3.12 Rechtskunde (Lern- und Arbeitswelt II)

3.12 – Rechtskunde (Lern- und Arbeitswelt II) - Der Lehrvertrag Rechte und Pflichten des Lehrlings Rechte und Pflichten des Berufsbildners Konflikte ...
Author: Monika Schwarz
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3.12 – Rechtskunde (Lern- und Arbeitswelt II) -

Der Lehrvertrag Rechte und Pflichten des Lehrlings Rechte und Pflichten des Berufsbildners Konflikte im Lehrbetrieb

Der Lehrvertrag Besonderheiten des Lehrvertrags

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Bedeutung (OR 344, BBG 14, BBV 8) – Der Lehrvertrag ist vor allem ein Ausbildungsvertrag und hat den Charakter eines Schutzvertrags zugunsten der Lernenden. Als wichtigste Pflicht hat  

der Berufsbildner oder die Berufsbildnerin die lernende Person fachgemäss und systematisch auszubilden, die lernende Person alles zu tun, um das Lehrziel zu erreichen.

Schriftliche Form (OR 344a, BBG 14, BBV 8) – Damit der Lehrvertrag Gültigkeit erlangt, muss er schriftlich abgefasst und von der lernenden Person, deren gesetzlichem Vertreter, dem Berufsbildungsverantwortlichen und dem kantonalen Amt für Berufsbildung unterschrieben sein. Das kantonale Berufsbildungsamt bestätigt damit, dass der Vertrag gegen keine gesetzlichen Vorschriften verstösst. Inhalt (OR 344a-346a, BBG 14) – Das OR und das BBG regeln verschiedene vertragsrechtliche Besonderheiten des Lehrvertrags. Der zeitlich befristete Vertrag gilt für die ganze Ausbildungszeit und muss am Ende der Lehrzeit nicht gekündigt werden. Erforderliche Unterlagen – Vor Lehrbeginn sollte die lernende Person im Besitz folgender Unterlagen sein:     

Lehrvertrag Verordnung über die berufliche Grundbildung (Bildungsverordnung) Modelllehrgang Wegleitung durch die Berufslehre Betriebsbestimmungen (falls vorhanden)

Mithilfe dieser Unterlagen kann jeder Lernende überprüfen, ob die Ausbildung fachgerecht und zielgerecht durchgeführt wird. Allgemeine Vorschriften – Wenn im Lehrvertrag nichts Besonderes festgelegt wird, gelten die ersten drei Monate automatisch als Probezeit. Diese darf nicht weniger als einen Monat und nicht mehr als drei Monate dauern. Mit der Zustimmung der kantonalen Behörde kann sie ausnahmsweise bis auf insgesamt sechs Monate verlängert werden. (OR 344a, BBG 14). In der Mehrzahl der Berufe sind überbetriebliche Kurse zur Aneignung der grundlegenden Fertigkeiten obligatorisch. Das Kursgeld und zusätzliche Nebenkosten gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Lernende, welche betriebsintern eine gleichwertige Ausbildung erhalten, sind vom Kursbesuch befreit. (BBG 16 + 23, BBV 21). Lehrbefähigung der Berufsbildner – In den Lehrbetrieben dürfen Lernende nur von Personen ausgebildet werden, welche über folgende Voraussetzungen verfügen:  mindestens 2 Jahre berufliche Praxis  ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis  eine berufspädagogische Qualifikation

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Rechte und Pflichten des Lehrlings Ein Lehrling hat Rechte, allerdings auch Pflichten. Pflichten Zu den Pflichten gehört, dass der Lernende …  alles tun muss, um das Lehrziel zu erreichen  die ihm anvertrauten Arbeitsgeräte, technischen Einrichtungen, Anlagen und das Material usw. mit Sorgfalt behandeln muss  für Schäden haften muss, die dem Arbeitgeber absichtlich oder fahrlässig zufügt werden  den Unterricht der Berufsfachschule sowie die überbetrieblichen Kurse besuchen muss Wichtige Rechte Mitspracherecht (BBG 10) – Arbeitgeber und Berufsfachschulen geben den Lernenden ein angemessenes Mitspracherecht. Schutz für Jugendliche im Arbeitsgesetz (ArG 1, 52-55) – Im Arbeitsgesetz ArG und den dazu gehörenden Verordnungen ArGV sind besondere Schutzbestimmungen für Jugendliche festgehalten. Arbeits- und Ruhezeiten

Nacht- und Sonntagsarbeit – Nacht- und Sonntagsarbeit sind für Jugendliche grundsätzlich verboten. Allerdings gibt es Ausnahmen, wenn dies im Interesse der Ausbildung oder in 3

