Steuerung der Hilfen zur Erziehung ein Paradox!?

Steuerung der Hilfen zur Erziehung ein Paradox!? Hinweise und Anregungen für die immerwährende Suche nach dem richtigen Weg JALT-Bayern 20.4.2015 in R...
Author: Thilo Esser
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Steuerung der Hilfen zur Erziehung ein Paradox!? Hinweise und Anregungen für die immerwährende Suche nach dem richtigen Weg JALT-Bayern 20.4.2015 in Rosenheim Christian Schrapper

Hilfen zur Erziehung „steuern“ ist eine anspruchsvolle Balance ...

aus dem Deutschen Museum

... und muss/soll/will subjektiven Bildungserfolg ermöglichen ...

gerne auch so

.... viele Wege „führen nach Rom“ – suchen Sie den Ihren

..... oder etwas übersichtlicher

Meine Fragen und Hinweise (1) Zur Ausgangslage: Alles wird unaufhaltsam mehr und

komplizierter – auch in Bayern? (2) Wer will wohin steuern? Auftragslagen, Ziele und Stellschrauben (3) Ein Steuerungs-Paradox? Von unlösbaren Widersprüchen, mit denen die Jugendhilfe leben muss (4) Ein Mobilee kann nicht gesteuert, es muss balanciert werden – Hinweise für eine bedarfsgerechte, qualifizierte und wirtschaftliche Gestaltung von Hilfen zur Erziehung

Zur Ausgangslage: Alles wird unaufhaltsam mehr ...

(KOMDat 3/11, S. 3-6

... auch in Bayern?

Entwicklung der Fallzahlen in der Sozialpädagogischen Familienhilfe (§31 SGB VIII) von 2009 – 2013 (je 1.000 Einwohner unter 21 Jahre)

Entwicklung der Gesamtausgaben der Jugendämter für Jugendhilfe 1993 – 2013 je Einwohner unter 21 Jahre (inflationsbereinigt mit BIP-Deflator, ohne Ausgaben der Gemeinden)

... und, was sagen uns die Zahlen? • als Familie Kinder gesund groß ziehen, wird immer .... • anspruchsvoller • komplizierter • teurer • .... • Jugendhilfe ist „in der Mitte angekommen“ – auch die

„Hilfen zur Erziehung“? • der soziale und regionale Ort sind sind entscheidend, ob es leicht oder schwer wird, gesund groß zu werden •

Was wir über die Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung wissen Regionale Unterschiede bei der „Fremdunterbringung von Kindern und Jugendlichen“ in Heimen und Pflegefamilien Jens Pothmann 1/12

Korr. = - 0,7

aus: 2 Kinder- und Jugendbericht Rheinland-Pfalz, 2015

... und, was sagen uns die Zahlen? • als Familie Kinder gesund groß ziehen, wird immer .... • anspruchsvoller • komplizierter • teurer • .... • Jugendhilfe ist „in der Mitte angekommen“ – auch die

„Hilfen zur Erziehung“? • der soziale und regionale Ort sind sind entscheidend, ob leicht oder schwer wird, gesund groß zu werden • Die Herausforderung, Jugendhilfe zu gestalten, kann deutlich unterschiedlich „gemacht“ werden – auch in Bayern! • Hilfen zur Erziehung können sehr unterschiedlich gesteuert werden

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Was beeinflusst die Inanspruchnahme von HzE? sozio-ökonomische Bedingungen und soziale Belastungen für junge Menschen und Familien

? Sozialstaatliche Infrastruktur und Angebote für HzE

Organisation und Konzeption der Fallarbeit im JA/ASD

neuerlicher Aufschlag zur „ewigen Steuerungsdebatte“:

das A-Länder-Papier (2010) • Kostenvolumen der HzE

„stranguliert“ Kommunen • Kostenanstieg der HzE nicht nachvollziehbar • Unterstützung in Regeleinrichtungen statt teure Einzelhilfen = „Sozialraumorientierung“ • rechtliche Möglichkeiten für „Sozialraumbudgets“ schaffen • statt Rechtsanspruch des § 27 SGB VIII nur noch allg. Gewährleistungsverpflichtung

Positionen der JFMK der Länder

(22./23.5.

