Herzlich willkommen zur Vorlesung. Pflanzenphysiologie

Herzlich willkommen zur Vorlesung Pflanzenphysiologie 1 Organisatorisches Tutorium Pflanzenphysiologie Am nächsten Mittwoch findet kein Tutorium st...
Author: Barbara Krüger
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Herzlich willkommen zur Vorlesung Pflanzenphysiologie 1

Organisatorisches

Tutorium Pflanzenphysiologie Am nächsten Mittwoch findet kein Tutorium statt. (Terminkollision mit einem Modul-Seminar)

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Wie hat man Komponenten der molekularen Uhr gefunden?

Ein 320 p-Fragment des Promotors eines circadian kontrollierten cabGens wurde mit der LUC-cDNA fusioniert und in Arabidopsis thaliana gebracht: 1. Die Pflanzen bilden die circadiane Rhythmik der Transkription ab 2. Es konnten Mutanten mit einer Veränderung der Rhythmik gesucht und charakterisiert werden: z.B. TOC1

Weiler/Nover, Allgemeine und molekulare Botanik (Plus317.4)

Modell des Oszillators in Arabidopsis Wiederum ein negativer Feedback-Loop:

Der circadiane Rhythmus (d.h. die Dauer von ca. 24 h) kommt durch die Dauer der einzelnen Prozesse (mRNA-Akkumulation etc.) zustande.

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Die molekulare Uhr im Detail Insgesamt sind bisher 3 verschachtelte Regelkreise bekannt. Im Zentrum steht der Regelkreis aus CCA1, LHY und TOC1 (grau unterlegt). TOC1-Abbau wird durch ZTL (Zeitlupe) vermittelt. ZTL wird durch Blaulicht blockiert, arbeitet also nur in der Nacht. Taktgebung erfolgt durch Phytochrom und Cryptochrom: Förderung der Transkription von CCA1 u. LHY (Entrainment).

CCA1 und LHY sind MYB-Transkriptionsfaktoren. ZTL besitzt ein Blaulicht absorbierendes Chromophor und ist ein F-Box-Protein, dass Teil eines E3-Ligase-Komplexes ist (Markierung für Abbau im Proteasom). Weiler/Nover, Allgemeine und molekulare Botanik (17.17)

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Timing ist offensichtlich, aber wie geht das?

Es gibt autonome Regulation, d.h. Steuerung durch ein Entwicklungsprogramm, und Antwort auf Umweltsignale. Letztere kann obligat (qualitativ) oder fakultativ (quantitativ) sein. Welche Umweltsignale sind entscheidend?

Kontrolle des Blühzeitpunkts ist multifaktoriell. Photoperiode und Temperatur sind die beiden wichtigsten Faktoren. Andere sind etwa Lichtqualität (als Anzeiger für Dichte), Nährstoff- und Wasserangebot.

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Die Mechanismen werden aufgeklärt an A. thaliana, einer fakultativen Langtag-Pflanze, die zum Blühen außerdem eine Kältebehandlung benötigt. Gene der Blütenorganidentität haben wir bereits kennengelernt. Abhängig von diesen sind Realisatorgene, welche die Anzahl, Form und Größe der Blütenblätter bestimmen. Gene der Blütenorganidentität werden kontrolliert durch Gene für die Meristemidentität: Spross- oder Blütenmeristem

Weiler/Nover, Allgemeine und molekulare Botanik (18.11)

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Die Entscheidung über den Eintritt in die reproduktive Phase fällt im Sproßmeristem Eine Vielzahl von Veränderungen tritt auf: - Zelldifferenzierung und Musterbildung, die in die Ausbildung von Blütenblättern münden - Herausbildung der Gametophyten: spezialisierte Zellen durchlaufen Meiose, um haploide Megasporen und haploide Mikrosporen zu bilden; anschließende Mitosen

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Die Entscheidung über den Eintritt in die reproduktive Phase fällt im Sprossmeristem Meristemidentitätsgene: Regulatorische Gene, die beteiligt sind am Umschalten auf reproduktive Entwicklung lfy mutant

