Kornelia Becker-Oberender. Klopfakupressur mit Kindern, Jugendlichen und Familien

Kornelia Becker-Oberender Klopfakupressur mit Kindern, Jugendlichen und Familien Leseprobe Klopfakupressur mit Kindern, Jugendlichen und Familien von ...
Author: Pia Falk
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Kornelia Becker-Oberender Klopfakupressur mit Kindern, Jugendlichen und Familien Leseprobe Klopfakupressur mit Kindern, Jugendlichen und Familien von Kornelia Becker-Oberender Herausgeber: VAK Verlag

http://www.narayana-verlag.de/b18134 Im Narayana Webshop finden Sie alle deutschen und englischen Bücher zu Homöopathie, Alternativmedizin und gesunder Lebensweise. Das Kopieren der Leseproben ist nicht gestattet. Narayana Verlag GmbH, Blumenplatz 2, D-79400 Kandern Tel. +49 7626 9749 700 Email [email protected] http://www.narayana-verlag.de

Kornelia Becker-Oberender

Klopfakupressur mit Kindern, Jugendlichen und Familien Das Handbuch für die Praxis: systemisch, energetisch, ressourcenorientiert Vorwort von Dr. Fred Gallo

VAK Verlags GmbH Kirchzarten bei Freiburg

Hinweise des Verlags Dieses Buch dient der Information über bewährte Methoden der Beratung und Therapie. Wer sie anwendet, tut dies in eigener Verantwortung. Autorin und Verlag beabsichtigen nicht, Diagnosen zu stellen und Therapieempfehlungen zu geben. Energy Psychology쑓 ist eine geschützte Wortmarke und in dieser Schreibweise sollte der Begriff gegebenenfalls zitiert werden. In diesem Buch wird in fließendem Text zur Erleichterung des Lesens die vereinfachte Schreibweise Energy Psychology verwendet.

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

VAK Verlags GmbH Eschbachstraße 5 79199 Kirchzarten Deutschland www.vakverlag.de

© VAK Verlags GmbH, Kirchzarten bei Freiburg 2008 Fotos und Grafiken: Kornelia Becker-Oberender, Erwin Oberender Lektorat: Norbert Gehlen Layout: Karl-Heinz Mundinger, VAK Umschlagfoto: gettyimages / Symphonie Umschlagdesign: Hugo Waschkowski, Freiburg Gesamtherstellung: F. Pustet GmbH & Co. KG, Regensburg Printed in Germany ISBN: 978-3-86731-024-6

Inhalt Vorwort von Dr. Fred Gallo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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TEIL I: GRUNDLAGEN 1. Vorannahmen und Leitgedanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Meine „Landkarte“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die „systemische Brille“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die „kinesiologische Brille“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Auf den Punkt gebracht – Klopfakupressur . . . . . . . . . . . . . . .

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Der Mensch, ein lebendes Energiefeld . . . . . . . Die Techniken der Energy Psychology쑓 . . . . . . . Die Energiepunkte und wie man sie aktiviert . . . . Der Muskeltest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Switching . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Selbstsabotage oder: „psychische Umkehrung“ Die Selbsthilfetechniken NAEM und HELP . . . . .

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Wie Kinder denken und handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie Eltern Unterstützung geben und Unterstützung bekommen können Wie Therapeuten und Berater „die eigene Brille putzen“ können . . . . .

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3. Kinder – die unfreiwilligen Klienten

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TEIL II: PRAXIS 4. Überblick über den therapeutischen Prozess

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5. Erfolg versprechende Startbedingungen schaffen . . . . . . . . . . .

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Kontaktaufnahme und erste Informationssammlung am Telefon Der Start einer „bewegten“ Stunde . . . . . . . . . . . . . . . . Eine kindgemäße Sprache benutzen . . . . . . . . . . . . . . . Dem Kind auf Augenhöhe begegnen – als Spurenleser . . . . . Ihre Beziehungen zu Kind und Eltern bewusst gestalten . . . . Ihr Vorgehen transparent machen . . . . . . . . . . . . . . . . .

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6. Spielerisch den Muskeltest erklären – „Muskelspiele“ . . . . . . . . .

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7. Themenfindung und Auftragsklärung – kindgerecht

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Auf „Forschungsreise“ durch die „Problemlandschaft“ . . . . . . . . . . Die Themen von Eltern und Kind auf einen Nenner bringen . . . . . . . Die Columbo-Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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8. Vom Problem zum Ziel – gemeinsame Suchprozesse

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9. Standortbestimmung und Bestandsaufnahme – mit Fantasie . . . .

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Aktivierende Fragen . . . . . . . . . Comicfiguren oder Filmhelden . . Familienstammbaum (Genogramm) IST-WEG-ZIEL-Bilder . . . . . . . . „Gefühls-Wolke“ als Symbol . . . . Familie als Skulptur . . . . . . . . . Familie als Inszenierung . . . . . .

Die Stress-Skala . . . . . . . . . Gefühle „mit Händen greifen“ . Symbole der Motivationslage . Lernschritte als „Treppenstufen“ Eine „Messlatte“ der Zuversicht

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10. Hindernisse aus dem Weg räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 „Switching“ ausgleichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Psychische Umkehrung entdecken und auflösen . . . . . . . . . . . . . 106 Energetische Toxine identifizieren und ausschalten . . . . . . . . . . . . 128 11. Wirkungsvolle Interventionen – der „springende Punkt“

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Ressourcen „schürfen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Hilfreiche Klopfsequenzen für Säuglinge, Kleinkinder und Schulkinder . 145 Lernen will gelernt sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 12. Die „Tiefe Farben-Akupressur-Balance“ . . . . . . . . . . . . . . . . 185 13. Zum Abschluss:

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Bewusstmachung und Sicherung der Ergebnisse und Lernschritte . . . . 188 14. Jugendliche als Klienten – spezielle Aspekte

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Themen, mit denen Jugendliche in die Praxis kommen . . . . . . . . . . 193

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15. Ohne die Eltern geht’s nicht – Unterstützung im Erziehungsalltag . 198 Die „Lebensdrehbücher“ verändern . . . . . . . . . . . . . . . Neun Tipps für ein besseres „Familienklima“ . . . . . . . . . . Problem- und Konfliktlösung nach dem „Ampelmodell“ . . . Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Anhang Checkliste für die Auftragsklärung . . . . . . . . Störende Glaubensmuster von Kindern . . . . . Störende Glaubensmuster von Eltern . . . . . . Die „Du-darfst“-Liste . . . . . . . . . . . . . . . Die energetischen Toxine . . . . . . . . . . . . . Die Energiepunkte im Überblick . . . . . . . . Die „Tiefe Farben-Akupressur-Balance“ . . . . . Der „Sonnenkalender“ . . . . . . . . . . . . . . Die „Früchte des Lernens“ . . . . . . . . . . . . Powerfragen und Affirmationen für Jugendliche Das „Nähe-Distanz-Netz“ . . . . . . . . . . . .

