Geschichte der Gastronomie

Geschichte der Gastronomie Taverne im Mittelalter Taverne (von lat. taberna: Hütte/Laden/(Schau)-bude/ Gasthaus, dann auch taberna publica) oder Tave...
Author: Ella Müller
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Geschichte der Gastronomie Taverne im Mittelalter

Taverne (von lat. taberna: Hütte/Laden/(Schau)-bude/ Gasthaus, dann auch taberna publica) oder Tavernwirtschaft sind alte Bezeichnungen für eine Gaststätte. Der Wirt einer Taverne oder Tafernwirtschaft, Taverner oder Tafernwirt genannt, hatte in früheren Zeiten das Tafernrecht inne. Dieses Recht, in etwa mit der heutigen Gaststättenkonzession vergleichbar, wurde vom Landesherrn verliehen und beinhaltete verschiedene Privilegien. Danach hatte der Wirt einer Tavernenwirtschaft, einer sogenannten „vollkommenen Wirtschaft“, nicht nur das öffentliche Schank- bzw. Krugrecht, das Herbergs- und Gastrecht sowie die Fremdenstallung (die Versorgung und das Unterstellen der Zug- und Reittiere), sondern er durfte auch Verlöbnismähler (Häftlwein), Hochzeiten, Stuhlfeste, Tauf- und sonstige festliche Mähler ausrichten. Der Wirt durfte Bier, Wein und Branntwein ausschenken. Mit Wein wurden früher Rechtsgeschäfte betrunken. Daran erinnert heute noch der Weinkelch im Zunftschild. Zum Tafernrecht gehörte auch das Braurecht, das Brennrecht und die Backgerechtigkeit, also das Recht, einen Backofen anzulegen und Brot zu backen. Eine Tavernenwirtschaft musste wandernde Handwerksgesellen gegen Geld oder handwerkliche Gegenleistungen beherbergen, sie hatte also eine soziale Verpflichtung. Ferner wurde bei Todesfällen der Leichenschmaus in der Taverne abgehalten sowie die Nachlassverhandlung geführt. War kein Amtshaus vorhanden, fanden dort auch Gerichtsverhandlungen statt (Erbgericht). Die Taverne war der kommunale Mittelpunkt in weltlichen Angelegenheiten der Bewohner des Dorfes. Es ist davon auszugehen, dass es in den meisten thurgauischen Dörfern nur eine Taverne gab.

„Bauernhochzeit“ von Pieter Brueghel d.Ä. So dürfte es auch in unseren mittelalterlichen Tavernen zugegangen sein. 1

Schenkwirtschaft

Ein Wirt ohne Tavernenrecht war lediglich Zapfwirt. Er betrieb eine Schenke (Schenkwirtschaft). Die Bezeichnung ist eine Verkürzung des Begriffs Kneipschenke, die bereits im 18. Jahrhundert existierte. Dabei handelte es sich um Räumlichkeiten, die so eng waren, dass die Gäste zusammengedrückt sitzen mussten. Der Begriff „kneipen“ für dieses Zusammendrücken stammt vom Mittelhochdeutschen Wort knipen (eine andere Form davon ist kneifen).

Ein Ergebnis der Revolution?

Vor der Revolution gab es in Paris weniger als hundert Restaurants, aber schon um 1800 waren es etwa 500 bis 600. Es wurde Sitte, dass sich zugezogene Abgeordnete, die oft wenig repräsentativ wohnten, und wohlhabend gewordene Bürger zu geschäftlichen Besprechungen und privaten Verabredungen im Restaurant trafen. Die Pariser Restaurants wurden mehrheitlich von Köchen und deren Brigaden betrieben. Diese machten sich selbstständig, nachdem ihre adligen Arbeitgeber ins Ausland geflohen waren. Sie behielten den gehobenen Kochstil bei und machten diesen den Bürgerlichen zugänglich. So wurde die Haute Cuisine durch die Restaurants zur sogenannten Grande Cuisine. Das Neue der Restaurants, im Unterschied zu den vorher verbreiteten Speisegaststätten, war das Platzieren der Gäste an Einzeltischen und ein Speiseangebot à la carte durch Einführung der Speisekarte und warme Küche nahezu rund um die Uhr. Das Restaurant bot den Service der individuellen Bedienung. In den normalen Gaststätten gab es zu dieser Zeit keine freie Menüwahl, sondern nur ein Tagesmenü zum Festpreis. In anderen europäischen Ländern und in den USA wurde das „Restaurant“-Konzept mit freier Menüwahl erst im späten 19. Jahrhundert einge-

Thurgauisches Recht

Auch im Thurgau blieb das Recht, eine Tavernenwirtschaft oder Schenkwirtschaft zu genehmigen, bis ins 19. Jahrhundert ein „Willkürakt“ der Obrigkeit - wer immer das auch war. Es herrschte zwar die - ungeschriebene - Regel vor, dass eine dörfliche Einheit Anspruch auf eine Taverne habe bzw. nur eine Taverne für ein Dorf zu bewilligen sei. Doch gab es keine Regel ohne Ausnahmen. Das Recht, eine Gaststätte zu führen, gehörte zu den Ehaften, ein unter dem Feudalrecht entwickeltes Realgewerberecht, das an bestimmte Häuser oder Einrichtungen gebunden war. In seiner Herrschaft hatte der Grundherr das Recht,

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Ehaften zu errichten mit einem Einzugsgebiet, in welchem er Konkurrenz verbieten und Hörige zur Benützung der Ehaften zwingen konnte. Zur Betreibung der Ehafte verlieh er sie an Berufsleute. Dieses Lehen ging im Erbfall an deren Familien weiter, was aber der Zustimmung des Lehengebers bedurfte. Ehaften waren in der Regel Wasserwerke (u.a. Getreide-, Papier- und Pulvermühlen) sowie Betriebe mit Feuerrecht (Giessereien, Huf-, Sensen- und Hammerschmieden). Zu den Einrichtungen mit Sonderrechten gehörten im Mittelalter mit Ehaften ausgestattet die Tavernen, Backhäuser und Trotten, in den Städten ergänzt durch öffentliche Bäder, Bäckereien, Metzgereien, Gerbereien und Färbereien. Betriebe mit Ehaften gab es in Ermatingen einige, welche auch unter der Herrschaft der Eidgenossen weitergeführt wurden und bis weit ins 19. Jahrhundert bestanden. Erst die neue Bundesverfassung von 1874 brachte die allgemeine Handels- und Gewerbefreiheit und damit die endgültige Abschaffung der Ehaften als Realrecht. Im Thurgau dauerte es bis 1880, bis per Volksabstimmung das erste Gesetz über den Wirtschaftsbetrieb knapp angenommen wurde. Mit diesem Gesetz erfolgte die Einführung der Bedürfnisklausel; künftig durften Patente für Gastbetriebe mit Alkoholausschank nur in einem festgelegten Verhältnis zur Einwohnerzahl erteilt werden. Zuständig dafür war das Bezirksamt auf Antrag der Gemeindebehörde. Da der Grundsatz der Besitzstandwahrung galt, war in Ermatingen bis zur Aufhebung der Bedürfnisklausel der Bestand an Gaststätten weit über dem errechneten Bedürfnis, womit neue Wirtschaften kaum Aussicht auf ein Patent hatten. 1890 folgte ein Gesetz über die öffentliche Gesundheitspflege und die Lebensmittelpolizei, dem auch Gaststätten unterstellt waren; 1892 erfolgte die Wiedereinführung der Biertaxe und im Jahr darauf die Besteuerung der Bierwirtschaften. Am 14. Oktober 1900 hiessen die thurgauischen Stimmberechtigten das Gesetz über die Unvereinbarkeit von Wirtschaftsbetrieben mit gewissen Beamtungen gut. Damit war es erstmals den Kreis- und Gemeindebeamten nicht mehr möglich, als Nebenerwerb eine Gastwirtschaft zu führen, die auch als Kanzlei genutzt wurde. Gemeindeammänner und Notare waren zuvor nicht selten auch Wirte, was sehr bemängelt wurde. Erst 1996 verzichtete das neue Gesetz über das Gastgewerbe und den Handel mit alkoholhaltigen Getränken auf die Verhältnisklausel. Wurde im Liegenschaftenhandel zuvor mit dem Privileg einer Gastwirtschaft noch ein Mehrwert realisiert, so sind die Verhältnisse heute meist umgekehrt: Wirtschaften weichen nicht selten neuen Verwendungszwecken gewerblicher Natur oder werden zu reinen Wohnbauten.