LFY overexpression

Floral meristem identity genes: z.B. AP2 – LFY - AP1

SAM: shoot apical meristem LP: leaf primordia

LEAFY ist wichtig für die Identität des Blütenmeristems.9

Die Mechanismen werden aufgeklärt an A. thaliana, einer fakultativen Langtag-Pflanze, die zum Blühen außerdem eine Kältebehandlung benötigt. Gene der Blütenorganidentität haben wir bereits kennengelernt. Abhängig von diesen sind Realisatorgene, welche die Anzahl, Form und Größe der Blütenblätter bestimmen. Gene der Blütenorganidentität werden kontrolliert durch Gene für die Meristemidentität: Spross- oder Blütenmeristem Die Integratorebene ist verantwortlich dafür, die relevanten Informationen über die Umwelt und den physiologischen Zustand der Pflanze zu verarbeiten. Weiler/Nover, Allgemeine und molekulare Botanik (18.11)

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Wahrgenommen wird die Tageslänge im reifen Blatt. Ein systemisches Signal löst das Blühen aus: Florigen

Hellgrün: ein Kurztag-Blatt (Kurztag ist induzierend für Perilla). Dunkelgrün: nicht-induzierende Langtage. Ein hellgrünes Blatt gepfropft auf eine Langtag-Pflanze induziert Blüte. Ein dunkelgrünes Blatt gepfropft auf eine Langtag-Pflanze induziert Blüte nicht. Auch das Blütenmeristem induziert kein Blühen einer anderer Pflanze. Das Blühsignal (Florigen) wird im Blatt produziert und über das Phloem zum Meristem transportiert.

Perilla, Pfropfungsexperimente

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Wie wirken circadiane Rhythmik und Licht zusammen, um Tageslänge zu messen? Oder: wie misst man mit einem 24 h-Oszillator eine Nachtlänge von 8 h?

Das Koinzidenz-Modell Die mRNA-Expression eines wichtigen Regulators folgt einem circadianen Rhythmus (CONSTANS, CO). Die Aktivierung eines Blühgens (FT) erfordert Licht zu einer Zeit, zu der der Regulator hohe Genexpression zeigt. Nur dann wird das Regulator-Protein gebildet und kann die Expression des Blühgens auslösen. Das aktivierende Licht wird durch Blaulicht- und Rotlicht-Rezeptoren (PhyA, Cry) wahrgenommen. 12 Taiz/Zeiger, Plant Physiology

Wie und welche Signale erreichen das Sprossmeristem und lösen das Umschalten auf reproduktives Wachstum aus? Der Stimulus wird über das Phloem transportiert. Kleine Moleküle, die das Blühen auslösen, wurden allerdings im Phloem nie gefunden. Heutige Theorie: das FT Protein wird im Blatt bei Vorliegen der richtigen Umweltbedingungen gebildet und bewegt sich im Phloem zum Sprossapikalmeristem.

13 Taiz/Zeiger, Plant Physiology (25.33)

Wie und welche Signale erreichen das Sprossmeristem und lösen das Umschalten auf reproduktives Wachstum aus? Der Stimulus wird über das Phloem transportiert. Kleine Moleküle, die das Blühen auslösen, wurden allerdings im Phloem nie gefunden. Heutige Theorie: das FT Protein wird im Blatt bei Vorliegen der richtigen Umweltbedingungen gebildet und bewegt sich im Phloem zum Sprossapikalmeristem. Dort löst es durch Interaktion mit dem Transkriptionsfaktor FD die Aktivierung von Genen der Meristemidentitätsebene (Apetala 1) aus.