2014) • individuellen Rechtsanspruchs auf Hilfen zur Erziehung

erhalten incl. unverzichtbare Prinzipien bedarfsorientierter und wirksamer Hilfen, der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sowie das Wunsch- und Wahlrecht • jedoch Weiterentwicklung notwendig: • Verknüpfung von präventiven und sozialräumlichen Hilfen in den

Kommunen weiter zu unterstützen und zu fördern, um Familien frühzeitig bedarfsgerechte Hilfen anzubieten und einer Verfestigung von Problemlagen entgegenzuwirken • Rechtssicherheit schaffen – auch hinsichtlich der Finanzierung - für die Kommunen im Hinblick auf die Verknüpfung von Regelangeboten, sozialräumlichen Hilfen und erzieherischen Hilfen • die Systeme Bildung, Gesundheit und Arbeit durch gesetzliche Vorgaben zu einer verbindlicheren Kooperation mit der Jugendhilfe verpflichten

Sozialraumorientierung… … Chancen

… Risiken

• die Menschen und ihre

• Helfer sind überfordert,

Vorstellungen vom „gelingenden Alltag“ können in´s Zentrum rücken • Normalität kann gestaltet und geschützt werden • Arbeitsbündnisse können geschmiedet werden, die viel tragen • „gute Beziehungen“ können auch in Krisen helfen

Menschen bleiben ihrem „schlechten Milieu“ verhaftet • Wer Grenzen zu heftig überschreitet wird endgültig „exkludiert“ • Sozialraumressourcen und Vernetzung ersetzen sicheres sozialstaatliches Netz • Wenn wirklich brennt kommt doch das Jugendamt – und bleibt das Jugendamt

drei zentrale Faktoren für wirksame Hilfen zur Erziehung: Zeit für Entwicklung (2) Beteiligung von Kindern und Eltern, um Selbstwirksamkeit und Kohärenz zu ermöglichen (3) Fachlichkeit, um biographische Passung zu verstehen und zu gestalten (1)

aktuelle Metaanalysen zu Wirkungen erzieherischer Hilfen www.wirkungsorientierte-Jugendhilfe.de

Wer will wohin steuern? vielfältige und kontroverse Auftragslagen und Ziele!?! Soziapolitische Aufträge und Ziele: •Reproduktion •Lastenausgleich •Mindestversorgung •Gefahrenschutz •Integration

kommunalpolitische Aufträge und Ziele: •konkrete Daseinsvorsorge •Sozialer Ausgleich •Standortsicherung •vertretbare Belastung

Hilfen Zur Erziehung

Verfassungs- und sozialrechtliche Aufträge und Ziele: •Grundrechte von Kindern (Art 1, 2 und 6) und Eltern (Art 6) einlösen •UN-Kinderrechte •Ausgleich von Lebenschancen •Leistungsansprüche Soziapädagogische Aufträge und Ziele: •Erziehung & Bildung •Partizipation & Selbstwirksamkeit •Schutz & Kompensation

... und „Stellschrauben“? • • • • • • • •

Recht Geld Personal Konzepte Organisation Planung Politik ....

Prof. Dr. Thomas Olk / Tina Wiesner, M. A.

Dreijahresbericht (2011-2013) der wissenschaftlichen Begleitung zum Modellprojekt „Erziehungshilfe, Soziale Prävention und Quartiersentwicklung“ (ESPQ) in Bremen

siehe ausführlich in AFET-Dialog 1/2015, S. 29-34

Wirkungshypothese 5: Mittel- und Langfristig können so die Intensität der Intervention sowie die Fallzahlen und die Fallkosten im Bereich der Hilfen zur Erziehung gesenkt werden. Abbildung 24 Entwicklung der Hilfedichte in Walle und Bremen, I. Quartal 2011 bis IV. Quartal 2013 60 49,6

49,4

37,2

36,9

40

47,2

46,9

50

37,4

45,2 42,7 38,8 39,240,1 39,139,3 39,839,1 40,037,1 39,5 38,4 36,8

39,8 40,4 34,0

30 20 10 0 I./2011 II./2011 III./2011 IV./2011 I./2012 II./2012 III./2012 IV./2012 I./2013 II./2013 III./2013 IV./2013 Stadtteil Walle

Stadt Bremen

Abbildung 23 Entwicklung der Gesamtzahl der Hilfen zur Erziehung (§§ 27-35 SGB VIII) vom 01.01.11 bis 31.12.13 270 240 236

244 237

244 236 231

210

226

198

208 192

189

193

187

178

181

180 150 Baseline

167

30.06.11

31.12.11

30.06.12

31.12.12

Gesamtzahl Maßnahmen nach §§ 27-35 SGB VIII

42

30.06.13

164

31.12.13

Abbildung 29 Entwicklung der Kostten für Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung in Pro ozent (2011 = 100%) in Walle und Bremen, 2011 bis 2013 125% 11 11% 105% 100%

100%

Differenz: 8 %:

Differenz:

20 %

97% 91 1% 75%

50% 2011

2012 Stadtteil Walle

2013 Stadt Bremen

Im dritten Projektjahr gehen die Ausgaben für die Hilfen zur Erziehung in höherem Ausmaß zurück als im Vorjahr. Geht man davon aus, dass sich die Ausgabenentwicklung in Walle ohne das Modellprojekt ESPQ ähnlich wie die in der Gesamtstadt entwickelt hätte, ergibt sich ein Rückgang der Ausgaben im Jahr 2013 im Vergleich zum ersten Projektjahr 2011 um 29,0 %.

