Personalsachbearbeitertertagung Springe 2012

Text auf aktueller Folie (ggf. ausrichten)

Zukunft des Dritten Weges

OKR Dr. Jens Lehmann • Landeskirchenamt, Referat 72 (Arbeitsrecht) 29. Mä März 2012

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Zukunft des Dritten Weges • • • • •

Grundsätze des Dritten Weges Dritter Weg in der Konföderation Grundsätze des Zweiten Weges Streikrecht im kirchlichen Dienst? Ausblick

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Wege der Arbeitsrechtssetzung

• 1. Weg: (einseitig, z.B. Beamtenrecht) • 2. Weg: Tarifverträge • 3. Weg: kirchlicher Sonderweg

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Grundsätze des Dritten Weges • - Partnerschaft: Kooperation, nicht Konfrontation beim Ausgleich unterschiedlicher Interessen • - Parität: Gleichberechtigung und Gleichgewichtigkeit von Dienstnehmern und Dienstgebern • - Keine Konfliktregulierung durch Streik und Aussperrung • Grund für Dritten Weg: Dienstgemeinschaft

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Warum Dritter Weg? • Das zentrale Erkennungsmerkmal des Dritten Weges ist die „Kampflosigkeit“ • Arbeitskampf, weil dies der „Dienstgemeinschaft“ widerspricht (zum Begriff Dienstgemeinschaft vgl. Hermann Lührs, KuR 2007, S. 220 ff.)

• Also: Ziel ist die Konfliktlösung ohne Arbeitskampf

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Empirische Stichworte zum Verfahren des Dritten Wegs (Prof. Reichhold, Tübingen)

• Es bestehen 31 Kommissionen für den verfassten und/oder karitativen-diakonischen Bereich, in denen ca. 675 Mitglieder agieren. • Kennzeichen des Verfahrens sind regelmäßig wiederkehrende Interaktionen auf unterschiedlichem Konfliktniveau, • verschiedene Delegationsformen von Dienstnehmern mit Basisbezug (AG-MAV-Entsendungsmodell bzw. Verbandsmodell), • i.d.R. ersetzende Zwangsschlichtung zur Auflösung von Patt-Situationen.

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Einführung des Dritten Weges auf Anregung der EKD • Geht zurück auf eine Richtlinie des Rates der EKD vom 08.10.1976 • Empfehlung dort: – Es soll eine Arbeitsrechtliche Kommission gebildet werden – Paritätische Besetzung – Einrichtung eines Schlichtungsausschusses – Ein Vorsitzender des Schlichtungsausschusses, den im Streitfall der Vorsitzende eines zuvor festgelegten Verwaltungsgerichts bestimmt – Schlichtungsausschuss hat Kompetenz zur Zwangsschlichtung Mittlerweile praktizieren fast alle Gliedkirchen der EKD diese Form der Arbeitsrechtsetzung in insgesamt 16 Arbeitsrechtlichen Kommissionen

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Tarifverträge im kirchlichen Bereich • Für den Bereich der Nordelbischen EvangelischLutherischen Kirche und den • verfasstkirchlichen Bereich der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz werden kirchengemäß modifizierte Tarifverträge abgeschlossen.

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Der Dritte Weg in der Konföderation • Einführung des Dritten Weges in der Konföderation für Hannover, Braunschweig und Oldenburg durch das Mitarbeitergesetz vom 14.03.1978 • In der Fassung vom 11.03.2000 bis 2007 sah das wie folgt aus: • 9 Vertreter der Mitarbeiter, 9 Vertreter der Anstellungsträger • Beschlussfähigkeit, wenn mindestens 12 Stimmberechtigte anwesend sind • Beschlüsse werden mit der 2/3- Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Mitglieder gefasst (also 12 Mitglieder) • Keine Bankabstimmung • Schlichtung durch ständige Schlichtungskommission (je 4 Beisitzer) und ein gemeinsam vorgeschlagener Vorsitzender • Entscheidung der Schlichtungskommission verbindlich

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Der Dritte Weg in der Konföderation • • • •