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Über die Autorin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234

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Vorwort Wenn Sie auf der Suche sind nach effektiven praktischen Konzepten und Techniken, die Sie in Ihrer beratenden und therapeutischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen anwenden können, dann werden Sie hier fündig. Was Sie in Händen halten, das ist eine fundierte Einführung in die wirkungsvollsten Methoden, mit denen Sie Kinder, Jugendliche und ihre Eltern dabei unterstützen können, ein breites Spektrum psychischer und sozialer Schwierigkeiten in ihren Familien zu überwinden. Kornelia Becker-Oberender widmet sich in ihrer Praxis engagiert den vielfältigen emotionalen, Verhaltens- und Lernschwierigkeiten von Kindern. Und sie versteht es bestens, ihre Erfahrungen an Kollegen weiterzugeben. Sie hat sich bereits viele verschiedene Methoden für Therapie und Lernförderung angeeignet; jeden „Mosaikstein“, den sie fand, drehte sie in ihren Händen mehrmals um – immer bestrebt, das Repertoire ihrer „Werkzeuge“ für effektive Beratung und Therapie zu optimieren. Zu ihren bevorzugten Methoden zählen die systemische Familientherapie, kinesiologische Techniken und die Energy Psychology 쑓 (auf Deutsch auch Klopfakupressur genannt – die Nutzung der Akupressurpunkte in psychologischem Kontext); sie alle erleichtern es dem Berater, in jeder Phase des therapeutischen Prozesses zu erkennen, welche Unterstützung das Kind und seine Eltern gerade brauchen. Im vorliegenden Buch stellt die Autorin diese und andere wirkungsvolle Methoden vor und leitet dazu an, sie gekonnt einzusetzen. Dieses Buch beschreibt Theorie und Praxis der humanistischen, konstruktivistischen und energetisch orientierten Richtungen der Psychologie. Mithilfe dieser Konzepte werden Sie entdecken, dass das Entwickeln von Problemlösungen wesentlich leichter sein kann, als bisher gedacht. Zu einem guten Teil beruht dies auf der Anwendung von Techniken, die bioenergetische Felder aktivieren. Wenn dieses Buch auch einerseits zahlreiche nützliche Techniken vorstellt, so fehlt andererseits nicht der nachdrückliche Hinweis darauf, dass der Aufbau einer stimmigen therapeutischen Beziehung und eines förderlichen therapeutischen Settings für den Erfolg der Arbeit ebenso wichtig ist. Das Buch vermittelt also ein ganzheitliches Herangehen und es beweist ein so tiefes Verständnis für die Probleme der kindlichen Entwicklung, wie es nur eine erfahrene Praktikerin haben kann, die ihr „Handwerk“ versteht und kompetent 8

ausübt. Deshalb kann ich Ihnen nur empfehlen: Lesen Sie es und wenden Sie das Gelesene an – viel Erfolg! Pennsylvania (USA), im Frühjahr 2008 Dr. Fred P. Gallo (Begründer der Energy Psychology 쑓, Autor von Energetische Psychologie und Handbuch der Energetischen Psychotherapie)

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Einleitung Warum dieses Buch?

Die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit psychischen und physischen Störungen ist alarmierend für Eltern und für alle, die beruflich mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben. Immer mehr Kinder und Jugendliche haben psychosomatische Beschwerden, Lern- und Wahrnehmungsstörungen, Ängste und Depressionen. Hinzu kommt die deutlich gestiegene Zahl an unruhigen, konzentrationsschwachen Kindern und wir werden zunehmend mit Störungen des Sozialverhaltens konfrontiert, die das Arbeiten in Gruppen und Schulklassen deutlich erschweren. Die steigende Zahl der „Problemkinder“ verdeutlicht die Notwendigkeit der präventiven und therapeutischen Arbeit an der Basis unserer Gesellschaft – bei den Kindern und Jugendlichen. Für die eigene professionelle Praxis stellt sich die Frage, wie man diesen Herausforderungen gerecht werden kann. Was kann und muss man tun, um die gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen trotz vielleicht widriger Lebensumstände zu stärken, geeignete Ressourcen zur Verfügung zu stellen und ihre Widerstandskraft zu aktivieren? Was kann man tun, um den Entwicklungsblockaden und -verzögerungen frühzeitig entgegenzuwirken und das Risiko langfristiger Beeinträchtigungen zu mindern? Ohne gezielte Interventionen erhöhen Entwicklungsstörungen die Wahrscheinlichkeit pathologischer Entwicklungen im Erwachsenenalter. Es gilt, Wege zu finden, mit Kindern (statt nur über Kinder) zu sprechen. „Sprechen“ meint hierbei jede altersgemäße Interaktion – ob verbal, nonverbal oder handlungsorientiert –, die es ermöglicht, schwierige Themen anzugehen, Ressourcen zu entdecken und Lösungen zu finden. Das Buch schöpft seine Ideen und Praxiserfahrungen aus meiner langjährigen kinesiologischen, pädagogischen und therapeutischen Arbeit mit Kindern und ihren Familien sowie aus dem Austausch mit Kollegen. Nicht der „optimale“ Therapeut, Berater oder Begleiter des Kindes ist mein Ziel, sondern derjenige, der Mut zur eigenen Kreativität, zum Ausprobieren und zum Vertrauen in seine Intuition im Augenblick der Begegnung mit dem Kind hat. Den Kindern und Jugendlichen werden hier Chancen eröffnet, ihre Probleme selbst zu bearbeiten und zu ihren Lösungen zu gelangen – indem man sie als kompetente Partner versteht. Die Zahl der Bücher über Gesprächsführung, systemische Techniken oder Klopfakupressur ist groß. Entsprechende Literatur speziell für die Arbeit mit 11

Kindern und Jugendlichen findet sich allerdings noch selten. Wie diese Konzepte auf Kinder und Jugendliche übertragbar sind, inwieweit Sie sie modifizieren müssen, damit sie eine kindgerechte Form erhalten, und wie Sie die Ressourcen des gesamten „Problemsystems“ nutzen und alle Beteiligten einbinden können, das erfahren Sie in diesem Buch. Die Kombination systemischer, kinesiologischer und energetischer Techniken und ihre vielfältige Anwendung in unterschiedlichen Settings bilden die Basis und das Herzstück dieser Arbeit.