Wer will wohin steuern – und wie? Verfassungs- und Sozialrecht

Soziapolitik

Jugendhilfeplanung Kommunalpolitik

Hilfen Zur Erziehung

Hilfeplanung

Sozialpädagogik

Ein Steuerungs-Paradox? Die unlösbare Widersprüchen, mit denen die Jugendhilfe leben muss • Erziehungsparadox: Koproduktion und Kooperationen mit immer ungewissen Ausgang • „Lohnerzieher“-Paradox: persönliche Beziehung, Exklusivität und Authentizität als berufliche Leistung zu Tarifbedingungen • „Technologie“-Paradox: viele Ursachen für eine Wirkung und viele Wirkungen bei einer Ursache • Ressourcenparadox: Bedarf am größten, wann und wo Mittel am geringsten • Legitimationsparadox: Wie rechtfertigen, dass so viel für so wenige?

Ein Mobilee kann nicht gesteuert, es muss balanciert werden?

(a) Ressourcen stärken oder/und (b) Defizite kompensieren? = Entwicklung ermöglichen Problemorientierte Arbeit stützt das familiäre Gleichgewicht durch Kompensation und Ersatz

biographische und sozialstrukturelle Risiken u. Belastungen

Sozialraumorientierte Arbeit stützt das familiäre Gleichgewicht durch Entlastung und Unterstützung

Stärken und positiv wirkende Erfahrungen

Schule ist nicht das Wichtigste im Leben, aber Erfolg in der Schule ist für das Leben bedeutsam. • Bildungs- und Schulkarriere aller jungen Menschen: Hier wird die

entscheidende Eintrittskarte für ein eigenverantwortliches und gemeinschaftsfähiges Lebens gelöst

Qualitätskriterium: Beitrag der Kinder- und Jugendhilfe zum „Erfolg“ junger Menschen in ihren Schul- und Bildungskarrieren = subjektiver Bildungserfolg

Subjektiver Bildungserfolg: Der rote Faden kindlicher und jugendlicher Entwicklung

Haupt- oder Abitur nach Realschulabschlu Klasse 12 ss nach Klasse 10 Abitur nach Hauptschulabschl Klasse 13 uss nach Klasse 9

Übergang Weiterführendeschule

Übergang Grundschule

Orientierungsstufe

Sprachtest in der Kita gemäß §35 Abs. 2 SchulG

Sprachfeststellung bei Grundschul -anmeldung

5&6 Klasse

Schuleingangsphase 1&2 ggf. 3 Klasse

rbeit Jugenda

Übergang Kita

Grundschulprojekte Kitaprojekte Frühe Hilfen Sicherer Start

BaBe

Hi

Schulprojekte Schulverweiger ung

ung h e i z r Er u z n lfe

Bewerbungstraining

Jugendhilfe wirkt nur als Ganzes gut ! IV. Krisenintervention Kinderschutz, Inobhutnahme, JGH, FGH

2

III. Begleitung und Hilfe in Einzelfällen Hilfen zur Erziehung

II. Beratung, Entlastung, Unterstützung

1

Jugendschutz, Jugendsozialarbeit Erziehungsberatung

I. Infrastruktur für Bildung und Erziehung Kindergarten, Jugendarbeit, Familienbildung

Lebenswelten und Lebensbedingungen Wohnen, Arbeit, Bildung/Schule , Kultur, Gesundheit, Freizeit

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drei Steuerungskreisläufe der „Steuerung“ für HzE zentrale Themen: Geld und Struktur

Konzept und Ressourcen

Aufgaben, Probleme und Hilfen

zentrales Problem Fach-Politik

Legitimation

Organisation

Arbeitsfähigkeit/ Zuverlässigkeit

Fall

Belastung/Überlastung Wirkung

Ein Mobilee muss balanciert werden – viel Geduld, Übung und Erfolg!

Vielen Dank

Prof. Dr. Christian Schrapper Universität Koblenz-Landau Universitätsstr. 1 56070 Koblenz Mail: [email protected] (ohne r ist richtig)

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