Das Mitarbeitergesetz in der aktuellen Fassung: Beschlussfähigkeit wenn mindestens 6 Mitarbeiter und 6 Arbeitnehmer anwesend sind Beschlüsse werden mit der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Stimmberechtigten gefasst Die Mitarbeiter geben Ihre Stimme einheitlich durch einen Sprecher ab. Zuvor interne Meinungsbildung der Mitarbeiter durch 2/3-Beschluss der gesetzlichen Zahl der Mitarbeitervertreter (also 6 Stimmen) – Bankabstimmung Schlichtung durch Einberufung einer Schlichtungskommission im Einzelfall; je 4 Beisitzer und je zwei Schlichter (nur einer ist stimmberechtigt) Aber: Entscheidung der Schlichtungskommission ist nur verbindlich bei 2/3-Mehrheit der gesetzlichen Zahl der stimmberechtigten Mitglieder der Kommission, also gerundet 7 von 9 Im Ergebnis also: offene Schlichtung

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Problem: Schlichtungsverfahren • • • • • • • • • • • •

Ablauf: 1. Beschluss der ADK 2. Einwendungen 3. Erneuter Beschluss 4. Einwendungen 5. Einleitung des Schlichtungsverfahrens durch Benennung der Schlichter und der Beisitzer 6. Vermittlungsverfahren (Schlichter machen Vorschlag) 7. Erneute Verhandlungen in der ADK 8. Einwendungen 9. Zusammentritt der Schlichtungskommission 10. Schlichtungskommission beschließt 11. Verbindlich nur bei ¾-Mehrheit

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Problem: Konfliktlösung durch offene Schlichtung • Problem: Die Schlichtung im Bereich von verfasster Kirche u. Diakonie ist weitgehend offen: kein adäquater Ersatz zur Konfliktlösung durch Streik • Problem: Die Schlichtungskommission wird erst im Streitfall gebildet

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Problem: (Materielle) Parität im 3. Weg • Dienstgebervertreter befassen sich überwiegend beruflich mit Arbeits-/Tarifrecht • Dienstgebervertreter können auf die Landeskirchenämter zurückgreifen • Dienstgebervertreter können z.B. Gutachter beauftragen. • Finanzielle Ausstattung der Arbeitnehmervertreter ist notwendig • z.B. im Bereich der gesamten Caritas 2012: ca. 3,5 Mio € • Finanzielle Ausstattung für MA-Seite der ADK gibt es bereits.

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Problem: Politik der leeren Stühle • Was passiert, wenn die Arbeitnehmerseite nicht mehr zu den Sitzungen erscheint? • In der ARK der Diakonie in Niedersachsen blockiert die Arbeitnehmerseite die Mitarbeit, obwohl: – die Gehälter im oberen Bereich liegen (z.T. 20 bis 30 % über denen anderer freier Träger) – die Dienstgeberseite vor dem Auszug aus der Kommission Entgelterhöhungen angeboten hatten – letzte Änderung der AVR-K zum 01.11.2010 Eine Lösung will das Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz bieten OKR Dr. Jens Lehmann • Landeskirchenamt, Referat 72 (Arbeitsrecht) 29. Mä März 2012

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Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz • ARGG vom 09.11.2011 • Lösung der „leeren Stühle“ nach ARGG: • § 6 Absatz 2: • Die Arbeitsrechtliche Kommission beschließt mehrheitlich mit zwei Dritteln ihrer Mitglieder. Nach zweimaliger vergeblicher Ladung kann die Arbeitsrechtliche Kommission mit Zustimmung mindestens der Hälfte (= Arbeitgeber) ihrer Mitglieder die Angelegenheit dem Schlichtungsausschuss zur Entscheidung vorlegen. Über eine ihm vorgelegte Angelegenheit entscheidet der Schlichtungsausschuss grundsätzlich in voller Besetzung. Ist der Schlichtungsausschuss trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vollständig besetzt, so kann er nach erneuter Ladung mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder (= Arbeitgeber + Vorsitzender) in der Sache beschließen.

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Grundsätze des 2. Weges Der Zweite Weg ist das Modell des Tarifvertrags zwischen zwei autonomen und voneinander unabhängigen Tarifparteien wird ein Tarifvertrag abgeschlossen, der unmittelbar und zwingend für den vereinbarten Geltungsbereich anzuwenden ist.

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Tarifvertragsparteien • Tarifvertragsparteien sind die Parteien eines Tarifvertrages. • Auf der Arbeitgeberseite entweder der Arbeitgeber eines Betriebes (beim Haustarifvertrag) oder eine Vereinigung von Arbeitgebern, also ein Arbeitgeberverband • Auf der Arbeitnehmerseite eine Gewerkschaft oder ein kollektiver Zusammenschluss der Arbeitnehmer, der in der Lage sein muss, einen fühlbaren Druck auf die Arbeitgeberseite auszuüben, so dass diese sich gezwungen sieht, in Tarifverhandlungen mit diesem Kollektiv einzutreten.

