Beratungsstelle Braunschweig Jahresbericht 2015

Beratungsstelle Braunschweig Jahresbericht 2015 ____________________________________________________________________________________________ Leitbi...
Author: Vincent Falk
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Beratungsstelle Braunschweig Jahresbericht 2015

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Leitbild pro familia steht für selbstbestimmte Sexualität

pro familia ist ein unabhängiger Fachverband für selbstbestimmte Sexualität, Partnerschaft und Familienplanung. pro familia ist über die International Planned Parenthood Federation (IPPF) weltweit mit anderen Familienplanungsorganisationen vernetzt. pro familia vertritt ein Menschenbild, in dessen Mittelpunkt Freiheit, Würde, Selbstverantwortung und gegenseitige Achtung stehen. pro familia bietet qualifizierte Information, Beratung, Prävention, Sexualpädagogik und sexuelle Bildung an und unterstützt Ratsuchende darin, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen. pro familia setzt sich ein für die rechtliche und politische Gleichberechtigung der Geschlechter, sexueller Identitäten und verschiedener Lebensformen, unabhängig von der sozialen und kulturellen Herkunft. pro familia setzt sich ein für eine Gesellschaft, in der psychische, körperliche und sexualisierte Gewalt verurteilt wird und alles dafür getan wird, um Gewalt zu verhindern. pro familia arbeitet auf der Grundlage der sexuellen und reproduktiven Menschenrechte und tritt für deren Verwirklichung ein, besonders für



das Recht auf optimale medizinische und psychosoziale Versorgung



das Recht auf qualifizierte Beratung und Information



das Recht auf freie und informierte Entscheidung



das Recht, sich frei zu entscheiden, ob und in welcher Lebenssituation Kinder erwünscht sind



das Recht, sich selbstbestimmt für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden zu können.

Mit diesem Jahresbericht 2015 informieren wir Sie über die Tätigkeit der pro familia Beratungsstelle Braunschweig.

Der Bericht enthält Informationen über den Landesverband der pro familia Niedersachsen e.V. und über die Beratungsstelle Braunschweig mit ihren Arbeitsschwerpunkten und Besonderheiten.

Wir haben vielen Institutionen, Firmen und Einzelpersonen für die ideelle und finanzielle Unterstützung unserer Arbeit zu danken.

Besonderer Dank gilt der Firma Görge für das Aufstellen von Pfandboxen zur Finanzierung von Sachmitteln der Teens plus Babys Gruppe und der Belegschaft der Volkswagen AG, mit deren Spende wir neue Möbel anschaffen konnten.

Hervorheben möchten wir das Land Niedersachsen, vertreten durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung und die Stadt Braunschweig, ohne deren finanzielle Zuwendungen unsere Arbeit nicht möglich wäre.

GRÜNDUNG:

November 1973 im Hause des DPWV, Adolfstr. 40 Juli 1974 : Umzug in die Hamburger Str. 226 Städt. Gesundheitsamt

ANSCHRIFT: TELEFON: FAX:

Hamburger Str. 226 38114 Braunschweig 0531/ 32 93 85 0531/ 3 27 16

EMAIL:

[email protected]

SPENDENKONTO:

Braunschweigische Landessparkasse IBAN: DE15 2505 0000 0002 243046 BIC: NOLADE2HXXX

BÜROZEITEN:

Montag bis Freitag Dienstag und Mittwoch

ANMELDUNG:

Um Wartezeiten zu vermeiden, bitten wir um persönliche oder telefonische Voranmeldung zu den angegebenen Bürozeiten.

FINANZIERUNG:

Land Niedersachsen Stadt Braunschweig Spenden und andere Mittel

FORTBILDUNG:

Um qualifizierte Beratungen zu leisten, sind alle Mitarbeiter*innen verpflichtet, regelmäßig an Supervision teilzunehmen. Die Mitarbeiter*innen unserer Beratungsstelle haben zu ihren jeweiligen Ausbildungen Zusatzqualifikationen erworben. Im laufenden Jahr nahmen die Kollegen und Kolleginnen fachspezifische Fortbildungsangebote wahr.