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Gastbetriebe in Ermatingen Tavernen/Hotels

Postkarte des Adlers 1906

Adler

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Der Adler gehört zu den ältesten und bekanntesten Gasthäusern des Kantons Thurgau. Das Haus wurde wahrscheinlich im 16. Jahrhundert erbaut. Als erster Adlerwirt kann der Bürgermeister Conrat Amman nachgewiesen werden. Er wird erwähnt im Jahr 1590. Von daher ist nicht auszuschliessen, dass das Haus schon im Mittelalter bestand; im Schwabenkrieg im Jahr 1499 niedergebrannt und dann wieder aufgebaut wurde. Im Jahr 1825 wurde der Taverne Adler die Ehafte bestätigt. Im Gegensatz zur Schenkwirtschaft durften in einer Taverne die Gäste auch beherbergt werden. Diese Ehafte wurde im jungen Kanton Thurgau vom Regierungsrat sehr zurückhaltend vergeben. Am Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts konnten im Adler ungefähr 100 Gäste beherbergt werden - in den Dépendencen Alte Oele, im Seefeld und in einem unterhalb des Seefeldes stehenden Chalet sowie im Schloss Hard. Von 1904 bis 1950 war das Haus im Besitz von Elise Heer aus Töss. Elise Maurer-Heer darf als legendäre Adlerwirtin und Soldatenmutter während zwei Weltkriegen bezeichnet werden. Ihr Nachfolger war Herrmann Gottfried Grauf-Bucher, der 1962 starb. In

Postkarte des Adlers 1932

den nachfolgenden 11 Jahren wechselte der Patentinhaber fünf Mal, bevor Herbert Albert 1975 den Beherbergungsbetrieb mit Alkoholausschank (so die Patentbezeichnung) übernahm. Mit Thomas Albert steht inzwischen die zweite Generation der Alberts in der Verantwortung für das Wohl der Gäste.

Dépandence des Adlers (heute steht an diesem Platz der „Ermatingerhof“

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Ebenfalls Dépendence des Adlers, die Villa Seefeld

Schloss Hard

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Das Schloss Hard hat seine glanzvollsten Jahre nicht der Gastronomie zu verdanken. Die am südlichen Rand des Dorfes gelegene Burg war ein Lehen des Klosters Reichenau und wird 1252 erstmals als Besitz der Familie Ott(o) auf dem Harde erwähnt. Dieses Geschlecht ist seit 1389 ausgestorben. Mit der Übernahme des Besitzes durch das Konstanzer Geschlecht der Muntprat erhielt das Hard

1427 den Status eines Freisitzes. Vom 15. bis 16. Jh. lag die Herrschaft mit der niederen Gerichtsbarkeit über Hattenhausen und Hefenhausen (im Kondominat mit der Herrschaft Salenstein) in den Händen der Konstanzer Fam. Muntprat von Spiegelberg. Durch Heirat kam das Hard 1621 an die Freiherren von Breitenlandenberg und 1720 an Daniel Hermann Zollikofer. 1720-34 erfolgte der Neubau des Schlosses. Zollikofer half der Gemeinde Ermatingen in den Hungerjahren 1816/1817 mit Geld und Naturalien, verkaufte allerdings das Schloss 1821. Nach der Aufhebung der Herrschaft 1798 erfuhr das Hard im 19. und 20. Jh. einige Besitzerwechsel und Umgestaltungen: Unter General Lindsay erlebte es nochmals eine grosse Blüte, 1848 baute es Georges F. Thomas zu einem wahren Fürstenhof aus. Danach wurde es Kurhaus (u.a. Sanatorium für Alkoholkranke), Dépendence des Adlers, eigenständige Taverne (1911 bis 1916), 1928 Arbeiterinnenheim, ab 1946 Mietshaus, Gastarbeiterunterkunft, und fiel verwahrlost 1982 dem Abbruch zum Opfer.

Schloss Wolfsberg

Der Wolfsberg hat seinen Namen von seinem Erbauer Junker Wolf Walter von Gryffenberg, genannt Weerli, aus Frauenfeld, der 1591 ein festes Haus baute. Schon 1595 musste er die Besitzung veräussern an Johann Friedrich Gelderich von Siegmarshofen. Dieser erreichte von den 7

Postkartenwerbung des Wolfsberg um 1900 mit Erlebnisgastronomie: Altdeutsche Trinkstube.

acht alten Orten, dass das Schloss zum Freisitz mit einer illusorischen Gerichtsbarkeit erklärt wurde. Im Jahr 1732 wurde das Hauptgebäude unter Junker Johannes Zollikofer von Altenklingen umfassend im Barockstil umgebaut und fortan als Sommerresidenz genutzt. An der Wende zum 19. Jahrhundert liess der damalige Besitzer, Baron Jean Jacques von Högger, das heutige Parquinhaus als Gästehaus errichten. Unter Charles Parquin, einem Bonapartisten, der dem Hof von Ex-Königin Hortense auf dem benachbarten Schloss Arenenberg nahe stand, wurde der Wolfsberg zur ersten Fremdenpension im Kanton Thurgau umgebaut. 1970 erwarb die UBS das Schlossgut und gestaltete es zu einem Konferenz-, Begegnungs- und Kommunikationszentrum für den Konzern um. 1975 wurden das neu erbaute Zentrum sowie die vollständig renovierten historischen Gebäude dem Betrieb übergeben. Selbst wenn der Wolfsberg heute in Ermatingen die meisten Gäste beherbergt, so ist seit 1997 mit Einführung des neuen Gastgewerbegesetzes kein Patent als Beherbergungsbetrieb mehr erforderlich; es genügt eine gesundheitspolizeiliche Betriebsbewilligung.

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Lilienberg

Villa Lilienberg in einer alten Aufnahme (Fundus Denkmalpflege)

Der Lilienberg, hervorgegangen aus einem stattlichen Familiensitz, ist ebenfalls ein Bildungszentrum und damit ein sehr aktiver Beherbergungsbetrieb. Auch für die Stiftung Lilienberg braucht es kein Patent sondern lediglich eine gesundheitspolizeiliche Betriebsbewilligung. Die kantonale Denkmalpflege, welche die Villa als besonders wertvoll klassiert, schreibt in ihrem Inventar: Am 13. Oktober 1837 erhielt die Gräfin Caroline von Waldau (Waldow) das Niederlassungsrecht in Ermatingen. Sie kaufte noch im gleichen Jahr das so genannte Breitengut, auf dem ein bäuerliches Anwesen stand. Auf dem westlichen Lankenberg liess die Gräfin 1839/40 die Villa Lilienberg samt Parkanlage bauen - angeblich durch einen korsischen Architekten. 1846 kam noch ein Ökonomiegebäude (Remise und Stallung) dazu. 1848 ging das gesamte Anwesen an Freifrau Barbara (Bettina?) von Fingerlin geborene von Mumb, 1848 in dritter Ehe verheiratet mit Marquis Giovanni Battista Zappi von Bologna. Diese liess um 1850 beim Lilienberg ein Treibhaus mit Wohnzimmer erstellen. 1861 kaufte der belgische Graf Livius Caimo das Anwesen. Er verkaufte es 1871 an den Kaufmann und gelernten Rouleauxmaler Alwin Bion von St. Gallen (*1827, +1890), der die Liegenschaft teilte und vor 1875 etwa 200 m südlich des Lilienbergs anstelle des Bauernhofs die Villa Breitenstein erbaute. Der Lilienberg wurde 1891 an Kaspar Pfeiffer von Rottweil und von diesem 1897 an die Gebrüder Volkart verkauft. 1938 ging der Sitz an Werner Reinhart, der Gebäude und Park renovierte. Nachdem 1951 Oscar Reinhart Besitzer geworden war, liess er in Zusammenarbeit mit Heinz A. Schellenberg und Fredy Klauser den Park mit einem „römischen“ Schwimmbad, einem Pavillon an erhöhter Lage, und einem Springbrunnen mit Skulpturen - unter anderem von Hermann Haller - ausstatten. 1972 erwarb Paul Bigliardi das Anwesen und gab der Frauenfelder Architektin Susi Müller den Auftrag zu einer Renovation des Hauptgebäudes. 1985 kauften Walter und Lotti Reist den Lilienberg und liessen ihn 1988 nach Plänen von 9

