Die Klarinette in der Oper

Universität für Musik und darstellende Kunst Graz Fachbereich Orchesterinstrumente/Klarinette Wissenschaftliche Masterarbeit Die Klarinette in der ...
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Universität für Musik und darstellende Kunst Graz

Fachbereich Orchesterinstrumente/Klarinette

Wissenschaftliche Masterarbeit

Die Klarinette in der Oper von

Nenad Mitić

unter der Betreuung von

Ao.Univ.Prof Mag.Phil Dr.Phil Ingeborg Harer Institut 15 Alte Musik und Aufführungpraxis

Graz, November 2015

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Meinen Eltern Čedomir und Svetlana und meiner Schwester Ana, die mich immer unterstützt haben.

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Abstract From the Baroque period to the very present day the clarinet has found wide use in the complex form of opera music because of its diverse performative possibilities. This study examines the multifold appearance of the clarinet in operas. By giving a historical overview as well as an analysis of important solos, the aim of the present thesis is to present the clarinet in its role as an indispensable instrument in opera orchestras, as well as its function as an important dramatic element, closely associated with the events on the stage. Based on literature, the first and second chapters discuss the historical development of the instrument, including a chronological overview of its implementation in opera works. The third chapter introduces selected clarinet solos emphasizing at the same time the importance of detailed knowledge of the respective orchestral score as the fundamental starting point for practicing and finally performing the solo passages.

Kurzfassung Von der Barockepoche bis heute findet die Klarinette wegen ihrer vielfältigen darstellerischen Möglichkeiten breite Anwendung in der komplexen Form der Opernmusik. Diese Arbeit widmet sich der vielfältigen Verwendung der Klarinette in Opernwerken. Ziel der Arbeit ist, mit einem historischen Überblick und der Analyse bedeutender Soli, die Klarinette in ihrer Rolle als unverzichtbares Instrument des Opernorchesters und ihrer Funktion als ein wichtiges dramatisches Element, das eng mit den Geschehnissen auf der Bühne verbunden ist, darzustellen. Im ersten und zweiten Kapitel wird anhand einer literaturgestützten Besprechung die historische Entwicklung des Instruments aufgezeigt, sowie ein chronologischer Überblick ihrer Verwendung in Opernwerken gegeben. Das dritte Kapitel stellt ausgewählte Klarinettensoli vor und unterstreicht die notwendige Kenntnis der Orchesterpartitur und des Librettos für die Einübung und Ausführung der Solostellen.

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Inhaltsverzeichnis Vorwort ............................................................................................................... 6 Einleitung............................................................................................................ 8 1. Historische Entwicklung der Klarinette ........................................................... 10 1.1 Die Barockklarinette .................................................................................... 11 1.2 Die klassische Klarinette ............................................................................. 18 1.3 Der weitere Entwicklungsverlauf der Klarinette ........................................... 31 2. Der Einsatz der Klarinette in Opern ................................................................ 39 2.1 Historischer Überblick.................................................................................. 41 2.2 Jean-Phillippe Rameaus frühe Verwendung der Klarinette im Opernorchester: Zoroastre ............................................................................................................ 51 3. Ausgewählte Soli für Klarinette: Überblick der wichtigsten Soli ...................... 57 3.1 Wolfgang Amadeus Mozart, La clemenza di Tito ........................................ 64 3.1.1 Historischer Hintergrund .......................................................................... 65 3.1.2 Klarinettensoli .......................................................................................... 68 3.1.2.1 Arie des Sesto: Parto, parto, ma tu ben mio ........................................ 68 3.1.2.2 Vitellias Rondo: Non piú di fiori............................................................ 74 3.2 Giacomo Puccini, Tosca .............................................................................. 81 3.2.1 Historischer Hintergrund .......................................................................... 82 3.2.2 Klarinettensolo ......................................................................................... 85 3.2.2.1 E lucevan le stelle................................................................................ 86

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3.3 Giuseppe Verdi, La forza del destino .......................................................... 94 3.3.1 Historischer Hintergrund .......................................................................... 95 3.3.2 Klarinettensolo ......................................................................................... 97 3.3.2.1 Dritter Akt, Erste Szene ....................................................................... 99 3.4 Carl Maria von Weber, Der Freischütz ........................................................ 105 3.4.1 Historischer Hintergrund .......................................................................... 106 3.4.2 Klarinettensolo ......................................................................................... 108 3.4.2.1 Ouvertüre ............................................................................................ 109 Zusammenfassung ............................................................................................. 114 Inhaltsverzeichnis ............................................................................................... 116 Quellen und Sekundärliteratur .......................................................................... 116 Noten ................................................................................................................. 118 Internetquellen................................................................................................... 118 Abbildungsnachweise ........................................................................................ 118

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Vorwort Licht senden in die Tiefen des menschlichen Herzens ist des Künstlers Beruf. Robert Schumann Die Zeit meiner Ausbildung an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz war für mich persönlich ein wichtiger Wendepunkt hin zur Entwicklung neuer Ideen und einer neuen Denkweise über die Musik. Insbesondere bin ich dafür meinem Professor im künstlerischen Hauptfach Klarinette, O.Univ.Prof. Stefan Schilling, dankbar, der mich in seinen Stunden zu Engagement und Offenheit hinsichtlich meines Musikverständnisses inspirierte. Das Operngenre zeigt deutlich, dass die Auseinandersetzung mit dem Instrument allein nicht ausreichend ist, sondern dass der Sinn von Arbeit, Fortschritt und Weiterbildung auf dem Verständnis des gesamten Musikwerks und der Analyse der gesamten Partitur, nicht nur der eigenen Parts, basiert. Dieses Arbeitsprinzip ist auf alle Genres und Formen anwendbar. Das Bekenntnis zu einer solchen Form der Auseinandersetzung mit Musik inspiriert mich in meiner täglichen Arbeit. Mein großes Interesse für die Opernmusik und konkret für die Rolle der Klarinette in der Oper hat seinen Ursprung in Projekten der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz, während derer ich Mitglied eines Opernorchesters war. Besonders

inspirierten

mich

die

Komplexität

des

Genres,

sowie

die

Zusammenarbeit mit einer großen Anzahl von Kolleginnen und Kollegen bei der Vorbereitung und Ausführung dieser Projekte. Diese Arbeit entstand gerade aus der Motivation und dem Wunsch heraus, die konkrete Verwendung der Klarinette in Opernwerken näher zu betrachten. An dieser Stelle möchte ich mich zunächst bei Professorin Ao.Univ.Prof. Mag.phil. Dr.phil. Ingeborg Harer für ihre konstruktiven Ideen und ihre fachlich kompetente Betreuung bedanken. Mein Dank gilt außerdem Seraina Spirig und Sibylle Pahola für das Korrekturlesen der Arbeit. Zum Schluss möchte ich mich bei meinen Eltern,

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meiner Schwester und meiner Freundin für die große Unterstützung bei der Verwirklichung meiner beruflichen Ziele bedanken.

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Einleitung Die Oper ist eine der komplexesten Musikformen. Sie ist ein Gesamtkunstwerk, das Gesang, Orchestermusik, Theater, Libretto, Kostüme, bildende Kunst und manchmal Ballett als eine Art Tanz verbindet. Ein Teil der Oper und damit ein Teil des Opernorchesters zu sein, setzt ein hohes Maß an Professionalität und eine gute Vorbereitung voraus. Das Auftreten der Klarinette und die Aspekte der mehrere Jahrhunderte dauernden Entwicklung des Instruments trugen zur breiten Verwendung der Klarinette in verschiedenen Musikrichtungen und -formen bei. Gerade wegen ihrer Komplexität ist die Oper ein Genre, das das breite Möglichkeitenspektrum der Klarinette vollständig nutzt. Hauptziel dieser Arbeit ist, die Rolle der Klarinette im Opernorchester einerseits im historischen Sinne zu betrachten, mittels einer Übersicht des Entwicklungsverlaufs des Instruments und seiner Verwendung in Opernstücken, andererseits auch im praktischen Sinne, mit einer Auflistung der bekanntesten und am häufigsten geforderten Soli an Orchesterprobespielen und der Analyse einiger dieser Stücke. Die Darstellung der historischen Entwicklung der Klarinette und ihrer Verwendung in Opernwerken basiert auf einer literaturgestützten Analyse. Mit Fragen der Entwicklung der Klarinette,

ihres

Repertoires

und

der Aufführungspraxis

beschäftigen sich folgende Publikationen: Eric Hoeprich, The Clarinet (New Haven, 2008); Günter Dullat, Klarinetten, Grundzüge ihrer Entwicklung (Frankfurt am Mein, 2001); Johan van Kalker, Die Geschichte der Klarinetten (Oberems, 1997); Albert Rice, The Baroque Clarinet (Oxford, 1992) und The clarinet in the classical period, (Oxford, 2008) sowie Oskar Kroll, Die Klarinette (Kassel, 1965). Die historischen Fakten und konkreten Angaben in den angegebenen Werken dienen dieser wissenschaftlichen Arbeit über die Rolle der Klarinette in der Oper als Grundlage. Der zweite entscheidende Teil dieser Arbeit, der einen praktischen Überblick über die Rolle der Klarinette in Opernwerken gibt, basiert auf der Analyse von Notenbeispielen und Opernlibrettos.

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Es fällt auf, dass es in Bezug auf die Praxis, also in der Vorbereitung für den Beruf eines Orchestermusikers/einer Orchestrmusikerin kaum Handbücher gibt, die das Thema Solostellen in Opern aufbereiten. Ziel dieser Arbeit ist es daher auch eine Hilfestellung für die Vorbereitung der Klarinettensoli zu geben.

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1. Historische Entwicklung der Klarinette "The word 'clarinet', a diminutive of 'clarino', refers to the earliest clarinets' high, overblow register. The Italian, 'clarineto', presumably was uncommon when Buonanni was writing. The French form, 'clarinette', and German 'Klarinette' appeared by the mid century. The first appearance in Germany (as 'Clarinette'), dates to a document from 1710, when the Duke of Gronsfeld ordered twenty-nine musical instruments from the Denner workshop."

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Traditionell wird das Ende des 17. und der Beginn des 18. Jahrhunderts als Geburt der Klarinette gesehen und die Werkstatt der Denner-Familie in Nürnberg als ihr Geburtsort angegeben. Sie könnte im Zuge von Arbeiten am Chalumeau2 entstanden sein. Johann Christoph Denner zählte zu einem der besten Instrumentenbauer für Holzblasinstrumente in Europa seiner Zeit und einige seiner Instrumente sind bis heute aufbewahrt. Bei Johann Gabriel Doppelmayr lesen wir: "JOHANN CHRISTOPH DENNER, ein Flötenmacher, geboren zu Leipzig, den 13. August A.1655, begabe sich in dem achten Jahr seines Alters mit seinen Eltern nach Nürnberg, allda solche sich wohnhafft niederließen, und erlernte von seinem Vatter das Wildruff(r) und Horn-Drehen, welches dieser als seine Profession triebe, mit vielem Fleiss; Hirauf legte er sich auch auf die Flöten und andere blasende Instrumente zu machen, und brachte nach deme bey selbigen, da er sich zugleich in der Musique, die er ohne einem Lehrmeister begriefe, trefflich habilitierte, nach denen musikalischen Fundamenten eine so accurate Stimmung an, daß dergleichen Instrumenta, absonderlich aber seine Flöten, desswegen allenthaben, auch an denenn entferntesten Oertern, vor andern sehr starck gesuchet wurden. Zuletzt triebe ihn sein Kunst-Belieben annoch dahin an, wie er noch ein mehrers durch seine Erfindung und Verbesserung bey bemeldten Instrumenten dargeben mögte, dieses gute Vorhaben erreichte auch würcklich einen erwünschten Effect, indeme er zu Anfang dieses lauffenden Seculi, eine neue Art von Pfeiffen-wercken, die so genannte Clarinette, zu der Music-Liebenden großen Vergnügen, ausfande, ferner wiederum die vor alten Zeiten schon bekandte Stock- oder RackettenFagotte, endlich auch die Chalumeaux verbesserter darstellte. Er starb den 20. April A. 1707. und 1

Eric Hoeprich, The clarinet, New Haven 2008, S. 20-21. Das Chalumeau (aus grch. kalamos, lat. calamus) ist ein mit einem einzelnen Rohrblatt versehenes Instrument mit überwiegend zylindrischer Bohrung, das mit der Klarinette verwand ist. Der Begriff bezeichnete ursprünglich jede einfache Pfeife oder Dudelsackpfeife mit einem entweder doppelten oder idioglotten einfachen Rohrblatt, und so wurde er noch bei Marin Mersenne (Harmonie universelle, P. 1636/37) und Pierre Trichet (Traité des instruments de musique, um 1640, F-Psg, ms. 1070) gebraucht. Vgl. dazu Colin Lawson, Chalumeau, (übers.) Michael Birch/Peter Küpper, in: Ludwig Finscher (Hrsg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG), zweite neu bearbeitete Auflage, Sachteil, Band 2, Kassel 1995, S. 555-559. 2

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hinterliese zwey Söhne, welche den Ruhm ihres Vatters durch eine weitere Ausübung so wohl in geschickter Verfertigung als künstlicher Tractirung eben dieser Instrumenten annoch bestens befördern"

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Auf dieses Zitat aus den Historische Nachrichten von der Nürnbergischen Matematicis und Künstlern von Johann Gabriel Doppelmayr beziehen sich zahlreiche Wissenschaftler und Forscher in ihren Publikationen: Eric Hoeprich, Günter Dullat, Johan van Kalker, Albert Rice, Oskar Kroll, usw. Alle Autoren beziehen sich auf die erste schriftliche Erwähnung der Klarinette und ihren Erfinder Johann Christoph Denner. Es ist jedoch nicht klar, ob Johann allein an der Klarinette arbeitete oder sein Sohn Jakob an der Entwicklung des Instruments mitwirkte. "Die Priorität der Erfindung, ob denn nun Johann Christoph oder dessen Sohn Jakob Denner den entscheidenden Impuls gaben, oder ob nicht auch evtl. beide - gemeinsam oder jeder für sich - richtungsweisende Neuerungen vorgenommen haben, konnte bis heute nicht schlüssig geklärt werden, da es an eindeutig identifizierbaren und vollständig erhaltenen Instrumenten beider Meister mangelt."

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1.1 Die Barockklarinette Charakteristisch für die frühe so genannte Barockklarinette waren zwei Klappen und etwas später auch drei. Diese Holzblasinstrumente der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts waren üblicherweise in D oder C gestimmt. Die meisten, der bis heute erhaltenen Barockklarinetten sind aus Buchsbaum (buxus sempervirens), dessen Holz von sanft gelber Farbe mit der Zeit dunklere Nuancen erhält. Es existieren außerdem noch erhaltene Exemplare aus Ahorn, Obstholz und sogar aus Elfenbein. Die Klappen wurden hauptsächlich aus Messing gefertigt, seltener auch aus Silber. Klarinetten in D wurden üblicherweise aus drei Teilen hergestellt: Das Mundstück und die Birne wurden zu einem Stück vereint, das Mittelstück erhielt zwei Klappen und sieben Löcher und schließlich folgte der Becher mit einem Tonloch bzw. mit einer Klappe, abhängig von der Art des Instruments. Im

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Johann Gabriel Doppelmayr, Historische Nachrichten von der Nürnbergischen Mathematicis und Künstlern, Nürnberg 1730, S. 305-306. 4 Günter Dullat, Klarinetten: Grundzüge ihrer Entwicklung, Frankfurt am Main 2001, S. 13.

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Gegensatz dazu wurden die Klarinetten in C, aufgrund ihrer Länge, aus vier Teilen gefertigt. Der Mittelteil war in Ober- und Unterstück geteilt. Bei der frühen Klarinette mit zwei Klappen begegnen wir zwei gegenüberliegenden Klappen, die entweder für die Töne a1 (Daumenklappe, dient auch als Überblasklappe) oder b1 (Zeigefingerklappe) zuständig waren und beim gleichzeitigen Öffnen beider Klappen für den Ton h1. Der Ton h1 war aus zwei Gründen von zweifelhafter Tonqualität, erstens, wegen der doppelten Funktion der Daumenklappe, die für den Ton

a1

dient

sowie

eine

Überblasklappe

und

zweitens,

wegen

des

Registerwechsels war eine Verbesserung des Instruments notwendig. Bis zur Hälfte des 18. Jahrhunderts bauten einige Instrumentenbauer die Daumenklappe näher zum Mundstück und schufen ein zusätzliches Tonloch bzw. eine dritte e/h1 Klappe wurde auf dem Becher montiert, welche zwei Register der Klarinette miteinander verband. Damit wurde eine verbesserte Intonation des Tones b1 gewonnen,

welchen

man

jetzt

durch

das

Öffnen

von

beiden,

der

Daumen/Überblasklappe und der Zeigfingerklappe, ausführte. Außerdem wurden Klang und Stabilität des Tones h1 verbessert, welcher ein eigenes Loch bzw. Klappe erhielt. Bei den ersten Klarinetten waren die Klappen e/h1 auf der Rückseite des Instruments montiert und erreichbar mit dem linken oder rechten Daumen, abhängig von der Lage der Hand, später wurden sie an den Seiten eingebaut. Klarinetten mit drei Klappen wurden mit einem alternativen Tonloch auf dem Becher versehen, das mit dem kleinen Finger erreichbar war. Durch einfaches Drehen des Bechers konnte der Spieler der Barockklarinette die Lage der Hand wählen, ob die rechte Hand unter der linken ist oder umgekehrt. Eric Hoeprich erklärt in Anlehnung an den Musicus Autodidaktos von Johann Phillip Eisel (Erfurt, 1738), dass mit der Weiterentwicklung des Instruments, also einem Zusatz von mehr als drei Klappen, eine solche Wahl nicht mehr gegeben war. Es musste nun die rechte Hand unter der linken sein, was schließlich auch die heutige Praxis ist. 5

5

Vgl. Hoeprich, The clarinet, S. 26.

12

Die Intonation der Holzblasinstrumente des 18. Jahrhunderts waren nicht genau definiert und der traditionell gebrauchte Kammerton a1 konnte sogar um einen ganzen Ton variieren. Nachdem es keine internationalen Standardbestimmungen für Tonhöhen gab, konnte er zwischen Städten und unterschiedlichen Orchestern variieren, oft aber fügte er sich solchen Instrumenten, welche die Intonation nicht wechseln konnten, wie zum Beispiel der Orgel. Die Intonation, der bis heute erhaltenen Barockklarinetten bewegt sich zwischen a1 = 440 Hz und bis zu einem ganzen Ton tiefer als a1 = 390 Hz. Der Tonumfang dieser Klarinetten reichte von f bis c3, aber im Fall einer hohen Ausführungstechnik wäre es möglich, hohe Töne sogar bis zu a3 zu spielen. "Eine frühe Darstellung mit Grifftabelle finden wir bei [Georg Michael] Majer (1732). 1738 veröffentlich Joh. Ph. Eisel sein autodidaktisches Lehrbuch, und orientiert sich dabei ganz augenfällig an Majer. Beide geben einen Spielunfang von (tenor) f bis a2 resp. c3 an, '...doch ist es manchen Virtuosen nichts unmöglisches, bis eine 5te oder 6te höher zu blassen...'"

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Abbildung 1: Grifftabelle für zweiklappige Klarinette Bei frühen Klarinetten waren Mundstück und Birne zu einem Stück vereint. Ihre Trennung in zwei Einzelstücke fand in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts 6

Dullat, Klarinetten, S. 21.

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statt. Außerdem war es gebräuchlich, im Gegensatz zur zeitgenössischen Spielart, dass das Blatt an der Oberlippe angesetzt wurde. Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann sich die Praxis, nach der das Blatt an der Unterlippe angesetzt wurde, zu etablieren, wodurch eine bessere Staccato-Technik erreicht wurde.

Dies

ist

heutzutage

eine

allgemein

anerkannte

Methode

des

Klarinettenspiels. "V. Roeser (1764), der die erste 'praktische' Klarinettenschule [Essai d'Instruction à l'usage de ceux qui composent pour la clarinette et le cor. Paris, 1764] verfaßt hat und L. N. Berg gehören zu den ersten, die sich auch zur Ansatzfrage äußern. Bei ihnen finden wir Hinweise für den mandibularen Ansatz, wo das Blatt also 'unter' dem Mundstücken liegt, wofür sich auch der entsprechende Begriff 'Unterblasen' findet"

7

Nur sehr vorsichtig und zögerlich wurde sich diese neue Methode angeeignet, vor Allem in ihrer Frühphase. In Frankreich, Italien und England war die Position des Blattes an der Oberlippe auch weiterhin eine Standardpraxis, während es in Deutschland, Österreich und Böhmen Leute gab, die die neue Art des Klarinettenspiels akzeptierten. Dass es in Ländern deutschsprachiger Gebiete vor 1800 auch Klarinettenspieler gab, die die neue Methode anwendeten, zeigt ein Zitat aus Anweisung zur Klarinette nebst einer kurzen Abhandlung über das Bassett-Horn von Johann Georg Heinrich Backhofen, herausgegeben 1803: "Ob es übrigens besser sey, das Blättchen beym Blasen an die obere oder untere Lippe zu halten - was die Klarinettisten ober sich oder unter sich blasen nennen - will ich nicht entscheiden. Ich habe schon von beyden Methoden tüchtige Leute gehört. Gewohnheit macht hier alles."

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Sukzessiv etablierte sich jedenfalls der neue Ansatz, wobei die alte Gewohnheit des Klarinettenspiels oder die Anwendung der Methode des Unterblasens nicht verschwand und auch im 19. Jahrhundert weiterbestand. Anfang des 19. Jahrhunderts, genauer 1824, bemerkt Carl Bärmann in seiner schriftlichen Ausarbeitung, der Klarinetten-Schule (Vollständige Klarinetten-Schule von dem ersten Anfange bis zur höchsten Ausbildung des Virtuosen), dass die Hälfte aller

7

Dullat, Klarinetten, S. 22. Johann Georg Heinrich Backofen, Anweisung zur Klarinette nebst einer kurzen Abhandlung über das Bassett-Horn, Leipzig 1803, Karl Ventzke (Hrsg.), Celle 1986, S. 4. 8

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Klarinettenspieler bis nach 1830 die alte Methode benutzte. In Frankreich wurde die ursprüngliche Anblastechnik bis nach 1830 beibehalten und in Italien bevorzugte

Feruccio

Bussoni

in

seiner

Klarinetten-Schule

(Scuola

di

perfectionamento per il clarinetto) sogar 1883 den Ansatz des Blattes an der Oberlippe.9 Die Rolle der Klarinette in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, die ihr zuteil wurde, war keine bedeutungstragende und die Stimme keine ausdrucksvolle. Es stellt sich die Frage, was das relative Desinteresse der Komponisten und Klarinettenspieler an dem neuen Instrument auslöste? Offensichtlich lag das Grundproblem an technischen Mängeln, so dass allein dadurch das Potential des Instruments verborgen blieb. Die Klangfarbe war nicht zufriedenstellend, es war nicht möglich alle chromatischen Töne zu spielen und die Intonation variierte von Ton zu Ton. Diese Eigenschaften äußerten sich massiv und hingen zudem vom Hersteller ab. Hierzu äußert sich Geoffrey Rendall: "Bottom f with all fingers on and g with little finger removed would be satisfactory, a less so owing to bad ventig; f sharp, a flat/g sharp would be non-existent, unless the maker had provided twin holes for these notes: b flat, obtained by 'forking', i.e. with R. [die rechte Hand] 1 [der erste Finger] and 3 [der dritte Finger], would be very muffled and sharp, since it was in reality an insufficiently flattened b natural; b natural fingered with R.1 alone, and unaided at this period with a vent-key, would be too flat, or too sharp when fingered ac c' flat with R.2 [der zweite Finger], 3; c would be good; c' sharp, fingered as d' flat with L. [die linke Hand] 1,2 and R.1,2 wouth be wretched; d' and e' good, but e' flat forked with L.1 and 3 would be sharp and feeble; f' sharp fingered with L. thumb would be good if somewhat flat, but flattened to f' natural by the imposition of L.2 less satisfactory. Open g' with all fingers off would be a pure note, but raised to g' sharp by opening speaker, would be too sharp."

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Eine der bekanntesten grafischen Darstellungen und vielleicht auch eine der frühesten Zeichnungen einer Klarinette findet sich im Musikalischen Theatrum von Nürnberger Künstler Johann Christoph Weigel ca. aus dem Jahre 1722. Das Bild zeigt einen elegant gekleideten Klarinettisten und unter der Zeichnung befindet 9

Vgl. Dullat, Klarinetten, S. 22-23. Geoffrey Rendall, The clarinet, some notes upon his history and construction, London 1954, Philip Bate (Hrsg.), London 1971, S. 70. 10

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sich eine Beschreibung der Klangfarbe des Instrumentes, die, im schmeichelnden Sinne, mit der einer Trompete verglichen wird. "Wann der Trompeten-Schall will allzulaut erthönen, so dien das Clarinett auf angeneme weiß es darff den hohen-Thon auch niedern nicht entlehnen und wechselt lieblich um: Ihm bleibt hierdurch der preiß. darum manch Edler Geist, dem dieses werck beliebet Sich Lehr-begierig zeigt und embsig darin übet."

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Abbildung 2: Darstellung eines Klarinettisten aus Weigls Musikalischem Theatrum, 1722 11

Oskar Kroll, Die Klarinette, ihre Geschichte, ihre Literatur, ihre grossen Meister, Diethard Riehm (Bearb.), Kassel 1965, S. 34.

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Bekannte Instrumentenbauer, die Klarinetten mit zwei und drei (und später auch mit mehreren) Klappen fertigten waren: J. Denner (Nürnberg), J.W. Oberlender (Nürnberg), G. Crone (Leipzig), Gg.Hr. Scherer (Butzbach), G.A. Rottenburg (Brüssel), J.B. Williems (Brüssel) und Instrumente von Denner und Scherer stellten das höchste Niveau der Instrumentenbaukunst dar. Parallel zur Entwicklung der Klarinette erscheinen die ersten Kompositionen für das neue Instrument. Die frühesten bekannten Stücke für Klarinette sind die Duette Airs à Deux Chalumeaux, Deux Trompettes, deux Haubois, deux Violons, deux Flutes, deux Clarinelles, ou Cors de Chasse eines unbekannten Autors, herausgegeben in Amsterdam in der Zeit zwischen 1712 und 1715. Georg Philipp Telemann hat zum ersten Mal die Klarinette in seinen drei Kantaten aus dem Jahre 1720 verwendet und 1728 hat er in Serenata, zum Convivio der HH Burgercapitains zwei Klarinetten mit zwei Trompeten in D gepaart. Der innovative Gebrauch der Klarinette zeigt sich in drei Concerti grossi (RV 556, RV 559 und RV 560) von Antonio Vivaldi, geschrieben in den 1720 Jahren. In RV 559 und RV 560 sind Klarinetten sehr phantasievoll vereint mit zwei Oboen als Soloinstrumente in der Begleitung eines Streichorchesters und Basso-Continuos. Die ersten Solokonzerte für Klarinette findet sich in der Sammlung Johann Valentin Rathgebers Chelys sonora excitans spiritum musicorum digitis, auribus, ac anamis aus dem Jahre 1738. Georg Friedrich Händel komponierte ein interessantes viersätziges Kammermusikwerk Overture HWV 424 für zwei Klarinetten und ein Horn. Ferdinand Kölbel hat auch ein interessantes Trio für Klarinette, Horn und Kontrabass (Clarinet, Cornu de Schass et Bass) geschrieben. In den sechs Solokonzerten für Klarinette von Johann Melchior Molter findet sich eine verbreitete Verwendung des Hochregisters der Klarinette. Diese Konzerte stellen Werke höchster Qualität dar und sind wahrscheinlich für Solisten herausragender musikalischer Fähigkeiten geschrieben worden. Jean-Phillipe Rameau hat die Klarinette in drei seiner Opern einbezogen: Zoroastre (1749), Les Boréades, ou Abaris (1751) und Acante et Céphise, ou La sympathie (1764). Johann Stamitz, ein Komponist und Geiger aus Mannheim, arbeitete 1754 und 1755 in Paris und verwendete die Klarinette in drei Symphonien, außerdem komponierte er auch ein 17

Konzert für die Klarinette. Die dritte Symphonie von Johann Stamitz, in der er die Klarinette verwendete sowie das Konzert für Klarinette, sind die ersten Werke, die eine Klarinette in B mit vier oder fünf Klappen - klassische Klarinette erforderten.12 Durch die verbreitete Verwendung der Klarinette von Komponisten war es nahezu unvermeidlich, dass eine neue Entwicklungsstufe des Instruments folgte. "Nachdem die Klarinette nun schnell an Popularität gewann, erscheinen bald auch Instrumente mit vier und fünf Klappen, eine Klappe für den linken kleinen Finger für das Fis/cis, und eine Klappe für den rechten kleinen Finger für das Gis/dis (oder As/es)."