09.00 – 12.00 Uhr 16.00 – 18.00 Uhr

MITARBEITER_INNEN:

Ute Ahrens Dipl. Sozialpädagogin TZ 15 Std./ Woche Elke Dirks Sozialpädagogin grad. TZ 29,25 Std./ Woche bis 30.11.2015 Ute Henschel Dipl. Sozialpädagogin TZ 10 Std./ Woche Britta Immenroth Erstkontakt und Verwaltung TZ 18 Std./ Woche Jul. – Nov. 2015 (Vertretung) Sigrid Korfhage Stellenleiterin, Dipl. Sozialpädagogin TZ 30 Std./ Woche Uwe Niehus Dipl. Psychologe TZ 16,5 Std./ Woche Dr. Christoph Pelster Dipl. Psychologe/ Psychologischer Psychotherapeut TZ 13 Std./ Woche Kristina Schmitz Dipl. Sozialarb./päd. TZ 15 Std./ Woche , ab 01.12. 20 Std. Woche Amelie Sievert Erstkontakt und Verwaltung TZ 19,25 Std./ Woche ab Dez. 2015 (Vertretung) Karolin Wilkens Dipl. Psychologin/ Psychologische Psychotherapeutin (Elternzeit) Dr. med. Almut Wollschläger-Reiche Ärztin TZ 4 Std./ Woche Doris Zimmermann Erstkontakt und Verwaltung TZ 19,25 Std./ Woche

Das Beratungsangebot Schwangerschaft          

gesetzlich vorgeschriebene Beratung zum Schwangerschaftsabbruch Schwangerschaftskonfliktberatung sozialrechtliche Beratung (z.B. Kindschaftsrecht, Unterhaltsrecht, Elternzeit) Antragstellung zur Bundesstiftung „Mutter und Kind...“ Fragen zu finanziellen Hilfsmöglichkeiten (z.B. Kindergeld, Elterngeld, ALG II, Sozialhilfe, Wohngeld) medizinische Beratung bei Pränataldiagnostik, Schwangerschaft und Geburt psychologische Begleitung während der Schwangerschaft Beratung nach Schwangerschaftsabbruch/ nach Geburt Beratung nach Fehl- oder Totgeburt Beratung zur „Vertraulichen Geburt“

Sexualpädagogik    

Schulklassen (Allgemeinbildende, Weiterführende und Berufsbildende Schulen) Jungen- und Mädchengruppen Elterngruppen Fortbildung für Multiplikator*innen (z.B. Erzieher*innen, Lehrer*innen, Sozialpädagog*innen)  spezielle Angebote für Menschen mit Behinderung

Familienplanung und Gesundheit      

Familienplanung allgemein Schwangerschaftsverhütung „Pille danach“ Beratung zur Sterilisation von Mann und Frau ungewollte Kinderlosigkeit gesundheitliche Beratung (z.B. sexuell übertragbare Krankheiten, Wechseljahre, Menstruation und Zyklus, gynäkologische Krankheiten und Therapien)

Sexual- und Partnerschaftsberatung     

Sexualität und Partnerschaft sexuelle Orientierung Trennung und Scheidung psychosoziale Probleme sexualisierte Gewalt

Statistik 2015

Erstberatung

Art der Beratung Beratung gem. §§ 5 + 6 SchKG * Beratung gem. § 2 SchKG ** Beratung gem. § 2a SchKG *** Gruppenberatung gem. § 2 SchKG Gesamt

Folgeberatung

Gesamt

480

1

481

1673

53

1726

4

4

146

146

2303

54

2357

SchKG – Schwangerschaftskonflikt – Gesetz §§ 5 + 6 SchKG*: regeln die gesetzlich vorgeschriebene Beratung vor einem Schwangerschaftsabbruch § 2 SchKG **

: Beratungen vor, während und nach der Schwangerschaft, Sexualaufklärung, Sexualberatung, Familienplanung, Kinderwunsch

§ 2a SchKG *** : regelt die Beratung nach einem pränataldiagnostischen Befund

6%

20%

74%

Beratung gem. §§ 5 + 6 SchKG Beratung gem. § 2 und § 2a SchKG Schulklassen-/Gruppenberatung gem. § 2 SchKG

§§ 2 und § 2a SchKG *

§§ 5 und 6 SchKG

Derzeitige Lebenssituation alleinlebend

Anzahl 181

In ehelicher Gemeinschaft lebend In nicht ehelicher Gemeinschaft lebend Bei Eltern/Elternteil lebend Keine Angaben

162

Anzahl 1451 4* 246 29

Staatsangehörigkeit Deutsch

Anzahl 378

Andere Länder Keine Angaben

69 34

Anzahl 1 41 143 359 1* 502 3* 238 442 0

Alter Unter 14 14-17 Jahre 18-21 Jahre 22-26 Jahre

Anzahl 0 12 45 105

27-34 Jahre 35-39 Jahre

199 77

40 Jahre und älter Keine Angaben

42 1

Erwerbssituation Vollzeit erwerbstätig

Anzahl 133

Teilzeit erwerbstätig

91

Arbeitslos gemeldet In Schul- oder Berufsausbildung, Studium Sonstige nicht Erwerbstätige

