OFFENBARUNGS -BEGRIFF BEGRIFF IN DER AKTUELLEN RECHTSPRECHUNG UND SEINE ANWENDUNG IN DER PRAXIS

DER „OFFENBARUNGS „OFFENBARUNGS“ OFFENBARUNGS“-BEGRIFF IN DER AKTUELLEN RECHTSPRECHUNG UND SEINE ANWENDUNG IN DER PRAXIS Herbstseminar, 24. September ...
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DER „OFFENBARUNGS „OFFENBARUNGS“ OFFENBARUNGS“-BEGRIFF IN DER AKTUELLEN RECHTSPRECHUNG UND SEINE ANWENDUNG IN DER PRAXIS Herbstseminar, 24. September 2013 Dr. A. Schlotter & Dr. H. Tostmann www.wallinger.de

Begriff der „Offenbarung“ in PatG/EPÜ

§ 3 (5) PatG/Art. 55 EPÜ: „außer Betracht bleibende Offenbarung“ (unberechtigt, durch Dritte) § 21 (1) Nr. 2 PatG/Art. 100b) EPÜ: Widerrufsgrund „Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass Fachmann sie ausführen kann“ § 34 (4) PatG/Art. 83 EPÜ: (vollständige Offenbarung bei Anmeldung) §40 (3) PatG/(Art. 87 (1) EPÜ): „Die Priorität kann nur für solche Merkmale der Anmeldung in Anspruch genommen werden, die in der Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen der früheren Anmeldung deutlich offenbart sind.“ 2

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Theorie: Offenbarungsbegriff ist einheitlich

BGH: Etikettiermaschine (1981), Fahrzeugleitsystem (2004), Olanzapin (2009)

NeuheitsNeuheitsprüfung

Änderungen gestützt?

Prüfung auf Naheliegen

IdentitätsIdentitätsprüfung

Prüfung auf „ausführbare“ Offenbarung

(Priorität)

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Praxis: „Offenbarungsbegriff“ unterscheidet sich – je nach Kontext – in seiner Funktion BGH: Klammernahtgerät (2010)

NeuheitsNeuheitsprüfung

Änderungen gestützt?

Prüfung auf Naheliegen

IdentitätsIdentitätsprüfung

Prüfung auf „ausführbare“ Offenbarung

(Priorität)

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„Offenbarung“ der eigenen (Vor)anmeldung (Vor)anmeldung visvis-à-vis „Offenbarung“ des Standes der Technik

Was offenbart die eigene Anmeldung? „schutzbegründende“ Offenbarung

Priorität Art. 87 EPÜ § 40 PatG

Was offenbart der Stand der Technik? „schutzhindernde“ Offenbarung

Stützung durch ursprünglich eingereichte Unterlagen Art. 123(2) EPÜ § 38 PatG

Neuheit Art. 54 EPÜ § 3 PatG

Ausführbarkeit Art. 83 EPC § 34 PatG

Erfinderische Tätigkeit Art. 56 EPÜ § 4 PatG

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Offenbarung „im Kontext“ zu prüfen: BGH Klammernahtgerät (Xa (Xa ZR 126/07) vom 13.07.2010

Rdnr. Rdnr. 17:

Sowohl bei der Neuheitsprüfung („Olanzapin“) als auch bei der Prüfung, ob die im Patentanspruch enthaltene technische Lehre einer Erfindung ursprungsoffenbart ist („Fälschungssicheres Dokument“), kommt es darauf an, ob der Fachmann diese Lehre dem jeweiligen Vergleichstext unmittelbar und eindeutig entnehmen kann.

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Offenbarung „im Kontext“ zu prüfen: BGH Klammernahtgerät (II)

Rdnr. Rdnr. 17:

Dagegen stellt sich bei der Prüfung der Ausführbarkeit die Frage, ob die in der Anmeldung oder dem Patent enthaltenen Angaben dem fachmännischen Leser so viel an technischer Information vermitteln, dass er mit seinem Fachwissen und seinem Fachkönnen in der Lage ist, die Erfindung erfolgreich auszuführen. Der Offenbarungsbegriff unterscheidet sich somit je nach Kontext in seiner Funktion.