14 Wigge (2011) Current Biology

Die Mechanismen werden aufgeklärt an A. thaliana, einer fakultativen Langtag-Pflanze, die zum Blühen außerdem eine Kältebehandlung benötigt. Gene der Blütenorganidentität haben wir bereits kennengelernt. Abhängig von diesen sind Realisatorgene, welche die Anzahl, Form und Größe der Blütenblätter bestimmen. Gene der Blütenorganidentität werden kontrolliert durch Gene für die Meristemidentität: Spross- oder Blütenmeristem Die Integratorebene ist verantwortlich dafür, die relevanten Informationen über die Umwelt und den physiologischen Zustand der Pflanze zu verarbeiten. Weiler/Nover, Allgemeine und molekulare Botanik (18.11)

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Gibberellin-Wirkungen

Förderung der Internodienstreckung (Zellteilung u. Zellstreckung) Förderung von Samenentwicklung und Samenkeimung (Aufhebung der Dormanz) Beteiligung an der Blühinduktion Förderung der Fruchtentwicklung (Parthenokarpie = Fruchtentwicklung ohne Samenbildung)

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Die Mechanismen werden aufgeklärt an A. thaliana, einer fakultativen Langtag-Pflanze, die zum Blühen außerdem eine Kältebehandlung benötigt. Gene der Blütenorganidentität haben wir bereits kennengelernt. Abhängig von diesen sind Realisatorgene, welche die Anzahl, Form und Größe der Blütenblätter bestimmen. Gene der Blütenorganidentität werden kontrolliert durch Gene für die Meristemidentität: Spross- oder Blütenmeristem Die Integratorebene ist verantwortlich dafür, die relevanten Informationen über die Umwelt und den physiologischen Zustand der Pflanze zu verarbeiten. Weiler/Nover, Allgemeine und molekulare Botanik (18.11)

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Kontrolle des Blühzeitpunkts durch die Temperatur

Vernalisation = Förderung des Blühens durch die Kältebehandlung von gequollenen Samen. (Zu unterschieden von der Stratifikation!)

Das Alter von Pflanzen, das erreicht werden muss, um sensitiv zu sein für den Vernalisationsreiz, variiert sehr stark. Wintergetreide z.B. (generell: Winterannuelle) sind schon nach Quellung des Samens sensitiv. Zweijährige Pflanzen dagegen müssen z.B. erst eine Blattrosette ausgebildet haben (jedenfalls eine bestimmte Größe erreicht haben), bevor Kältebehandlung wirkt.

Strasburger, Lehrbuch der Botanik

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Kontrolle des Blühzeitpunkts durch die Temperatur

Ebenso variiert die Dauer der für die Vernalisation nötigen Kälteperiode von Art zu Art und selbst innerartlich (Ökotypen). Vernalisation kann rückgängig gemacht werden (=Devernalisation) durch hohe Temperaturen. Reversibilität der Vernalisation nimmt allerdings mit der Dauer der Kälteperiode ab. Kälteeffekt nimmt also mit der Dauer zu. Vernalisation führt dazu, dass das Sprossmeristem die Kompetenz zur Blühinduktion erhält. Taiz/Zeiger, Plant Physiology

Häufig ist die Blühinduktion abhängig von Vernalisation und Photoperiode, also z.B.: Kälte, dann länger werdende Tage

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Ein Gedächtnis für Kälte Klassische Experimente hatten gezeigt, dass der vernalisierte Zustand mitotisch stabil ist:

An einer Langtagpflanze, die zum Blühen außerdem Kältebehandlung benötigt, konnte gezeigt werden, dass diese nach Vernalisation auch dann im Langtag blüht, wenn sie nach Vernalisation Monate lang im Kurztag gehalten wurde. Es wurde also ein „Gedächtnis“ des Kältereizes bewahrt. Außerdem konnte gezeigt werden, dass der vernalisierte Zustand stabil bleibt, wenn aus 20 kältebehandelten Zellen ganze Pflanzen regeneriert werden.