Anzahl 457 2* 417 1* 267 210 1* 303

Arbeitslos gemeldet In Schul- oder Berufsausbildung, Studium Sonstige nicht Erwerbstätige

50 97

Sonstiges Keine Angaben

57 15

Sonstiges Keine Angaben

6 32

Derzeitige Lebenssituation alleinlebend In ehelicher Gemeinschaft lebend In nicht ehelicher Gemeinschaft lebend Bei Eltern/Elternteil lebend Keine Angaben

Staatsangehörigkeit Deutsch Andere Länder Keine Angaben

Alter Unter 14 14-17 Jahre 18-21 Jahre 22-26 Jahre 27-34 Jahre 35-39 Jahre 40 Jahre und älter Keine Angaben

Erwerbssituation Vollzeit erwerbstätig Teilzeit erwerbstätig

Anzahl 374 2* 772 2* 420 137 23

69 42 27

72

Sexualpädagogische Gruppen- und Schulklassenarbeit Themenschwerpunkte:

         

Sexualität und Verhütung sexuelle Orientierung Sexualität und Gewalt Liebe, Partnerschaft, Freundschaft Pubertät Sexualität und geistige Behinderung Schwangerschaft und Geburt soziale Hilfen vor und nach der Geburt §§ 218/ 219 StGB Aufgaben und Ziele der pro familia

Verteilung der Gruppen:

-

Allgemeinbildende Schulen

-

Berufsbildende Schulen

8

-

Sonderschulen/ Einrichtungen für behinderte Menschen

7

-

außerschulische Jugendarbeit

42

-

sonstige Erwachsenengruppen

5

Anzahl der Gruppen Anzahl der Teilnehmer_innen

84

146 1543

Teens plus Babys: Ein Gruppenangebot der pro familia im Mädchencafé Luzie des Kinder- und Jugendzentrums Neustadtmühle – ab November im CVJM –Hotel, Wollmarkt 9. Die Gruppe ist ein offenes, jugendgerechtes, niedrigschwelliges und kostenloses Angebot für junge Schwangere und Mütter bis 21 Jahre, die sich einmal wöchentlich treffen. Suchtprävention „Planspiel Canabis“: Ein Planspiel in Kooperation mit dem Gesundheitsamt und der Beratungsstelle Drobs, dreimal im Jahr mit ca. 10 Teilnehmer*innen. Infotisch Verhütung: Die Beratungsärztin informiert in der BBS V und der Helene-Engelbrecht-Schule jeweils 2 x im Jahr über Verhütungsmittel und -methoden.

Öffentlichkeitsarbeit Informationsmaterialien 

Aushänge mit den Vergaberichtlinien der Bundesstiftung „Mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens“ in Frauenarztpraxen und bei Hebammen



Versand der Jahresberichte an Ärztinnen und Ärzte, psychosoziale Einrichtungen, Schulen, Ratsfraktionen, Parteien, kommunale Verwaltung und interessierte Personen



Vergabe von Broschüren und Informationsmaterialien an interessierte Personen



Verleih von Verhütungsmittelkoffern

Presse 

Veröffentlichung der Öffnungszeiten



Verschiedene Presseartikel: Braunschweiger Zeitung vom 17.01.2015 „Schwanger – und niemand darf es wissen“ Neue Braunschweiger vom 21.01.2015 „Aus dem Graubereich ins Leben“ Braunschweig Report vom 21.01.2015 „Vertrauliche Geburt – eine Hilfe in der Not“ Braunschweiger Zeitung vom 10.03.2015 „Kampagne warnt vor K.O.-Tropfen“ Neue Braunschweiger vom 14.03.2015 „Blackout nach der Partynacht“ Braunschweig Report vom 18.03.2015 „Gefahren durch K.O.-Tropfen“ Braunschweig Report vom 18.03.2015 „Grünes Licht für die „Pille danach“ Wolfenbütteler Schaufenster vom 29.03.2015 „Große Spenden an drei Institutionen“ Neue Braunschweiger vom 01.04.2015 „Görge-Kunden spendeten fleißig“ Braunschweiger Zeitung vom 21.04.2015 „Spender gibt 1535 Euro für Teens plus Babys“

pro familia im Internet

http://www.profamilia.de/angebote-vor-ort/niedersachsen/braunschweig.html

Arbeitskreise/Vernetzung 

Arbeitskreis „Sexualpädagogik“ des pro familia LV in Hannover



Arbeitskreis „Sexualität und Behinderung“ des pro familia LV in Hannover



Arbeitskreis „Liebe, Lust und Älterwerden“ des pro familia LV in Hannover



Arbeitskreis „Schwangerschaft/ Schwangerschaftskonflikt/ Familienplanung“ des pro familia LV in Hannover