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„Standard“ für Prüfung der Offenbarung

„clearly and unambiguously derivable“ - G2/98 „… in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörig offenbart“ – BGH - „Luftverteiler“

Priorität Art. 87 EPÜ § 40 PatG

EPA BoA G 2/98; G2/10:

Stützung Änderungen durch ursprünglich eingereichte Unterlagen Art. 123(2) EPÜ § 38 PatG

Neuheit Art. 54 EPÜ § 3 PatG

“uniform concept of disclosure” für Priorität/Stützung/Neuheitsprüfung

BGH Etikettiermaschine X ZB 19/80 Fahrzeugleitsystem X ZR 206/98 Olanzapin X ZR 89/07

„einheitlicher Offenbarungsbegriff“ aber: funktionalen Kontext beachten 8

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BGH: Prüfung „Offenbarung“ im Hinblick auf Inanspruchnahme der Priorität: „Luftverteiler“(X ZR 168/98)

aus der Begründung: Der Senat schließt sich der Stellungnahme vom 31. Mai 2001 (G 2/98) an, in der die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts das Erfordernis derselben Erfindung i.S.d. Art. 87 Abs. 1 EPÜ dahin ausgelegt hat, dass die Priorität einer früheren Anmeldung für einen Anspruch in einer europäischen Patentanmeldung gemäß Art. 88 EPÜ nur dann anzuerkennen ist, wenn der Fachmann den Gegenstand des Anspruchs unter Heranziehen des allgemeinen Fachwissens unmittelbar und eindeutig der früheren Anmeldung als Ganzes entnehmen kann. Problem (bis „Olanzapin“): „in Gedanken mitlesen“ wurde vom BPatG gelegentlich im Sinne von „Ergänzen“ ausgelegt („Elektrische Steckverbindung“, „Schmierfettzusammensetzung“) 9

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BGH: Prüfung „Offenbarung“ im Hinblick auf Inanspruchnahme der Priorität: „UV„UV-unempfindliche Druckplatte“ (X ZR 3/10)

Sachverhalt:

Streitpatent: Verfahren zur Herstellung einer lithographischen Druckplatte, wobei die Fotoschicht nicht UV-empfindlich ist

Prio-Dokumente D1.1 und D1.2 zu D1 offenbaren Fotoschichten, die zwar objektiv nicht UV-empfindlich sind, dies wird aber nicht explizit offenbart.

D1 ist nur dann neuheitsschädlicher SdT, wenn die Prioritäten D1.1 und D1.2 auch im Hinblick auf „nicht UV-empfindlich“ wirksam in Anspruch genommen werden können.

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„Offenbarung“ im Hinblick auf Inanspruchnahme der Priorität: „UV„UV-unempfindliche Druckplatte“ (II)

Vorinstanz (BPatG (BPatG 3 Ni 24/08)

D1 nimmt wirksam die Priorität der britischen Patentanmeldungen 9608394.4 (D1.1) und 9614693.1 (D1.2) in Anspruch und stellt deshalb das prioritätsältere Recht dar. D1 nimmt alle Merkmale des Patentanspruchs 1 mit Ausnahme der Angaben zur Lichtintensität vorweg. Aber auch die Lichtintensität ist entgegen der Auffassung der Beklagten vorweggenommen. Sie ist zwar nicht ausdrücklich vorbeschrieben, ... [wird aber mitgelesen].

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„Offenbarung“ im Hinblick auf Inanspruchnahme der Priorität: „UV„UV-unempfindliche Druckplatte“ (III)

Vorinstanz (BPatG (BPatG 3 Ni 24/08)

Nach den anzuwendenden Grundsätzen der Neuheitsprüfung ist über das explizit Beschriebene hinaus auch das als offenbart anzusehen, was zwar nicht ausdrücklich erwähnt, aus der Sicht des Fachmanns jedoch für die Ausführung der unter Schutz gestellten Lehre selbstverständlich ist und vom Fachmann mitgelesen wird und daher keiner besonderen Offenbarung bedarf. Das „Mitlesen“ von Selbstverständlichem ist deshalb auch bei der Ermittlung des Inhalts einer für die wirksame Inanspruchnahme eines Prioritätsrechts maßgeblichen ursprünglichen Anmeldung einzubeziehen [...]. 12

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„Offenbarung“ im Hinblick auf Inanspruchnahme der Priorität: „UV„UV-unempfindliche Druckplatte“ (IV)

Demgegenüber BGH in Begründung (Rdnr (Rdnr. Rdnr. 24):

[Die D1 ist] nur insoweit zu berücksichtigen, als sie die Priorität der in ihr beanspruchten Prioritätsanmeldungen D1.1 und/oder D1.2 wirksam in Anspruch nimmt (Art. 87, 88 Abs. 3, 4, Art. 89 EPÜ). Dabei ist nur das zu berücksichtigen, was den Prioritätsunterlagen unmittelbar und eindeutig zu entnehmen ist (BGH, Urteil vom 11. September 2001 – X ZR 168/98, BGHZ 148, 383 = GRUR 2002, 146 – Luftverteiler).

