INHALT GRUSSWORT. Februar Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Februar 2011 INHALT Gastbeitrag: Udo Folgart „Zusammenarbeit zwischen Erzeuger und Verarbeiter in der Zukunft - was soll sich aus Sicht des DBV änder...
Author: Ulrike Schuster
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Februar 2011

INHALT Gastbeitrag: Udo Folgart „Zusammenarbeit zwischen Erzeuger und Verarbeiter in der Zukunft - was soll sich aus Sicht des DBV ändern“

Rekordjahr nach der Krise der deutsche Milchmarkt 2010

Nanotechnologie - zukunftsträchtige Schlüsseltechnologie oder unbekanntes Risiko? Risikoanalyse und Lebensmittelsicherheit als zentrale Voraussetzung ........................................... 2 ........................................... 4 ........................................... 8

Der Milchpolitische Frühschoppen 2011: „Muss man den mündigen Verbraucher vor sich selbst schützen?“

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GRUSSWORT Liebe Leserinnen, liebe Leser, unsere Erwartungen wurden übertroffen: Die positive Entwicklung auf dem deutschen Milchmarkt im Jahr 2010 – mit einem Allzeitrekord bei der Milchanlieferung, steigenden Exporten und einer Erholung bei den Produkt- und Erzeugerpreisen lassen die deutschen Molkereien zuversichtlich ins neue Jahr starten. Auch 2011 wird sich die deutsche Milchindustrie intensiv mit den zentralen Herausforderungen von heute und morgen beschäftigen – in enger Abstimmung mit Politik, Wirtschaft und Verbrauchern: von marktpolitischen Fragestellungen über die Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln bis hin zum nachhaltigen Wirtschaften und dem Klimawandel. Dabei müssen Politik und Wirtschaft gemeinsam agieren, damit die deutsche Milchwirtschaft auch weiterhin erfolgreich im internationalen Wettbewerb bestehen kann. Wir freuen uns sehr, Herrn Udo Folgart, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes für einen Gastbeitrag „Zusammenarbeit zwischen Erzeuger und Verarbeiter in der Zukunft - was soll sich aus Sicht des DBV ändern“ in der aktuellen Ausgabe des Milch-Politikreports gewonnen zu haben. Besonders möchten wir Sie auf den Jahresrückblick über die deutsche Milchwirtschaft 2010 hinweisen. Für Fragen, Anmerkungen und Anregungen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Mehr Informationen „rund um die Milch“ finden Sie auch im Internet unter milchindustrie.de und meine-milch.de.

Mit freundlichen Grüßen Dr. Karl-Heinz Engel Vorsitzender des Milchindustrie-Verbandes

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Gastbeitrag Von Udo Folgart, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) zum Thema „Zusammenarbeit zwischen Erzeuger und Verarbeiter in der Zukunft - was soll sich aus Sicht des DBV ändern“ Der Milchmarkt hat sich von der Krise der vergangenen Jahre spürbar erholt und er blieb auch vom Dioxinskandal verschont. Vor diesem Hintergrund können alle Beteiligten zuversichtlicher an die Gestaltung des Quotenausstiegs bis 2015 herangehen. Zwei große Arbeitsfelder gibt es; die Molkereiwirtschaft muss ihren Weg zu wettbewerbsfähigeren Unternehmen und Produkten weitergehen. Dabei wollen wir als Milcherzeuger sie gerne unterstützen. Zudem gilt es aber, das Miteinander der Milcherzeuger mit ihrer jeweiligen Molkerei zu festigen. Dazu hat auch die High Level Group on Milk (HLG) der Europäischen Kommission Prüfenswertes zu Papier gebracht. Da jedoch die Mehrzahl der von der HLG ausgesprochenen Empfehlungen in der deutschen Milchwirtschaft durch den hohen Anteil von genossenschaftlichen Molkereien und Erzeugergemeinschaften bereits umgesetzt wird, führen die Empfehlungen aus unserer Sicht zu