13

Im Laufe der Zeit, nachdem die Anfangsphase überwunden war, erhielt die Klarinette mehr Aufmerksamkeit, erlebte häufigere Einsätze und wurde schließlich international anerkannt. Mit der Entwicklung der klassischen Klarinette in B mit vier und fünf Klappen zeichnete sich ab, dass die Klarinette bis zum Ende des Jahrhunderts ein unverzichtbarer Teil des Orchesters, der Harmoniemusik, sowie ein wesentlicher Teil des Musiklebens großer kultureller Zentren wie Mannheim, München, Berlin, Paris, London und des gefeierten Wiener Kreises Haydn, Mozart und Beethoven ist.14 1.2 Die klassische Klarinette Die Werke Molters, Rameaus und Stamitzs zeigen gesteigertes Interesse für die Klarinette, welches wiederum eine Weiterentwicklung des Instruments sowie die ernsthafte Spielkunst des Klarinettenspielers erforderte. Als Konsequenz dieser wachsenden ausdruckstechnischen Anforderungen, hatten etliche Hersteller aus größeren

europäischen

Städten

ab

Mitte

des

Jahrhunderts

das

Instrumentendesign verändert. Die Ausführungen waren experimentierfreudig hinsichtlich aller Aspekte des Designs und jede dieser Veränderungen beinhaltete das Potential zur Reduzierung technischer Möglichkeiten des Instruments. Ende 1750

bzw.

Anfang 1760

evolvierte

die,

in

gewisser Weise,

begrenzte

Barockklarinette zu einer flexibleren so genannten klassischen Klarinette. Oft 12

Vgl. Hoeprich, The clarinet, S. 31-40. Johan van Kalker, Die Geschichte der Klarinetten, eine Dokumentation , Oberems 1997, S. 70. 14 Vgl. Hoeprich, The clarinet, S. 40. 13

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wurden Klarinetten den individuellen Wünschen des Virtuosen angepasst, immer mit dem Ziel einer akustischen und spieltechnischen Perfektionierung des Instruments. Anfangs hatten andere Holzbläser, wie zum Beispiel Oboisten, Trompeten- und Hornspieler etc., die Klarinette gespielt, doch mit zunehmenden technischen Anforderungen war dies nicht mehr möglich, da die Klarinette ein eigenes Geschick erforderte. "Die klassische Klarinette (mit 5 Klappen) erlangte bald eine große Popularität. In wenigen Jahren eroberte sie sich einen festen Platz in den vielen Hofkapellen, und es wurden jetzt auch feste Klarinettisten angestellt, während die Klarinette früher von den Oboisten, Flötisten oder sogar Hornisten mitgespielt (gedoubled) wurde."

15

Seit 1760 und bis 1830 waren Klarinetten überwiegend aus Buchsbaum (Buxus sempervirens), Ebenholz (Drospyros ebeninus) oder Elfenbein gefertigt worden. Das populärste Material aber, welches heutzutage noch benutzt wird, ist afrikanische Grenadill (Dalbergia melanoxylon), welches gelegentlich seit 1830 verwendet wurde. Die frühe klassische Klarinette mit vier Klappen erschien zwischen 1750 und 1760 und bestand wie die Barockklarinette aus vier Teilen, also mit dem Mundstück und Birne vereint zu einem. "Die vierte Klappe (um 1760) wird von einigen Werkstätten als as/es2 Klappe am Instrument hinzugefühgt. Andere wiederum (z.B. Roeser, s.u.) sehen eine Kleinfingerklappe der Linken Hand für fis/cis2 vor. Beide Einrichtungen finden sich dann später an dem Fünfklappeninstrument wieder. Wenn man eine Parallele zu der Entwicklung der klappen am Bassethorn ziehen will, muß man davon ausgehen, daß zunächst die as/es2 Klappe angebracht wurde. Bei Klarinetten, die diese Klappe als vierte Klappe aufweisen, wurde in der Regel das tiefste Tonloch für fis/cis2 doppelt abgelegt.“

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Die Klarinette mit vier Klappen stellt einen Übergang zwischen der Klarinette mit drei und der berühmten klassischen Klarinette mit fünf Klappen dar. Mit dem Auftreten der klassischen Klarinette wurde, wegen der Lage der Klappen, die Haltung der Hand beim Spielen definitiv bestimmt. Das ist, wie wir in der heuten 15 16

van Kalker, Klarinetten, S. 77. Dullat, Klarinetten, S. 23.

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Praxis sehen, die linke Hand oben - die rechte unten. Mit der Zeit wurde die klassische Klarinette, wegen ihrer Länge, vor allem aber Klarinetten in B und in A, im Zuge einer technische Umgestaltung von den Hersteller, in mehr Teile geteilt als die Barockklarinette. Während des späten 18. Jahrhunderts verfolgte man die Praxis den Trichter in zwei Teile zu teilen, auf diese Weise befand sich zwischen dem Stück für die rechte Hand, dem Unterstück und dem kleineren Trichter, ein Stück, welches die beiden verband. "During the late eighteenth century, makers created a separate stock section with tenons at both ends to fit the sockets of the right-hand finger hole joint and a smaller bell. As a result many late-eighteenth- and earla-nineteenth-century clarinets have six sections: mouthpiece, barrel, lefthand joint, right-hand joint, stock and bell"

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Im Hinblick darauf, dass auch weiterhin keine Standardintonation für die Klarinette festgelegt wurde, besaß jede Stadt einen eigenen Standard. Die Tonhöhe von heute noch erhaltenen Instrumenten kann fast um einen Halbton abweichen, also sind die Klarinetten mit mehreren Birnen unterschiedlicher Länge ausgestattet worden, um die Intonation zu reduzieren. Albert R. Rice erklärt, dass die Intonation der Klarinette des 18. und 19. Jahrhunderts vom sehr tiefen a1 = 397 bis zum besonders hohen a1 = 455Hz variieren konnte. Die Intonation der meisten deutschen, französischen, italienischen und englischen Klarinetten aus der Zeit zwischen 1765 und 1800 variieren von a1 = 415 bis a1 = 430Hz, jedoch Instrumente, die nach 1800 gebaut wurden, wurden häufig auf a1 = 440Hz oder mehr gestimmt. Ein Beispiel einer außerordentlich tiefen Intonation sind zwei erhaltene französische Klarinetten in C von Savary Père, deren Intonation von a1 = 397 bis a1 = 399Hz variieren.18 Die verbreitetste Klarinette im Laufe des 18. und teilweise 19. Jahrhunderts war die mit fünf Klappen, welche, versehen mit einer erweiterten Technik, eine größere Flexibilität der Finger ermöglichte. Im Zuge einer Perfektionierung des Instruments strebte man danach ein repräsentatives Modell einer Klarinette zu bauen, das man anderen Modellen vorziehen würde. Dieses Ziel wurde durch die Klarinette mit fünf 17 18

Albert R. Rice, The clarinet in the classical period, Oxford 2008, S. 11. Vgl. Rice, The clarinet, S. 22.

20

Klappen gänzlich verwirklicht. Sie verkörperte das Standardmodell der Klarinette des 18. Jahrhunderts für Klarinettenspieler der ganzen Welt. Hergestellt wurde sie in Böhmen, Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, England, Belgien, Holland, Dänemark, Amerika und einige der frühesten und bekanntesten Instrumentenbauer waren: Augustin Grenzer und Jakob Grundmann (ihre Instrumente zeigten den höchsten Standard des Klarinettenbaus), Prudent Thierriot, Jean-Jacques Baumann (dessen Klarinette der erste Professor für Klarinette am Pariser Konservatorium benutzte – Xavier Lefèvre19), Theodor Lotz (ein Mitarbeiter Mozarts und Anton Stadlers), Franz Doleisch, Thomas Collier, Rottenburg, Christiani, Peter Appelberg, Andrea Fornari, Jeremias Schegel, Jakob Anthony etc. Das Instrument war weit davon entfernt perfekt zu sein, dennoch hat die Zahl der Klappen den technischen Gebrauch des Instruments um Einiges vereinfacht und dadurch erhielt es eine große Popularität. Einen einfachen Überblick über die Klappen finden wir bei Günter Dullat: "Klarinetten, die nach 1770 mit fünf Klappen (und mehr) gabaut werden, sehen Klappengriffe für folgende Töne vor: 1. Daumen- (Dorsal-)klappe b1/h1 (Überblasklappe) 2. a1 (vorderständig, für den Zeigfinger) 3. e/h1 (zunächst Langstielklappe, dann linke Kleinfingerklappe) 4. fis/cis2 (Kleinfinger- oder Langstielklappe; direkt neben der e/h1 –Klappe plaziert) 5. gis/dis2 (rechte Daumenklappe)“

20

Der Umfang der klassischen Klarinette bewegte sich von e bis g3 und ist auf vier Register aufgeteilt: Tiefes Register (Chalumeau-Register), mittleres Register (Kehlkopfregister), hohes Register (Klarinettenregister) und höchstes- oder extremes Register. Das erste Register umfasst Töne von e bis f1 und das ist auch der Tonumfang der Chalumeau des 18. Jahrhunderts, woher auch der Name kommt. Das hohe Register umfasst Töne von b1 bis c3 bzw. alle Töne, die um eine Duodezime höher als die Töne des tiefen Registers sind. Das mittlere Register 19 20

Vgl. Hoeprich, The clarinet , S. 71. Dullat, Klarinetten, S. 25.

21

verbindet die beiden zuvor erwähnten und enthält Töne von fis1 bis b1, während das höchste Register die Töne von cis3 bis g3 umfasst. Natürlich stets in Abhängigkeit des Geschicks und Fantasiereichtums des Interpreten bzw. der Experimentierfreude an der Grifftechnik, war es möglich auch höhere Töne zu erzeugen. Gleichfalls spielte, neben alternativen Griffkombinationen, für das Ausführen höherer Töne als g3 auch der Druck, den die Lippen auf das Mundstück generieren eine wichtige Rolle.21 Der Umfang der heutigen Klarinette ist auf die gleiche Weise geteilt, mit dem Unterschied, dass das höchste Register Töne bis c4 miteinschließen. Im Unterschied zur Oboe oder Flöte besaß die Klarinette keine Möglichkeiten in allen Tonalitäten zu spielen. Es war notwendig Klarinetten in verschiedenen Größen und Stimmungen herzustellen. Obwohl die Klarinetten in C und in A existierten, waren der Großteil der klassischen Klarinetten in B gestimmt und mit einem speziellen Zusatz versehen, den so genannten Corps de rechange bzw. Mutationen war es möglich die Stimmung des Instruments zu korrigieren. Corps de recharge sind alternative bzw. veränderbare Teile der Klarinette und zwar ein Teil für die linke sowie ein Teil für die rechte Hand, kleiner oder großer Größen, welche beim Gebrauch die Grundstimmung des Instruments veränderte. Am häufigsten wurden sie für die Veränderung der Stimmung der Klarinette in B nach A angewendet. Ende des 18. Jahrhunderts und Beginn des 19. kamen Corps de rechange häufig zum Einsatz und waren schließlich elementarer Teil der Ausrüstung eines Klarinettisten. "In der Teilung des gesamten Griffstückes deutet sich bereits die Möglichkeit an, Austauschstücke (Wechselstücke, Mutationen oder sogen. Corps de rechange auch pièces de rechange) für unterschiedlische Stimmungen vorzusehen, die schon um 1780 von einigen Herstellern angeboten werden und bereits zwanzig Jahre später zur gehobenen Ausstattung eines Klarinettisten gehören.“

22

Allerdings stellt sich ihr Einsatz als ein großer Kompromiss dar. Mit der Anwendung von Corps de recharge und dem Wechsel der Stimmungen des 21 22

Vgl. Rice, The clarinet, S. 10. Dullat, Klarinetten, S. 24.

22

Instruments wurde die technische Ausführung erleichtert und es war nicht mehr notwendig,

zu

improvisieren,

sich

also

neue

Griffkombinationen

für

unterschiedliche Tonalitäten auszudenken. Indessen, sorgten die Corps de recharge nicht immer für zufriedenstellende Intonation und Ausdruck, da sich mit ihrer Benutzung der Luftdurchfluss durch das Instrument änderte. Nach der Reform Iwan Müllers und der Invention der Klarinette, die in allen Tonalitäten spielen konnte, gab es für Corps de rechange keine weitere Verwendung.

Abbildung 3: Klassiche Klarinetten mit fünf Klappen

23

Bis Ende des 18. Jahrhunderts konnte die Klarinette ihren Platz in Orchestern festigen und ihre Rolle nahm an Bedeutung zu, was auch weiterhin die Erscheinung virtuoser Klarinettisten bedingte. Die beiden besonders erfolgreichen Opernkomponisten Christoph Willibald Gluck und Giovanni Paisiello nutzen die Klarinette in den meisten ihrer Opern und Gluck selbst hatte einen wichtigen Einfluss auf den jungen Mozart. Haydn hat die Klarinette in der Zeit zwischen 1793 und 1795 in fünf Sinfonie eingebunden: 99, 100, 101, 103, 104. Ihre Rolle in diesen Symphonien war zwar nicht übermäßig groß, dafür aber erhielten sie anspruchsvollere Stimmen in den Oratorien Die Schöpfung/The Creation (1798) und Die Jahreszeiten/The Seasons (1801). Bei Mozart trat die Klarinette in der Revision der Sinfonie KV 385 (1782) und KV 550 (1788) auf, welche im Original ohne Klarinettenstimme komponiert worden sind. Relativ bescheidene Stimmen zeigen sich auch in der Pariser Sinfonie KV 297 (1778), eine ernstzunehmende Rolle allerdings erhält die Klarinette in der Sinfonie KV 543 (1788), sowie in der erwähnten Revision Sinfonie KV 550 (1788). Eine wichtige Rolle spielt sie auch in Mozarts Opern Idomeneo (1780-1781), Die Entführung aus dem Serail (17811782), Le nozze di Figaro (1786), Don Giovanni (1787), Cosi fan tutte (1790), Die Zauberflöte (1791) und La Clemenza di Tito (1791). Herausragende Stimmen für Klarinette sind in einigen der schönsten Klavierkonzerte vertreten: Es-Dur KV 482, A-Dur KV 488 und c-Moll KV 491. Beethoven hat die Klarinette in allen neun Sinfonien einbezogen, entstanden in der Zeit zwischen 1800 und 1824, sowie in vier von fünf seiner Klavierkonzerte. Seine Tendenz in entfernten Tonalitäten zu modulieren stellt, wegen der technischen Mängel, ein besonderes Problem dar. Ein sehr bedeutendes Solo für Klarinette, das heutzutage Teil des Standardrepertoires für Orchester-Probespiele ist, findet sich in der vierten Sinfonie B-Dur op. 60 (1806), in der sechsten Sinfonie Pastorale F-Dur op. 68 (1807-1808) und in der achten Sinfonie F-Dur op. 93 (1811-1812). Weitere herausragende Soli finden wir im ersten (C-Dur op. 15 (1795-1801)) dritten (c-Moll op. 37 (1800-1803)) und fünften (Es-Dur op 73 (1809)) Klavierkonzert, Fantasie für Klavier, Chor und Orchester Chorfantasie c-Moll op. 80, Messe C-Dur op.86 und in Missa Solemnis op.123. Andere Komponisten außerhalb des Wiener Kreises, die Klarinette in ihren 24

Orchesterwerken verwendeten waren: Johann Stamitz, Francois Joseph Gossec, Luigi Cerubini, Franz Xavier, Thomas Pokorný, Theodor von Schacht, William Herschel, Anton Zimmerman, Carlo Giuseppe Toechi, Christian Cannabich, Ignaz Fränzl, Wenzel Pichl.23 Je mehr Bedeutung der Rolle der Klarinette im Orchester zukam und je anspruchsvoller ihre Stimme wurde, desto avancierter schritt das Solorepertoire voran und die Komponisten nutzten das große Potenzial der Klarinette in diesen Werken, ihren weiten Umfang, die einzigartige Klangfarbe sowie das breite dynamische Spektrum. "At least a hundred composers wrote clarinet concertos during the eighteenth century, and the instrument's popularity increased during the nineteenth century... During the 1770s, clarinet concertos began to be popular concert items in Paris, London and other cities. Starting in 1780, composers and players wrote many clarinet concertos, culminating in the masterpieces of Mozart, Spohr and Weber.“

24

Das früheste klassische Konzert für Klarinette, und wahrscheinlich das erste für Klarinette in B, hat Johann Stamitz komponiert. Dazu wurde das tiefe sonore Register in seiner ganzen

Fülle genutzt. Es treten große Intervallsprünge auf,

manchmal auch über zwei Oktaven, und außerdem wurden verschiedenen Artikulationen verwendet. Das alles lässt darauf schließen, dass es für einen sehr erfahrenen Klarinettenspieler komponiert worden war. Die Spannweite des Tones, die im Konzert genutzt wurde, reicht von e bis f3. Der Sohn Johann Stamitzs, Carl Stamitz, schrieb zehn Konzerte für Klarinette, sowie zahlreiche Quartette für Klarinette und Streicher. In seinen Werken nutzt er das volle Potential des Instruments: Große Sprünge, chromatische Bewegungen, schnelle Passagen und große dynamische Möglichkeiten. Freilich ist das Klarinettenkonzert von Mozart in A-Dur KV 622, komponiert 1791, das bekannteste Konzert für Klarinette. Dieses Werk ist elementarer und nie ausgelassener Teil des Repertoires beinahe jedes Probespiels.

Die

Konzertaktivitäten

umfassten Werke

einer Vielzahl

von

Komponisten, die sich der Klarinette gewidmet haben und diese Zahl stieg Jahr für 23 24

Vgl. Hoeprich, The clarinet, S. 74-78. Rice, The clarinet, S. 149-150.

25

Jahr: Franz Anton Hoffmeister, Leopold Kozeluch, Joseph Leopold Eybler, Carl Andreas Goepfert, Xavier Lefèvre, Michael Yost, Joseph Beer, Johan Christoph Vogel, Franz Tausch, John Mahon, Johann Georg Heinrich Backofen, Franz Krommer, Johann Baptist Wanhal, Phillip Meisner, Franz Xavier Süssmayr, Bernard Henrik Crusell.25 Neben Mozarts Klarinettenkonzert stellen sich die Konzerte von Louis Spohr und Carl Maria von Weber als Höhepunkt dieser Entwicklungsrichtung solistischer Musik für Klarinette dar. Spohr hat vier Konzerte für Klarinette komponiert: c-Moll op. 26 (1808), Es-Dur op. 57 (1810), f-Moll WoO 19 (1821) und e-Moll WoO 20 (1828). Weber komponierte zwei: f-Moll op. 73 (1811) und Es-Dur op. 74 (1811), allerdings sind das bereits Werke, welche forgeschrittenere Instrumententypen erforderten. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden in diversen Ensembles eine große Anzahl von Kammermusikwerken für Klarinette aufgeführt. Unter den berühmtesten dieser Werke der späten 1760er Jahre waren Duette für zwei Klarinetten. Es befanden sich Originalwerke und Adaptionen populärer Lieder sowie Opernarien darunter, deren bekannteste Autoren waren: William Bates, Valentin

Roeser,

Jean

Jacques

Rousseau,

Gaspard

Procksch,

Amand

Vanderhagen. Duette für Klarinette und Klavier traten 1780 auf und wurden von Franz Anton Pfeifer, François Devienne, François-Joseph Garnier, François René Gebauer, Karl Andreas Göpfert und Franz Tausch komponiert. Xavier Lefèvre, François Fevienne, Franz Anton Hoffmeister, Johann Baptiste Wanhal, Anton Eberl komponierten Sonaten bzw. Duette für Klarinette und Klavier. Carl Phillip Emanuel Bach, Florian Leopold Gassmann, Johann Baptist Wanhal und Georg Christoph Wagenseil schrieben die frühesten Trios. Unter den bekanntesten sind: Kegelstatt Trio KV 498 (1786) von Mozart für Klarinette, Violine und Klavier, sowie das Trio für Klavier, Klarinette und Violoncello, op.11 (1797-1798) von Beethoven. Die berühmteste Form der Kammermusik in Verbindung mit der Klarinette des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts waren Quartette in folgender Besetzung: 25

Vgl. Hoeprich, The clarinet, S. 78-82.

26

Klarinette, Violine, Bratsche und Violoncello. Die frühesten Komponisten dieser Quartette waren Carl Stamitz, Christian Cannabich und Johann Kuchler und ihre Werke wurden in den 70er Jahren des 18 Jahrhunderts veröffentlicht. Unter den erhaltenen Quartetten finden sich Kompositionen von Frédéric Blasius, Georg Friedrich Fuchs, Michael Yost, Johann Christoph Vogel, Charles Bochsa, Paul Struck, Franz Anton Hoffmeister, Karl Andreas Goepfert, Xavier Lefèvre, Johann Nepomuk Hummel, Iwan Müller, sowie einige Transkriptionen von Mozart. Die Quartette von Franz Krommer und Bernard Henrik Crusell sind allerdings die bekanntesten. Quintette für Klarinette und Streichquartett im 18. Jahrhundert waren eine seltene Kombination, in dieser Verbindung jedoch findet sich eines der bekanntesten Kammermusikwerke in der Kammermusik-Literatur für Klarinette, nämlich das viersätzige Quintett KV 581 (1789) von Mozart. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts

komponierten

Johann

Georg

Heinrich

Backofen,

Sigismund

Neukomm, Joseph Küffner, Andreas Romberg, Anton Reicha, Franz Krommer Quintette für Klarinette und Streichquartett. Das bekannteste ist das brillante Quintett J. 182 (1815) von Carl Maria von Weber. 26 Ein erwähnenswertes und sehr interessantes Kammermusikwerk ist das Quintett für Klavier und Bläser (Oboe, Klarinette, Horn und Fagott) Es-Dur KV 452 (1784). Mozart hat als erster diese Besetzung verwendet und das Werk genoss eine ausnehmende Anerkennung. "783. Mozart an seinen Vater, Salzburg Vienne ce 10 d'avril 1784 Ich habe 2 grosse Concerten [die Klavierkonzerte in B KV 450 und in D KV 451] geschrieben, und dann ein Quintett [das Klavierquintett mit Bläsern in Es KV 452], welches ausserordentlichen beyfall erhalten; – ich selbst halte es für das beste was ich noch in meinem leben geschrieben habe. – es besteht aus 1 oboe, 1 clarinetto, 1 Corno, 1 fagotto, und das Piano forte; – Ich wollte wünschen sie hätten es hören können! – und wie schön es aufgeführt wurde!"

27

26

Vgl. Rice, The clarinet , S. 182-197. Wilhelm A. Bauer und Otto Erich Deutsch (Hrsg.), Mozart, Briefe und Aufzeichnungen, Band III, Kassel 2005. 27

27

Die gleiche Besetzung an Instrumenten benutzte Ludwig van Beethoven später in seinem Werk, Quintett Es-Dur, op.16 (1796-1797) und Franz Danzi in, Quintett op.41. Ein weiteres populäres Werk aus dieser Periode ist Beethovens Septett op. 20 (1800) für Klarinette, Horn, Fagott, Violine, Bratsche, Violoncello und Kontrabass, später neu bearbeitet als Klavier-Trio mit Violine, Klarinette oder mit Violoncello. Ein großer Teil aus dem Repertoire der klassischen Klarinette beinhaltet Harmoniemusik bzw. Blasmusik. Ein Kennzeichen dafür ist die große Anzahl an Duetten für Klarinette sowie Trios für Klarinette in Kombination mit anderen Blasinstrumenten, die im 18. Jahrhundert entstanden sind. Das Handbuch der musikalischen Literatur (1817) von Anton Meysel zeigt eine Liste von Harmoniemusik-Kompositionen, wovon mehr als fünfhundert Werke für Klarinette sind. Die Liste umfasst Werke von Johann Christian Bach, Johann Baptist Wanhal, Giovani Giuseppe Cambini, Adalbert Gyrowitz, François Devienne, Carl Stamitz, Ignace Pleyel, Franz Hoffmeister, Franz Krommer, Francesco Antonio Rosetti, Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven und Louis Spohr. Die Divertimenti KV 166 und KV 186 (1773) waren die frühesten Harmoniemusik-Werke Mozarts, die die Klarinette einbezogen hatten. Neben zwei Klarinetten formten je zwei Oboen, Englischhörner, Hörner und Fagotts die Besetzung. Mozarts erstes Bläsersextett (zwei Klarinetten, zwei Hörner, zwei Fagotte) mit Klarinetten KV 375 (1781) wurde später durch die Zugabe von zwei Oboen zu einem Oktett überarbeitet, die Serenade KV 388 (1782). Eine noch größere Besetzung stellte er für die Serenade in B KV 361/370a Gran Partitta zusammen: Je zwei Oboen, Englischhörner, Klarinetten, Bassetthörner, Fagotts, vier Hörner und Kontrabasse. Beethoven komponierte einige Sextetts, wovon sicherlich das bekannteste das Sextett op.71 (1796) für je zwei Klarinetten, Hörner und Fagotte ist. Dieses Werk führte bereits die klassische Klarinette mit fünf Klappen an ihre äußerste Grenze. Abgesehen von originalen Werken setzt sich ein großer Teil des Harmoniemusik-Repertoires aus Überarbeitungen von Oratorien, Opern und Sinfonien zusammen. Eine große Zahl an Komponisten hat sich ihr gewidmet: Franz Tausch, Wenzel Sedlak, Johann André, Carl Göpfert, Paul 28

Wranitzky, Josef Heidenreich, Josef Triebensee, Carl Stamitz, Franz Xavier Süssmayr, Antonio Salieri, Franz Aspelmayr, Charles Dibdin, Georg Drusetzky und andere.28 Zu Beginn des 19. Jahrhunderts traten die ersten Bläserquintette für Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott und Horn in Erscheinung. Die ersten Komponisten dieser Bläserquintette waren Nikolaus Schmitt und Giuseppe Maria Cambibi und die bekanntesten Quintette waren von Antonie Reicha und Franz Danzi, allerdings erforderten ihre Kompositionen bereits fortgeschrittenere Klarinettenmodelle als die fünfklappige. Als die wichtigste Periode für die Musikproduktion in Verbindung mit der Klarinette führt Albert R. Rice den Zeitraum zwischen 1760 und 1830 an. Drei weitere bedeutende Entwicklungsabschnitte des Instrumentes dieser Zeit hebt er ebenfalls hervor: Erstens, die Entwicklung vom klassischen zu einem frühromantischen Stil in Kompositionen, zweitens, das Auftauchen des Begriffs Moderne Orchestrierung und schließlich die große Tatkraft von Komponisten, Musikern und Herstellern von Klarinetten.29

Tatsächlich

führten

die

technischen

und

musikalischen

Anforderungen der frühromantischen Musik zu einer radikalen Umgestaltung der Klarinette und all ihrer Einzelteile: Die Klappen, Tonlöcher, etc. und die Experimente von Instrumentenbauern führten zu einer Neuentwicklung, der Klarinette mit 13 Klappen, was den Beginn der Geschichte der modernen Klarinette einleitet. Einen Einfluss auf die Entwicklung der Klarinette hatte ihre Verwendung

in

den

unterschiedlichsten

Gesellschaften

bzw.

