Prof. Dr. Christian Prof. Dr.Bauer Herz Europäische Geld- und Kreditpolitik Integration WS SS 2004/05 2010

Geld- und Kreditpolitik Folie 01

Folie 1

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Warum beschäftigen wir uns mit Währungs- bzw. Finanzkrisen? 1) König Midas der Finanzmärkte: George Soros 2) Finanzkrisen betreffen uns alle. (Hypothekenkrise) 3) Finanzkrisen erzeugen enorme soziale und ökonomische Kosten: Klingebiel -10%BIP – Aber: So einfach ist das nicht. – Siehe „Does it pay to defend?“ (morgen) Folie 2

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Gliederung 1. 2. 3. 4. 5.

Wechselkurse und Devisenmarkt Wechselkursregime Spekulative Attacken Modelle in der Literatur Bauer/Herz: Does it pay to defend?

Folie 3

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1 Devisenmarkt nominaler Wechselkurs: Devisenmarkt mit Angebot und Nachfrage Motive privater Akteure: • Reale Transaktionen: Terms of Trade • Anlage (Rendite, Diversifikation): Zinsen • Spekulation: Erwartete Wechselkursänderung

Graphische Darstellung

Folie 4

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1 Devisenmarkt und Notenbank Der Devisenmarkt ist ein besonderer Markt. Die Notenbank als besonderer Akteur: - große Marktmacht

- Devisenbestand

- kann Asset beliebig herstellen

- Geld drucken

- kann Anreize ändern

- Zinsen

- kann Handel regulieren

- Kapitalverkehrskontrollen

Folie 5

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2 Wechselkursregime Floating:

keine Steuerung durch die Notenbank

Managed Float:

geringfügige Eingriffe der Notenbank

Crawling Peg:

konstante Abwertungsrate

Wechselkursband:

Wechselkurs innerhalb einer bestimmten Bandbreite

Peg/Fixkurs:

Notenbank fixiert den Wechselkurs

Währungsunion:

Übernahme der der anderen Währung

Währungskrise:

Spekulative Attacke / drastische Abwertung Folie 6

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2 Wechselkursregime Floating: EUR/USD

Managed Floating: Thai Baht / USD

Folie 7

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IDR.Curncy

KRW.Curncy

2004

1992

0.22 2000

2004

2004

1992

2000

2004

1992

0.038 2004

1992

1996

2000

2004

HKD.Curncy

0.022

0.011

2000

2004

0.020 1996

INR.Curncy

0.007

1996

2000

0.1298

2000

1996

THB.Curncy

0.54 0.62 0.70

0.040 0.020

1996

1992

SGD.Curncy

JPY.Curncy

1992

1996

0.040

2000

PHP.Curncy

1992

0.38

0.0013 1996

1996

2000

Folie 8

2004

0.1282

1992

MYR.Curncy

0.0006

0.00010

0.00050

Die Süd-Ost-Asien-Krise

1992

1996

2000

2004

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Daily USD exchange rate returns

2000

2004

1992

2004

1992

0.20

2000

2004

1992

1992

1996

2000

2004

-0.20

0.20

2004

2004

HKD.Curncy

-0.20

0.20

2000

2000

-0.20

1996

INR.Curncy

-0.20

1996

1996

0.20

2000

1992

THB.Curncy

0.20

1996

JPY.Curncy

1992

2004

-0.20

-0.20

1992

2000

SGD.Curncy

0.20

PHP.Curncy

1996

0.20

1996

-0.20

-0.20

-0.20

1992

MYR.Curncy

0.20

KRW.Curncy

0.20

IDR.Curncy

1996

2000

Folie 9

2004

1992

1996

2000

2004

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2 Wechselkursregime Thai Baht / USD Fixkurs

Krise

Managed Floating

Folie 10

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3 Spekulation gegen den Thai Baht August/September 1997 Rückausch zu 40ThB = 1US$ Kreditrückzahlung 100 Mrd ThB Gewinn 1,5 Mrd USD

April 1997 Kreditaufnahme 100 Mrd ThB Umtausch zu 25ThB = 1US$ 4 Mrd USD

Währungskrise Aufgabe des Fixkurses und Verteidigung schließlich Abwertung Folie 11

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3 Verteidigungsmaßnahmen 1) Zinsanhebung: Kaptialzufluss (?) 2) Intervention / Devisenreservenverkäufe: direkte Kursstützung 3) Kapitalverkehrsbeschränkungen

Graphische Darstellung

Folie 12

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3 Kosten und Nutzen einer Abwertung Positive Effekte • Stärkung des Exportsektors • Phillipskurveneffekte • autonome Geldpolitik • niedrige Zinsen

Negative Effekte • Inflationsanstieg • höherer Inlandswert von Auslandsschulden • höhere Kosten für Importe (Rohstoffe) • Terms of Trade Verluste • Reputationsverluste Folie 13

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Gliederung 1. 2. 3. 4.