bestimmten Berufen üblich ist, wie z.B. in Bäckereien, in Konditoreien, im Gastgewerbe, in der Hauswirtschaft oder in der Paramedizin. Neue Jugendschutzverordnung – Eine neue Jugendschutzverordnung ist gegenwärtig in der Vernehmlassung (wird noch bearbeitet und muss dann vom Parlament genehmigt werden). Darin ist eine neue Grenze des jugendlichen Alters sowie eine neue Regelung einer reduzierten Höchstarbeitszeit für Jugendliche vorgeschlagen. Ebenso sind die Berufe aufgelistet, welche vom Verbot der Nacht- und Sonntagsarbeit im Rahmen der beruflichen Grundausbildung ausgenommen sein werden. Überstunden (ArG 12,31, OR 321c) – Lernende unter 16 Jahren dürfen nicht zur Leistung von Überstunden aufgeboten werden. Nach dem vollendeten 16. Lebensjahr sind Lernende zur Leistung von Überstunden verpflichtet, wenn die Überstunden für den Betrieb notwendig sind, ausser wenn die Zusatzarbeit den Lernenden nicht zuzumuten ist (z.B. kurz vor der Lehrabschlussprüfung). Die Überzeit ist durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer auszugleichen. Ferien – Bis zum vollendeten 20. Altersjahr besteht ein Anrecht auf mindestens 5 Wochen Ferien pro Jahr. Je nach Branche und Lehrbetrieb sind bessere Ferienregelungen möglich. Berufsfremde Arbeiten und Akkordarbeit (OR 345a) – Wochenlang dieselbe Tätigkeit, Akkordarbeit oder berufsfremde Arbeiten dürfen nicht die Regel sein. Grundsätzlich müssen Lernende nur Arbeiten verrichten, die etwas mit dem Beruf zu tun haben und die Ausbildung nicht beeinträchtigen. Freifächer und Stützkurse (BBG 22, BBV 26) – Bis zu einem halben Tag pro Woche können während der Arbeitszeit Freifächer ohne Lohnabzug besucht werden. Das geht aber nur, wenn die Leistungen im Betrieb und in der Schule gut sind! Gratifikation, 13. Monatslohn – Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, zum Jahresende eine Sonderzulage zu bezahlen. Ein 13. Monatslohn muss vertraglich festgelegt sein, damit er bezahlt wird. Lehrabschlussprüfung/Schlussprüfung – Lernenden steht für die Lehrabschlussprüfung die notwendige Zeit ohne Lohnabzug zu. Nach bestandener Prüfung erhalten erfolgreiche Lernende das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis. Ob und wann eine nicht bestandene Lehrabschlussprüfung wiederholt werden kann, steht in der Regel in der Bildungsverordnung. Nebenabsprachen – Oft treffen Betriebe in so genannten Nebenabsprachen zusätzliche Abmachungen. Diese können firmeninterne Regelungen sein (Lehrlingslager, Leistungslohn usw.) oder andere Punkte betreffen. Solche Zusatzvereinbarungen dürfen die Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes nicht verletzen.

Rechte und Pflichten des Berufsbildners Der Berufsbildner oder die Berufsbildnerin muss:  die lernende Person nach dem in der Ausbildungsverordnung festgelegten Lehrprogramm fachgemäss ausbilden oder von einem qualifizierten Mitarbeiter oder einer qualifizierten Mitarbeiterin ausbilden lassen. (Ausbildungspflicht OR 344)  den vereinbarten Lohn zahlen. Lohnabzug während des Pflichtunterrichts, während der überbetrieblichen Kurse, der Lehrabschlussprüfung sowie für den Besuch von 4

Stützkursen oder Freifächern ist nicht erlaubt. (Lohnzahlungspflicht OR 344a, OR 345a  die lernende Person gegen Berufs- und Nichtberufsunfälle genügend versichern und die Prämie für die Berufsunfallversicherung bezahlen. (Versicherungspflicht UVG 1)  nach Beendigung der Lehre ein Lehrzeugnis ausstellen, in dem der erlernte Beruf und die Dauer der Ausbildung festgehalten werden. Auf Wunsch der Lernenden kann das Zeugnis auch über Fähigkeiten, Leistungen und das Verhalten Auskunft geben. (Lehrzeugnis OR 346a  die gesetzlichen Ferien gewähren (Ferien OR 345a)

Konflikte im Lehrbetrieb Man löst keine Probleme, indem man sie aufs Eis legt. Winston Churchill, ehemaliger britischer Premierminister Konflikte - Sollte es im Lehrbetrieb zu Konflikten kommen, sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:       

wichtig ist, das Gespräch zu suchen Selbstkritik üben, überlegen, was man eventuell selbst zur Situation beigetragen hat eine Vertrauensperson beiziehen und mit ihr das Problem besprechen um einen Termin bitten und sich auf das Gespräch vorbereiten sachlich argumentieren die Eltern eventuell beiziehen, falls das Gespräch nichts fruchtet die Lehraufsichtskommission oder das kantonale Amt für Berufsbildung (Lehrlingsamt) einschalten, wenn keine Einigung möglich ist

Auflösung des Lehrverhältnisses (OR 337) – Wichtige Gründe können, trotz Gesprächen und fremder Hilfe bzw. Unterstützung, zur Auflösung des Lehrvertrags führen. Solche Gründe sind:  Der verantwortliche Berufsbildner verfügt nicht über die beruflichen und persönlichen Fähigkeiten für die Ausbildung.  Der lernenden Person fehlen die körperlichen und geistigen Anlagen zur Erlernung des Berufs.  Die lernende Person ist gesundheitlich oder sittlich gefährdet.  Die Ausbildung kann nur unter wesentlich veränderten Verhältnissen zu Ende geführt werden (OR 346).  Der Lernende hat im Betrieb gestohlen oder betrogen. Betriebsschliessung – Wird ein Betrieb geschlossen, sorgt das kantonale Berufsbildungsamt nach Möglichkeit dafür, dass eine begonnene Grundbildung beendet werden kann (BBG 14/15.

Quellen: - Recht und Gesellschaft (ISBN 978-3-0345-0224-5) – Sauerländer Verlage 5