Für wen das Buch gedacht ist Dieses Buch ist konzipiert für … • Berater, Therapeuten, Kinesiologen, Heilpraktiker, Sozialpädagogen und andere Praktiker, die in unterschiedlichen Settings mit Kindern und ihren Familien zu tun haben und gezielte Interventionsmöglichkeiten suchen; • Einsteiger in der Kinder- und Jugendtherapie oder (Lern-)Beratung, die sich einen aus vielfältigen Praxiserfahrungen entwickelten Leitfaden gerne zunutze machen; • Kollegen, die bereits Erfahrungen mit anderen Methoden in der Arbeit mit Kindern haben und neugierig nach weiteren Möglichkeiten Ausschau halten; • Leser, denen „spielerische“ Zugänge und Lösungsschritte noch neu sind – sie profitieren von den vielen systemisch-energetischen Techniken für respektvollen Umgang mit (insbesondere jüngeren) Kindern und deren Eltern; • Kollegen, die die Arbeitsweise der Energy Psychology 쑓 oder Klopfakupressur nach Fred Gallo (EDxTM) noch nicht näher kennengelernt haben – sie erhalten hier präzise praktische Anleitungen, mit denen sie den Prozess der Kinder, Jugendlichen und ihrer Eltern Schritt für Schritt begleiten können. Ich möchte Sie alle für diese neuen Techniken begeistern, Sie von deren Wirksamkeit überzeugen und Ihnen demonstrieren, wie Sie damit die eigene professionelle Kreativität weiterentwickeln können.

Zielsetzung Das Buch möchte demonstrieren, wie Sie mit Kindern altersadäquat und erfolgreich arbeiten können. Es vermittelt konkrete Antworten auf folgende Leitfragen: • Wie bekommt man Zugang zu einem Kind oder Jugendlichen? • Was muss man beachten, damit das Kind einen versteht oder damit der Jugendliche das Gespräch nicht sofort wieder abbricht? 12

• Wie sollte man sich verhalten, damit Kinder und Jugendliche sich mit ihren Nöten und Sorgen ernst genommen fühlen und den Mut fassen, offen über ihre Gefühle zu sprechen? • Welche Techniken helfen Kindern und Jugendlichen, ihre Gefühle auszudrücken und mit Erwachsenen ihre Themen zu bearbeiten? • Wie erschließt man die individuellen, einzigartigen Ressourcen eines Kindes, die ihm helfen, zu einer Lösung zu finden? • Wie kann man Eltern und Kindern helfen, gute Entscheidungen zu treffen? • Welche Haltung sollten Praktiker sich aneignen, die kindzentriert arbeiten möchten?

Überblick Vor Ihnen liegt ein Praxishandbuch, das Sie in Ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen als „Werkzeugkasten“ einsetzen können. Es gliedert sich in einen mehr theoretischen und einen praktischen Teil. Auf eine ausführliche Darlegung des theoretischen und methodischen Begründungszusammenhangs wird zugunsten der Praxis verzichtet; wenn Sie den vorgestellten Ideen weiter nachspüren oder Ihr Wissen vertiefen möchten, finden Sie dazu im Anhang Literaturhinweise. Anhand vieler Fallbeispiele wird verdeutlicht, welche erstaunlichen Fähigkeiten Kinder (und Eltern) besitzen und wie sie mit gezielter Unterstützung professioneller Begleiter ihre Schwierigkeiten überwinden können Im Sinne der Transparenz und Klarheit, die unsere Arbeit prägen sollten, möchte ich vorab die Ausgangsbasis meiner Arbeit offenlegen: Die hier vorgestellte und vorgeschlagene Denk- und Handlungsweise gründet in Konzepten der humanistischen Psychologie und Pädagogik, denen ich mich verpflichtet fühle. Mein Welt- und Menschenbild ist konstruktivistisch geprägt: Demnach konstruieren oder gestalten alle Individuen (oder Systeme) ihre Realität selbst, sie entwickeln sozusagen eigene Metaphern von Welt. Im theoretischen Teil beschreibe ich zunächst die „Landschaft“, die sich den Lesern des Buches erschließt: die systemischen und kinesiologischen Prämissen, auf denen die im zweiten Teil beschriebenen praktischen Methoden gründen. Großen Einfluss auf mein Verständnis von therapeutischer und beratender Arbeit mit Kindern und Jugendlichen hatte die Energy Psychology und Psychotherapie nach Fred Gallo (EDxTM). Nach dem Studieren der entsprechenden Literatur (siehe Anhang) und dem Absolvieren der Ausbildungskurse fand ich in meiner Praxis bestätigt, dass es mit dieser Methode erheblich einfacher wird, Probleme zu lösen, Lösungen zu finden und Traumen zu überwinden; schwierige Themen werden buchstäblich „auf den Punkt“ und in Balance gebracht. In die grundlegende Denk- und Vorgehensweise dieser Arbeit führe ich 13