keinen grundsätzlich neuen Denkansätzen für die deutsche Milchwirtschaft. Gleichwohl prüft der DBV alle Vorschläge sehr genau. Das gilt z. B. für die künftige vertragliche Regelung des Rohstoffeinkaufs der Molkereien bzw. des Rohstoffverkaufs der Milcherzeuger. Molkereien müssen wie jedes andere ernährungswirtschaftliche Unternehmen den Einkauf der Rohmilch gestalten bzw. absichern. Der Milcherzeuger braucht Klarheit über die Liefermengen und deren Preisgestaltung. Dafür gibt es keine Patentlösung, dieser Weg kann je nach Molkerei und zwischen genossenschaftlichen und privaten Molkereien unterschiedlich sein. Die Zusammenarbeit zwischen Erzeuger und Verarbeiter müssen beide aber bewusster und intensiver gestalten, um gemeinsam größere Wettbewerbskraft im Markt zu erreichen. Diese braucht man vor allem, wenn eine Vorwärtsstrategie etwa bei der Produktionspalette oder im Export durchgezo-

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gen werden soll. Der regelmäßige und intensive Informationsaustausch zwischen Milcherzeugern und Molkerei über die Unternehmensphilosophie ist wichtig. Eine detaillierte Ausgestaltung von Lieferverträgen gehört dazu. Wichtig ist die inhaltliche Ausrichtung von Vertragselementen, wie Liefermengen, Lieferfristen, Preisgestaltung auf einer gemeinsam getragenen Grundlage. Die Pflicht der Anwendung von Musterverträgen wäre aber der falsche Weg. Wir setzen auf die Gestaltungsfreiheit der Milcherzeuger, Genossenschaften und Erzeugergemeinschaften. Auch müssen Milcherzeuger und Molkereien sich künftig besser vor heftigen Preisschwankungen wappnen. So wie wir eine Risikoausgleichsrücklage in der Bilanz des Milcherzeugers brauchen, so dringend ist die Nutzung der Terminbörse durch die Molkerei. Gerade weil die Marktrisiken wachsen und der staatliche Marktausgleich weggefallen ist, hilft abwarten und Milch trinken nicht. Was der DBV unterstützend tun kann, werden wir gerne einbringen, aber auskömmliche Milchpreise müssen am Markt erwirtschaftet werden. Das werden die Molkereien mit ihren Lieferanten gut bewerkstelligen, davon bin ich überzeugt!

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Rekordjahr nach der Krise - der deutsche Milchmarkt im Jahr 2010

fähiger Markt, steigende Preise und wachsende Exportraten liegen der positiven Entwicklung zugrunde, unterstützt von einem stabilen Wirtschaftswachstum und einem förderlichen Konsumklima.

Es geht weiter aufwärts: Die deutsche Milchwirtschaft hat 2010 das schwere Fahrwasser des Wirtschaftsjahres 2009 verlassen, der Milchmarkt hat sich stabilisiert, Angebot und Nachfrage sind ausgeglichen. In einigen Bereichen erzielte die Branche sogar Rekordergebnisse. Und die Zukunft verheißt Gutes: 2011 wird sich der positive Trend weitestgehend fortsetzen.

Die Milchanlieferung an die verarbeitenden Unternehmen hat mit 28,7 Mio. Tonnen einen neuen Rekordwert erreicht – und das obwohl gut zwei Prozent der zugewiesenen Milchquote nicht beliefert wurde.