Arbeitskreis „Erstkontakt/ Verwaltung“ des pro familia LV in Hannover



Fachgruppe Paar- und Sexualberatung des pro familia LV in Hannover



Fachgruppe Jungen- und Männerarbeit des pro familia LV in Hannover

In Braunschweig 

Runder Tisch „Frühe Kindheit – Frühe Hilfen in Braunschweig“



Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft (PSAG)



Erfahrungsaustausch SGB II



Arbeitskreis Schwangerschaftsberatungsstellen Braunschweig



Arbeitskreis Postpartale Depression

30jähriges Jubiläum der AIDS-Hilfe: 30 Jahre – 30 Partner Die AIDS-Hilfe Braunschweig feierte im September ihr 30-jähriges Jubiläum. Seit ihrer Gründung im September 1985 setzt sich die AIDS-Hilfe für Menschen mit HIV/AIDS ein, kämpft gegen Diskriminierung und wirbt für Solidarität. Im Vorfeld des Jubiläums wurde öffentlichkeitswirksam und sehr erfolgreich die Kampagne „30 Jahre – 30 Partner“ mit dem Ziel gestartet, mindestens 30 Unternehmen und Institutionen zu gewinnen, die einer Beschäftigung und Einstellung von HIV-positiven Kolleginnen und Kollegen vorurteilsfrei begegnen. Es sollten Betriebe aus Wirtschaft, Verwaltung, Kirche, Forschung und Lehre gewonnen werden. Insgesamt konnten schließlich fast 40 Partner gefunden werden. Die pro familia Niedersachsen hat sich gerne im Rahmen dieser Kampagne als Partner zur Verfügung gestellt. Im Grunde steht sie aber schon sehr lange als verlässlicher Kooperationspartner an der Seite der AIDShilfe. Dies liegt auch nahe, denn die Grundhaltungen und Leitlinien im Hinblick auf die sexuelle Identität und das Recht auf Unversehrtheit sind in beiden Institutionen sehr ähnlich. Als Verband tritt pro familia seit ihrem Bestehen explizit für das Recht auf selbstbestimmte Sexualität und Fortpflanzung, auf selbstbestimmte sexuelle Orientierung und Identität sowie auf das Recht für körperliche und seelische Unversehrtheit ein, so wird es in der Präambel der Grundsätze für sexuelle und reproduktive Rechte ausdrücklich dargestellt. Wir gratulieren der AIDS-Hilfe zu ihrem 30-jährigen Jubiläum und wünschen weiterhin eine erfolgreiche Arbeit in ihrem Kampf gegen AIDS!

Nds. Wirtschaftsminister Olaf Lies übergab Teilnahme-Urkunde (30 Jahre – 30 Partner) an pro familia Mitarbeiterinnen

Sexuelle Vielfalt In den letzten Jahren ist das Bewusstsein für die Lebenssituation von Menschen, die nicht den gesellschaftlichen Normen der Zweigeschlechtlichkeit entsprechen, stark gewachsen. Parallel dazu ist in der Gesellschaft eine Öffnung und zunehmende Toleranz im Hinblick auf Geschlechterrollen und Geschlechtsidentitäten zu beobachten. In dieser weniger angstbesetzten Atmosphäre wagen Betroffene, die oft einen enormen Leidensdruck spüren, sich zu zeigen und suchen häufiger als zuvor Beratungssituationen auf. Für Berater*innen ist es demnach erforderlich, sich entsprechende Beratungskompetenzen zu erarbeiten, um sich einfühlen und den Betroffenen hilfreich begegnen zu können. Im September 2015 wurde zu diesem Themenkomplex von der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft Braunschweig (PSAG) eine Fachtagung mit dem Titel „Lebendige Vielfalt – Transidentität, Intersexualität und die Vielfalt sexueller Orientierungen“ durchgeführt. Ziel der Veranstaltung war, über die Lebenswelten transgeschlechtlicher und intersexueller Menschen zu informieren und zu diskutieren, darüber hinaus sollte versucht werden, sich dem komplexen Begriff der „sexuellen Vielfalt“ zu nähern. An der Organisation dieser Veranstaltung hat auch eine Mitarbeiterin der pro familia Braunschweig mitgewirkt. Die Tagung, die aus verschiedenen Fachvorträgen mit sich anschließender Diskussion bestand, stieß insgesamt auf großes Interesse und war dementsprechend gut besucht.