Esther und Rudolf Guyer zu einem Ausbildungszentrum erweitern (Restaurierung der Villa und des Gärtnerhauses, Neubau der Remise nach altem Erscheinungsbild, Abbruch des Bades, gestaffelte Neubautrakte östlich und westlich der Altbauten); Gartenarchitekt Fredy Klauser, Rorschach. Die klassizistische Villa steht am Nordrand einer Parkterrasse mit Blick auf den See. Der wohlgeformte Baublock zu 3x2 Achsen hat ein Souterrain, ein Hochparterre, ein Mezzaningeschoss und ein äusserst flaches Walmdach. Seine Fassaden sind von ausgewogener Symmetrie und nach den Proportionen des Goldenen Schnittes durchkomponiert. Das Sockelband und das hochgeschobene Stockwerkgesims lassen Souterrain und Mezzaningeschoss gleich hoch und das Hauptgeschoss dreimal höher erscheinen. Die Längsseiten haben einen flachen dreiachsigen Mittelrisalit und einachsige Flanken; die Fensteröffnungen sind zentriert (Ausnahme: Flanken der Rückfassade). Die verputzten Fassaden haben eine solide Sandsteininstrumentierung mit fein bearbeiteten Brustfeldern unter den Fenstern. Das Innere vereinigt neue Elemente verschiedener Epochen mit Teilen der ursprünglichen Raumdisposition (Längskorridor in Hausmitte) und Ausstattung (Tafelparkett-Böden, Stuckprofile, Treppe zum Obergeschoss). Im Gartensaal (Erdgeschoss, Mitte) Turmofen mit hellgrau glasierten Kacheln und schwarz gemalten Empire-Motiven, um 1800. Im Obergeschoss weiss glasierter Kastenofen klassizistischer Prägung.

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Hecht vor 1950

Postkarte des „Hecht“ 1906

Stedi mit Hecht und Krone auf einer Postkarte von 1902 (rechts Ausschnitt)

Seit 1830 war der „Hecht“ im Gredhaus an der Stedi eingemietet. Mit dem Aufkommen der Dampfschifffahrt wurde der „Hecht“ mit seiner Gartenwirtschaft direkt am Landungssteg zu einem sehr beliebten Ausflugsziel. Im Gredhaus war auch die Zollstation untergebracht. Alfred Seger verliess diesen Standort und übernahm den „Heimgarten“ – und mit ihm wechselte auch der Namen dieses Hauses in „Hecht“. 11

Heimgarten Hecht

Als „Heimgarten“ erbaut ist das stattliche Haus an der Schiffländestrasse seit 1952 das Gasthaus „Hecht“.

Heinrich Bügler erstellte 1896 an der Schiffländestrasse die Taverne „Heimgarten“ und führte sie bis 1928, für einige Monate gefolgt von seinem Sohn. Pauline Bügler übernahm die Verantwortung 1928, verzichtete jedoch 1931 auf das Patent zugunsten von Margrit Bügler, die bis zum Dezember 1950 die Wirtschaft führte. Alfred Seger, der zuvor das Gasthaus Hecht auf dem Stad geführt hatte, übernahm den „Heimgarten“. Mit ihm wechselte auch der Name, denn seit Ende Februar 1952 ist es nun der „Hecht“ an neuem Standort. Zwischen 1950 und 1967 nur noch als Schenkwirtschaft geführt, erlebte die Gaststätte sechs Patentinhaber, bis Karl Bischof wieder die Beherbergung von Gästen ermöglichte und deshalb um einen Patentwechsel zur Tavernenwirtschaft begehrte. Seit 1986 zeichnet Daniela Hopf-Latzer als Inhaberin des Patentes für einen Beherberungsbetrieb mit Alkoholausschank verantwortlich.

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Krone

Die Krone in ihrer heutigen Bauform stammt wohl aus dem 18. Jahrhundert. Erstmals erwähnt wird das Gasthaus 1685, als Abraham Meier die "Krone" von Khyms Erben kaufte. Das Brandkataster von 1815 weist als „Kronenwirt“ Georg Meier aus. 1850 wird der Bau "um 1/4 verbessert". Nach 1852 geht das Haus von Frau Meier zur Krone an den Bäcker Ulrich Seeger und erfährt 1878 eine weitere Wertsteigerung. 1899 von W. Seger an Emil Helle. 1903 an Ulrich Seger, 1908 von Ulrich Seger an Salomon Schmidli, 1916 an Emil Blattner. 1916 und 1918 je eine Wertsteigerung. 1926, verbunden mit Wertsteigerung, an Alfred Blattner. 1947 übernimmt für vier Jahre Klara Grüninger-Spirig das Tavernen-Patent für die Krone, wonach bis 1986 sieben weitere Patentinhaber folgen. Dann übernahm Margarethe Baumann als Wirtin das traditionsreiche Gasthaus, wobei sie auf die Beherbergungen verzichtete und deshalb das Patent für eine Schenkwirtschaft löste. Ihr Sohn, René Baumann, zeichnet heute für das Patent als Wirtschaft mit Alkoholausschank verantwortlich.

Hirschen

Der Hirschen ist als ebenfalls traditionsreiche Taverne seit 1720 schriftlich nachweisbar. Damals erfolgte ein Neubau oder prägender Umbau durch den Hirschenwirt Hans Conrad Ribi. 1784 ist ein Brand unbekannten Ausmasses verzeichnet, worauf der Hirschen seine heutige Form erhielt. 1835 wurde im Gasthaus der thurgauische Schützenverein durch Prinz Louis Napoleon, der spätere Kaiser Napoleon III von Frankreich, sowie durch Hartmann Friedrich Ammann (Haus Phönix) und andere gegründet. Die Denkmalpflege, welche den Hirschen als Baudenkmal von nationaler Bedeutung klassiert, beschreibt das Gebäude als grosses Kehrgiebelhaus mit seeseitiger Fachwerkfassade, geprägt von teils modernen Fensterwagen; im Portalsturz eingekerbt "17 HK R ABK 20 HN". Dachuntersichten mit 13

Als der „Hirschen“ noch eine Gaststätte war.

Blattvoluten in barocker Art bemalt. Prachtvoller Ausleger mit Gasthausschild. Bei Renovation 1990/91 entfernt: Vertäferungen und Zierbretter der Fensterwagen (Teile von Original im Bauteillager Schönenberg sichergestellt als wichtige Befundstücke). Gegen Westen traufständiger, niedrigerer Anbau mit typischem, zweiflügeligem Holztor unter Halbkreisbogen mit dem rautenförmigen Holzgitter. 1815 gehörte das Haus mit Stallung Doktor Müller, ging nach 1852 an den Bierbrauer Anton Rickler, nach 1874 an J. Knolt, darauf an Hermann Nock. 1904 ging das Haus an Albert Billwiler, 1907 an Jakob Blattner. 1927 weitere Wertsteigerung. Nach 1934 an Gottlieb Stocker, dann an Emil Roth, 1940 an Gottlieb Stocker, im Jahr darauf an Emil Roth und bereits 1940 an Ida Wydmaier. Weitere Wirtewechsel folgten dicht aufeinander, bis 1972 Angelo Boldi für 10 Jahre die Taverne führte. Ihm folgte 1982 Roland Knus, der sich 2008 zur Ruhe setzte, das Haus verkaufte, wonach es als Gaststätte geschlossen wurde. Gastronomisch ein herber Verlust, war es doch die einzige Wirtschaft mit unmittelbar am See liegenden Garten, wo unter den grossen Platanen getafelt werden konnte.

Postkarte von 1906 mit „Hirschen“ und „Schiff“.

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Löwen

„Löwen“, kurz vor dem Abbruch.

Postkarte mit Löwen 1906 (Ausschnitt).