– exemplarisch für alle Richtungen der Klopfakupressur – im zweiten Kapitel ein und weise darauf hin, wie wichtig das Entdecken und Auflösen energetischer „Sabotageprogramme“ für den Therapieerfolg ist. Dass diese Methode für Kinder und Jugendliche nicht nur Erfolg versprechend, sondern geradezu „genial“ ist, das liegt daran, dass sie der kindlichen Denk- und Handlungsweise sehr entgegenkommt. Leser, denen der Ansatz von Gallo vertraut ist, können dieses Kapitel überspringen. Im dritten Kapitel geht es um den spezifischen Charakter der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Da sich in meiner langjährigen Praxis noch kein Kind selbst angemeldet hat, gehe ich davon aus, dass auch Sie über Vermittler, also Eltern oder Bezugspersonen, mit den Kindern und Jugendlichen in Kontakt kommen. Für einen gelungenen Zugang zu ihnen, der von Neugier, Intuition und Wertschätzung geprägt ist, stelle ich hilfreiche Grundannahmen über Kinder und Eltern vor und Wege, wie Sie diese nutzen können, um die „therapeutische“ Beziehung positiv zu gestalten. Abschließend thematisiere ich hier, wie Ihre eigene Psychohygiene die Ziel- und Lösungsfindung positiv unterstützen kann und wie ungünstige Vorerfahrungen Sie blockieren und irritieren können. Der praktische Teil dieses Buches gliedert sich in drei Abschnitte, die erst das Kind, dann die Jugendlichen und schließlich die Eltern in den Fokus nehmen. Im Kapitel 4 führe ich zunächst überblickartig in den Ablauf der kindorientierten Beratungsarbeit ein. Ich zeige in Kapitel 5, wie Sie sich auf die Begegnung mit einem Kind und seiner Familie vorbereiten können, welche Startbedingungen zum Erfolg verhelfen und wie man guten Rapport mit dem gesamten Familiensystem herstellen kann. Anschließend beschreibe ich, welche spielerischen Zugänge Kinder zur Aktivität einladen, wie ihnen sinnliche Erfahrungen ermöglicht werden, die ihnen in ihrem Alltag oft fehlen, und wie man es Kindern erleichtern kann, über die sie belastenden Dinge oder Erfahrungen zu erzählen und diese auch zu bewältigen. Mithilfe geeigneter Muskel-„Spiele“ (Kapitel 6) „telefonieren“ Kinder mit ihrem System und so gewinnen auch Jugendliche Lust an der Arbeit und das Gefühl, selbst etwas bewirken zu können. Das siebte Kapitel beschreibt Möglichkeiten, Suchprozesse auszulösen, den Fokus der Aufmerksamkeit zu verändern und unterschiedliche Erwartungshaltungen zu bündeln. Ich zeige, wie Sie Hilfsmittel gezielt einsetzen können, um insbesondere die Motivation der Kinder und Jugendlichen im Prozess nicht zu verlieren und ihnen und ihren Eltern aktive Mitarbeit zu gewährleisten, ohne Angst vor etwaiger Bloßstellung. Wichtig sind dabei die entsprechende Frageformulierung, die Zukunftsorientierung und die gezielte Wortwahl, mit der Sie auch schwierige Gesprächssituationen meistern oder gleich vorsorglich umschiffen können. Veranschaulicht werden die Interventionen mit zahlreichen Beispielen; so sind sie leichter zu „speichern“ und ermutigen zum Ausprobieren. 14

Im achten Kapitel stelle ich nützliche Techniken vor, die zu wirkungsvollen Entwicklungen führen, die dem Kind und seinen Eltern einen Beobachterstatus ermöglichen und das jeweilige Problem externalisieren. Die unterschiedlichen kindlichen Themen können so gezielt bearbeitet werden, ganzheitliches (multisensorisches) Lernen kann gestärkt und Handlungsspielräume können erweitert werden. Zu diesen Zielfindungstechniken gehören etwa das Genogramm, das Malen und das „In-Szene-Setzen“ der Familie. Kapitel 9 macht Sie vertraut mit einer Skalierungstechnik zum analogen Messen subjektiv empfundenen Stresses; sie ermöglicht Ihnen, einzelne Schritte des Weges zum Ziel oder den Glauben an den Erfolg der Arbeit im Alltag sozusagen visuell darzustellen. Kindern und Jugendlichen fällt es damit leichter, Einschätzungen zu ihren Themen oder zu ihrem momentanen Gefühl auszudrücken. Gleichzeitig erleben sie so ein Gefühl von Mitverantwortung und von aktiver Teilhabe am Lösungsprozess. Die dadurch aktivierte Beobachterrolle hilft, das eigene Thema aus einem gesunden Abstand zu betrachten. Wenn Ihre Arbeit keine oder nur kleine Fortschritte macht, kann dies unter anderem die Folge von energetischen „Fehlschaltungen“, von „neurologischer Desorganisation“ oder auch einer Belastung mit Toxinen sein (Kapitel 10): Im Energiesystem des Körpers oder des Gesamtsystems Familie treten unter bestimmten Umständen Interferenzen oder Polaritätsumkehrungen auf, die wie „innere Befehle“ jegliche Form der Heilung im betreffenden Lebensbereich stoppen und somit eine positive Entwicklung blockieren. Dieses von Roger Callahan, einem Pionier der Energiepsychologie, entdeckte Phänomen der psychischen Umkehrung gilt es zu entdecken und vorrangig zu behandeln. In den Kapiteln 11 und 12 geht es darum, den jungen Klienten neue Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen, die ihrem Naturell und ihren Möglichkeiten entsprechen und ihre Selbstwirksamkeitspotenziale erweitern. (Mit dem Begriff der Selbstwirksamkeit beziehe ich mich auf Vertreter der Elementarpädagogik wie Schäfer und Ftenakis. Damit ist gemeint, dass das Kind lernt, selbst aktiv zu werden und zu erkennen, dass es selbst für Veränderungen verantwortlich ist.) Die vorgeschlagenen Techniken und Hilfsmittel wie Stoff- und Sandtiere, Malen, Cartoons, Holzfiguren, bewährte Klopfakupressursequenzen, Geschichten, Metaphern, Farben und andere Selbsthilfetechniken entsprechen dem Denken und Tun der Kinder und stärken somit ihre Selbstheilungskräfte. Gekonnte Schlussinterventionen ankern den Erfolg und sichern die Aktivität der Kinder und der Familie sowie die Eigenverantwortung im Prozess. Kapitel 13 beschäftigt sich mit geeigneten Interventionen und damit, wie sie an das Therapiegeschehen angekoppelt werden können. Besonderheiten im Umgang mit Jugendlichen greife ich in Kapitel 14 auf. Ich thematisiere spezielle Schwierigkeiten in diesem Alter und die hierbei hilfreichen Interventionen. 15

Kapitel 15 geht auf die Eltern als „Team“ ein, auf deren Rolle im Prozess, auf mögliche Hindernisse, Blockaden und darauf, welche „Ratschläge“ und Hilfsmittel Sie nutzen können, um Eltern zu unterstützen, insbesondere in ihrer Rolle als Experten für die gesunde Entwicklung ihrer Kinder. Im Anhang finden Sie verschiedene Checklisten, Zusammenfassungen und Übersichten (etwa über die „Klopfpunkte“, Fragen für verschiedene Prozessphasen sowie Kopiervorlagen für bildhafte Arbeitstechniken.