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BGH: „Offenbarung“ im Hinblick auf Inanspruchnahme der Priorität: „UV„UV-unempfindliche Druckplatte“ (V)

Rdnr. Rdnr. 27:

Die Annahme des Patentgerichts, dass das Merkmal gleichwohl aus fachmännischer Sicht mitzulesen sei, ist nicht gerechtfertigt. Die Annahme beruht im Wesentlichen auf der Erwägung, dass den Veröffentlichungen kein Hinweis auf die Notwendigkeit zu entnehmen sei, unter Schutzlicht zu arbeiten. Das Fehlen eines solchen Hinweises ist jedoch in seiner Bedeutung für den Fachmann am Anmeldetag der D1.1 und D1.2 zumindest ambivalent. 14

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BGH: „Offenbarung“ im Hinblick auf Inanspruchnahme der Priorität: „UV„UV-unempfindliche Druckplatte“ (VI) Rdnr 31: Verweis auf „Olanzapin „Olanzapin“ Olanzapin“ Xa ZR 89/07

Offenbart kann auch dasjenige sein, was im Patentanspruch und in der Beschreibung nicht ausdrücklich erwähnt ist, aus der Sicht des Fachmanns jedoch für die Ausführung der unter Schutz gestellten Lehre selbstverständlich ist und deshalb keiner besonderen Offenbarung bedarf, sondern „mitgelesen“ wird. Die Einbeziehung von Selbstverständlichem erlaubt jedoch keine Ergänzung der Offenbarung durch das Fachwissen, sondern dient, nicht anders als die Ermittlung des Wortsinns eines Patentanspruchs, lediglich der vollständigen Ermittlung des Sinngehalts, d.h. derjenigen technischen Information, die der fachkundige Leser der Quelle vor dem Hintergrund seines Fachwissens entnimmt (Fortführung von BGHZ 128, 270 – Elektrische Steckverbindung). 15

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BGH: „Offenbarung“ im Hinblick auf Inanspruchnahme der Priorität: „UV„UV-unempfindliche Druckplatte“ (VII) Rdnr. Rdnr. 29 demgegenüber: weniger strikter Standard bei Neuheitsprüfung

[Für eine neuheitsschädliche] Vorwegnahme genügt die Vorbekanntheit einer Verfahrensanweisung, deren Befolgung zwangsläufig eine Sache oder einen Zustand zur Folge hat, die objektiv die von der Erfindung gelehrte Beschaffenheit aufweist (vgl.: BGH, Urteil vom 24. Juli 2012 – X ZR 126/09 – Leflunomid). Darauf, ob der Fachmann Anlass hatte, die Sache auf das Vorhandensein der erfindungsgemäßen Eigenschaften zu analysieren, kommt es dabei nicht an [analog G1/92]. Wäre daher die D1.1 oder die D1.2 gegenüber dem Streitpatent als für die Neuheitsprüfung relevanter Stand der Technik zu berücksichtigen, spräche mithin einiges dafür, dass ein Verfahren als bekannt anzusehen wäre, bei dem eine Zusammensetzung verwendet wird, die – objektiv – keine Fotoempfindlichkeit gegenüber ultraviolettem Licht aufweist. 16

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Prüfung „Offenbarung“ im Hinblick auf Stützung von Änderungen: „Verschlüsselungsverfahren“ (X ZR 130/11)

Sachverhalt:

Streitpatent: Verfahren zur Aufnahme und Wiedergabe von Informationssignalen

Offenbarung für Verschlüsselungsalgorithmus aber nicht explizit für Entschlüsselungsalgorithmus

Patentinhaberin: symmetrische Entschlüsselung ist gleichsam „Schattenbild“ der Verschlüsselung und somit mit offenbart

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BGH: „Offenbarung“im Hinblick auf Stützung von Änderungen: „Verschlüsselungsverfahren“ (II) Ausgangspunkt für Entscheidung BGH (mit BPatG): BPatG): Olanzapin Hubgliedertor I Fälschungssicheres Dokument

Zum Offenbarungsgehalt gehört nur das, was unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist ...