In der Gesamtform aus dem Jahre 1750 stammender Bau, der gemäss dem Brandassekuranzregister von 1815 als „Wohnhaus in Riegelbauweise“ dem Metzger Max Kreis gehörte. Im Jahre 1853 wurde eine „Scheune mit Stallung und Remise in Riegelbauweise“ erbaut, sie ging noch vor 1874 an Konrad Kreis und dann an Max Kreis den jüngeren. 1874 und 1880 sind je eine Wertsteigerung verzeichnet, was auf den An- oder Ausbau eines Tanzsaales schliessen lässt. 1891 ging das Haus an Adolf Kreis. Wann genau die Taverne zum Löwen eingerichtet wurde, ist nicht bekannt. 1899 erfolgte eine weitere Wertsteigerung und Übergang der Wirtschaft an Jakob Wirz, 1906 an Julius Mattle, 1907 an Güttinger und Rieser, 1911 an Christ. Hugener, 1914 eine weitere Wertsteigerung und 1919 Übergang an Ed. Kopp. 1920 und und 1924 weitere Wertsteigerungen. 1983 wurde aus der Taverne eine Schenkwirtschaft, die Beherbergung von Gästen also aufgegeben. Die Denkmalpflege beschreibt das Haus als stattlichen, hart an der Strasse stehenden, verputzten, zweigeschossigen Kreuzgiebelbau mit rückwärtig (West) angebautem Tanzsaal (1874/1880) und Nebenräumen. Die Etappen der Anbauten waren dank der gestaffelten Giebeldächer gut ablesbar. An der Strassenfassade im nördlichen Teil regelmässige Befensterung mit Läden, südlichste Fensterachse etwas abgesetzt. Die Nordfassade war geprägt durch den in Mittelachse liegenden Eingang mit Freitreppe. Links und rechts je ein jüngeres, grosses Fenster, ganz rechts, leicht vorstehend neuerer Ladeneinbau mit grossem Schaufenster. Das Obergeschoss der Südfassade leicht vorkragend. Der erste Anbau gegen Westen mit regelmässigen, grossen Fenstern des Tanzsaales im Obergeschoss, unregelmässig im Untergeschoss (wohl ehemaliger Stall) und im westlichsten Anbau, der sich ebenfalls unter einem Giebeldach befand. Der Bau galt als ein sehr wichtiges Element zur Begrenzung des Kreuzungsplatzes von Hauptstrasse und Fruthwilerstrasse. Am 30. April 2006 abgebrochen. 15

Gruss aus Ermatingen. Postkarte von 1902, als noch mit Tanzsaal und Telefon („No. 55“) geworben wurde.

Ochsen

Erst war es Gasthaus Kreuz und wurde später „zum Ochsen“ genannt. Schlanker gestreckter Giebeldachbau östlich der Kirche, mit der langen Trauffront an der Hauptstrasse gelegen. Klassizistische Gesamtform. Strassenseitig unregelmässige Gliederung, die wohl ein ehemaliges Vielzweckgebäude anzeigt. Damals dürfte der Wohnteil bereits im Westen gelegen haben. Er weist sich durch eine regelmässige Vierfensterfassade aus. Der östliche Teil zeigt strassenseitig eine lockere Reihung der vier Fenster und im Erdgeschoss nachträgliche grosse Fenstereinbauten, die 16

von breiten Gewänden gefasst sind. Grosse Dachaufbauten. Wohl schon im 18. Jahrhundert erstellt, gehörte der Bau gemäss dem ältesten Brandassekuranzregister 1815 als Wohnung mit Scheune und Bestallung dem Metzger Konrad Oes. Nach 1852 ging er an Ulrich Sauter (Küfer), später an Josua Seemann, der es in „Ochsen“ umbenannte. 1874 ist Julius Seemann als Besitzer verzeichnet, 1912 Albert Schmid und dann Wilhelm Stöckli. 1907 ist eine wesentliche Wertsteigerung erwähnt. 1925 wurde H. Landolt Eigentümer, 1926 Thaler, 1928 August Ribi-Vetterli. 1930 ist eine weitere wichtige Wertsteigerung verzeichnet und 1935 geht der Gasthof mit Coiffeurgeschäft an Willy Ammann über. Am 16.November 1944 wurde der Ochsen durch polizeiliche Verfügung geschlossen. Schönhalde

Die Villa wurde 1911 für Friedr. Jäger erbaut. 1912 Wertsteigerung; 1918 Übergang an Karl Bürgi und 1930 an Hermann Kreis. Wertsteigerungen: 1924, 1926 und 1930. Der Baukomplex bestand aus der dominierenden Villa in der Tradition des sachlichen Heimatstiles mit dominieren17

dem Fuss-Walmdach und grossen Dachausbauten sowie Anbau an Ostseite. Karl Bürgi war auch der erste Wirt auf der „Schönhalde“, die er als Taverne mit Beherbergung führte. In seiner Geschichte erlebte die Gaststätte insgesamt 15 Patentnehmer und entsprechend wechselvolle Schicksale. 1986 folgte der Verzicht auf Beherbergungen. In seiner jüngeren Geschichte soll es gar als Bordell gedient haben bevor – nach zwei Jahren Schliessung - mit Lieselotte Hug ein Neubeginn als Speisewirtschaft immerhin sieben Jahre dauerte. Die neuerliche Schliessung 2004 brachte das Ende: Am 7. April 2005 wurde die Villa abgebrochen.

Seetal

Der stattliche, zweigeschossige Verputzbau, giebelseitig zur Unteren Seestrasse gelegen, war einst ein gern besuchtes Fischrestaurant mit angegliedertem Hotelbetrieb. Im Anbau gegen Süden mit einem Flachdach war der Eingang zum Restaurant an der Ostseite. Im Erdgeschoss gesprosste Zwillingsfenster, im Obergeschoss hohe, ungesprosste Fenster. Der Ausleger mit dem Schild "Seetal Fischstube" stammt aus jüngerer Zeit. 1815 gehörte das Haus dem Maurer Wolfgang Dieter Biel und ging 1874 an Wilhelm Geiger, dann an Eduard Geiger, 1929 an Emilie Ribi, 1930 an August Ribi-Geiger, dann an Alfred Ribi, 1976 an Kurt Ribi, der das Restaurant schloss. Inzwischen ist es zum Wohnhaus umgebaut.

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Bahnhof, Hotel Bahnhof und Oberstad auf einer Werbepostkarte (ca. 1906)

Bahnhof

1875 wurde das „Hotel Bahnhof“ als Wohnhaus und Restaurant erbaut: Ein stattlicher zweigeschossiger Verputzbau mit flachem Giebeldach und befenstertem Kniestock. Der Bau liegt leicht erhöht an der Bahnhofstrasse. Die Geschosse sind mit durchgezogenem Gesimsband getrennt. Die Mittelachse ist durch Quergiebel und Eingang betont. Zweiläufige Steintreppe mit Eisengitter. Regelmässige, gesprosste Fenster, darüber schlichter klassizistischer Aufsatz. Ehemaliger Bauschmuck ist leider teilweise entfernt. Der Erbauer war Paravizin Blattner. Dann ging das Hotel an Andreas Mayer, 1896 an Konrad Frefel, schliesslich an Jakob Schmid und 1924 an Ferdinand Singer, seit 1965 an Singer's Erben (Adrian Singer). 1985 erhielt Hilde Weibel das letzte Tavernen-Patent, worauf das Hotel 1988 geschlossen wurde.

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Ermatingerhof

1874 wurde in unmittelbarer Nachbarschaft zum „Adler“ als Dependance des Hotels von H. Schellenberg eine Villa erbaut. Eigentümer: 1905 Elise Heer, 1912 erstellte Karl Maurer anstelle der Villa den heutigen Hotelbau, der ab 1926 Elise Heer gehörte. Ein gestreckter, symmetrisch angelegter Baukörper in erhöhter Lage. Schlichte Fassadenkomposition im Sinne des Heimatstils (eng gemustertes Zierfachwerk in den Giebelfeldern, Portikus mit geschweiftem Dach). Unter Karl Bischof erfolgte 1980 eine Renovation, 1986 übernahm Alfred Schneiter den Tavernenbetrieb. Nach einem umfassenden Umbau (1994) führte Priska Maas bis 2011 den Beherberungsbetrieb mit Alkoholausschank (so das Patent), bevor er an Marie-Anne Hostettler verkauft wurde.

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Schöntal

Vergleichsweise jung ist das stattliche Haus an der Schiffländestrasse. Um 1900 erbaute es August Blattner als Schenkwirtschaft, bevor es Anton Zimmerli 1906 zur Taverne umfunktionierte. Damals benannte er das Haus „Hotel Schönthal“. Zimmerli war Patentinhaber bis 1933. Sein Nachfolger war Hans Widler-Bosch, der bereits im Jahr darauf verstarb; seine Witwe führte das Gasthaus noch ein Jahr und zog dann aus Ermatingen weg. Es gab noch einige Wirtewechsel bis 1949 Klara Reichmuth das Schöntal übernahm und 20 Jahre führte. 1969 übernahm Paul Buff den Betrieb, der nunmehr mit neuer Schreibweise *Schöntal“ genannt wurde. Heute ist Ruedi Buff

„Schöntal“ Postkarte von 1898.