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Teil I: Grundlagen 1. Vorannahmen und Leitgedanken Können Sie sich noch an ihre Kindheit erinnern? An das Gefühl, auf Entdeckungsreise zu gehen und spannende Abenteuer zu bestehen? Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen bedeutet für mich, selbst wieder neugierig, wie mit den Augen eines Kindes, auf die Welt sehen zu dürfen. (Wenn ich im weiteren Verlauf den Begriff „Kinder“ benutze, meine ich damit in der Regel Kinder jeden Alters, also auch Jugendliche. Sollte es einmal notwendig sein, genauere Altersangaben zu machen, so finden Sie diese im Text. Den Besonderheiten bei Jugendlichen ist ein eigenes Kapitel gewidmet.) In der Praxis ist es mein Bestreben, Wege zu finden, mit dem Kind in Kontakt zu kommen und mit ihm seine Ziele zu erarbeiten, seine Stärken zu entdecken und seine Kreativität zu nutzen. Dabei standen mir anfangs meine eigenen Erwartungen und meine (oft übertriebene) Anspruchshaltung an das Verhalten der Kinder im Weg. Kindern dort zu begegnen, wo sie gerade unterwegs sind, um sie einen Teil ihres Weges zu begleiten, das bedarf der Offenheit und des Sicheinlassens auf ihre Sicht der Welt. Jeder Mensch entwickelt seine Landkarte von der Welt, eingefärbt von den eigenen Erfahrungen seit frühester Kindheit, von kulturellen Einflüssen und Vorbildern. Ich entdeckte schnell, dass jeder Weg zur Sackgasse wurde, wenn ich außer Acht ließ, dass auch ich meine „Wirklichkeit“ selbst konstruiere. Auch die professionelle Arbeit ist geprägt von den eigenen Grundhaltungen, dem eigenen Blick auf die Welt und von Theorien, das heißt, von erlernten Konzepten. All dies nimmt Einfluss darauf, welche Landschaft sich mir erschließt. Daher möchte ich Sie als Leser zunächst mit meiner Landkarte der Welt und meinem Blick auf Kinder vertraut machen, damit meine Handlungsweisen für Sie nachvollziehbar werden.

Meine „Landkarte“ Wie bereits angedeutet, ist der Glaube, daß die eigene Sicht der Wirklichkeit die Wirklichkeit schlechthin bedeute, eine gefährliche Wahnidee. Paul Watzlawick (2003, S. 9) Ich gehe davon aus, dass man sich nicht nicht verhalten kann (Watzlawick) und dass jedes Verhalten einen positiven Sinn und Zweck verfolgt. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Kind zu mir in die Praxis kommt, ist sein Verhalten die 17

beste Möglichkeit, mit dem dahinterliegenden Problem zu leben, auch wenn es für seine Umwelt noch so unverständlich und destruktiv erscheint. Nicht selten erlebe ich sogenannte verhaltensauffällige Kinder wie etwa das kleine, aggressive Mädchen, das zunächst keinen Gewinn darin sah, sein Verhalten zu verändern. Seine Wutausbrüche verschafften ihm Aufmerksamkeit und Zeit der sonst beruflich sehr eingespannten, gestressten Eltern – also war das doch offensichtlich ein erfolgreiches Verhalten. Kinder sind Meister in der Bewältigung von Aufgaben und Herausforderungen und ihre Frustrationstoleranz ist unübertreffbar, wenn man sie lässt. So zeigt ein Kleinkind schier unendliche Geduld im Erlernen des Gehens. Obwohl es unzählige Male hinfällt, steht es immer wieder auf und wagt es aufs Neue. Im Laufe der Jahre wird vielen Kindern ihr einst so zielorientiertes, ausdauerndes Verhalten abgewöhnt: Dem Kind soll es gut gehen und so werden ihm oft alle Steine aus dem Weg geräumt. Selbst erforschen kann es dann leider nichts mehr. Dies ist eine typische „Elternfalle“ – die Suche nach Umwegen und Auswegen, um dem Kind „leidvolle Erfahrungen“ zu ersparen. Leider regt dies nicht zu Eigenverantwortlichkeit an oder zu der Fähigkeit, sich selbstständig im Leben zu orientieren. Für mich gehören Krisen im Leben eines Kindes zum Entwicklungsprozess. Ihre Bewältigung befähigt die Kinder, ihren Aktionsradius zu erweitern, und stärkt ihre Kompetenz, ihre Potenziale und Ressourcen. Oft verwenden Kinder all ihre Energie für die Anpassung an ihre Umwelt und entwickeln dabei nicht selten bizarre Verhaltensweisen und Symptome. Diese veranlassen die (teilweise über-)besorgten Eltern, mit ihren Kindern in die Beratungspraxis zu kommen. Noch nie hat sich ein Kind selbst für den Besuch in meiner Praxis angemeldet, es kommt zunächst eher unfreiwillig mit (und wurde oft nicht einmal gefragt). Da diese Tatsache großen Einfluss auf unsere Arbeit haben kann, gehe ich später noch genauer darauf ein. Nach meiner Erfahrung stabilisieren Kinder in vielen Fällen ein krankes Familiensystem. Das kann etwa bei einem schon etwas älteren Kind der Fall sein, das wieder einnässt und es so schafft, von den Problemen der Eltern abzulenken. Die Eltern sind so beschäftigt mit seinem Problem, dass die partnerschaftlichen Streitigkeiten in den Hintergrund rücken. Solche Zusammenhänge sind den Kindern in der Regel selbst nicht bewusst. Ich denke sogar: Die Kinder, die ich in meiner Praxis kennenlerne, scheinen nicht selten die gesündesten Mitglieder ihrer Familie zu sein. Damit sind wir schon mitten in der systemisch-energetischen Denkweise und es ist an der Zeit, die systemischen, kinesiologischen und energetischen Hintergründe meiner Arbeit genauer darzustellen.