Gesellschaftsschichten und einer der wichtigsten Punkte für die Entfaltung der Klarinette ist ihr Einsatz in den Werken von Komponisten bzw. die Rolle die ihr im Zusammenhang mit dem wachsenden Niveau der Stil- und AusdrucksAnforderungen zuteil wurde. "Beethoven certainly wrote orchestral parts that would have been unusually difficult and certainly unprecedented, encouraging players and instrument-makers to develop their instrument beyond the five-key model. As an overview, the most prominent solos for the clarinet occur in Beethoven's Second Symphony, op. 36 (Larghetto), the Fourth, op. 60 (throughout), the Sixth

28 29

Vgl. Hoeprich, The clarinet, S. 84-87. Rice, The clarinet, S. 197.

29

('Pastoral'), op. 68 (throughout), the Seventh, op. 92 (Allegretto), Eight, op. 93 (Menuet, with its solo to high g3 at the end of the trio), and the Adagio of the Ninth op.125."

30

Im Zuge der Weiterentwicklung der Klarinette sowie in technischer Hinsicht, waren nicht nur Instrumentenbauer zuständig, sondern auch einige damalige Virtuosen, die mit ihren Ideen, Ansprüchen und Einwänden die Entstehungsgeschichte eines der jüngsten Mitglieder der Familie der Holzblasinstrumente stark beeinflussten. Beziehungen, Freundschaften und Bekanntschaften zwischen Virtuosen und Komponisten waren auch sehr wichtig, da sie oft nach gegenseitiger Absprache die Stimme, bestimmt für den Einsatz der Klarinette, gestalteten. Je größer die Ansprüche eines Komponisten waren, desto größer war der Bedarf für ein technisch vollkommenes Instrument. Es lässt sich über das Verhältnis sagen, dass, in dem selben Ausmaß wie die Komponisten Einfluss auf die Entwicklung der Klarinette nahmen, die virtuosen Klarinettisten, aufgrund der Bekanntschaft mit den Komponisten,

selbst

einen

Einfluss

auf

die

Gestaltung

einzelner

Klarinettenstimmen hatten. Die größten Freundschaften waren die zwischen Gaspard Proksch und Johann Stamitz; Josef Beer und Carl Stamitz; Anton Stadler und Wolfgang Amadeus Mozart; Joseph Friedlowsky und Ludwig van Beethoven; Johann Hermstedt und Louis Spohr; Heinrich Baermann und Weber. Die Virtuosen besaßen

meist

selbst

aktuellere

Klarinettenmodelle

als

jene,

die

die

Standardmodelle ihrer Zeit darstellten. "Examples include Mozart's quintet (1789) and concerto (1791), written for Anton Stadler, who owned a basset clarinet with keys extending the compas four notes lower than the soprano clarinet; it would have been at least a nine-key instrument. Louis Spohr wrote his First Concerto (1808) and Second Concerto (1810) for Johann Simon Hermstedt, whose eleven-key clarinet Spohr describes in his publisched preface to the First Concerto. In 1811, Carl Maria von Weber wrote his clarinet Concertino and First and Second Concertos for Heinrich Baermann, who played ten- and, later, twelve-key clarinets. Shortly afterward, at least three composers wrote specifically for Müller's thirteen-key clarinet; Reicha in 1815 (now lost); G. A. Schneider in 1816; and Riotte in 1818"

30 31

31

Hoeprich, The clarinet, S. 77. Rice, The clarinet, S. 111.

30

1.3 Der weitere Entwicklungsverlauf der Klarinette Im Laufe des 19. Jahrhunderts expandierte die Holzblasinstrumenten-Industrie. Auf diese Weise war es den neuen technischen Industrieproduktionen möglich Klarinetten in vergrößerter Zahl herzustellen und zugleich war das Experimentieren mit unterschiedlichen Innovationen in vollem Gange. Das Instrument war verbreiteter als zuvor, dadurch wuchs auch seine Popularität. Mit größerer Bekanntheit stieg auch die Zahl der Klarinettisten, was wiederum zu einer weiteren Entwicklung von Institutionen wie Konservatorien und Orchestern geführt hat. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden größere Konzertsäle gebaut, welche ein breites Repertoire an Sinfonien und die großen Ambitionen der Komponisten füllten. Komponisten wie Hector Berlioz, Johannes Brahms, Anton Brucker, Pjotr Iljitsch Tschaikowsky, Richard Wagner, Johann Strauss, Sergei Rachmaninov, Gustav Mahler. Beispiel für eine wachsende sinfonische Besetzung ist sicherlich das Orchester der Wiener Philharmoniker, welches bis 1880 über 100 Mitglieder zählte und die akustischen Anforderungen sowie die räumlichen Kapazitäten des neuen Saales des Wiener Musikvereins (1870) gänzlich erfüllte.32 Der Klarinette wurden allmählich Klappen dazu gefügt, um die technischen Eigenschaften sowie die Anwendbarkeit des Instrumentes zu verbessern. Dies führte schließlich zu der Entwicklung neuer Grifftechniken. Da es eine Menge von Faktoren gab, die die Entwicklung der Klarinette beeinflusst haben, gab es mithin große Unterschiede in Design, Material, den technischen Parametern der Instrumentenkonstruktion und dergleichen. Einer der wichtigsten Meilensteine hin zur Entwicklung der modernen Klarinette war die Reform Iwan Müllers und die Entwicklung der Klarinette mit 13 Klappen aus dem Jahre 1812. Das Wesen der Reform finden wir bei Oskar Kroll. "Iwan Müller verfolge bei seinen Arbeiten die Absicht, der 'neuen' Klarinette einheitliche Tonqualität und reine Stimmung zu geben und gleichzeitig ihre technischen Möglichkeiten zu steigern, damit ein Verzicht auf die Klarinetten verschiedenster Stimmung möglich wurde und der Bläser in Zukunft Kompositionen aller Tonarten auf der B-Klarinette... ausführen konnte. Dabei

32

Vgl. Hoeprich, The clarinet, S. 170.

31

beachtete er jedoch sorglich den Grundsatz, 'nicht zu ändern, was den früheren Gebrauch oder die Behandlung derselben stören konnte. Alle schon früher bekannten Griffe sind nicht allein beybehalten, sondern auch, soviel es sich nur thun liess, angewendet worden.' (Müller, Anweisung)"

33

Müllers Klarinette, die beinahe problemlos in allen Tonalitäten spielen konnte und die während dem 19. Jahrhundert bereits weit entwickelt war, diente als Grundlage für die Entwicklung der Klosé- (Böhm), Baermann-, Albert- und Öhler-Griffsysteme der Klarinette. Natürlich ist der Einfluss auf die Entwicklung der Böhm(französisch) und Öhler- (deutsch) Systeme, die bereits am Ende des 19. Jahrhunderts weit verbreitet waren und die heute in der professionellen Musikwelt dominieren,

am

wichtigsten.

Neben

einem

anderen

Griffsystem

ist

der

entscheidende Unterschied bei diesen beiden Klarinettenmodellen die Konizität der Innenbohrung. Dieser Unterschied war bereits vor 1800 spürbar, weil die Konizität der Innenbohrung des Instruments bei den französischen Herstellern höher war. Während die deutschen Klarinetten über einen dunkleren Klang verfügen, zeichnen sich die französischen Klarinetten durch einen helleren, leichteren und brillanteren Klang aus. Allgemein betrachtet sind die stabile Intonation, das große dynamische Spektrum, der Klangreichtum, das hohe Niveau an technischen Möglichkeiten und Ausdrucksmöglichkeiten, die breite Einsetzbarkeit nur einige der Charakteristiken, die den Begriff der modernen Klarinette definieren, und zwar sowohl der französischen, wie auch der deutschen.

33

Zitiert nach: Kroll, Die Klarinette, S. 17-18.

32

Abbildung 4: Stammbaum Klarinetten Wenn nur die Konzerte von Bernhard Crussel, Louis Spohr und Carl Maria von Weber in Betracht gezogen werden, kann die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts als das goldene Zeitalter des Solorepertoires für die Klarinette betrachtet werden. Einige der Komponisten, die in dieser Zeit Solowerke für die Klarinette und das Orchester komponierten, waren Johann Georg Heinrich Backhofen, Ernesto Cavallini, Franz Danzi, Carl Andreas Göpfert, Adalber Gyrowetz, Franz Krommer, Friedrich August Kummer, Saverio Mercadante, Albert Methfessel, Joseph Proksch, Carl Gottlieb Reissiger, Giochino Rossini, Louis Schindermeisser und Charles Vollweiler.34 Besonders zu betonen ist Andante e Tema con variazioni 34

Vgl. Hoeprich, The clarinet, S. 150.

33

(1809) von Gioachino Rossini wie auch zwei Konzerte im klassischen Stile von Saverio Mercadante. Auch das Repertoire für Klarinette und Klavier wurde mit wichtigen Werken bereichert. Felix Mendelsohn, Franz Danzi, Karl Gottlieb Reissinger, Ferdinand Ries und Erzherzog Rudolph von Österreich komponierten Sonaten, Fantasien und Variationen, die große Expressivität und Virtuosität erforderten und die die verbesserten

technischen

Möglichkeiten

der

neuen

Instrumente

nutzten.

Außerdem waren auch Werke für Klarinette, Gesang (Sopran oder Mezzosopran) und Klavier häufig zu finden. Zu diesem Genre trugen Franz Schubert, Giacomo Meyerbeer, Louis Spohr, Franz Lachner, Conradin Kreutzer, Gottfried Hermann und Johann Wenzel Kalliwoda bei. In der Kammermusik mit Klarinette waren Blasquintette besonders bedeutsam, sowie große Kammermusikbesetzungen, eine Mischung aus Blas- und Streichinstrumenten wie beispielsweise in Beethovens Septet op. 20. Außerdem ist in diesem Genre Franz Schuberts Octet D 803 (1824) zu erwähnen. Die Rolle der Klarinette in Orchesterwerken wurde bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts so bedeutsam, dass Symphonien, Opern und Instrumentalkonzerte ohne Klarinette sehr selten waren und eine regelrechte Ausnahme bildeten. Die Werke von Beethoven, Schubert und Mendelssohn enthalten Stimmen, die das breite Spektrum der Möglichkeiten dieses Instruments nutzten.35 Wie bereits erwähnt wurde, setzte Beethoven die Klarinette in allen neun Symphonien ein, und besonders gut wusste er den sanften Klang des Instruments in den langsamen Sätzen seiner Meisterwerke zu nutzen. "Beethoven hat, mit Rücksicht auf den schwermütigen, edlen Charakter der A-dur Melodie im unsterblichen Andante seiner siebenten Symphonie und um alles, was diese Stelle zu gleicher Zeit Schmerzlich-Klagendes in sich birgt, treffend wiederzugeben, ebenfalls diese Melodie den mittleren Tönen der Klarinette anvertraut"

35 36

36

Vgl. Hoeprich, S. 154. Hector Berlioz, Instrumentationslehre, Richard Strauss (Erg.), Leipzig 1905, S. 231.

34

Die vielfältigen Möglichkeiten der Klarinette kommen vielleicht trotzdem am stärksten in den Opern von Gioachino Rossini, Vincenzo Bellini, Gaetano Donizetti und Giuseppe Verdi zum Ausdruck. Einen sehr bedeutsamen Beitrag zur Entwicklung der Orchesterstimmen für Klarinette leistete auch Hector Berlioz, wobei hier besonders das Material aus Symphonie fantastique (1820) zu erwähnen ist, das im fünften Satz der Symphonie für die Klarinette in Es geschrieben ist, Songe d'une nuit du Sabbat. Berlioz´ Werke setzten hohe Standards bei der innovativen

Orchestrierung

und

vergrößerten

die

instrumentale

Zusammensetzung, wie auch die Größe der Orchester. Damit wurde auch die Klarinettengruppe größer, bekam eine wichtigere Rolle und umfassendere Stimmen. Auf eine Weise war das der Wegweiser, wohin sich die Rolle der Klarinette in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickeln wird, nämlich hin zu einer intensiveren Verwendung in einer wachsenden Zahl von Ensembles und Orchestern. Zu diesem Thema betont Eric Hoeprich den Vorschlag des deutschen Kritikers Eduard Hanslick an den italienischen Klarinettisten Romeo Orsi: "Go join an orchestra! That is the proper place to appreciate the players of clarinet, oboe and bassoon; the times are past when crowds of these wandering artists came in hordes to perform on their boring little pipes"

37

Komponisten wie Franz Liszt, Bedřich Smetana, Johann Strauss, Johannes Brahms, Peter I. Tschaikowsky, Antonín Dvořák und Gustav Mahler geben der Klarinette in ihren Meisterwerken eine sehr bedeutsame Rolle. Mahler stellt in seinen Symphonien eine große Klarinettengruppe vor, ein gutes Beispiel dafür ist seine erste Symphonie in D-Dur (1889), in der er Klarinetten in B, A, C und Es einsetzt, sowie die Bassklarinette. Diese Tendenz kennzeichnet auch die Opern von Richard Wagner, Richard Strauss und Giacomo Puccini. Neben den Orchesterwerken, in denen er die Klarinette einsetzt, leistete Johannes Brahms einen großen Beitrag zur Entwicklung des Repertoires für Klarinette und diente vielen späteren Komponisten wie Max Reger und Carl Reinecke als Inspiration. Er komponierte ein Trio für Klarinette, Violoncello und Klavier in a-Moll, 37

Zitiert nach: Hoeprich, The clarinet, S. 187.

35

op. 114 (1891), ein Quintett für Klarinette und Streicher in b-Moll, op. 115 (1891) und zwei Sonaten für Klarinette und Klavier, Op. 120 (1894). Seit Beginn des 20. Jahrhunderts gab es keine extremen Innovationen betreffend des Designs der Klarinette, sondern die Veränderungen in der Weiterentwicklung des Instruments basierten auf der Verbesserung der Tonqualität durch bestimmte Veränderungen bei der Innenbohrung des Instruments und beim Design der Mundstücke. Dadurch, dass die Klarinette eine sehr breite Anwendung in einer großen Zahl von Musikrichtungen, von Klassik, über Jazz und Volksmusik bis hin zur experimentellen Neuen Musik fand, lag der Fokus auf innovativen Spieltechniken, wie

Multiphonics, Mikrotöne, Slap-tongue, Flatterzunge, extrem

hohen Töne, Kreisatmung und zum Ende des Jahrhunderts wurde auch die Kombination mit elektronischer Musik häufig.38 Als ein etabliertes Instrument der Bläsergruppe des Orchesters hatte die Klarinette auch weiterhin wichtige Rollen in Orchesterwerken und die Liste der Komponisten, die die Klarinette einsetzten, ist kaum mehr überschaubar. Während sich einige Komponisten vom Beginn des 20. Jahrhunderts an an die traditionelle Komponierweise hielten, verwendeten spätere Komponisten innovative Techniken bei der Nutzung des Instruments. Einige der bedeutsamsten dieser Komponisten sollen hier erwähnt werden: Claude Debussy, Sergei Rachmaninow, Maurice Ravel, Igor Stravinsky, Sergei Prokofjew, Dmitri Schostakowitsch, Oliver Messiaen und Karlheinz Stockhausen. Die Werke für Klarinette und Klavier aus der Zeit des 20. Jahrhunderts stellen den wahren Reichtum des Klarinettenrepertoires dar. Max Regers Sonate op. 49. in AsDur und fis-Moll (1900) und op. 107 in B-Dur (1909), Claude Debussys Première Rhapsodie (1910), Camille Saint-Saëns´ Sonata op.167 (1924), Arthur Honeggers Sonatine (1925), Darius Milhauds Sonatine (1927), Paul Hindemiths Sonata (1939), Witold Lutoslawskis Dance preludes (1954), Krzysztof Pendereckis 3 miniature (1956), Bohuslav Martinůs Sonatina (1957), Francis Poulencs Sonata (1962) und Jean Françaixs Tema con variazioni (1974), sind nur einige der am 38

Vgl. Hoeprich, S. 206.

36

häufigsten aufgeführten Werke aus dieser Zeit. Das Genre der Solokonzerte wurde auch um technisch anspruchsvolle und sehr ausdrucksstarke Werke erweitert. Das Konzert für Klarinette und Orchester von Carl Nielsen, op. 57 (1928) erfordert große Virtuosität, und zwar sowohl vom Solisten als auch vom Orchester. Aaron Copland

komponierte

im

gleichen

Jahr

das

Konzert

für Klarinette

mit

ungewöhnlicher Streicher-, Klavier- und Harfenbegleitung, das Benny Goodman gewidmet war. Das Konzert für Klarinette und Orchester, das Jean Françaix im Jahre 1967 komponierte, ist ein Beispiel für ein extrem anspruchsvolles Werk, das perfekte technische Fertigkeiten und eine extreme Musikalität beim Interpreten voraussetzt. Einer der führenden Klarinettisten seiner Zeit, Jack Brymer (19152003) drückte eine interessante Meinung über die hohen Anforderungen dieses Konzerts aus: "Françaix, Jean... Konzert.... Mehr ein Werk für die Zukunft, wenn das Instrument sich weiterentwickelt oder die menschliche Hand sich geändert hat. Derzeit überfordern die schnellen BDur-Passagen fast jeden Klarinettisten. Das Werk lohnt aber die Auseinandersetzung mit ihm, Wahrscheinlich ist eine A-Klarinette die geeignete Lösung."

39

Die Musik für die Klarinette ist im 20. Jahrhundert zu einem großen Teil von Werken für das Soloinstrument gekennzeichnet. Die bekanntesten Solostücke für die Klarinette sind: Drei Stücke für Klarinette solo (1919) von Igor Strawinsky, Sonata op. 110 (1925) von Siegfried Karg-Elert, Sonata (1933) von John Cage, Monologues (1956) von Ernst Kerek, Mosaik (1964) von Hans Ulrich Lehmann, Domaines (1969) von Pierre Boulez, Sonata (1972) von Edison Denisov, The Seven Brightnesses (1974) von Peter Maxwell Davies, Harlekin, Der kleine Harlekin (1975) und In Freundschaft (1977) von Karlheinz Stockhausen, Sequenza IX (1980) von Luciano Berio, Prelude (1987) von Krzystof Penderecki und GRA (1993) von Elliot Carter. Während einige Komponisten die traditionelle Notierung verwenden, schaffen andere alternative Vortragsbezeichnungen und geben dem Interpreten große Freiheit, womit sie die individuelle Kreativität anregen. Die

39

Jack Brymer, Die Klarinette, Thomas M. Höpfner (übers), Zug 1978, S. 270.

37

Vielseitigkeit im Ansatz beim Komponieren selbst, aber auch bei der Ausführung der Werke sind die Hauptvorzüge, die dieses Genre charakterisieren.40

40

Vgl. Hoeprich, The clarinet, S. 218.

38

2. Der Einsatz der Klarinette in Opern Die Betrachtung der Entwicklung der Klarinette zeigt, dass das heutige Standardmodell, also das französische Böhm-System und das deutsche ÖhlerSystem, das Produkt von einer detaillierten Entwicklung und Fortschritten bei der Herstellung von Holzblasinstrumenten sind. Dabei stellt sich sogleich die Frage, welche Faktoren haben alle die jahrhundertelange Perfektionierung der Klarinette beeinflusst? Bei jedem Entwicklungsschritt des Instruments ist eine perfekte Balance zwischen Instrument, Spieler, Komponisten und ihrer Musik und dem Publikum bemerkbar. Die Beliebtheit des Instruments ist mit der Zeit gewachsen und dadurch wurden zahlreiche Musiker, Instrumentalisten, Komponisten, Theoretiker und Instrumentenbauer inspiriert. Seit Beginn des 18. Jahrhunderts bis heute hat die Klarinette wegen ihrer Eigenschaften eine besonders breite Anwendung in verschiedenen Bereichen gefunden und das Repertoire des Instruments ist beeindruckend, denn es umfasst, wie bereits erwähnt, viele Stilrichtungen, von der klassischen Musik, über Jazz bis hin zur Volksmusik. Parallel zur Entwicklung des Solo-, Konzert- und Kammermusikrepertoires, wie auch dem Einsatz der Klarinette in symphonischen Werken, kamen auch Werke aus dem Opernrepertoire hinzu, die die Klarinette als ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil des Orchesters definierten.

François-Auguste

Gevaert, ein belgischer Komponist, hat bereits Ende des 19. Jahrhunderts die großen Vorteile des Instruments betont, die Ausdruckscharakteristiken, sowie seine breite Einsetzbarkeit. "Kein Blasinstrument bietet dem Komponisten eine solche Vielseitigkeit technischer Mittel wie die Klarinette. Ihren grossen Umfang, ihre verschiedenartigen Klangfarben kennen wir bereits. Nicht

minder

bemerkenswert

ist

ihre

Schmiegsamkeit

im

Ausdruck

der

dynamischen

Schattierungen, Der Ton spricht zugleich sanft und bestimmt an; besser als Oboe und Fagott kann die Klarinette die Töne schwellen und abnehmen lassen bis an die äusserste Grenze des pianissimo. Sie besitzt auch nötigenfalls die Fähigkeiten schnellerer Artikulation. Endlich schickt sie sich in bewundernswürdiger Weise in die verschiedenartigen Gestaltungen des musikalischen Gedankens:

der

getragene

Gesang

findet

in

ihr

einen

beredten

Interpreten,

und

39

Geläufigkeitspassagen sind ihr leicht und natürlich, wenn sie sich nur nicht zu weit von den gebräuchlichsten Tonarten des Instrumentes entfernen."

41

Der Einsatz der Klarinette in Opern des 18. Jahrhunderts wurde größtenteils auf Grundlage der Analyse von Partituren untersucht, allerdings wurde das durch die Vorgehensweise der damaligen Verlagshäuser erschwert. Während in Paris die komplette Partitur einer Oper bereits direkt nach der Premiere erhältlich war, wurde in London diese Vorgehensweise mit der Absicht zu sparen nach 1762 eingestellt und bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wurden nur vier komplette Partituren veröffentlicht. In den großen Opernzentren wie Dresden, Berlin und Mailand wurden Opern im Allgemeinen nicht gedruckt, sondern die Partituren und Stimmen wurden in der Original- Handschrift verwendet, was zum Verlust von vielen geführt hat. Diese Vorgehensweise hat sich mit der Zeit verändert, aber historisch gesehen, ist die Betrachtung von französischen Opern am deutlichsten und vollständigsten.42 Gerade aufgrund des Mangels an harten historischen Beweisen, bleibt der früheste Gebrauch der Klarinette in der Oper in einem gewissen Maß ungeklärt. Diese Anfangszeit ist deshalb mit einer leichten Dosis Skepsis zu betrachtet. Ein Beispiel wie eine Diskussion zu diesem Thema beginnen kann, ist bereits die Art, wie deutsche Komponisten und Theoretiker den Begriff Clarino verwendeten. Sie bezeichneten damit nämlich die Trompete und deren spezifisches Register. Johann Mattheson, ein deutscher Komponist und Musiktheoretiker, definierte die Trompete als “die Trompete/Ital. Tromba oder Clarino“, während andererseits italienische Komponisten wie Antonio Vivaldi für die Bezeichnung der Klarinette die Begriffe Clareni, Clarini, Clarone verwendeten.43 Historisch betrachtet stellt die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts einen Wendepunkt für die Entwicklung der Klarinettengruppe im Opernorchester dar. Die Weiterentwicklung der Klarinette von der Barockklarinette zur klassischen 41

Zitiert nach: Kroll, Die Klarinette, S. 60, der Author bezieht sich hier auf folgende Publikation: Gevaert, F. A., Neue Instrumenten-Lehre, übers. von H. Riemann, Leipzig 1887. 42 Vgl. Rice, The clarinet , S. 112-113. 43 Vgl. Rice, The baroque clarinet, Oxford 1992, S. 81- 82.

40

Klarinette mit fünf Klappen brachte eine ganze Reihe von Verbesserungen bei Technik, Intonation und Ausdruck, wodurch ein breit einsetzbares Instrument entstand. Mozarts Opern Idomeneo (1781), Die Entführung aus dem Serail (1782), Der Schauspieldirektor (1786), Le nozze di Figaro (1786), Don Giovanni (1787), Così fan tutte (1790), Die Zauberflöte (1791) und La clemenza di Tito (1791) zeigten die vielen Möglichkeiten der Klarinette und dienten vielen späteren Komponisten als Beispiel und Inspiration. Mit der Zeit wurden die Parts anspruchsvoller, ausdrucksstärker und allgemein betrachtet war dadurch, dass die Klarinette eine größere Rolle in Orchesterwerken bekam, dadurch dass sich das Solo- und Kammermusikepertoire des Instruments entwickelt hat, die Klarinette aus der Oper nicht mehr wegzudenken. 2.1 Historischer Überblick Antonio Caldara, der Vize-Kappelmeister am Hof des Kaisers Karl VI. war, setzte die Klarinette 1718 in der Opernproduktion von Ifigenia in Aulide ein. Stimmen für Clarinetti in C finden sich in der Arie Asia Tremi und im Chorus Nel nome Augusto sonori. Wenn allerdings berücksichtigt wird, dass all diese Stimmen leicht auf den damaligen C-Trompeten zu spielen waren, bleiben die genauere Bestimmung der Clarinetti und der Gebrauch der Klarinette in der Opernproduktion zu diskutieren.44 Ein Zeitgenosse von Caldara, Francesco Bartolomeo Conti, setzte ebenfalls die Clarinetti in C in der komische Oper Don Chisciotte in Sierra Morena, die er 1719 komponierte, ein. Die Stimme zeigt die einfache Verwendung des Instruments in Form leichter diatonischer Melodien und trompetenartiger rhythmischer Figuren. In der Neufassung der Oper Tamerlano 1744/45, zur gleichen Zeit als er auch die Overture HWV 424 für zwei Klarinetten und ein Horn komponierte, setzte Händel die Klarinette in C in der Arie Par che mi nasca in seno ein.45 In Paris, wo die Lage um die historische Dokumentation klarer ist, sorgt JeanPhillipe Rameau für einen großen Wendepunkt und setzt zum ersten Mal die Klarinette in der Oper ein. Wie bereits im vorangehenden Kapitel erwähnt wurde, 44 45

Vgl. Rice, The baroque clarinet, S. 84. Vgl. Hoeprich, The clarinet, S. 36.