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Flächentarifvertrag • Tarifvertrag, der für ein bestimmtes Gebiet (Tarifbezirk, Land, Bund) gilt. Wegen der zwingenden Wirkung der Tarifnormen für alle tarifgebundenen (Tarifgebundenheit) Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Geltungsbereichs und des Günstigkeitsprinzips wird der Flächentarifvertrag in der öffentlichen Diskussion als Hindernis unternehmens- und betriebsbezogenen Lösungen angegriffen.

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Haustarifvertrag • Unternehmenstarifvertrag, Haustarifvertrag, Werkstarifvertrag; • Tarifvertrag, bei dem als Vertragspartei auf Arbeitgeberseite ein einzelner Arbeitgeber auftritt (§ 2 I TVG). Der einzelne Arbeitgeber bleibt auch als Mitglied eines Arbeitgeberverbandes gemäß § 2 I TVG tariffähig. Die Gewerkschaft kann deshalb, wenn ein tarifloser Zustand besteht, von ihm den Abschluss eines Firmentarifvertrages fordern und nach überwiegender Auffassung diese Forderung auch kampfweise (Streik) durchsetzen

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Arbeitskampfmaßnahmen im Zweiten Weg: Streik • Streikrecht • Arbeitsniederlegung ohne Lohnfortzahlung, um Druck auf den Arbeitgeber auszuüben. Das Arbeitsverhältnis ruht für die Dauer des Streiks. • Streikgeld bei Ver.di: das 2,5-fache des Monatsbeitrages pro Streiktag.

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Arbeitskampfmaßnahmen im Zweiten Weg: Streik • Streikrecht • Wird aus der Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG hergeleitet. • Art 9. Abs. 3 S. 1: • (3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeitsund Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.

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Arbeitskampfmaßnahmen im Zweiten Weg: Streik • Die Rechtmäßigkeit eines Streikes hat folgende Voraussetzungen: • Der Streik muss sich gegen die andere Tarifvertragspartei richten. • Die Friedenspflicht des gültigen Tarifvertrages muss erloschen sein (keine gültige tarifvertragliche Regelung). • Alle anderen Verhandlungsmöglichkeiten einschließlich Schlichtung wurden ausgeschöpft (letztes Mittel). Allerdings werden während der Tarifverhandlungen kurzzeitige Arbeitsniederlegungen ("Warnstreiks") für zulässig erachtet. • Des Arbeitskampf wird nur im notwendigen Maße und fair betrieben (keine Existenzvernichtung; Gewährung von Notdiensten; keine Behinderung von Streikbrechern).

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Arbeitskampfmaßnahmen im Zweiten Weg: Streik • Rechtswidrig sind dem entsprechend: • ein "wilder Streik": Streik, der nicht durch eine Tarifvertragspartei (Gewerkschaft) geführt wird. ein politischer Streik: Streik der sich auf die Durchsetzung politischer Ziele bezieht. • ein "Solidaritätsstreik" / "Sympathiestreik": Streik zur Unterstützung anderer Arbeitnehmer in ihrem Arbeitskampf.

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Rechtsfolgen rechtswidriger Streiks • Die Beteiligung an einem rechtswidrigen Streik ist Arbeitsvertragsbruch und kann zur Entlassung führen. Verschulden des Arbeitnehmers setzt aber voraus, dass ihm die Umstände der Rechtswidrigkeit bekannt sind. • Schadensersatzansprüche gegen die den rechtswidrigen Streik auslösende Gewerkschaft.

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Arbeitskampfmaßnahmen im Zweiten Weg: Aussperrung

• Als Aussperrung bezeichnet man die vorübergehende Freistellung von Arbeitnehmern von der Arbeitspflicht durch einen Arbeitgeber in einem Arbeitskampf ohne Fortzahlung des Arbeitslohnes.

