Was ist der Spiritismus und wie ist er entstanden?

Was ist der Spiritismus und wie ist er entstanden? “Jede Wahrheit durchläuft drei Phasen: Zuerst wird sie verhöhnt, danach wird sie wild bekämpft, sc...
7 downloads 8 Views 880KB Size
Was ist der Spiritismus und wie ist er entstanden?

“Jede Wahrheit durchläuft drei Phasen: Zuerst wird sie verhöhnt, danach wird sie wild bekämpft, schließlich wird sie als selbstverständlich akzeptiert.” - Arthur Schopenhauer

Vorwort Seit eh und je beschäftigt sich der Mensch mit der Existenz der Seele und deren Weiterleben nach dem Tod. Die heiligen Schriften aller Religionen betonen nicht nur den Fortbestand des Lebens nach dem Tod, sondern auch die Auswirkungen des irdischen Lebens auf das Leben danach. Allein die Bibel berichtet an zahlreichen Stellen davon und von der Möglichkeit der Kommunikation zwischen denjenigen, die noch auf der Erde leben, und jenen, die sie durch den Tod bereits verließen. Doch in den modernen Zeiten kehrten viele – aufgrund der Skepsis gegenüber solchen Berichten, die von der materialistisch eingestellten Wissenschaft geschürt wird – ihrer jeweiligen Religion den Rücken und wendeten sich frustriert dem materialistischen Glauben an das Nichts nach dem Tod zu. So geschah in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Reihe ungewöhnlicher Ereignisse, die in der Entstehung einer Lehre gipfelten, welche als Spiritismus bekannt wurde und – aufgrund der Beweise, die sie liefert – dafür prädestiniert ist, dem wachsenden Materialismus und dem sich ausbreitenden Atheismus den Nährboden komplett zu entziehen. Auf den folgenden Seiten wird zusammenfassend geschildert, wie alles begann und worum es sich beim Spiritismus tatsächlich handelt.

1

Das Hydesville-Phänomen Im Dezember 1847 zogen der Schmied John Fox, seine Frau Margaret und die zwei jüngsten Töchter des Ehepaares, nämlich die 11-jährige Kate und die 14-jährige Maggie, in ein bescheidenes Holzhaus, gelegen in einem Dorf namens Hydesville im USBundesstaat New York. Mitte März 1848 wurde die Familie in ihrem kürzlich bezogenen Haus durch ein seltsames und beunruhigendes Phänomen heimgesucht: Sie hörte Geräusche und Klopflaute ohne bekannte Ursache in den Wänden, in der Decke und im Fußboden. Die Mädchen wurden so verängstigt, dass sie nur noch bei den Eltern im Schlafzimmer schlafen wollten. Am 31. März entschied sich die Familie, die aufgrund der Ereignisse seit Tagen nicht mehr in Ruhe schlafen konnte, sich früher schlafen zu legen, ohne sich von den Geräuschen stören zu lassen. Doch gerade an diesem Abend nahm das Klopfen eine solche Intensität an, dass die Möbel vibrierten. John suchte das ganze Haus innen und außen ab, ohne etwas Ungewöhnliches zu finden. Da aber geschah etwas, was noch beeindruckender war als das geheimnisvolle Klopfen selbst: Die jüngere Tochter, Kate, die mittlerweile bereits an das Phänomen gewöhnt war, begann die Klopflaute nachzuahmen, indem sie in die Hände klatschte, und sagte in einem herausfordernden Ton: »Mr. Splitfoot1, mach mich nach« Augenblicklich wurden so viele Klopflaute gehört, wie sie geklatscht hatte. Sobald sie mit dem Klatschen aufhörte, hörte auch das Klopfen auf. Dann sagte Maggie aus Spaß: »Jetzt mach mir genau das nach: Zähl eins, zwei, drei, vier.« Dabei klatschte sie so oft in die Hände wie die Zahl, die sie gerade sprach. Anschließend wiederholten die Klopflaute ihre Klatsche, was Maggie in solche Angst versetzte, dass sie sofort mit dem Spiel aufhörte. Margaret, die alles beobachtete, kam auf die Idee, einen Test durchzuführen, den kein Fremder würde bestehen können: Sie fragte den Urheber der Klopflaute nach dem Alter all ihrer Kinder. Das Ehepaar hatte einige Kinder, die bereits erwachsen waren und nicht mehr bei sich wohnten. Sofort wurde das korrekte Alter jedes Einzelnen angegeben. Margaret fragte: »Ist es ein Mensch, der mir so korrekt antwortet?« Aber es kam keine Antwort. »Ist es ein Geistwesen? Wenn ja, dann klopf zweimal.« Und zweimal wurde geklopft, sobald sie zu Ende sprach. Dann sagte sie: »Falls du ein Geistwesen bist, das ermordet wurde, klopf zweimal.« Augenblicklich wurde zweimal so stark geklopft, dass das Holzhaus dabei vibrierte. Anschließend fragte sie: »Wurdest du in diesem Haus ermordet?« Und die Antwort kam wie vorher. Als die Nachbarn herbeigerufen wurden, waren sie Zeugen des gleichen Phänomens. Das Haus wurde überwacht und nach dem Urheber der Klopflaute abgesucht, dennoch wurde nichts Verdächtiges gefunden. Ein Nachbar namens William Duesler kam auf die Idee, eine andere Kommunikationsmethode zu verwenden. Sie bestand darin, das Alphabet aufzusagen, 1

Mr. Splitfoot bzw. Old Man Splitfoot ist in den USA eine volkstümliche Bezeichnung für den Teufel. Da der Familie Fox die Umstände des Phänomens unheimlich waren, wandte sich Kate auf diese Weise an den Urheber der geheimnisvollen Klopflaute.

2

nachdem das Geistwesen gebeten worden war, jedes Mal zu klopfen, wenn der gerade gesprochene Buchstabe im Aufbau des Wortes, das es als Antwort auf die gestellte Frage übermitteln wollte, an der Reihe war. Das war die Geburtsstunde der sogenannten “spirituellen Telegrafie”. Durch diese Methode erhielt man diverse Informationen über die Geschichte jenes Geistwesens wie zum Beispiel: dass es fünf Jahre zuvor in einem Zimmer des Hauses von einem ehemaligen Hausbewohner namens John Bell ermordet worden war, der seine Leiche in den Keller trug und sie erst am folgenden Abend begrub. Als das Geistwesen einige Tage später nach seinem Namen gefragt wurde, gab es zur Antwort: Charles Rosna. Am 11. April jenes Jahres gab Margaret dem Journalisten E. E. Lewis ein Interview, bei dem sie alles schilderte, was sich in ihrem Haus am Abend des 31. März ereignet hatte. Da John Bell und seine Frau nicht mehr in der Region lebten, wurde Lucretia Pulver, die für das Ehepaar als junges Hausmädchen gearbeitet hatte, interviewt. Sie behauptete, sich an einen Hausierer zu erinnern, der eines Tages in jenem Haus untergebracht worden sei. Da hätten die Bells sie gebeten, zu ihren Eltern zu gehen, damit der Gast in ihrem Zimmer übernachten könne. Sie habe dem Hausierer ein paar Produkte abkaufen wollen, aber in dem Moment nicht genug Geld bei sich gehabt. Dann habe er ihr gesagt, er werde sie am nächsten Morgen bei ihren Eltern aufsuchen, um ihr dort die gewünschten Produkte zu verkaufen. Der Hausierer sei aber nicht erschienen und Lucretia habe ihn nie wieder gesehen. Hunderte Neugierige besuchten das Haus und kommunizierten mit dem Geist von Charles Rosna. Margaret merkte, dass die Manifestationen nur in der Nähe von Kate und Maggie geschahen. Bald begannen Margaret, Maggie, Kate und Leah – eine andere Tochter des Ehepaares Fox – regelmäßige Sitzungen zur Kommunikation mit diversen Geistwesen abzuhalten, denen eine ausgewählte Gruppe von Freunden der Familie ebenfalls beiwohnte. Die dabei verwendete Kommunikationsmethode war dieselbe wie von William Duesler eingeführt. Viele der Geistwesen, die sich auf diesen Sitzungen manifestierten, behaupteten, verstorbene Freunde und Verwandte der Anwesenden zu sein und gaben ihnen gute Ratschläge, Trost, Erläuterungen und Beweise, dass sie trotz des Todes ihres Körpers weiterlebten. Während einer dieser Sitzungen übermittelten die Geistwesen folgende Botschaft: “Liebe Freunde, ihr müsst der Welt diese Wahrheiten verkünden. Es ist der Anbruch einer neuen Zeit und ihr dürft es nicht länger verbergen. Wenn ihr eure Pflicht erfüllt habt, wird Gott euch beschützen und gute Geistwesen werden über euch wachen.” Darüber besorgt, angesichts eines so polemischen Themas, der Kritik und dem Spott der öffentlichen Meinung ausgeliefert zu sein, befolgte die Familie Fox diese Anweisung nicht. Mitte 1848 entschied sich die Familie, mit Hilfe von Freunden die Leiche von Charles Rosna zu suchen. Bei den Grabungen im Kellerboden stießen sie auf Kohle, Kalk sowie Haare und Fragmente menschlicher Knochen. Da die aufgefundenen Gegenstände theoretisch absichtlich von der Familie Fox hätten eingegraben werden können, hielten sie viele Skeptiker für keinen Beweis dafür, dass sich der Geist eines ermordeten Hausierers tatsächlich manifestiert hatte. Außerdem wurde die Familie zur Zielscheibe heftiger Kritik und Intoleranz, vor allem von Menschen mit konservativen religiösen Einstellungen. In der zweiten Hälfte des Jahres 1849 baten die Geistwesen die Fox-Schwestern und ihre engsten Freunde eindringlich, der Welt die Wahrheit über die Unsterblichkeit der Seele zu verkünden. So betraten sie im November jenes Jahres das Theater Corinthian Hall, das Größte der Stadt Rochester im US-Bundesstaat New York, um dem neugierigen 3

Publikum das Phänomen der Manifestation von Geistwesen, das in ihrer Anwesenheit geschah, vorzuführen. An drei aufeinander folgenden Tagen fanden drei Vorführungen statt, die von drei verschiedenen Komitees untersucht wurden. Deren Berichte deuteten auf die Echtheit des Phänomens hin. Nach den Vorführungen im Corinthian Hall und den Untersuchungen, denen sich die Fox-Schwestern unterzogen, verbreitete sich ihr Ruhm jenseits der Grenzen von Rochester und der Nachbarstädte. Damit wuchs das öffentliche Interesse an der Kommunikation mit Geistwesen im gesamten Norden und Osten der USA, wo viele andere Gruppen begannen, sich zu diesem Zweck regelmäßig zu treffen, was zur Entstehung einer Bewegung führte, die 1852 Moderner Spiritualismus genannt wurde. Dieser war die amerikanische – und später auch britische – Variante des Spiritismus, der wiederum im Jahr 1857 in Paris entstehen sollte. In kurzer Zeit nannte man den Modernen Spiritualismus nur noch Spiritualismus und dessen Anhänger Spiritualisten. Erst 56 Jahre nach dem Hydesville-Phänomen, das heißt, viele Jahre nach dem Tod von Kate, Maggie und Leah und nach mehreren erfolglosen Grabungen im Keller ihres Elternhauses veröffentlichte die Zeitung Boston Journal am 23. November 1904 folgenden Artikel: “Das Skelett des Mannes, von dem man glaubte, die Klopflaute erzeugt zu haben, welche die Fox-Schwestern zuerst im Jahr 1848 hörten, wurde in den Wänden des Hauses aufgefunden, in dem die Schwestern wohnten. Das befreit sie vom letzten Zweifel, den es immer noch an ihrer Ehrlichkeit über die Entdeckung der Kommunikation mit Geistwesen gab. Die Fox-Schwestern hatten behauptet, mit dem Geist eines Mannes kommunizieren gelernt zu haben und dass dieser ihnen mitgeteilt habe, er sei ermordet und im Keller begraben worden. Wiederholte Grabungen konnten die Leiche nicht finden, so dass ein greifbarer Beweis für ihre Behauptung fehlte. Der Fund wurde von Schulkindern gemacht, während sie im Keller des als “Spukhaus” bekannten Hydesville-Hauses spielten, wo die Fox-Schwestern die Klopflaute gehört hatten. William Hyde, ein respektabler Bürger aus Clyde und Besitzer jenes Hauses, forschte nach und fand ein beinahe vollständiges Skelett zwischen dem Erdboden und den Trümmern der Kellerwände. Zweifellos gehört es jenem Hausierer, der, wie man sagte, im Ostzimmer des Hauses ermordet und dessen Leiche im Keller begraben worden war. Herr Hyde benachrichtigte die Verwandten der Fox-Schwestern und die Nachricht des Fundes wurde an den Nationalverband der Spiritualisten gesandt, von denen sich viele an ihre Pilgerfahrt zum “Spukhaus” – wie es normalerweise genannt wird – erinnern. Der Fund der Knochen belegt praktisch die Aussage, die Margaret am 11. April 1848 unter Eid machte.”

4

Das Phänomen der rückenden Tische Nach den Ereignissen in Hydesville vermehrten sich in weiten Teilen der USA die Berichte von Häusern, die ebenfalls durch Geräusche, Klopflaute und die Bewegung von Gegenständen ohne bekannte Ursache heimgesucht wurden. Am Anfang trat dieses ungewöhnliche Phänomen spontan, intensiv und hartnäckig auf. Bald merkte man aber, dass es nur in der Nähe gewisser Menschen geschah, was die Abhaltung von Sitzungen in ihrer Anwesenheit mit dem Ziel ermöglichte, das Phänomen näher zu beobachten. Bei den ersten Experimenten wurden vor den Augen der Anwesenden verschiedene Gegenstände in Bewegung gesetzt. Sobald sie aber aus reiner Bequemlichkeit begannen, sich rund um einen Tisch zu versammeln, war der Tisch im Grunde der einzige Gegenstand, der sich auf solchen Sitzungen bewegte. Er drehte sich, machte Sprünge, fiel auf den Boden um, schwebte kurze Zeit in der Luft, klopfte mit einem Bein auf den Boden usw., ohne dass man ihn berührte. So wurde dieses Phänomen unter dem Namen Tischrücken bzw. rückende Tische bekannt. Viele Menschen glaubten, dass eine Art Energie, ausgestrahlt von den Sitzungsteilnehmern selbst, auf irgendeine Weise auf den Tisch übertragen wurde und ihn in Bewegung setzte. Aber es dauerte nicht lange, bis an diesem Phänomen intelligente Eigenschaften erkannt wurden, denn der Tisch folgte den Aufforderungen der Anwesenden: Unter anderem rückte er und drehte sich in die von ihnen vorgegebene Richtung; hob das von ihnen vorgegebene Bein hoch und schlug damit so oft auf den Boden wie von ihnen erbeten. Dadurch wurde klar, dass das Phänomen keine rein physische Ursache hatte. Basierend auf dieser Feststellung und dem Spruch “Wenn jede Wirkung eine Ursache hat, dann muss jede intelligente Wirkung eine intelligente Ursache haben” kam man zu dem Schluss, dass es auf die Einwirkung einer Intelligenz zurückzuführen sein musste. So begannen viele Menschen, die das Phänomen untersuchten, sich zu fragen, wo diese Intelligenz herkam. Um die Frage zu klären, wurde eine Reihe von Experimenten durchgeführt, bei denen diverse im Voraus formulierte Fragen von ihr beantwortet werden sollten. Bevor man die Fragen stellte, wurde diese verborgene Intelligenz gebeten, jede von ihnen durch ein paar Schläge mit dem Tischbein auf den Boden zu beantworten. Eine vorgegebene Anzahl von Schlägen sollte “ja” und eine andere “nein” bedeuten. Solche Experimente waren aber nicht überzeugend genug, da viele argumentierten, die korrekten Antworten könnten reiner Zufall oder ein Reflex der Gedanken von einer oder mehr anwesenden Personen sein. Um jeden Zweifel auszuschließen, wurde die Kommunikationsmethode perfektioniert: Nachdem für jeden Buchstaben des Alphabets eine entsprechende Anzahl von Klopfschlägen vereinbart worden war, wurde die verborgene Intelligenz gebeten, auf jede gestellte Frage ihre Antwort zu formulieren, indem sie den Tisch als eine Art Telegraf nutzte. Auf diese Weise konnte sie die verschiedensten Fragen beantworten, indem sie ganze Sätze bildete, die häufig lang und ausführlich waren. Dieses Phänomen wurde dann als sprechende Tische bekannt. Bald stellte man fest, dass die Antworten oft den Ideen, Meinungen, Kenntnissen und Wünschen keiner der anwesenden Personen entsprachen und ihnen nicht selten sogar widersprachen. Dies schloss die Hypothese aus, dass die empfangenen Antworten lediglich der Reflex der Gedanken der Sitzungsteilnehmer wären. Die Nachricht über das Phänomen der rückenden und sprechenden Tische in den USA sorgte für großes Aufsehen in Europa, wo es in kurzer Zeit eine Sensation wurde, vor allem in Paris. Über Jahre hinweg bestand die Mode in den von der High Society 5

besuchten Salons darin, die rückenden Tische zu den nichtigsten Themen2 zu befragen. Später, als das Interesse an diesem Zeitvertreib nachließ, gab man ihn auf und suchte sich einen Neuen. Dennoch hatte das Phänomen auch die Aufmerksamkeit von Menschen auf sich gezogen, die hinter dessen scheinbarer Nichtigkeit etwas Ernstes ahnten, vielleicht die Existenz eines bis dahin noch unbekannten Naturgesetzes. Aus diesem Grund untersuchten sie es weiter. Währenddessen tauchten zahlreiche Gegner auf, von denen einige das Phänomen für einen Schwindel hielten. Die Materialisten, das heißt, diejenigen, welche die Existenz von nichts anderem als Materie akzeptieren und glauben, dass alles mit dem Tod zu Ende geht, lehnten die reine Vorstellung der Existenz von Geistwesen strikt ab. Sie stempelten alle, die das Thema ernst nahmen, als leichtgläubig ab und bezogen sich mit Sarkasmus und Spott auf sie. Andere wiederum konnten zwar die Fakten nicht leugnen, aber unter Einfluss gewisser Vorurteile, die von ihrem religiösen Glauben herrührten, führten sie das Phänomen auf die Intervention des Teufels zurück und versuchten so, jene zu verängstigen, die sich zu diesem Thema noch keine Meinung gebildet hatten. Doch je mehr sie sich darum bemühten, Angst zu verbreiten, desto aufmerksamer machten sie die Menschen darauf. So ermutigte der ganze Rummel, den sie um das Phänomen machten, immer mehr Leute, sich damit zu beschäftigen. Unabhängig davon, zog die Kraft der Ereignisse viele in ihren Bann, denn die Genauigkeit der Antworten auf die von den Sitzungsteilnehmern gestellten Fragen, war verblüffend und ließ die Einwirkung fremder Intelligenzen auf die rückenden und sprechenden Tische zweifellos erkennen. Zur Überraschung aller, wenn diese Intelligenzen nach ihrer Identität gefragt wurden, gaben sie zur Antwort, sie seien Geistwesen und würden in der geistigen Welt3 leben. Sie sagten, die Geistwesen seien die Seelen der Menschen, die auf der Erde oder auf anderen materiellen Welten gelebt hätten. Und dass der Tod nur ein Übergang, der Zeitpunkt sei, wo sich die Seele vom Körper löst, um in der uns unsichtbaren geistigen Welt weiterzuleben. Es gilt zu bemerken, dass sie nicht gefragt wurden, ob sie Geistwesen seien, da dies für viele nicht einmal als Hypothese galt. Es waren die Intelligenzen selbst, die aus eigener Initiative diese Behauptung aufstellten. Ebenso bemerkenswert ist die Tatsache, dass solche Informationen nicht an eine bestimmte Gruppe übermittelt wurden, sondern an zahllose Menschen in diversen Städten in verschieden Ländern. Die Nachricht, dass das Phänomen der rückenden und sprechenden Tische durch die direkte Einwirkung von Geistwesen hervorgerufen wurde, war ein Wendepunkt für die Sitzungen. Denn von da an begann man, diverse Fragen mit dem Ziel zu formulieren, umfassende Informationen über die Geistwesen und die geistige Welt zu erhalten. Es war 2

Zu jener Zeit nutzten viele Menschen die rückenden Tische als Wahrsagungsmittel, als reinen Zeitvertreib oder mit dem Ziel, von ihnen Hinweise zur Verwirklichung nichtiger und extravaganter Wünsche zu erhalten. Somit waren ähnliche Fragen wie Folgende nicht selten: “Was soll ich tun, um in kürzester Zeit reich zu werden?”, “Welche Farbe hat die Kugel, die in dieser Kiste liegt?”, “Wer wird der nächste Präsident der USA sein?”, “Was soll ich tun, um die von mir begehrte Frau zu heiraten?” usw. 3

Im gesamten Universum gibt es materielle und geistige Welten. Jede geistige Welt lässt sich mit einem Planeten vergleichen, auf dem Geistwesen, die sich auf einer ähnlichen spirituellen Entwicklungsstufe befinden, leben. Jede materielle Welt (wie etwa die Erde) hingegen lässt sich mit einem Planeten vergleichen, der als eine Art spirituelle Schule dient, in der Geistwesen, die sich innerhalb einer gewissen Bandbreite an spiritueller Entwicklung befinden, vorübergehend zusammenleben, um Wissen und gute moralische Eigenschaften zu erwerben. Da es aber unendlich viele spirituelle und materielle Welten gibt, bezeichnet man zur Vereinfachung die Gesamtheit der spirituellen Welten als die spirituelle Welt und die Gesamtheit der materiellen Welten als die materielle Welt. Deswegen sagt man, dass die Seele einer verstorbenen Person nicht in eine geistige Welt, sondern in die geistige Welt übergeht.