Winterannuelle Ökotypen von Arabidopsis thaliana

Diese benötigen eine lange Kälteperiode bevor sie blühen können:

Taiz/Zeiger, Plant Physiology (25.26

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Kontrolle des Blühzeitpunkts durch die Temperatur

In winterannuellen Ökotypen von A. thaliana ist ein wesentlicher Faktor identifiziert worden: FLOWERING LOCUS C (FLC) (ein gutes Beispiel dafür, wie die genetische Analyse von Ökotypen zu Erkenntnis führt)

FLC ist in nicht-vernalisierten Sprossmeristemen stark exprimiert. Nach Kältebehandlung wird FLC epigenetisch abgeschaltet, d.h. die Abschaltung wird an Tochterzellen weitergegeben. Die Abschaltung entfernt die reprimierende Wirkung von FLC auf die Integratorebene. Die epigenetische Abschaltung passiert unter Beteiligung von Chromatin-Remodellierung: Am FLC-Lokus wird aus Euchromatin Heterochromatin durch Histonmodifikation. 22

Taiz/Zeiger, Plant Physiology

Vernalisation: ein Langzeitgedächtnis für Kälte

Vernalisation: Ein kurzer Kälteschock reicht nicht aus. Das Gedächtnis besteht in epigenetischen Veränderungen: Heterochromatinisierung am FLC Locus Die offene Konformation des Chromatins am FLC Lokus, welche Transkription durch die RNAPolymerase II erlaubt, wird durch Veränderungen an Histonproteinen (Deacetylierung und Demethylierung von Lysin-Resten) erreicht. Sommerannuelle Ökotypen von A. thaliana wie Columbia und Landsberg tragen Mutationen im FRI-Gen, dass FLC-Expression stimuliert oder im FLC-Gen selbst. Veränderungen in einem Gen sind also in diesem Falle ausreichend, um das Verhalten der Pflanze maßgeblich zu verändern – und damit die Adaptation an bestimmte Habitatbedingungen zu erreichen.

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Vegetative Phase: FRI FLC

SOC1, FD/FT

Die beiden Labor-Accessions Col und Ler sind frühblühend. Beide tragen ein defektes FRI-Allel (Deletionen treten auf):

Generative Phase: FRI

FLC

SOC1, FD/FT

Vernalisation Blühinduktion

Sommerannuelle Ökotypen von A. thaliana wie Columbia und Landsberg tragen Mutationen im FRI-Gen, dass FLCExpression stimuliert, oder im FLC-Gen selbst. Veränderungen in einem Gen sind also in diesem Falle ausreichend, um das Verhalten der Pflanze maßgeblich zu verändern und Anpassung an ein bestimmtes Habitat zu ermöglichen.

Frühes Blühen evolvierte anscheinend mindestens zweimal unabhängig durch Mutationen in FRI. Die Ler- und Col-Allele wurden auch in anderen frühblühenden Accessions gefunden.

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Die Mechanismen werden aufgeklärt an A. thaliana, einer fakultativen Langtag-Pflanze, die zum Blühen außerdem eine Kältebehandlung benötigt. Gene der Blütenorganidentität haben wir bereits kennengelernt. Abhängig von diesen sind Realisatorgene, welche die Anzahl, Form und Größe der Blütenblätter bestimmen. Gene der Blütenorganidentität werden kontrolliert durch Gene für die Meristemidentität: Spross- oder Blütenmeristem Die Integratorebene ist verantwortlich dafür, die relevanten Informationen über die Umwelt und den physiologischen Zustand der Pflanze zu verarbeiten. Weiler/Nover, Allgemeine und molekulare Botanik (18.11)

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1. Photorezeptoren und ihre Interaktion mit der circadianen Uhr initiieren einen Weg, der zur Expression von CO in PhloemGeleitzellen führt. CO aktiviert FT-Expression im Phloem. FT-Interaktion im Komplex mit FD aktiviert Zielgene wie LFY, AP1, SOC1, welche dann homöotische Gene anschalten. 2. Vernalisation inaktiviert FLC, einen Inhibitor von SOC1 3. Der Saccharose-Weg zeigt den metabolischen Status der Pflanze an. 4. Das Phytohormon Gibberellin kann das Blühen auch unter nicht-induzierenden Bedingungen auslösen. Ein Schlüsselgen ist SOC1 (auf der Integratorebene), auf das alle Wege einwirken.