Wechselkurse Wechselkursregime Spekulative Attacken Modelle in der Literatur 1. Generation: Krugmann (1979), Flood & Garber (1984) 2. Generation: Obstfeld (1994), Jeanne (2000) Global Games: Morris & Shin (1998)

5. Bauer/Herz: Does it pay to defend? Folie 14

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4.1 Die erste Generation • Krugmann (1979), Flood & Garber (1984) • erklärt Krisen in Lateinamerika in den 1970ern • monetär finanzierte Verschuldung + fester Wechselkurs ⇒ Währungskrise Folie 15

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4.1 Die erste Generation Stabile Ausgangssituation Stetige Verschlechterung der Fundamentaldaten Entscheidung Spekulanten

Attacke

Notenbank: Verteidigung

nicht erfolgreich

Abwertung Folie 16

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4.2 Die zweite Generation • Obstfeld (1994), Jeanne (2000) erklärt EWS Krisen in den 1990ern • Kosten-Nutzen Kalkül der Notenbank • Abhängig vom Verhalten der Spekulanten ⇒ Multiple Gleichgewichte, selbsterfüllende Erwartungen, spontane Attacken

Folie 17

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4.2 Die zweite Generation Ausgangssituation Schlechte Fundamentaldaten

Mittlere Fundamentaldaten

Gute Fundamentaldaten

Entscheidung Spekulanten

Attacke

keine Attacke

Verteidigung

sofortige Abwertung

Abwertung

Stabiler Wechselkurs Folie 18

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4.2 Die zweite Generation Ausgangssituation Schlechte Fundamentaldaten

Gute Fundamentaldaten

Mittlere Fundamentaldaten Entscheidung Spekulanten

Attacke

keine Attacke

Verteidigung

sofortige Abwertung

Abwertung

Stabiler Wechselkurs Folie 19

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4.2 Die zweite Generation Ausgangssituation Schlechte Fundamentaldaten

Mittlere Fundamentaldaten

Gute Fundamentaldaten

Entscheidung Spekulanten

Attacke

keine Attacke

Verteidigung

sofortige Abwertung

Abwertung

Stabiler Wechselkurs Folie 20

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4.3 Global Games • Morris & Shin (1998) • „Lösung“ des Koordinationsproblems der Spekulanten durch private Informationen • Einfluss großer Spekulanten • Schuldenkrisen, Bank runs, Transparenz, ...

Folie 21

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4.3 Global Games: Grundideen I Strategien sind strategische Komplemente

D.h. wenn Spekulant i attackiert, wird es für Spekulant j attraktiver auch zu attackieren, da die Erfolgswahrscheinlichkeit steigt.

Folie 22

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4.3 Global Games: Grundideen II • Spekulanten erhalten privaten Informationen xi über die Fundamentaldaten θ • „higher order beliefs“: – ich weiss, was Du weißt – und dass Du weißt, dass ich weiß, was Du weißt – usw. • Wenn ich ein Signal über gute Fundamentals erhalte, ist es wahrscheinlich (nicht sicher), dass alle anderen auch ein relativ gutes Signal bekommen haben. Folie 23

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4.3 Global Games: Gleichgewicht Lösung: monotone Nashgleichgewichte • Schwellwertstrategien x* • Attacke von „i“, wenn xiA) • CN = φ(θ)B

Fall 3: Fehlgeschlagene Verteidigung (B SCB

ΑCB < SCB ⇒ Bopt =

⇒ Bopt = 0

 R (θ )  ΑCB + σ ln    2σφ (θ ) 

Verzicht auf Verteidigung, wenn die Attacke hinreichend stark erscheint

Attackensignal = erwartete Attackenstärke

Sofortige Abwertung

Sicherheitspuffer

Verteidigung Folie 36

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5.1 Zwischenfazit • Bopt ist nicht monoton wachsend in θ • Unterschied zu klassischen Global Games • Literatur: • Hier:

B = Verteidigungspotential B = realisierte Maßnahmen

Global Game Ansatz der Literatur benötigt zusätzliche Annahmen Graphische Darstellung

Folie 37

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5.1 Gleichgewichtsanalyse Die Aggressivität der Spekulanten nimmt mit wachsenden d * x 0 dφ

Bessere Fundamentaldaten θ senken die Krisenwahrscheinlichkeit, da 1) auch bei stärkeren Attacken verteidigt wird 2) Sicherheitspuffer wächst Folie 38

d P ( ACB < SCB ) > 0 dθ

 R (θ )  d σ ln   > 0 dθ  2σφ (θ ) 

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Gliederung 1. 2. 3. 4. 5.

Wechselkurse Wechselkursregime Spekulative Attacken Modelle in der Literatur Bauer/Herz: Does it pay to defend? 1. Modell 2. Empirie

Folie 39

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5.2 Empirische Resultate

80

90

100

110

BIP real: Venezuela

1994

1998

2002 Folie 40

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5.2 Daten und Krisenindikatoren 32 Schwellenländer 1990 bis 2005 65 sofortigen Abwertungen 23 erfolgreiche Verteidigungen 49 fehlgeschlagene Verteidungungen Krisendefinition vgl. Eichengreen, Rose & Wyplosz 1995

• Abwertungsindex: nominaler US Dollar Wechselkurses • Interventionsindex: Währungsreserven und Zinsanstieg Folie 41

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6

5.2 Wachstumsraten vor und nach Krisen

2

4

sofortige Abwertung

-2

0

erfolgreiche Verteidigung

-6

-4

fehlgeschlagene Verteidigung -24

0

Folie 42 Zeit in Monaten, Krise = 0

24

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sofortige Abwertung

Abwertung

2

4

6

5.2 Wachstumsraten vor und nach Krisen

EMPI

fehlgeschlagen e Verteidigung

-6

-4

-2

0

erfolgreiche Verteidigung

-24

0 Zeit in Monaten, Krise = 0 Folie 43

24

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Sofortige Abwertung

0 1 2 3 4

Fehlgeschlagene Verteidigung

0 1 2 3

Erfolgreiche Verteidigung

0 1 2 3 4

5.2 Krisenfolgen: Abweichung vom Wachstumspfad

-20%

-10% Folie 44

0%

10%

20%

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5.2 Krisenfolgen: Panel Schätzung Fehlgeschlagene Verteidigung

Sofortige Abwertung

Erfolgreiche Verteidigung

Alle Krisen

GROWTH*j =∑i βi Xij+εj M1 growth rate

-0.12

-0.16

0.00

0.03

REER growth rate

0.07

-0.06

0.11

-0.18

RESMG growth rate

0.03

0.00

0.01

-0.36

FDI/GDP

0.35

0.78

0.72

6.34

TRADE/GDP

-0.03

-0.05

0.10

-0.02

GROWTH change 3 months

-0.73

-0.25 4.44

1.12 -5.75

6.69 -17.70

Intercept Dummy erfolgreiche Verteidigung

0.12

Dummy sofortige Abwertung

0.34

Dummy fehlgeschlagene Verteidigung

Folie 45

-1.35

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5.3 Fazit • Währungskrisen sind nicht homogen unterschiedliche Vorgeschichte und Folgen

• Verteidigung ist eine Risikoentscheidung • Differenzierung ⇒ bessere Prognose – der Erfolgs-Wahrscheinlichkeiten/Indikatoren – der Folgen

• Potential für wirtschaftspolitische Empfehlungen – Wann ist eine Verteidigung sinnvoll? Folie 46

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5.3 Ausblick

• Theorie – Dynamik und Feedback von Maßnahmen der Notenbank auf die Fundamentaldaten – Modellierung des Principal-Agent Problems – Informationsqualität Notenbank und Spekulanten – Inländerkapital, Kapitalverkehrskontrollen (China, Indien) – Staatliche Liquidität • Empirie – Verbreiterung des Datensatzes (Länder, Zeit, Variablen) – Integration staatlicher Liquidität – Ungewissheit als Test (Consensus Daten) – Tests auf Schätzfehler anstelle von Fundamentaldaten Folie 47