41

setzt Rameau die Klarinette in dreien seiner Opern ein: Zoroastre, tragédie en musique (1749), Acante et Céphise, ou La sympathie, pastorale-héroïque (1751) und Abaris, ou Les Boréades, tragédie lyrique (1764). Über die Oper Zoroastre als Wendepunkt in der französischen Oper, zumindest was den Einsatz der Klarinette betrifft, wird später noch die Rede sein. Es muss allerdings erwähnt werden, dass in dieser Oper, wie auch in Abaris die Klarinetten keine besonders betonte Rolle hatten, sondern sie duplierten oder wechselten die anderen Blasinstrumente, wie die Oboe oder die Trompete, ab. In Acante et Céphise, zeigt Rameau eine einfallsreiche Komponierweise für die Klarinette. Die Stimmen sind für ein Klarinettenpaar geschrieben und beide Barockklarinetten in C und D waren notwendig. Die Stimmen enthalten viele Passagen, die sehr expressives Spielen erfordern und manchmal mit der Violine gepaart sind. An einigen Stellen ist die Klarinette mit dem Horn gepaart, aber es gibt sogar Teile der Oper, die ausschließlich für das Quartett aus Klarinetten und Hörnern gedacht sind. Ein solches Quartett besitzt ein ausgesprochen breites Tonspektrum, deshalb wurde die Instrumentenkombination von zwei Klarinetten und zwei Hörnern im späteren 18. Jahrhundert häufig verwendet.46 Jean Benjamin de La Borde studierte Komposition mit Rameau und er war einer der ersten Komponisten, der für die Klarinette mit vier Klappen komponierte. In der Oper Gilles, garçon peintre, z'amoureux-et-rival (1758) setzte er die Klarinette in D und in B ein. Die Rolle der Klarinette besteht hier darin, dass sie während dem Großteil der Oper mit den Hörnern, den Streichern und dem Basso continuo die Harmonie ergänzt. Jean Benjamin de La Borde war auch einer der ersten Komponisten, der vier verschieden gestimmte Klarinetten in einem Stück einsetzte. Dabei handelt es sich um die Oper Annete et Lubin (1762) und die Klarinetten in E, C, B und A. Im Folgejahr setzte er in der Oper Ismène et Isménas (1763) Klarinetten in D und C ein und duplierte mit ihnen hauptsächlich die Stimme der Oboe, aber er setzte sie auch in Kombination mit den Hörnern ein.47

46 47

Vgl. Hoeprich, S. 38-39. Vgl. Rice, The clarinet, S. 114-117.

42

Die Verwendung der Klarinette in Opernorchestern breitete sich nach Frankreich sehr schnell auf England aus. Thomas Augustine Arne hat die Klarinette in drei Opern zur Bereicherung der Orchesterbesetzung verwendet: Thomas and Sally (1760), Artaxerxes (1762) und The Fairy Prince (1771). In allen drei Opern setzte er, wie auch Rameau, häufig ein Quartett aus Klarinetten und Hörnern ein. Eine häufigere Anwendung in der Oper fand die Klarinette bei Johann Christian Bach, dem jüngsten Sohn von Johann Sebastian Bach. In sogar zehn Opern setzte Johann Christian die Klarinette ein: Orione, o sia Diana vendicata (1763), Zanaida (1763), Menalcas (1764), Adriano in Siria (1765), Carattaco (1767), Temistocle (1772), in der Neufassung von Glucks Oper Orfeo ed Euridice (1774), Lucio Silla (1775), La clemenza di Scipione (1778) und Amadis des Gaules (1779). Neben der Klarinette in D, C, und B verwendet er auch Bassetthorn48 und Clarinetto d’amore49. In Bachs Opern wurden die Klarinetten eingesetzt um in den einzelnen Teilen die Farbe des Orchesters zu ergänzen. Im Durchschnitt kamen Klarinetten in einer bis drei von rund zwanzig Arien je Oper vor. In den langsamen Arien hatten sie zusammen mit Hörnern und Fagotten (später das Standardensemble der Kammermusik) kurze Soli, in den schnelleren Arien hingegen mit Flöten. 50 Aus dieser Zeit sind auch zwei Italiener zu erwähnen, Matia Vento und Tommaso Giordani, die in London komponierten und die Klarinette ähnlich wie Johann Christian Bach einsetzten. 48

Der Name Bassethorn dürfte sich von ital. basset (kleiner Baß) und der ursprünglich gebogenen Form ableiten. Die modernen Instrumente wurden in der Regel mit einem Stachteil auf den Boden gestellt und im Sitzen gespielt, weil der rechte Daumen (der bei der Klarinette das Instrument abstützt) Klappen für die tiefen Töne bedienen muß. Das Bassethorn erlebte eine kurze Blüte Zeit der Wiener Klassik. Es wurde von zahlreichen reisenden Virtuosen (neben Klarinette und ggf. auch anderen Instrumenten) gespielt. Von der namhaften Komponisten hat vor allem Mozart das Bassethorn verwendet. Vgl. dazu Diethard Riehm, II Die europäische Klarinette in der Kunstmusik, in: Ludwig Finscher (Hrsg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG), zweite neu bearbeitete Auflage, Sachteil, Band 5, Kassel 1996, Sp. 183-195. 49 Im 18. Und 19. Jh. wurden auch Klarinetten mit ‘Liebesfuß’ (ein birnenförmiges Schallstück mit nur kleiner Öffnung, was den Ton dämpfen und abmildern soll) und leicht abgewinkeltem Mundrohr gebaut, die man als Clarinetti d’amore bezeichnet. Es haben sich Exemplare in F, G, As, aber auch B und C (in der normalen Klarinettenlage) erhalten. Offenbar wurden auch Klarinetten ohne Liebesfuß in tieferer Lage als die A-Klarinette (z.B. die G-Klarinette) als Clarinetti d’amore bezeichnet, wie es z.B. J.G.H. Backofen in seiner Klarinettenschule (1803, S. 35) tut. Literatur für das Instrument ist kaum bekannt. Vgl. dazu Diethard Riehm, II Die europäische Klarinette in der Kunstmusik, in: Ludwig Finscher (Hrsg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG), zweite neu bearbeitete Auflage, Sachteil, Band 5, Kassel 1996, Sp. 183-195. 50 Vgl. Rice, The clarinet, S. 117-124.

43

In den späten Siebzigerjahren des 18. Jahrhunderts begannen anspruchsvollere Stimmen für die Klarinette zu erscheinen. André Ernest Modeste Grétry komponierte 67 Opern und in mindestens 24 davon setzt er Klarinetten verschiedener Tonlagen ein. In früheren Opern wie Le Huron (1768) waren die Parts einfach, für die Klarinette in D mit ihrem beschränkten Umfang gedacht. Mit der Zeit wurden die Stimmen anspruchsvoller und es war unvermeidlich, Klarinetten verschiedener Tonlagen zu verwenden, von denen die Klarinette in B mit vier Klappen am fortschrittlichsten war. Die Stimmen für die Klarinette kamen in Arien und Instrumentalwerken mit anspruchsvollen Solopassagen vor. Les mariages samnites (1776), L’embarras des richesses (1782), La caravane du Caire (1783), Guillaume Tell (1791), Anacréon (1797), Elisa (1799) sind einige der Opern in denen Grétry die Klarinette einsetzte.51 Zwei sehr wichtige Opernkomponisten, Christoph Willibald Gluck und Giovanni Paisiello, setzten die Klarinette in ihren Werken prominent ein und beide hatten Einfluss auf Mozart. In Glucks Opern war die Intonationspräzision von entscheidender Bedeutung, weil die Klarinette oft die Stimme der Violine, Flöte oder Oboe duplierte. Dazu wurden die französischen Klarinetten in B und A, mit vier und fünf Klappen, verwendet. Von seinen Opern, in denen die Klarinette zum Einsatz kommt, sind Iphigénie en Aulide (1774), Orphée et Eurydice (1774), Alceste (1776), Iphigénie en Tauride (1779) und Echo et Narcisse (1780) zu erwähnen. Die Klarinette kommt in Glucks Opern von nur in einer Nummer in der Oper Iphigenie auf Tauris (eine Neufassung der Oper Iphigénie en Tauride aus dem Jahre 1781) bis zu in dreizehn Nummern in der Oper Cythère assiégée (1759) vor. Giovanni Paisiello ist einer der ersten Komponisten in Italien, der für die klassische Klarinette komponierte und das angefangen bei der Oper Socrate imaginario (1775), in der er die Klarinette in C und B einsetzte. Die erste Oper, in der er die Klarinette verwendete, ist I scherzi de amore e di fortuna (1771). Des Weiteren kommt die Klarinette auch in den Opern Il gran Cid (1775), Nitteti (1777), Lucinda ed Armidoro (1777), Achille in Sciro (1778), I filosofi immaginari (1779), Il Demetrio (1779), La finta amanto (1780), Alciede al Bivio (1780), Il barbier di 51

Vgl. Rice, S. 127-128.

44

Siviglia (1782), Il Teodoro in Venezia (1784), Nina (1789), I zingari in fiera (1789), Elfrida (1792), und Elvira (1794). vor. Neben den erwähnten Klarinetten in D, C und B, setzt er auch die Klarinette in A ein.52 Die Werke von Wolfgang Amadeus Mozart zeigen eine neue, sehr erfinderische Art des Einsatzes des Potentials der Klarinette und haben sicherlich am stärksten zur Entwicklung der Klarinette in der Oper beigetragen. Die Verwendung basiert ausschließlich auf Tonalitäten, in denen die technische Verwendung des Instruments am einfachsten war und die Intonation für die klassische Klarinette mit fünf Klappen am stabilsten. In der Zeitspanne von 1781 bis 1791 setzte er die Klarinette in acht Opern ein: Idomeneo, Die Entführung aus dem Serail, Der Schauspieldirektor, Le nozze di Figaro, Don Giovanni, Così fan tutte, Die Zauberflöte und La clemenza di Tito. Mozart verwendete Klarinetten in C, H, B und A, sowie das Bassetthorn und die Bassettklarinette53. Die Auswahl der Instrumente basierte auf der spezifischen Klangfarbe jedes einzelnen. Er achtete besonders auf die Farbe der Klarinette in Bezug auf den Text der Arie und den dramatischen Effekt. Diese spezifischen dramatischen Momente wussten auch die Gebrüder Johann und Anton Stadler, Klarinettisten aus Wien, die am häufigsten mit Mozart bei seinen Opernaufführungen zusammenarbeiteten, richtig zu betonen. Bereits in der ersten Oper, in der Mozart die Klarinette verwendete, Idomeneo, waren für die Klarinettenstimmen erfahrene Spieler und Klarinetten in A, B, H und C erforderlich. 52

Vgl. Rice, S. 129-134. Mozarts Klarinetten-Konzert in A-Dur KV 622 ist für A. Stadler geschrieben, der über Instrumente verfügte (in A und B), die in der Tiefe bis zum geschriebenen c reichten, deren Umfang also, wie bei einem Bassethorn, um eine Terz nach unten erweitert war. In der Tat ist Mozarts erster Entwurf zu dem Konzert für ein Bassethorn in G gedacht. Im Grunde handelt es sich hier um ein Bassethorn in A, aber man bezeichnet diese Instrumente heute als Bassetklarinette. Stadler selbst hatte es Baßklarinette genannt, aber damit bezeichnen wir ein Instrument, das eine Oktave tiefer ist als die normale Klarinette. [...] 1951 ließen Jiří Kratochvíl und der Klarinettist des Prager Konservatoriums, Milan Kostohryz, von dem Prager Instrumentenmacher Rudolf Trejbal ein eues Unterstück für eine A-Klarinette bauen, das bis zum tiefen c reichte, und führten im gleichen Jahr eine rekonstruierte Urfassung des Mozart-Konzertes vor. Seither haben sich viele Klarinettisten Bassetklarinetten - teils historisierend in Anleitung an Klarinetten und Bassethörner der Mozart-Zeit, teils in moderner Ausführung - bauen lassen und spielen das Konzert darauf (wie z.B. Sabine Meyer). Weil der Daumen die Klappen für die tiefen Töne zu bedienen hat, muß das Instrument entweder im Sitzen mit Stachel oder mit einer Trageschnur, wie z.B. beim Saxophon gespiel werden. Vgl. dazu Diethard Riehm, II Die europäische Klarinette in der Kunstmusik, in: Ludwig Finscher (Hrsg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG), zweite neu bearbeitete Auflage, Sachteil, Band 5, Kassel 1996, Sp. 183-195. 53

45

Es wird angenommen, dass in der ersten Opernproduktion Vater und Sohn, Jacob und Franz Wilhelm Tausch, spielten, deutsche Klarinettenvirtuosen. Sie spielten die Oper auf Klarinetten in B und C mit fünf Klappen und durch den Einsatz von Corps de rechange bekamen sie Klarinetten in A und H. In der Oper Die Entführung aus dem Serail hat die Klangfarbe des Bassetthorns in Konstanzes Arie Traurigkeit einen großen Effekt. In der ganzen Oper hat die Klarinette eine sehr bedeutsame Rolle und besonders hervorzuheben ist die Arie Ich baue ganz auf deine Stärke. Die folgenden drei Opern Le nozze di Figaro, Don Giovanni und Così fan tutte zeigen Mozarts noch freiere und fantasievollere Verwendung der Klarinette, was wahrscheinlich der Verdienst der Gebrüder Johann und Anton Stadler und ihrer Klarinetten mit erweitertem Tonumfang war. In diesen Opern dominiert die Klarinette die Bläsergruppe und mit ihrer spezifischen Klangfarbe verbildlicht sie verschiedene Situationen und Figuren. Mozarts delikater Einsatz der verschiedenen Klangfarben der Klarinette kommt besonders in Le nozze di Figaro zum Ausdruck, wo er, nachdem er die Klarinette in A in der Ouvertüre verwendet, bis zur Nummer Sechs und dem Auftritt einer neuen wichtigen Figur, Cherubino, wartet. Auf diese Weise wird Cherubino mit einem anderen Charakter verbildlicht als die vorangehenden Teile der Oper. Die letzten beiden Opern Die Zauberflöte und La clemenza di Tito enthalten besondere dramatische Momente, in denen die Bassettklarinette und das Bassetthorn speziell zum Ausdruck kommen. In La clemenza di Tito kulminiert Mozarts Zuneigung zu diesen Instrumenten in zwei außergewöhnlichen Obligato-Soli, die für Anton Stadler geschrieben wurden. Es handelt sich um die Arien Parto, parto ma tu ben mio und Non piu di fiori, die später noch genauer beschrieben werden.54 Der erste Komponist, der in einer Oper den gesamten Tonumfang der Klarinette ausnutzte, ist Niccolò Isouard und zwar in der Oper Rendez-vous bourgeois (1807). Carl Maria von Weber hat in seiner bekanntesten Oper Der Freischütz die Klarinette in C, B und A in der Ouvertüre und in dreizehn Nummern verwendet. Ein sehr ausdrucksstarkes Klarinettensolo findet sich in der Ouvertüre, während in den anderen Teilen der Oper mehrere kleine Soli und Unisoni der ersten und zweiten 54

Vgl. Hoeprich, The clarinet, S. 101-102 und Albert R. Rice, The clarinet, S. 134-145.

46

Klarinette vorkommen. Diese Oper wurde anfänglich auf der deutschen Klarinette mit elf Klappen gespielt. Webers Einsatz der Klarinette diente vielen späteren Komponisten als Modell und Inspiration.55 Hector Berlioz, ein großer Verehrer von Webers Arbeit, komplementiert die Klarinette, sowie Webers meisterhafte Art der Nutzung derer großen Möglichkeiten, häufig: "Unter allen Blasinstrumenten ist keines zu finden, das den Ton so gut entstehen, anschwellen, abnehmen und verhallen lassen kann, wie die Klarinette. Daher ihre unschätzbare Eigenschaft, den Fernklang, das Echo, den Widerhall des Echo, oder den Zauber der Dämmerung wiederzugeben. Kein bewunderungswürdigeres Beispiel der Verwertung solcher Schattierungen könnte ich anführen, als die träumerische Melodie der Klarinette, begleitet vom Tremolo der Streichinstrumente, im Allegro der Freischütz-Ouvertüre! Ist dies nicht die einsame Jungfran, die blonde Braut des Jägers, die mit gen Himmel gerichtetem Auge ihr zartes Klagen im Rauschen des tiefen, vom Sturme erschütterten Waldes ertönen lässt?... O Weber!!"

56

Die großen italienischen Opernkomponisten Gioachino Rossini, Gaetano Donizetti, Vincenzo Bellini, Giuseppe Verdi und später Giacomo Puccini nutzten die lyrischen und technischen Möglichkeiten der Klarinette auf perfekte Weise. In ihren Opern finden sich sehr häufig Stimmen mit anspruchsvollen und ausdrucksstarken Soli. Rossini verwendet die Klarinette in seinen Ouvertüren, aber auch in zahlreichen Arien, auf eine sehr virtuose Weise. Die Ouvertüren der Oper Otello (1816) und Semiramide (1823) enthalten Soli, die die Klarinettisten dieser Zeit vor große technische Herausforderungen stellen konnten, wenn berücksichtigt wird, dass die Italiener damals die Klarinette mit sechs Klappen verwendeten. Eine von Rossinis bekanntesten Opern Il Barbiere di Siviglia (1816) stellt beeindruckende Ansprüche an die Klarinette, insbesondere in den Arien Ecco ridente in Cielo, Largo al factotum della cittá und Una voce poco fa. Auch Giuseppe Verdi sah in der Klarinette Potential zur Verbildlichung einer dramatischen Handlung. Verdis bekanntestes Solo ist sicherlich das Solo vom Beginn des dritten Aktes der Oper La forza del destino (1861). Neben den Standardklarinetten verwendet er auch die Bassklarinette und widmet ihr das erste Mal in der Oper Ernani (1843) ein 55 56

Vgl. Rice, The clarinet, S. 149. Berlioz, Instrumentationslehre, S. 225.

47

umfangreiches Solo, und danach auch in Simon Boccanegra (1857), La forza del destino, Don Carlo (1876) und Aïda (1871). Die besondere Farbe der Bassklarinette setzt Verdi zum Ausdrücken von düsteren Empfindungen, wie mit Tod oder Rache verbundene Gefühle, ein. Viele der schönsten und äußerst harmonischen Klarinettenstimmen bei Rossini und Verdi waren durch das brillante Spiel und die große Virtuosität von Ernesto Cavallini inspiriert, einem italienischen Klarinettenvirtuosen. Auch Giacomo Puccini, wendete seine Aufmerksamkeit der Klarinette zu. Er verwendet in all seinen Opern die Bassklarinette, angefangen bei der Oper Edgar (1889). Sein bekanntestes Klarinettensolo aus der Oper Tosca (1899) gehört gleichzeitig auch zu den bekanntesten Soli der Opernliteratur überhaupt.57 Seit

der

Einführung

der

Klarinette

ins

Orchester,

wurde

die

übliche

Orchesterbesetzung mit zwei Klarinetten ergänzt, was damals die Norm war. Richard Wagner ist der erste Komponist, der drei Klarinetten, zusammen mit der Bassklarinette, in die übliche Orchesterbesetzung einführte, und das im Opernzyklus Der Ring des Nibelungen

(1869-1876).58 Seine

spezifische

Verwendung der Klarinette zeigte die außergewöhnliche Fähigkeit des Instruments sich in den kompakten Klang der ganzen Bläsergruppe einzugliedern, aber gleichzeitig

auch,

dass

die

Klarinette

als

individuelles

Instrument,

als

Soloinstrument, anspruchsvolle dramatische Momente zum Ausdruck bringen kann. Er hatte auch großen Einfluss auf die Instrumentenbauer, die mit der Perfektionierung der Klarinette sehr ausdrucksstarke Instrumente schufen, die über hohe technische Möglichkeiten, sowie einen größeren und reicheren Klang verfügten, die die hohen Anforderungen von Wagners Orchestrierung erfüllen konnten. Richard Strauss, der die Klarinette auch selbst auf sehr eindrückliche Weise in seinen Werken einsetzte, schätzte Wagners Orchestrierung sehr. Sein Kommentar zum meisterhaften Einsatz der Klarinette in Götterdämmerung (1876) hebt sich besonders hervor.

57 58

Vgl. Hoeprich, The clarinet, S. 157, 272-273. Vgl. Kroll, Die Klarinette, S. 61.

48

"Das Bangen der in sehnsuchtsvoller Erinnrung an den fernen Siegfried versunkenen Brünnhilde, die Ahnung nahenden Unheils könnte nicht herrlicher wiedergegeben werden, als es in der unvergleichlichen Solostelle der zwei Klarinetten bei der Verwandlungsmusik zur letzten Szene im ersten Akt der 'Götterdämmerung' geschehen ist."

59

Neben den Opern aus dem Zyklus Der Ring des Nibelungen: Der Rheingold (1869), Die Walküre (1870), Siegfried (1876) und Götterdämmerung; sind auch die Opern Tannhäuser (1845), Lohengrin (1850), Tristan und Isolde (1865) und Parsifal (1882) zu erwähnen. In jeder dieser Opern gibt es anspruchsvolle Klarinettenstimmen. Nach der Erweiterung der Klarinettenbesetzung durch Wagner, brachte Richard Strauss´ Vorliebe für Blasinstrumente eine weitere wichtige Erweiterung der Klarinettensektion, wofür in einigen Opern sogar bis zu acht Interpreten notwendig waren. "In seinen Bühnenwerken verlangt er folgende Instrumente des Klarinettengruppe: Salome (1905): 

1 Es-, 2 A-, 2 B-Klarinetten, 1 Bassklarinette,

Elektra (1909): 

1 Es-, 2 A-, 2 B-Klarinetten, 2 Bassetthörner, 1 Bassklarinette

Rosenkavalier (1911): 

1Stimme für D-, Es-, A-, und B-Klarinette



2 Stimmen für A-, B-, und C-Klarinette



1 Stimme für Bassklarinette und Bassethorn

Frau ohne Schatten (1921): 

1 Es-, 2 B-, 2 C-Klarinetten, 2 Bassetthörner, 1 Bassklarinette"

60

Strauss´ Einsatz der Klarinette war sehr vielfältig und er verwendete den gesamten Tonumfang des Instruments vollkommen gleichwertig. Er nutzte das gesamte Klangspektrum vom zärtlichen, tiefen Register der Bassklarinette bis hin zu den grotesken hohen Tönen der Es-Klarinette. Die Stimmen aus seinen Opern können für die Interpreten eine große technische Herausforderung darstellen, weil Strauss

59 60

Berlioz, Instrumentationslehre, S. 232. Kroll, Die Klarinette, S. 61.

49

Enthusiasmus für die Klarinette das Instrument in einigen Werken an seine äußersten technischen Grenzen bringt. Während die Klarinette ím 19. Jahrhundert zu einem essentiellen Bestandteil der Bläsergruppe des Opernorchesters wurde, brachte das 20. Jahrhundert, obwohl sich das goldene Zeitalter der Oper dem Ende neigte und sich relativ gesehen eine geringere Anzahl Komponisten diesem Genre widmete, weitere bedeutende und stilistisch sehr vielfältige Klarinettenstimmen. Neben Strauss´ und Puccinis Opern vom Beginn des 20. Jahrhunderts, zeigt die Weiterentwicklung der Stile noch einmal die Vielseitigkeit des Instruments. Es sind noch einige Komponisten und ihre Werke zu erwähnen, die die vielfältigen Eigenschaften der Klarinette aufzeigen: Antonin Dvořák Rusalka, Claude Debussy Pelléas et Mélisande (1902), Béla Bartók A kékszakállú herceg vára (1918), Maurice Ravel L'heure espagnole (1911) und L'enfant et les sortilèges (1925), Alban Berg Wozzek (1923), Lulu (1937), George Gerschwin Porgy and Bess (1935), Igor Strawinsky Solovei (1914), Mavra (1922) und The Rake's Progress (1951), Sergei Prokofiev Война и мир (1946), Bernd Alois Zimmermann Die Soldaten (1965), Peter Maxwell Davies Taverner (1972), György Ligeti Le Grand Macabre (1978), Oliver Messiaen Saint François d'Assise (1983). Was die Opernmusik und die Musik allgemein seit Beginn des 20. Jahrhunderts charakterisiert, sind der Aufstieg der Einzelinterpreten und damit verbunden der individuelle Ausdruck auf dem Instrument. Die Werke sind von verschiedenen Stilen und experimentellen Merkmalen geprägt und so ist es nicht selten, dass die Klarinettenstimmen

eine

spezielle

Spieltechnik

erfordern.

Von

den

Barockkomponisten und ihrer trompetenartiger Verwendung der Klarinette in Form von diatonischen Tönen und Arpeggios, triolischen Figuren und einem sehr beschränkten Tonumfang, zu Mozarts Obligato-Soli, Wagners und Strauss gigantische´r Rollenverteilungen der Klarinette, bis hin zu den alternativen Techniken von zeitgenössischen Komponisten, ist die Oper wirklich das Genre, in dem die Klarinette ihre Vielseitigkeit und ihre Möglichkeit sich einzugliedern und die vielfältigsten Anforderungen zu erfüllen, bewiesen hat. 50

2.2 Jean-Phillippe Rameaus frühe Verwendung der Klarinette im Opernorchester: Zoroastre Die Entwicklung der Klarinette bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts schuf neue Möglichkeiten für deren Gebrauch. Ein besonders wichtiger Wendepunkt beim Einsatz der Klarinette im Opernorchester ist die Oper Zoroastre (1749) von JeanPhilippe Rameau. Das erste Mal werden darin in Frankreich Klarinetten in der Oper eingesetzt. "Zum ersten Mal setzte Rameau Klarinetten im Orchester ein, die wie die beiden Hornisten und ein Trompetenspieler zusätzlich engagiert werden mußten und die die klanglichen Möglichkeiten des Orchesters erheblich erweiterten."

61

Zoroastre ist eine Tragédie lyrique oder Tragédie en musique in fünf Akten nach einem Libretto von Louis de Cahusac und existiert in zwei Versionen, die erste von 1749 und die zweite von 1756. Rameau hat insgesamt fünf Tragédie en musique komponiert: Hippolyte et Aricie, Castor et Pollux, Dardanus, Zoroastre und Les Boréades. Rameau hatte als Komponist und Persönlichkeit des öffentlichen Lebens einen besonders großen Einfluss auf die Form des Genres Tragédie lyrique. In diesem Sinne stellt Zoroastre einen gewissen Wendepunkt in der Entwicklung dieses Genres dar, da sowohl der Komponist wie auch der Librettist innovative Einfälle hatten, die Hauptbestandteile der Oper, Musik und Tanz, die im traditionellen Sinne als Mittel zur Unterhaltung verwendet werden, mehr in einem dramatischen Kontext einzusetzen. Außerdem ist Zoroastre der Höhepunkt einer sehr intensiven Schaffensperiode von Rameau, in der eine große Anzahl bedeutender Werke entstanden ist. In der Zeitspanne von der Neufassung von Dardanus im Jahr 1744 bis zur Premiere von Zoroastre im Jahr 1749 komponierte Rameau vier Ballettopern: Les Fêtes de Polymnie (1745), Le Temple de la Gloire (1745), Les

61

Herbert Schneider und Reinhard Wiesend (Hrsg.), Die Oper in 18. Jahrhundert, Handbuch der musikalischen Gattungen, Band 12, Laaber 2001, S. 177, der Author bezieht sich hier auf folgende Publikation: J. de La Gorce, L'orchestre de l'Opéra et son évolution de Campra à Rameau, in: Revue de musicologie 76 (1990), S. 23-43.

51

fêtes de l'Hymen et de l'Amour (1747) und Les surprises de l'Amour (1748); zwei heroische Werke: Zaïs (1748) und Naïs (1749); zwei Ballet-Akte: Les fêtes de Ramire (1745) und Pygmalion (1748); ein Comédie-ballet: La princesse de Navarre (1745); und eine lyrische Komödie: Plateé (1745). Zudem erarbeitete er Neufassungen von einigen Werken: Le Temple de la Gloire (1746), Les Fêtes d'Hébé (1747), Les fêtes de l'Hymen et de l'Amour (1747) und Plateé (1749).62 Rameau und Cahusac haben versucht, eine neue Form der Tragédie en musique zu schaffen. Zahlreiche Elemente des Werkes brechen mit den Regeln der Tragédie lyrique, wie sie von ihrem Begründer Jean Baptist Lully festgelegt waren und

von

seinen

Nachfolgern

streng

eingehalten

wurden.