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der Besitzer. Nach einem „Zwischenspiel“ 1994, als Erwin Krüsi als Patentnehmer auf Beherbergungen verzichtete, führt nunmehr René Isler den „Beherbergungsbetrieb mit Alkohlausschank“, wie das Tavernen-Patent heute bezeichnet wird. Das Haus ist ein schlichter Verputzbau über längsrechteckigem Grundriss, traufständig zur Schiffländestrasse stehend. Wohnhaus und Restaurant mit Quergiebel in der Mittelachse, flach gedecktem Bodenanbau im Erdgeschoss der Nordseite mit Ladeneinbau (Metzgerei) und weiterem Anbau im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss der Ostseite. Gegen Schiffländestrasse Eingangstüren, überhöht von Balkon im 1. Obergeschoss. Zwischen 1987 und 2008 renoviert.

Zelglihof

Schlafen im Stroh: Ein Patent für Beherbergung mit Alkoholausschank besitzt seit jüngster Zeit auch Walter Kreis, der mit seiner Frau auf dem Zelglihof über Ermatingen einen inzwischen sehr bekannten Nebenerwerb im Bereich Agrartourismus betreibt.

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Schenkwirtschaften Belle Vue

Belle Vue nannte einst Georg Geier seine Schenkwirtschaft, die er am 31. Juli 1909 aufgab. Danach diente das Belle Vue als Wohnhaus, bis es Mitte der 1960er Jahre abgebrochen und an seiner Stelle die Druckerei für die Dosenfabrik errichtet wurde.

Brünneli

Brünneli hiess die Schenkwirtschaft, welche Albert Kreis Ende März 1922 an die Wirtin Berger-Huonder übergab. 1926 wurde deren Patent aberkannt und August Ribi-Vetterli übernahm das Wirten für halbes Jahr, darauf ebenfalls sehr kurz Johann Stöckli-Schaltegger. Nach dreijährigem Unterbruch führte Albert Ernst Ott die Bäckerei und Gaststätte als Abstinenzwirtschaft weiter, nach seinem Tod die Witwe Marie Ott-Rüegg, bis sie im Juli 1961 den Betrieb schloss.

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Eisenbahn

Anneli Ammann-Ribi war bis zu ihrem Tod 1941 die Seele der Taverne „Eisenbahn“ an der Bahnhofstrasse. Für ein Jahr übernahm dann Mina Ammann das Patent, gefolgt von Ammann-Klarer; am 31. Juli 1949 erfolgte durch freiwilligen Verzicht auf das Patent die Betriebseinstellung.

Frohsinn

Frohsinn hiess die Gaststätte an der Hauptstrasse, welche Ulrich Gremlich mit einem Patent für Schenkwirtschaft bis Ende März 1913 führte. Sein Nachfolger war Adolf Gremlich, der bis zum 31. Juli 1943 wirtete. Seine Witwe, A. Gremlich-Wäger führte die Schenkwirtschaft mit einem provisorischen Patent bis zum 31. Juli 1948 weiter, worauf das Restaurant seinen Betrieb einstellte.

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Hoffnung Schützenstube

Bis 11. Februar 1909 besass Heinrich Ammann das Patent für die Schenkwirtschaft „Hoffnung“. Nach ihm führte bis im Juli 1921 Josef Armspack das Lokal. Anschliessend wurde das Lokal zur Schützenstube im Haus zur Hoffnung. Die Patentkontrolle der Gemeinde Ermatingen verzeichnet drei Wirte auf der Schützenstube, welche die Schenkwirtschaft führten. 1927 wurde das Restaurant geschlossen. Das Gebäude stand an der Hauptstrasse 95; Abbruch 2001. Landhaus Lanterswilen

Diese Schenkwirtschaft hatte bis 1920 keinen Namen, als Josef Süss Patentnehmer war. Erst mit dem Wechsel auf Benjamin Süss wurde das Lokal zum „Landhaus“. Benjamin führte die Gaststätte bis Ende Juli 1948. Adolf Roth-Süss als sein Nachfolger schloss die Wirtschaft Ende Juli 1955 mittels eines sogenannten Auskaufs. Um dem Gastgewerbegesetz zu genügen, das auch zum Ziel hatte die Zahl der Wirtschaften mit Alkoholausschank zu reduzieren, wurden auf die Liegenschaft festgelegte Rechte zur Führung einer Taverne mit Unterstützung des Kantons ausgekauft. 25

Linde

Eine bewegte Geschichte hat die „Linde“, welche zwischen 1837 (dem Erstellungsdatum) und 1875 als Armenhaus der Gemeinde gehörte. (Erstmals wird ein Ermatinger Armenhaus 1528 schriftlich erwähnt: das alte Spital.) W. Oes kaufte 1876 das Haus an der Bahnhofstrasse der Gemeinde ab und eröffnete 1890 die Schenkwirtschaft „Linde“. 1898 war der Besitzer Julius Ribi, 1905 Adolf Kilchenmann, der bis 1927 wirtete. Als Nachfolgerin ist für drei Jahre seine Witwe verzeichnet, dann für fünf Jahre Heinrich Baur-Honegger, der 1935 verstarb. Dessen Witwe führte den Betrieb weiter, zog jedoch 1938 aus Ermatingen weg. Immerhin elf Jahre war Walter Blöchlinger Wirt der Schenkwirtschaft, abgelöst durch Anna Ullmann-Zanoni bis im April 1960. Seit 1986 führt Christian Jenni die Wirtschaft mit Alkoholausschank, welche für einige Zeit gar das Patent als Bar/Dancing besass. Beachtenswert ist das am Haus angebrachte Wirtshausschild „Linde“.

Rebstock

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Bis 1920 wirtete Jacob Frei in der Schenkwirtschaft „Rebstock“, gefolgt von Eugen Frei. Als er 1953 verstarb übernahm seine Witwe, Marie Frei-Ullmann die Wirtschaft. Als sie 1974 ebenfalls starb, erhielt im Erbgang Helene Frei ein provisorisches Wirtepatent. Im Jahr 1975 sprang Felix Fleischmann hilfreich als Patentgeber für Helene Frei ein. Heute wirkt Elisabeth Hiltbrunner auf dem Rebstock, allerdings nur noch mit einem Patent für eine Kioskwirtschaft mit Alkoholausschank. Die Denkmalpflege des Kantons Thurgau bewertet das Haus, das aus dem 18. Jahrhundert stammen dürfte, als wertvoll. Das stattliche, traufständig zur Fruthwilerstrasse stehende Wohnhaus mit Restaurant und Laden zeigte eine verputzte, teilweise mit Eternitschindeln verkleidete Fassade. Das geknickte Giebeldach ist an Westseite stärker her-

abgezogen. Der nordseitig eingebaute Laden befindet sich in einem wohl später ausgebauten Hausteil, was an der unregelmässigen Befensterung der Strassenfassade abzulesen ist. Doppeltreppe zur Eingangstür an der Strassenseite, schmiedeeiserner Ausleger mit Wirtsschild "Rebstock". Gemäss dem Brandassekuranz-Register von 1815 gehörte das "Wohnhaus mit Bestallung, Presse und Backhaus, Wasch- und Brennhaus", alles Fachwerkbauten, dem Bäcker Konrad Forster und ging nach 1852 an Johannes Frei und darauf an Jakob Frei (Bäcker). 1873 und 1904 sind Wertsteigerungen verzeichnet. 1926 ging das Haus an F. Frei. 1941 folgte eine weitere Wertsteigerung.