... nicht hingegen eine weitergehende Erkenntnis, zu der der Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens oder durch Abwandlung der offenbarten Lehre gelangen kann. 18

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BGH: „Offenbarung“ im Hinblick auf Neuheitsprüfung: „Olanzapin“ (X ZR 89/07)

Sachverhalt:

Olanzapin (Antipsychotikum): Dreiring-Grundstruktur mit angebundenem Piperazinylring

Am peripheren Ring „A“ ergeben sich zu bekannten Wirkstoff-Strukturen („Clozapin“, „Flumezapin“) Unterschiede in der Substituierung durch Halogene.

BPatG hat entschieden, dass spezifisch substituierte Verbindungen bei Kenntnis der generischen Struktur vom Fachmann „mitgelesen“ werden.

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BGH: „Offenbarung“ im Hinblick auf Neuheitsprüfung: „Olanzapin“ (II) Zusammenfassung der allgemeinen Regeln zur Neuheitsprüfung:

„Fahrzeugleitsystem“ • maßgeblich ist der Gesamtinhalt der Vorveröffentlichung und welche Information dem Fachmann offenbart wird; Offenbarungsbegriff bei Neuheitsprüfung wie „sonst im Patentrecht“ „Luftverteiler“, „G2/98“ • maßgeblich ist, was der Fachmann einer Schrift „unmittelbar und eindeutig“ entnimmt 20

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BGH: „Offenbarung“ im Hinblick auf Neuheitsprüfung: „Olanzapin“ Olanzapin“ (III) „Klarstellung“ im Hinblick auf Ausdehnung des neuheitsschädlich Offenbarten über den Wortlaut hinaus („Elektrische Steckverbindung“):

Offenbart kann auch sein, was nicht ausdrücklich erwähnt ist, aus der Sicht des Fachmanns jedoch selbstverständlich ist und deshalb keiner besonderen Offenbarung bedarf, sondern „mitgelesen“ wird.

Dies erlaubt jedoch keine Ergänzung der Offenbarung durch das Fachwissen, sondern dient (wie Ermittlung des Wortsinns eines Patentanspruchs) lediglich der vollständigen Ermittlung des Sinngehalts (technische Information, die Fachmann entnimmt)

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BGH: „Offenbarung“ im Hinblick auf Neuheitsprüfung: „Olanzapin“ (IV) Konsequenz für Neuheitsprüfung spezifischer chemische Verbindungen im Lichte generischer Vorveröffentlichung: Mit der Offenbarung einer chemischen Strukturformel sind die unter diese Formel fallenden Einzelverbindungen grundsätzlich noch nicht offenbart (Fortführung von „Fluoran“). Mit High Court (UK) sowie Rechtsprechung BK des EPA: neuheitsschädlich ist nur, wenn Stoff als zwangläufiges Ergebnis eines vorbeschriebenen Verfahrens oder in individualisierter Form offenbart ist Grundprinzipien der Neuheitsprüfung aus „Olanzapin“ gelten auch für andere technische Gebiete (siehe „Flächenlautsprecher“). 22

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BGH: „Offenbarung“ für Prüfung auf Naheliegen: „Polymerzusammensetzung“ (X ZR 134/11)

Sachverhalt:

Streitpatent betrifft biologisch abbaubare Polymerzusammensetzungen enthaltend Stärke + damit nicht kompatibles thermoplastisches Polymer.

Patentinhaberin hat argumentiert, dass SdT nicht zwingend offenbare, dass Stärke und thermoplast. Polymer nicht kompatibel sind.

BPatG (mit BGH): SdT nicht neuheitsschädlich, da fehlende Kompatibilität nicht „klar und eindeutig“; es gibt aber „Hinweise“ → nicht erfinderisch

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BGH: „Offenbarung“ für Prüfung auf Naheliegen: „Polymerzusammensetzung“ (II)

Für die Frage, ob erfinderische Tätigkeit zu verneinen ist, kommt es anders als bei der Neuheitsprüfung nicht darauf an, ob eine Entgegenhaltung ein Merkmal “unmittelbar und eindeutig“ offenbart. Vielmehr ist maßgeblich, ob der Stand der Technik am Prioritätstag dem Fachmann den Gegenstand der Erfindung nahegelegt hat.