6

eine Tür, die sich zu einer unsichtbaren und unbekannten Welt öffnete, vergleichbar mit der Erfindung des Mikroskops, das die Entdeckung der Welt der bis dahin ebenfalls unsichtbaren und unbekannten mikroskopisch kleinen Lebewesen ermöglichte. Viele Intellektuelle in den USA wie der Richter John W. Edmonds, der Professor James J. Mapes, der Professor Robert Hare und der Politiker, Diplomat und Sozialreformer Robert Dale Owen, sowie in Großbritannien etwa der große englische Physiker und Chemiker Michael Faraday, und in Frankreich der Chemiker Michel Chevreul, der Graf Agénor Étienne de Gasparin, der Marquis de Mirville, der Abt Moigno, der Physiker, Astronom und Politiker François Jean Dominique Arago, der Physiker Jacques Babinet unter anderem, befassten sich mit dem Phänomen der rückenden und sprechenden Tische, nicht selten mit der Absicht, die Behauptung der direkten Einwirkung von Geistwesen zu widerlegen. Dennoch, nach dem Abschluss ihrer Nachforschungen erkannten sie schließlich die Echtheit der Tatsachen und verkündeten dies öffentlich, was das Interesse des Publikums und der Presse an dem Thema erheblich steigerte. Selbst der Priester Gioacchino Ventura di Raulica, der als der bedeutendste Vertreter der katholischen Theologie und Philosophie jener Zeit galt, setzte sich mit dem Phänomen auseinander und sagte schließlich, es handle sich dabei um das größte Ereignis des 19. Jahrhunderts. Der Empfang von Botschaften durch Klopfschläge eines Tischbeins auf den Boden war recht langsam und anstrengend. Aus diesem Grund schlug einmal ein Geistwesen eine praktischere Kommunikationsmethode vor, und zwar die Befestigung eines Bleistiftes an einem Korb. Auf ein Blatt Papier gestellt, wurde der Korb, der viel weniger wiegt als ein Tisch, wesentlich leichter und schneller bewegt. So schrieb der befestigte Bleistift – ebenso wendig wie eine Menschenhand beim Schreiben – Buchstaben, die Worte, Sätze und sogar mehrseitige Texte über die komplexesten Themen der Philosophie, Moral, Ethik, Psychologie, Naturwissenschaften usw. bildeten. Dieser Vorschlag wurde praktisch zeitgleich in den USA, in Frankreich und in anderen Ländern gegeben. Bald merkte man, dass sich die Geistwesen nur in der Nähe gewisser Personen manifestieren konnten, die aus diesem Grund Medien (aus dem lateinischen Wort Medium: Mitte, etwas in der Mitte Befindliches) genannt wurden, das heißt, Vermittler zwischen den im Diesseits und den im Jenseits lebenden Menschen. Während der Kommunikation mit Geistwesen ereigneten sich manchmal kuriose Dinge, die nochmals die Manifestation von Intelligenzen belegten, die allen Anwesenden fremd waren. Ein Beispiel dafür war der Empfang von Botschaften mit der Handschrift des Geistwesens, das sich gerade manifestierte: Jedes Mal, wenn es sich wieder meldete, gab der Korb seine exakte Handschrift wieder. Außerdem, nicht selten stellten die Anwesenden ihre Fragen mental und erhielten die Antworten in einer Sprache, die keiner von ihnen sprechen konnte. Manchmal begann der Korb, spontan über ein vollkommen unerwartetes Thema zu schreiben, ohne dass jemand etwas gefragt oder erbeten hätte. Es gab Fälle, bei denen die Antworten auf die Fragen einen hohen Grad an Weisheit beinhalteten, erhabene Gedanken ausdrückten und mit der reinsten Moral imprägniert waren. Aber es kamen auch Antworten, die leichtsinnig, oberflächlich, vulgär oder sogar obszön waren, was auf die Verschiedenheit des Wissens, der moralischen Werte, der Charaktere und Absichten der diversen Geistwesen, die sich manifestierten, klar hindeutete. Mit der Zeit erkannte man, dass der Korb ein verzichtbares Hilfsmittel war. Denn es wurde festgestellt, dass, sobald das Medium den Bleistift direkt in der Hand hielt, diese unter einem unfreiwilligen und beinahe fieberhaften Impuls zu schreiben begann. Dies bewirkte, dass die Botschaften schneller sowie praktischer empfangen und deren Inhalt länger sowie ausführlicher wurde. Solche Methode zeigte außerdem, dass Geistwesen 7

nicht nur auf einen reglosen Gegenstand einwirken können, um ihn nach Lust und Laune zu bewegen, sondern auch auf die Hand des Mediums, um den Bleistift zu lenken. So entstanden die sogenannten Schreibmedien, das heißt, Menschen, die in gewissen Situationen unter dem Einfluss von Geistwesen schreiben können und es diesen ermöglichen, mit den Menschen schriftlich zu kommunizieren. Mit der Absicht nachzuweisen, dass jeder Mensch eine Seele besitzt, die den Tod des physischen Körpers überlebt, teilten diverse Geistwesen ihre Namen mit und lieferten verschiedene Informationen über ihr Leben zu der Zeit, als sie auf der Erde inkarniert4 waren. Später wurden solche Informationen mit den Berichten der Familien der Verstorbenen, die diese Geistwesen zu sein behaupteten, verglichen und konnten oft restlos bestätigt werden. Nicht selten erhielten die Sitzungsteilnehmer selbst unbestreitbare Beweise, dass ihre verstorbenen Freunde und Verwandten weiterlebten und für sie dieselbe Zuneigung empfanden wie vor dem Tod. Die Beweise bestanden aus vielerlei Einzelheiten, wie beispielsweise der Wiedergabe der Handschrift des Verstorbenen; seinen im Text ausgedrückten Ideen; Schlüsselworten, die nur derjenige, an den die Botschaft gerichtet war und der Verstorbene, der sie schickte, kannten; und dessen Unterschrift am Ende des Textes. Es gilt erneut zu bedenken, dass solche Beobachtungen von zahllosen Menschen in verschiedenen Städten und Ländern vorgenommen wurden. Diese Tatsache zeigt, dass die Manifestationen keine isolierten Fakten darstellen, sondern Naturphänomene sind, die an jedem beliebigen Ort vorkommen können. Kurze Zeit nach der Entstehung der ersten Schreibmedien wurde die Existenz anderer Arten von Medien festgestellt. Darunter derjenigen, die unter gewissen Umständen Geistwesen sehen, genannt Sehmedien, und jener, die unter gewissen Bedingungen Botschaften von Geistwesen mündlich übermitteln können, genannt Sprechmedien. Von da an hatte die Kommunikation keine Grenze mehr, so dass der Dialog zwischen Menschen und Geistwesen seitdem so schnell und fließend ablaufen kann wie ein Gespräch zwischen zwei Menschen.

4

Das Wort inkarnieren (aus dem Latein incarnare) bedeutet genaugenommen zu Fleisch werden. Wenn man sagt, dass ein Geistwesen inkarnieren wird, meint man, dass es die geistige Welt vorübergehend verlassen wird, um sich auf einer materiellen Welt mit einem physischen Körper zu vereinigen, damit es dort für eine bestimmte Zeit leben kann. Diese Vereinigung geschieht im Moment der Empfängnis in seiner zukünftigen Mutter. Desinkarnieren hingegen bedeutet das Fleisch verlassen. Wenn man somit sagt, dass ein Geistwesen desinkarnieren wird, meint man, dass es nach dem Tod seines physischen Körpers diesen verlassen und in die geistige Welt zurückkehren wird, um dort bis zu seiner Reinkarnation weiterzuleben. Die Menschen sind nichts anderes als inkarnierte Geistwesen. Deswegen unterscheidet man inkarnierte Geistwesen von desinkarnierten Geistwesen, nämlich jenen, die momentan in der geistigen Welt leben.

8

Allan Kardec und die Entstehung des Spiritismus 1) Herkunft und Bildung Allan Kardecs Allan Kardec, eigentlich Hippolyte Léon Denizard Rivail, wurde am 03. Oktober 1804 in der französischen Stadt Lyon im Kreise einer seit Generationen dort ansässigen Familie geboren. Seine Vorfahren hatten sich als Anwälte und Magistrate ausgezeichnet. Im Alter von 10 Jahren wurde er von seinen Eltern ins berühmte Lehrinstitut des bereits damals hochgeschätzten Pädagogen und Philanthropen Johannes Heinrich Pestalozzi nach Yverdon in die Schweiz geschickt. Dieses Institut, das von einer großen Anzahl von Jungen aus diversen Ländern besucht wurde, war eines der Bekanntesten und Angesehensten in Europa und galt als Musterschule.

2) Der Professor Rivail Nach seinem Schulabschluss in Yverdon zog Rivail nach Paris, wo er gleich zu unterrichten begann. Als Pädagoge und glühender Schüler Pestalozzis verbreitete er eifrig dessen Lehrmethode, die zu einer umfassenden Bildungsreform in Europa führte. Da er mehrere Fremdsprachen beherrschte, nutzte Rivail seine Freizeit, um verschiedene französische Werke in andere Sprachen zu übersetzen, vor allem ins Deutsche, das er fließend sprach. Zugleich arbeitete Rivail an seinem ersten didaktischen Buch, das er 1824 im Alter von nur 19 Jahren mit dem Titel Praktischer und Theoretischer ArithmetikKurs veröffentlichte. Dieses Buch beruhte auf der Lehrmethode Pestalozzis, beinhaltete aber viele praktische und originelle Ideen von Rivail selbst. Es wurde sowohl Grundschullehrern als auch Müttern, die ihre Kinder in die Grundlagen der Arithmetik einführen wollten, empfohlen und zeichnete sich durch dessen Einfachheit und Klarheit aus. Neben diesem Werk veröffentlichte Rivail zahlreiche didaktische Bücher, Pläne und Projekte mit dem Ziel, bei der Bildungsreform in Frankreich zu helfen. Zu diesen Büchern und Plänen zählten etwa Folgende: - Plan zur Verbesserung der öffentlichen Bildung (1828); - Klassische Französische Grammatik (1831); - Prüfungshandbuch zur Erlangung von Fähigkeitsausweisen (1846); - Grammatischer Katechismus der französischen Sprache (1848); - Programm der gewöhnlichen Kurse der Chemie, Physik, Astronomie, Physiologie (Kurse, die er am polytechnischen Lyzeum hielt) Viele seiner Bücher wurden von der Universität von Frankreich verwendet, was seinen Namen auf dem Gebiet der Pädagogik bekannt und angesehen machte. Im Jahr 1826 gründete er die Institution Rivail, wo er sich als Direktor und Lehrer betätigte und Hunderte Schüler, die er liebevoll “meine Freunde” nannte, unterrichtete. Sowohl in der Institution als auch in seinen anderen Unternehmungen erhielt Rivail immer die engagierte Unterstützung der Lehrerin Amélie-Gabrielle Boudet, die er 1832 heiratete. Im Jahr 1831 wurde Rivail, der Mitglied mehrerer Gelehrtengesellschaften seiner Zeit 9

war, bei der Preisausschreibung der Königlichen Akademie von Arras für seine bemerkenswerte Denkschrift über die Frage “Welches ist das Bildungssystem, das mit den Bedürfnissen der heutigen Zeit am besten im Einklang steht?” ausgezeichnet. Von 1835 bis 1840 gab er in seiner Wohnung kostenlosen Unterricht unter anderem in Chemie, Physik, vergleichender Anatomie und Astronomie. In seiner Laufbahn als Pädagoge und Philanthrop übte sich Rivail in Geduld, stärkte seine Willenskraft, seine Beobachtungsgabe und nicht zuletzt seine Begabung dafür, seine Gedanken bemerkenswert deutlich und zusammenfassend darzulegen: Eigenschaften, die ihm später helfen würden, bei seinen Nachforschungen dem Spiritismus auf den Grund zu gehen und deren Ergebnisse mit Klarheit zu schildern.

3) Die ersten Erfahrungen von Professor Rivail mit der Manifestation von Geistwesen Wie bereits erwähnt, wurde das Phänomen der rückenden Tische in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer Sensation in Europa, vor allem in Frankreich, und erregte soviel Aufmerksamkeit, dass die Presse oft davon berichtete. Professor Rivail, der Kenner und Forscher des Magnetismus5 war, schilderte das erste Mal, dass er von jenem noch wenig verstandenen Phänomen hörte: “Es war im Jahr 1854, dass ich zum ersten Mal von den rückenden Tischen gehört habe. Einmal traf ich den Magnetiseur, Herrn Fortier, den ich seit langem kannte und der zu mir sagte: »Weißt du schon von der seltsamen Eigenschaft des Magnetismus, die man gerade entdeckt hat? Es scheint, als ob nicht nur Menschen magnetisiert werden könnten, sondern auch Tische, die man nach Lust und Laune dazu bringen kann, sich zu drehen und zu gehen.« »In der Tat ist es sehr seltsam«, antwortete ich, »dennoch, im Grunde genommen, erscheint es mir nicht absolut unmöglich. Denn das magnetische Fluidum, das eine Art Elektrizität ist, kann durchaus auf träge Körper einwirken und diese dazu bringen, sich zu bewegen.«” 5

Magnetismus: Am Ende des 18. Jahrhunderts entdeckte der deutsche Arzt Franz Anton Mesmer (17341815), dass der Mensch eine Art Energie besitzt, die er tierischen Magnetismus nannte und später auch als magnetisches Fluidum bekannt wurde. Er fand heraus, dass, wenn diese Energie in Disharmonie gerät, Erkrankungen im menschlichen Körper entstehen können. Auf der Grundlage dieser Erkenntnis entwickelte er Heiltechniken, von denen eine darin bestand, durch Handauflegen Energie von einem gesunden Menschen (genannt Magnetiseur) auf einen Erkrankten zu übertragen, ohne ihn berühren zu müssen. Diese Technik führte zur Heilung zahlreicher Menschen, trotz des starken Widerstandes der konventionellen Medizin der damaligen Zeit. Später entdeckte ein Schüler Mesmers, nämlich der Marquis von Puységur (1751-1825), dass die Übertragung dieser Energie auf gewisse Menschen bewirkte, dass diese in einen Trancezustand fielen, der dem Somnambulismus (Schlafwandeln) ähnelte: Aus diesem Grund nannte er ihn künstlichen Somnambulismus. Menschen in diesem Zustand wurden Somnambule genannt und handelten oft so, als ob sie hypnotisiert wären. In anderen Fällen stellte Puységur aber fest, dass gewisse Menschen während dieses Zustandes über außergewöhnliche Wahrnehmungen verfügen, wie zum Beispiel über die Fähigkeit, die Gedanken anderer zu lesen, in verschlossenen Räumen aufbewahrte Gegenstände und Hunderte von Kilometern entfernte Menschen zu sehen, die Erkrankung im eigenen Körper oder im Körper einer anderen Person zu sehen und ausführlich zu beschreiben, sowie die angemessene Behandlung dagegen anzugeben. Diese Fähigkeiten wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von zahllosen renommierten Forschern gründlich untersucht, von denen viele die Ergebnisse ihrer Nachforschungen in Büchern veröffentlichten.

10

Nach diesem Treffen hatte Rivail auch Gelegenheit, in den Zeitungen über Experimente zu lesen, die in manchen französischen Städten durchgeführt worden waren und keinen Zweifel an der Existenz des Phänomens ließen. Einige Zeit später traf Rivail Herrn Fortier wieder, der diesmal sagte: »Ich habe dir etwas viel Erstaunlicheres zu erzählen: Nicht nur kann man einen Tisch sich drehen lassen, indem man ihn magnetisiert, sondern ihn auch sprechen lassen. Denn, wenn er befragt wird, antwortet er.« »Das ist etwas anderes.«, sagte Rivail, »Ich werde es erst glauben, wenn ich es sehe und man mir beweist, dass ein Tisch ein Gehirn zum Denken und Nerven zum Spüren hat, und dass er somnambul werden kann. Bis dahin gestatte mir, das als reines Märchen zu betrachten.« Rivail kommentierte folgendermaßen seine Skepsis: “Ich glaubte an die Möglichkeit, dass die Bewegung durch eine mechanische Kraft verursacht wurde. Da ich aber weder die Ursache noch das Naturgesetz, welches das Phänomen regierte, kannte, erschien es mir absurd, Intelligenz auf etwas rein Materielles zurückzuführen. Ich befand mich in der Lage der Ungläubigen von heute, die es nur leugnen, weil sie etwas sehen, was sie nicht verstehen. (...) Ich stand daher einer unerklärten Tatsache gegenüber, die sich offenbar den Naturgesetzen widersetzte und die meine Vernunft nicht akzeptierte. Ich hatte noch nichts gesehen oder beobachtet. Experimente, die in Anwesenheit seriöser und zuverlässiger Menschen durchgeführt worden waren, bestätigten meine Ansicht über die Möglichkeit einer rein materiellen Auswirkung. Aber die Vorstellung eines sprechenden Tisches wollte mir nicht in den Kopf gehen. Im folgenden Jahr, es war Anfang 1855, traf ich mich mit Herrn Carlotti, mit dem ich seit 25 Jahren befreundet war. Er erzählte mir für ca. eine Stunde von jenem Phänomen mit der Begeisterung, die er allen neuen Ideen widmete. Er kam aus Korsika, hatte feuriges und energisches Temperament, und in ihm hatte ich immer die Eigenschaften geschätzt, die eine große und schöne Seele ausmachen. Dennoch misstraute ich seiner Begeisterung. Er war der Erste, der mir von der Einwirkung von Geistwesen erzählte. Und zwar erzählte er so viele erstaunliche Dinge, dass er, statt mich zu überzeugen, in mir noch mehr Fragen aufkommen ließ. »Eines Tages wirst du einer von uns sein.«, sagte er. »Ich sage nicht, dass ich es nicht sein werde. Das wird sich zeigen.«, antwortete ich. Einige Zeit später, gegen Mai 1855, ging ich zu einer Somnambulen namens Frau Roger in Begleitung ihres Magnetiseurs, Herrn Fortier. Dort begegnete ich Herrn Pâtier und Frau Plainemaison, die mir, wie Herr Carlotti, von jenem Phänomen erzählten, nur in einem ganz anderen Ton. Herr Pâtier war Beamter reiferen Alters, sehr gebildet, ernst, kühl und ruhig. Seine ruhige Ausdrucksweise, frei von jeglicher Begeisterung, machte auf mich einen tiefen Eindruck. Als er mich somit einlud, mir die Experimente anzuschauen, die bei Frau Plainemaison in der Grange-Batelière-Str. 18 stattfanden, sagte ich sofort zu. (...)” Es war auf dieser Sitzung, dass Rivail zum ersten Mal das inzwischen berühmt gewordene Phänomen der rückenden Tische persönlich sah: Sie drehten sich, sprangen und gingen durch den Raum, so dass es keinen Platz für Zweifel an der Echtheit des Phänomens ließ. Er sah auch, wie einige von Geistwesen stammende Botschaften auf folgende Weise empfangen wurden: Ein Stück Kreide wurde am Boden eines Korbs befestigt und dann auf eine Schieferplatte gestellt. Anschließend legte Frau Plainemaison, 11

die als Medium fungierte, ihre Finger auf den Korbrand. Danach begann der Korb, sich zu bewegen und auf die Schieferplatte Worte und Sätze spiralförmig zu schreiben. Rivail war noch weit davon entfernt, sich eine Meinung über jene Tatsachen zu bilden. Dennoch kommentierte er Folgendes: “Bei jenen scheinbaren Nichtigkeiten und dem Zeitvertreib, den man daraus machte, ahnte ich etwas Ernstes, vielleicht die Offenbarung eines neuen Naturgesetzes. So habe ich mich fest dazu entschlossen, gründlich nachzuforschen.” Wenig später trat eine Gelegenheit auf, die es Rivail ermöglichte, jenes Phänomen näher zu beobachten. Auf einer Sitzung bei Frau Plainemaison lernte er die Familie Baudin kennen. Herr Baudin lud ihn ein, an den in seinem Haus wöchentlich abgehaltenen Sitzungen teilzunehmen, von denen Rivail ein regelmäßiger Gast wurde. Diese Sitzungen hatten zahlreiche Besucher: Neben den festen Teilnehmern wurde jeder hereingelassen, der darum bat. Als Medien fungierten die beiden jungen Töchter des Ehepaares, nämlich die 16-jährige Caroline und die 14-jährige Julie. Der Korb mit der Kreide wurde auf eine Schieferplatte gestellt, die Mädchen legten ihre Finger auf dessen Rand und der Korb begann, sich zu bewegen und diverse Botschaften zu schreiben. Diese waren entweder ganz spontane Texte oder Antworten auf die Fragen der Anwesenden, von denen einige mental gestellt worden waren: ein klarer Hinweis auf die Manifestation fremder Intelligenzen. Wenn diese gefragt wurden, wer oder was sie seien, lautete ihre unverblümte Antwort: Geistwesen. Das heißt, Seelen von Menschen, die auf der Erde oder auf anderen materiellen Welten gelebt hatten und sich nun in der geistigen Welt befanden.