Dazu

zählen

insbesondere: 

das Fehlen eines Prologs;



das Thema, das aus der persischen Religion und nicht aus der klassichen Mythologie abgeleitet ist;



die Handlung, die sich auf den Kampf zwischen Gut und Böse konzentriert.

Eines der bedeutendsten Stücke der Oper ist historisch gesehen die Ouvertüre. Rameau weicht in diesem Werk von der damals üblichen Praxis nach JeanBaptiste Lully ab und tauscht den bis dahin üblichen Prolog mit der Ouvertüre. Zoroastre war die erste große Oper, die den Prolog verwarf.63 Die Handlung von Zoroastre ist aus der persischen Mythologie abgeleitet und das war eine deutliche Neuerung in der Barockoper, die ansonsten auf griechischen und römischen Klassikern basierte. Der Kampf zwischen dem Gründer des Zoroastrismus, Zoroastre, und einem bösen Zauberer, Abramane, kann im Zusammenhang mit der persischen Religion als ein Konflikt zwischen Gut und Böse, Licht und Dunkelheit, verstanden werden. Die beiden stehen im Konflikt und der Haupteinsatz bei ihrem Kampf ist die schöne Amelite. Von einem religiösen

62 63

Vgl. Charles Dill, Monstrous opera, Rameau and the tragic tradition, Princeton, 1998, S. 109. Vgl. Cuthbert Girdlestone, Jean-Philippe Rameau, His life and work, Mineola NY 1969, S. 277.

52

Standpunkt aus betrachtet, wird auf diese Weise der Kampf zwischen Gut und Böse für die menschliche Seele dargestellt.64 "1. Akt Im Königreich Baktrien herrscht nach dem Tod des Königs Unruhe. Die zwei Königstöchter Amélite und Erinice kämpfen um die Nachfolge ihres Vaters. Beide lieben Zoroastre, der die Kräfte des Guten gegen die des Bösen unter dem Zauberer Abramane anführt. Zoroastre bevorzugt Amélite, die rechtmäßige Nachfolgerin des Königs, und so sind die Lager klar. Vereint mit Erinice hat Abramane Zoroastre ins Exil verbannt und schickt Dämonen, Amélite rauben. 2. Akt Zoroastre fand im Palast des Königs der guten Dschinns, Oromasès, Zuflucht. Oromasès schwört Zoroastre mit einem Ritual darauf ein, das Böse zu besiegen und Amélite zu retten. In der Festung Baktriens quälen Abramane und Erinice die feindliche Königstochter, um sie zum Verzicht auf den Thron zu bewegen. Zoroastre erscheint, rettet Amélite und sie wird feierlich Königin von Baktrien. 3. Akt Beim Hochzeitszeremoniell von Zoroastre und Amélite erscheint Abramane auf einem feurigen Wagen und raubt Amélite abermals. 4. Akt Im Tempel des Gottes Arimane muss Abramane vernehmen, dass der Kampf zugunsten der Kräfte des Guten zu kippen droht. Er bringt Opfer und beschwört die Macht des Bösen. 5. Akt Die mittlerweile geläuterte Erinice warnt Zoroastre vor einem gewaltigen Angriff Abramanes. Der böse Magier erscheint auf seinem feurigen Wagen, führt Amélite in Ketten vor und fordert Zoroastre zur Flucht auf. Doch dieser beschwört die Götter, die den Feind und seine Mitstreiter mit Blitzen niederstrecken. Umjubelt werden Zoroastre und Amélite zum Königspaar gekrönt."

65

Zoroastre wurde erstmals am 5. Dezember 1749 von der Opéra National de Paris im Salle du Palais-Royal in Paris aufgeführt, mit prächtiger Inszenierung und brillanter Besetzung. 64

Vgl. Girdlestone, Jean-Philippe Rameau, S. 274. Vgl. Jean-Phillippe Rameau, Zoroastre: https://www.klassik.tv/themen/opern-kurz-buendig/zoroastre.html, [12.11.2015]. 65

53

"Decorations, machinery, lighting, costume, everything.... was of a tastefulness, a magnificence and a splendour exceeding the greatest beauties that had been seen" at the Opera since its foundation. The fifth act showed a superb temple "whose fluted columns were of gold, adorned with masses of carbuncles and rubies, flashing like the brightest fire". An immense dome formed the sanctuary "which was separated from the rest by a golden balustrade"; and on a magnificent altar shone the sacred fire. On either side were gorgeous galleries, with wreaths of laurels, myrtles and flowers. Here took place the crowning and wedding of Zoroastre."

66

Obwohl Rameau große Popularität genoss, war das damals weitgehend konservative Publikum schockiert und lehnte die Innovationen in Zoroastre ab, weshalb die Premiere kein Erfolg war. Aber dennoch hatte Rameau Fürsprecher. Laut Cuthbert Girdlestone, hielt Jean Le Rond d'Alembert, ein großer Verehrer von Rameau und seinen Werken, Zoroastre für das beste Werk des Komponisten.67 Die Uraufführung der zweiten Fassung von Zoroastre fand am 19. Jänner 1756 statt. In der neuen Version wurden der II., III. und V. Akt weitgehend verändert und der Kampf zwischen Zoroastre und Abramane, der mythische Konflikt zwischen Gut und Böse, wurde mehr in den emotionalen Rahmen der traditionellen Tragédie lyrique gesetzt. Die zweite Fassung hatte größeren Erfolg. "Zoroastre had great succes; the fourth act is very fine and nothing could be better than the ballet and staging" (January 31). "Zoroastre is still a great succes" (February 7) "People still go to Zoroastre with delight" (May 8).

68

Als neues Instrument und immer noch in der Anfangsphase ihrer Entwicklung hatte die Barockklarinette einige Mängel, die ihre Verwendung beeinflussten. Nur ein sehr limitierter Tonumfang des Instruments wurde eingesetzt, wobei Töne unter c1 vermieden wurden. Der triolische Rhythmus, das akkordische Arpeggio, sowie die diatonischen Tonleitern sind die Hauptcharakteristika der Musik für die Barockklarinette. Außerdem verdoppelte die Klarinette häufig die Stimmen anderer Instrumente, wie der Oboe, des Horns, der Trompete und manchmal auch der Geige. 66

Girdlestone, Jean-Philippe Rameau, S. 278. Vgl. Girdlestone, S. 278. 68 Girdlestone, S. 278, der Author bezieht sich hier auf folgende Publikation: From nouvelles à la mein, in (210). 67

54

Genau diese Rolle kam der Klarinette in der Oper Zoroastre zu. Auch wenn keine Klarinettenstimmen in der Partitur zu finden sind, verdoppelte sie sicherlich andere Instrumente wie die Oboe und die Geige oder wechselte sich mit diesen ab. Das geht aus mehreren Publikationhervor, wie jenen von Cuthbert Girdlestone, JeanPhilippe Rameau, His life and work, Erich Hoeprich, The Clarinet, oder Herbert Schneider und Reinhard Wiesend Handbuch der musikalischen Gattungen, Die Oper im 18. Jahrhundert. Die wahrscheinlich deutlichste und konkreteste Darstellung des Gebrauchs der Klarinette mit exakten Angaben über das Engagement zweier Klarinettisten bei den frühen Opernaufführungen finden sich in The baroque clarinet von Albert Rice: "Two clarinetist, Jean Schieffer and François Raiffer, are listed in a document from the archives of the Paris Opéra entitled 'Instruments Extraordinaires Employés à l'Opera'. They were payed a total of 168 livres 'pour avoir joué de la clarinette dans trois Repétitions et 25 Représentations de l'Opéra Zoroastre, à raison de 6 Livres, chacque fois' [for having played the clarinet in three rehearsals and 25 performances of the opera Zoroastre, the sum of 6 pounds, each time]. However, neither the engraved score of Zoroastre (1749) nor another score (in the Bibliotheque Nationale, Paris), dated 1756, contains parts for the clarinet. This implies that the musicians cited above also played other wind instruments (such as oboe) in the orchestra, playing the clarinet only when instructed to do so. Their parts probably doubled those for the violin or oboe, as is indicated in Rameau's last work using the clarinet, his 'tragédie en musique Les Boréades' (1764). In an autograph score the overture includes various indications: 'clarinettes ou hautbois', "hautbois et clarinettes', 'h.b. et cl' and 'sans h.b. ni clar' (pp. I-3), but separate clarinet parts are not found. The clarinets and/or oboes usually double the violin parts, though occasionally the violins move down to other staves, leaving the winds their own part. Rameau's use of the clarinet is verified in a note on p. 5 of the score which reads: 'If there are clarinets, they will play the violin parts and the bassoons will play the bass parts, all of which will have to be copied out."

69

Auch wenn die Aufgabe der Klarinette in der Oper Zoroastre ziemlich bescheiden war und auf der Verdoppelung der Stimmen anderer Instrumente beruhte, war sie

69

Rice, The baroque clarinet, S. 114, der Author bezieht sich hier auf folgende Publikationen: Etat de Payements qui seront faits à plusieurs sujets cy-après nommez, employez à l'Opéra, par extraordinaire, depuis le 29 aoust 1749, Arch. Opéra. A. 19 Emargements, 1749-1751, quoted by La Laurencie (1913). This document was not found by Stern (1983: 6-7), who assumed that it was lost during the recent transfer of material from the archives of the Opera to the Archives Nationales in Paris; und 'S'il y a des clar elles joueront les parties des viol. et les Bassons celles des Basses, qu'il faudra néanmois copier partons', See Rameau 1982 edn.:5.

55

historisch gesehen von ausgesprochen großer Bedeutung. Es ist die erste französische Oper, aber auch das erste nennenswerte Werk, in dem die Klarinette eingesetzt wurde. Damit wurde das Instrument auf eine neue Weise dem anspruchsvollen Pariser Publikum vorgestellt. Bereits die nächste Oper von Rameau, in der die Klarinette zum Einsatz kam, Acante et Céphise, ou La sympathie, pastorale-héroïque (1751), beinhaltete anspruchsvollere Parts, die beim Interpreten hohe technische Fertigkeiten voraussetzten. Dank Rameau wurde ein großer Schritt hin zur weiteren Entwicklung des Klarinettenrepertoires gemacht, aber auch in Richtung Weiterentwicklung des Instruments und Verbesserung der technischen

Möglichkeiten

und

Ausdrucksfähigkeit.

Rameaus

Beitrag

zur

Entwicklung der Klarinette ist umso größer zu bewerten, als Paris eines der Hauptkulturzentren war, in dem sich viele einflussreiche Komponisten und Musiktheoretiker aufhielten. In der Zeitspanne zwischen der Premiere der Oper Zoroastre (1749) und ihrer Neufassung im Jahr 1756 weilte und arbeitete der Mannheimer Komponist und Geiger Johann Stamitz in Paris. Er hatte einen sehr wichtigen Einfluss auf die Entwicklung der Klarinette. Wie Erich Hoeprich angibt, leitete er in den Jahren 1754 und 1755 das Privatorchester des großen Kunstförderers Le Riche de la Pouplinière, der auch mit Rameau in Verbindung stand.70 In der Zeit seines Parisaufenthaltes komponierte Stamitz Werke, in denen zum ersten Mal klassische Klarinetten in B zum Einsatz kamen. Wie einflussreich Johann Stamitz war, zeigt auch die Tatsache, dass das Mannheimer Orchester 1758 die Klarinette in ihre Besetzung aufnahm, wie Albert Rice anführt.71

70 71

Vgl. Hoeprich, The clarinet, S. 40. Vgl. Rice, The clarinet, S. 150.

56

3. Ausgewählte Soli für Klarinette: Überblick der wichtigsten Soli Die Klarinettensoli, die in dieser Arbeit analysiert und beschrieben werden, wurden aus dem Buch Orchester-Probespiel Klarinette gewählt. Das Buch OrchesterProbespiel Klarinette ist eines der wichtigsten der Orchesterliteratur für Klarinette. Es ist eine Sammlung wichtiger Passagen aus der Opern- und Konzertliteratur von Komponisten wie Beethoven, Brahms, Mahler, Mozart, Prokofieff, Rossini, Wagner, Weber und Weiteren. Die Beherrschung dieser Passagen ist eine wesentliche Voraussetzung für die Aufnahme in ein Orchester. Die Sammlung ist in Zusammenarbeit mit der Deutschen Orchestervereinigung e. V. (DOV) von Heinz Hepp (Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt/Akademie für Tonkunst Darmstadt) und Albert Rohde (Philharmonisches Orchester Kiel) herausgegeben worden. Die Sammlung wurde vom Deutschen Musikrat und den Musikhochschulen initiiert und basiert auf einer statistischen Untersuchung der Deutschen Orchestervereinigung, sowie auf der langjährigen Berufserfahrung der Herausgeber. Das Hauptziel dieser Sammlung ist eine praktische und einfache Übersicht über das in der Probespiel-Praxis häufig verwendete Material. Für junge Musiker stellt dieses Buch ein gutes Training und die Grundlage für die Ausbildung der Orchestererfahrung dar und für professionelle Musiker eine tägliche Routine.72 Neben dem Orchester-Probespiel für die Klarinette gibt es Bücher aus der gleichen Reihe auch für andere Instrumente: Flöte, Oboe, Fagott, Horn, Trompete, Posaune, Tuba, Pauke, Harfe, sowie eine Orchester-Probespiel-Literatur für Streicher. Jedes dieser Bücher wurde von Experten für die jeweiligen Instrumente herausgegeben. Das

Buch

Orchester-Probespiel

Klarinette

enthält

die

wichtigsten

Probespielstellen, also Klarinettensoli aus symphonischen Werken und dem Opernrepertoire:73

72

Vgl. Heinz Hepp und Albert Rohde (Hrsg.), Orchester-Probespiel Klarinette, Frankfurt 1991, S. Vorwort. 73 Klarinettensoli aus dem Opernrepertoire sind mit dem Unterstrich markiert.

57

B/A Klarinette 

Ludwig van Beethoven o Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60, 2. und 4. Satz o Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68 Pastorale, 1., 2., 3. und 5. Satz o Sinfonie Nr. 8 F-Dur op. 93, 3. Satz



Hector Berlioz o Symphonie fantastique, 3. und 5. Satz



Alexander Borodin o Князь Игорь (Fürst Igor), Nr. 8 und Nr. 17



Johannes Brahms o Sinfonie Nr. 1 c-Moll op. 68, 2. und 3. Satz o Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90, 1. und 2. Satz o Sinfonie Nr. 4 e-Moll op.98, 2. Satz



Zoltán Kodály o Galántai táncok (Tänze aus Galanta)



Franz Liszt o Magyar rapszódia (Ungarische Rhapsodie) Nr. 2



Gustav Mahler o Sinfonie Nr. 7 e-Moll, 2. Satz: Nachtmusik



Felix Mendelssohn-Bartholdy o Die Hebriden, Ouverture o Ein Sommernachtstraum, Scherzo o Sinfonie Nr. 3 a-Moll Schottische, 2. Satz



Wolfgang Amadeus Mozart o La clemenza di Tito, 1. Akt Nr. 9 Arie des Sextus



Sergej Prokofieff o



Петя и волк (Peter und der Wolf)

Giacomo Puccini o Tosca, 3. Akt



Ottorino Respighi 58

o Pini di Roma (Die Pinien von Rom), III. I pini del Gianicolo (Die Pinien auf dem Janiculum) 

Nikolai Rimsky-Korsakow o



е ераза а (Scheherazade), 2., 3. und 4. Satz

Gioacchino Rossini o Semiramis, Ouverture o Il barbiere di Siviglia (Der Barbier von Sevilla), Ouverture und Nr. 2 Kavatine



Dmitri Schostakowitsch o Sinfonie Nr. 1 f-Moll op. 10, 2. Satz o Sinfonie Nr. 9 Es-Dur op. 70, 3. Satz



Franz Schubert o Sinfonie Nr. 7 h-Moll D 759 Unvollendete, 2. Satz



Robert Schumann o Sinfonie Nr. 1 B-Dur op. 38 Frühlingssinfonie, 1. Satz



Bedřich Smetana o Prodaná nevěsta (Die verkaufte Braut), Ouverture



Richard Strauss o Der Rosenkavalier op. 59, 1. und 3. Aufzug o Salome op. 54, 1. Szene



Igor Strawinsky o Петрушка (Petruschka), 2. Bild



Peter I. Tschaikowsky o Sinfonie Nr. 4 f-Moll op.36, 1. u 3. Satz o Sinfonie Nr. 6 h-Moll op. 74 Pathétique, 1. Satz



Giuseppe Verdi o Rigoletto, 4. Akt o La Traviata, 2. Akt o La forza del destino (Die Macht des Schicksals), 3. Akt 1. Szene



Richard Wagner

59

o Die Meistersinger von Nürnberg, 2. Aufzug 2. Szene und 3. Aufzug 1. und 3. Szene o Götterdämmerung, 1. Aufzug 2. und 3. Szene 

Karl Maria von Weber o Oberon, Ouverture o Der Freischütz, Ouverture, 1. Akt 4. Auftritt und 3. Akt Kavatine der Agathe

D/Es Klarinette 

Hector Berlioz o Symphonie fantastique, 5. Satz



Maurice Ravel o Boléro o Klavierkonzert G-Dur, 3. Satz o Daphnis et Chloé, 1. und 2. Suite



Richard Strauss o Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28 o Ein Heldenleben op. 40 o Der Rosenkavalier, 1. und 2. Aufzug o Salome op. 54



Igor Strawinsky o Le Sacre du Printemps, Erster Teil

Bassklarinette 

Béla Bartók o Suite Nr. 2 op. 4



Franz Liszt o Dante Sinfonie



Dmitri Schostakowitsch o Violinkonzert Nr. 1 a-Moll op. 65, 2. Satz o Sinfonie Nr. 8 c-Moll op. 65, 5. Satz 60



Richard Strauss o Don Quixote op. 35



Igor Strawinsky o Le Sacre du Printemps, Erster Teil



Giuseppe Verdi o Aida, 4. Akt 2. Szene



Richard Wagner o Tannhäuser, 3. Aufzug 1. Szene o Tristan und Isolde, 2. Aufzug 3. Szene o Die Walküre, 2. Aufzug 4. und 5. Szene

Von einem professionellen Musiker wird erwartet, dass er das Repertoire der Opern- und Konzertliteratur kennt und dass er die berühmtesten Soli in jedem Moment „aus dem Stegreif“ spielen kann. Dadurch, dass diese Sammlung einen einfachen und praktischen Einblick in die berühmtesten Klarinettensoli gibt, dient sie als eine gute Basis für die Vorbereitung auf ein Probespiel oder um sich mit den außerordentlichen Werken des Klarinettenrepertoires bekannt zu machen. Allerdings

muss

besonders

darauf

hingewiesen

werden,

dass

es

auch

außerordentlich wichtig ist, die Partitur detailliert zu kennen und den gesamten Kontext des Werkes zu verstehen. Außer der Einübung der Soli aus dieser Sammlung ist es auch notwendig die gesamte Orchesterpartitur zu analysieren, um die erste goldene Regel des richtigen Übens erfüllen zu können, die im Buch Clever üben, sinnvoll proben, erfolgreich vorspielen von Mark Andreas Gisecke vorgestellt wird. "Goldene Regel Nummer 1: Immer richtig üben, nie falsch. Was auch immer gerade geübt wird, es muss vollkommen korrekt sein. Diese Regel klingt einfach. Sie einzuhalten, ist aber manchmal ziemlich schwer. Vollkommen korrekt heisst, eine Stelle: 

immer im einmal festgelegten, richtigen Fingersatz,



immer im richtigen Tempo oder jedenfalls mit der richtigen Vorstellung vom Zieltempo,



immer mit den richtigen Tönen und Rhythmen,

61



immer mit den korrekten Zusatzbewegungen (... evtl.

Instrumentenwechsel z.B.

Klarinette/Bassklarinette...) 

immer mit den korrekten Dynamiken,



immer mit den korrekten Tempowechseln/Tempoveränderungen/mit der korrekten Agogik,



immer mit dem für die Stelle nötigen emotionalen Hintergrund,



bei Wiederholungen/prima volta/seconda volta/dal segno/da capo etc. immer genau wissend, an welcher Stelle im Stück man sich befindet üben."

74

Richtiges Üben, und später auch die Aufführung eines Solos, ist demnach nur möglich, wenn der Interpret mit der Partitur und dem Kontext des gesamten Werkes gut vertraut ist. Soli aus der Opernliteratur erfordern auch die Kenntnis des Librettos, sowie der Bühnengeschehnisse im Moment, in dem das Solo gespielt wird. Nur auf diese Weise, also mit dem Verständnis des emotionalen Hintergrundes des Werkes, kann die im Libretto vorgesehene Atmosphäre gezeigt werden. In diesem Kapitel werden die folgenden Soli aus dem Buch Orchester-Probespiel Klarinette analysiert und beschrieben: 

Wolfgang Amadeus Mozart: La clemenza di Tito, 1. Akt Nr. 9 Arie



Giacomo Puccini: Tosca, 3. Akt



Giuseppe Verdi: La forza del destino, 3. Akt, 1. Szene



Carl Maria von Weber: Der Freischütz, Ouverture

Neben den angeführten Soli aus dem Buch Orchester-Probespiel Klarinette wird noch ein weiteres sehr bedeutsames Solo beschrieben, das nicht in dieser Sammlung zu finden ist, aber ebenfalls aus der Oper La clemenza di Tito stammt: 

Wolfgang Amadeus Mozart: La clemenza di Tito, 2. Akt Nr. 23 Rondo

Mit der Auswahl gerade dieser Soli wird klar, wie unterschiedlich die Klarinette in der Oper eingesetzt wird, sodass diese als durchaus repräsentativ für die Arbeit

74

Mark Andreas Gisecke, Clever üben, sinnvoll proben, erfolgreich vorspielen, Frankfurt 2005, S. 910.

62

des Klarinettisten/der Klarinettistin gelten können. In jedem der ausgewählten Soli kommt die Klarinette in einem anderen Kontext zum Einsatz, was die großen Ausdrucksmöglichkeiten des Instruments zeigt. In Mozarts Obligato-Soli Arie des Sextus und Vitelias Rondo hat die Klarinette eine beinahe gleichberechtigte Rolle mit dem Solisten, Puccini verwendet die Klarinette als einführendes Element in einer der ausdrucksstärksten Arien der Oper Tosca, Verdi widmet der Klarinette ein sehr bedeutsames Konzertsolo, das die Atmosphäre und die Gedanken von einer der Hauptfiguren der Oper La forza del destino darstellt und Weber widmet der Klarinette in der Ouvertüre von Der Freischütz ein Solo, das einige Motive aus der gesamten Oper enthält.

63

3.1 Wolfgang Amadeus Mozart, La clemenza di Tito Opera Seria in zwei Akten. Textbuch nach Pietro Metastasio von Caterino Mazzolà Originalsprache: Italienisch Personen: Tito Vespasiano (Titus), römischer Kaiser (Tenor), Vitellia, Tochter des vorherigen Kaisers Vitellio (Sopran), Servilia, Schwester des Sesto, Liebhaber von Annio (Sopran), Sesto (Sextus), Freund von Tito, Liebhaber von Vitellia (Sopran), Annio (Annius), Freund von Sesto, Liebhaber von Servilia (Sopran), Publio (Publius), Prätorianerpräfekt (Bass), Chor (Bass). Ort und Zeit der Handlung: Rom in Jahre 79. Erste Aufführung: Prag, 6. September 1791 Orchesterbesetzung: 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, (Nr. 9: Klarinettensolo = Bassetklarinette),

1 Bassetthorn (nur Nr. 23), 2 Fagotte; 2 Hörner, 2 Clarion;

Pauke; Streicher; Continuo in den Secco-Rezitativen: Cembalo, Violoncello Handlung: "1. Akt Wie so häufig in der Opera seria der Rokoko-Zeit, ist die Handlung zwar in staatstragender Umgebung angesiedelt, dreht sich aber letztlich um Liebe, Eifersucht, Rache und Vergebung. Vitellia, Tochter des ehemaligen Kaisers Vitellius, hasst Titus, denn er hat sie nicht wie erwartet zur Frau erwählt. Daraufhin überredet sie Sextus, ihren Geliebten und Freund des Kaisers, an einer Verschwörung gegen den neuen Herrscher teilzunehmen. Titus entsagt derweil aus Gründen der Staatsräson seiner Liebe zu der Ausländerin Berenice, worauf Vetellia neue Hoffnung schöpft. Titus wird als siegreicher neuer Herrscher auf dem Forum vom Volk umjubelt. Unerwarteter Weise bittet er Sextus um die Hand von dessen Schwester Servilia, dieser zuvor seinem Freund Annius versprochen hatte. Nachdem Servilia dem neuen Kaiser gesteht, dass sie Annius liebt, verzichtet Titus großmütg und gibt die Braut an ihren Geliebten zurück. Obwohl mit sich selbst im Zweifel, begibt sich Sextus zu den Verschwörern. Als der Gesandte des Kaisers Vitellia mitteilen lässt, dass er sie zu ehelichen wünsche, ist es bereits zu spät: Der

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Aufstand der Verschwörer wütet in der Stadt, das Kapitol steht in Flammen und die Nachricht vom Tod des Kaisers verbreitet sich in der nächtlichen Stadt. 2. Akt Sextus will seinem Leben verzweifelt ein Ende setzen. Da berichtet ihm sein Freund Annius, dass nicht der Kaiser selbst, sondern ein Römer mit ähnlicher Toga ermordet wurde. Während Vitellia zur Flucht rät, will sich Annius stellten. Sextus wird verhaftet und vom Senat zum Tode verurteilt. Titus ist bestürzt über den Verrat seines Freundes und lässt diesen vorführen. Um Vitellia zu schützen, bekennt sich Sextus als alleine schuldig. Titus erkennt des Edelmut seines Freundes, was ihn dazu bringt, über eine Herrschaft nachzudenken, die nur auf Tyrannei begründet ist. Die Gnadengesuche von Annius und Servilia sind zunächst vergebens. Als die Verurteilten Verschwörer zur Hinrichtung geführt werden, wirft sich Vitellia vor die Füsse des Kaisers und gesteht, dass sie den Plan zur Verschwörung gefasst hat. Titus ist davon so bewegt, dass der die Verschwörer begnadigt. In der Schlussszene bejubelt das Volk den gütigen und großmütigen Herrscher."

75

3.1.1 Historischer Hintergrund La clemenza di Tito ist eine der kontroversesten Opern von Mozart und wie viele Opern aus dem 18. Jahrhundert hat auch sie eine politische Konnotation. Sie wurde für die Krönungszeremonie von König Leopold II von Böhmen komponiert, was Teil der damaligen Tradition war. Auch wenn sich Mozart in dieser Zeit mit der Opera buffa beschäftigt hat, zeigt La clemenza di Tito seine Affinität gegenüber der Opera seria. Mozarts früher Biograf, Franz Niemetschek behauptet, dass die Oper in 18 Tagen geschrieben wurde: "Diese letzte begann er in senem Reisewagen auf dem Wege von Wien, und vollendete sie in dem kurzen Zeitraume von 18 Tagen in Prag"76. Diese Theorie hat sich bis ins tiefe 20. Jahrhundert aufrechterhalten, als Forschungen gezeigt haben, dass Mozart mit der Arbeit an der Oper wahrscheinlich im Juli 1791 begonnen hat und das seine Aufmerksamkeit am Anfang auf das Ensemblen und Titos Arien gerichtet war. Die anderen Arien wurden hingegen später komponiert. Man ist sich sicher, dass die Secco-Rezitative 75

Vgl. Wolfgang Amadeus Mozart, La clemenza di Tito, https://www.klassik.tv/themen/opern-kurz-buendig/la-clemenza-di-tito.html, [12.11.2015]. 76 Hans-Joachim Fritz, Mozarts La Clemenza di Tito, Die Geschichte einer Oper, Wien 2013, S. 50, der Author bezieht sich hier auf folgende Publikation: Niemetschek, Franz Xaver, Ich kannte Mozart. Die einzige Biografie von einem Augenzeugen, München 2005, S 48.