50-jähriges Jubiläum der pro familia Niedersachsen In 1965 wurde der pro familia Landesverband Niedersachsen gegründet, am 15. Juli fand aus diesem Grund eine Feier mit 150 Gästen im Alten Rathaus Hannover statt, natürlich nahm auch das Team der Beratungsstelle Braunschweig teil. Wie der kleine historische Exkurs im Folgenden zeigt, hat sich in den letzten 50 Jahren in unserer Gesellschaft viel verändert. So existierte 1965 noch die sog. „Hausfrauenehe“, eine Berufstätigkeit der Ehefrau wurde nur dann geduldet, „soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar“ war (§1356 BGB). Ledige Mütter und uneheliche Kinder waren gesellschaftlich unerwünscht und wurden sozial benachteiligt. Die „Anti-Baby-Pille“ war zwar schon erhältlich, aber sie wurde nur von wenigen Ärzten verschrieben und wenn, dann nur an verheiratete Frauen, die schon Kinder hatten und über 30 Jahre alt waren. Der Schwangerschaftsabbruch war verboten (§218 StGB), Homosexualität wurde von der WHO als Krankheit definiert und sexuelle Handlungen zwischen Männern waren strafbar (§175). Sexualaufklärung fand entweder nicht statt oder diente dazu, die Jugend vor „Verführungen“ zu bewahren und ihr die traditionellen Werte zu Ehe und Familie zu vermitteln. Schon viele Jahre vor der Gründung des niedersächsischen Landesverbandes gab es bereits die pro familia, der Verein wurde am 23. Dezember 1952 als „Deutsche Gesellschaft für Ehe und Familie“ in Kassel gegründet. Ziel war die Schaffung eines gemeinnützigen, nicht staatlichen und nicht konfessionellen Fachverbands für Fragen der Sexualität und der Familienplanung.

Was vor 50 Jahren mit ärztlichen Beratungsstunden für Jugendliche und Erwachsene zu „Fragen des Sexualverhaltens und der Geburtenregelung“ begann, ist heute ein vielfältiges Angebot, das jährlich mehr als 50.000 Menschen nutzen: Sexualpädagogik mit Schulklassen, Beratung zur Familienplanung, Schwangerschaftskonfliktberatung, psychosoziale Beratung für Schwangere, Paar- und Sexualberatung u.v.m. Heute ist pro familia Niedersachsen Träger von 19 Beratungsstellen mit 6 Außenstellen und insgesamt 125 Mitarbeiter*innen. Jährlich werden allein in Niedersachsen ca. 24.000 Beratungsgespräche und 2.000 Veranstaltungen mit Schulklassen, Jugendgruppen und Multiplikator*innen durchgeführt, dazu kommen noch ca. 2.000 Onlineberatungen über die Website www.sexundso.de. Die kurzweilige Jubiläumsveranstaltung wurde mit Grußworten des niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, der Paritäten und der Region Hannover eingeleitet, es wurden Beispiele für die langjährige gute Zusammenarbeit aufgezeigt.

„Mit uns können Sie reden - und das seit 50 Jahren!“ Unter diesem Motto sorgte Lilo Wanders im Gespräch mit pro familia Mitarbeiter*innen für eine kurzweilige Reise durch die Geschichte und die heutige Vielfalt unserer Arbeit. Eine Ausstellung, Bildershow und mitreißende Musik rundeten die Veranstaltung ab.

Mitarbeiter*innen des Teams der pro familia Beratungsstelle Braunschweig mit Lilo Wanders

Beratung zur Vertraulichen Geburt:

Zum 1. Mai 2014 ist das Gesetz zur Regelung der Vertraulichen Geburt in Kraft getreten. In der pro familia Beratungsstelle Braunschweig wurden im Jahr 2015 fünf Frauen im Rahmen des Gesetzes zur Vertraulichen Geburt beraten und begleitet. Mit dem Gesetz werden Frauen unterstützt, die ihre Schwanger- und Mutterschaft geheim halten wollen. Es beinhaltet einerseits ein umfangreiches Beratungsangebot, andererseits wird es den Frauen ermöglicht, mit professioneller medizinischer Begleitung und Hilfe ihr Kind so sicher wie möglich zu gebären. Ihre Identität muss eine betroffene Frau im Verfahren der Vertraulichen Geburt nur ein einziges Mal gegenüber der Beraterin einer Schwangerschaftsberatungsstelle offenbaren. Die Teilnahme an einer ergebnisoffenen Beratung ist die notwendige Voraussetzung für die Durchführung der Vertraulichen Geburt. In diesem Gespräch wird zusammen mit der betroffenen Frau überlegt, ob es noch andere Hilfen, Auswege oder Handlungsalternativen zur Vertraulichen Geburt gibt. Wenn die Schwangere für sich keine Alternative sieht und sich für die Vertrauliche Geburt entscheidet, wird sie umfassend über den Ablauf des gesamten Verfahrens einschließlich aller rechtlichen Aspekte informiert. Die Berater*innen der Schwangerschaftsberatungsstellen stehen unter Schweigepflicht, sie vereinbaren dann zusammen mit der Frau ein Pseudonym. Alle weiteren am Verfahren beteiligten Institutionen (Kliniken, Hebammen, Jugendämter, Adoptionsstellen etc.) kennen nur das von der Frau gewählte Pseudonym. Die Persönlichkeitsdaten der Schwangeren werden in einem verschlossenen und versiegelten Umschlag von der Beraterin an das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben gesendet und dort ungeöffnet aufbewahrt. Das Grundrecht eines jeden Kindes, die Identität seiner Mutter zu erfahren, wird bei der Vertraulichen Geburt berücksichtigt: Frühestens nach 16 Jahren hat ein Kind das Recht, die persönlichen Daten der Mutter einzusehen. Für ein Kind, das im Rahmen der Vertraulichen Geburt geboren wurde, werden zeitnah Adoptiveltern gesucht. Ein Rücknahmewunsch der Mutter kann innerhalb eines Jahres berücksichtigt werden, allerdings muss die Mutter dann ihre Identität offenbaren.

Ausstellung „GROßE FREIHEIT – liebe.lust.leben.“in Braunschweig

Vom 05.- 10.10. 2015 war die pro familia Beratungsstelle Kooperationspartner der Ausstellung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) „GROßE FREIHEIT – liebe.lust.leben.“ Die gut besuchte Ausstellung wurde in einem großen Zelt auf dem Platz der Deutschen Einheit präsentiert. Hier eine kurze Zusammenfassung des Ausstellungskonzepts:

„Die BZgA greift mit der Ausstellung ein Thema auf, das vielen Menschen noch viel zu wenig bekannt ist: Das Risiko, sich mit einer sexuell übertragbaren Infektion (STI) anzustecken und daran zu erkranken. STI können nicht nur das Risiko einer HIV-Infektion um ein Vielfaches erhöhen, sondern können die Gesundheit einer infizierten Person auch erheblich schädigen, wenn sie nicht erkannt und behandelt werden. In der Erlebnisausstellung begegnen Besucher/ -innen acht fiktiven Protagonisten, mitten aus dem Leben gegriffen: Frauen und Männern, einige hetero- andere homosexuell. Alle acht wünschen sich die „GROßE FREIHEIT“, ihre Liebe und ihre Lust auszuleben. Und alle müssen entscheiden, wie sie dabei mit den Themen STI und HIV umgehen. Das Ausstellungsangebot ist kostenfrei und wendet sich an Jugendliche und Erwachsene ab 14 Jahren. Für den Besuch empfiehlt die BZgA ein Mindestalter von 14 Jahren, weil die Ausstellung verschiedene Aspekte von Sexualität, mögliche Ansteckungsrisiken beim Geschlechtsverkehr und unterschiedliche sexuelle Verhaltensweisen thematisiert. Eine gewisse Reflexionsfähigkeit und Reife erleichtern daher den Zugang zur Ausstellung und zu ihren Inhalten.“ (Quelle: www.große-freiheit.de)

Auf Initiative des Gesundheitsamtes konnte diese Ausstellung nach Braunschweig geholt werden. Insgesamt kamen 5.270 Besucher*innen, 1.255 davon verteilten sich auf 65 angemeldete Schulklassen und Gruppen. Neben der „Beratungsstelle für sexuelle Gesundheit“ des Gesundheitsamtes der Stadt Braunschweig haben die „Braunschweiger AIDS-Hilfe e.V.“ und die „pro familia- Beratungsstelle“ die Ausstellung vor Ort als Kooperationspartner begleitet. Die Mitarbeiter*innen der pro familia Beratungsstelle waren als Ansprechpartner*innen in der Ausstellung anwesend. Die Besucher*innen wurden von ihnen mit verschiedenen Methoden zu Gesprächen animiert oder konnten Fragen stellen. Dabei wurden speziell für diese Veranstaltung entworfene Visitenkarten, Kondome und Infomaterialien an die Jugendlichen verteilt.