4) Die ersten Nachforschungen von Professor Rivail über die Manifestation von Geistwesen Anhand dieser Phänomene erkannte Rivail den Schlüssel zum Verständnis zahlloser ungeklärter Ereignisse im Laufe der Menschheitsgeschichte, die eine wahre Revolution in der Einstellung und dem Glauben der Menschen auslösen würde. So ging er zu jeder Sitzung mit einer Reihe von nach Themen geordneten Fragen, die das Leben auf der Erde und in der geistigen Welt betrafen und die von den Geistwesen immer mit Genauigkeit, Weisheit und Logik beantwortet wurden. Ohne vorgefasste Theorien zu formulieren, analysierte er gründlich die empfangenen Antworten, verglich sie miteinander und akzeptierte von den Geistwesen keine Erklärung, die nicht alle Aspekte des jeweiligen Themas klären konnte. Ab diesem Augenblick nahmen die Sitzungen eine Wendung, denn es gab andere Teilnehmer, die sich ebenfalls für solche Informationen interessierten. Dies führte dazu, dass die unseriösen Fragen aus den Sitzungen verschwanden. Am Anfang beabsichtigte Rivail seine eigene Aufklärung. Sobald er aber sah, dass seine Fragen und die empfangenen Antworten ein Ganzes bildeten und die Gestalt einer Lehre annahmen, kam er auf die Idee, sie zu veröffentlichen, um sie für jedermann zugänglich zu machen. Bei seinen Beobachtungen stellte er schnell fest, dass die Geistwesen – ebenso wie die Menschen – nicht gleich gebildet oder weise sind, was ihn vor dem Irrtum bewahrte, an deren Unfehlbarkeit zu glauben und auf alles, was sie sagten, blind zu vertrauen. Dies verhinderte, dass er überstürzte Theorien aufstellte, die auf der Äußerung des einen oder anderen Geistwesens beruhte. Allein die Möglichkeit der Kommunikation mit Geistwesen – egal, was diese sagten – belegte die Existenz der geistigen Welt, was an sich eine Tatsache von enormer Bedeutung, der Schlüssel zum Verständnis unzähliger bis dahin unerklärlicher 12

Phänomene war. Der zweite nicht weniger wichtige Punkt war der, dass diese Kommunikation es ermöglichte, unter anderem zu lernen, wie die geistige Welt ist und wie deren Bewohner dort leben. Bald erkannte Rivail, dass ihm jedes Geistwesen einen Teil dieser Welt so offenbarte, wie es seine Kenntnisse und seine Position in der geistigen Welt zuließen. Ebenso wie man vieles über eine Stadt erfährt, indem man eine gewisse Anzahl von Bewohnern der verschiedenen Stadtteile befragt, damit jeder von ihnen neue Informationen beisteuern kann. Danach muss man nur noch die Berichte der verschiedenen Quellen sammeln, ordnen und miteinander vergleichen. So ging Rivail mit den Botschaften um, die er von den Geistwesen erhielt, von denen jedes Einzelne – sowohl die Weisesten als auch die Unwissendsten unter ihnen – einen wertvollen Beitrag zu seinen Nachforschungen leistete. Im folgenden Jahr, nämlich 1856, begann Rivail auch den Sitzungen, die bei Herrn Roustan stattfanden, beizuwohnen. Sie waren seriös wie auch gut organisiert, und die Kommunikation mit Geistwesen erfolgte durch ein junges Medium namens Ruth Japhet mit Hilfe eines Korbes.

5) Rivail lernt das Geistwesen kennen, das ihn beschützt und ihm bei seinen Nachforschungen hilft Am Abend des 24. März 1856 arbeitete Rivail im Arbeitszimmer seiner Wohnung, als er plötzlich Klopflaute in der Wand hörte. Zunächst schenkte er ihnen keine Aufmerksamkeit. Als sie aber lauter wurden, suchte er beide Seiten der Wand sorgfältig ab, um zu sehen, ob sie vielleicht von der anderen Etage kamen. Dabei fand er nichts. Kurios war, dass die Klopflaute – jedes Mal, wenn er deren Ursache zu suchen begann – aufhörten, um erneut anzufangen, sobald er sich hinsetzte und seine Arbeit wieder aufnahm. Gegen 22 Uhr kam seine Frau nach Hause, ging ins Arbeitszimmer und, als sie die Klopflaute hörte, fragte sie überrascht, was sie seien. “Ich weiß es nicht”, antwortete er, “sie dauern seit einer Stunde an.” Beide prüften zusammen nach, ohne eine Erklärung dafür zu finden. Die Klopflaute zogen sich bis Mitternacht hin, als Rivail schlafen ging. Am nächsten Tag, auf einer Sitzung zur Kommunikation mit Geistwesen bei der Familie Baudin, nutzte Rivail die Gelegenheit, um ein Geistwesen nach der Ursache des Phänomens in seiner Wohnung zu fragen. So ergab sich folgender Dialog: Rivail:

»Du hast bestimmt gehört, was ich gerade berichtet habe. Könntest du mir sagen, was jene so hartnäckigen Klopflaute verursachte?«

Geistwesen 1: »Es war dein familiäres Geistwesen6.« Rivail:

»Weswegen erzeugte es jene Klopflaute?«

Geist. 1: »Es wollte mit dir kommunizieren.« Rivail:

»Könntest du sagen, wer es ist?«

Geist. 1: »Du kannst es direkt fragen, denn es ist da.« Rivail:

6

»Mein familiäres Geistwesen, wer auch immer du bist, ich danke dir dafür, dass du gekommen bist, um mich zu besuchen. Wärst du damit einverstanden, mir zu sagen, wer du bist?«

Familiäre Geistwesen sind gute Geistwesen, die einen Menschen begleiten, um ihm beizustehen.

13

Geistwesen 2: »Für dich werde ich mich die Wahrheit nennen. Und jeden Monat werde ich dir hier für 15 Minuten zur Verfügung stehen.« Rivail:

»Wolltest du mir gestern, als du die Klopflaute erzeugt hast, während ich arbeitete, etwas Bestimmtes mitteilen?«

Geist. 2: »Was ich dir mitteilen wollte, hatte damit zu tun, woran du gearbeitet hast. Es gefiel mir nicht, was du gerade schriebst. Deswegen wollte ich dich davon abhalten.« Anmerkung: Was Rivail gerade schrieb, betraf seine Nachforschungen über die Geistwesen und ihre Manifestationen. Rivail:

»Warst du nicht mit dem Kapitel einverstanden, das ich gerade schrieb, oder mit der gesamten Arbeit?«

Geist. 2: »Mit dem Kapitel von gestern. Denk gut darüber nach. Wenn du es wieder liest, wirst du deine Fehler erkennen und sie korrigieren.« Rivail:

»Ich selbst war nicht mit diesem Kapitel zufrieden und habe es heute neu geschrieben. Ist es jetzt besser?«

Geist. 2: »Es ist zwar besser, reicht aber noch nicht aus. Lies es von der 3. bis zur 30. Zeile wieder und du wirst auf einen gravierenden Fehler stoßen.« Rivail:

»Ich habe weggeworfen, was ich gestern geschrieben habe.«

Geist. 2: »Trotzdem hat es nicht verhindert, dass der Fehler bestehen bleibt. Lies es noch einmal und du wirst es sehen.« Rivail:

»Ist der Name Wahrheit eine Anspielung auf die Wahrheit, die ich suche?«

Geist. 2: »Vielleicht. Zumindest ist es ein Geistwesen, das dich leiten, beschützen und dir helfen wird.« Rivail:

»Kann ich bei mir zu Hause mit dir in Kontakt treten?«

Geist. 2: »Ja, um dir gedanklich zu helfen. Dennoch wirst du geschriebene Botschaften als Antwort auf deine Fragen erst in langer Zeit bei dir zu Hause (mit Hilfe eines Mediums) empfangen können.« Anmerkung:In der Tat geschah für ca. ein Jahr Folgendes: Immer wenn Rivail von einem Medium besucht wurde, durch das er eine geschriebene Botschaft von Geistwesen zu empfangen erwartete, widersetzte sich diesem Vorhaben etwas Unerwartetes. Nur außerhalb seines Hauses konnte er Botschaften empfangen. Rivail:

»Könntest du öfter als nur einmal im Monat kommen?«

Geist. 2: »Ja, aber bis auf weiteres verspreche ich nur, dass ich einmal im Monat kommen werde.« Rivail:

»Warst du vielleicht eine berühmte Persönlichkeit auf der Erde?«

Geist. 2: »Ich habe dir bereits gesagt, dass ich für dich die Wahrheit bin. Für dich heißt es Diskretion. Nichts weiter wirst du davon erfahren.« Als Rivail später nach Hause ging, beeilte er sich, wieder zu lesen, was er geschrieben 14

hatte. Und in der Tat: Sowohl auf dem Blatt Papier, das er weggeworfen hatte, als auch im umformulierten Text stieß er in der Zeile 30 auf einen gravierenden Fehler, der ihn selbst erstaunte. Das Geistwesen, das sich als die Wahrheit identifizierte und der Führergeist Rivails zu sein behauptete, behielt Recht. Offensichtlich hatte es großes Interesse daran, dass Rivail die Lehren und Erläuterungen der Geistwesen korrekt verstand. Es dauerte nicht lange, bis er die tiefe Weisheit dieses Geistwesens und seine Führungsrolle gegenüber allen anderen Geistwesen, die sich manifestierten, feststellte7.

6) Rivail wird damit beauftragt, die Lehren der Geistwesen zu verbreiten Ende April 1856 teilten die Geistwesen Rivail mit, dass sie ihn mit dem Auftrag betrauen würden, ihre Lehren zu verbreiten. Durch diese Mitteilung überrascht, fragte er am 12. Juni, auf einer Sitzung zur Kommunikation mit Geistwesen, seinen Führergeist, ob er dies bestätige. So ergab sich folgender Dialog: Führergeist: »Ich bestätige, was dir mitgeteilt wurde. Aber ich empfehle dir, Diskretion zu bewahren, wenn du dabei Erfolg haben möchtest. Später wirst du Dinge erfahren, die dir erklären werden, was dich jetzt überrascht. Vergiss nicht, dass du erfolgreich sein oder versagen kannst. In diesem Fall würde dich jemand anders ersetzen, denn die Absichten Gottes ruhen nicht auf den Schultern eines einzigen Menschen. Sprich daher niemals über deinen Auftrag; dies würde zu dessen Scheitern führen. Er kann sich nur durch das vollendete Werk rechtfertigen, doch du hast noch nichts getan. Wenn du ihn erfüllst, werden die Menschen früher oder später deine Arbeit zu schätzen wissen, da man an den Früchten die Qualität des Baums erkennt.« Rivail: »Ich möchte mich sicherlich nicht mit einem Auftrag brüsten, den ich selbst kaum glauben kann. Wenn ich aber als Werkzeug für die Pläne der Vorsehung dienen soll, dann möge sie über mich verfügen. In diesem Fall bitte ich um deinen Beistand und um den der guten Geistwesen, um mir bei meiner Aufgabe zu helfen und mich zu unterstützen.« Führergeist: »Unser Beistand wird dir nicht fehlen, aber er wird nutzlos sein, wenn du nicht tust, was erforderlich ist. Du hast deinen freien Willen, den du nutzen kannst, wie du willst. Kein Mensch ist gezwungen, irgendetwas zu tun.« Rivail: »Was könnte zu meinem Scheitern führen? Vielleicht die Unzulänglichkeit meiner Fähigkeiten?« Führergeist: »Nein, aber die Mission der Reformatoren wimmelt von Hindernissen und Gefahren. Ich warne dich vor, dass deine nicht leicht sein wird, denn es geht darum, die ganze Welt zu bewegen und zu erneuern. Denke nicht, dass es dir genügt, ein Buch, zwei Bücher oder zehn Bücher zu veröffentlichen, um danach ruhig zu Hause zu bleiben. Du musst dich aufopfern. Du wirst furchtbaren Hass auf dich ziehen; erbitterte Feinde werden sich verschwören, um deinen Ruf zu ruinieren; du wirst mit der Böswilligkeit, der Verleumdung und dem Verrat sogar von Menschen zu kämpfen haben, die dir am loyalsten erscheinen werden. Deine besten Erläuterungen werden verkannt und verzerrt werden. Mehr als einmal wirst du an Erschöpfung zusammenbrechen. Kurzum: Du 7

Einige Zeit später erfuhr Allan Kardec von verschiedenen Geistwesen, dass es sich bei seinem Führergeist um einen angesehenen Philosophen aus der Antike handelte.

15

wirst beinahe kontinuierlich mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben und dabei deinen Schlaf, deine Ruhe, deine Gesundheit und sogar dein Leben opfern. Denn ohne all das würdest du viel länger leben. Es sind nicht wenige Menschen, die zurückschrecken, wenn sie, anstatt einer rosigen Straße, nur Dornen, scharfe Steine und Schlangen entlang des Weges vorfinden. Für solche Missionen reicht Intelligenz allein nicht aus. Zunächst sind Demut, Bescheidenheit und Selbstlosigkeit notwendig, um Gott gefällig zu sein, da er die Hochmütigen, Überheblichen und Ehrgeizigen rügt. Um trotz des Widerstandes der Menschen für etwas zu kämpfen, sind Mut, Beharrlichkeit und unerschütterliche Entschlossenheit unerlässlich. Erforderlich sind ebenfalls Vorsicht und Takt, um die Dinge auf angemessene Weise zu lenken und deren Erfolg nicht durch unpassende Worte oder Maßnahmen zu gefährden. Zum Schluss sind Hingabe, Entsagung und Opferbereitschaft notwendig. Damit siehst du, dass dein Auftrag Bedingungen unterliegt, die von dir abhängen.« Am Ende dieser Botschaft, die vom jungen Medium Aline C. schriftlich empfangen wurde, unterschrieb das Geistwesen mit den Worten Geist Wahrheit. Kurze Zeit später begann es zu unterschreiben: Geist der Wahrheit. Rivail bedankte sich für die weisen Ratschläge und nahm den Auftrag trotz der geschilderten Schwierigkeiten an. Viele Jahre später schrieb Rivail folgende Anmerkung dazu: “Ich schreibe diese Anmerkung am 01. Januar 1867 – zehneinhalb Jahre, nachdem ich die oben stehende Mitteilung erhielt – und ich bestätige, dass sie sich in allen Punkten bewahrheitete. Denn ich erlebte alle Drangsale, die mir vorausgesagt worden waren: Ich wurde mit dem Hass erbitterter Feinde, der Beleidigung, der Verleumdung, dem Neid und der Eifersucht konfrontiert. Niederträchtige Pamphlete wurden gegen mich veröffentlicht. Meine besten Erläuterungen wurden verzerrt. Ich wurde von jenen verraten, denen ich am meisten vertraute. Ich wurde mit der Undankbarkeit derjenigen bestraft, denen ich geholfen hatte. Die Pariser Gesellschaft (Pariser Gesellschaft für Spiritistische Studien) wurde zur Quelle ständiger Intrigen, die gegen mich von jenen geschmiedet wurden, die sich auf meiner Seite behaupteten und – obwohl freundlich in meinem Beisein – mir in meiner Abwesenheit in den Rücken fielen. (…) Ausruhen wurde mir zu einem Fremdwort. Mehr als einmal brach ich an übermäßiger Arbeit zusammen. Meine Gesundheit wurde beeinträchtigt und mein Leben gefährdet. Dank aber dem Schutz und Beistand der guten Geistwesen, die mir stets klare Beweise ihrer Fürsorge gaben, habe ich die Freude anzuerkennen, dass ich niemals die kleinste Ohnmacht oder Mutlosigkeit empfand. Stattdessen erfüllte ich meine Aufgabe immer mit derselben Leidenschaft, ohne mir Gedanken über die gegen mich gerichtete Böswilligkeit zu machen. Laut der Mitteilung des Geistes Wahrheit sollte ich mit alledem rechnen und in der Tat bewahrheitete sich alles. Doch abgesehen von diesen Drangsalen, was für eine Freude es jedes Mal für mich war, wenn ich feststellte, dass das Werk auf erstaunliche Weise wuchs! Mit welch schönen Erlebnissen meine Drangsale ausgeglichen wurden! Welche Segen und Gesten wahrer Sympathie ich von vielen leidenden Menschen bekam, die in der spiritistischen Lehre Trost fanden! Dieses Ergebnis hatte mir der Geist Wahrheit nicht verraten; er hatte mir, ohne Zweifel mit Absicht, nur die Schwierigkeiten des Weges gezeigt. Wie undankbar ich daher sein würde, wenn ich mich beklagte! Wenn ich sagte, das Gute und das Böse glichen sich aus, dann würde es nicht die Wahrheit sein. Denn das Gute – ich meine die von mir erlebten Freuden – übertraf das Böse um ein Vielfaches.” 16

Als seine Arbeit größtenteils abgeschlossen war und die Ausmaße eines Buches angenommen hatte, beschloss Rivail, vor deren Veröffentlichung die von ihm gesammelten Informationen mit Hilfe anderer Medien der Analyse weiterer Geistwesen zu unterziehen. So kam er auf die Idee, das von ihm gesammelte, geordnete und kommentierte Material zu den Sitzungen bei Herrn Roustan mitzunehmen. Nach einigen Sitzungen sagten die Geistwesen, dass sie den Inhalt dieses Materials lieber in einem kleineren Kreis durcharbeiten würden, um alle Ergänzungen und Korrekturen vorzunehmen, die sie für notwendig hielten. Dazu setzten sie die Tage und Uhrzeit für die Sitzungen fest, auf denen nur Ruth Japhet und Rivail teilnehmen sollten, damit dieser in Ruhe mit den Geistwesen zusammenarbeiten konnte, ohne durch die Indiskretionen und voreiligen Kommentare der anderen Leute gestört oder abgelenkt zu werden. Dennoch gab sich Rivail nicht mit dieser Überprüfung zufrieden. Da er andere Medien kannte, nutzte er jede Gelegenheit, die sich bot, um durch sie andere Geistwesen zu befragen, vor allem zu Themen, die ihm am heikelsten und schwierigsten erschienen. Danach verglich er die empfangenen Antworten miteinander und prüfte, ob sie übereinstimmten oder nicht. Über zehn Medien wurden bei dieser Arbeit eingesetzt. Am 11. September – kurze Zeit, bevor Rivail das Buch fertigstellte – befand er sich bei der Familie Baudin, als er durch eine der Töchter des Ehepaares folgende Botschaft erhielt: “Du hast den Zweck deiner Arbeit gut verstanden. Der Plan ist gut konzipiert. (…) Weiter so! Denk aber vor allen Dingen daran, dass wir dir empfehlen, das Werk, sobald es fertiggestellt ist, zu veröffentlichen und zu verbreiten: Es ist zum allgemeinen Nutzen. Wir sind zufrieden und werden dich niemals verlassen. Hab Vertrauen zu Gott und mach weiter!” Später war Rivail sich nicht sicher, wie er das Buch unterschreiben sollte. Da sein Name aufgrund seiner pädagogischen Bücher bereits bekannt war und mit diesen in Verbindung gebracht wurde, entschied er sich für ein Pseudonym. So nahm er das Pseudonym Allan Kardec an, das laut einem befreundeten Geistwesen der Name Rivails in einem viele Jahrhunderte zurückliegenden früheren Leben gewesen war; zu einer Zeit, als er als Druide in Gallien (dem heutigen Frankreich) lebte. Am 18. April 1857 veröffentlichte Rivail, der von nun an weltweit als Allan Kardec bekannt werden sollte, die erste Auflage von Das Buch der Geister. Gleich am Anfang von dessen Einleitung schrieb er, dass neue Dinge mit einem neuen Namen benannt werden sollten, um Missverständnisse zu vermeiden. Dabei meinte er, dass das seit der Zeit des Hydesville-Phänomens verwendete Wort Spiritualismus unpassend war, um die Beziehung zwischen der materiellen und der geistigen Welt sowie die von den Geistwesen übermittelten Lehren zu bezeichnen. Denn Spiritualismus, so argumentierte er, hat eine eigene ursprüngliche Bedeutung: Der Glaube, dass es im Menschen mehr als nur Materie gibt, im Gegensatz zum Materialismus. So beschloss er, einen neuen Begriff zu erfinden, nämlich Spiritismus – abgeleitet aus dem lateinischen Wort Spiritus (Geist) und dem Suffix –ismus (Lehre) – auch spiritistische Lehre genannt. Das Buch der Geister sorgte für großes Aufsehen in Europa und in mehreren Ländern auf dem amerikanischen Kontinent. Noch bevor der berühmte französische Dramaturg Victorien Sardou es zu Ende las, schrieb er Kardec einen Brief mit folgenden lobenden Worten: “Ich danke Ihnen, mein Herr, dafür, dass Sie mir Das Buch der Geister so schnell zukommen ließen. Ich hatte mich darauf gefreut, es zu lesen, so ließ ich alles andere beiseite, um mich voll und ganz dieser Lektüre zu widmen. Ich bin fast am Ende angelangt 17

und kann schon jetzt meine Meinung über dieses Werk äußern: Es ist das interessanteste und lehrreichste Buch, das ich jemals gelesen habe. Es ist unmöglich, dass es keine große Resonanz finden wird: Alle großen Fragen der Metaphysik und der Moral sind darin zufriedenstellend erläutert. Alle großen Fragen finden dort eine Antwort, selbst jene, welche die berühmtesten Philosophen nicht beantworten konnten. Es ist das Buch des Lebens, der Wegweiser der Menschheit. Nehmen Sie, mein Herr, mein Kompliment entgegen für die Art, wie Sie das von den Geistwesen gelieferte Material geordnet und sortiert haben: Alles ist vollkommen methodisch, alles fügt sich zusammen; und Ihre Einleitung ist ein Meisterwerk der Logik, der Argumentation und der Darlegung. (...)” Die erste Auflage, aufgeteilt in drei Teile mit insgesamt 501 Fragen und Antworten, wurde schnell ausverkauft. Die Zweite, erschienen im März 1860 und vollständig überarbeitet sowie erheblich erweitert, bestand aus vier Teilen mit insgesamt 1.019 Fragen und Antworten. Obwohl Kardec nicht für das Buch geworben hatte, wurde die zweite Auflage in nur vier Monaten ausverkauft.