Nach bewegten Zeiten im Jahr 2009 blickt die deutsche Milchindustrie zufrieden auf die Entwicklung der Branche im vergangenen Jahr zurück. Nach dem regelrechten Absturz im Vorjahr haben sich die Milchmärkte 2010 überraschend schnell erholt. Ein aufnahme-

Auch die deutschen Milcherzeuger spüren den Aufschwung am Milchmarkt. Positiv verlief das Wachstum bei den Milcherzeugerpreisen. 2009 auf den niedrigsten Stand seit Mitte der 1970er Jahre gefallen, betrug die Steigerung 2010 gegenüber dem Vorjahr mehr als 20 Prozent. Im Dezember 2010 belief sich der Auszahlungspreis für Standardmilch im bundesweiten Durchschnitt auf 32,30 Cent/kg. Dr. Karl-Heinz Engel, Vorsitzender des Milchindustrie-Verbandes, ist erfreut über diese Entwicklung: „Milch ist ein Qualitätsprodukt, das seinen Wert hat. Ein stabiler, positiver Trend bei den Auszahlungspreisen ist Grundvoraussetzung für eine zukunftsfähige Milchwirtschaft.“ Die deutschen Molkereien sind weiterhin bestrebt, bestmögliche Auszahlungspreise für die Milcherzeuger zu erwirtschaften. Zudem haben auch die Milchrohstoffpreise deutlich zugelegt: Nach dem historischen Tiefstand von 21,4 Cent/kg Standardmilch legte der Rohstoffwert

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für Milch im Durchschnitt auf 29,6 Cent zu – ein Zuwachs um stolze 38 Prozent und damit der dritthöchste Rohstoffwert der letzten 10 Jahre! Derartige Preisschwankungen sind ein Kennzeichen freier Märkte – und werden deshalb auch in Zukunft auf den Agrarmärkten zu beobachten sein.

Bemerkenswert ist auch der Umstand, dass die Preise für Milchprodukte 2010 nicht nur die Tiefstände aus dem Vorjahr überwunden haben, sondern teilweise über das langjährige Mittel hinaus gestiegen sind und sogar neue historische Höchststände erreicht haben. Eine der wesentlichen Entwicklungen des vergangenen Jahres ist – neben der Stabilisierung der Märkte – die im Vergleich zum Vorjahr deutlich geringere Preisvolatilität; die Preise für Industrieerzeugnisse aus Milch haben sich 2010 als sehr stabil erwiesen.

Globale Nachfragesteigerung als Exportmotor Der Außenhandel mit Milchprodukten konnte nach dem Rückgang im Krisenjahr 2009 dank gestiegener Ausfuhrmengen und höherer Preise im vergangenen Jahr ein kräftiges Wachstum verzeichnen. Dass die deutsche Milchindustrie auch im Export stark ist, hat sich somit 2010 erneut bestätigt. Nach rückläufiger Entwicklung in den beiden Jahren zuvor ist der Verbrauch von Milchprodukten in der EU wieder gestiegen. Aber auch weltweit wächst die Nachfrage – dort ist die Erholung sogar stärker als innerhalb der EU: Um vier Prozent steigt die weltweite Nachfrage jedes Jahr. Die Warenausfuhr stieg mit wenigen Ausnahmen über alle Produktsegmente hinweg an. Leichte Exportrückgänge waren im vergangenen Jahr nur bei loser Milch und Molkenpulver zu verzeichnen. Der Export ist für die deutschen Molkereien von großer Bedeutung: Fast 40 Prozent der deutschen Milcherzeugnisse werden ins Ausland verkauft. Neben abgepackter Trinkmilch war Käse das wichtigste Milchprodukt im Außenhandel, von dem zum ersten Mal über eine Million Tonnen ausgeführt wurden – knapp die Hälfte der gesamten Käseproduktion in Deutschland im gleichen Zeitraum. Während der EU-Binnenmarkt weiterhin den wichtigsten Absatzmarkt für die deutschen Molkereien darstellt, ist Russland innerhalb eines Jahres zum drittwichtigsten Exportpart-

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ner für deutschen Käse geworden.

laut GfK um ein halbes Prozent zu. Rekordverdächtig ist auch die Preisentwicklung am Buttermarkt. Hier kletterten die Verbraucherpreise 2010 auf den höchsten Stand seit elf Jahren. Die Preise für Käse, die im Vorjahr auf ein historisch niedriges Niveau gefallen waren, haben sich erholt. Der langfristige Wachstumstrend auf dem Käsemarkt setzt sich fort. Ein neuer Rekord bei der Käseherstellung ist mit voraussichtlich 2,29 Mio. Tonnen zu verzeichnen; die Gesamterzeugung hat sich somit im Vergleich zum Vorjahr um 3,9 Prozent erhöht.