Schiff

Die Geschichte der Schenkwirtschaft „Schiff“ an der Oberen Seestrasse endet bereits am 31. Oktober 1916, als Jacob Blattner das Patent zurückgab und die Bewirtung einstellte. Bereits 1662 ist als Wirt im Stad Sebastian Bügler erwähnt. Sein Sohn Onophrion wird 1687 als „Gerichts Würt“ erwähnt und 1693 als „Würth und Gastgeber zum Schiff“ bezeichnet. Ein Neubau oder grösserer Umbau erfolgte 1708. 1815 gehörte das Wohnhaus dem „Hirschen Wirt Doktor Müller“, nach 1852 ging es an den Fischer Bartholome Blattner, 1874 an Curtjohann Blattner, bis es 1885 von Jacob Blattner übernommen wurde. Die Denkmalpflege des Kantons Thurgau bezeichnet das „Schiff“ als besonders wertvoll. Das prachtvolle dreigeschossige Fachwerkhaus mit sorgfältig ausgearbeiteten Flugsparrendreiecken und regelmässiger Befensterung ist ein wichtiger Teil im Ensemble von nationaler Bedeutung. Fensterläden und Dachuntersicht sind in barocker Manier bemalt. Am Portalsturz eingekerbt finden sich die Jahrzahl 1708 und die Monogramme „O.B.“ (Onophrion Bügler) und „E.S.“ (Est-her Sauter). Das Wirtshausschild hängt 27

an einem schlichten Rokoko-Ausleger, umgeben von den Schilden der acht Alten Orte. In der Stube im ersten Obergeschoss ist eine reiche Regence-Stuckdecke (um 1740) eingebaut, die im Milieu das Allianzwappen der Ammann zeigt (Hauptpfahl quer belegt mit drei Sternen oder Rosetten), ergänzt mit dem Wappen der Mayer (auf Dreiberg drei Maiblumenzweige). An den Wänden ist die Rekonstruktion einer Rokokobemalung angebracht. 2013: Für das „Schiff“ wird wieder ein Wirtschaftspatent beantragt. Seebeck

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Seebeck wurde der Bäcker Meyer im Oberstad (obere Seestrasse) genannt. Er schloss seine Schenkwirtschaft 1909.

Seegarten

1815 ist Jakob Ribi’s Witwe als Eigentümerin des „Seegarten“ vermerkt, dann der Bäcker Bartholome Singer. 1874 übernahm Curtjohann Singer das Haus, anschliessend Jakob Singer, schliesslich 1909 Hermann Sattler. Ihm folgte 1910 Carl Bäcker, der das Haus kaufte und bis 1954 wirtete, gefolgt von seinem Sohn Carl, genannt Bäcker-Bäcker, der den „Seegarten“ bis 1986 betrieb. Auf ihn folgte bis 2011 Walter Ribi. Heute besitzen Luzia und Mirtha Graf den Seegarten; das Patent für eine Wirtschaft mit Alkoholausschank lautet auf Luzia Graf Meier. Die Denkmalpflege bezeichnet das Haus mit seinem markant hohen Giebeldach als wichtiges Zeilenelement der westlichen Partie der Unteren Seestrasse und als Teil eines Ensembles von nationaler Bedeutung.

Seegarten im Horn

Anstelle oder in der Nähe einer 1747 im so genannten Mezenriet erbauten Ziegelhütte wurde 1795 der prächtige Bau errichtet. Ab 1821 befand sich in einem Nebengebäude eine Leimsiederei und chemische Fabrikation 29

von Mathias Scheuchzer; ab 1845 Wirtschaft. Bis zum 1. August 1906 war Jacob Läubli der Patentinhaber für die Schenkwirtschaft „Seegarten“ an der oberen Seestrasse verzeichnet. Heute reiner Wohnbau präsentiert es sich als voluminöses Fachwerkhaus mit seeseitiger, dicht geriegelter Giebelfassade und durchkreuzten Rauten unter den Fenstern, Rhombengitter in den Giebelfeldern. Im Türsturz eingekerbt "17•HCR•ALB•95" (Hans Conrad Ribi / Anna Lisbeth Bügler). Regelmässige Befensterung, grosse, zweiflügelige Aufzugsöffnung im Giebelfeld der Ostfassade. Seeschau

Die Schenkwirtschaft „Seeschau“ wurde bis im November 1926 von Conrad Blattner betrieben, dann brannte das Haus an der oberen Seestrasse ab. Das heutige Haus, nach wie vor „Seeschau“ genannt, wurde 1929 wieder aufgebaut. Das giebelständig zum See stehende Wohnhaus war nie wieder Wirtschaft.

Strandbad

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Eine Schenkwirtschaft mit diesem Namen betrieb 1930/31 Lilli Dietschy-Rueff, später Gerda Schäfli, die lange Jahre die gute Seele der Badi war. Ihr folgte Gertrud KreisFrischknecht. Mit dem Neubau des Strandbades erhielt 2006 Susan Bär das Patent für eine Gelegenheitswirtschaft mit Alkoholausschank; heute lautet das Patent auf Claudia SabatinoStämpfli.

Traube

Als wertvoll klassifiziert die Denkmalpflege das Haus „Traube“ beim Bahnübergang unterhalb der Kirche. Der aus dem 18. Jahrhundert stammende Fachwerkbau gehörte 1815 dem Metzger Salomon Kreis und wurde als „Haus, Waschhaus, Metzgerei und Tanzsaal“ bezeichnet. 1876 ging der Bau an Jean Singer, der 1933 eine Bäckerei anbaute. Jean Singer hatte bis 1918 das Patent für eine Taverne, gefolgt von Emil Ribi, der 1954 verstarb. Louise Ribi-Grüninger übernahm bis Juli 1955 das Patent, gefolgt von Hans Ribi und später Martha Hitzel. 1990 wird Getrud Mäusli Inhaberin des Patentes für eine Wirtschaft mit Alkoholausschank, 1992 Carmen Zingg-Grütter. Heute ist die Traube keine Gaststätte mehr, auch wenn das schmiedeeiserne Schild nach wie vor das Haus ziert. Der wertvolle, verputzte Fachwerkbau setzt mit seinem mächtigen Giebel und dem hohen Kellersockel einen markanten Punkt an der Strassenkreuzung. Gerne erinnern sich die Gäste an den weiss glasierten Kachelofen in der ehemaligen Wirtsstube. Der nördliche Anbau besitzt im Keller eine Säule mit eingehalstem Sattelholz und mehreren Inschriften, worunter die Jahrzahlen 1730 und 1827.

Trischli

1815 gehörte das Haus, das in seinem Kern wahrscheinlich weit älter ist, dem Fischhändler Konrad Läubli und geht nach 1852 an Daniel Läubli, ebenfalls Fischhändler. Bis Juli 1910 betreibt Marie Läubli hier eine Schenkwirtschaft, gefolgt von Julius Läubli (bis Juli 1939) und Emil Läubli, der 1957 verstarb. Seine Witwe Emilie Läubli-Gnehm führte die Schenkwirtschaft weiter bis im Dezember 1959, abgelöst durch Klara Grüninger-Spirig, welche jedoch nur vier Monate hier wirtete. Frieda Weber-Horat war Patentinhaberin bis 1965, gefolgt von Hedwig Gründler-Wurm bis 1972. Dann übernahm mit Kurt Läubli-Fritz wieder ein Fischer Läubli das Patent seines Elternhauses, bis 2011 die 31

Wirtsleute mit ihrer legendären Fischküche in den Ruhestand gingen und das Restaurant schlossen. Das Haus wird gemäss Denkmalpflege als wertvoll eingestuft.

Wilder Mann

Gleich nördlich des Bahnüberganges an der unteren Seestrasse/Frühmessstrasse, gegenüber der Traube, war die Schenkwirtschaft „Wilder Mann“, bis 1914 von Gottlieb Geiger geführt. Im August 1914 übernahm Johann Held die Wirtschaft, ab 1943 Bertha Held-Geiger. Sie schloss den Gastbetrieb Ende 1969. Dabei hat dieses Haus als Wirtschaft eine reiche Geschichte. In einer Zwischenwand wurde 1970 ein Brief aus dem Jahre 1644 entdeckt. Dieser überlebte den Brand von 1734, als neben dem „Wilden Mann“ noch weitere sechs Häuser in Asche gelegt wurden.

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Alte Schule

1681 als evangelisches Schulhaus erbaut, wurde daraus im 19. Jahrhundert die Wirtschaft „Alte Schule“. Der Fachwerkbau ging im 19. Jahrhundert an den Wirt Sebastian Geiger, der darin die Wirtschaft betrieb. 1875 gelangte der Bau an Jos. Friedrich, 1876 ist eine Wertsteigerung überliefert. 1897 gehörte das Haus Johann Friedrich Seger und ab 1934 August Friedrich Seger. Zierlicher, traufständig zur Hauptstrasse stehender Fachwerkbau auf gemauertem Sockel, mit geknicktem Giebeldach. Obergeschoss und östliches Giebelfeld mit regelmässigem, grauem Fachwerk. Strassenseitig Vierfenster-Fassade mit Baunaht in der Mittelachse des Fachwerkes. Aufzugsöffnung nicht axial im Giebelfeld. Verziertes Traufbrett, leichte Kehle unter dem Dach. An der Ostseite kleiner Pultdachanbau. Blaue Fensterläden, leider aus Metall. Kleiner Vorgarten ohne Einfriedung gegen die Hauptstrasse. Zwischen 1987 und 2008 renoviert, modernisiert (neue Dachgauben).