7) Die Gründung der Spiritistischen Zeitschrift und der Pariser Gesellschaft für Spiritistische Studien Kurz bevor Kardec Das Buch der Geister fertigstellte, erhielt er von den Geistwesen unter der Leitung des Geistes der Wahrheit eine Botschaft, in der sie ihm ihre stetige Unterstützung zusicherten. Außerdem verkündeten sie ihm, dass der Auftrag, mit dem sie ihn betraut hatten, sich nicht auf die Veröffentlichung eines Buches beschränken würde: “Wir werden immer bei dir sein, wenn du darum bittest, und um dir bei deinen anderen Aufgaben zu helfen. Denn dies ist nur ein Teil des Auftrags, mit dem du betraut bist und den einer von uns dir bereits mitteilte.” Und in der Tat gab es noch viel zu tun. Am 1. Januar 1858 begann Allan Kardec, die Spiritistische Zeitschrift monatlich herauszugeben. Darin brachte er dem Publikum diverse Punkte der spiritistischen Lehre näher und erläuterte, auf deren Grundlage, interessante Ereignisse spiritueller Natur, die von seinen Lesern oder der Presse berichtet worden waren. Diese Arbeit leistete einen wertvollen Beitrag zur Aufklärung der Öffentlichkeit über den Spiritismus und zu dessen Verbreitung. Sechs Monate lang hielt Kardec mit einigen Anhängern des Spiritismus jeden Dienstag in seiner Wohnung Sitzungen zum Studium der spiritistischen Lehre, auf denen eine Jugendliche namens Ermance Dufaux das Hauptmedium war. Obwohl der Raum nicht mehr als 15 oder 20 Personen fasste, drängten sich dort manchmal bis zu 30 Teilnehmer zusammen. Solche Sitzungen erweckten großes Interesse aufgrund der Seriosität aller Beteiligten und der dort behandelten Themen. Oft empfing Kardec in seiner Wohnung Adlige und andere prominente Persönlichkeiten aus diversen Ländern. Aufgrund der steigenden Anzahl von Besuchern aus ganz Frankreich und dem Ausland wurde bald das Zimmer, in dem die Sitzungen stattfanden, zu klein. So entschieden sich einige der regelmäßigen Teilnehmer, einen besser geeigneten Raum zu mieten. Somit, am 1. April 1858, praktisch ein Jahr nach der Erscheinung der ersten Auflage von Das Buch der Geister, gründete Kardec die Pariser Gesellschaft für Spiritistische Studien (kurz: P.G.S.S.): den weltweit ersten offiziell eingetragenen spiritistischen Verein. Das Ziel der P.G.S.S. bestand darin, ohne Vorurteile oder vorgefasste Meinungen die 18

diversen Punkte der spiritistischen Lehre zu studieren, nach den Ursachen der Phänomene zu forschen und Beobachtungen zu sammeln, um die verschiedensten Themen hinsichtlich der geistigen Welt, ihres Einflusses auf die materielle Welt und der unzähligen daraus resultierenden Folgen zu klären. Vom 01. April 1858 bis zum 01. April 1859 wurden die Sitzungen der P.G.S.S. jeden Dienstag in einem gemieteten Raum der Galerie Valois im Palais Royal abgehalten. Vom 1. April 1859 bis zum 1. April 1860 fanden die Sitzungen jeden Freitag in einem der Räume des Restaurants Douix in der Galerie Montpensier im selben Palais Royal statt. Am 1. April 1860 zog die P.G.S.S. an deren endgültigen Standort in der Straße und Passage Sainte-Anne 59. Laut einem Artikel, der im Juni 1862 in der Spiritistischen Zeitschrift veröffentlicht wurde, zählte die P.G.S.S. bis April jenes Jahres 87 feste Mitglieder, abgesehen von den Ehrenmitgliedern, freien Mitarbeitern und korrespondierenden Mitgliedern. Die Anzahl der Besucher, die aus diversen Städten Frankreichs und dem Ausland kamen, betrug nahezu 1.500 pro Jahr. Kardec war streng bei der Einhaltung der Satzung der P.G.S.S. und bei der Bewahrung der Disziplin während deren Tätigkeiten. Er sorgte dafür, dass die P.G.S.S. niemals Schauplatz von Kontroversen und unproduktiven Debatten wurde, und verlangte von allen Sitzungsteilnehmern höchste Seriosität, was der Institution Glaubwürdigkeit und hohes Ansehen verschaffte. Eine Zusammenfassung der Sitzungsprotokolle der P.G.S.S. wurde normalerweise in der Spiritistischen Zeitschrift unter dem Titel “Bericht der Pariser Gesellschaft für Spiritistische Studien” veröffentlicht. Die P.G.S.S. wurde zu einem Vorbild für zahlreiche andere Gruppen, die in diversen Ländern entstanden, um den Spiritismus zu studieren und zu verbreiten. Sie pflegte Kontakt zu vielen von ihnen und unterstützte sie, anhand der eigenen Erfahrungen, bei ihren Fragen.

8) Die Grundwerke der spiritistischen Lehre Neben der Veröffentlichung von Das Buch der Geister im Jahr 1857 und der monatlichen Herausgabe der Spiritistischen Zeitschrift ab 1858, sollte Kardec im Laufe von beinahe 11 Jahren noch vier weitere Bücher veröffentlichen, die – zusammen mit Das Buch der Geister – die sogenannten Grundwerke der spiritistischen Lehre bilden. Die insgesamt fünf Grundwerke lauten: Das Buch der Geister (erschienen am 18. April 1857), Das Buch der Medien (erschienen im Januar 1861), Das Evangelium im Lichte des Spiritismus (erschienen im April 1864), Himmel und Hölle (erschienen im August 1865) und Genesis (erschienen im Januar 1868).

a) Das Buch der Geister Dieses Buch umfasst alle Grundlehren des Spiritismus und bildet somit das Rückgrat der spiritistischen Lehre, weswegen dessen Lektüre für das korrekte Verständnis des Spiritismus unerlässlich ist. Die vier anderen Grundwerke stellen eine Vertiefung der darin behandelten Themen dar. Die erste Auflage enthielt 501 von Kardec gestellte Fragen und die Antworten, welche 19

die Geistwesen unter der Leitung des Geistes der Wahrheit darauf gaben. Diese Antworten wurden mit Hilfe mehrerer Medien – darunter Caroline Baudin, Julie Baudin und Ruth Japhet – empfangen. In der zweiten und endgültigen Auflage wurden andere Medien eingesetzt. Dabei wurde das Buch auf insgesamt 1.019 Fragen und Antworten erweitert und durch Anmerkungen sowie Kommentare Allan Kardecs ergänzt. Das Buch der Geister wurde auf Anweisung höherer Geistwesen (Geistwesen, die über große Weisheit und hohe Tugenden verfügen) mit dem Ziel veröffentlicht, der Allgemeinheit eine Reihe rationaler Erläuterungen ohne Verzerrungen menschlichen Ursprungs zugänglich zu machen. Alles, was das Buch beinhaltet, entspricht ihren Gedanken und wurde von ihnen selbst überprüft. Nur die methodische Anordnung der Themen, die formulierten Fragen, die Anmerkungen und die Form einiger Teile der Texte sind das Werk Allan Kardecs, der von den Geistwesen selbst mit der Veröffentlichung ihrer Lehren beauftragt wurde. Das Buch der Geister ist folgendermaßen aufgebaut: 

Einleitung (in das Studium der spiritistischen Lehre), bestehend aus 17 Abschnitten, die beinhalten: eine Zusammenfassung der Grundprinzipien der spiritistischen Lehre; die wichtigsten Aspekte hinsichtlich der Phänomene, welche die Entstehung des Spiritismus markierten, und eine kritische Analyse der Ansichten von dessen Widersachern. Gleich im ersten Absatz der Einleitung führt Kardec das von ihm erfundene Wort Spiritismus ein, um die Beziehung zwischen der materiellen und der geistigen Welt sowie die von den Geistwesen an die Menschheit übermittelten Lehren und Erläuterungen zu bezeichnen.



Vorwort: erläutert zusammenfassend den Zweck des Buches und wie die spiritistische Lehre offenbart wurde. Außerdem beinhaltet es Auszüge aus an Allan Kardec gerichteten Botschaften, die ihn damit beauftragten, die Lehren der Geistwesen zu veröffentlichen.



Kapiteleinteilung: das Buch ist in vier Teile aufgegliedert mit insgesamt 1.019 Fragen und Antworten über folgende Themen: –

Teil 1: Die ersten Ursachen Kapitel I:

Gott



Gott und das Unendliche



Beweise von der Existenz Gottes



Eigenschaften der Gottheit



Pantheismus

Kapitel II:

Allgemeine Elemente des Universums



Erkenntnis des Prinzips der Dinge



Geist und Materie



Eigenschaften der Materie



Das Universum 20

Kapitel III: Die Schöpfung 

Entstehung der Welten



Entstehung der Lebewesen



Besiedlung der Erde. Adam



Verschiedenheit der Menschenrassen



Vielheit der Welten



Biblische Betrachtungen und Übereinstimmungen über die Schöpfung

Kapitel IV: Lebensprinzip

– Teil 2:



Organische und unorganische Wesen



Leben und Tod



Intelligenz und Instinkt

Welt der Geistwesen

Kapitel I:

Die Geistwesen



Ursprung und Wesen der Geistwesen



Ursprüngliche normale Welt



Gestalt und Allgegenwart der Geistwesen



Perispirit



Verschiedene Ordnungen der Geistwesen



Geistige Stufenleiter



Dritte Ordnung – unvollkommene Geistwesen



Zweite Ordnung – gute Geistwesen



Erste Ordnung – reine Geistwesen



Fortschritt der Geistwesen



Engel und Dämonen

Kapitel II:

Inkarnation der Geistwesen



Zweck der Inkarnation



Die Seele



Materialismus

Kapitel III: Rückkehr des Geistwesens ins geistige Leben (nach Beendigung seines Lebens in der materiellen Welt) 

Die Seele nach dem Tod



Trennung der Seele vom Körper 21



Geistige Verwirrung

Kapitel IV:

Vielheit der Existenzen



Die Reinkarnation



Gerechtigkeit der Reinkarnation



Inkarnation auf verschiedenen Welten



Fortschreitende Wanderung



Schicksal der Kinder nach dem Tod



Geschlechter bei den Geistwesen



Verwandtschaft und Abstammung



Physische und moralische Ähnlichkeiten



Angeborene Ideen

Kapitel V:

Betrachtungen über die Vielheit der Existenzen

Kapitel VI:

Leben in der geistigen Welt



Herumirrende Geistwesen



Übergangswelten



Wahrnehmungen, Empfindungen und Leiden der Geistwesen



Theoretische Abhandlung über die Empfindung bei den Geistwesen



Auswahl der Prüfungen



Beziehungen in der geistigen Welt



Sympathische und antipathische Beziehungen der Geistwesen. Ewige Hälften



Erinnerung an die leibliche Existenz



Andenken an die Verstorbenen. Das Begräbnis

Kapitel VII:

Rückkehr ins leibliche Leben



Vorzeichen der Rückkehr



Vereinigung der Seele mit dem Körper. Abtreibung. Fehlgeburt



Moralische und intellektuelle Fähigkeiten des Menschen



Einfluss des Körpers



Geistige Behinderung und Wahnsinn



Die Kindheit



Irdische Zuneigungen und Abneigungen



Vergessen der Vergangenheit

Kapitel VIII: Befreiung der Seele 22



Der Schlaf und die Träume



Geistige Besuche zwischen lebenden Personen



Verborgene Übertragung des Gedankens



Lethargie, Katalepsie, Scheintod



Somnambulismus



Ekstase



Zweites Gesicht



Theoretische Zusammenfassung des Somnambulismus, der Ekstase und des zweiten Gesichtes

Kapitel IX:

Einwirkungen der Geistwesen auf die materielle Welt



Wie die Geistwesen unsere Gedanken durchdringen können



Verborgener Einfluss der Geistwesen auf unsere Gedanken und auf unsere Handlungen



Besessene



Konvulsionäre



Zuneigung der Geistwesen zu gewissen Personen



Schutzengel. Schutzgeister, familiäre oder sympathische Geistwesen



Vorahnungen



Einfluss der Geistwesen auf Lebensereignisse



Einwirkung der Geistwesen auf die Naturphänomene



Geistwesen während Kämpfe



Pakte



Verborgene Macht. Talismane. Hexerei



Segen und Fluch

Kapitel X:

Beschäftigungen und Missionen der Geistwesen

Kapitel XI:

Die drei Reiche



Die Mineralien und die Pflanzen



Die Tiere und der Mensch



Seelenwanderung

– Teil 3: Die moralischen Gesetze Kapitel I: Göttliches oder natürliches Gesetz 

Merkmale des natürlichen Gesetzes



Ursprung und Kenntnis des natürlichen Gesetzes 23



Das Gute und das Böse



Einteilung des natürlichen Gesetzes

Kapitel II: Das Gesetz der Anbetung 

Zweck der Anbetung



Äußere Anbetung



Beschauliches Leben



Gebet



Vielgötterei



Opfergabe

Kapitel III:

Das Gesetz der Arbeit



Notwendigkeit der Arbeit



Grenze der Arbeit. Ruhe

Kapitel IV:

Das Gesetz der Fortpflanzung



Erdbevölkerung



Aufeinanderfolge und Vervollkommnung der Völker



Hindernisse für die Fortpflanzung



Ehe und Zölibat



Polygamie

Kapitel V:

Das Gesetz der Selbsterhaltung



Instinkt der Selbsterhaltung



Selbsterhaltungsmittel



Genuss irdischer Güter



Das Notwendige und das Überflüssige



Freiwillige Entsagung. Kasteiung

Kapitel VI:

Das Gesetz der Zerstörung



Die notwendige und die missbräuchliche Zerstörung



Zerstörerische Geißeln



Kriege



Mord



Grausamkeit



Duell



Todesstrafe

Kapitel VII:

Das Gesetz der Gesellschaft 24



Notwendigkeit des Lebens in Gesellschaft



Leben in der Isolation. Schweigegelübde



Familienbande

Kapitel VIII: Das Gesetz des Fortschritts 

Naturzustand



Gang des Fortschritts



Verkommene Völker



Zivilisation



Fortschritt der menschlichen Gesetzgebung



Einfluss des Spiritismus auf den Fortschritt

Kapitel IX:

Das Gesetz der Gleichheit



Natürliche Gleichheit



Ungleichheit der Begabungen



Soziale Ungleichheiten



Ungleichheit des Reichtums



Prüfungen des Reichtums und der Armut



Gleichheit der Rechte des Mannes und der Frau



Gleichheit vor dem Grab

Kapitel X:

Das Gesetz der Freiheit



Natürliche Freiheit



Sklaverei



Denkfreiheit



Gewissensfreiheit



Der freie Wille



Unabwendbare Geschehnisse



Kenntnis der Zukunft



Theoretische Zusammenfassung der Triebfedern der Handlungen des Menschen

Kapitel XI:

Das Gesetz der Gerechtigkeit, der Liebe und der Nächstenliebe



Natürliche Gerechtigkeit und natürliche Rechte



Eigentumsrecht. Diebstahl



Nächstenliebe



Mutterliebe und Kindesliebe

25

Kapitel XII:

Die moralische Vervollkommnung



Tugenden und Laster



Leidenschaften



Egoismus



Merkmale des rechtschaffenen Menschen



Selbsterkenntnis

– Teil 4:

Hoffnungen und Tröstungen

Kapitel I:

Irdische Leiden und Freuden



Relatives Glück und Unglück



Verlust geliebter Menschen



Enttäuschung. Undankbarkeit. Zerbrochene Zuneigungen



Antipathische Verbindungen



Angst vor dem Tod



Lebensüberdruss. Selbstmord

Kapitel II: Zukünftige Leiden und Freuden  Das Nichts. Das zukünftige Leben  Die Vorahnung der zukünftigen Leiden und Freuden  Das Eingreifen Gottes bei den Strafen und Belohnungen  Das Wesen der zukünftigen Leiden und Freuden  Vorübergehende Strafen  Sühne und Reue  Dauer der zukünftigen Strafen  Auferstehung des Fleisches  Paradies, Hölle und Fegefeuer 

Schluss: behandelt zusammenfassend in neun Abschnitten die Entstehung und Zukunft des Spiritismus sowie dessen Grundlehren.

b) Das Buch der Medien Nach der Veröffentlichung von Das Buch der Geister erkannte Allan Kardec die Notwendigkeit, ein anderes Buch zu schreiben, das auf der Grundlage seiner praktischen Erfahrungen und der Erläuterungen der Geistwesen folgende Themen behandeln sollte: alle Arten der Manifestation von Geistwesen; die Mittel zur Kommunikation mit 26

Geistwesen; die Entwicklung der Medialität8 sowie die Schwierigkeiten und Hindernisse, auf die man bei der Kommunikation mit Geistwesen stoßen kann. So veröffentlichte er im Januar 1861 Das Buch der Medien. Darin schildert Kardec mit Klarheit unter anderem, wie sich prüfen lässt, ob man Medium ist und, in diesem Fall, wie man seine Medialität ohne Unannehmlichkeiten entwickeln und für einen nützlichen sowie guten Zweck verwenden kann. Zu diesen Themen macht er gleich zu Beginn der Einleitung folgende Bemerkung: “Jeden Tag bestätigt die Erfahrung unsere Ansicht, dass die Schwierigkeiten und Enttäuschungen, auf die viele Menschen bei der Ausübung des Spiritismus stoßen, von der Unkenntnis der Grundlagen dieser Wissenschaft herrühren. Wir freuen uns festgestellt zu haben, dass unser Werk – dessen Ziel darin besteht, sie vor den Schwierigkeiten zu bewahren, mit denen die Anfänger konfrontiert werden – seine Früchte getragen hat und dass viele, dank der Lektüre dieses Buches, sie vermeiden konnten. Es ist ein natürlicher Wunsch der Menschen, die sich mit dem Spiritismus beschäftigen, selbst mit Geistwesen in Kontakt zu treten. Dieses Buch hat zum Ziel, ihnen den Weg dazu zu ebnen, indem wir sie an den Früchten unserer langen und mühevollen Studien teilhaben lassen. Denn man würde sich eine sehr falsche Vorstellung machen, wenn man glaubte, es genüge – um sich auf diesem Gebiet auszukennen – (...) einen Stift in der Hand zu halten, um aufzuschreiben, was Geistwesen einem diktieren. Man würde sich ebenfalls irren, wenn man glaubte, dass in diesem Buch eine allgemeine und unfehlbare Anweisung, Medien zu bilden, zu finden sei. Obwohl jeder Mensch den Keim der erforderlichen Eigenschaften in sich birgt, um Medium zu werden, kommen diese Eigenschaften in ganz verschiedenen Graden vor. Außerdem hängt ihre Entwicklung von Ursachen ab, die man nicht nach Belieben auftreten lassen kann. Die Regeln der Poesie, der Malerei und der Musik machen weder Dichter noch Maler noch Musiker aus denjenigen, die nicht die Veranlagung dazu haben, aber sie führen diejenigen, die sie besitzen, bei der Anwendung ihrer natürlichen Begabungen. Ebenso verhält es sich mit unserem Buch. Dessen Ziel besteht darin, die Mittel zur Entwicklung der medialen Fähigkeit – soweit es die Veranlagung jedes Einzelnen zulässt – aufzuzeigen, aber insbesondere darin, von der medialen Fähigkeit, falls sie vorhanden ist, einen nützlichen Gebrauch zu machen. Dies ist aber nicht das Einzige, was wir mit diesem Buch bezwecken. Neben den Medien selbst gibt es eine große und stets wachsende Anzahl von Menschen, die sich mit der Manifestation von Geistwesen beschäftigen. Sie bei ihren Beobachtungen zu geleiten und auf die Schwierigkeiten, denen sie begegnen können und werden, hinzuweisen; ihnen zu erläutern, wie man sich mit Geistwesen unterhält; ihnen zu zeigen, wie man mit guten Geistwesen kommunizieren kann: Dies sind die Themen, die wir berücksichtigen müssen, sonst laufen wir Gefahr, eine unvollständige Arbeit zu unternehmen. Man sei daher nicht überrascht, dass in diesem Buch Informationen zu finden sind, die auf den ersten Blick unnötig erscheinen könnten: Die Erfahrung wird deren Nutzen zeigen. Wenn man es sorgfältig liest, wird man die Ereignisse, die man später selbst erleben wird, besser begreifen. Und weniger fremdartig wird die Ausdrucksweise gewisser Geistwesen erscheinen. Als praktische Anweisung ist dieses Buch daher nicht nur für Medien gedacht, sondern auch für alle, welche die Gelegenheit haben,

8

Medialität (auch mediale Fähigkeit genannt) ist die Fähigkeit, die es einem ermöglicht, als Medium zu fungieren.

27

spiritistische Phänomene9 zu sehen und zu beobachten. Es gibt Menschen, die sich gewünscht hätten, dass wir ein kurz gefasstes Handbuch veröffentlicht hätten, das in wenigen Worten erläuterte, wie man mit Geistwesen in Kontakt tritt. (...) Unserer Ansicht nach würde ein solches Buch, zumindest für den Augenblick, eher schädlich als nützlich sein. Die Ausübung des Spiritismus ist von vielen Schwierigkeiten umgeben und nicht immer frei von Unannehmlichkeiten, denen nur durch ein ernstes und gründliches Studium des Themas vorzubeugen ist. Es wäre somit zu befürchten, dass eine zu kurz gefasste Anleitung die Abhaltung leichtfertiger Sitzungen zur Kommunikation mit Geistwesen anregen könnte, die man später bereuen würde. Es handelt sich um Dinge, aus denen sich einen Spaß zu machen weder angemessen noch klug ist. Und wir glauben, dass wir eine schlechte Arbeit leisten würden, wenn wir sie dem ersten Leichtsinnigen zugänglich machten, der es amüsant fände, sich mit den Toten zu unterhalten. Wir wenden uns an die Menschen, die im Spiritismus etwas Ernstes sehen, seine Wichtigkeit begreifen und aus der Kommunikation mit der geistigen Welt keinen Zeitvertreib machen. (...) Nachdem wir in Das Buch der Geister den philosophischen Teil der spiritistischen Wissenschaft abgehandelt haben, behandeln wir in diesem Buch den praktischen Teil zur Information derjenigen, die sich mit der Manifestation von Geistwesen beschäftigen möchten (...). Darin werden sie die Schwierigkeiten erfahren, auf die man stoßen kann, und lernen, wie sich diese vermeiden lassen. Obwohl Das Buch der Medien die Fortsetzung von Das Buch der Geister ist, sind diese beiden Werke bis zu einem gewissen Maß unabhängig voneinander. Aber denjenigen, die sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigen möchten, raten wir zuerst Das Buch der Geister zu lesen, da es Grundlagen beinhaltet, ohne deren Wissen einige Teile von Das Buch der Medien vielleicht schwer zu verstehen sein würden. (...)” Das Buch der Medien beruht auf den Kapiteln 6 bis 11 des zweiten Teils von Das Buch der Geister (betitelt “Welt der Geistwesen”) und ist folgendermaßen aufgegliedert: - Einleitung - Erster Teil: Einleitende Betrachtungen Kapitel I:

Gibt es Geistwesen?

