Milch und Mist. Arbeitsheft Nr. 20

Milch und Mist Arbeitsheft Nr. 20 Herausgeber: Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze e.V. Haldenwies 14, 70567 Stuttgart Tel.: 0711-6872302 ...
Author: Alexa Albrecht
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Milch

und

Mist

Arbeitsheft Nr. 20

Herausgeber: Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze e.V. Haldenwies 14, 70567 Stuttgart Tel.: 0711-6872302 [email protected] www.bdja.org Text und Skizzen: Gabriele Plappert Jugendprojekt am Kunzenhof e.V. Littenweilerstr. 25 a 79117 Freiburg Tel.: 0761/163726 www.plappert-freiburg.de/kunzenhof

Gestaltung: Michaela Boehm und Hans-Jörg Lange Copyright: Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze e.V., Stuttgart, 2007 Bezugsquelle für Lab: z.B. Bunte Kuh, Käsereibedarf, Hinterdorfstr. 18, 36154 Hosenfeld-Hainzell

Vorwort Das vorliegende Arbeitsmaterial ist entstanden als Grundlage einer Arbeitsgruppe der Austausch- und Fortbildungsveranstaltung für haupt- und ehrenamtliche MitarbeiterInnen des Bundes der Jugendfarmen und Aktivspielplätze im März 2006 in Freiburg. Mit “Milch und Mist” werden zwei Bereiche aufgegriffen, die für Jugendfarmen mit Tierhaltung von Interesse sein können und die bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen umgesetzt werden können. Auch wenn die oft vorhandenen Ziegen nicht gemolken werden, könnte das Interesse am “Lebensmittel Milch” durch die im Folgenden beschriebenen Betrachtungen geweckt werden. In der praktischen Umsetzung können die Kinder erleben und verstehen, welche vielfältige Bedeutung das Lebensmittel Milch in ihrem täglichen Leben hat. Der Mist, der in manchen Jugendfarmen nur als “Abfall” betrachtet wird, kann durch die hier beschriebenen Tätigkeiten in fruchtbaren Kompost verwandelt werden. Durch beide Themen werden elementare Zusammenhänge erlebbar die den Kindern helfen können, wichtige Zusammenhänge in der realen Welt zu verstehen. Gabriele Plappert

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Lebensmittel Milch Was steckt alles in frischer Vollmilch? Als Ausgangsprodukt nehmen wir fisch gemolkene Milch1. Bedingt kann auch nicht homogenisierte, pasteurisierte Vollmilch verwendet werden. Nach ca. 12 Stunden sind bei Kuhmilch ca. 80% des Fettanteils aufgerahmt. War die Milch im Kühlen gestanden, kann diese Sahne abgeschöpft werden und nach 2-3 Tagen Ruhezeit als Schlagsahne weiter verwendet werden, zurück bleibt die etwas weißere Magermilch. Schafmilch braucht bis zu 48 Stunden zum Aufrahmen. Ziegenmilch rahmt praktisch nicht auf. Die Sahne muss durch Zentrifugieren gewonnen werden.

Fußnote1 Frisch gemolkene Milch heißt Rohmilch, die am besten ab Hof gekauft wird. Die im Laden erhältliche Milch ist immer wärmebehandelt (pasteurisiert bei 72°C - 75°C oder ultrahocherhitzt bei 135°C - 150°C). Durch die Wärmebehandlung werden nicht nur “schädliche” Keime und MilchsäureBakterien abgetötet, sondern auch das Eiweiß denaturiert, natürliche Aromen, Vitamine und Enzyme dezimiert oder zerstört. Die einzige im Laden erhältliche Ausnahme ist “Vorzugsmilch”. Bei homogenisierter Milch werden die Fetttröpfchen mit hoher Geschwindigkeit auf eine Stahlplatte geschleudert und schweben danach gleichmäßig verteilt in der Milch; es findet hierbei kein Aufrahmen mehr statt. Milch und Mist - Seite 4

Im weiteren wird die Verarbeitung von Kuhmilch beschrieben: Das Aufrahmen gelingt noch besser in einer flachen Schüssel. Steht die Milch im Warmen, vermehren sich die Milchsäurebakterien sehr stark und bringen das Milcheiweiß (Casein) zum gerinnen. Das dauert ca. 1-2 Tage. Die Sahne ist nun gelblich, dick = Sauerrahm, die Magermilch ist gestockte Dickmilch. Der Sauerrahm kann abgeschöpft werden und zu Butter weiter verarbeitet werden. Die Dickmilch kann mit dem Schneebesen zerschlagen werden und schmeckt dann gekühlt lecker als Sauermilch. Oder die Dickmilch wird vorsichtig mit einer Schöpfkelle in ein Käsetuch, oder eine Lochform gelegt, dann tropft durch die Löcher die Molke ab und in der Form bleibt der Quark zurück. Das ist nun Magerquark. Rühren wir die zuvor abgeschöpfte saure Sahne wieder dazu, gibt das Vollmilchquark. Lässt man die Molke länger als 12 Stunden abtropfen, wird der Quark trockener und heißt dann Frischkäse. Auch Molke ist ein hochwertiges Lebensmittel. Sie enthält nun kein Fett mehr. Ebenso sind die wasserunlöslichen Proteine (Casein) und die fettlöslichen Vitamine im Quark geblieben. Aber Molke enthält die biologisch wertvollsten Proteine: das Albumin. Milch und Mist - Seite 5