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Abstinenzwirtschaften Café Bommeli Philosoph Bar-Terre Steakhouse

In jüngster Zeit wartet das als „Abstinenzwirtschaft“ Café Bommeli gegründete Steakhouse mit einem wechselvollen Schicksal auf. 1931 eröffnete Walter Bommeli an der Schiff-ländestrasse nördlich des Bahnüberganges ostseitig der heutigen Post das Café, das 1957 im Zuge einer Gesetzesänderung ein Conditorei-Patent erhielt. Mit dem Neubau an der Hauptstrasse 1971 erhielt René Bommeli das Patent als Schenkwirtschaft. Es folgten einige Wechsel bei den Patentinhabern. Nach Besitzerwechsel und Umbau wurde das Lokal als „Philosoph“ wieder eröffnet, bis 2007 waren es jedoch fünf Inhaber mit dem Patent als Wirtschaft mit Alkoholausschank, welche ihr Glück versuchten. 2008 kam Ursula Jenni als Wirtin und modernisierte den Namen erneut mit der Wortspielerei „Bar-Terre“, gab jedoch im August 2011 das Patent wieder zurück. Unter dem Nachfolger Björn Kastner änderten Konzept und Namen erneut in „Steakhouse“, bis er im September 2012 den Betrieb wieder aufgab. Das Restaurant ist Ende 2012 in eine Bank umgebaut worden. Café Rohrer

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An der Ecke Hauptstrasse/Blumenweg eröffnete 1906 Heinrich Horber sein Café. Dieses führte er als Abstinenzwirtschaft bis 1938. Sein Nachfolger Ulrich Rohrer führte das Café ab 1939 weiter. 1948 erfolgte der Patentwechsel als „Conditorei“. Ulrich Rohrer gab 1970 den Betrieb auf. 1970 kauften Margrit und Ernst Meyer das Haus, welche die Zuckerbäckerei mit Kaffee als „Café Meyer“ bis zur endgültigen Betriebseinstellung Ende 1997 führten.

Das Haus ist nach Einschätzung der Denkmalpflege über 150 Jahre alt und wurde mehrmals umgebaut. Im Kern ist es ein stattlicher Fachwerkbau des 18. Jahrhunderts, dessen Fachwerkzeichnung im Dachstock noch teilweise sichtbar war (heute verkleidet). Im Keller weisen die angefasten Holzpfeiler mit eingehalsten Sattelhölzern in das späte 18. oder frühe 19. Jahrhundert. Die Einrichtung und Einteilung der Räume wurde mehrmals verändert, die Ausstattung stammt teilweise noch aus dem 19. Jahrhundert. Im Erdgeschoss befinden sich neuere Geschäftsräume, insbesondere das ostseitig aus der Fassade springende Café. Bei diesem Anbau wurde in den fünfziger Jahren der strassenseitige Mitteleingang an die Nordostecke verlegt. Damals bekam der Sockel der Strassenfront ein massvolles Schaufenster, das vermutlich aus heimatschützerischen Motiven mit einer rankenbemalten Holzvertäferung umkleidet wurde. Bed and Breakfast am See

Als Gelegenheitswirtschaft ohne Alkoholausschank führt ab Dezember 2012 Pia Bühler an der Fruthwilerstrasse ein Übernachtungsangebot mit Frühstück.

Tennishalle

Als die Tennishalle im Osten von Ermatingen erbaut wurde, sollte auch eine Gaststätte integriert werden. Die gesetzlichen Grundlagen, welche eine Begrenzung der Patente für Alkoholausschank nach Massgabe der Einwohnerzahl festsetzten, ermöglichten allerdings nur eine Wirtschaft ohne Alkoholausschank, was immer wieder dazu führte, dass dieses Café um den Erfolg ringen musste. Als erste Patentnehmerin für ein alkohlfreies Café gab Berta Singer, vormals Hotel Bahnhof, 1991 ihr Patentrecht. Von 1994 bis 1998 versuchte Urs Reutimann sein Glück. Bereits 1995 erfolgte die Bewilligung als Vereinslokal, was aber mit Auflösung des Bosnischen Vereins Kreuzlingen wieder ein Ende fand. Anschliessend übernahm der Albanische Verein das Lokal. Allerdings währte auch diese Nutzung relativ kurz, worauf nunmehr Claudine Nyaguy das „Popup Restaurant“ als Gelegenheitswirtschaft mit Alkohlausschank führt. 35

Kiosk und Gelegenheit Bahnhofkiosk

1999 setzte Hans Jörimann als Patentnehmer für eine Kioskwirtschaft mit Alkoholausschank im Ermatinger Bahnhof einen neuen Akzent der Gastfreundschaft. Der Kiosk ist nicht nur Sammelpunkt für ein Feierabendbier. Er beherbergt auch die Geschäftsstelle von Ermatingen Tourismus, verkauft Billete, gibt Fahrplanauskünfte und ist Schauplatz von Festen und Ausstellungen. Die engagierte Chefin Margarethe Klees ist seit 2002 Inhaberin des Wirtschaftspatentes. Buurebeizli

Als Gelegenheitswirtschaft mit Alkoholausschank ist der „Kuhstall“ nördlich der Kirche eingetragen, dessen Patent Rosa Seger-Staub inne hat. 36

Besenbeiz

Hans Keller bietet in der Scheune (Maschinenhalle) seines Bauernhofes in Oberhöhnwilen die Infrastruktur zur Bewirtung von Gästen und besitzt dafür das Patent für eine Gelegenheitswirtschaft mit Alkoholausschank.

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Triboltingen Zehn Gastgewerbebetriebe kannte und kennt Triboltingen. Heute sind im Dorf noch zwei Patentnehmer mit drei Betrieben tätig.

Frohe Aussicht

Bis 1910 betrieb Isaak Ribi die Schenkwirtschaft „Frohe Aussicht“, welche anschliessend von Adolf Ribi bis 1944 weitergeführt wurde. Im Register wird bis 1977 als Wirt „Keller-Keller“ aufgeführt. 1982 folgte ein Gesuch um Wiedereröffnung, das aber mangels Erhältlichkeit der Bewilligung für Alkoholausschank wieder zurückgezogen wurde. Das Haus stammt aus dem 18. Jahrhundert und wird von der Denkmalpflege als wertvoll eingestuft.

Hirschen

Auch Triboltingen hatte seinen „Hirschen“ in unmittelbarer Nachbarschaft zur Kapelle, dessen Wirtin bis Ende Januar 1910 die Witwe Wehrli war. Bis Juli 1914 war Alfred

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Wehrli der Inhaber des Schenkwirtschaftspatentes, gefolgt von Maria Wehrli, die bereits 1918 die Wirtschaft für immer schloss. Vermutlich 1801 erbaut, präsentiert sich das wertvolle Haus als gestrecktes, zweigeschossiges Vielzweckgebäude in Hanglage, giebelständig zur Strasse stehend, Mittertenntyp. Der hart an der Strasse liegende Wohnteil ist ein mit Holzschindeln bedeckter, stattlicher Fachwerkbau auf gemauertem Kellersockel. Strassenseitig, rechts der Kellereingang mit Schulterbogen-Portal. 3-Fenster-Fassade mit unregelmässigen Achsabständen; Im Giebelfeld ein Doppelfenster, profilierte Flugsparrendreiecke und Büge. Gegen Osten (zur Kapelle) Hauseingang mit Klebedach. Westseitig Schleppdach über der Scheune. Nach Süden Pultdachanbau. Innenausstattung: Im Keller zwei mächtige, stark gebauchte Eichensäulen mit verschiedenen Profilen (18. Jahrhundert oder älter), eingehalste Sattelhölzer, darüber auffallend grosse Tragbalken. Am Sandsteinfuss der westseitigen Eichensäule Jahrzahl 1801. Frieden