EU-Milchpaket Mehr Käse und Joghurt konsumiert, Rekord bei Butterpreisen In Deutschland hat sich die Nachfrage nach verschiedenen Milchprodukten uneinheitlich entwickelt. So haben die deutschen Verbraucher nach Erhebungen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in den ersten zehn Monaten des Jahres 2,2 Prozent weniger Trinkmilch verzehrt als im Vorjahreszeitraum. Beim Absatz von Butter ermittelten die Nürnberger Konsumforscher sogar einen Rückgang um beinahe fünf Prozent, der Margarineverbrauch privater Haushalte sank ebenfalls um 1,5 Prozent. Bei Joghurt wuchs die Nachfrage dagegen spürbar: der Verbrauch lag 2,9 Prozent über dem Vorjahresniveau. Auch der Käsekonsum der privaten Haushalte legte

Auch auf der politischen Ebene gab es 2010 wichtige Entwicklungen für die Milchwirtschaft: Anfang Dezember präsentierte EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos das Milchpaket. Es basiert auf den Ergebnissen der im Jahr 2009 eingesetzten High Level Group Milk und beinhaltet Vorschläge zur Stabilisierung des EU-Milchmarktes und zur Stärkung der Stellung der Milcherzeuger in der Wertschöpfungskette. Ein Schwerpunkt ist die Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen zwischen Milchproduzenten und Molkereien sowie Vorschläge zur Gründung von Erzeugerorganisationen und Branchenverbänden. Insgesamt soll das Milchpaket die Transparenz auf dem Milchmarkt verbessern. Preisfixierung und Marktaufteilung sind auch nach dem

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EU-Milchpaket nicht zulässig. Für die deutsche Milchindustrie bringen die Vorschläge keine grundlegenden Neuerungen, da bereits ähnliche nationale Regelungen bestehen. Dennoch wurde das Milchpaket in Deutschland, aber auch in Europa, weithin positiv als Diskussionsgrundlage aufgenommen. Optimistisch stimmt auch Ciolos gesonderter Report, wonach die geplante „sanfte Landung“ im Zuge des im Jahr 2015 auslaufenden Milchquotensystems planmäßig von statten geht. Der Ausstieg aus der Milchquote gibt den zukunftsorientierten Milcherzeugern marktwirtschaftliche Freiheiten zur Entwicklung ihres Potentials und schafft für die Zukunft wichtige Planungssicherheit. Positiv ist auch, dass die EU im Jahr 2010 angesichts der stabilen Entwicklung nur sehr zurückhaltend in die Milchmärkte eingreifen musste. 2009 waren angemessene marktstützende Maßnahmen angesichts der schwierigen Marktsituation noch unerlässlich.

Dank guter Exportchancen optimistisch in die Zukunft Der Milchmarkt hat sein Gleichgewicht weitestgehend wiedergefunden. Die Erzeugerpreise haben ihren historischen Tiefststand verlassen und auch bei anderen milchwirtschaftlichen Kennzahlen wurden neue Rekordmarken aufgestellt. Ein Grund mehr für die Milchindustrie, optimistisch in die Zu-

