adoleszenz.

Anamnese/ Diagnostik Wie unter „Anamnese/ Diagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Differentialdiagnostik Wie unter „Differentialdiagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Ursachen Wie unter „Ursachen“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Verlauf/ Prognose Wie unter „Verlauf/ Prognose“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Therapie Wie unter „Therapie“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert.

F22 – Anhaltende wahnhafte Störungen Definition/ Allgemeines Im Fokus dieses Störungsbildes steht der langandauernde Wahn als einziges Symptom der Störung. Wobei organische und andere psychische Störungsbilder ausgeschlossen werden können und müssen. Vorläufige wahnhafte Störungen sollten unter der Kategorie der akuten vorübergehenden psychotischen Störungen F23 klassifiziert werden. Manifestationsalter

Mittleres – spätes Lebensalter

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 38

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 39 F22.0 – Wahnhafte Störung Definition/ Allgemeines Dieses Störungsbild beschreibt die Entwicklung eines einzelnen Wahns oder mehrerer aufeinander bezogener Wahninhalte, die lange bis lebenslang vorhanden sind. Vorübergehende akustische Halluzinationen sind möglich, solange sie nicht überwiegen oder aber schizophrene Qualitäten aufweisen. Anhaltende akustische Halluzinationen, schizophrene Symptomen oder organische Erkrankungen schließen eine Diagnose unter dieser Kategorie aus. Anders als bei der Schizophrenie sind die Wahnideen dieses Störungsbildes nicht bizarr, mystisch oder kulturell unangemessen. Sie stellen das einzige psychopathologische Symptom dar. Häufige Wahninhalte: - Verfolgungswahn - Querulantenwahn (Prozesssucht) - Beziehungswahn/ Eifersuchtswahn/ Liebeswahn - Größenwahn - Hypochondrischer Wahn Anamnese/ Diagnostik Wie unter „Anamnese/ Diagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Differentialdiagnostik Wie unter „Differentialdiagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Ursachen Wie unter „Ursachen“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Verlauf/ Prognose Wie unter „Verlauf/ Prognose“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Ca. 50 % der Erkrankten erreichen nach der Behandlung eine Remission. Dabei gilt: Je akuter der Beginn und je jüngere das Alter bei Erstmanifestation => desto günstigere Prognose Therapie Wie unter „Therapie“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert.

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 40 F23 – Akute vorübergehende psychotische Störungen Charakteristisch für dieses Störungsbild sind folgende Symptome - Psychotische Symptome (Wahn, Halluzinationen, andere Wahrnehmungsstörungen ) mit akutem Beginn - Schwere Störung des normalen Verhaltens, häufig mit Verwirrtheit und Ratlosigkeit - Vorübergehende Desorientiertheit (zeitlich, örtlich, personal) ist möglich, in leichter Form - Entwicklung der Störung innerhalb von 2 Wochen oder weniger - Ohne Hinweise auf organische Ursachen (F0) - Dauer: Tage – Wochen, Besserung häufig innerhalb weniger Monate - Häufig gibt es akute Belastungssituationen 1 – 2 Wochen vor dem Ereignis, aber es gibt auch Verläufe ohne erkennbare Auslöser

F23.0 – F23.2/ Akute polymorphe/ schizophreniforme psychotische Störungen Definition/ Allgemeines Bei diesen Störungsbildern sind Halluzinationen, Wahnideen und Wahrnehmungsstörungen vorhanden (je nach Störung mit und ohne Schizophreniesymptomen), aber diese sind sehr unterschiedlich ausgeprägt und schnell veränderlich. Die Stimmung kann zwischen Glücksgefühlen, Angst und Reizbarkeit schwanken. Man unterscheidet die akute polymorphe psychotische Störung ohne Symptome einer Schizophrenie (F23.0), Akute polymorphe psychotische Störung mit Symptomen einer Schizophrenie (F23.1) und Akute schizophreniforme psychotische Störung (F23.2) Charakteristika und Unterschiede der Störungen F23.0 – F23.2 F23.0

F23.1

F23.2

Akut

Ja

Ja

Ja

Polymorph (Wechsel innerhalb von Stunden – Tagen möglich)

Ja

Ja

Nein

Ja

Ja

Ja

Nein

Ja

Ja

Beginn (akut/ abrupt < 2 Wochen)

Ja

Ja

Ja

Entwicklung (Stunden – Tage)

Ja

Ja

Ja

(vielfältiges Erscheinungsbild; Halluzinationen, Wahnphänomene oder Wahrnehmungsstörungen unterschiedlicher Gestalt und Ausprägung) Psychotisch Schizophrene Symptome