Kapitel II:

Das Wunderbare und das Übernatürliche

Kapitel III:

Methode

Kapitel IV:

Systeme

- Zweiter Teil: Die spiritistischen Manifestationen Kapitel I:

Einwirkung der Geistwesen auf die Materie

Kapitel II:

Physische Manifestationen – Rückende Tische

Kapitel III:

Intelligente Manifestationen

9

Spiritistische Phänomene sind jene, die durch die Manifestation von Geistwesen oder der Seele eines Menschen – wenn sich diese in gewissen Situationen (zum Beispiel, während des Schlafs) außerhalb des physischen Körpers befindet – hervorgerufen werden.

28

Kapitel IV:

Theorie der physikalischen Manifestationen

 Bewegung und Hebung  Geräusche  Zunahme und Abnahme des Gewichts von Körpern Kapitel V: Spontane physikalische Manifestationen  Geräusche, Schläge und Störungen  Geworfene Gegenstände  Das Phänomen der Apporte  Abhandlung eines Geistwesens über das Phänomen der Apporte Kapitel VI: Sichtbare Manifestationen  Fragen und Antworten über Erscheinungen  Theoretische Abhandlung über Erscheinungen  Die Kügelchengeistwesen  Theorie der Halluzinationen Kapitel VII: Das menschliche Doppel und Umgestaltung  Erscheinung des Geistes lebender Menschen  Die doppelten Menschen  Der Heilige Alfons de Liguori und der Heilige Antonius von Padua  Vespasian  Umgestaltung  Unsichtbarkeit Kapitel VIII: Das Labor der unsichtbaren Welt  Die Kleidung der Geistwesen  Spontane Bildung greifbarer Gegenstände  Veränderung der Eigenschaften der Materie  Heilende magnetische Wirkung Kapitel IX: Spukorte Kapitel X:

Art der Mitteilungen

 Grobe, leichtfertige, ernste und lehrreiche Mitteilungen Kapitel XI: Sematologie und Typtologie  Sprache durch Zeichen und Klopfzeichen  Alphabetische Typtologie 29

Kapitel XII:

Pneumatographie oder direkte Schrift. Pneumatophonie

Kapitel XIII: Psychographie  Indirekte Psychographie: Körbchen und Brettchen  Direkte oder manuelle Psychographie Kapitel XIV: Medien  Medien für physikalische Effekte  Elektrische Menschen  Sensitive oder eindrucksfähige Medien  Hörende Medien  Sprechende Medien  Sehende Medien  Somnambule Medien  Heilende Medien  Pneumatographische Medien Kapitel XV: Schreibende oder psychographische Medien  Mechanische, intuitive, halbmechanische, inspirierte oder unfreiwillige Medien; Medien mit Vorahnung Kapitel XVI: Besondere Medien  Besondere Fähigkeiten der Medien  Überblick über die verschiedenen Arten von Medien Kapitel XVII: Bildung der Medien  Entwicklung der Medialität  Veränderung der Handschrift  Verlust und Unterbrechung der Medialität Kapitel XVIII: Nachteile und Gefahren der Medialität  Einfluss der Ausübung der Medialität auf die Gesundheit  auf das Gehirn  auf die Kinder Kapitel XIX: Die Rolle der Medien bei den Mitteilungen der Geistwesen  Einfluss des Geistes des Mediums selbst  System träger Medien  Begabung gewisser Medien für Dinge, die sie nicht kennen, wie Sprachen, Musik, Zeichnen usw. 30

 Abhandlungen eines Geistwesens über die Rolle der Medien Kapitel XX: Moralischer Einfluss des Mediums  Verschiedene Fragen  Abhandlung eines Geistwesens über den moralischen Einfluss Kapitel XXI: Einfluss der Umgebung Kapitel XXII: Medialität bei den Tieren Kapitel XXIII: Obsession*  Einfache Obsession  Verblendung  Unterjochung  Ursachen der Obsession  Mittel, eine Obsession zu bekämpfen *Anmerkung: Im Spiritismus wird es als Obsession bezeichnet, wenn ein oder mehr spirituell wenig entwickelte Geistwesen aus Bosheit, Rache oder sogar unbewusst einem Menschen nicht von der Seite weichen und ihm Schaden zufügen.

Kapitel XXIV: Identität der Geistwesen  Mögliche Beweise der Identität  Wege, um die guten von den bösen Geistwesen zu unterscheiden  Fragen über die Natur und Identität der Geistwesen Kapitel XXV: Anrufungen  Allgemeine Betrachtungen  Geistwesen, die man anrufen kann  Wie man mit den Geistwesen sprechen soll  Nutzen der privaten Anrufungen  Fragen über Anrufungen  Anrufung von Tieren  Anrufung lebender Menschen  Menschliche Telegraphie Kapitel XXVI: Fragen, die man an die Geistwesen stellen kann  Vorläufige Betrachtungen  Sympathische oder antipathische Fragen an die Geistwesen 31

 Fragen über die Zukunft  Fragen über die vergangene und zukünftige Existenzen  Fragen über moralische und materielle Interessen  Fragen über das Schicksal der Geistwesen  Fragen über die Gesundheit  Fragen über Erfindungen und Entdeckungen  Fragen über verborgene Schätze  Fragen über andere Welten Kapitel XXVII: Widersprüche und Täuschungen Kapitel XXVIII: Scharlatanerie und Taschenspielerei  Eigennützige Medien  Schwindel im Spiritismus Kapitel XXIX: Spiritistische Sitzungen und Vereine  Über spiritistische Vereine im Allgemeinen  Von den eigentlichen Vereinen  Themen für Studien  Rivalitäten unter den Vereinen Kapitel XXX: Satzung der Pariser Gesellschaft für spiritistische Studien Kapitel XXXI: Spiritistische Abhandlungen  über den Spiritismus  über die Medien  über die spiritistischen Vereine  Mitteilungen mit unechtem Inhalt Kapitel XXXII: Spiritistischer Wortschatz Das Buch der Medien ist bis zum heutigen Tag die sicherste Anleitung für alle, die Interesse daran haben, eine Gruppe zur Kommunikation mit Geistwesen für seriöse und nützliche Zwecke zu bilden.

c) Das Evangelium im Lichte des Spiritismus Dieses Buch – von dem es auch eine andere deutsche Übersetzung unter dem Titel Das Evangelium aus der Sicht des Spiritismus gibt – behandelt den moralischen Teil des 32

Spiritismus und beruht, aus diesem Grund, auf den Kapiteln 1 bis 12 des dritten Teils von Das Buch der Geister (betitelt “Die moralischen Gesetze”). Es erschien im April 1864 und erklärt die moralischen Lehren Jesu – unter Berücksichtigung der Erläuterungen der spiritistischen Lehre – sowie deren Anwendung auf die verschiedenen Situationen des Menschenlebens. Diesbezüglich erwähnt Kardec gleich zu Beginn der Einleitung, dass, von den im Evangelium beinhalteten Themen – nämlich:  den gewöhnlichen Taten im Leben Jesu,  den Wundern,  den Vorhersagen,  den Wörtern, die von der Kirche als Grundlage zur Erschaffung ihrer Dogmen verwendet wurden,  und der moralischen Lehre, – das Letzte unanfechtbar bleibt, während die anderen immer noch Gegenstand von Kontroversen sind. Und er fährt fort: “Diese moralische Lehre ist der Boden, auf dem alle Glaubensbekenntnisse zusammentreffen können. Sie ist die Fahne, unter der alle Menschen Schutz finden können, so verschieden ihr Glaube auch sein mag. Denn sie ist niemals Gegenstand religiöser Auseinandersetzungen gewesen, die immer und überall durch die Dogmen hervorgerufen wurden. Im Übrigen, wenn Sekten über die Dogmen diskutieren würden, dann hätten sie darin ihre eigene Verurteilung gefunden. Denn die Mehrheit der Sekten hängt mehr am mystischen als am moralischen Teil, der von jedermann seine innere Erneuerung verlangt. Insbesondere für die Menschen ist diese moralische Lehre eine Verhaltensregel, die alle Situationen des privaten und öffentlichen Lebens umfasst. Sie ist das Prinzip aller sozialen Beziehungen, die sich auf die strengste Gerechtigkeit stützen. Die moralische Lehre ist schließlich und vor allem der unfehlbare Weg des zukünftigen Glücks, eine hochgehobene Ecke des Schleiers, der das zukünftige Leben vor uns verbirgt. Es ist dieser Teil, von dem dieses Werk ausschließlich handelt. Alle Menschen bewundern die moralische Lehre des Evangeliums und bestätigen ihre Erhabenheit und Notwendigkeit. Dennoch tun es viele, weil sie auf das, was sie davon gehört haben, oder auf einige moralische Leitsätze, die zu Sprichwörtern wurden, vertrauen. Aber wenige kennen sie gründlich und noch weniger verstehen sie und können aus ihr die entsprechenden Folgen ableiten. Der Grund dafür liegt zum größten Teil in den Schwierigkeiten bei der Lektüre des Evangeliums, das für die meisten Menschen unverständlich ist. Die sinnbildliche Form und der absichtliche Mystizismus seiner Sprache bewirken, dass die meisten Menschen das Evangelium zur Beruhigung ihres Gewissens und aus Pflichtgefühl lesen, ebenso wie sie Gebete lesen, ohne diese zu verstehen, das heißt, sie lesen es ohne Nutzen. Die moralische Lehre, hier und dort zerstreut und mit anderen Erzählungen vermischt, bleibt unbemerkt. Es ist daher unmöglich, sie in ihrer Gesamtheit zu begreifen und zum Gegenstand einer separaten Lektüre und Meditation zu machen.” Aus diesem Grund sortierte Kardec die Lehren Jesu methodisch nach ihrem Inhalt, ohne auf ihre chronologische Reihenfolge zu achten. Anhand dieses didaktisch zusammengestellten Materials und der Erläuterungen des Spiritismus erklärt er die wichtigsten Stellen des Evangeliums und auf welche Situationen des alltäglichen Menschenlebens jede darin beinhaltete Lehre, deren Bedeutung oft nicht eindeutig war, zutrifft. Schließlich fügte er am Ende jedes Kapitels einige ausgewählte von Geistwesen 33

übermittelte Botschaften hinzu, um die Erläuterung der wichtigsten Themen zu ergänzen. Das Evangelium im Lichte des Spiritismus ist folgendermaßen aufgebaut: - Vorwort - Einleitung I – Ziel dieses Werkes II – Das Ansehen der spiritistischen Lehre Universelle Prüfung der Lehre der Geistwesen

III – Historische Anmerkungen IV – Sokrates und Platon: Vorläufer der christlichen Lehre und des Spiritismus Zusammenfassung der Lehre von Sokrates und Platon

- Kapitel I: Ich bin nicht gekommen, um das Gesetz aufzulösen Die drei Offenbarungen: Moses Christus Der Spiritismus Vereinigung von Wissenschaft und Religion UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Das neue Zeitalter

- Kapitel II: Mein Reich ist nicht von dieser Welt Das zukünftige Leben Das Königreich Jesu Der Standpunkt UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: ein irdisches Königreich

- Kapitel III: Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen Verschiedene Zustände der Seele in der geistigen Welt Verschiedene Kategorien der bewohnten Welten Bestimmung der Erde. Ursachen des menschlichen Elends UNTERWEISUNG DER GEISTWESEN: niedere Welten und höhere Welten Welten der Abbüßungen und Prüfungen Welten der Erneuerung Fortschritt der Welten

- Kapitel IV: Niemand kann das Reich Gottes sehen, wenn er nicht wiedergeboren wird Auferstehung und Reinkarnation Die Familienbande werden durch die Reinkarnation gestärkt und durch die einmalige Existenz zerrissen UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Die Grenzen der Inkarnation Die Notwendigkeit der Inkarnation

34

- Kapitel V: Selig sind die Leidenden Gerechtigkeit der Leiden Gegenwärtige Ursachen der Leiden Frühere Ursachen der Leiden Das Vergessen der Vergangenheit Gründe für die Schicksalsakzeptanz Selbstmord und Wahnsinn UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Gut und schlecht leiden Das Leiden und das Mittel dagegen Das Glück ist nicht von dieser Welt Verlust geliebter Menschen. Vorzeitiger Tod Wäre er ein guter Mensch, dann wäre er gestorben Die freiwilligen Qualen Das wahre Unglück Die Melancholie Freiwillige Prüfungen. Die wahre Aufopferung

- Kapitel VI: Christus, der Tröster Das leichte Joch Der versprochene Tröster UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Die Ankunft des Geistes der Wahrheit

- Kapitel VII: Selig sind die Armen im Geiste Was man unter “die Armen im Geiste“ verstehen soll Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden Geheimnisse, die den Weisen und Klugen verborgen sind UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Stolz und Demut Die Aufgabe des intelligenten Menschen auf der Erde

- Kapitel VIII: Selig sind, die ein reines Herz haben Lasst die Kinder zu mir kommen Sünde in Gedanken. Ehebruch Die wahre Reinheit. Ungewaschene Hände Ärgernisse. Wenn deine Hand Anlass für Ärgernis ist, schneide sie ab UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Lasst die Kinder zu mir kommen Selig sind jene, deren Augen geschlossen sind

- Kapitel IX: Selig sind, die keine Gewalt anwenden und Frieden stiften Beleidigung und Gewalt

35

UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Freundlichkeit und Sanftmut Die Geduld Gehorsam und Schicksalsakzeptanz Der Zorn

- Kapitel X: Selig sind die Barmherzigen Vergebt, damit Gott euch auch vergibt Versöhnung mit den Gegnern Das Opfer, das Gott am angenehmsten ist Der Splitter und der Balken im Auge Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Vergebung der Beleidigungen Die Nachsicht

- Kapitel XI: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst Das größte Gebot Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Das Gesetz der Liebe Der Egoismus Der Glaube und die Nächstenliebe Nächstenliebe gegenüber Kriminellen

- Kapitel XII: Liebt eure Feinde Böses mit Gutem erwidern Die desinkarnierten Feinde Wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, halte ihm auch die Linke hin UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Die Rache Der Hass Das Duell

- Kapitel XIII: Lass deine linke Hand nicht wissen, was die Rechte tut Gutes tun ohne Schaustellung Das verborgene Unglück Das Opfer der Witwe Die Armen und die Verkrüppelten einladen UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Die materielle und die moralische Nächstenliebe Die Wohltätigkeit Das Mitleid Die Waisen Wohltaten, die mit Undankbarkeit erwidert werden

36

Wohltätigkeit ausschließlich gegenüber Menschen aus einer gewissen Gruppe

- Kapitel XIV: Ehre deinen Vater und deine Mutter Ehrfurcht des Kindes vor den Eltern Wer ist meine Mutter und wer sind meine Geschwister? Die körperliche und die geistige Verwandtschaft UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Die Undankbarkeit der Kinder ihren Eltern gegenüber und die Familienbande

- Kapitel XV: Außerhalb der Nächstenliebe gibt es kein Heil Was man braucht, um gerettet zu werden. Das Gleichnis vom guten Samariter Das größte Gebot Die Notwendigkeit der Nächstenliebe laut Paulus Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil. Außerhalb der Wahrheit gibt es kein Heil UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Außerhalb der Nächstenliebe gibt es kein Heil

- Kapitel XVI: Man kann nicht Gott und dem Mammon dienen Die Rettung der Reichen Sich vor Geiz bewahren Jesus im Hause von Zachäus Das Gleichnis vom reichen Mann und dem armen Lazarus Das Gleichnis von den Talenten Das Gleichnis vom anvertrauten Geld Der von der Vorsehung bestimmte Nutzen des Reichtums Die Prüfung des Reichtums und die der Armut Die ungleiche Verteilung des Reichtums UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Das wahre Eigentum Die Nutzung des Reichtums Das Loslassen von irdischen Gütern

- Kapitel XVII: Seid vollkommen Die Eigenschaften der Vollkommenheit Der gütige Mensch Die guten Spiritisten Das Gleichnis vom Sämann UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Die Pflicht Die Tugend Vorgesetzte und Untergebene Der Mensch auf Erden Den Körper und den Geist pflegen

37

- Kapitel XVIII: Viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt Das Gleichnis von der königlichen Hochzeit Die enge Pforte Die, die sagen: „Herr! Herr!“ Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel zurückgefordert werden UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Wer da hat, dem wird gegeben werden Man erkennt einen Christen an seinen Werken

- Kapitel XIX: Der Glaube versetzt Berge Die Kraft des Glaubens Der religiöse Glaube. Voraussetzung für den unerschütterlichen Glauben Das Gleichnis vom verdorrten Feigenbaum UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Der Glaube: Mutter der Hoffnung und der Nächstenliebe Der göttliche und der menschliche Glaube

- Kapitel XX: Die Arbeiter der letzten Stunde UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Die Letzten werden die Ersten sein Die Mission der Spiritisten Die Arbeiter des Herrn

- Kapitel XXI: Es wird mancher falsche Messias und mancher falsche Prophet auftreten Man erkennt den Baum an seinen Früchten Die Mission der Propheten Die Wunder der falschen Propheten Glaubt nicht jedem Geistwesen UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Die falschen Propheten Eigenschaften des wahren Propheten Die falschen Propheten der geistigen Welt Jeremia und die falschen Propheten

- Kapitel XXII: Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen Die Unauflösbarkeit der Ehe Die Scheidung

- Kapitel XXIII: Seltsame Moral Wer nicht seinen Vater und seine Mutter hasst Vater, Mutter und Kinder verlassen Überlass es den Toten, ihre Toten zu begraben Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert

38

- Kapitel XXIV: Stellt das Licht nicht unter den Scheffel Das Licht unter dem Scheffel. Warum Jesus in Gleichnissen spricht Geht nicht zu den Heiden Nicht die Gesunden brauchen einen Arzt Der Mut des Glaubens Sein Kreuz tragen. Wer sein Leben retten will, der wird es verlieren

- Kapitel XXV: Suchet, so werdet ihr finden Hilf dir selbst, dann wird dir der Himmel helfen Betrachtet die Vögel des Himmels Sorgt euch nicht um den Besitz von Gold

- Kapitel XXVI: Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben Gabe der Heilung Bezahlte Gebete Aus dem Tempel vertriebene Händler Kostenlose Medialität

- Kapitel XXVII: Bittet, so wird euch gegeben Die Eigenschaften des Gebets Die Wirksamkeit des Gebets Die Wirkungsweise des Gebets. Gedankenübertragung Verständliche Gebete Gebete für die Verstorbenen und für die leidenden Geistwesen UNTERWEISUNGEN DER GEISTWESEN: Die Art des Gebets Glückseligkeit durch das Gebet

- Kapitel XXVIII: Sammlung spiritistischer Gebete Einleitung I – Allgemeine Gebete Das Vaterunser Spiritistische Sitzungen Für die Medien

II – Gebete für sich selbst an unsere Schutzengel und an unsere Schutzgeister um die bösen Geistwesen fernzuhalten um zu bitten, sich von einer moralischen Unvollkommenheit zu befreien um einer Versuchung zu widerstehen Dankgebet für den Sieg über eine Versuchung um um einen Rat zu bitten in Momenten des Kummers

39

Dankgebet für eine erhörte Bitte Akt der Ergebenheit und der Schicksalsakzeptanz angesichts einer bevorstehenden Gefahr Dankgebet nach dem Entkommen einer Gefahr vor dem Schlafengehen in Erwartung des nahen Todes

III – Gebete für andere für jemanden, der in Kummer ist Dankgebet für eine Wohltat, die jemand anderem gewährt wurde für unsere Feinde und diejenigen, die uns Böses wünschen Dankgebet für das unseren Feinden gewährt Gute für die Feinde des Spiritismus für ein neugeborenes Kind für einen Sterbenden

IV – Gebete für diejenigen, die nicht mehr auf der Erde leben für jemanden, der gerade verstorben ist für geliebte Menschen für die leidenden Seelen, die um Gebete bitten für einen verstorbenen Feind für einen Kriminellen für einen Selbstmörder für die reumütigen Geistwesen für die verhärteten Geistwesen

V – Gebete für kranke und unter Obsession* leidende Menschen für die Kranken für unter Obsession leidende Menschen

*Anmerkung: Im Spiritismus wird es als Obsession bezeichnet, wenn ein oder mehr spirituell wenig entwickelte Geistwesen aus Bosheit, Rache oder sogar unbewusst einem Menschen nicht von der Seite weichen und ihm Schaden zufügen.

d) Himmel und Hölle Dieses Buch wurde im August 1865 mit dem Titel Himmel und Hölle oder die göttliche Gerechtigkeit im Lichte des Spiritismus veröffentlicht. Sein Inhalt beruht auf den Kapiteln 1 und 2 des vierten Teils von Das Buch der Geister (betitelt “Hoffnungen und Tröstungen”). Im ersten Teil des Buches werden polemische Themen wie der Himmel, die Hölle, das Fegefeuer, das Paradies, die Engel, die ewigen Strafen und die göttliche Gerechtigkeit ohne Mystizismus, Aberglauben und Dogmen analysiert und gemäß der spiritistischen 40

Lehre erläutert. Der zweite Teil beinhaltet diverse Berichte verschiedener Geistwesen, darunter einstiger Adliger, Gelehrter, Bauern, Verbrecher, Selbstmörder, Bettler usw. Darin schildern sie unter anderem, wie sie ihr Leben auf der Erde führten, was die Drangsale ihres irdischen Daseins und den Tod ihres physischen Körpers verursachte, wie sie den Übergang ihres Geistes in die geistige Welt erlebten und in welchem Zustand sie dort eintrafen. Es handelt sich somit um ein lehrreiches Buch, aus dem hervorgeht, wie sich die Art, wie man sein Leben auf der Erde führt, auf sein zukünftiges Leben in der geistigen Welt negativ oder positiv auswirkt. Das Buch Himmel und Hölle ist in zwei Teile aufgegliedert: - Erster Teil: Die Lehre Kapitel I:

Die Zukunft und das Nichts

Kapitel II:

Die Angst vor dem Tod  Ursachen für die Angst vor dem Tod  Warum Spiritisten den Tod nicht fürchten

Kapitel III:

Der Himmel

Kapitel IV:

Die Hölle  Die Vorahnung der zukünftigen Strafen  Die christliche Hölle: eine Nachahmung der heidnischen Hölle  Die Vorhölle  Bild der heidnischen Hölle  Bild der christlichen Hölle

Kapitel V:

Das Fegefeuer

Kapitel VI:

Die Lehre der ewigen Strafen  Der Ursprung der Lehre der ewigen Strafen  Argumente, die die ewigen Strafen stützen  Die sachliche Unmöglichkeit der ewigen Strafen  Die Lehre der ewigen Strafen hat ihre Zeit gehabt  Ezechiel gegen die Ewigkeit der Strafen und die Erbsünde

Kapitel VII:

Die zukünftigen Strafen im Lichte des Spiritismus  Das Fleisch ist schwach  Grundsätze der spiritistischen Lehre bezüglich zukünftiger Strafen  Strafgesetze des zukünftigen Lebens

Kapitel VIII:

Die Engel  Die Engel aus der Sicht der Kirche 41

 Widerlegung  Die Engel im Lichte des Spiritismus Kapitel IX:

Die Dämonen  Ursprung des Glaubens an Dämonen  Die Dämonen aus der Sicht der Kirche  Die Dämonen im Lichte des Spiritismus

Kapitel X:

Intervention von Dämonen in den modernen Manifestationen

Kapitel XI:

Vom Verbot der Anrufung Toter

- Zweiter Teil: Beispiele Kapitel I:

Der Übergang

Kapitel II:

Glückliche Geistwesen  Herr Sanson  Der Tod des Gerechten  Herr Jobard  Samuel Filipe  Herr van Durst  Sixdeniers  Doktor Demeure  Witwe Foulon, geborene Wollis  Ein russischer Arzt  Bernardin  Gräfin Paula  Jean Reynaud  Antoine Costeau  Fräulein Emma Livry  Doktor Vignal  Victor Lebufle  Frau Anais Gourdon  Maurice Gontran

Kapitel III:

Geistwesen in mittelmäßiger Lage  Joseph Bré  Frau Hélène Michel 42

 Der Marquis von Saint-Paul  Herr Cardon, Arzt  Eric Stanislas  Frau Anna Belleville Kapitel IV:

Leidende Geistwesen  Die Strafe  Novel  Auguste Michel  Reue eines Lebemannes  Lisbeth  Fürst Ouran  Pascal Lavic  Ferdinand Bertin  François Riquier  Claire

Kapitel V:

Selbstmörder  Der Selbstmörder im Samariterhaus  Der Vater und der einberufene Sohn  François-Simon Louvet  Eine Mutter und ihr Sohn  Doppelselbstmord aus Liebe und aus Pflicht  Ludwig und die Stiefelettenstepperin  Ein Atheist  Félicen  Antoine Bell

Kapitel VI:

Reumütige Verbrecher  Verger, Mörder des Erzbischofs von Paris  Lemaire  Benoist  Der Geist von Castelnaudary  Jakob Latour

Kapitel VII:

Verstockte Geistwesen 43

 Lapommeray  Angela, auf Erden ein nutzloser Mensch  Ein gelangweiltes Geistwesen  Die Königin von Oude  Xumène Kapitel VIII: Irdische Sühnen  Marcel, das entstellte Kind  Szymel Slizgol  Julienne-Marie, eine arme Frau  Max, ein Bettler  Geschichte eines Bediensteten  Antonio B.  M. Letil  Ein ehrgeiziger Gelehrter  Charles de Saint-G., ein geistig Behinderter  Adélaide-Marguerite Gosse  Clara Rivier  Françoise Vernhes  Anna Bitter  Joseph Maître, ein Blinder

e) Genesis Im Januar 1868 erschienen, ist dieses Buch das zuletzt veröffentlichte Grundwerk der spiritistischen Lehre und untersucht sorgfältig drei Themen, nämlich die Genesis (die biblische Geschichte der Weltschöpfung) sowie die im Evangelium berichteten Wunder und Weissagungen. Sein Inhalt beruht auf folgenden Kapiteln von Das Buch der Geister:  Kapitel

2, 3 und 4 von Teil 1 (betitelt “Die ersten Ursachen”);

 Kapitel

9, 10 und 11 von Teil 2 (betitelt “Welt der Geistwesen”);

 Kapitel

4 und 5 von Teil 3 (betitelt “Die moralischen Gesetze”).

In diesem Buch zeigt Allan Kardec unter anderem die Übereinstimmungen der in der Bibel geschilderten Genesis – ohne die Allegorien aus der Zeit, als sie niedergeschrieben wurde – mit den Erkenntnissen der Wissenschaft auf. Er erklärt die Wunder ohne Mystizismus, indem er sie als Phänomene beschreibt, welche durch Naturgesetze regiert werden, die der Wissenschaft noch unbekannt sind. Und er weist darauf hin, dass die Religionen, sobald sie aufgeklärt und entsprechend reformiert sind, durchaus mit der Wissenschaft vereinbar sein und diese ergänzen werden. 44

Das Buch Genesis ist folgendermaßen aufgebaut:

 Erster Teil: Die Genesis - Kapitel I: Merkmale der spiritistischen Offenbarung - Kapitel II: Gott Die Existenz Gottes Über die göttliche Natur Die Vorsehung Der Anblick Gottes - Kapitel III: Das Gute und das Böse Der Ursprung des Guten und des Bösen Instinkt und Intelligenz Die Vernichtung der Lebewesen untereinander - Kapitel IV:

Die Rolle der Wissenschaft in der Genesis

- Kapitel V:

Alte und moderne Weltordnungen

- Kapitel VI:

Allgemeine Beschreibung des Himmels

Raum und Zeit Materie Gesetze und Kräfte Die erste Schöpfung Die universelle Schöpfung Sonnen und Planeten Die Satelliten Die Kometen Die Milchstraße Die Fixsterne Die Wüsten des Weltraums Die ewige Aufeinanderfolge der Welten Das universelle Leben Vielfalt der Welten - Kapitel VII: Geologische Skizze der Erde 45

Geologische Perioden Ursprünglicher Zustand des Globus Primärzeit Übergangszeit Erdmittelalter Das Tertiär Die Zeit der Sintflut Nachsintflutliche oder aktuelle Zeit. Geburt des Menschen - Kapitel VIII: Theorien zur Entstehung der Erde Theorie des Herausschleuderns Theorie der Kondensierung Theorie der Krustenbildung Die Seele der Erde - Kapitel IX: Umwälzende Veränderungen des Globus Allgemeine oder teilweise umwälzende Veränderungen Alter der Gebirge Biblische Sintflut Periodische umwälzende Veränderungen Zukünftige Naturkatastrophen Zunahme oder Abnahme des Erdvolumens - Kapitel X: Organische Genesis (organische Schöpfungsgeschichte) Erste Bildung von Lebewesen Das Lebensprinzip Spontanzeugung bzw. Urzeugung Stufenleiter der organischen Wesen Der körperliche Mensch - Kapitel XI: Spirituelle Genesis (spirituelle Schöpfungsgeschichte) Das spirituelle Prinzip Verbindung des geistigen Prinzips mit der Materie Hypothese über den Ursprung des menschlichen Körpers Inkarnation der Geistwesen Reinkarnationen Abwanderung und Zuwanderung der Geistwesen 46

Adamische Rasse Lehre der gefallenen Engel und des verlorenen Paradieses - Kapitel XII: Die Genesis nach dem ersten Buch Mose Die sechs Tage Das verlorene Paradies

 Zweiter Teil: Die Wunder - Kapitel XIII: Merkmale der Wunder Die Wunder im theologischen Sinne Der Spiritismus bewirkt keine Wunder Vollbringt Gott Wunder? Das Übernatürliche und die Religionen - Kapitel XIV: Die Fluiden I. Natur und Eigenschaften der Fluiden Fluidische Elemente Bildung und Eigenschaften des Perispirits Einwirkung der Geistwesen auf die Fluiden. Fluidische Schöpfungen. Photographie des Gedankens Eigenschaften der Fluiden II. Erklärung einiger Phänomene, die für übernatürlich gehalten werden Spirituelles oder psychisches Sehen. Zweites Gesicht. Somnambulismus. Träume Katalepsie bzw. Starrsucht. Auferweckungen Heilungen Erscheinungen. Verklärungen Physikalische Manifestationen. Medialität Obsession* und Besessenheit *Anmerkung: Im Spiritismus wird es als Obsession bezeichnet, wenn ein oder mehr spirituell wenig entwickelte Geistwesen aus Bosheit, Rache oder sogar unbewusst einem Menschen nicht von der Seite weichen und ihm Schaden zufügen. - Kapitel XV: Die Wunder des Evangeliums Die überlegene Natur Jesu 47

Träume Der Stern der Weisen Zweites Gesicht Der Einzug Jesu in Jerusalem Der Judaskuss Der wundersame Fischfang Die Berufung des Petrus, Andreas, Jakob, Johannes und Matthäus Heilungen Blutfluss Der Blinde von Bethsaida Der Gelähmte Die zehn Leprakranken Die verdorrte Hand Die verkrümmte Frau Der Gelähmte vom Teich Der Blindgeborene Zahlreiche Heilungen Jesu Besessene Auferweckungen Die Tochter des Jairus Der Sohn der Witwe aus Nain Jesus geht auf dem Wasser Verklärung Der besänftigte Sturm Die Hochzeit zu Kana Die Brotvermehrung Der Sauerteig der Pharisäer Das Brot des Himmels Die Versuchung Jesu Wunder beim Tod Jesu Erscheinungen Jesu nach seinem Tod Das Verschwinden des Körpers Jesu

 Dritter Teil: Die Vorhersagen im Lichte des Spiritismus - Kapitel XVI: Theorie des Vorherwissens 48

- Kapitel XVII: Vorhersagen des Evangeliums Ein Prophet gilt nirgends weniger als im eigenen Land Tod und Leiden Jesu Verfolgung der Apostel Unbußfertige Städte Untergang des Tempels und von Jerusalem Verwünschung der Pharisäer Meine Worte werden nicht vergehen Der Eckstein Gleichnis von den bösen Winzern Eine einzige Herde und ein einziger Hirte Ankunft des Elias Ankündigung des Trösters Zweite Ankunft Christi Vorzeichen Eure Söhne und eure Töchter werden weissagen Letztes Gericht - Kapitel XVIII: Die Zeit ist gekommen Zeichen der Zeit Die neue Generation

9) Die drei Aspekte der spiritistischen Lehre Nach den in den fünf Grundwerken der spiritistischen Lehre beinhalteten Informationen zu urteilen, weist der Spiritismus drei Aspekte auf: 

einen wissenschaftlichen Aspekt, denn er beweist die Existenz der Seele und der geistigen Welt sowie deren Beziehung zur materiellen Welt. Er zeigt, dass der Mensch eine Seele besitzt, die den Tod überlebt, ihre Identität in der geistigen Welt bewahrt und mit den Menschen in der materiellen Welt kommunizieren kann. Außerdem erklärt er, dass die Fähigkeit der Seelen verstorbener Menschen, mit der materiellen Welt zu kommunizieren und diese zu beeinflussen, zu den Naturphänomenen zählt und die wahre Ursache zahlreicher bis heute unverständlicher Ereignisse ist, die aus diesem Grund für übernatürlich gehalten werden.



einen philosophischen Aspekt, denn der Spiritismus erklärt den Zweck des Lebens auf der Erde und das Schicksal der Seele nach dem Tod, indem er Fragen klärt, mit denen sich der Mensch schon immer auseinandersetzte, ohne darauf eine abschließende Antwort zu finden, wie zum Beispiel: 

Existiert Gott wirklich? 49





Woher kommt der Mensch, wohin geht er und warum ist er vorübergehend auf der Erde?



Warum gibt es so viele Ungleichheiten auf der Erde?



Aus welchem Grund hat der Mensch im Leben mit so vielen Drangsalen zu kämpfen?



Gibt es überhaupt Leben nach dem Tod? Falls ja, wie geht das Leben dann weiter?

zum Schluss weist der Spiritismus auch einen religiösen Aspekt auf, denn er wirft Licht auf diverse Themen, welche die Basis aller Weltreligionen bilden wie etwa Gott, die Existenz der Seele und das Leben nach dem Tod. Er erklärt, dass das Leben der Menschen in der geistigen Welt die Folge dessen ist, wie sie auf der Erde lebten, warnt somit vor dem negativen Einfluss des Materialismus und betont die Wichtigkeit des Wohlwollens, der Brüderlichkeit, des Altruismus, der Demut, der Solidarität und der Arbeit zugunsten des Wohlbefindens der Mitmenschen. Das heißt, der religiöse Aspekt des Spiritismus beruht vollkommen auf den Lehren Jesu, erläutert diese mit Klarheit und zeigt die beträchtlichen positiven Auswirkungen auf das irdische und geistige Leben derjenigen, die sich um deren Umsetzung bemühen.

10) Die Glaubwürdigkeit der Lehren der Geistwesen Was die Lehren der Geistwesen, die in den Grundwerken des Spiritismus beinhaltet sind, glaubwürdig macht, ist die Tatsache, dass Allan Kardec sich an zwei wichtigen Kriterien orientierte, um sie zu akzeptieren: der Allgemeinheit (bzw. der Universalität) und der Übereinstimmung jeder einzelnen Lehre. Das heißt, bevor Kardec eine durch ein bestimmtes Geistwesen übermittelte Information als neue Lehre annahm, unterzog er sie zuerst der Kontrolle der Vernunft, der Logik und des gesunden Menschenverstandes. Danach prüfte er, ob diese neue Information auch von anderen Geistwesen in anderen Gruppen übermittelt worden war (Kriterium der Allgemeinheit der Lehren der Geistwesen). Falls nicht, ging er zu mehreren Gruppen, wo er andere Geistwesen zu der Information befragte, deren Echtheit er prüfen wollte. Dann analysiert er die in jeder Gruppe empfangenen Antworten und verglich sie miteinander. So nahm er die neue Information als neue Lehre nur an, wenn jede einzelne Antwort sie bestätigte (Kriterium der Übereinstimmung der Lehren der Geistwesen). Einer der Gründe für die schnelle Verbreitung des Spiritismus im 19. Jahrhundert war die Tatsache, dass überall alle Menschen, die an seriösen Sitzungen zur Kommunikation mit Geistwesen teilnahmen, direkt von diesen eine Bestätigung der in den fünf Grundwerken des Spiritismus beinhalteten Lehren erhielten. Deren Allgemeinheit und Übereinstimmung sind somit das wesentliche Merkmal der spiritistischen Lehre, die Voraussetzung für ihre Existenz. Daraus folgt, dass jede neue Information, die von Geistwesen übermittelt wird, erst als Teil der spiritistischen Lehre betrachtet werden kann, nachdem sie durch diese beiden Kontrollmittel bestätigt wurde. Andernfalls stellt sie lediglich eine isolierte Meinung dar. In Hinsicht auf die Allgemeinheit und Übereinstimmung der Lehren der Geistwesen macht Allan Kardec in der Einleitung von Das Evangelium im Lichte des Spiritismus folgende Bemerkung: “Wenn die spiritistische Lehre eine ausschließlich menschliche Auffassung wäre, hätte 50

sie als Garantie nur die Kenntnisse desjenigen, der sie verfasst hätte. Nun, niemand auf dieser Welt könnte den Anspruch darauf erheben, als Einziger über die absolute Wahrheit zu verfügen. Wenn die Geistwesen, die diese Lehre offenbarten, sich nur einem Menschen manifestiert hätten, würde nichts ihre Herkunft beweisen können. Denn es wäre notwendig, demjenigen Glauben zu schenken, der behauptete, von ihnen die Lehre erhalten zu haben. Würde man seine absolute Aufrichtigkeit anerkennen, so könnte er bestenfalls die Menschen in seinem Umfeld von der Lehre überzeugen. Er könnte zwar Anhänger sammeln, aber es würde ihm niemals gelingen, alle Menschen zu vereinigen. Gott wollte, dass die neue Offenbarung auf einem schnelleren und glaubwürdigeren Weg an alle Menschen übermittelt wurde. So beauftragte er die Geistwesen, sie von einem Ende der Welt zum anderen zu bringen, sich überall zu manifestieren, ohne jemandem das ausschließliche Privileg zu geben, ihr Wort zu hören. Ein Mensch kann getäuscht werden und sich irren. Dies geschieht jedoch nicht, wenn Millionen von Menschen das Gleiche sehen und hören, was für jeden Einzelnen einen Echtheitsbeweis darstellt. Außerdem kann man einen Menschen verschwinden lassen, aber nicht die Allgemeinheit. Man kann Bücher verbrennen, aber nicht die Geistwesen. Selbst wenn alle Bücher verbrannt würden, würde die Quelle der spiritistischen Lehre dennoch unerschöpflich bleiben. Denn sie befindet sich nicht auf der Erde, sondern sie taucht überall auf und jeder kann sich deren bedienen. Wenn es an Menschen mangelt, die sie verbreiten, wird es hingegen immer Geistwesen geben, die alle erreichen und dennoch selbst von niemandem erreicht werden können. Es sind daher die Geistwesen selbst, die in Wirklichkeit die spiritistische Lehre verbreiten, und zwar mit Hilfe unzähliger Medien, die sie überall hervorbringen. Wenn es einen einzigen Vermittler gegeben hätte, so sehr dieser auch privilegiert gewesen wäre, dann wäre der Spiritismus kaum bekannt. (…) Der Spiritismus hat keine Nationalität und gehört zu keinem vorhandenen Kult; keine Gesellschaftsklasse diktiert ihn, da jeder Unterweisungen von seinen Verwandten und Freunden aus der geistigen Welt erhalten kann. Es ist notwendig, dass es so geschieht, damit er alle Menschen zur Brüderlichkeit aufrufen kann. Wenn er sich nicht auf neutralem Boden befände, würde er die Streitigkeiten aufrechterhalten, anstatt sie beizulegen. Diese Universalität der Lehre der Geistwesen bildet die Aussagekraft des Spiritismus und erklärt auch seine derart rasche Verbreitung. Während die Stimme eines einzigen Individuums, selbst mit Hilfe der Druckerei, Jahrhunderte benötigen würde, bis sie alle Menschen erreichte, verschaffen sich Millionen von Stimmen zugleich an allen Punkten der Welt Gehör, um die gleichen Grundsätze zu verkünden und sie an die unwissendsten wie auch an die gelehrtesten Menschen zu übermitteln, damit niemand benachteiligt wird. Dies ist ein Vorteil, den keine der bis heute erschienenen Lehren genoss. (…) Der Grundsatz der Übereinstimmung ist auch eine Garantie gegen Veränderungen, welche die Sekten, die des Spiritismus zum eigenen Nutzen bemächtigen und ihn nach ihrem Geschmack anpassen möchten, ihm aufzwingen könnten. Wer auch immer versuchen würde, ihn von seinem durch die Vorsehung bestimmten Ziel abzulenken, würde aus dem einfachen Grund daran scheitern, dass die Geistwesen, aufgrund der Universalität ihrer Lehre, jede Veränderung zu Fall bringen werden, die sich von der Wahrheit entfernt.”