kunft zu blicken: 2011 wird sich der positive Entwicklungstrend auf dem Milchmarkt fortsetzen. Experten rechnen mit einer weiteren Zunahme der Herstellung von Milcherzeugnissen. Steigende Einkommen könnten in Deutschland, trotz der seit Jahren rückläufigen Bevölkerungszahl, für eine wachsende Nachfrage nach Milchprodukten sorgen. Auch der Außenhandel wird seine Bedeutung für die Ernährungsindustrie behalten; die Exporte von Milchprodukten in Drittländer werden voraussichtlich weiter zunehmen. MIV-Vorsitzender Dr. Engel zeigte sich zufrieden angesichts des funktionierenden Marktes: „Wir gehen auch für das Jahr 2011 von einer stabilen Marktsituation aus und freuen uns über feste Exportmärkte und steigende Preise, von denen auch die Milcherzeuger profitieren werden.“ Trotz der guten Zukunftsaussichten sieht der Verbandschef die Branche vor großen Herausforderungen: „Im Außenhandel z. B. gilt es immer wieder, verschiedene Hindernisse, wie handelsbeschränkende Maßnahmen oder neue Einfuhrbestimmungen, zu bewältigen. Die Schaffung praxistauglicher Exportbedingungen ist jedoch unerlässlich, damit die deutschen Molkereien auf dem internationalen Markt wettbewerbsfähig bleiben“, so Engel. Auch 2011 gilt es für die Unternehmen der Milchindustrie, sich gemeinsam mit der Politik und allen Marktbeteiligten den Herausforderungen der Zukunft zu stellen.

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Nanotechnologie - zukunftsträchtige Schlüsseltechnologie oder unbekanntes Risiko? Risikoanalyse und Lebensmittelsicherheit als zentrale Voraussetzung Die Nanotechnologie rückt zunehmend in das Interesse von Politik und Öffentlichkeit: Die Einsatzfelder sind zahlreich, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Potentiale hoch, die Erleichterungen für unser Alltagsleben vielfältig. Eine solide Risikobewertung ist Grundvoraussetzung, um die Chancen dieser Technologie für Verbraucher und Wirtschaft zu erforschen und sicher zu nutzen. Mit der Nanotechnologie lassen sich neue Materialen und Produkte entwickeln, die zunehmend Teil des Alltagslebens werden. Die Erwartungen an die Nanotechnologie sind dementsprechend hoch, beispielsweise im Bereich der Medizin, der Energieversorgung oder bei Lebensmittelverpackungen. Die Bundesregierung fördert seit Jahren die Forschung zu den Risiken und Auswirkungen der Nanotechnologie und hat im Januar 2011 den Aktionsplan Nanotechnologie 2015 verabschiedet, um die Forschung verstärkt

zu unterstützen und die Bürger aufzuklären. Zudem hat die von der Bundesregierung im Jahr 2006 gegründete Nanokommission, in der verschiedene Akteure Chancen und Risiken der Technologie diskutieren und Empfehlungen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Nanomaterialien erarbeiten, im Februar ihren Abschlussbericht vorgelegt. Der Milchindustrie-Verband begrüßt die Förderung der Nanotechnologie-Forschung durch die Bundesregierung. Mögliche Anwendungen im Lebensmittelbereich erfordern eine umfassende Grundlagen- und Risikoforschung zu den Auswirkungen auf Mensch und Umwelt sowie einheitliche Testverfahren.

„Immer kleiner immer effizienter“ Eine rechtsverbindliche Definition für den Begriff Nanotechnologie besteht derzeit noch nicht. Ein möglicher Definitionsansatz ist es, die Nanotechnologie als Sammelbegriff für unterschiedliche in der Physik, Chemie und Biologie angewandte Technologien zu begreifen, die die Erforschung und Verwendung von Partikeln und Strukturen in kleinsten Einheiten (einer Größendimension bis 100 Nanometer1) beinhalten. Allerdings fordert der MIV eine klare Abgrenzung zu natürlichen Partikeln in dieser Größe. Diese müssen außen vor bleiben. Ziel der Nanotechnologie ist die Herstellung von sogenannten Nanopartikeln, durch die, aufgrund ih1 Ein Nanometer entspricht einen Milliardstel Meter

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rer geringen Größe, neue oder verbesserte Produkte entstehen, deren Anwendung insbesondere im Bereich der Energie-, Umwelt- oder Informationstechnik sowie der Medizin liegen.