Das Team der pro familia Beratungsstelle war mit dem Verlauf dieser tollen Ausstellungswoche sehr zufrieden.

K.O. – Tropfen –Informationskampagne In unseren Beratungen mussten wir feststellen, dass immer häufiger Frauen Opfer von Vergewaltigungen nach Gabe von K.O.-Tropfen wurden. Dies war für uns Anlass, gemeinsam mit der Frauen und Mädchenberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt die Informationskampagne über die so genannten K.O.Tropfen durchzuführen In den letzten Jahren hat die missbräuchliche Verwendung von K.O.-Tropfen sowohl in Deutschland als auch in Braunschweig zugenommen. Die unter dem Begriff K.O.-Tropfen zusammengefassten Substanzen werden unbemerkt verabreicht, um einen anderen Menschen in einen willen- und hilflosen Zustand zu versetzen. Unter der Wirkung von K.O.-Tropfen kommt es immer wieder zu Raub- und Sexualdelikten. Der erlebte Blackout und die damit einhergehenden Scham- und Schuldgefühle sowie massive Selbstzweifel über das Geschehene führen häufig dazu, dass sich Frauen und Mädchen nicht trauen Unterstützungsangebote wahrzunehmen. Dieser Entwicklung wollten wir durch eine aufklärende Öffentlichkeitsarbeit entgegentreten. Im Jahr 2014 hat ein Kooperationsprojekt mit den Schülerinnen der Johannes-Selenka-Schule in Braunschweig stattgefunden. Zwölf Schülerinnen, die zu der Zeit eine Ausbildung zur Gestaltungstechnischen Assistentin absolvierten, haben im Rahmen ihrer Ausbildung tolle Materialien erstellt. Diese sollen sowohl im präventiven Sinne auf das Thema aufmerksam machen und Möglichkeiten aufzeigen, wie Frauen und Mädchen sich schützen können, als auch konkrete Handlungsschritte und Unterstützungsmöglichkeiten benennen, wenn es zur unfreiwilligen Einnahme von K.O.-Tropfen gekommen ist. Die erstellten Materialien konnten mit Hilfe der großzügigen finanziellen Unterstützung des Zonta Clubs Braunschweig und des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Braunschweig gedruckt und vervielfältigt werden. Die unterschiedlichen Materialien wie Plakate, Postkarten und Flyer wurden den Mädchen und Frauen unmittelbar an öffentlichen Plätzen, wie z.B. in Cafés und Diskotheken, Schulen und Jugendzentren und in öffentlichen Verkehrsmitteln zugänglich gemacht.

Teens plus Babys Die seit 2004 bestehende Gruppe „Teens plus Babys“, ein Treff für Schwangere und Mütter bis 21 Jahre, wurde in diesem Jahr erneut von der Stadt Braunschweig mit einem Betrag von 10.000,- € gefördert. Wir bedanken uns hierfür ausdrücklich. Großer Dank gilt auch der Fa. Görge: Aus den in mehreren Lebensmittelmärkten aufgestellten Pfandboxen konnte in 2015 ein stattlicher Erlös von 5600,- € erzielt werden. Bedingt durch die Vielzahl von Flüchtlingen konnte die Gruppe „Teens plus Babys“, die meist aus etwa zehn jungen Schwangeren bzw. Müttern besteht, nicht mehr die Räumlichkeiten des Jugendzentrums Mühle nutzen. Die Räume wurden kurzfristig für unbegleitete junge Flüchtlinge benötigt. Wir haben uns daher sehr gefreut, dass das CVJM Haus am Wollmarkt schnell und unbürokratisch Ersatzräume bereitstellen und vermieten konnte.

Langjährige Mitarbeiterin verabschiedet – Elke Dirks im Ruhestand Nach 30 Jahren beruflicher Tätigkeit in der pro familia Beratungsstelle Braunschweig wurde im Dezember 2015 die Kollegin Elke Dirks in den Ruhestand verabschiedet. Der Tätigkeitsbereich von Frau Dirks umfasste die Sexualberatung von Frauen und Paaren, die Begleitung von Frauen nach einem auffälligen pränatal-diagnostischen Befund, die Schwangerschaftskonfliktberatung, Beratungen zum Thema Familienplanung sowie die allgemeine psychosoziale und sozialrechtliche Beratung von schwangeren Frauen. Darüber hinaus hat sich Frau Dirks in den letzten Jahren insbesondere mit dem Thema „Sexualität und Alter“ auseinandergesetzt. Frau Dirks hat, nach eigenem Bekunden, immer gerne in der Beratungsstelle gearbeitet, das konnten alle Kolleg*innen und insbesondere die Ratsuchenden deutlich spüren. Frau Dirks war eine außergewöhnlich erfahrene, engagierte, fachlich sehr kompetente und bei allen Mitarbeiter*innen sehr beliebte Kollegin.