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Die „systemische Brille“ Durch diese Brille gesehen, besteht die Welt aus vielen „Systemen“, die sich auf bestmögliche Weise durch Vereinbarungen über Spielregeln und Muster organisieren und regulieren, um die Anpassung an die jeweiligen Umweltbedingungen zu meistern. Überall, wo mehrere Menschen beteiligt sind, spricht man von einem sozialen System. Es beginnt bei unserem Ursprungssystem, der Herkunftsfamilie; dann folgen all die anderen Beziehungsgefüge, deren Teil wir sind: Freundeskreis, Gruppen, Partnerschaften, die Gegenwartsfamilie, Kollegenkreis, Arbeitsteams, Unternehmen, Parteien, Kulturen etc. Manche Systeme wirken auch dann noch in uns fort, wenn wir sie nicht mehr physisch unmittelbar um uns haben. Deshalb hat die Arbeit an Mustern der Ursprungsfamilie eine so große Bedeutung für die Gegenwart. Andere Systeme wirken in uns nur, solange wir uns an ihnen beteiligen. Einige Systeme geben uns dauerhafte Zugehörigkeit und Identität, andere nur vorübergehende Rollen. Was auch immer in sozialen Systemen geschieht, es beeinflusst das Erleben und die Entwicklung seiner Mitglieder, wirkt wie ein unsichtbares Energie-„Feld“ auf jeden Beteiligten und wird zugleich von jedem mitgeformt.

Familie als System In Systemen wie Familien oder Institutionen greift alles ineinander. Alle Elemente stehen in Wechselwirkung und man sieht in zunehmendem Maße davon ab, einzelnen Systemelementen Eigenschaften zuzuschreiben. Jedes Familienmitglied ist wiederum ein eigenes System (Subsystem) mit vielen verschiedenen inneren Anteilen. Alle Mitglieder sind durch ihre Gefühle und Loyalitäten miteinander verbunden wie mit Fäden eines Mobiles – also auch so leicht zu bewegen wie ein Mobile. Da Systeme mit ihrer Umwelt in Interaktion treten, werden sie ständig von „außen“ berührt, wie der leiseste Lufthauch das Mobile in ständiger Bewegung hält. Diese oft unbewussten Bewegungen können in unserem Lebensalltag förderlich, aber auch hinderlich sein. Familien unterscheiden sich von anderen sozialen Systemen durch die vorgegebene und dauerhafte Zugehörigkeit, die sie ihren Mitgliedern bieten. Auch teilen sich ihre Mitglieder eine lange, gemeinsame Geschichte. Wir treten in unsere Familie ein, sobald unser Leben beginnt. Niemandem kann die Zugehörigkeit „gekündigt“ werden. Die Wahlmöglichkeit, hinzuzukommen oder auszuscheiden, ist also höchst beschränkt. Wenn groß gewordene Kinder aus dem Haus gehen, halten sie innerlich das konstruierte Bild der Familie und mit ihm die Bindungen und Beziehungen aufrecht. Die Positionen und Hierarchien bleiben erhalten. Ein Kind wird auch im Erwachsenenalter immer das Kind seiner Eltern bleiben. Ändern hingegen kann sich, was die Familienmitglieder tun, wie sie miteinander umgehen, einander achten, ihre Rollen und 19

Schicksale annehmen und meistern. Wenn wir die Strukturen und Prozesse innerhalb eines solchen Systems analysieren, wird es möglich, sie auch positiv zu verändern. Die Ursprungsfamilie hat wohl von allen Gruppen den stärksten Einfluss auf unser Leben. Kein Wunder, die Bande, die uns verbinden, reichen am weitesten zurück, bis zu unseren Ahnen, und sind bis in unsere Gene hinein tief verankert. In der Familie liegen jene Beziehungen, die existenziellen Charakter für uns hatten, die uns das Leben gaben und für das Überleben sorgten. Jeder von uns hat das von Anfang an gespürt und Strategien entwickelt, die uns die Zuwendung der wichtigen Bezugspersonen sichern sollten. Schließlich ging es um die eigene Existenz. Durch Instinkt, Versuch und Irrtum findet ein Säugling die erfolgreichsten Mittel heraus, sich Zuwendung zu verschaffen: Aggression, Lachen, Weinen, Unterordnung oder Sich-unsichtbar-Machen und andere. Wenn es zu Problemen kommt, versuchen Kinder auf die unterschiedlichste Arten, diese zu lösen, sei es durch Ignorieren, durch Machtspiele, durch Ausweichen, Flucht, Konfrontation oder durch andere Verhaltensweisen. Besonders die aktivste Lernphase (die ersten Jahre im Leben des Menschen) wird in der Regel in der Familie erlebt. Alles, was ein Kind hier aufnimmt, wird zu seinem „Arbeitsmodell“ für die eigene Zukunft. Es verarbeitet Gefühle, Stimmen, Gesichter und Handlungen zu Regeln des Lebens. Wie der Vater seine männliche Rolle lebt, so definiert der Junge bzw. das Mädchen „Mannsein“; wie die Eltern miteinander umgehen, das prägt die spätere Vorstellung des Kindes von Beziehung. Die Art des Umgangs der anderen mit ihm selbst gibt ihm eine Vorstellung vom eigenen Wert. Was wir als Kinder gelernt haben, das wiederholen wir als Erwachsene zuweilen ein Leben lang, auch wenn es heute kein stimmiges Modell mehr ist. Wir finden dann in der Regel auch die richtigen Partner dafür. Oder wir kämpfen dagegen an, wollen auf keinen Fall so sein wie jener Elternteil. Die unbewusst verinnerlichten Modelle wirken weiter, bis wir sie in der Tiefe verändern und bessere finden. Einigen Menschen gelingt diese Veränderung intuitiv, andere suchen danach, indem sie ihr Leben bewusst nach neuen Mustern gestalten. Wieder andere verarbeiten negative Erfahrungen im Laufe ihres Lebenswegs da, wo sie neue Ressourcen finden und das ausgleichen können, was ihnen früher gefehlt hat. Andere lösen alte familiäre Verstrickungen auf, klären Positionen und Beziehungen und entwerfen ein neues, stimmiges Modell ihres Ursprungssystems; ein Bild, in dem jeder eine angemessene Position innehat, Achtung zwischen den Menschen herrscht und jeder seine Verantwortung erhält, auch die für das eigene Leben. Die hier im Weiteren beschriebenen Techniken und Handlungsweisen greifen in Familiensysteme ein und bewirken positive, gesundheitsfördernde Veränderungen. Ben Furman nimmt in seinem Buch Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben die systemischen Ideen ebenfalls auf. 20