11) Der Geist der Wahrheit und der im Evangelium verkündete Tröster 51

Trotz der Tatsache, dass die Manifestationen von Geistwesen ein seit Menschengedenken beobachtetes Phänomen sind – was unter anderem aus den heiligen Schriften von praktisch allen Religionen hervorgeht – fanden sie im 19. Jahrhundert so häufig und weit verbreitet statt wie nie zuvor. Als die Geistwesen nach dem Grund für diese Aufsehen erregenden Manifestationen gefragt wurden – infolge derer zahlreiche Menschen begannen, mit Geistwesen zu kommunizieren – gaben sie einstimmige Antworten, die sich wie folgt zusammenfassen lassen: “Die von der Vorsehung festgelegten Zeiten für eine weltweite Manifestation sind gekommen. Sie sollen die Finsternis der Unwissenheit und der Vorurteile auflösen. Es ist ein neues Zeitalter, das anbricht und die (moralische) Erneuerung der Menschheit vorbereitet.” Von dem Geist der Wahrheit erhielt Kardec folgende Botschaft, welche die oben Stehende bestätigt und in Das Evangelium im Lichte des Spiritismus (bzw. Das Evangelium aus der Sicht des Spiritismus) veröffentlicht wurde: “Die Geistwesen des Herrn, welche die Tugenden des Himmels sind, verteilen sich über die ganze Welt wie ein immenses Heer, das sich gleich nach Erhalt der Anweisung in Bewegung setzt. Ähnlich wie Sternschnuppen kommen sie, um den Weg zu erleuchten und die Augen der Blinden zu öffnen. Wahrlich, ich sage euch, die Zeiten sind gekommen, wo alle Dinge in ihrem wahren Sinn wieder richtig gestellt werden müssen, um die Finsternis aufzulösen, die Hochmütigen zu beschämen und die Gerechten zu preisen. (…)” Wer aber ist der Geist der Wahrheit und was hatte er mit der besagten Massenmanifestation von Geistwesen zu tun? Bei dieser Frage verweisen die Geistwesen, damals wie heute, auf folgende Ankündigung Jesu, die im Evangelium festgehalten ist: “Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. Und ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Tröster geben, der für immer bei euch bleiben soll. Es ist der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird.(...) Der Tröster aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.” (Johannes 14,15-17 u. 26) Doch ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich fortgehe. Denn wenn ich nicht fortgehe, wird der Tröster nicht zu euch kommen; wenn ich aber gehe, so werde ich ihn zu euch senden. (...) Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in die ganze Wahrheit führen. Denn er wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird sagen, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird. Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden.” (Johannes 16, 7-14) Das heißt, die Geistwesen behaupten, dass der Geist der Wahrheit, der gelegentlich mit Kardec kommunizierte, um ihm bei der Verbreitung des Spiritismus Anweisungen zu geben, genau der Geist der Wahrheit ist, den Jesus in den oben stehenden Auszügen aus dem Evangelium meinte. Bei dieser Behauptung war es endlich möglich, den Grund für die Massenmanifestation von Geistwesen im 19. Jahrhundert und die daraus resultierende Entstehung des Spiritismus unter der Leitung eines Geistwesens, das sich selbst als Geist der Wahrheit identifizierte, zu verstehen. Schließlich erläutern diese Auszüge, dass Jesus, 52

kurz bevor er gekreuzigt wurde, seinen Aposteln mitteilte, dass seine Stunde zwar nahe war, aber ein anderer Tröster in seinem Namen gesandt werden würde, nämlich der Geist der Wahrheit, den die Welt noch nicht kannte, da sie damals noch nicht in der Lage war, ihn zu verstehen. Dementsprechend, wenn der Geist der Wahrheit erst nach Jesus kommen sollte, um die Menschen alles zu lehren, bedeutet es, dass Jesus nicht alles gelehrt hatte, was sie noch lernen sollten, da sie ihn sonst nicht verstanden hätten. Und wenn der Geist der Wahrheit daran erinnern sollte, was Jesus bereits gesagt hatte, bedeutet es, dass das, was er gesagt hatte, entweder vergessen, nicht verstanden, missdeutet oder sogar absichtlich verzerrt werden würde. Aus diesem Grund ist der Geist der Wahrheit damit betraut, an die Lehren Jesu zu erinnern, indem sie gemäß ihrer ursprünglichen Bedeutung erläutert werden. Aber wer oder was ist der Tröster, den Jesus meinte? Als er sagte: “Und ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Tröster geben”, stellte Jesus klar, dass er selbst nicht der besagte Tröster sein würde. Denn in diesem Fall hätte er sich mit ähnlichen Worten ausgedrückt wie: “Ich werde zurückkommen, um zu vollenden, was ich euch gelehrt habe.” Außerdem fügte er hinzu: “der für immer bei euch bleiben soll und er wird in euch sein.” Jesus kann damit keinen Menschen gemeint haben, da dieser nicht für immer bei uns bleiben könnte, geschweige denn in uns. Dennoch leuchtet seine Äußerung ein, wenn sie sich auf eine Reihe von Lehren bezieht, die, sobald gelernt und begriffen, für immer in uns sein kann. Der Tröster ist demzufolge die Verkörperung einer äußerst tröstlichen Lehre, die der Geist der Wahrheit bekannt machen soll. Wann soll dies aber stattfinden? Wenn zu der Zeit, als Jesus dies verkündete, die Menschen nicht imstande waren, das, was er noch zu lehren hatte, zu begreifen, dann würden sie auch nicht innerhalb weniger Jahre über das notwendige Wissen verfügen, um dies zu tun. Um gewisse Stellen des Evangeliums verstehen zu können – mit Ausnahme der Lehren mit moralischem Inhalt – waren Kenntnisse notwendig, die erst der Fortschritt der Wissenschaft im Laufe vieler Generationen ermöglichen würde. Wenn der verkündete Tröster daher kurz nach dem Tod Jesu gekommen wäre, hätte er die Menschen immer noch in derselben Lage angetroffen und sie somit nicht mehr lehren können als das, was Jesus sie bereits gelehrt hatte. Mit Hilfe der Wissenschaft, die im 19. Jahrhundert günstige Bedingungen vorfand, um sich uneingeschränkt zu entwickeln, schwand allmählich das Unwissen über die Naturgesetze, das den Menschen lange Zeit an das Joch des Mystizismus und des Aberglaubens gefesselt gehalten hatte. So konnte man seriöse Forschungen anstellen, um ohne vorgefasste Meinung die durch die Einwirkung von Geistwesen hervorgerufenen Phänomene zu untersuchen und deren Echtheit anhand der Beobachtung, der Vernunft, des gesunden Menschenverstandes und der Logik zu bestätigen. Dies war der Grund, warum die Vorsehung das 19. Jahrhundert für eine Massenmanifestation von Geistwesen in diversen Ländern auswählte, welche die Ankunft des verkündeten Trösters markierte. Der Spiritismus, bestehend aus einer Sammlung von Lehren und Erläuterungen, die direkt von Geistwesen unter der Leitung des Geistes der Wahrheit übermittelt werden, erfüllt alles, was Jesus über den von ihm angekündigten Tröster voraussagte: Er klärt den Menschen darüber auf, wo er herkommt, wo er hingeht und warum er sich vorübergehend auf der Erde befindet. Er erklärt unmissverständlich die wahre Bedeutung der Lehren Jesu, von denen einige bis heute zu Spekulationen und unterschiedlichen Interpretationen führen. Außerdem, mit Hilfe der bislang unbekannten Naturgesetze, die er offenbart, und durch die Vereinigung dieser Gesetze mit denen, die der Wissenschaft bereits bekannt sind, ermöglicht er das Verständnis von Phänomenen spirituellen Ursprungs, die früher unverständlich waren und deswegen als übernatürlich galten. Er belegt die Existenz der 53

Seele und der geistigen Welt, die uns umgibt, wodurch er in den Menschen einen unerschütterlichen Glauben an das Weiterleben nach dem Tod erweckt. Die Ungewissheit darüber, was nach dem Tod geschehen wird, verschwindet und quält sie nicht mehr. Da er den Menschen die Gründe für die Drangsale des Lebens auf der Erde erklärt, lassen sie sich dadurch nicht mehr so betrüben wie früher. Und die Gewissheit, dass sie nach dem Tod ein besseres Leben erwartet – falls sie auf der Erde möglichst auf der Grundlage guter moralischer Werte zu leben suchen – gibt ihnen Trost, Mut und die Entschlossenheit, sich bis zum Ende ihres irdischen Daseins den Herausforderungen des Alltags zu stellen, ohne zu verzweifeln. Schließlich zeigt der Spiritismus die negativen Auswirkungen des Bösen und somit die Notwendigkeit des Guten auf, indem er praktische Beispiele in Form von Berichten von Geistwesen über ihre eigenen Erfahrungen auf der Erde und später in der geistigen Welt liefert. Und dadurch weist er darauf hin, dass es sich tatsächlich lohnt, an sich selbst zu arbeiten und jeden Tag weniger stolz, weniger egozentrisch, weniger materialistisch, einfühlsamer und rücksichtsvoller zu seinen Mitmenschen zu sein.

54

Spiritismus und Wissenschaft Der Mensch hat den natürlichen Wunsch, glücklich zu sein. Um seine unersättliche Wissbegierde zu stillen und sein Wohlbefinden kontinuierlich zu steigern, fühlt er sich durch die unaufhörliche Weiterentwicklung der Wissenschaft zum Fortschritt angetrieben. Dennoch, sobald er alle Errungenschaften, die der geistige Fortschritt ermöglichen kann, in vollen Zügen genossen hat, wird er feststellen, dass sein angestrebtes Glück unvollkommen bleibt. Er wird erkennen, dass es ohne Harmonie unter den Menschen noch in weiter Ferne liegt. Und er wird einsehen, dass diese Harmonie nur mit Hilfe des moralischen Fortschrittes möglich ist. So wird er früher oder später den menschlichen Fortschritt bewusst in diese Richtung lenken, wobei der Spiritismus eine bedeutende Rolle spielen wird. Für viele Menschen stellt der Widerstand der Wissenschaft gegen die Erkenntnis des Lebens nach dem Tod, wenn nicht einen Beweis, dann doch ein starkes Argument dagegen dar. Dennoch wimmelt die Geschichte von Beispielen großer Irrtümer der Wissenschaft. Dies zeigt, dass das beste Kriterium für ein unbestreitbares Argument nicht unbedingt die Meinung der Gelehrten ist, sondern das, was die Fakten offenbaren. Ohne Fakten ist die Ungewissheit die weiseste und vernünftigste Meinung. Die Wissenschaft beruht auf den Eigenschaften der Materie, die nach Lust und Laune bearbeitet und geprüft werden kann. Die Phänomene hingegen, die von der Manifestation von Geistwesen herrühren, basieren auf der Einwirkung von Intelligenzen, die einen eigenen Willen besitzen und uns beweisen, dass sie uns nicht nach unserer Lust und Laune zur Verfügung stehen. Demzufolge kann deren Erforschung nicht auf die gleiche Weise stattfinden: Sie verlangen spezielle Untersuchungsbedingungen und einen neuen Ausgangspunkt. Wenn man daher solche Phänomene den üblichen Untersuchungsverfahren unterzieht, dann geht man mit ihnen genauso um wie mit Phänomenen materieller Natur, obwohl sie keine Ähnlichkeiten miteinander aufweisen. Das heißt, die herkömmliche Wissenschaft verfügt noch nicht über die erforderliche Kompetenz, um sich glaubwürdig über den Spiritismus zu äußern. Denn ihre Analyse erfolgt unter einem ausschließlich materiellen Gesichtspunkt. Dennoch, sobald der Spiritismus allgemein bekannt ist, wird mit ihm geschehen, was mit allen neuen Ideen geschieht, die am Anfang auf Widerstand stoßen: Früher oder später werden sich die Gelehrten den Fakten beugen müssen. Bis dahin ist es sinnlos, mit ihnen über etwas zu diskutieren, was ihrer Welt fremd ist. Außerdem vergessen diejenigen, die ohne ein sorgfältiges Studium des Themas alle verspotten, die ihre Ansicht nicht teilen, dass das Gleiche mit der Mehrheit der großen Entdeckungen der Menschheit geschah. Sie riskieren es, ihre eigenen Namen in der langen Liste der Anfechter bahnbrechender Ideen zu sehen wie etwa der Gelehrtenversammlung, die 1752 mit Spott und Gelächter den Bericht Benjamin Franklins über den Blitzableiter entgegennahm. Sie hielt ihn für unwürdig, diskutiert zu werden. Wenn aber diese Versammlung, zu der die damalige Gelehrtenelite der Welt zählte, nur Spott und Sarkasmus für eine Idee übrig hatte, die sie nicht verstand und einige Jahre später die Wissenschaft sowie die Gesellschaft revolutionieren würde, warum sollte man dann erwarten, dass ein den Gelehrten von heute vollkommen fremdes Thema wie der Spiritismus besser aufgenommen wird? Wenn etwas Neues, was nicht in den Bereich einer bereits bekannten Wissenschaft gehört, auftritt, müssen die Gelehrten im Kopf behalten, dass es eine neue Herangehensweise erfordert, die jede vorgefasste Meinung ausschließt. Jene, die in 55

der Vergangenheit von den bewundernswerten Entdeckungen, auf die heute die Menschheit stolz ist, nichts hielten, beriefen sich auf die Vernunft, die aber oft nur verborgener Stolz war. Der Spiritismus wendet sich somit an diejenigen, die daran zu zweifeln vermeiden, was sie noch nicht sahen und – die Zukunft nach der Vergangenheit beurteilend – nicht glauben, dass der Mensch auf dem Höhepunkt seines Fortschrittes angelangte, oder dass die Natur bereits ihr letztes Geheimnis preisgab.

56

Die Manifestation von Geistwesen Die Seelen der verstorbenen Menschen bevölkern die als geistige Welt bekannte unsichtbare Welt, die uns umgibt. Überlieferungen im Laufe der Geschichte sowie die heiligen Schriften aller Religionen berichten, dass Geistwesen schon immer die Fähigkeit besaßen, sich zu manifestieren, um mit den Menschen zu kommunizieren. Dennoch ab dem 19. Jahrhundert nahmen die Manifestationen von Geistwesen an Zahl und Intensität drastisch zu, denn es gehörte zu den Zielen der göttlichen Vorsehung, anhand unbestreitbarer Beweise dem Unglauben und dem Materialismus ein Ende zu setzen. Hierbei wurde es den Seelen von Menschen, welche die Erde bereits verlassen hatten, ermöglicht, ihre Existenz nachzuweisen und ihre glückliche oder unglückliche Lage in der geistigen Welt zu schildern. Da die materielle Welt von der geistigen Welt umgeben ist, wirken beide unaufhörlich aufeinander ein. Diese gegenseitige Einwirkung ist der Ursprung einer Vielzahl von Phänomenen, die aufgrund der Unkenntnis dieser Tatsache als übernatürlich gelten. Der gegenseitige Einfluss zwischen der materiellen und der geistigen Welt ist nur eines unter vielen anderen Naturgesetzen – wie etwa dem Gesetz der Schwerkraft – die für das harmonische Zusammenspiel von allem, was im Universum existiert, sorgt. Falls es aufhörte, würde diese Harmonie erschüttert werden; ähnlich einem Mechanismus, dem ein Getriebe entnommen würde. Da dieser gegenseitige Einfluss durch ein Naturgesetz regiert wird, folgt daraus, dass alle von ihm hervorgerufenen Phänomene nichts Übernatürliches aufweisen. Vor der Entstehung des Spiritismus erschienen sie nur deswegen übernatürlich, weil ihre Ursache noch unbekannt war. Das Gleiche geschah auch beispielsweise mit gewissen Phänomenen der Elektrizität wie dem Blitz, bevor deren wahre Ursache entdeckt wurde. Der Mensch hatte schon immer die Intuition einer höheren Macht. Dies brachte ihn zu allen Zeiten der Geschichte dazu, alle Phänomene, deren Ursache ihm unbekannt war, der direkten Einwirkung dieser Macht zuzuschreiben und sie für wundersam oder übernatürlich zu halten. Durch den Fortschritt der Wissenschaft und die Kenntnis diverser Naturgesetze, gingen diese Phänomene nach und nach aus dem Bereich des Übernatürlichen in den der Naturphänomene über. Was daher einst übernatürlich erschien, ist es heute nicht mehr, und was noch heute als übernatürlich gilt, wird in Zukunft nicht mehr als solches gelten. Aufgrund von deren außergewöhnlichen Merkmalen waren die Phänomene, die von der Manifestation von Geistwesen herrührten, für einen Großteil der im Laufe der Geschichte als übernatürlich geltenden Ereignisse verantwortlich. Es sollte aber die Zeit kommen, zu der das Naturgesetz, das sie regiert, bekannt werden und sie schließlich als Naturphänomene einordnen würde. Diese Zeit ist gekommen und, indem der Spiritismus dieses Naturgesetz offenbart, liefert er den Schlüssel zum Verständnis der Stellen in den heiligen Schriften aller Religionen, an denen solche Phänomene erwähnt werden. Ein Ereignis gilt als wundersam, wenn es eine Aufhebung der Naturgesetze darstellt. Wenn aber ein Phänomen unter gleichen Bedingungen so oft vorgeführt werden kann, wie man es sich wünscht, dann liegt dies daran, dass es einem Naturgesetz unterliegt und somit kein wundersames Ereignis ist. Zwar kann dieses Naturgesetz unbekannt sein, dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass es existiert. Die Zeit sorgt dafür, dass es bekannt wird. Die Kirche hat durch die zurückgehende Anzahl wundersamer Ereignisse nichts zu 57

fürchten. Denn durch seine bewundernswerten Naturgesetze zeigt Gott seine Größe viel deutlicher als durch deren Aufhebung. Jede Religion hat an Autorität zu gewinnen, wenn sie dem Fortschritt der Wissenschaft folgt, und hat viel zu verlieren, wenn sie das mit Hilfe der Wissenschaft erworbene Wissen zwecks der Beibehaltung ihrer Dogmen ablehnt. Denn kein Dogma, das auf der Ablehnung eines einzelnen Naturgesetzes beruht, kann der Ausdruck der Wahrheit sein. Die Unkenntnis der Naturgesetze, denen die Phänomene spiritueller Natur unterliegen, führt zu abergläubischen Ansichten über deren Ursache. Doch der Spiritismus beseitigt den Aberglauben, indem er die Wahrheit hinter solchen Ereignissen offenbart und die Grenze zwischen dem Möglichen und dem Unmöglichen aufzeigt.

58

Der Fortbestand des Lebens nach dem Tod Der Fortbestand des Lebens nach dem Tod ist keine reine Hypothese mehr, sondern eine Tatsache, die sich durch die Kommunikation mit den Seelen derjenigen nachweisen lässt, die bereits dadurch gegangen sind, was wir Tod nennen. Für die Menschen, die trotz aller Beweise nicht daran glauben, hat das Leben auf der Erde keinen anderen Zweck, als einen Körper aufrechtzuerhalten, dessen Tod jeden Moment eintreten könnte und die endgültige Vernichtung des Daseins bedeuten würde. Für die Menschheit wäre die logische Folge eines solchen Glaubens die Konzentration all ihrer Anstrengungen auf die Vermehrung ihrer materiellen Genüsse ohne Rücksicht auf ihre Mitmenschen und ohne jeden Anreiz, sich als Mensch zu bessern. Kurzum: Dieser Glaube wäre die Gutheißung des Egoismus und des Spruchs: “Die Welt ist für die Stärksten und Schlauesten geschaffen”. Ohne den Fortbestand des Lebens nach dem Tod würden die guten moralischen Werte nichts anderes als eine reine gesellschaftliche Verhaltensregel sein, die aber keine Wurzeln im Herzen der Menschen hätten. Eine Gesellschaft, die auf einem solchen Glauben beruhte, wäre dazu prädestiniert, sich früher oder später selbst zu ruinieren. Man könnte einwenden, dass zu denjenigen, die nicht an das Leben nach dem Tod glauben, aufrichtige Menschen zählen, die unfähig wären, bewusst anderen Unrecht zu tun. In der Tat rührt bei vielen der Unglaube mehr vom Mangel an einem für sie vernünftigen Glauben als von einer persönlichen Überzeugung her. Im Inneren ihres Bewusstseins werden sie von Ungewissheit geplagt. Denn die Vorstellung, dass ihnen nach Todeseintritt das Ergebnis all ihrer positiven Anstrengungen im Leben geraubt und die Beziehung zu ihren geliebten Menschen für immer vernichtet wird, erscheint ihnen auch nicht wirklich einleuchtend. Wenn der Zeitpunkt des Todes schließlich näher rückt, sind es nur wenige, die ihren letzten Schlaf mit der festen Überzeugung schlafen, dass sie nicht irgendwo wieder erwachen werden. Man kann daher behaupten, dass in den meisten Fällen der Unglaube nur relativ ist. Das heißt, da sich die Mehrheit der Ungläubigen nicht mit den existierenden religiösen Glaubenslehren identifiziert und auch nirgendwo anders überzeugende Antworten auf ihre Fragen findet, formuliert sie Theorien, um sich selbst von der Unmöglichkeit des Weiterlebens nach dem Tod zu überzeugen. Die Ungläubigen aus Überzeugung wiederum sind äußerst selten. Egal welchen Glauben man bezüglich dessen hat, was nach dem Tod passiert, in der Regel denkt man über seine Seele unter dem mystischen Gesichtspunkt nach. In den Zeiten, wo der blinde Glaube herrschte, war dieser befriedigend für diejenigen, die sich durch ihn lenken ließen. Doch heute, zu einer Zeit, wo jeder seine eigenen Nachforschungen anstellen kann, wollen die Menschen sich selbst lenken, mit eigenen Augen sehen und verstehen. Die unklaren Vorstellungen des Lebens nach dem Tod entsprechen dem Wissen und den Bedürfnissen der Menschen nicht mehr. An den aus heutiger Sicht naiven Vorstellungen des Lebens nach dem Tod, mit denen sich unsere Vorfahren zufriedengaben, festzuhalten, würde nur zu noch mehr Unglauben führen. Um akzeptiert zu werden und seinen moralisierenden Einfluss auszuüben, muss das Leben nach dem Tod etwas Einleuchtendes sein und von jedem Menschen belegt werden können. Warum schenkt man dann einem solchen Thema so wenig Aufmerksamkeit, obwohl es von allgemeinem Interesse ist? Da jeder Einzelne von uns eines Tages zu jenem 59

unbekannten Ort fortgehen wird, was auch jeden Moment passieren kann, wäre zu erwarten, dass sich die Menschen dafür interessieren zu erfahren, was aus ihnen wird, sobald dieser Moment eintritt. Aber warum ist dies oft nicht der Fall? Viele antworten, es liege an der Tatsache, dass, falls es diesen Ort tatsächlich geben würde, die herkömmliche Wissenschaft ihn bereits ausfindig gemacht hätte. Daher ihre Gleichgültigkeit gegenüber dem Thema mit den resignierten Worten: “Es wird geschehen, was geschehen soll.” Uns wird von klein auf gesagt, dass man an diesem Ort glücklich oder unglücklich sein wird, je nachdem wie man auf der Erde lebte. Aber woraus bestehen dieses Glück und dieses Unglück? Das Bild, das man sich von beidem macht, weicht normalerweise so sehr von unserer Vorstellung der Gerechtigkeit Gottes ab und enthält so viele Widersprüche sowie unrealistische Darstellungen, dass man durch Ungewissheit oder sogar vollständigen Unglauben ergriffen wird. Wie wird unsere Lage in der geistigen Welt sein? Werden wir dort konkrete oder abstrakte Wesen sein? Werden wir eine Gestalt, ein Aussehen haben? Führen diejenigen, die dort glücklich sind, ein aktives oder ein müßiges Leben? Die Menschen werden sich erst für das Leben nach dem Tod interessieren, wenn sie darin keine abstrakte, sondern eine konkrete Tatsache sehen, die ihnen vernünftig erscheint und sich nachweisen lässt. Sobald dies geschieht und sie außerdem erkennen, dass ihre Lage nach dem Tod die direkte Folge ihrer Taten im irdischen Leben sein wird, werden sie sich unvermeidlich zum Überdenken ihrer Lebenseinstellung und ihres täglichen Handelns ermutigt fühlen. Die Verbreitung solcher aufklärenden Erkenntnisse zählt zu den wichtigsten Zielen des Spiritismus.