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 41 Dauer (< 1 Monat)

Ja

Ja

Ja

Verlauf/ Prognose (rasche Rückbildung ohne Rückfall)

Ja

Ja

Ja

F22

F20

F20

Wenn Symptome andauern > 1 Monat => Diagnose

Festgestellt wurde, dass ein belastendes Ereignis ca. 1 – 2 Wochen vor Ausbruch der Erkrankung stattgefunden haben kann, aber nicht vorhanden sein muss!! Anamnese/ Diagnostik Wie unter „Anamnese/ Diagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Die Diagnose dieser Störungsbilder ist als eine vorläufige Diagnose zu betrachten. Häufig entwickeln sich im Laufe der Zeit die Diagnosen einer Schizophrenie, einer affektiven Störung oder einer schizoaffektiven Störung. Differentialdiagnostik Wie unter „Differentialdiagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Ursachen Wie unter „Ursachen“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Verlauf/ Prognose Wie unter „Verlauf/ Prognose“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Therapie Wie unter „Therapie“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert.

F24 – Induzierte wahnhafte Störung Definition/ Allgemeines Hier überträgt sich die wahnhafte Störung einer erkrankten Person auf eine zweite oder sogar weitere, emotional eng verbundene Personen, die häufig in einer symbiotischen Beziehung zum Erkrankten leben (Partner, Geschwister, Mütter mit Kindern). Die gesunde Person übernimmt die wahnhaften Überzeugungen des Erkrankten. Dieses Phänomen wird als induzierter Wahn bezeichnet. Häufig leben beide Personen sozial isoliert und realitätsentfremdet. Diese Konstellation führt zu einer gegenseitigen Bestärkung des Wahns bzw. der Wahnwahrnehmung. Die

Wahnideen

sind

überwiegend

Verfolgungswahn,

Größenwahn,

religiöse

Wahninhalte,

Querulantenwahn. Sie stellen ca. 2% der stationär psychiatrischen Aufnahmen dar. Auffallend ist, dass der Wahn beim sekundär, induziert Wahnerkrankten nach Trennung vom primär erkrankten spontan entfällt. entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 42 Anamnese/ Diagnostik Wie unter „Anamnese/ Diagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Differentialdiagnostik Wie unter „Differentialdiagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Ursachen Wie unter „Ursachen“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Verlauf/ Prognose Wie unter „Verlauf/ Prognose“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Therapie Wie unter „Therapie“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert.

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3

F2 Schizophrenie Seite 43 F25 – Schizoaffektive Störung Definition/ Allgemeines Bei den schizoaffektiven Störungen handelt es sich um Störungen, die - episodisch auftreten, - affektive + schizophrene Symptome aufweisen (währen einer Episode), - weder eindeutig den Störungsbildern unter F3, noch den Störungsbildern unter F20-F24 zuzuordnen sind Schizophrene Störungen werden häufig von affektiven Grundsymptomen begleitet. Diese affektiven Symptome bedürfen allerdings einer gewissen Ausprägung und Präsenz, bis die Voraussetzung für eine Diagnose der schizoaffektiven Störung gerechtfertigt erscheint. Im weiteren Verlauf bedarf es dann einer Differenzierung in gegenwärtig manisch (F25.0) oder gegenwärtig depressiv (F25.1). Die Erstmanifestation liegt zwischen dem späten Jugendalter bis zum frühen Erwachsenenalter (= ca. 18–25 Jahre), wobei Frauen etwas häufiger erkranken. Anamnese/ Diagnostik Wie unter „Anamnese/ Diagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Differentialdiagnostik Wie unter „Differentialdiagnostik“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Ursachen Wie unter „Ursachen“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Verlauf/ Prognose Wie unter „Verlauf/ Prognose“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert, aber: Bessere Prognose

- als bei schizophrenen Störungen

Schlechtere Prognose

- als bei affektiven Störungen - wenn schizophrene Symptomatik stark ausgeprägt ist

Der episodische Verlauf enthält symptomfreie Intervalle Chronischer Verlauf

Ca. 20 %

Erkrankungsdauer

Ca. 25 Jahre bei chronischem Verlauf

Therapie Wie unter „Therapie“ im Teil „F 20.0 Schizophrenie“ erläutert. Die Therapie enthält eine Mischung aus Antipsychotika, Antidepressiva, Phasenprophylaktika und Stimmungsstabilisierern.

entwickelt: Januar 2013 - D. Schippel

geprüft/aktualisiert: Januar 2013

Revision: 1.3