Kinder im System Die systemische Denk- und Arbeitsweise ist für die Arbeit mit Kindern eine geeignete und notwendige Vorgehensweise, denn Kinder haben immer eine Familie im „Schlepptau“. Das bedeutet ganz konkret, dass wir jeweils mit dem gesamten Familiensystem arbeiten müssen. Dieses umfasst aber mindestens drei Einzelsysteme, nämlich Kind, Mutter und Vater. Mutter und Vater bilden das Elternsystem (auch wenn sie getrennt leben) und gegebenenfalls ein Paarsystem. Gleichzeitig repräsentiert das Kind zusammen mit eventuell vorhandenen Geschwistern noch ein Kindersystem innerhalb der Familie. Die Geschwister kommen nicht mit in die Praxis, dürfen aber bei der Arbeit mit dem Kind und der Familie nicht übersehen werden, da auch hier mehr oder weniger starke Wechselwirkungen bestehen. Doch dazu später mehr.

Systemische Sicht auf Probleme Aus systemischer Sicht werden Systeme (beispielsweise ein Kind, eine Familie, ein Dorf) nur durch äußere Einwirkung beeinflusst. So kann ein Kind-System durch ein Eltern-System beeinflusst werden, ein Familien-System durch ein Arbeitsplatz-System. Gleichzeitig beeinflussen sich auch alle Systeme untereinander, sie befinden sich in einem ständigen Prozess zwischen Aufrechterhaltung und Veränderung, zwischen Ruhe und Unruhe, zwischen Balance und Dysbalance. Die ständige Bewegung erhält die Systeme (beispielsweise Familien) und gibt ihnen eine innere Stabilität. Diese Stabilität kann durch zufällige Auslöser, die in der Interaktion der Systeme auftreten, gestört werden. Jede Störung der Dynamik eines Systems führt zu Irritationen, die von den Systemen in der Regel ausgeglichen werden können. Schwierigkeiten, Krisen, Probleme und Symptome tauchen auf, wenn diese Störungen nicht ausgeglichen werden können. So streben einige Systeme den Zustand eines möglichst dauerhaften Gleichgewichts an und tendieren zur Erstarrung. Starre führt jedoch zum Zusammenbruch eines Systems. Festgefahrene Beziehungsstrukturen, störende Verhaltensweisen sowie unangemessene Anpassungsleistungen bis hin zur Selbstaufgabe eines Subsystems resultieren aus den Inszenierungen der einzelnen Systemmitglieder, die den ersehnten Gleichgewichtszustand schnellstmöglich wieder erreichen möchten. Das paradoxe ist, dass die Symptome und Probleme systemstabilisierend sind und das System selbst zunächst keine Veränderung zulassen kann. Kommt nun eine Familie auf Grund von Symptomen, Problemen oder störenden Verhaltensweisen des Kindes in die Praxis, sollte dem systemisch denkenden Praktiker die systemerhaltende Funktion dieser Symptome, Probleme oder Verhaltensauffälligkeiten des Kindes bewusst sein. Auch starke Turbulenzen und extreme Schwankungen im Sinne von zu großen Bewegungen bringen ein System ins Ungleichgewicht. Vorher bewährte Anpassungsmechanismen reichen dann nicht mehr aus, um die zur 21

Überlebenssicherung notwendigen Gleichgewichtsprozesse aufrechtzuerhalten. Neue Bewältigungsstrategien und entsprechende Umstrukturierungen sind gefordert. Bislang wurden Verhaltensauffälligkeiten von Kindern in den Vordergrund der Arbeit gestellt und alle Künste auf das Verständnis der Störung und seine Behebung gerichtet. Die systemische Forschung zeigte jedoch, dass Störungen durch Umgangsweisen, Deutungsmuster, Kommunikation u. Ä. des nahen Umfeldes entstehen und auch verändert werden können. Der Blick richtet sich systemisch daher auf das Kind in seiner Eingebundenheit in Familie und Lebensumfeld. Das Handeln des Einzelnen erklärt sich aus dem jeweiligen Systemzusammenhang. Systemisch wird nicht das Problem oder der „Symptomträger“ Kind als alleine zu behandelnd in den Vordergrund gestellt, sondern das Kind in seiner Verwobenheit mit der Familie und dem sozialen Netz. So erlernen viele Kinder in ihrer Familie dysfunktionale Verhaltensweisen, indem sie andere Familienmitglieder unbewusst nachahmen (Lernen am Modell). Oft reagieren sie auch auf bestimmte Stimuli, die von ihren Verwandten präsentiert werden. In vielen Fällen, insbesondere dann, wenn sie sich vernachlässigt fühlen, wenn ein positives Verhalten ignoriert oder wenn aufgrund extrem hoher Erwartungen nur selten ein Lob ausgesprochen wird, versuchen Kinder, durch störende oder anormale Verhaltensweisen die Aufmerksamkeit der anderen Familienmitglieder zu erregen. Deren Reaktionen – sei es Ärger, Angst, Verhätschelung oder Beschwichtigung – werden als Zeichen von Anteilnahme, Interesse und Sorge oder als Selbstbestätigung gedeutet. Sie wirken also als positive Verstärker und erhöhen die Wahrscheinlichkeit des Auftretens der betreffenden Verhaltensauffälligkeiten. So werden leichte Verhaltensabweichungen im Laufe der Zeit immer stärker und verfestigen sich. Schließlich werden sie auf außerfamiliäre Situationen generalisiert und auch dort positiv verstärkt. So kann ein aggressiver Jugendlicher Anführer einer Gruppe von Gleichaltrigen werden, so vermag ein depressives Kind das Mitgefühl seiner Mitmenschen zu erregen und so verschafft sich ein „Klassenclown“ die ungeteilte Aufmerksamkeit seiner Lehrer und Mitschüler. Hier wird deutlich, dass „Symptome“ erlernt werden, weil die gewünschten Reaktionen anderer Menschen nicht auf sozial akzeptable Weise erreicht werden konnten. Jedes Verhalten – egal ob sinnlos, unangenehm oder lästig – hat, wie bereits erwähnt, eine positive Absicht. Daher muss die positive Absicht bei dem Thema, das in der Praxis bearbeitet werden soll, immer mit bearbeitet werden, da sonst das Verhalten möglicherweise in ähnlicher, verfeinerter Form wieder auftritt. Die „Symptombildung“ ist also in all diesen Fällen zunächst einmal eine angemessene und sinnvolle Reaktion auf eine pathologische Situation.