60

Das Wohlbefinden der Menschen als Folge ihrer moralischen Entwicklung Die Drangsale der Welt rühren von der Unvollkommenheit der Menschen her, denn durch ihre Laster fügen sie sich gegenseitig Schaden zu. Daraus folgt, dass die Menschen, solange sie Laster haben, auf der Erde nicht wahrhaft glücklich sein werden. Die bürgerlichen Gesetze tragen zweifellos zur Verbesserung der Lebensqualität der Gesellschaft bei, aber sie sind unfähig, das Glück der Menschen zu gewährleisten. Denn alles, was sie tun, besteht darin, Missbräuche zu unterbinden, ohne deren Ursachen zu beseitigen. Mit anderen Worten, da solche Gesetze eher unterdrückend als moralisierend wirken, schüchtern sie nur ein; allein die moralischen Gesetze können in das Gewissen der Menschen eindringen und deren Einstellungen erneuern. Da das Unglück der Menschen auf der Erde von den durch ihre Laster verursachten Drangsalen herrührt, ist das einzige wirksame Mittel dagegen ihre moralische Entwicklung. Dadurch, dass die moralischen Unvollkommenheiten der Ursprung der menschlichen Drangsale sind, wird ihr Glück in dem Maße zunehmen, wie diese Unvollkommenheiten abnehmen. So gut eine Institution auch sein mag, wenn der Charakter der Menschen verwerflich ist, werden diese sie missbrauchen, um sie im eigenen Interesse auszunutzen. Wenn aber der Charakter der Menschen gut ist, dann werden sie gute Institutionen aufbauen, an deren Aufrechterhaltung alle Interesse haben werden. Das wahre Wohlbefinden der Gesellschaft hat demzufolge seinen Ausgangspunkt nicht in der Form dieser oder jener Institution, sondern es hängt ganz und gar von der moralischen Entwicklung der Menschen, die dort leben, ab. Dies ist der eigentliche Schlüssel zum Glück der Menschen, denn erst dann werden sie nicht mehr die Benachteiligung ihrer Mitmenschen in Kauf nehmen, um ihr eigenes Wohl zu sichern. Der Mensch, der ernsthaft an seiner moralischen Entwicklung arbeitet, sichert sein Glück bereits auf der Erde. Denn er wird – aufgrund seiner Bemühungen, seine Mitmenschen so zu behandeln, wie er es von ihnen erwarten würde – reines Gewissen haben. Er wird seelische Ruhe haben, denn durch sein Wissen um den Sinn des Lebens werden dessen alltägliche Herausforderungen ihn nicht so sehr beunruhigen; er wird gesund sein, denn er wird nicht seinen Körper durch Exzesse schädigen; er wird inneren Frieden spüren, da er in seinem Herzen keinen Hass oder Groll hegen wird; er wird nicht mehr durch den Durst nach Anerkennung und Überfluss oder durch das Fieber des Ehrgeizes, des Neides und der Eifersucht gequält werden. Aufgrund seiner Nachsicht gegenüber den Unvollkommenheiten seiner Mitmenschen wird er weniger unter ihren Verfehlungen leiden. Da er alles tun wird, um zu vermeiden, seinen Mitmenschen sowohl durch Worte als auch durch Taten zu schaden, wird niemand etwas über ihn zu beklagen haben. Die Bemühungen um seine moralische Entwicklung sichern sein Glück auch nach dem Tod. Denn in der geistigen Welt wird er nur auf befreundete und freundliche Seelen treffen und nicht durch das schlechte Gewissen darüber gequält werden, jemandem in irgendeiner Form Schaden zugefügt zu haben. Sobald ein ganzes Volk, ein ganzes Land und zum Schluss die ganze Menschheit diese Gefühle teilt, wird unser Planet endlich einen Platz unter den glücklichen Welten einnehmen. Ist das eine reine Utopie? Ja, für die Menschen, die nicht an den Fortschritt 61

der Seele glauben; nein, für diejenigen, die glauben, dass sie sich durchaus weiterentwickeln kann. Der Fortschritt der Allgemeinheit ist die Summe des Fortschrittes jedes einzelnen Individuums. Dieser wiederum besteht nicht nur aus dem Erwerb von Wissen: Dies ist lediglich ein Teil des Fortschrittes, der nicht unbedingt zum Guten führt, da es nicht selten Menschen gibt, die ihr Wissen zum Schaden anderer missbrauchen. Der Fortschritt der Allgemeinheit besteht insbesondere aus der moralischen Entwicklung, der Reinigung ihrer Seele durch die Beseitigung der Keime schlechter Neigungen, die in uns allen vorhanden sind. Darin liegt der wahre Fortschritt, der Einzige, der das Glück der Menschheit sichern kann. Schließlich kann man seine Intelligenz auch dazu nutzen, verwerfliche Dinge zu tun, doch ein wahrhaft guter Mensch wird seine immer nur verwenden, um positive und nützliche Ziele zu erreichen. Es liegt daher im Interesse aller, dass die moralische Entwicklung der Menschheit gefördert wird. Was kümmern aber die moralische Entwicklung und das Glück der zukünftigen Generationen die Menschen, die glauben, dass alles mit dem Tod zu Ende geht? Was interessiert sie schon, sich weiterzuentwickeln, ihre Laster zu zügeln und sich für ihre Mitmenschen aufzuopfern? Allein die Logik sagt ihnen, sie sollten besser danach streben, das Leben schnell und möglichst intensiv zu genießen, da es jeden Moment zu Ende gehen könnte. Nach dem Glauben, dass alles mit dem Tod zu Ende geht: Hören alle sozialen Beziehungen im Moment des Todes auf, Solidarität ist ein nutzloses Wort, Brüderlichkeit eine sinnlose Theorie, die Aufopferung zugunsten anderer eine Zeitverschwendung, der Egoismus mit seinem Spruch “jeder für sich” wird gestärkt, Rache wird als ein natürliches Recht und Glück als etwas angesehen, was nur von den Stärksten und Schlauesten zu erreichen ist, und zum Schluss wird Selbstmord als logisches Ende für jeden betrachtet, der bereits alle Hoffnung darauf verlor, mit seinen Schwierigkeiten fertigzuwerden. Eine Gesellschaft, die auf dem Glauben an das Nichts nach dem Tod beruhte, würde den Keim ihres eigenen Untergangs in sich bergen. Anders sind aber die Gefühle derjenigen, die an das Weiterleben nach dem Tod glauben und wissen: dass nichts von dem, was sie an Moral und Wissen erlangen, verlorengehen wird, und dass all ihre gut gemeinten Bemühungen im gegenwärtigen Leben Früchte in Zukunft tragen werden. Ihre Gedanken beschränken sich nicht auf das irdische Leben, sondern richten sich auch auf die Welt, die sie nach dem Tod erwartet. Mit dem Glauben an das Leben nach dem Tod erweitert sich die Lebensanschauung; der moralische Fortschritt hat einen Zweck, einen Nutzen, denn das Wissen um den Fortbestand der Menschenbeziehungen jenseits des Todes fördert und stärkt den Sinn für Solidarität und Brüderlichkeit. Wenn aber alle Religionen diesen Glauben predigen, warum brachten sie dann bis zum heutigen Tag nicht die zu erwartenden Ergebnisse? Weil er in der Regel auf eine Art und Weise präsentiert wird, welche die Vernunft nicht akzeptieren kann, wie zum Beispiel, dass die Seele, sobald sie die Erde verlässt, in die geistige Welt eintritt und sich der irdischen Menschheit entfremdet. Dies würde jede Solidarität zwischen den Seelen, die bereits fortgingen, und jenen, die auf der Erde zurückbleiben, ausschließen. Außerdem ist für solche Religionen der Glaube an das Leben nach dem Tod eher eine Hoffnung als eine Gewissheit. Daher der Unglaube bei den einen, während andere sich dem Mystizismus zuwenden, der – indem er den Menschen von der Erde abwendet – diesem unabsichtlich schadet. Denn der Mystizismus ignoriert die Tatsache, dass der materielle Fortschritt – vorangetrieben durch die Entwicklung der Wissenschaft – den Erwerb von Wissen 62

ermöglicht und damit ebenfalls für den spirituellen Fortschritt der Menschheit erforderlich ist. Dennoch, so unvollständig die durch gewisse religiöse Glaubenslehren vermittelten Informationen hinsichtlich des Lebens nach dem Tod sein mögen, sie brachten auch positive Wirkungen. Schließlich, wie viele Menschen wurden durch diese vage Hoffnung zu guten Taten ermutigt! Wie viele kamen von der schiefen Bahn bei der Ungewissheit darüber, was sie wohl nach dem Tod erwartete! Somit können wir die Glaubenslehren aus der Vergangenheit keineswegs verurteilen, wenn sie ihre Gläubigen zum Guten führen. Doch in dem Maße, wie diese reifer werden, verlangen sie nach einem Glauben, der mit den neuen Zeiten im Einklang steht. Wenn sich aber die überholten Glaubenssätze nicht erneuern und allmählich rückständig werden, verlieren sie ihre Glaubwürdigkeit. Und die guten Früchte, die sie zu einer bestimmten Zeit hervorbrachten, können sie später nicht mehr hervorbringen, da sie nicht mehr wie einst ernst genommen werden. Das Leben nach dem Tod kann nur glaubwürdig sein, wenn es einleuchtend ist, wissenschaftlich nicht widerlegt werden kann und der Vorstellung entspricht, die man von der Weisheit, Güte und Gerechtigkeit Gottes hat. Außerdem muss es nachweisbar sein, und zwar als etwas ebenso Reales wie das irdische Dasein. Dies sind Erkenntnisse, die der Spiritismus über das Leben nach dem Tod bringt. Die sind nicht menschlichen Ursprungs, sondern das Ergebnis von Nachforschungen auf der Grundlage von Berichten, die von zahlreichen Geistwesen auf den unterschiedlichsten Stufen spiritueller Entwicklung10 stammen. Daher ist das Leben nach dem Tod keine reine Hypothese mehr, sondern eine durch intensive Recherche belegte Tatsache. Es sind die Bewohner der geistigen Welt selbst, die zu uns kommen, um ihre Lage zu schildern. Und jeder kann mit ihnen Kontakt aufnehmen, um sich selbst davon zu überzeugen. Indem die spiritistische Lehre den Beweis für die Existenz und Unsterblichkeit der Seele liefert und uns in die Mysterien der Geburt, des Todes, des Lebens nach dem Tod und des Lebens im gesamten Universum liefert; indem sie uns die Folgen des Guten und des Bösen schildert, betont sie die Notwendigkeit der moralischen Entwicklung jedes Individuums. Durch sie weiß der Mensch endlich, woher er kommt, wohin er geht und warum er vorübergehend auf der Erde lebt; das Gute hat einen Zweck, einen praktischen Nutzen für jeden und die Gesellschaft, in der er lebt. Durch ihre moralische Entwicklung bereiten die Menschen auf der Erde den Boden für das von Jesus vorhergesagte Reich des Friedens und der Brüderlichkeit vor. Die spiritistische Lehre ist somit ein starkes moralisierendes Mittel, denn sie richtet sich gleichzeitig an die Vernunft, den gesunden Menschenverstand und das Herz der Menschen.

10

Spirituelle Entwicklung: Alle Geistwesen haben den gleichen Ursprung und das gleiche Schicksal: Sie wurden als einfache und unwissende Wesen erschaffen mit dem Ziel, eines Tages durch ihre eigenen Bemühungen die spirituelle Vollkommenheit – den höchsten Grad an Wissen und guten moralischen Eigenschaften, den die Geistwesen anstreben können – zu erreichen. Sobald sie auf dieser spirituellen Entwicklungsstufe angelangen, leben sie in einer himmlischen Welt in perfektem Einklang mit Gottes Gesetzen der Gerechtigkeit, Liebe und Nächstenliebe. Da die Menschen nichts anderes als unsterbliche Geistwesen sind, wird sich die gesamte Menschheit – selbst die heute schwersten Verbrecher auf Erden – im Laufe einer für uns unabsehbaren Zeit soweit moralisch erneuern, bis sie eines Tages ebenfalls spirituell vollkommen ist. Dieser allmähliche Fortschritt der Geistwesen wird spirituelle Entwicklung genannt.

63

Fazit Ab Mitte des 19. Jahrhunderts geschah in verschiedenen Ländern eine Reihe von Phänomenen, die sich den Naturgesetzen zu widersetzen schienen und somit die Öffentlichkeit auf sich aufmerksam machten. Gemäß dem Spruch “wenn jede Wirkung eine Ursache hat, dann muss jede intelligente Wirkung eine intelligente Ursache haben” kam man zu dem Schluss, dass sie auf die Einwirkung fremder Intelligenzen, die mittels physischer Manifestationen mit den Menschen kommunizieren konnten, zurückzuführen waren. Wenn zu ihrem Wesen befragt, gaben sie zur Antwort, sie seien Seelen bereits verstorbener Menschen und bewohnten die sogenannte geistige Welt. Aus dieser regelmäßigen Kommunikation ging die Lehre der Geistwesen, besser bekannt als spiritistische Lehre oder Spiritismus, hervor. Die Kommunikation mit Geistwesen ist nur eines unter den unzähligen Naturphänomenen und, aus diesem Grund, kein übernatürliches Ereignis. Ein Beweis dafür sind die vielen Spuren, die sie unter allen Völkern zu allen Zeiten der Geschichte hinterließ und die unter anderem in den heiligen Schriften aller Religionen zu finden sind. In der Antike wurde die Kommunikation mit Geistwesen ausschließlich von den Eingeweihten praktiziert, die sie sorgfältig vor dem Volk geheim hielten. Im Mittelalter wurden alle, die sich damit beschäftigten, als Hexen oder Hexer angesehen und deswegen zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Aber heute, wo diese Kommunikation nicht mehr geheim gehalten wird und niemand aufgrund seiner Überzeugungen den Scheiterhaufen fürchten muss, ist sie weiter verbreitet denn je und für jedermann zugänglich, da es überall Medien gibt. Die Geistwesen verkünden, dass die von Gott festgelegte Zeit gekommen ist, wo sie sich in seinem Namen allen Menschen manifestieren sollen, um diese zu trösten, zu ermutigen und alles zu lehren, was zur Förderung ihrer spirituellen Entwicklung beitragen kann. Das Buch der Geister ist die Sammlung ihrer Lehren und wurde von Allan Kardec auf ihre ausdrückliche Bitte veröffentlicht, um anhand nachweisbarer Erkenntnisse über das Leben auf der Erde und dessen Folgen nach dem Tod die moralische Erneuerung der Menschheit voranzutreiben. Wenn die Kommunikation mit Geistwesen nur mit Hilfe einer kleinen Menschengruppe stattfände, dann würde sie dem permanenten Risiko der unabsichtlichen oder sogar absichtlichen Verzerrung der von ihnen stammenden Informationen ausgesetzt sein. Doch diese sind allen zugänglich, denn es gibt zahlreiche Medien auf der ganzen Welt, was es jedem ermöglicht, die Existenz der Geistwesen und die Übereinstimmung ihrer Lehren eigenständig festzustellen. Ein Großteil dieser Lehren ist nicht neu, denn sie finden sich in den heiligen Schriften aller Religionen sowie in vielen Werken antiker Philosophen aus Indien, Ägypten und Griechenland. Die Neuigkeit ist die Tatsache, dass der Spiritismus all diese Informationen, die verstreut lagen, zusammenträgt und jene, die in symbolischer Sprache ausgedrückt waren, klar und eindeutig erläutert. Dabei verwirft er durch Unwissenheit und Aberglauben hervorgebrachte Verzerrungen und behält nur bei, was echt und wahr ist. Er belegt mit Hilfe unbestreitbarer Fakten die Existenz der Seele und ermöglicht die Kommunikation mit den Seelen bereits verstorbener Menschen, die sich melden, um unter anderem die Echtheit des Lebens nach dem Tod nachzuweisen. Zum Schluss verschafft uns die Kommunikation mit den Seelen unserer geliebten Menschen einen unbeschreiblichen Trost, indem sie zeigt, dass diese weiterleben und für uns ebenso viel Zuneigung empfinden wie vor ihrem Tod. 64

Wenn der Spiritismus irgendwo verboten würde, dann würde er anderswo wieder auftauchen, da die Kommunikation zwischen der materiellen und der geistigen Welt ein Naturphänomen ist. Und kein Mensch kann ein Naturphänomen unterdrücken oder die Bestimmungen Gottes außer Kraft setzen. Wie bereits erwähnt, fanden die Manifestation von Geistwesen und die Kommunikation mit ihnen zu allen Zeiten der Geschichte statt, von denen es in den heiligen Schriften aller Religionen unzählige Berichte gibt. Demzufolge ist jeder Christ, Jude, Hindu, Taoist und Muslim automatisch Spiritist, falls er an die Möglichkeit dieser Kommunikation als ein von Gott geschaffenes Mittel glaubt, um uns die Existenz der geistigen Welt zu beweisen und einen solidarischen Austausch zwischen dieser und der materiellen Welt zu fördern. In der Tat kann jeder Mensch Spiritist sein, selbst wer keiner bestimmten Religion angehört. Denn unter dem Gesichtspunkt der moralischen Lehren hat der Spiritismus dieselben Grundlagen wie alle Religionen, nämlich die Existenz Gottes, die Unsterblichkeit der Menschenseele und deren Glück oder Unglück nach dem Tod in Abhängigkeit von ihren Taten auf der Erde. Durch den Spiritismus öffnet sich uns die Tür zu einer neuen Welt. Wie einst das Mikroskop die Welt der winzig kleinen Lebewesen enthüllte, deren Existenz wir nicht einmal ahnten, und wie das Teleskop die Gewaltigkeit der im gesamten Universum verstreuten Himmelskörper bloßlegte, von deren Existenz wir auch nicht wussten, so offenbart die Kommunikation mit Geistwesen die für uns unsichtbare geistige Welt, die uns umgibt und, ohne unser Wissen, an allem teilnimmt, was wir tun. In einiger Zeit wird die Existenz dieser Welt, aus der wir kommen und zu der wir eines Tages zurückkehren werden, so unbestreitbar und selbstverständlich sein wie die der mikroskopisch kleinen Lebewesen und die der im gesamten Universum verstreuten Himmelskörper. Es steht außer Frage, dass die Existenz der geistigen Welt unser derzeitiges Weltbild auf den Kopf stellt. Dennoch ist nicht auch wahr, dass alle großen wissenschaftlichen Entdeckungen am Ende dazu führten, dass sogar die am tiefsten verwurzelten Einstellungen sich änderten? Und mussten nicht die Überzeugungen der Menschen, so konservativ sie auch waren, sich den Fakten beugen? Das Gleiche wird mit dem Spiritismus geschehen, der bald eine Selbstverständlichkeit im Leben jedes Einzelnen sein wird. Die Kommunikation mit Geistwesen ermöglicht es uns, den Sinn des Lebens auf der Erde zu verstehen und wichtige Einzelheiten über das Leben nach dem Tod zu erfahren. Die Berichte der Geistwesen, die zu uns kommen, um mit uns zu kommunizieren, führen einstige überzeugte Materialisten zu einem spirituellen Glauben. Aus diesem Grund kann man behaupten, dass der Spiritismus ausgestattet mit gesundem Menschenverstand und Fakten entstand, um dem Materialismus, dem die Menschheit soviel Unglück zu verdanken hat, den Nährboden komplett zu entziehen. Wäre das die einzige Leistung des Spiritismus, würde ihm die Gesellschaft bereits sehr dankbar sein. Doch er tut viel mehr: Er zeigt die verheerenden Auswirkungen des Egoismus und somit die Notwendigkeit der Nächstenliebe. Es sind nicht wenige Menschen, deren Gefühle er zu veredeln und deren schlechte Tendenzen er zu zügeln bereits geholfen hat, indem er sie von der schiefen Bahn wegführte. Denn für sie hörte das Leben nach dem Tod auf, etwas Ungewisses, eine reine Hoffnung zu sein, um etwas Reales zu werden. Denn sie hörten, wie die Seelen verstorbener Menschen sich beklagten oder freuten über die Art, wie sie ihr Leben auf der Erde geführt hatten. Wer solche Berichte selbst erlebt, der beginnt unvermeidlich über seine eigene Lebensweise mit Blick auf sein späteres Leben in der geistigen Welt nachzudenken. 65

Schließlich sollte man nie vergessen, dass alles Materielle vorübergehend ist, denn eine Generation folgt auf die andere auf der Erde wie die Wellen auf dem Meer, die großen Imperien gehen unter, die Planeten vergehen und sogar die Sterne erlöschen. Doch es gibt drei Dinge, die unvergänglich sind; drei Dinge, die mehr strahlen als die Illusion weltlicher Glorie, nämlich die Seele, Weisheit und Tugend. Je mehr wir uns somit bemühen, dass unsere Seele Weisheit und Tugend erwirbt, desto höher erheben wir uns über alles, was vorübergehend ist, um in einer Welt zu leben, wo alles ewig hält.

Bibliographie: - The History of Spiritualism (Die Geschichte des Spiritualismus), von Arthur Conan Doyle - The missing link in Modern Spiritualism (Das fehlende Bindeglied im Modernen Spiritualismus), von Ann Leah Fox Underhill - Talking to the Dead: Kate and Maggie Fox and the Rise of Spiritualism (Mit den Toten sprechen: Kate und Maggie Fox und der Aufstieg des Spiritualismus), von Barbara Weisberg - Das Buch der Geister, von Allan Kardec - Das Buch der Medien, von Allan Kardec - Das Evangelium im Lichte des Spiritismus, von Allan Kardec - Himmel und Hölle, von Allan Kardec - Genesis, von Allan Kardec - Nachgelassene Werke (Sammlung noch nicht veröffentlichter Schriften Allan Kardecs, herausgegeben im Januar 1890)

66

Suggest Documents