Die ehemalige Schenkwirtschaft „Frieden“ an der Hauptstrasse ist ein prachtvoller, in ursprünglicher Form erhaltener Fachwerkbau, traufständig zur Strasse, mit steilem Giebeldach. Ein hoher gemauerter Sockel mit traufseitigem Hauseingang in der Mitte des nach Westen liegenden Wohnteils prägt das Erdgeschoss. Beidseitig des Eingangs sind je ein Schulterbogen-Kellerportal platziert. Der darüber liegende Wohnteil mit regelmässiger Fensteranordnung und Fachwerk mit Rautenmuster vermittelt ruhige Behäbigkeit. Der Fachwerk-Scheunenanbau nach Osten kam möglicherweise etwas später dazu. Die Giebelfassade westseitig ist eternitverschalt, mit profilierten Flugsparren und Bügen, davor Gemüsegarten bis zur Strassenverzweigung. Gegen Norden Holzlaube im Obergeschoss des Wohnteils und Quergiebelanbau zur Stallscheune. Der Bau liegt an der parallel zur Hauptstrasse führenden Nebenstrasse und ist ein wichtiges Zeilenelement. Die Geschichte dieser Nebenstrasse - ein eigentlicher Graben - ist noch nicht abschliessend geklärt. 39

Linde

Albert Pupikofer führte bis Juli 1945 die „Linde“ in Triboltingen. Dann ist im Register der Gemeinde Ermatingen der Vermerk „eingegangen“ eingetragen. Gesamterscheinung 19./20 Jahrhundert, Kern vermutlich älter. Schlichter, zweigeschossiger, traufständig zur Strasse stehender Giebeldachbau. Im Sockel der östlichen Giebelfassade möglicherweise ältere Mauerteile. Regelmässige Befensterung. Aussenseiten verschindelt (Eternit). Hauseingang im Anbauteil ostseitig. Das Äussere des Bauwerks wurde modernisiert (Fenster, Läden). Rückseitig eingeschossiger Flachdachanbau für Garagen. Im Zuge einer Gesamtrenovation 2012 wurde der Anbau abgebrochen. Ochsen

Am 1. August 1908 übergab Elise Ribi die Verantwortung für die Taverne „Ochsen“ in Triboltingen an Adolf Ribi, der den Betrieb bis 1951 führte. Darauf folgten bis 1971 Paul Brönimann und Alfred Baumann. Bis 1985 gaben sich sechs Wirtinnen und Wirte in dichter Folge die Verantwortung weiter, dann übernahm Jacqueline Wüest die Taverne. Heute führt Paul Wüst den Beherbergungsbetrieb mit Alkoholausschank. Im 18. und 19. Jahrhundert war der „Ochsen“ auch Ge40

meindehaus. Der Gebäudekern stammt aus dem 18. Jh., vielleicht noch etwas älter. 1973 folgten die Dachaufbauten und der Balkon. Gestrecktes, verschaltes Fachwerkhaus. Westliche Hälfte mit Teilwalmdach, vermutlich im 19. Jahrhundert neu errichtet. Traufständig zur Strasse mit regelmässiger 8-Fenster-Fassade. Nordseitig über Mauersockel schlichte Fachwerkwand und Schulterbogen-Portal mit kräftigem Wulst im Scheitel. Unter grossem Vordach lange Holzlaube im Obergeschoss. Strassenseitig führt eine Treppe zum Eingang. Östliche Hälfte mit stattlichem Fachwerk (seeseitig teilweise sichtbar); über dem Kellerportal Jahrzahl 1737; im Keller beschnitzte Eichensäule. EmpireAusleger von klassisch geometrischer Form mit von einem Kranz umgebenen Ochsen. Ostseitig verziertes Traufbrett. Innenausstattung: Stuckdecke im Obergeschoss gegen Westen. In Wirtsstube Felderdecke mit kräftigen Rundstäben. Der Vorgarten und eine Freitreppe schützen vor dem Verkehr. Der Baukörper ist ein wichtiges Reihenelement. Traube

Obwohl Triboltingen einen Rebstock mit Trauben im Wappen führt, gibt es die „Traube“ nicht mehr. Fritz Wüthrich war bis 2004 auf der Wirtschaft mit Alkoholausschank verantwortlicher Gastgeber und schloss den Betrieb im Januar für immer. Die Gesamterscheinung des Hauses deutet auf das 18./19. Jahrhundert; 1874 wurde die „Traube“ als Gast- und Badehaus bezeichnet. Ein voluminöser Fachwerkbau auf hohem Mauersockel. Strassenseitig regelmässige 6-Fenster-Fassade mit gesprossten Fenstern und profilierten Mittelpfosten. Tiefer liegender Hauseingang in der Mitte des Kellersockels. An der Südwestecke prächtiger Ausleger: Vogelkopf mit Traube. Westseitig holzverschindeltes Giebelfeld. An der Ostfassade verziertes, giebelseitiges Traufbrett. Ostseitig langer, von der Strasse zurückversetzter, eingeschossiger Ladenanbau. Nach Norden verschiedene Anbauten. Der Baukörper bildet ein wichtiges Zeilenelement entlang der Hauptstrasse. 41

Weinberg

Auch das prachtvolle, gestreckte Fachwerkhaus „Zum Weinberg“, in aussichtsreicher Hanglage, war eine Gaststätte, wie sich Triboltinger erinnern. Über dem Kellerhals steht die Jahreszahl 1752. Die zweiflüglige Kellertür ist mit Holzgitter versehen. Der seeseitige polygonale Erker könnte auch später hinzugekommen sein. Darin stand ein mächtiger Schiefertisch. Der ostseitige Eingang ist über eine steile Steintreppe erreichbar. Südseitiger Scheunenteil mit rautengemustertem Tor. Inneres wahrscheinlich noch mit bemerkenswerter, alter Austattung. Löwen

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Die letzten Löwenwirte von Triboltingen betrieben neben dem Gastgewerbe auch ein Coiffeurgeschäft, wobei die Kunden bei einem Bier auf die Rasur warten konnten. Betagte Triboltinger erinnern sich noch an Georg („Schorsch“) Sauter. Weil sein Sohn denselben Vornamen hat, nennt ihn das ganze Dorf den „Schörschli“ - obwohl er jetzt auch schon betagt ist. Die Denkmalpflege stuft das Haus, das in seiner Gesamterscheinung auf das 18./19. Jahrhundert zurückgeht, als wertvoll ein. Es ist ein gestreckter, zweigeschossiger Giebeldach-bau, traufseitig zur Strasse auf hangausgleichen-

dem Sockel. Die an der Westseite gelegene, verschindelte Wohnteilhälfte ist regelmässig befenstert. 10-stufige, dem Haus entlang führende Sandsteintreppe. In der Mitte des Wohnteils ausserordentlich schönes, mit hölzernen Bossen versehenes Kellerportal, datiert 1749. Im Scheitelstein die Initialen „ICK. SBR“. Zufahrt zur Scheune von östlicher Giebelseite. Im Innern: Im Keller steht eine gefasste Eichensäule. Da gibt es ausserdem Stichbogenfenster mit stark sinkender Bank. Der Stubenofen datiert von 1824 und zudem ist ein altes Buffet eingebaut. Der schmale Vorgarten zur Strassenseite dient als Schutz vor dem Verkehr. Kaffee

Schlicht als „Kaffee“ bezeichnet Christina Glaus ihre Gelegenheitswirtschaft mit Alkoholausschank an der Seestrasse.

Zum glücklichen Gast

Als Zweitbetrieb mit Bed and Breakfast betreibt Christina Glauser ebenfalls an der Seestrasse die Kioskwirtschaft mit Alkoholausschank und dem anspruchsvollen Namen.

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Quellen und Dank Denkmalpflege des Kantons Thurgau, Hinweisinventar Ermatingen. Kantonsarchivar André Salathe, Frauenfeld, und Mitarbeiter Anne-Marie Dubler, Historisches Lexikon der Schweiz (HLS) Hans Herzog, Archivar der Bürgergemeinde Ermatingen Gemeinde Ermatingen, Archiv

Ein grosser Dank geht an die Gemeinde Ermatingen, welche mir im Rahmen eines Beschäftigungsprogrammes die Möglichkeit gab, das Archiv zu nutzen und an dieser Aufstellung zu arbeiten. Ebenfalls danken möchte ich all den Helferinnen und Helfern, die mir mit Rat und Tat Quellen erschlossen, das Manuskript in verschiedenen Phasen verbesserten und in dieser Form ermöglichten. Ein ganz besonderer Dank gilt der Stiftung Museum Ermatingen für die Publikation. Ermatingen, im Oktober 2012

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Thomas Spirig