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Die „kinesiologische Brille“ Das Wort Kinesiologie ist aus den beiden griechischen Wörtern kínesis = Bewegung und lógos = Lehre abgeleitet. In der (konventionellen) Medizin steht „Kinesiologie“ für Untersuchung der Muskeln und Bewegungslehre. Die „Angewandte Kinesiologie“, die ich hier meine, ist demgegenüber – allgemein gesagt – eine Methodik zum Sondieren und Ausgleichen (Balancieren) des energetischen Zustandes des menschlichen Organismus. Kinesiologie in diesem Sinne macht sich ein einfaches Feedbacksystem des Körpers zunutze. Dessen Entdeckung geht zurück auf Erfahrungen und Forschungen des amerikanischen Chiropraktikers Dr. George Goodheart. Er beobachtete, dass physische und psychische Vorgänge beim Menschen sich auch im Zustand seiner Muskeln widerspiegeln. Daraus entwickelte er 1964 ein Testverfahren, das die Muskelspannung ohne Zuhilfenahme von Apparaten erfasst: den Muskeltest. (Die klassische Variante in Kurzfassung: Testen der Spannung im Deltamuskel am Oberarm durch leichten Druck auf das Handgelenk. Genaueres dazu folgt weiter hinten.) Goodheart ging von der Annahme aus, dass Blockaden oder Unterbrechungen des Kreislaufs der Lebensenergie im Körper zu Stress im Organismus und in weiterer Folge zu Befindlichkeitsstörungen und psychischen Problemen wie Konzentrationsschwierigkeiten oder Ängsten und letztlich auch zu organischen Störungen führen. Basierend auf dem Grundsatz der chinesischen Energielehre, der besagt, dass die Gesundheit des Menschen vom freien Fließen der Lebensenergie im Körper abhängt, zielen die Balancetechniken der Kinesiologie vor allem darauf ab, das Energieniveau im Organismus zu erhöhen, dessen Selbstheilungskräfte anzuregen und dadurch die Gesundheit zu fördern oder wiederherzustellen. Die kinesiologische Sicht ist der systemischen Denkweise sehr nahe. Hier wird das Kind als ein biochemisches, psychisches und anatomisches „System“ betrachtet. Das primäre Interesse gilt dem Individuum, genauer gesagt: der Arbeit mit dessen Energiesystem. Dabei bezieht man sich auf die traditionelle chinesische Energielehre und deren Modell der Wandlungsphasen und der dazugehörigen Energiebahnen, der Meridiane. Es gibt demnach zwölf Hauptmeridiane und zwei ihnen übergeordnete Meridiane. Die Hauptmeridiane stehen jeweils für bestimmte Prinzipien, die mit bestimmten Muskeln und Organen assoziiert werden, nach denen sie auch benannt sind, wie etwa: Herz und Herzmeridian, Magen und Magenmeridian. Sie sind untereinander vernetzt. Zu viel Energie in einem Organ oder Muskel ist genauso ungesund wie zu wenig. Unsere körperliche und geistig-seelische Gesundheit hängt von der ausreichenden Aufnahme und der gleichmäßigen Verteilung dieser Energie ab. Die Energiebahnen werden über bestimmte Punkte an der Körperoberfläche aktiviert, zum Beispiel durch (Klopf-)Akupressur. Kinesiologische Praktiker fanden heraus, dass schon allein das Denken an ein Problem zu einer 23

kurzfristigen Schwächung der Reaktionsfähigkeit der Muskulatur führen kann. Dies wird hervorgerufen durch ein Energieungleichgewicht. Die Nutzung des körpereigenen Biofeedbacksystems, des Muskeltests, erlaubt es uns, die Körperfunktionen energetisch zu beurteilen. So kann Stress im System, der den Energiefluss unterbricht, aufgespürt und ins Bewusstsein gehoben werden. Dieser Stress wird dann mittels kinesiologischer Verfahren aufgelöst und damit wird die Harmonie auf biochemischer, psychischer und struktureller Ebene erhalten oder wiederhergestellt. Das kindliche Immunsystem etwa kann so gestärkt werden und lernt damit, gegenüber Stressoren widerstandsfähiger zu reagieren. (Vertiefende Literatur dazu: siehe Anhang)

Die Berücksichtigung des oben beschriebenen kinesiologischen und des systemischen Blicks auf den Menschen ermöglicht Ihnen das Arbeiten mit einem umfassenden „Mensch-Umfeld-System“. Die Kinesiologie bietet Möglichkeiten der sehr differenzierten Betrachtung des Individuums und die Systemtheorie behält gleichzeitig dessen Umfeld und die Interaktion des Menschen mit diesem Umfeld im Blick. Diese systemisch-kinesiologische Sichtweise und Arbeit prägte meine Praxis mit Kindern und ihren Familien, bis ich im Jahre 2001 den amerikanischen Psychologen Dr. Fred Gallo bei seinem ersten Seminar in Deutschland kennenlernte. Die von ihm vertretene energetische Psychologie und Psychotherapie integriert systemische, kinesiologische, meridianpsychologische, hypnotherapeutische und modernste psychotherapeutische Techniken zu einer schnell und durchgreifend wirksamen Methode. Von da an erweiterte ich meine Praxistätigkeit um Fred Gallos Methodik der Energy Psychology. Im nachfolgenden Kapitel betrachten wir deren Hintergründe und Techniken genauer. (Sollten Sie Gallos Ansatz bereits kennen, so können Sie dieses Kapitel überblättern.)

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Kornelia Becker-Oberender

Klopfakupressur mit Kindern, Jugendlichen und Familien Das Handbuch für die Praxis: systemisch, energetisch, ressourcenorientiert 208 Seiten, kart. erschienen 2008

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