Das Team der Beratungsstelle Braunschweig wünscht Frau Dirks alles erdenklich Gute für ihren Ruhestand.

Landesverband Niedersachsen e. V. Lange Laube 14, 30159 Hannover

INFORMATIONEN ÜBER DEN TRÄGER Die pro familia, Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung, Landesverband Niedersachsen e.V. mit Sitz in Hannover, ist Träger aller pro familia Beratungsstellen in Niedersachsen und der Onlineberatung (Sexualpädagogischer Arbeitskreis).

ANSCHRIFT:

Lange Laube 14 30159 Hannover Telefon: (0511) 30 18 57 80 Fax: (0511) 30 18 57 87

BANKVERBINDUNG:

Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE69 2512 0510 0007 4131 00 BIC: BFSWDE33HAN

VORSTAND (bis 10/2015):

Prof. Dr. Heike Fleßner Annette Peters Erika Huxhold Hannelore Mücke-Bertram Christian Tesche

Vorsitzende stellv. Vorsitzende Schatzmeisterin Schriftführerin Beisitzer

VORSTAND (ab 11/2015):

Prof. Dr. Heike Fleßner Annette Peters Hannelore Hintz-Oppelt Hannelore Mücke-Bertram Christian Tesche Christina Müller-Matysiak

Vorsitzende stellv. Vorsitzende Schatzmeisterin Schriftführerin Beisitzer Beisitzerin

GESCHÄFTSFÜHRUNG: GESCHÄFTSFÜHRUNG:

Andreas Bergen (bis 11/2015) Uta Engelhardt (ab 12/2015)

GESCHÄFTSSTELLE: Assistenz d. Geschäftsführung Sekretariat / Verwaltung Buchhaltung Lohnbuchhaltung Verwaltung

Claudia Igney Birgit Lehmann-May Claudia Holzki Katrin Strömer/ Monika Dejewska-Mucha Beate Hasse

Fachbereichsleitung Fachbereichsleitung

Hildegard Müller Silke Wendland

Landesverband Niedersachsen e. V. Lange Laube 14, 30159 Hannover GRÜNDUNG UND ORGANISATION: pro familia wurde 1952 gegründet. Die rechtlich selbstständigen Landesverbände haben sich auf Bundesebene zusammengeschlossen und bilden gemeinsam den pro familia - Bundesverband als eingetragenen Verein. pro familia gehört dem Paritätischen Wohlfahrtsverband Niedersachsen e.V. an.

LANDESVERBAND NIEDERSACHSEN: Der Landesverband Niedersachsen e.V. wurde 1965 als rechtlich selbständiger Verein ins Leben gerufen. Er ist gem. §§ 51 AO als gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannt. In Niedersachsen werden 19 Beratungsstellen mit 6 Außenstellen sowie das Projekt „Onlineberatung“ unterhalten.

BESCHÄFTIGTE: STATISTIK:

125 18.048 4.663 1.841 440

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Beratungen gem. § 2 Schwangerschaftskonfliktgesetz Beratungen gem. §§ 5 u. 6 bzw. § 2a SchKG Gruppenberatungen (Schulklassen-, Multiplikatorenarbeit) Allg. Ehe-, Familien- und Lebensberatungen

Die Schwerpunkte der Beratungsanlässe waren Schwangerschaft, ungewollte Schwangerschaft, Familienplanung, Sexualität und Partnerschaft sowie Hilfe bei Inanspruchnahme sozialer Leistungen. Online Beratung: Über die Online Beratung www.sexundso.de wurden im Jahr 1.983 E-Mail-Anfragen beantwortet, davon 1.245 Anfragen von Frauen, 527 Anfragen von Männern (211 ohne Geschlechtsangabe). Das Angebot richtet sich vorwiegend an Jugendliche im Alter bis 21 Jahre.

ERREICHBARKEIT UNSERER BERATUNGSSTELLEN: Unsere Beratungsstellen sind nach den Anerkennungsrichtlinien für Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen mindestens an zwei Tagen der Woche geöffnet. Darüber hinaus verfügen alle Beratungsstellen über einen telefonischen Anrufbeantworter.