65

Mozarts Schüler und Assistent, Franz Xaver Süβmayr, gemacht hat. Bei Hans Joachim Fritz lesen wir: "Viel naheligender ist, dass Mozart den größten Teil der Oper schon vor der Abreise nach Prag festgestellt hatte und nur die noch fehlenden Teile auf der Reise und nach seiner Ankunft in Prag hinzugeführte... Dennoch muss Mozart sich in äußerster zeitlicher Bedrängnis befunden haben, sonst hätte er seinen Schüler und Assistenten Franz Xaver Süßmayr sicherlicht nicht zur Unterstützung herangezogen und ihm die Ausarbeitung der Secco-Rezitative übertragen, während er die musikalisch bedeutenderen Accompagnato-Rezitative selbst komponierte"

77

Mozart wurde die Bedingung gestellt, dass ein neues Libretto verfasst oder, falls dafür keine Zeit ist, dass Metastasios La Clemenza di Tito verwendet wird, ein Werk, das das erste Mal 1734 aufgeführt wurde. Davon abgesehen, dass die Zeit für das Komponieren kurz war, wurde als Basis das Libretto von Metastasio genutzt und anschliessend von Caterino Mazzolá überarbeitet. Der politische Inhalt des Librettos musste eine wichtige Bedingung der Entscheidung sein. Passend zur Französischen Revolution zeigt das Drama einen erleuchteten Monarch, der sich der gewalttätigen Rebellion entgegensetzt und sie erfolgreich erstickt. Die Oper zeigt einen Herrscher der mutig und gerecht war.78 Die erste Aufführung der Oper war kein grosser Erfolg. Erst weitere Aufführungen im September 1791 haben sie an Popularität gewinnen lassen und sie wurde vom Publikum in Prag begeistert angenommen. Die letzte Aufführung am 30. September war ein grosser Erolg, über den ihn sein langjähriger Freund und Klarinettenspieler, Anton Stadler, der selbst an der Aufführung beteiligt war, informiert. Anfang Oktober schreibt Mozart seiner Frau vom Erfolg den Titus erreicht hat. "1193. Mozart an seine Frau, Baden bei Wien - Wien, den 7. und 8. 10. 1791

77

Fritz, La Clemenza di Tito, S. 52-53. Vgl. John A. Rice, W.A. Mozart, La Clemenza di Tito, Cambridge University Press, 1991, S. 1011. 78

66

... in dieser zwischenzeit kamm ein Brief von Prag vom Stadler [Anton Stadler]; - die Duscheckischen sind alle wohl; - mir schneit Sie muß gar keinen brief von dir erhalten haben - und doch kann ich es fast nicht glauben! - genug - Sie wissen schon alle die herrliche aufnahme meiner teutschen Oper. - das sonderbareste dabei ist, das den abend als meine neue Oper [Die Zauberflöte, deren Premiere am 30.9.1791 stattgefunden hatte] mit so vielen beifall zum erstenmale aufgeführt wurde, am nemlichen abend in Prag der Tito zum letztenmale auch mit ausserordentlichen beifall aufgeführet worden. - alle Stücke sind applaudiert worden. - der Bedini sang besser als allezeit. - das Duettchen ex A von die 2 Mädchens wurde wiederhollet wurde wiederhollet - und gerne - hätte man nicht die Marchetti geschonet - hätte man auch das Rondó repetirt. - dem Stodla [Anton Stadler] wurde |: O böhmisches wunder! - schreibt er :| aus dem Parterre und so gar aus dem Orchestre bravo zugerufen [Jedenfalls nach dem für ihn geschrieben Klarinetten-Solo in der Arie des Sesto "Parto, parto, ma tu, ben mio" (Nr. 9) und dem ebenfalls Stadler zugeeigneten Bassetthorn-Solo im Rondo Vittelias "Non, píu di fiori" (Nr.23)]... "

79

Mozart war seit der ersten Begegnung mit der Klarinette von ihr begeistert. "508. Mozart an seinen Vater, Salzburg - Mannheim, den 3. 12. 1778 ... ach, wenn wir nur auch clarinetti hätten! - sie glauben nicht was eine sinfonie mit flauten, oboen und clarinetten einen herrlichen Effect macht; - ich werde dem Erzbischof [Siegmund Christoph Graf Schrattenbach] bey der ersten audienz viell neües erzehlen, und vielleicht auch einige vorschläge machen; - ach, die Musique könnte bey uns viell schöner und besser seyn, wenn der Erzbischof nur wollte;"

80

Stellen für die Klarinette in Mozarts Werken entsprechen einer Klarinette mit 5 Klappen. Das erste ernstere Werk, in dem er die Klarinette eingesetzt hat, war die Symphonie D - Dur, Pariser Sinfonie, KV 297, aufgeführt im Juni 1778. Auch wenn die Klarinetten keine besondere Rolle hatten, hat die Symphonie Mozarts Entschlossenheit, die Klarinette in die Holzbläser Sektion aufzunehmen, gezeigt. In der Symphonie Es-Dur KV 543 (1788) schloss Mozart die Oboe aus der Bläsersektion aus, den Klarinetten hingegen widmete er wegen ihrer großen Ausdruckskraft wichtigere Rollen. Diese Tendenz setzt sich auch in den Opern fort, deren Parts er für herausragende Musiker schrieb, wie es die Gebrüder Anton und Johann Stadler waren.

79 80

Bauer und Deutsch, Mozart, Briefe und Aufzeichnungen, Band IV, Kassel 2005, S.157. Bauer und Deutsch, Mozart, Briefe und Aufzeichnungen, Band II, Kassel 2005, S.517.

67

3.1.2 Klarinettensoli Mozarts Bekanntschaft mit Anton Stadler war sehr bedeutend. Stadler kann mit einem Großteil von Mozarts Werken, die er in seiner Wiener Zeit komponierte, in Zusammenhang gebracht werden, dazu zählen auch das Klarinettenquintett KV 581 und das Klarinettenkonzert KV 622. Sein Talent und seine Virtuosität inspirierten Mozart, und neben den Fähigkeiten von Stadler selbst, beeinflussten die technischen Charakteristika seiner Instrumente die Gestaltung der Stimmen, die Mozart der Klarinette widmete, stark. Wie Eric Hoeprich anführt: "Several important discoveries from the past fifty years bear directly on the subject of Anton Stadler, his basset clarinets made by Theodor Lotz and their connection with Mozart. From the notice for an "Academie" in 1788 we know that Stadler possessed a special clarinet, built by Theodor Lotz, capable of playing two tones lower than an ordinary clarinet."

81

Einige der ausdrucksstärksten und bekanntesten Stücke der Oper sind die beiden Arien Parto, ma tu, ben mio (No. 9) und Non piú di fiori (No. 23) mit ObligatoStimmen für die Bassetklarinette, beziehungsweise für das Bassethorn. Diese waren für Stadler geschrieben und in ihnen kommt die Vorliebe des Komponisten für die Klarinette zum Ausdruck. Mozart schöpft in diesen Arien das Potential des erweiterten Tonumfangs des Instruments Stadlers voll aus. 3.1.2.1 Arie des Sesto: Parto, parto, ma tu ben mio Erster Akt; Szene IX, Nr. 9 Arie Freundliches Gemach in der kaiserlichen Wohnung auf dem Palatin; Vitelia, dann Sextus; Eine der Lieblingsarien von Klarinettisten, die oft auch außerhalb der Oper in Kammerensembles aufgeführt wird, zeigt Sestos Absicht, sich mit Vitellia zu versöhnen, bevor er von ihr fort geht und sich rächt.

81

Hoeprich, The clarinet, S. 110, der Author bezieht sich hier auf folgende Publikation: Concert announcment for 20 February 1788, Gesellschaft der Musikfreunde, Vienna.

68

Parto, ma tu ben mio,

Ich gehe, aber du mein Lieb

Meco ritorna in pace;

Schließ‘ mit mir Frieden.

Sarò qual più ti piace,

Ich werde so sein, wie ich dir am besten gefalle

Quel che vorrai farò.

Was du willst, werde ich tun.

Guardami, e tutto oblio,

Sieh mich an, und ich vergesse alles,

E a vendicarti io volo;

Und ich eile, dich zu rächen.

A questo sguardo solo

An diesen Blick allein

Da me sì penserà.

Werde ich denken.

Ah, qual poter, oh Dei!

Ach welche Macht, oh Götter,

Donaste alla beltà.

Schenktet ihr der Schönheit.

69

70

Notenbeispiel 1: Wolfgang Amadeus Mozart, La clemenza di Tito, Nr. 9 Arie, Klarinettensolo Nach einer kurzen Einführung mit punktiertem Rhythmus des ganzen Orchesters fängt Sestos Arie in B - Dur Adagio in dem 4. Takt an. Sesto wendet sich zuerst an Vittelia, "Parto ma tu ben mio, meco ritorna in pace" und anschliessend fängt das Klarinettensolo im 13. Takt an. Die ganze Arie basiert auf einem konstanten melodischen Dialog zwischen Sesto und dem Klarinettensolo, häufig in der Form von Frage - Antwort (Notenbeispiel 2), deren melodische Einlagen ein Gefühl von Melancholie vermitteln. Die anderen Instrumente, in dem Adagio als auch in den 71

anderen Teilen der Arie, Allegro und Allegro assai, haben eine begleitende harmonische Rolle durch einfache rhythmische Einlagen. Die Arie kann auf eine Art und Weise als Duett zwischen Sesto und der Klarinette mit der Orchesterbegleitung betrachtet werden.

Notenbeispiel 2: Der Dialog zwischen Sesto und dem Klarinettensolo Das Allegro macht eine schnelle Wendung in der Atmosphäre und zeigt Sestos Entschlossenheit in der Beabsichtigung Vittelia zu rächen. Die Wahrnehmung der Charakterveränderung in der Arie vergrößert auch die Generalpause vor dem Allegro. Schnelle, virtuose Passagen der Klarinette stellen das Nachdenken und die Angespanntheit von Sesto dar, der eine Erlaubnis für die Rache sucht und 72

damit zeigt, dass er sich unter der Kontrolle von Vittelia befindet: Guardami, e tutto oblio, e a vendicarti io volo. Die einzige Vortragbezeichnung in der Partitur für den Einsatz der Klarinette ist dolce, die sich an zwei Stellen findet (14. und 42. Takt in Allegro). Auf sie sollte man besonders achten, da das Motiv in der Klarinettensolostimme in Momenten ausgesprochener Angespanntheit eine unerwartete Stimmungswendung bringt und Sestos Gefühle und Emotionen gegenüber Vittelia zeigt: A questo sguardo solo da me si penserá. In diesen Stellen klingt es so, als ob die Klarinette Fragen stellen würde und Sesto darauf antworten würde (Notenbeispiel 3).

Notenbeispiel 3: Der Dialog zwischen Sesto und dem Klarinettensolo: "Frage Antwort" Das Tempo wird daraufhin erhöht, Allegro assai stellt Sestos Faszination von Vittelias Schönheit dar: Ah qual poter, oh Dei! Donaste alla belta. Virtuose, triolische Passagen der Klarinette verdeutlichen den Anstieg der Angespanntheit und dienen als Einleitung in Sestos Koloratur im gleichen triolischen Rhythmus. "Sesto then takes up the triplets in a display of coloratura; breathles rests separate words within phrases ("ah qual... poter.... oh Dei") and syllables within words ("al ... la bel ... tá") as the aria reaches its climax."

82

Danach verlässt Sesto die Bühne und geht mit der Intention, Vitellia zu rächen und Tito zu töten, fort.

82

Rice, La Clemenza di Tito, S. 81.

73

3.1.2.2 Vittelias Rondo: Non piú di fiori Zweiter Akt; Szene XV, Nr. 23 Rondo Großer Saal für öffentliche Audienzen. Thron, Stuhl und ein kleiner Tisch; Vitellia allein;

Non più di fiori

Um aus Blumen

Vagne catene

Anmutige Ketten zu flechten,

Discenda Imene

Steige Hymenaeus

Ad intrecciar.

Nicht herab.

Stretta fra barbare

Gebunden in grobe,

Aspre ritorte

Rauche Fessel

Veggo la morte

Sehe ich den Tod

Ver me avanzar.

Sich mir nähern.

Infelice! Qual orrore!

Unglückliche! Welch ein Schrecken!

Ah di me che si dirà?

Ach was wird man von mir sagen?

Chi vedesse il mio dolore,

Wer meinen Schmerz sähe,

Pur avria di me pietà.

Hätte doch Mitleid mit mir.

Dieses Klarinettensolo gilt als eines der wichtigeren Solos in der KlarinettenOpernliteratur, auch wenn es nicht im Orchesterprobespiel Buch ist. Hier hat Mozart das Potential des Bassethorns vollkommen für den dramatischen Kontext ausgenutzt. Die lyrische Melodie, die chromatischen und Arpeggio-Passagen so wie die Klangfarbe des tiefen Instrumentenregisters veranschaulichen die Angst, die Verzweiflung und das Selbstmitleid, die das Hauptmotiv der ganzen Arie sind.

74

75

Notenbeispiel 4: Mozart, La clemenza di Tito, Nr. 23 Rondo, Klarinettensolo Vittelia plagt die Schuld und sie beschliesst Tito alles zu gestehen, nachdem sie Serviglia warnt, dass das schlechte Gewissen allein Sesto nicht helfen kann. (Arie S'altro che lagrime). Sie sieht ein, dass sie eher ihre Straftat gestehen sollte, als den Thron anzunehmen und dafür Sestos Leben zu opfern. 76

Vittelias Rondo ist in F Dur. Es fängt mit einem langsamen Larghetto-Tempo an und in den ersten 8 Takten führen die ersten Violinen und die Klarinette das Thema aus, welche die Melodie für eine Oktave tiefer dupliert. Im 9. Takt führt Vittelia unter dem Duplieren der ersten Violine das Thema aus, während die Klarinette pausiert. In der Zeit des 2. Aufführens von Vittelias Thema hat die Klarinette eine Begleitfunktion in Form eines Arpeggios, die ebenfalls charakteristisch für die vorherige Arie Parto, parto, ma tu ben mio ist. Nach dem kurzen Larghetto-Teil, der Vittelias Selbstmitleid darstellt, tritt Allegro mit drastischen Charakterveränderungen und ausgeprägtem Gefühl der Verzweiflung aufInfelice! qual orrore! Auch wenn keine Vortragbezeichnungen in der Klarinettenstimme sind, muss der Interpret/die Interpretin auf die sehr energischen Impulse, die Vittelia im Takt vor dem Allegro gibt, antworten. In den ersten 6 Takten des Allegro-Teils spielt die Klarinette ein melodisches - thematisches Material, das sehr ähnlich dem Material ist, das man in der Exposition und Reprise des ersten Satzes des Klarinettenkonzertes KV 622 hört (Notenbeispiel 5). Sowie La clemenza di Tito als auch das Klarinettenkonzert KV 622 sind im gleichen Zeitabschnitt komponiert worden. La clemenza di Tito wurde im September beendet und das Klarinettenkonzert im Oktober 1791.

Notenbeispiel 5: Mozart, La clemenza di Tito, Nr. 23 Rondo, Klarinettensolo, Takt 44-49 (Nr.1); Klarinettenkonzert KV 622 Takt 78-82 (Nr. 2) und Takt 272 - 276 (Nr. 3) Nach der Synkope durch die Streichinstrumente und der Fermate im 13. Takt des Allegros, bringt die Klarinette einen neuen thematischen Inhalt, den Vittelia über ihre Besorgnis singend übernimmt: Chi vedesse il mio dolore, pur avria di me pietа?. Für die 77

Interpretation der Klarinettenstimme und der Veranschaulichung der Atmosphäre ist es von grosser Bedeutung das Legato zu verdeutlichen, welches sich in Vittelias Melancholie verbirgt. Es folgt der Dialog zwischen der Klarinette und Vittelia nach dem Frage- Antwort-Prinzip.

Notenbeispiel 6: Der Dialog zwischen Vitellia und dem Klarinettensolo Im 36. Takt im Allegro erscheint nochmals das Thema vom Anfang der Arie, diesmal mit einem ausgeprägten dramatischen Charakter. Ein lyrisches, sanftes Thema, das am Anfang im Larghetto-Tempo im 3/8 Takt gezeigt wird, bekommt einen völlig neuen dramatischen Charakter im Allegro-Tempo und 4/4 Takt. Der Anstieg des dramatischen Charakters wird von der Begleitung des ganzen Orchesters verstärkt. Die virtuosen Arpeggio- und chromatischen Passagen in der Klarinette führen zu einer neuen

78

Generalpause, nach der sich Vittelia nochmals fragt, ob ihr verziehen wird: Chi vedesse il mio dolore, pur avria di me pietа? Der ständige Atmosphärenwechsel und die Gefühle von Angst, Unruhe, Schwermut und Selbstmitleid setzen sich bis zum Ende der Arie fort. Die Klarinette bringt die Arie mit virtuosen Passagen zu ihrem Höhepunkt und spielt die Einleitung für das Orchestertutti, nach dem ein kurzes Andante maestoso folgt und danach der Szenenwechsel. Wie bedeutend diese Arien schon zu dieser Zeit waren und welchen Bekanntheitsgrad sie hatten, zeigt auch die Tournee von Anton Stadler, die etwa 4 Jahre gedauert hat und auf welcher Vokalsolisten die Arie aus La clemenza di Tito, aber auch Arien aus der Oper Die Hochzeit des Figaros aufgeführt haben. In dieser Zeit hat er mindestens 9 Städte besucht und hatte mehrere Auftritte: Prag, 16. Oktober 1791; Berlin, 31. Januar und 23. März 1792; Warsaw, 4. Mai und 11. September 1792; Vilnius, 1793; Riga, 27. Februar, 5. März und 21 März 1794; St Petersburg, 13. Mai 1794; Lübeck, 16. September und 27. September 1794; Hamburg, 29. November und 20 Dezember 1794; Hannover, 12. September 1795.83 Die Ankündigung des Konzerts und des Programmes, welche die Aufführungen dokumentieren, dass Stadler Mozarts Arien aufgeführt hat sind erhalten (Abbildung 5).

83

Vgl. Hoeprich, The clarinet, S. 116-117.

79

Abbildung 5: Ankündigung und Programm des Stadlers Aufführung in Riga, 5. März 1794

80

3.2 Giacomo Puccini, Tosca Oper (Melodramma) in drei Akten. Libretto nach Victorien Sardou von Giuseppe Giacosa und Luigi Illica. Originalsprache: Italienisch Personen: Floria Tosca, berühmte Opernsängerin (Sopran), Mario Cavaradossi, Maler (Tenor), Baron Scarpia, Chef der Polizei (Bariton), Cesare Angelotti, ein flüchtiger Revolutionär (Bass), Spoletta, Polizeiagent (Tenor), Sciarrone, Polizist (Bass), ein Mesner (Bass), Kerkermeister (Bass), ein Hirtenknabe (Knabensopran), mehrere stumme Rollen: ein Kardinal, ein Staatsanwalt, Damen, Soldaten, Volk. Ort und Zeit der Handlung: Rom im Juni 1800. Erste Aufführung: Rom, 14. Januar 1900 Orchesterbesetzung: 3 Flöten (2. und 3. auch Piccoloflöten), 2 Oboen,

1

Englischhorn, 2 Klarinetten, 1 Bassklarinette, 2 Fagotte, 1 Kontrafagott; 4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Bassposaune; Pauken, Große Trommel, Triangel, Becken, Tamtam, Carillon, Celesta, Glocken, 1 Harfe; Streicher; Bühnenmusik: 1 Flöte, 1 Viola, 1 Harfe, 4 Hörner, 3 Posaunen, Glocke, Orgel, 2 Trommel, Gewehre, Kanone. Handlung: "1. Akt Angelotti, ein politischer Gefangener, bricht aus dem Gefängnis aus und sucht bei seinem Freund Cavaradossi, einem Maler, Hilfe. Dieser erschafft gerade ein Altarbild in einer Kirche, das die flammende Eifersucht seiner Geliebten Floria Tosca, einer Sängerin, bewirkt, da sie nicht sich, sondern eine andere Frau als Vorbild des Werkes erkennt. Mit Mühe kann Cavaradossi seine Angebetete beschwichtigen. Indizien weisen aber darauf hin, dass er den Flüchtigen unterstützt und die Fahnder um Polizeichef Baron Scarpia heften sich an seine und Toscas Fersen. 2. Akt Die Suche nach Angelotti verläuft erfolglos und schließlich wird Cavaradossi gefoltert, um den Aufenthaltsort des Gesuchten preiszugeben. Doch der Maler verrät den Freund nicht, brüllend unter

81

Höllenqualen. Von den Schreien ihres Liebhabers gemartert, wird Tosca schwach und enthüllt Angelottis Aufenthaltsort, worauf dieser sich das Leben nimmt. Die Nachricht vom Sieg Napoleons über Österreich und die damit bevorstehende politsche Wende lassen Cavaradossi begeistert zu seiner politischen Überzeugung stehen, worauf Polizeichef Scarpia seine Hinrichtung anordnet. Tosca bittet um die Freilassung, die Scarpia nicht für Geld, wohl aber für Toscas Körper zu erwirken bereit ist. Sie willigt ein und der Polizeichef setzt einen Brief mit Order zum freien Geleit Cavaradossis auf. Weiters sagt er Tosca, dass die Erschießung Cavaradossis mit Platzpatronen durchgeführt werden soll, um den Schein zu wahren. Als Scarpia seinen Lohn von Tosca einfordert, ersticht sie ihn. 3. Akt In der Engelsburg wird die Exekution Cavaradossis vorbereitet. Tosca schleicht sich mit dem Brief Scarpias für die Flucht aus Italien zu ihm und weist ihn an, bei der scheinbaren Hinrichtung mitzuspielen. Die Mannen nehmen Aufstellung und drücken ab. Tosca eilt nach Abzug der Soldaten zu ihm, um die Flucht voranzutreiben. Verstört stellt sie fest, dass Scarpia gelogen hat, Cavaradossi ist tot. Der Mord am Polizeichef ist mittlerweile auch entdeckt. Tosca sieht keinen Ausweg und stürzt sich in den Tod."

84

3.2.1 Historischer Hintergrund Der Hintergrund der Oper basiert auf historischen Tatsachen und ist mit den Ereignissen um die Schlacht bei Marengo verbunden, die am 14. Juni 1800 stattgefunden hat. Die Handlung der Oper, wie auch die Figuren, sind hingegen fiktiv. In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts begann sich die Welt der Oper als Antwort auf die Wende in der europäischen Literatur von der Romantik zum Realismus und dessen Extremform dem Naturalismus, zu verändern und strebte in eine neue Richtung. Elemente der neuen realistischen Bewegung, die in Frankreich entstanden ist, waren bei Honoré de Balzac und Alexandre Dumas erkennbar, der größte Fürsprecher des Naturalismus war Émile Zola. In der Welt der Oper sind die Spuren dieser neuen Richtung in Giuseppe Verdis La Traviata, wie auch in Carmen von Georges Bizet sichtbar. Anfang der 1890er Jahre fand der Naturalismus Eingang in die italienische Oper und begründete den Verismo (ital. verismo von vero „wahr“). Als erste echte Verismo-Oper gilt die Cavalleria rusticana (Sizilianische Bauernehre, 1890) von Pietro Mascagni. Im Genre des Verismo triumphiert das Gute nicht notwendigerweise 84

Vgl. Giacomo Puccini, Tosca, https://www.klassik.tv/themen/opern-kurz-buendig/tosca.html, [12.11.2015].

82

über das Böse und das Wesentliche ist eine enorme Menge Emotionen und Leidenschaft, die für gewöhnlich zu Mord oder Selbstmord führt, sowie die konstante Kontrastierung verbundener Szenen. Die bedeutendsten Vertreter dieser Richtung waren unter dem Kollektivnamen Giovane Scuola Italiana bekannt. Unter anderen gehörten Pietro Mascagni, Ruggero Leoncavallo, Umberto Giordano und Giacomo Puccini zu dieser Gruppe. Von allen Puccinis Opern, enthalten vier Elemente des Verismo: Tosca, Madama Butterfly (1904), La fanciulla del West (Das Mädchen aus dem goldenen Westen, 1910) und Il tabarro (Der Mantel, 1916).85 Puccinis fünfte und sicherlich gewaltsamste Oper, ein psychologisches Drama, schafft mit den sensationellen Geschehnissen auf der Bühne, sowie mit Elementen des heutigen Thrillers, eine Atmosphäre konstant wachsender Spannung. Damit wurde die Welt der Oper um eines der gewaltigsten musikalischen und szenischen Werke im gesamten Repertoire bereichert. Tosca enthält Elemente aus Geschichte, Religion, Politik, Liebe, Sadismus, Leidenschaft, Eifersucht und persönlichen Idealen, die im ständigen Konflikt miteinander diese Oper zu einer der dramatischsten machen. Zu den Thriller-Elementen

gehören

Folter,

zwei

Vergewaltigungsversuche,

Mord,

eine

Hinrichtung und zwei Selbstmorde. Keine der Hauptfiguren, Helden oder Delinquenten, bleibt bis zum Ende der Oper am Leben. So verlieren bis zum Fall des Vorhangs Angelotti, Scarpia, Cavaradossi und Tosca ihre Leben. In dieser aufregenden Geschichte über Liebe, Begehren, Rache und Aufopferung sind die Geschehnisse mehr von Leidenschaft als Empfindungen geleitet. So sind die Motive der Hauptfiguren, trotz Politik und Idealen, vorwiegend persönlich, subjektiv. Auf eine Weise kann Tosca nicht als ein gewöhnliches Musikdrama nach Wagner aufgefasst werden, sondern ist ein Vorbote eines neuen Musiktheaters, ein Vorstoß zu etwas stärkerem und mächtigerem als dem bloßen emotionalen Rahmen. Es ist ein Drama mit einem sehr ausgeprägten, mächtigen Handlungshintergrund. Das verwendete Dramamaterial, beziehungsweise das Thema von Sardous Drama, das zur Ausarbeitung des Librettos gedient hat, ist bereits seit dem Mittelalter bekannt und

85

Vgl. Mosco Carner, Giacomo Puccini, Tosca, Cambridge 1985, S. 6.