Die Existenz mehrerer Wege erlaubt, verschiedene Umwelteinflüsse zu integrieren. 26 Taiz/Zeiger, Plant Physiology

Block 1: Entwicklungsphysiologie

Betrachtung der einzelnen Entwicklungsschritte, Unterscheidung von stark determinierten und wesentlich umweltbeeinflussten Prozessen Samenkeimung, Photomorphogenese, Entwicklungssteuerung durch Licht Wachstum: Regulation der Zellteilung (Zellzyklus), Zellstreckung Ausbildung der Gestalt: Verzweigungen, Formen Umschalten von vegetativer zu regenerativer Entwicklung: Blühinduktion Bestäubung und Befruchtung, Selbstinkompatibilität, Embryogenese, Samenreifung Seneszenz, programmierter Zelltod: z.B. Blattfall (Abscission), Xylementstehung Bewegungen: Tropismen, Nastien Entwicklungssteuerung durch Hormone Entwicklungssteuerung durch Umweltfaktoren: Licht; Photoperiode; Temperatur; Circadiane Rhythmik

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Bestäubung und Befruchtung, Selbstinkompatibilität

1. Bestäubung (Pollination), Wachstum des Pollenschlauchs 2. Selbstinkompatibilität

28 Weiler/Nover, Allgemeine und molekulare Botanik (14.17)

Pollenschlauchwachstum Auf dem Stigma (der Narbe) gelandeter (1) Pollen hydriert (2). Die vegetative Zelle des männlichen Gametophyten wächst zu einem Pollenschlauch aus (3), um die beiden Spermazellen zum Embryosack zu bringen.

Die Wachstumsgeschwindigkeit kann bis zu 10 µm pro Minute betragen.

Weiler/Nover, Allgemeine und molekulare Botanik (18.16)

29 Buchanan, Gruissem Jones, Biochemistry & Molecular Biology of Plants, 19.29

Selbstbefruchtung - Fremdbefruchtung Wenn die homologen Chromosomen praktisch identisch sind, spricht man von Homozygotie. Zeigen die homologen Chromosomen Unterschiede, d.h. tragen sie meist zwei Varianten (=Allele) eines Gens, so spricht man von Heterozygotie. Homozygotie tritt bei Selbstbefruchtern auf, Fremdbefruchter sind in der Regel heterozygot.

Selbstbefruchtung reduziert die genetische Diversität, weil Neukombination von Allelen verhindert wird. Dennoch tragen ca. 70 % aller Angiospermen zwittrige Blüten. Häufig wird Selbstbefruchtung durch Selbstinkompatibilität verhindert (außerdem gibt es Mechanismen wie „Vormännlichkeit“ oder „Vorweiblichkeit“). Selbstinkompatibilität ist in ca. 50 % der bisher untersuchten Blütenpflanzen gefunden worden und mehrfach unabhängig im Laufe der Evolution entstanden. (Nach Darwin „one of the most surprising facts which I have ever observed“)

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Selbstinkompatibilität = Unterscheidung von Selbst und Nicht-Selbst Die Verhinderung der Befruchtung durch Pollen von derselben Pflanze. Verantwortlich ist ein Locus (S Locus) mit zahlreichen Allelen. Der Locus enthält zwei Gene. Die Allele müssen verschieden sein in ♂ und ♀. Der S Locus ist hochpolymorph, d.h. es existieren jeweils sehr viele Allele für die beiden Gene.

31 Weiler/Nover, Allgemeine und molekulare Botanik (18.18)

Selbstinkompatibilität = Unterscheidung von Selbst und Nicht-Selbst Die Verhinderung der Befruchtung durch Pollen von derselben Pflanze. Verantwortlich ist ein Locus (S Locus) mit zahlreichen Allelen. Die Allele müssen verschieden sein in ♂ und ♀.