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BGH: „Offenbarung“ für Prüfung auf Naheliegen: „Polymerzusammensetzung“ (III)

Dies erfordert zum einen, dass der Fachmann mit seinen durch seine Ausbildung und berufliche Erfahrung erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage gewesen ist, die erfindungsgemäße Lösung des technischen Problems aus dem Vorhandenen zu entwickeln. Hinzukommen muss zum anderen, dass der Fachmann Grund hatte, den Weg der Erfindung zu beschreiten. Dazu bedarf es in der Regel über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe.

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BGH: „Offenbarung“ und „Anlass“: „Leflunomid“ (X ZR 126/09)

Sachverhalt und Entscheidung:

Leflunomid (Antirheumatikum) wandelt sich schon bei Lagerung (und nicht nur bei Verstoffwechslung) in Teriflunomid um, und zwar im beanspruchten Bereich.

Rdnr. 29: Hier bedarf es keines „Anlasses“ für den Fachmann, Teriflumonid hinzuzugeben, da dies quasi „automatisch“ geschieht.

Im Ergebnis ist der angegriffene Anspruch 1 zwar neu (wegen galenischer Merkmale), aber nicht erfinderisch.

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BGH: Prüfung auf „ausführbare“ Offenbarung „Klammernahtgerät“ (Xa (Xa ZR 126/07)

Sachverhalt:

Streitpatent betrifft chirurgische Klammernahtgeräte zum Verschließen von Organen; Treiber – Führungstasche – Amboss Ausgestaltung der Führungstasche („selbstzentrierend“) ist entscheidend, um Verkanten oder Verklemmen von Klammern zu vermeiden BPatG hat Streitpatent alleine aufgrund fehlender ausführbarer Offenbarung widerrufen (Mechanismus Selbstzentrierung fehlt)

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BGH: Prüfung auf „ausführbare“ Offenbarung „Klammernahtgerät“ (II)

Eine für die Ausführbarkeit ausreichende Offenbarung ist gegeben, wenn der mit den Merkmalen des Patentanspruchs umschriebene technische Erfolg vom Fachmann erreicht werden kann (hier Merkmalsgruppe betreffend „hexagonale“ Ausgestaltung der Führungstasche).

Dies setzt nicht voraus, dass mindestens eine mögliche Ausführung der Erfindung im Einzelnen so offenbart ist, wie dies für eine neuheitsschädliche Vorwegnahme („Olanzapin“) oder die Übereinstimmung mit der Ursprungsoffenbarung („Fälschungssicheres Dokument“) erforderlich wäre.

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BGH: Prüfung auf „ausführbare“ Offenbarung „Klammernahtgerät“ (III)

Sowohl bei der Neuheitsprüfung als auch bei der Prüfung [auf Ursprungsoffenbarung] kommt es darauf an, ob der Fachmann diese Lehre dem jeweiligen Vergleichstext unmittelbar und eindeutig entnehmen kann. Dagegen stellt sich bei der Prüfung der Ausführbarkeit die Frage, ob die in der Anmeldung enthaltenen Angaben dem fachmännischen Leser so viel an technischer Information vermitteln, dass er mit seinem Fachwissen in der Lage ist, die Erfindung erfolgreich auszuführen.

Der Offenbarungsbegriff unterscheidet sich somit je nach Kontext in seiner Funktion. Ebenso wenig wie eine im Verletzungsprozess angegriffene Ausführungsform im Patent offenbart sein muss, um unter seinen Gegenstand oder in seinen Schutzbereich zu fallen, erfordert eine ausführbare Offenbarung [nicht] notwendig die (vollständige) Offenbarung einer Ausführungsform. Vielmehr reicht es aus, wenn der Fachmann ohne eigenes erfinderisches Bemühen Unvollständigkeiten ergänzen (vgl. schon RGZ 115, 280, 285) und sich notfalls mit Hilfe orientierender Versuche Klarheit verschaffen kann. 29

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Offenbarung und Prüfung auf Naheliegen/Ausführbarkeit

Offenbarung muss nicht „klar und eindeutig“ sein

schutzhindernd

schutzbegründend

Ausführbarkeit Art. 83 EPÜ § 34(4) PatG

„Lücken“ in der Offenbarung werden zugelassen und (ggf.) vom allgemeinen Fachwissen „geschlossen“

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Erfinderische Tätigkeit Art. 56 EPÜ § 4 PatG

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