83

findet sich auch bei Shakespeare im Werk Measure for Measure (Maß für Maß, 1604). Ein Mann ist zum Tode verurteilt und seine Geliebte bittet eine Autoritätsperson ihn zu begnadigen. Im Tausch gegen bestimmte Leistungen, bekommt sie das Versprechen. Trotzdem wird der Mann bereits am nächsten Tag hingerichtet.86 Puccinis Charakterisierung zweier gegensätzlicher Welten, der Welt von Scarpia einerseits und der Welt der Liebenden, Tosca und Cavaradossi andererseits, erinnert in vielen Aspekten an Webers Freischütz und Wagners Lohengrin und Parsifal. Es ist gut möglich, dass der Konflikt zwischen Gut und Böse als Beispiel für die eigene Projektion der Konfrontation der beiden Welten in Tosca gedient hat. Während allerdings in den deutschen Opern am Ende das Gute über das Böse triumphiert, werden bei Puccini beide Welten zerstört.87 Im Frühling 1889 schlug Ferdinando Fontana, der Librettist von Puccinis Oper Le Villi (1884) und Edgar (1889), Puccini Sardous Drama als Material für eine Oper vor. Der Komponist drückte sein großes Interesse in einem Brief an seinen Verleger Giulio Ricordi aus: "PUCCINI AN GIULIO RICORDI – MAILAND [Mailand], den 7. Mail 1889 Liebster Signor Giulio, ... ich denke an „Tosca“! Ich bitte Sie dringend, alle notwendigen Verhandlungen zu führen, um von Sardou die Genehmigung zu bekommen, bevor Sie unsere Idee aufgeben. Dies würde ich zutiefst bedauern, denn ich sehe in dieser „Tosca“ meine Oper: ausgeglichene Proportionen, kein theatralich dekoratives Übermass, nicht das übliche musikalische Überwicht... "

88

Das Libretto für Tosca verfassten zwei Librettisten, Luigi Illica und Giuseppe Giacosa, die bereits mit Puccini an der Oper La Bohéme (1896) und später an der Oper Madama Butterfly zusammengearbeitet hatten. Wie Mosco Carner angibt, gab es bei ihnen eine klare Aufgabentrennung bei der Ausarbeitung des Librettos, und trotz Konflikten zwischen ihnen, sowie Konflikten mit dem anspruchsvollen Puccini, bildeten sie ein 86

Vgl. Carner,Tosca, S. 2. Vgl. Carner, S. 92. 88 Attila Csampai und Dietmar Holland, Giacomo Puccini, Tosca, Texte, Materialen Komentare, Reinbek 1987, S. 155. 87

84

ideales „Tandem“. Die Tatsache, dass die Librettos für die drei erfolgreichsten PucciniOpern, vom erwähnten Duo erarbeitet wurden, ist deshalb kaum verwunderlich. Im Gegensatz zu La Bohéme, bei der für das Libretto ein Roman verarbeitet wurde, war die Arbeit an Tosca relativ gesehen einfacher, wenn berücksichtigt wird, dass die Quelle der Oper ein Drama ist. Aus dem fünfteiligen Theaterstück wurde eine Oper mit drei Akten. Während Ilica das Szenario entwarf und die Details der Handlung ausarbeitete, konzentrierte sich Giacosa auf die Versifizierung des Prosatextes, sorgte für eine ausgeglichene Aufteilung der Szenen und verlieh allgemein dem Libretto ein verfeinertes, literarisches Äußeres.89 Die Oper feierte im Teatro Constanzi in Rom am Abend des 14. Januars 1900 Premiere. Am gleichen Ort wurde 10 Jahre früher, am 17. Mai 1890, Cavalleria rusticana von Pietro Mascagni, die Oper, die den Beginn des Verismo kennzeichnete, uraufgeführt. Die drei Hauptrollen waren mit Hericleé Darcleé als Tosca, Emilio De Marchi als Cavaradossi und Eugenio Giraldoni als Scarpia besetzt und die musikalischen Leitung hatte Leopoldo Mugnone.90 Obwohl es aufgrund der instabilen politischen Situation Gerüchte und Drohungen mit einem Bombenattentat gab, verlief die Premiere ohne Zwischenfälle und die Oper wurde seitens des Publikums gut aufgenommen. Laut Kuhrt Pahlen, war die Premiere ein großer Erfolg, und die Beliebtheit der Oper wurde daran gemessen, dass sie bereits im darauffolgenden Jahr in New York, Chile und Mexiko aufgeführt wurde.91 Heute ist Tosca eine der meistaufgeführtesten Opern und gehört zum Standardrepertoire von Opernhäuser weltweit. 3.2.2 Klarinettensolo Die Handlung des ersten und zweiten Aktes, wie auch deren Dauer, ist relativ ausgeglichen, aber dennoch ist eine sanfte Beschleunigung bei der Dynamik der Geschehnisse zu bemerken. Es ist interessant die Dauer der Akte zu vergleichen: Der I. Akt dauert rund 45 Minuten, der II. Akt rund 40 Minuten und der III. Akt rund 30 Minuten.

89

Vgl. Carner, Tosca, S. 16. Vgl. Csampai und Holland, Tosca, S. 178. 91 Vgl. Kurt Pahlen, Oper der Welt, Bindlach 1992, S. 381. 90

85

Der dritte Akt bringt eine plötzliche Beschleunigung der Handlung mit sich und in rund 30 Minuten führt ein breites Geflecht an dramatischen Umständen zur Hinrichtung von Cavaradossi, zur Aufdeckung von Scarpias Mord, sowie zum Selbstmord von Tosca. Damit wurde dem dritten Akt eine besondere Nuance Dramatik verliehen. Cavaradossis Romanze E lucevan le stelle (Und die Sterne glänzten) aus dem dritten Akt gilt als eine der bekanntesten und schönsten Opernarien und in ihr gibt es ein großartiges Klarinettensolo. Die emotionale Struktur der Arie ist sehr komplex und das Klarinettensolo stellt Cavaradossis Erinnerungen an die erste Begegnung mit Tosca und die schöne Zeit, die er mit ihr verbrachte, dar. Damit das Solo die Situation getreu beschreiben kann, ist es wirklich entscheidend den psychologischen Moment, in dem sich die Figur des Cavaradossi befindet, sowie sein wesentliches Denken und Fühlen, zu verstehen. Mario Cavaradossi ist ein Künstler, ein Maler und im Wesentlichen ein unpolitischer Mensch. Er zeichnet sich durch Sensibilität, Melancholie, Individualismus und moralische Festigkeit aus und als wahrer Romantiker trauert er, während er auf die Hinrichtung wartet, nicht um sein Leben, sondern weil er die schöne Tosca nie mehr sehen wird. Floria Tosca ist eine junge, liebende, leidenschaftliche Primadonna, die in das Theaterspielen verliebt ist. Sie ist eine Diva und eine „Objekt-Frau“, von der alle Männer träumen. Die Gefühle zwischen ihnen sind sehr intensiv und basieren auf Leidenschaft. 3.2.2.1 E lucevan le stelle Die Plattform der Engelsburg. Links eine Kasematte, darin ein Tisch, auf dem sich eine Lampe, ein dickes Registerbuch und Schreibzeug befinden; eine Bank und ein Stuhl. An einer Wand der Kassematte ein Kruzifix, davor hängt eine Lampe. Rechts die Öffnung für eine kleineTreppe, über die man von unten auf die Plattform gelangt. Im Hintergrund der Vatikan und die Peterkirche. Helle Nacht, die Sterne funkeln.

86

Cavardosi verharrt eine Zeitlang in Gedanken, dann beginnt er zu schreiben, aber nach einigen Zeilen wird er von Erinnerungen überwältigt und legt die Feder nieder.

E lucevan le stelle,

Und die Sterne glänzten,

e olezzava la terra,

und die Erde duftete,

stridea l'uscio dell'orto,

die Pforte des Gartens knarrte,

e un passo sfiorava la rena,

und ein Schritt streife über den Sand,

entrava ella, fragrante,

sie trat ein, in balsamischem Duft,

mi cadea fra le braccia.

und sank mir in die Arme!

Oh! dolci baci, o languide carezze,

O süsse Küsse, o sanftes Liebkosen,

mentr'io fremente

als ich zitternd

le belle forme disciogliea dai veli!

ihren schönen Leib aus den Schleiern löste!

Svani per sempre il sogno mio d'amore,

Für

immer

ist

mein

Liebestraum

verflogen, l'ora è fuggita, e muoio disperato,

die Stunde ist vorbei, und ich sterbe verzweifelt,

e muoio disperato,

und ich sterbe verzweifelt!

e non ho amato mai tanto la vita,

Und ich habe doch das Leben nie so sehr geliebt,

tanto la vita!

so

sehr

das

Leben

geliebt!

Er bricht in Tränen aus und bedeckt sein Gesicht mit den Händen. Spoletta kommt die Treppe herauf, begleitet von dem Sergeanten, gefolgt von Tosca; der Sergeant trägt eine Laterne. Spolleta zeigt Tosca, wo sie Cavaradossi finden kann, und ruft den Schliesser zu sich, mit dem er in Begleitung des Sergeanten wieder hinuntersteigt, nachdem er einem im Hintergrund stehenden Wachsoldaten befohlen hat, den Gefangenen im Auge zu behalten. Tosca, die währenddessen in höchster Erregung zurückbleibt, sieht den weinenden Cavaradossi; sie eilt zu ihm, und da sie vor Aufregung nicht sprechen kann, hebt sie seinen Kopf hoch und zeigt ihm den 87

Geleitbrief. Als er Tosca sieht, springt Cavaradossi übberrascht auf und liest das Schreiben.

Notenbeispiel 7: Giacomo Puccini, Tosca, Klarinettensolo Vor Beginn der Einübung des Solos, ist es nicht nur entscheidend die Geschehnisse auf der Bühne und den Sinn des Arientextes zu kennen, sondern es ist auch besonders wichtig die angebenen Vortragsbezeichnung in der Partitur zu beachten. Puccini verwendete diese sehr frei und fantasievoll, mit dem Ziel die Figuren und Szenen ausdrucksstärker zu charakterisieren. Um Cavaradossis Gefühle gegenüber Tosca so getreu wie möglich zu verbildlichen, wie auch die Agonie, dass er sie für immer verlässt, ist es unabdingbar die gegebenen Vortragsbezeichnungen zu kennen, zu verstehen und sich an sie zu halten: 

rubando [ital.] - frei im Vortrag (Tempo)



dolcissimo [ital.] - sehr zart, sanft, lieblich



vagamente [ital.] - undeutlich, unbestimmt



sostenendo [ital.] - getragen, gehalten



stentate [ital.] - mühsam



affrettando [ital.] - eilend, beschleunigend 88

Nachdem er von den Soldaten auf die Plattform der Engelsburg geführt wird, beginnt Cavaradossi einen Brief an Tosca (...una persona cara) zu schreiben, was sein letzter Wunsch war. Was ihm durch den Kopf geht ist im Liebesthema (Notenbeispiel 8) ausgedrückt. Während des Schreibens, wird er von Emotionen übermannt und er beginnt an die glückliche Zeit, die er mit seiner Geliebten verbrachte, zurück zu denken.

Notenbespiel 8: Puccini, Tosca, Liebesthema Das Klarinettensolo beginnt mit einer breiten sinnlichen Melodie bei Nummer 11 und dauert 15 Takte. Das Thema des Solos kommt in der Nummer 7 in e-Moll vor. Der erste Takt

ist

im

6/4-Takt

und

in

ihm

kommen

zwei

besonders

wichtige

Vortragsbezeichnungen vor: dolcissimo vagamente und rubando. Der Beginn des Solos, dolcissimo vagamente, kommt nach einem sehr gefühlsvoll ausgelegten Dominantseptakkord, der von der Harfe gespielt wird. Die ersten Töne des Solos sind ausgesprochen sanft, ein wenig verschwommen und führen in eine sehr intime Atmosphäre ein. Rubando in der Mitte des Taktes gibt dem Interpreten Freiheit und charakterisiert Cavaradossis unruhigen Gemütszustand, seine aufgewühlten Gedanken und Gefühle. Die Orchesterbegleitung hat keine Tempobezeichnung (lange Noten, mit einem Bindebogen aus dem vorangehenden Takt übertragen), deshalb ist das Tempo wirklich ein relativer Begriff und dient in erster Linie zum Ausmalen der Atmosphäre. Aber, trotz der großen Freiheit, muss der Interpret alles überlegt spielen, mit einer guten Balance in der Tondauer und einer klaren Vorstellung vom Tempo (Andante lento appasionato), das das Orchester im nächsten Takt übernimmt: Freiheit ja, aber mit Logik! In diesem Sinne muss besonders auf den punktierten Rhythmus geachtet werden, die Figur der punktierten Achtel - ein Sechzehntel im letzten Schlag des ersten Taktes. Die Sechzehntelnote darf keinesfalls zu schnell gespielt werden, weil gerade diese Note sowohl dem Dirigenten als auch dem Orchester, und später auch dem Tenor, den Impuls gibt und eine klare Vorstellung vom Tempo schafft. Diese 89

rhythmische Figur (Notenbeispiel 9) ist sehr charakteristisch und außer auf dem letzten Schlag des ersten Taktes, kommt sie auch auf dem letzten Schlag des vierten, sechsten, neunten, elften und vierzehnten Taktes vor. Der zweite Takt bringt den Wechsel zum 3/4-Takt. Am Anfang des Taktes spielt die Klarinette eine punktierte Viertel, während die Orchesterbegleitung bei den Streichern nach der Achtelpause beginnt. Das Tempo ist jetzt klar und es ist wichtig, dass der Interpret auf die Synkopen achtet die in der Orchesterbegleitung vorkommen, denn diese definieren das Tempo genau. Auf dieses rhythmische Muster der Orchesterbegleitung, den synkopierten Rhythmus und die Achtelpausen, die das ganze Solo begleiten, muss der Klarinettist besonders achten (Notenbeispiel 9).

Notenbeispiel 9: Puccini, Tosca, Klarinettensolo, die Figur der punktierten Achtel - ein Sechzehntel (rot gezeigt); die Achtelpausen (grün gezeigt) und die Synkopen in der Orchesterbegleitung

90

Im fünften Takt beginnt die Arie von Mario Cavaradossi. Im sechsten Takt, wie auch im ersten, steht rubando, aber diesmal ohne dolcissimo vagamente. Die Klarinette hat erneut Freiheit in Tempo und Ausdruck, allerdings geben das Fehlen von dolcissimo vagamente, wie auch der 3/4-Takt dem Solo einen völlig anderen Charakter. Im Gegensatz zum sanften, intimen Anfang, wird nun eine vollkommen gegensätzliche, dramatische Atmosphäre gezeigt, besonders weil das Klarinettensolo in einem Moment Cavaradossis Gedanken unterbricht: E lucevan le stelle.... - e olezzava la terra, stridea l'uscio dell'orto. Für die Tenorstimme steht am Anfang die Vortragsbezeichnung pensando, deshalb ist es sehr wichtig, dass die Klarinette im sechsten Takt Cavaradossis dramatische Pause füllt (Notenbeispiel 10).

Notenbeispiel 10: Puccini, Tosca, Klarinettensolo 6. Takt Ab dem siebten Takt wird die Singstimme zusammen mit dem Klarinettensolo geführt, und im dreizehnten Takt hält Cavaradossi inne und die Klarinette füllt wiederum die dramatische Pause des Tenors: entrava ella, fragrante, - mi cadea fra le braccia. Es ist sehr interessant, die Motive aus dem ersten, dem sechsten und dem dreizehnten Takt zu vergleichen. Im Verlauf der Arie zeigt das immer gleiche Motiv, das erste Mal in 6/4, danach in 3/4 und zum Schluss im 4/4-Takt (Notenbeispiel 11), wie Cavaradossi immer mehr von seinen Emotionen ergriffen wird und wie er unter dem Einfluss der Erinnerungen tiefer in Verzweiflung versinkt. Es ist bei der Interpretation besonders wichtig, diesen Anstieg der Dramatik und Spannung im Auge zu behalten und ausdrücklich auf die gegebenen Vortragsbezeichnungen in den erwähnten Takten zu achten. Im ersten Takt dolcissimo vagamente und rubando, im sechsten Takt rubando und im dreizehnten sostenendo vagamente. Wenn das erwähnte Motiv zum dritten Mal

91

auftritt, dupliert die zweite Klarinette den Solopart der ersten Klarinette eine Oktave tiefer, was ein klares Anzeichen für die in diesem Moment erreichte Spannung ist.

Notenbeispiel 11: Das Hauptmotiv des Klarinettensolos Danach geht der Takt zurück in 3/4, die Klarinette beendet ihren Solopart und geht ins tutti über, während Cavaradossi seine Arie fortsetzt und das mit der gleichen Melodielinie wie das gesamte Klarinettensolo. Wie bedeutungsvoll das Thema der Arie E lucevan le stelle ist und wie viel Ausdruckskraft und Dramatik es besitzt, zeigt auch das Ende der Oper, bei dem das Thema unisono beinahe von der gesamten Orchesterbesetzung tutta forza con grande slancio gespielt wird (Notenbeispiel 12) und zwar in dem Moment, in dem Tosca Selbstmord begeht: O Scarpia, avanti a Dio! (O Scarpia, vor Gott!). Laut Mosco Carner, tat Puccini das Gleiche auch mit Mimis Arie Sono andati in der Oper La Bohème, wie auch mit Ministrels Arie in La fanciulla del West.92

92

Vgl. Csampai und Holland, Tosca, S. 115.

92

Notenbeispiel 12: Puccini, Tosca, das Thema der Arie E lucevan le stelle am Ende der Oper

93

3.3 Giuseppe Verdi, La forza del destino Oper in vier Akten, nach einem spanischen Drama von Francesco Maria Piave. Originalsprache: Italienisch Personen: Der Marchese von Calatrava (Bass), Leonora di Vargas, seine Tochter (Sopran), Don Carlos di Vargas, sein Sohn (Bariton), Alvaro (Tenor), Preziosilla, eine junge Zigeunerin (Mezzo-Sopran), Pater Guardian, Franziskanermönch (Bass), Fra Melitone, Franziskanermönch (Bass-Buffo), Curra, Leonoras Kammerzofe (MezzoSopran), ein Alkade (Bass), Mastro Trabuco, Maultiertreiber, später Hausierer (TenotBuffo), ein Chirurgus im spanischen Heer (Tenor), Wirt, Wirtin, Bediente der Schenke, Maultiertreiber, spanische und italienische Soldaten aus Waffengattungen, Trommler, Trompeter, Landvolk und Kinder beider Nationen, ein Seiltänzer, Hausierer, Chöre/Männer, Chöre/Frauen, Ballett. Ort und Zeit der Handlung: Spanien und Italien in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Uraufführung: Sankt Petersburg, 10. November 1862 Orchesterbesetzung: 2 Flöten (2. auch Piccolo), 2 Oboen, 2 Klarinetten (2. auch Bassklarinette), 2 Fagotte; 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, 1 Tuba; Pauken, Große Trommel, Kleine Trommel, 2 Harfen; Streicher; Bühnenmusik: Orgel, 6 Trompeten, 4 Kleine Trommel Handlung: "1. Akt Sevilla, im Haus von Leonora's Familie - Donna Leonora ist im Begriff mit ihrem geliebten Don Alvaro, einem jungen Inka, durchzubrennen, als die beiden von ihrem Vater überrascht werden. In der darauf folgenden Auseinandersetzung lässt Alvaro im Bemühen, die Situation zu entspannen seine Pistole fallen. Es löst sich ein Schuss, der den Vater tötet. Die beiden fliehen, verlieren sich aber auf der Flucht aus den Augen.

94

2. Akt Eine Kneipe im Dorf Homachuelos - Don Carlos, der Bruder von Leonora, hat geschworen, seinen Vater zu rächen und trachtet beiden Liebenden nach dem Leben. Er gibt sich als Student aus. Während des Abendessens tritt eine junge Zigeunerin auf, die den Männern aus der Hand liest und alle für den italienischen Berfreiungskrieg anwirbt. Don Carlos folgt, wie fast alle anderen dem Aufruf mit Begeisterung, weil er meint, die Spur seiner Schwester verloren zu haben. Er ahnt nicht, dass sie sich zur gleichen Zeit im selben Lokal befindet. Ein Kloster in der Nähe - Auf der Flucht vor ihrem Bruder sucht Leonora in der Hoffnung auf Frieden Zuflucht im Kloster der Engelsmadonnna. Der Abt führt sie zu einer Eremitenhöhle, in der Leonora für den Rest ihresr Tage gelobt, ein Leben im Dienste Gottes zu führen. Der Abt ruft alle Mönche zusammen und ringt ihnen den Schwur ab, das Geheimnis von Leonora auf immer zu wahren. Jedem, der dieses Versprechen brechen sollte, soll die Rache des Himmels treffen. 3. Akt Don Carlos und Alvaro werden im folgenden Feldzug zu Waffenbrüdern, ohne einanander zu erkennen. Bei einem Überfall rettet Alvaro Don Carlos das Leben. Sie werden zu Freunden, bis Alvaro Don Carlos ein Päckchen zur Vernichtung anvertraut. Als Don Carlos es ins Feuer werfen will, fällt das Bild Leonoras heraus. Don Carlos fordert daraufhin Alvaro zum Duell, das dieser aber verweigert. Er hat von Leonora's Schicksal erfahren und begibt sich zum Kloster, um sie vor Don Carlos Rache zu schützen. 4. Akt In ihrer Klause sehnt Leonora ihren baldigen Tod herbei. Draußen tobt der Kampf zwischen Alvaro und Don Carlos, der von Alvaro tödlich getroffen wird. Als Alvaro an die Tür der Klause klopft, öffnet zu seiner Verwunderung Leonora die Tür, sieht ihren verwundeten Bruder und stürzt zu ihm. Mit seinem letzten Atemzug zückt der den Degen und ersticht Leonora. Leonora stirbt in den Armen ihres geliebten Alvaro."

93

3.3.1 Historischer Hintergrund Verdi schrieb seine 22. Oper, La forza del destino, auf Auftrag der Zarenoper in St. Petersburg. Als Grundlage für das Libretto dieses umfangreichen, monumentalen Werkes nahm Giuseppe Verdi das Drama Don Alvaro o La Fuerza del Sino von Don Angel Saavedra, Herzog von Rivas, einem der damals führenden spanischen

93

Vgl. Giuseppe Verdi, Die Macht des Schicksals, https://www.klassik.tv/themen/opern-kurz-buendig/la-forza-del-destino.html, [12.11.2015].

95

Dramatiker. Die Struktur des Werkes, die Thematik der heftigen Leidenschaft vermischt mit Hass, hinterließ einen großen Eindruck bei Verdi. "Das Drama ist gewaltig, einzigartig und sehr weiträumig. Es gefählt mir sehr. Ich weiß nicht, ob das Publikum es so finden wird, wie ich es finde, aber es steht fest, daß es eine außergewöhnliche Handlung ist"

94

Für das Verfassen des Librettos war Francesco Maria Piave, mit dem Verdi bereits früher zusammengearbeitet hatte, zuständig. Das Libretto zeigt die große Bildhaftigkeit des Geschehens. Hauptantriebe der Dramatik sind ein versehentlicher Mord und unvorhergesehene und unerwünschte Begegnungen. Die Leben der Hauptdarsteller, aber auch die der Nebenfiguren, sind umrahmt vom verhängnisvollen Spiel des Schicksals und werden bildlich dargestellt durch Elemente der Liebe, des Hasses und der Rache. Die Premiere der Oper fand am 10. November 1862 statt und stieß beim Publikum auf großen Erfolg und Wertschätzung. "It is midnight. We have just let the first performance of the new opera which Maestro Verdi has written expessly for the Italian Theatre of St Petersburg. We schould not want this issue of the paper to go to press without mentioning the brilliant success of this beautiful work. We shall speak again at leisure about this magnificent score and about this evening's performance; but for the moment we wish to report the composer's victorious success ant the ovations for the artist who, in order to comply with the insistent demands of the entire audience, had on several occasion to drag the celebrated composer on the stage, to the sound of wild cheering and prolonged applause. It is our opinion that 'La forza del destino', of all Verdi's works, is the most complete, both in terms of its inspiration and the rich abundance of its melodic invention, and in those of its musical development and orchestration"

95

Nach der Aufführung in Russland wurde die Oper in den folgenden Jahren auch in Rom, Madrid, New York, Wien, Buenos Aires und London gespielt. Allerdings war Verdi trotz der erfolgreichen Premiere und den bedeutenden weiteren Aufführungen nicht vollends zufrieden mit dem Werk, weshalb er eine Neufassung erarbeitete. Die 94 95

Giuseppe Verdi, Die Macht des Schicksals, Leipzig 1980, S. 163. Charles Osborne, The complete operas of Verdi, New York 1987, S. 334.

96

bedeutendsten Änderungen sind eine komplette Umarbeitung des vierten Aktes, sowie die Hinzufügung einer symphonischen Ouvertüre, die die wichtigsten Elemente der Oper enthält. Die notwendigen Änderung am Libretto führte Antonio Ghislanzoni durch, ein italienischer Dichter und Novellist, der später auch mit Verdi am Libretto der Oper Aïda zusammenarbeitete. Die so umgearbeitete Oper wurde in ihrer endgültigen Version am 27. Februar 1869 im Teatro alla Scala in Mailand gezeigt, mit unbestrittenem Erfolg.96 3.3.2 Klarinettensolo Ernesto Cavallini, ein italienischer Klarinettist, steht mit einer Vielzahl von Verdi-Opern in Verbindung. Cavallinis Virtuosität und sein brillantes Spiel inspirierten Verdi zur Komposition von sehr ausdrucksvollen Klarinettenparts, die seine Opern durchdringen. Ein Beispiel dafür ist das grandiose Klarinettensolo aus dem dritten Akt der Oper La forza del destino.97

96 97

Vgl. Osborne, The complete operas of Verdi, S. 334. Hoeprich, The clarinet, S. 164.

97

Notenbeispiel 13: Giuseppe Verdi, La forza del destino, Klarinettensolo

98

3.3.2.1 Dritter Akt; Erste Szene Szene und Romanze; Bei Velletri in Italien Wald.

Tiefdunkle

Nacht.

Don

Alvaro

in

der

Uniform

eines

spanischen

Grenadierhauptmannes kommt langsam aus dem Hintergrunde. Von rechts hört man Stimmen hinter der Szene. Musikalische Erläuterungen: Kriegerische Klänge, dem Schicksalsmotiv verwandt, dringen durch das Dunkel. Stimmen hinter der Szene scheinen Spielern zu gehören, die sich ein wenig abseits des Kriegsschauplatzes vergnügen. Dann leitet die Musik von ihnen auf eine einsame Klarinettenmelodie über, die ein Leid zu klagen scheint. Lange klingt sie durch die Nacht, vom warnenden Schicksalsmotiv in den Hörnern unterbrochen, dann allmählich aufgelöst und in den Streichern ersterbend. Alvaros erste Worte sind noch fast gesprochen. Dann erklingt die Klarinettenweise nochmals, wärend seine Gedanken in die Vergangenheit zurückfliegen. Der dritte Akt wird mit dem Orchester-Tutti eröffnet, das von den Blasinstrumenten dominiert wird, sowie dem Chor hinter der Bühne, mit gelegentlichen Einzelstimmen. Nach dem einführend Teil im Allegro molto bringen die zweiten Geigen und die Viola mit Tremolo und neuem Tempo, Andante mosso, eine unerwartete Änderung der Atmosphäre. Ab dem dritten Takt des Andante mosso führt die Klarinette das dreitaktige Hauptmotiv des Solos aus, das sich vom siebten bis neunten Takt wiederholt. Die Tonalität des Solos wird erst im fünften Takt als stabiles F-Dur definiert und bis zu diesem Moment kann ebenso a-Moll, das dem Andante mosso-Teil vorausgeht, als Anfangstonalität betrachtet werden. Vom zehnten Takt an folgt die melodische Entwicklung des Anfangsmaterials, wobei die Phrase ausgeweitet wird und acht Takte dauert. Um den dramatischen Moment zu illustrieren, wenn Alvaro traurig und in Gedanken versunken auf die Bühne tritt, weil er über seine geliebte Leonora, Sevilla und das gnadenlose Spiel des Schicksals nachdenkt, ist es erforderlich sehr sanft, ein wenig

zurückhaltend

in

der

Dynamik

und

mit

lyrischem

Klang

auf

die

Charakterveränderungen, die die Streicher bringen, zu antworten (Notenbeispiel 14). 99

Auf diese Weise wird Raum gelassen für eine allmähliche dynamische und dramatische Entwicklung des Eingangsmotivs, sowie des gesamten Solos.