Man unterscheidet 1. Gametische Selbstinkompatibilität (GSI): der Genotyp des haploiden Pollenkorns entscheidet. Inkompatibilität tritt auf, wenn das Allel des Pollenkorns einem der Allele des (diploiden) Griffels entspricht. (Z.B. Rosaceae, Fabaceae, Solanaceae)

2. Sporophytische Selbstinkompatibilität (SSI): der Genotyp des das Pollenkorn hervorbringenden diploiden Sporophyten entscheidet. Inkompatibilität tritt auf, wenn eines der Allele des Pollenkorns einem der Allele im Griffel entspricht. (Z.B. Brassicaceae, Asteraceae) 32 Buchanan, Gruissem Jones, Biochemistry & Molecular Biology of Plants, 19.32

Selbstinkompatibilität Pollen und Stigma interagieren (z.B. über Rezeptor-Liganden-Wechselwirkung) oder Pollenschlauch und Griffelgewebe imteragieren. Erkennung von „Selbst“ führt zum Abbruch des Pollenschlauchwachstums. Bei der gametophytischen Selbstinkompatibilität produziert das Pollen-Gewebe selbst die entscheidenden Proteine, bei der sporophytischen ist es das diploide Antherengewebe.

33 Buchanan, Gruissem Jones, Biochemistry & Molecular Biology of Plants, 19.33

Sporophytische Selbstinkompatibilität der Brassicaceae Liganden-Rezeptor-Interaktion in Vertretern der Brassicaceae: Die SCR-Liganden sitzen auf der Pollenoberfläche (und sind vom Sporophyten gebildet worden – 2 Allele), Erkennung durch den entsprechenden Rezeptor in der Plasmamembran von Stigma-Zellen führt zur Inhibierung des Pollens.

Die Narbe exprimiert in diesem Beispiel die Rezeptorkinasen SRK2 und SRK3, welche die vom Sporophyten des Pollen gebildeten Liganden SCR2 und SCR3 erkennen. SCR2 ist hier tatsächlich vorhanden. Ligandenerkennung führt zur Ablösung von Thioredoxin (TH), Phosphorylierung des Rezeptors und Abbau eines (noch unbekannten) Aktivatorproteins (AP), dass für die Pollenentwicklung notwendig ist. Der Abbau wird vermittelt durch ARC1, welches Teil einer E3-Ligase ist. 34 Weiler/Nover, Allgemeine und molekulare Botanik (18.19)

Mechanismen der gametophytischen Selbstinkompatibilität (GSI ist weiter verbreitet als SSI)

Weiler/Nover, Allgemeine und molekulare Botanik (18.20)

a/b In den Pollenschlauch aufgenommene RNasen werden im Falle der Kompatibilität durch einen Ubiquitin-E3-Ligase-Komplex abgebaut, die mRNA des Pollens bleibt intakt. 35

Mechanismen der gametophytischen Selbstinkompatibilität (GSI ist weiter verbreitet als SSI)

Weiler/Nover, Allgemeine und molekulare Botanik (18.20)

c Der männliche Gametophyt bildet einen Rezeptor, der weibliche Sporophyt zwei Liganden. Erkennung führt zum Ca2+-Einstrom, der das für das Spitzenwachstum unverzichtbare Cytoskelett stört und schließlich zum Zelltod führt. 36

Selbstkompatibilität Arabidopsis thaliana ist im Gegensatz zu den meisten Vertretern der Brassicaceae selbstkompatibel (einer der Gründe für die Eignung als Modellsystem). In Arabidopsis thaliana sind die S-Gene nicht aktiv. Selbstkompatibilität evolvierte vor ca. 1 Million Jahren. Selbstkompatibilität kann ein Vorteil sein für Pionierpflanzen, da eine im neuen Habitat erfolgreiche Allelkombination sich schnell ausbreitet und fixiert wird. Auch an Standorten, die arm an Insekten sind, kann Selbstkompatibilität ein Vorteil sein. 37