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Streikrecht im kirchlichen Dienst? • Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg(01.09.2010): • „Im Rahmen der vorzunehmenden Güterabwägung (…) ergibt sich, dass das kirchliche Selbstbestimmungsrecht nicht einen derartigen Vorrang genießt, dass jeglicher Streik und jegliche sonstige Form der Arbeitsniederlegung (…), unzulässig und damit verboten sind.“ • Bestätigt durch LAG Hamburg (23.03.2011): • „Wenn sich ein kirchlicher Arbeitgeber zum tarifvertraglichen System als Konfliktlösungsmodell bekennt - wie die Nordelbische Kirche – hat er auch die damit verbundenen Konsequenzen - wie die Möglichkeit vom sozialen Gegenspieler bestreikt zu werden – hinzunehmen.“ • Anhängig beim BAG

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AG Bielefeld 03.03.2010 (Berufung LAG Hamm) Kein Streikrecht bei Kirche Maßgebliche Gründe für die Versagung eines Streikrechts: • I. Grundsatz der Arbeitskampfparität: • Haben die Kirchen in freier Selbstbestimmung satzungsrechtlich die Abwehraussperrung als Arbeitskampfmittel ausgeschlossen, würde ein Streik aufgrund fehlender Abwehrmittel die kirchlichen Einrichtungen besonders treffen. Die Freiwilligkeit des satzungsrechtlichen Verzichts auf das Arbeitskampfmittel der Aussperrung führt nicht zu einem Vorrang des Streikrechts. Die diesbezügliche Selbstbindung in den Satzungsbestimmungen Regelungen bedarf deshalb eines besonderen Schutzes, weil der Verzicht auf eine Aussperrung elementare Grundsätze des kirchlichen Selbstverständnisses betrifft. • II. Der Grundsatz der christlichen Dienstgemeinschaft, der in den jeweiligen Satzungen festgeschrieben ist, steht als elementares innerkirchliches Prinzip einem Streikrecht der Gewerkschaften in kirchlichen Einrichtungen entgegen. Wenn in den kirchlichen Einrichtungen das Vorhandensein einer christlichen Dienstgemeinschaft auch zwar nicht regelmäßig spürbar ist und teilweise Unterschiede zu Einrichtungen in privater Trägerschaft nicht erkennbar sind, bedingt dies die Anerkennung eines Streikrechts nicht. Den Trägern kirchlicher Einrichtungen muss im Lichte des Selbstbestimmungsrechtes gewährleistet sein, jederzeit eine Rückbesinnung auf Werte der christlichen Dienstgemeinschaft und ein Handeln nach christlicher Nächstenlieben einzufordern.

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Streikrecht im kirchlichen Dienst? (LAG Hamm) • Entscheidung des LAG Hamm (13.01.2011): Weder das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften gem. Art 140 GG, 137 WRV als solches, noch deren Entscheidungen gegen konflikthafte Auseinandersetzungen um die Regelung der Arbeitsbedingungen durch Tarifvertrag und Arbeitskampf und für den "Dritten Weg", noch das Wesen der "Dienstgemeinschaft" rechtfertigen den umfassenden Ausschluss von Arbeitskämpfen im Bereich kirchlicher Einrichtungen.

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LAG Hamm, 13.01.11 • Auch wenn man ein umfassendes Streikverbot anerkennen wollte, setzt die Zurückdrängung des staatlichen Tarif- und Arbeitskampfrechts voraus, dass zur Regelung der Arbeitsbedingungen ein gleichwertiges Instrumentarium zur Verfügung steht, welches zwar die mit einem Arbeitskampf verbundenen Beeinträchtigungen des kirchlichen Dienstes vermeidet, den Arbeitnehmern jedoch durch Ausgestaltung des Verfahrensweges gleiche Chancen zur Durchsetzung ihrer Forderungen bietet, wie sie im außerkirchlichen Bereich mit der Durchführung von Arbeitskampfmaßnahmen verbunden sind. • Abweichend vom Standpunkt der h. M. und der Kläger trifft dies auf den zur Regelung der Arbeitsbedingungen vorgesehenen "dritten Weg" in seiner gegenwärtigen Ausprägung nicht zu.

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Ausblick • Übernahme des Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetzes in der Konföderation • Verhinderung der „leeren Stühle“ • Bindung der Arbeitgeber in einem Arbeitgeberverband? • Lösung durch Änderung des TVG zur Allgemeinverbindlichkeit?

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Lösung durch Allgemeinverbindlichkeit? • § 5 TVG • Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss auf Antrag einer Tarifvertragspartei für allgemeinverbindlich erklären, wenn • die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50 vom Hundert der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer beschäftigen und • die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint.

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !!!

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