Notenbeispiel 14: Verdi, La forza del destino, Klarinettensolo, Takt: 1-17 Im 19. Takt kommt es zu einer plötzlichen Veränderung der Atmosphäre. Diese symbolisiert die Elemente des Schicksals, die mit überraschenden und unerwarteten Ereignissen ihr unbarmherziges Spiel mit Don Alvaro trieben. Die Klarinette führt die Akkorde, die in der Orchesterbegleitung vorkommen, in Forte-Dynamik aus. Nach diesem sehr dramatischen Teil, muss besonders auf die Pianissimo-Dynamik im 23. Takt geachtet werden, nach der dann eine chromatische Passage folgt, die in einen neuen, kontrastierenden, helleren Cantabile-Teil des Solos in As-Dur einführt. Das Ende der chromatischen Passage ist der Beginn des Cantabile-Teils und es ist sehr 100

wichtig mit Poco allargando bewusst die neue Idee einzuleiten, die in der Fortsetzung des Solos folgt. Eine wichtige Rolle bei der Einleitung des neuen Teils hat auch die Pause, die den ersten Ton des Cantabile-Abschnittes von der übrigen chromatischen Reihe abtrennt (Notenbeispiel 15).

Notenbeispiel 15: Verdi, La forza del destino, Klarinettensolo, Takt: 25 - 30 Im nachfolgenden Abschnitt hat der Klarinettist reichlich Freiheit. Das Eingangsmotiv wird weiter ausgearbeitet, das Solo entwickelt sich in ein wahres virtuoses Konzertstück und

zeigt

den

beabsichtigten

ausdrucksvollen

Zweck.

Im

Gegensatz

zum

zurückhaltenden Beginn des Solos muss dieser Teil mit großer Freiheit in Ausdruck und Dynamik angegangen werden. Es ist allerdings wichtig, dass sich der Interpret der Orchesterbegleitung und des bestimmten rhythmischen Rahmens bewusst ist, in denen er seine Ausdrucksfreiheit kreieren kann, denn nur so ein Zusammenspiel mit dem Orchester kann funktionieren. Besonders muss auf die Zweiunddreißigstel-Passage in den Takten 45, 49 und 50 geachtet werden (Notenbeispiel 16), damit der Harmoniewechsel gemeinsam mit der Orchesterbegleitung ausgeführt werden kann.

101

Notenbeispiel 16: Giuseppe Verdi, La forza del destino, Klarinettensolo, Takt: 45, 49-50 Im vorletzten Takt des Solos hat die Klarinette eine kleine Kadenz (Notenbeispiel 17). Die Orchesterbegleitung spielt einen Dominantakkord in F-Dur und nach diesem setzt die Klarinette mit der Kadenz fort und nach dem Schlusstriller folgt eine Auflösung in die F-Dur-Tonika. Zwei Dinge sind hier besonders wichtig. Das Klarinettensolo stellt Don Alvaros unausgesprochene Gedanken über die Vergangenheit und das tragische Spiel 102

des Schicksals dar, daher ist die gesamte Atmosphäre ziemlich düster. Deshalb darf die lange Kadenzpassage nicht „zu virtuos” und triumphal gespielt werden, sondern wie auch der Beginn des Solos sehr gefühlvoll und mit einer leichten Dosis Zurückhaltung. Diese Stelle zeigt sehr gut, weshalb die Kenntnis des Librettos und das Verständnis des emotionalen Hintergrundes bei der Ausführung des Solos von großer Bedeutung sind. Am Ende der Kadenz muss die abschließende Ausschmückung des Trillers, zwei kleine Noten vor der Auflösung, mit der rhythmischen Idee, die die Orchesterbegleitung nach dem Ende des Klarinettensolos fortsetzt, gespielt werden. In diesem Sinne müssen die zwei Ziernoten wie Achtel gespielt werden, die dem Orchester den rhythmischen Impuls geben (Notenbeispiel 17).

Notenbeispiel 17: Verdi, La forza del destino, Klarinettensolo, Kadenz Die Idee des Solos und die Atmosphäre, die hervorgerufen werden soll, zeigt sich vielleicht am besten in der folgenden Nummer, gleich am Beginn des Rezitativs La vita è inferno all'infelice von Don Alvaro, wo er endlich seine Gedanken ausspricht: La vita è inferno all'infelice! Invano morte desio!... Siviglia!... Leonora! Oh, rimembranza!... Oh, notte ch'ogni ben mi raspiti!... Sarò infelice eternamente... è scritto. (Der Hölle gleich ein solches Leben. Vergebens wünsch' ich zu sterben! Sevilla! Leonora! Goldene Träume! O, Nacht, die alles Glück mir entrissen! Ich soll geächtet sein für immer, mein

103

Schicksal). Während dieses Abschnitts schafft die Klarinette mit Motiven aus dem vorausgehenden Solo eine Parallele zum Rezitativ.

Notenbeispiel 18: Giuseppe Verdi, La forza del destino, Rezitativ: La vita è inferno all'infelice

104

3.4 Carl Maria von Weber, Der Freischütz Romantische Oper in drei Aufzügen. Textbuch von Johann Friedrich Kind. Originalsprache: Deutsch. Personen: Ottokar, böhmischer Fürst (Bariton), Kuno, fürstlicher Erbförster (Bass), Agathe, seine Tochter (Sopran), Ännchen, eine junge Verwandte (Sopran), Kaspar, erster Jägerbursche (Bass), Max, zweiter Jägerbursche (Tenor), ein Eremit (Bass), Kilian, ein reicher Bauer (Bariton), Samiel, "der schwarze Jäger" (Sprechrolle), Brautjungfern (Sopran), Jäger und Gefolge, Landleute und Musikanten, Erscheinungen. Ort und Zeit der Handlung: Im Böhmen. Kurz nach Beendung des Dreißigjährigen Krieges. Erste Aufführung: Berlin, 18. Juni 1821 Orchesterbesetzung: 2 Flöten, 2 Pikkoloflöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte; 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen; Pauken; Streicher; Bühnenmusik: 1 Klarinette, 2 Hörner, 1 Trompete, 1. und 2. Violinen, Violoncelli. Handlung: "1. Akt Der Jägerbursche Max ist vom Pech verfolgt, so dass bei einem Wettschießen sogar der Bauer Kilian besser abschneidet als er. Nun fürchtet Max den morgigen Tag, denn nur wenn ihm morgen ein guter Schuss gelingt, kann er die Hand der Försterstochter Agathe erringen und selbst Förster werden. Von Kaspar, der mit dem schwarzen Jäger im Bunde steht, erhält Max eine andere Flinte, und er holt damit sogar einen Adler vom Himmel. Das Geheimnis, so erfährt Max von Kaspar zum Gießen solcher Kugeln um Mitternacht in die Wolfsschlucht hinabzusteigen. 2. Akt Max wird im Försterhaus bereits von Agathe erwartet, die düstere Ahnungen hat. Max verabschiedet sich gleichwieder und macht sich auf den Weg zur Wolfsschlucht. Kasoar hat sich bereits vor ihm dort eingefunden, um seinen Pakt mit dem schwarzen Jäger Samiel, dem Teufel, um drei Jahre zu verlängern. Samiel verlangt dafür ein Opfer und stellt die Bedingung, über die letzte der sieben Kugeln,

105

die er gawähren will, selbst zu bestimmen. Samiel verschwindet und unter hällischem Spuk beginnt um Mitternacht das Kugelgießen. 3. Akt Max verschießt die ersten sechs Kugeln, so dass ihm nur die letzte für das Probesießen übrigbleibt. Agathe wird bereits als Braut geschmückt, nur der Kranz fehl noch. Als die Schachtel geöffnet wird, findet sich statt des Kranzes eine Totenkrone darin. Aus geweihten Rosen, die Agathe von einem Eremiten geschenkt bekommen hat, wird schnell ein neuer Kranz geflochten. Das Ziel beim Probeschießen ist eine weiße Taube. Max legt an und Samiel bestimmt für die siebteKugel Agathe als Ziel. Der Schuss trifft nicht Agathe, die von den geweihten Rosen beschützt wird, sondern Kaspar. Das Geheimnis der verzauberten Kugel wird offenbar, und Max soll des Landes verwiesen werden. Der Eremit setzt sich jedoch für Max ein und so wird gegen Max nur eine Bewährungsstrafe von einem Jahr ausgesetzt. Das Probeschießen aber wird abgeschafft."

98

3.4.1 Historischer Hintergrund Der Freischütz ist Webers siebte Oper. Als Grundlage für das Libretto diente eine Legende über einen Schützen, der sich beim Versuch das geliebte Mädchen zu erobern, auf Magie einlässt, um Hilfe von übernatürlichen Kräften zu erhalten. Diese Legende ist uralter Herkunft, die zeitlich nicht genau bestimmbar ist, und fügt sich an die mittelalterliche mythische Welt an. Spuren dieser Legende finden sich in den Volkschroniken vieler Länder, am häufigsten kommen solche Legenden allerdings im Rahmen von Volksüberlieferungen von Völkern vor, die die großen Wälder Zentraleuropas besiedelten.99 Weber fand die Geschichte, die ihn zur Komposition der deutschen romantischen Oper inspirierte, 1810 in der Sammlung Gespensterbuch von Johann August Apel und Friedrich Laun. In den folgenden sieben Jahren, blieb es für den Komponisten nur eine Idee. Nach seiner Ankunft in Dresden freundete sich Weber mit dem Schriftsteller Johann Friedrich Kind an und nach ihrer Begegnung im Februar 1817 begann die Arbeit an der Oper. Kind verfasste sehr schnell einen Entwurf des Librettos und so begann Weber bereits anfangs März mit dem Komponieren. Die Arbeit an der Oper dauerte allerdings, aufgrund von Webers Verpflichtungen als Dresdener

98

Lechner Publishing (Hrsg.), Opernführer: Opern, Operette und Musicals, von Don Giovanni bis zum Phantom der Oper, Limassol 1998, S. 340- 341. 99 Vgl. Goacchino Lanza Tomasi, Vodič kroz operu: Od Monteverdija do Hancea, Radmila D. Mandić (übers), Beograd 2008, S.591.

106

Hofkapellmeister, ziemlich lange. So war die gesamte Partitur erst am 13. Mai 1820 fertig.100 Die Opernpremiere im neuerbauten Berliner Königlichen Schauspielhaus war ein großer Triumph und rief die Begeisterung des Publikums hervor. Laut Thilo Cornelissen schrieb Weber selbst über den erreichten Erfolg. "Abends als erste Oper im neuen Schauspielhaus 'Der Freischütz' wurde mit dem unglaublichsten Enthusiasmus aufgenommen. Ouvertüre und Volkslied da Capo verlangt, überhaupt von 17 Musikstücken 14 lärmend applaudiert, alles ging aber auch vortrefflich und sang mit Liebe. Ich wurde herausgerufen und nahm Mad. Seidler und Mile. Eunicke mit heraus, da ich der anderen nicht habhaft werden konnte. Gedichte und Kränze flogen. Soli Deo Gloria"

101

Der Erfolg der Opern war wirklich groß und bedeutsam, so dass bis in die 1830er Der Freischütz bereits in Dänemark, Schweden, Tschechien, Russland, Polen, Frankreich, England und Holland aufgeführt wurde und noch vor den 1850er Jahren sogar in Cape Town, Rio de Janeiro und Sydney.102 Die Hauptmotive, beziehungsweise die wesentlichen Elemente der Oper, basieren auf dem Konflikt zweier Welten, der Welt des Schützen und der Welt der dämonischen Kräfte, dem angestammten Kampf zwischen Gut und Böse, dessen Darstellung auf der Synthese von Drama- und Musikelementen beruht. Die erste Welt, die Welt des Jägers und seines Lebens, wird mit Hörnern gezeigt und ist allgemein mit hellen, DurTonalitäten verbunden. Auf der anderen Seite wird die Welt der schwarzen Mächte mit den dunklen Tönen des tiefsten Registers der Violine, der Viola, des Kontrabasses, der Klarinette und des Fagotts gezeigt und ist am häufigsten mit c-Moll verbunden. Die Gegensätzlichkeit dieser beiden Welten manifestiert sich auch in der Singweise, der rhythmischen Vielfalt und der Harmonie.103

100

Pahlen, Oper der Welt, S. 637. Zitiert nach: Thilo Cornelissen, Der Freischütz von Carl Maria von Weber, Berlin 1960, S. 5. 102 Vgl. Clive Brown, Der Freischütz, in: Stanley Sadie (Hrsg.), The New Grove Dictionary of Opera, Band 2, London 1992, S. 296-299. 103 Vgl. Malcolm S. Cole, Der Freischütz, in: Steven LaRue (Hrsg.), International Dictonary of Opera, Band 1, Detroit, 1993, S. 466-468. 101

107

"Webers Oper gilt bis heute als "die" deutsche Nationaloper par excellence"104 und gehört heute zu den Standardwerken des internationalen Repertoires. 3.4.2 Klarinettensolo Der Gebrauch des tiefen, des Chalumeau-Registers der Klarinette war in Opern- und Orchesterwerken anfangs des 19. Jahrhunderts selten und ist nur bei einer kleinen Zahl von Komponisten, wie Louis Spohr und Nicoló Isouard, zu finden. Mit der Entwicklung des Instruments nach der Reform durch Müller begannen die Komponisten das tiefe Register der Klarinette freier einzusetzen. Die Ouvertüre von Der Freischütz zeigt den frühen und sehr effektiven Einsatz.105

Notenbeispiel 19: Carl Maria von Weber, Der Freischütz, Klarinettensolo 104

Anno Mungen, Der Freischütz , in: Elisabeth Schmierer, Lexikon der Oper, Band 1, Laaber 2002, S, 563-566. 105 Vgl. Rice, The clarinet, S. 111.

108

3.4.2.1 Ouvertüre Webers Ouvertüre für die Oper Der Freischütz ist eines der bekanntesten Werke dieser Form aus dem 19. Jahrhundert und wird heute in vielen berühmten Konzertsälen oft als eigenständiges Werk aufgeführt. Die Ouvertüre ist ein tonales Bild der Hauptidee des Gesamtwerkes. "Die äußerst populär gewordene Ouvertüre nimmt einige Melodien der Oper vorweg. Sie malt das milde Halbdunkel des deutschen Waldes, durch dessen Blätterdach die Sonnenstrahlen fallen, die gespenstischen Geheimnisse der Wolfsschlucht, das frohe Volksleben und schließlich die jubelnde Siegesstimmung der Liebe."

106

Mit der Vorstellung der Opernmotive zeigt die Ouvertüre alle Stimmungen und Charaktere des gesamten Werkes. Diese Motive charakterisieren die Höhen und Tiefen der dramatischen Handlung und tragen die Botschaft des endgültigen Triumphs der Liebe über das Böse. Mit der Verwendung dieser Motive in der Ouvertüre bereitet Weber das Publikum auf das, was folgt, vor. Die dominanten Motive sind Doch mich umgarnen finstere Mächte aus Max Arie Durch die Wälder, durch die Auen (Erster Akt, Dritte Szene, Nr. 3 Szene, Walzer und Arie), sowie Süß entzückt entgegen ihm aus der triumphalen Arie von Agathe (Zweiter Akt, Zweite Scene, Nr. 8 Szene und Arie). Das sehr schöne und ausdrucksstarke Klarinettensolo beginnt im 96. Takt der Ouvertüre. Im Solo kommen Motive aus den bereits erwähnten Arien, nämlich Süß entzückt entgegen ihm aus Agathes Arie Wie nahte mir der Schlummer, sowie O dringt kein Strahl durch diese Nächte aus Max Arie Durch die Wälder, durch die Auen, vor. Das Klarinettensolo beginnt nach drei Takten, in denen alle vier Hörner einen Dominantakkord spielen, der mit forzando verstärkt und betont ist. Der triumphale Beginn des Solos in der Dynamik fortissimo und zusätzlich verstärkt mit con molto passione ist auf eine Weise die Antwort auf die „Einführung“, die die Hörner geben (Notenbeispiel 20). Es ist ausgesprochen wichtig, dass der Interpret/die Interpretin mit wirklich großem und konzentriertem Ton auf den Impuls, der aus der Hörnersektion kommt, antwortet und der Tonqualität besonders Rechnung trägt. In Anbetracht dessen, 106

Palen, Oper der Welt, S. 633.

109

dass eine Klarinette den Klang von vier Hörnern zu kompensieren hat, ist klar, dass ein solcher Beginn eine richtige klangliche Herausforderung darstellt. Zwei völlig gegensätzliche Charaktere der Klarinette können beobachten werden, wenn der Beginn dieses Solos und der Beginn des Solos aus dem dritten Akt von Verdis La forza del destino betrachtet werden. Der triumphale, kraftvolle, mächtige Klang des Instruments, der

die

komplette

Hörnerabteilung

pariert,

gegenüber

dem

lyrischen

und

ausgesprochen sanften Klang der sich in das melancholische Tremolo der Streicher einreiht. Beide Soli zeigen nur einen Teil des breiten Spektrums an Möglichkeiten und Potential der Klarinette.

Notenbeispiel 20: Carl Maria von Weber, Der Freischütz, Beginn des Klarinettensolos In den folgenden dreizehn Takten hat die Klarinette breite, legere Phrasen in langen Tönen. Die technische Ausführung dieses Teils, sowie allgemein betrachtet des ganzen Solos, stellt keine Herausforderung dar. Worauf geachtet werden muss, ist der Harmoniewechsel im Tremolo der Streicher im sechsten Takt, so dass die Viertelnote in der Abwärtsbewegung bei der Klarinette als Vorbereitung auf die anstehende neue Harmonie dient (Notenbeispiel 21).

110

Notenbeispiel 21: Der Harmoniewechsel im Tremolo der Streicher (rot gezeigt) und die Viertelnote im Klarinettensolo (grün gezeigt) Vom vierzehnten Takt an kommt es zu einer Veränderung im Charakter des Solos, das das Gefühl eines Spannungsanstiegs und Ungewissheit schafft. Die zweiten Geigen und die Violoncelli sind die Hauptantreiber der Dramatik, während die Klarinette mit den Violen auf den gegebenen Impuls reagiert. An dieser Stelle wird das Motiv O dringt kein Strahl durch diese Nächte aus Max´ Arie Durch die Wälder, durch die Auen gezeigt (Notenbeispiel 22).

Notenbeispiel 22: Carl Maria von Weber, Der Freischütz, Motiv: O dringt kein Strahl durch diese Nächte Die kurzfristige Charakteränderung dauert sechs Takte, danach folgt vom 20. bis 27. Takt eine Rückkehr in eine sorglosere Atmosphäre, womit eine fröhliche Melodie eingeleitet wird, die den Höhepunkt des Solos, aber auch der ganzen Ouvertüre, 111

darstellt. Hier wird das Motiv Süß entzückt entgegen ihm (Notenbeispiel 24) aus Agathes Arie Wie nahte mir der Schlummer vorgestellt, das Agathes Freude als sie den geliebten Max erblickt, zeigt. Kurth Palen betont die Bedeutung dieser Arie, sowie ihres Hauptmotivs: "Sie stimmt ihre große Arie an, die zum Schönsten gehört, das die romantische deutsche Oper hervorgebracht hat: Nach einem kurzen Rezitativ folgt ein inniges Gebet: 'Leise, leise, fromme Weise'. Doch in Agathes Herz will keine Ruhe einziehen. Ängstlich lauscht sie in die Nacht hinaus, bis sie endlich Schritte vernimmt, und die Arie gipfelt in der jubelnden Melodie, die schon die Ouvertüre krönte."

107

Das Hauptthema wird von der Klarinette zusammen mit den ersten Geigen unisono ausgeführt, während die zweiten Geigen und die Violen den Rhythmus in Synkopen angeben (Notenbeispiel 23).

Notenbeispiel 23: Carl Maria von Weber, Der Freischütz, Motiv: Süß entzückt entgegen ihm, Klarinette und Streicher Bei der zweiten Ausführung des Themas ab dem 43. Takt schließen sich die ersten Geigen den zweiten Geigen und den Violen in der synkopischen Begleitung an, während neben der Klarinette auch die erste Flöte und das erste Fagott die Hauptmelodie übernehmen. Das Motiv Süß entzückt entgegen ihm bekommt dadurch, dass es sich auch am Ende der Oper befindet und den Triumph der Liebe kennzeichnet, noch größere Bedeutung (Notenbeispiel 24).

107

Palen, Oper der Welt, S. 634.

112

Notenbeispiel 24: Motiv Süß entzückt entgegen ihm: Klarinettensolo (Nr. 1); Agathes Arie Wie nahte mir der Schlummer (Nr. 2); Ende der Oper (Nr. 3)

113

Zusammenfassung Aufgrund meines großen Interesses für Opernmusik wollte ich in dieser Arbeit mittels historischer und praktischer Aspekte die Rolle der Klarinette in Opernwerken untersuchen und darstellen. Es steht außer Zweifel, dass die klanglichen Qualitäten der Klarinette und ihre Ausdrucksstärke sie zum idealen Instrument machen, bestimmte dramatische Situationen zu unterstreichen oder /und in Verbindung mit verschiedenen Personen auf der Bühne deren emotionale Konstitution zu verstärken. Es liegt in der Verantwortung des Karinettisten/der Klarinettistin, durch die jeweils “richtige” Spielweise und Interpretation diesen Effekten zu folgen und diese sogar noch zu steigern. Da sich die Verwendung der Klarinette in der Oper mit der Zeit entwickelte, hilft die Betrachtung historischer Fakten und wichtiger Faktoren beim Verständnis einer bestimmten Zeitperiode, eines Kompositionsstils und damit der Rolle, die der Klarinette zugedacht ist. Daneben zeigt sich besonders deutlich, dass die Kenntnis des kompletten Werkes, beziehungsweise der gesamten Orchesterpartitur, unabdingbar ist. Ansonsten ist die Einübung eines bestimmten Parts nicht komplett und auch die Interpretation des Musikwerks kann nicht vollständig realisiert werden. Die Betrachtung bestimmter historischer Fakten, die Kenntnis der Orchesterpartitur in ihrer Gesamtheit und am Ende auch die Einübung und die Arbeit am eigenen Part sind also die Basisprinzipien, die zu befolgen sind. All das ist Voraussetzung und nötiges Vorwissen für den Antritt eines Probespiels und für das Engagement in einem professionellen Orchester. Während meiner Untersuchung bin ich auf sehr inspirierende Literatur gestoßen, die mir die

Antworten

auf

die

gesuchten

Fragen

geben

konnte

und

mich

zur

Auseinandersetzung mit neuen Themen und Interessenfeldern motivierte, denen ich mich in meiner zukünftigen Arbeit gerne widmen würde. Aus diesem Grund kann ich die verwendete Literatur wärmstens empfehlen, insbesondere natürlich Klarinettistinnen und Klarinettisten, die sich so detailliert mit ihrem Instrument vertraut machen können, aber auch allen, die sich für diese Thematik interessieren. 114

Da ich selbst Klarinettist bin, war es mir aufgrund meines persönlichen Interesses und meiner

beruflichen

Ziele

eine

große

Freude,

mich

mit

diesem

Thema

auseinanderzusetzen und anwendbares Wissen zu entwickeln, auf das ich mich in meiner zukünftigen Arbeit am Instrument im Allgemeinen, aber auch konkret im Bereich der Opernmusik, stützen kann. Ich freue mich und wäre sehr stolz, wenn diese Arbeit jemanden inspirieren würde und jemandem hilfreich wäre.

115

Literaturverzeichnis Quellen und Sekundärliteratur 

Backofen, Johann Georg Heinrich, Anweisung zur Klarinette nebst einer kurzen Abhandlung über das Bassett-Horn, Leipzig 1803, Karl Ventzke (Hrsg.), Celle, 1986.



Bauer, Wilhelm A. und Deutsch, Otto Erich (Hrsg.), Mozart, Briefe und Aufzeichnungen, Band II, Kassel, 2005.



Bauer, Wilhelm A. und Deutsch, Otto Erich (Hrsg.), Mozart, Briefe und Aufzeichnungen, Band III, Kassel, 2005.



Bauer, Wilhelm A. und Deutsch, Otto Erich (Hrsg.), Mozart, Briefe und Aufzeichnungen, Band IV, Kassel, 2005.



Berlioz, Hector, Instrumentationslehre, Richard Strauss (Erg.), Leipzig, 1905.



Brymer, Jack, Die Klarinette, Thomas M. Höpfner (Übers), Zug, 1978.



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Dullat, Günter, Klarinetten: Grundzüge ihrer Entwicklung; Systeme - Modell Patente;

Verwandte

Instrumente;

Biographische

Skizzen

ausgewählter

Klarinettenbauer, Frankfurt am Main, 2001. 

Finscher, Ludwig (Hrsg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG), zweite neu bearbeitete Auflage, Sachteil, Band 2, Kassel, 1995.



Finscher, Ludwig (Hrsg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG), zweite neu bearbeitete Auflage, Sachteil, Band 5, Kassel, 1996.



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116



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Rendall, Geoffrey, The clarinet, some notes upon his history and construction, London, 1954, Philip Bate (Hrsg.), London, 1971.



Kalker, Johan van, Die Geschichte der Klarinetten, eine Dokumentation, Oberems, 1997.



Kroll, Oskar, Die Klarinette, ihre Geschichte, ihre Literatur, ihre grossen Meister, Diethard Riehm (Bearb.), Kassel, 1965.



LaRue, Steven, International Dictonary of Opera, Band 1, Detroit, 1993.



Lechner Publishing (Hrsg.), Opernführer: Opern, Operette und Musicals, von Don Giovanni bis zum Phantom der Oper, Limassol, 1998.



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Schmierer, Elisabeth, Lexikon der Oper, Band 1, Laaber 2002.



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Verdi, Giuseppe, Die Macht des Schicksals, Leipzig, 1980.

117

Noten 

Wolfgang Amadeus Mozart, La clemenza di Tito, Leipzig, 1882.



Wolfgang Amadeus Mozart, Konzert für Klarinette und Orchester A-Dur, Leipzig, 1881.



Giacomo Puccini, Tosca, Milan, 1900.



Giuseppe Verdi, La forza del destino, Milan, 1904.



Carl Maria von Weber, Der Freischütz, Leipzig, 1871.

Internetquellen 

Jean-Phillippe Rameau, Zoroastre: https://www.klassik.tv/themen/opern-kurz-buendig/zoroastre.html, [12.11.2015].



Wolfgang Amadeus Mozart, La clemenza di Tito: https://www.klassik.tv/themen/opern-kurz-buendig/la-clemenza-di-tito.html, [12.11.2015].



Giacomo Puccini, Tosca: https://www.klassik.tv/themen/opern-kurz-buendig/tosca.html, [12.11.2015].



Giuseppe Verdi, La forza del destino: https://www.klassik.tv/themen/opern-kurz-buendig/la-forza-del-destino.html, [12.11.2015].

Abbildungsnachweise 

Die Abbildung 1 auf der Seite 13 ist entnommen aus: Kroll, Oskar, Die Klarinette, ihre Geschichte, ihre Literatur, ihre grossen Meister, Diethard Riehm (Bearb.), Kassel, 1965.



Die Abbildung 2 auf der Seite 16 ist entnommen aus: Hoeprich, Eric, The clarinet, New Haven, 2008.



Die Abbildung 3 auf der Seite 23 ist entnommen aus: Hoeprich, Eric, The clarinet, New Haven, 2008. 118



Die Abbildung 4 auf der Seite 33 ist entnommen aus: Klarinette: Geschichte, http://www.die-klarinetten.de/content/deutsch/klarinettegeschichte.html, [5.11.2015].



Die Abbildung 5 auf der Seite 80 ist entnommen aus: Hoeprich, Eric, The clarinet, New Haven, 2008.

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