Einsatz in der Lebensmittelindustrie Auch im Nahrungsmittelbereich gibt es grundsätzliche Relevanz. Nach den vorliegenden Informationen in Deutschland werden nach Information der Bundesregierung bei der Herstellung von Lebensmitteln bisher keine freien Nanopartikel als Zutat eingesetzt. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) sieht Einsatzmöglichkeiten bei der Haltbarkeitsverlängerung und der Färbung von Lebensmitteln. Zudem kann die Verkapselung von Aromateilchen in Nanopartikeln zu einer Aromaentfaltung zum gewünschten Zeitpunkt führen. Im Bereich der Lebensmittel-Bedarfsgegenstände ist die Entwicklung von Verpackungen von Bedeutung, die zu einer verbesserten Haltbarkeit von Lebensmitteln und weniger Abfall führen. So können beispielsweise Nanobeschichtungen die so genannte Barrierewirkung von Verpackungen gegenüber Luft, Feuchtigkeit oder Strahlung verbessern. In der Landwirtschaft könnte Nanotechnologie als Pestizidersatz zur Entlastung der Umwelt beitragen.

Sicherheit für Verbraucher muss dauerhaft gewährleistet sein Die gesundheitliche Unbedenklichkeit ist beim Einsatz der Nanotechnologie Grundvoraussetzung. Mögliche Risiken von synthetisch hergestellten Nanopartikeln für Umwelt und Gesundheit sind bislang jedoch nicht endgültig erforscht. Um die Produkt- und Lebensmittelsicherheit (bei der Anwendung von Nanotechnologie) zu gewährleisten, müssen zudem die allgemeinen und spezifischen nationalen und europäischen lebensmittelrechtlichen Vorgaben beachtet werden. Die deutsche Milchindustrie verfolgt die Forschung und Neuentwicklung auf dem Gebiet der Nanotechnologie mit großem Interesse. In der Debatte zur Nanotechnologie muss jedoch klar zwischen tatsächlichen und vermeintlichen Risiken unterschieden und die Öffentlichkeit frühzeitig und transparent über Chancen und Risiken aufgeklärt werden. Ein sachlicher Dialog zwischen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verbrauchern ist dabei zielführend. Weitere Informationen finden Sie auf der MIV Homepage unter: http://www.milchindustrie.de/de/wissen/ wissenschaft/nanotechnologie/

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Der Milchpolitische Frühschoppen 2011: „Muss man den mündigen Verbraucher vor sich selbst schützen?“

Impressionen vom Milchpolitischen Frühschoppen 2011

Der traditionelle Milchpolitische Frühschoppen des MilchindustrieVerbandes bietet jedes Jahr im Rahmen der Internationalen Grünen Woche Entscheidungsträgern aus Politik, Verbänden und der Milchwirtschaft eine Diskussionsplattform auf hohem Niveau. Die diesjährige Veranstaltung beschäftigte sich mit zukünftigen Herausforderungen des Verbraucherschutzes sowie des Krisenmanagements und bot, vor dem Hintergrund des

jüngsten Lebensmittelskandals, eine spannende Podiumsdiskussion. Auch wenn die deutsche Milchindustrie vom Dioxinskandal nicht betroffen war: Qualitätsmanagement und die Kommunikation mit dem Verbraucher müssen weiter verbessert werden, darin waren sich alle Experten einig.

Der diesjährige Milchpolitische Frühschoppen fand am 25. Januar 2011 in der Bayerischen Landesvertretung Berlin statt. Als Gastgeber begrüßte der Milchindustrie-Verband (MIV) renommierte Podiumsteilnehmer und zahlreiche Gäste aus Politik, Verbänden und Milchwirtschaft. Im Vordergrund der kontroversen, und zugleich produktiven Debatte zum Thema „Muss man den mündigen Verbraucher vor sich selbst schützen?“ stand das Vertrauensverhältnis und die Kommunikation zwischen Verbrauchern und der Wirtschaft.

Links nach rechts: Dr. Karl-Heinz Engel (Vorsitzender MIV), MinDirig´in Heidrun Piwernetz (Leiterin der Bayerischen Vertretung), Prof. Klaus Kocks (CATO), Silke Schwartau (Verbraucherzentrale Hamburg), Christoph Murmann (Lebensmittel Zeitung), Armin Huttenlocher (Fleishman-Hillard)

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Dr. Karl-Heinz Engel, Vorsitzender des MilchindustrieVerbandes

Zum Auftakt der Veranstaltung hob der MIV-Vorsitzende Dr. Karl-Heinz Engel in seiner Ansprache hervor, dass die Milchbranche eine Vorreiterrolle in der Qualitätssicherung einnimmt und ein gut funktionierendes Qualitätsmanagement (QM) entwickelt hat. Nichtsdestotrotz müssten aber die Abläufe auch weiterhin optimiert werden.

den Verantwortlichen Vorsatz unterstellt, um den Fall zu kriminalisieren. Dadurch würde die Verunsicherung beim Verbraucher noch verschärft. Die Entwicklung der letzten Jahre habe zu einer neuen Sichtweise in der öffentlichen Debatte geführt: einer angeblich per se guten Biobranche wird die Industrie als scheinbar grundsätzlich negativen Akteur gegenüber gestellt. Die Rückkehr zum ursprünglichen Zustand („nah“, „klein“, „dezentral“) könne jedoch nicht mit den Ansprüchen und Gegebenheiten des heutigen Konsumverhaltens in Einklang gebracht werden, so der Experte. Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg forderte eine transparente und korrekte Kennzeichnung der Lebensmittel. Sie rief die Milchbranche auf, sämtliche Kommunikationsmöglichkeiten, darunter auch die neuen Medien, auszuschöpfen, um das Vertrauen der Verbraucher nachhaltig zu gewinnen. Den Informationsansprüchen der Kunden gerecht zu werden, müsse oberste

Prof. Dr. Klaus Kocks, CATO Sozietät für Kommunikationsberatung

Im Hinblick auf die gegenwärtige Debatte vertritt Prof. Klaus Kocks von der PR-Agentur CATO die Meinung, dass viele Vorfälle im Lebensmittelbereich künstlich dramatisiert werden: So würden Einzelfälle häufig generalisiert und

Silke Schwartau, Verbraucherzentrale Hamburg

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Priorität haben, so Schwartau. In diesem Zusammenhang betonte die Verbraucherschützerin die Bedeutung der geplanten Internetplattform „Klarheit & Wahrheit“ (www.lebensmittelklarheit.de).

Der MIV-Vorsitzende Dr. Engel zeigte sich zufrieden mit der gut besuchten Veranstaltung sowie der angeregten und gelungenen Diskussion über das Verhältnis zwischen Verbrauchern und Milchindustrie. Der nächste Milchpolitische Frühschoppen wird im Januar 2012 stattfinden.

Armin Huttenlocher, Fleishman-Hillard Germany

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Diskussion war der Einsatz von Kommunikationsstrategien und –maßnahmen. Dazu sprach Armin Huttenlocher von der Agentur Fleishman-Hillard und riet der Milchindustrie zu mehr Gelassenheit und Selbstbewusstsein: Milch als Produkt schaffe alle Voraussetzungen dafür, das positive Image und den guten Ruf der ganzen Branche zu unterstützen. Besonders in krisenfreien Zeiten solle man die Kommunikation offensiver und entschlossener gestalten, wodurch sie eine nachhaltige Wirkung während der Krise entfalten lasse. Es sei wichtig, mehr Gelassenheit und Zusammenhalt in der Krise sowie mehr Entschlossenheit zwischen den Krisen zu zeigen, erklärte der Kommunikationsexperte.

Das Podium des diesjährigen Milchpolitischen Frühschoppens des MIV (von links): Prof. Klaus Kocks (CATO), Dr. Karl-Heinz Engel (Vorsitzender Milchindustrie-Verband), Moderator Christoph Murmann (Lebensmittel Zeitung), Silke Schwartau (Verbraucherzentrale Hamburg), Armin Huttenlocher (Fleishman-Hillard Germany)

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