Ebenso wie die Vitamine ist auch das Albumin wasserlöslich. Durch erhitzen der Molke und evtl. Säurezugabe (Zitrone) fällt das Molkeneiweiß (Albumin) aus. Es kann abgesiebt werden und heißt Ricotta. In der Schweiz heißt dieser Molkekäse Ziger. Die abgeschöpfte süße Sahne kann nun zu Süßrahmbutter weiterverarbeitet werden. Der Sauerrahm zu Sauerrahmbutter. Dazu muss die Sahne bei 12 - 15 Grad Celsius ca. 10 bis 30 Minuten geschlagen oder gestoßen werden. Die fertige Butter schwimmt dann in der Buttermilch. Buttermilch von Sauerrahm schmeckt besser als von Süßrahm. Die Herstellung von Butter ist ein großes Erlebnis für Kinder. Steht keine selbst abgeschöpfte Sahne zur Verfügung kann dazu auch gekaufte “Bio-Sahne” trotz Wärmebehandlung verwendet werden. Jedes Kind bekommt ein kleines Schraubglas (z.B. Marmeladenglas 250 ml), das etwa 1/4 mit Sahne gefüllt ist. Nach festem Zuschrauben müssen die Kinder kräftig schütteln. Da sich die Sahne durch die warmen Kinderhände erwärmt, sollte sie zu Beginn auf etwa 6°C - 8°C gekühlt sein. Am Glas lässt sich sehr schön die Entwicklung von Sahne, Schlagsahne, Butterklümpchen, Butter in Buttermilch verfolgen. Die fertige, aber sehr weiche Butter wird vorsichtig in ein Sieb geleert und dann in sehr kaltem Wasser (mit Eiswürfeln) geknetet. Durch dieses “Butterwaschen” wird die eingeschlossene Buttermilch herausgeknetet. Ist die Butter fest genug, kann sie noch mit einem zuvor mehrere Stunden in kaltem Wasser gelegenen “Buttermodel” verziert werden. Für kleinere Butterstückchen sind auch alte “Springerlemodel” geeignet. Ganz stolz kann dann jedes Kind sein eigenes Stückchen Butter in der Buttermilch nach Hause tragen.

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Der Käse Beim Käse wird das Kasein nicht durch Milchsäurebakterien zum Gerinnen gebracht, sondern mit Hilfe von LAB. Im Labmagen von Kälbern und Lämmern gerinnt die Milch um verdaut werden zu können. Zum Käsen wird das Enzym Lab aus dem Labmagen junger Kälber gewonnen. Heute wird es auch mit Hilfe von Mikroorganismen hergestellt. Inzwischen wird Lab gentechnisch erzeugt. Dieses Lab findet im biologischen Landbau keine Verwendung. Durch impfen der 32 bis 35 Grad warmen, frischen Vollmilch mit Lab gerinnt sie innerhalb einer Stunde ohne zu säuern. Sie kann dann genauso wie bei Quark zu Frischkäse verarbeitet werden. Labfrischkäse schmeckt milder und die abgetropfte Molke heißt Süßmolke. Für die Weiterverarbeitung zu Hartkäse wird die durch Lab entstandene Dickmilch nochmals erhitzt, nachdem sie in Würfel geschnitten wurde. Beim Erhitzen tritt weiter Molke aus. Durch langsames Rühren wird der Käsebruch weiter zerkleinert bis zu einer festen gallertartigen Masse. Durch Pressen in der Form tritt die letzte Molke aus. Es gibt zahlreiche Rezepte von Hartkäsen. Meist dauert die Reife des gewonnen Käselaibs mehrere Monate. Parmesankäse z.B. reift 2 Jahre. In dieser Zeit werden die Käse mit Salz abgerieben, und anfangs täglich gewendet. Milch und Mist - Seite 7

Frischkäserezept mit Lab Diese kleinen runden Käslein werden meist aus Ziegenmilch (evt. mit Kuhmilch gemischt) bereitet. Sofort nach dem Melken (oder auf 35 Grad erwärmt) werden wenige Tropfen Labferment untergerührt (3 Tropfen pro Liter). Nach 30 bis 40 Minuten wird der Bruch geschnitten, 15 Minuten ruhen gelassen und dann in kleine zylindrische Formen gefüllt (z.B. ein mit der Bohrmaschine durchlöcherter Joghurtbecher. Innen mit Sandpapier glatt schleifen). Nach 24 Stunden wird das Käslein aus der Form genommen, etwa 1 Std. in Salzwasser gelegt und danach auf einem Brett getrocknet oder mit Salz eingerieben und bei 15 Grad 4 - 20 Tage gelagert. Mit frischen Kräutern, Pfeffer, Paprika gewürzt, schmeckt er sehr fein. Die Kräuter können auch schon vor dem In-die-Form-füllen vorsichtig untergehoben werden. In Öl eigelegt ist er mehrere Monate haltbar. Guten Appetit

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Das Gold des Bauern... ... kaum zu glauben, das ist der Mist.

An erster Stelle der durch und durch harmonische Mist des Rindes, bei sorgfältiger Weiterbehandlung aber auch der Mist aller anderen Haustiere. Durch das Zurückbringen des Stallmistes - insbesondere als Komposterde - auf Wiesen, Feld und Garten, lässt sich die Ertragsfähigkeit des Bodens erhalten und verbessern. Dabei spielt die Erhaltung und Verbesserung des Humusbestan-des des Bodens die entscheidende Rolle. Auf einem gesunden, lebendigen Boden wachsen auch gesunde Pflanzen. Düngen heißt nicht die Pflanzen füttern, sondern Düngen heißt den Boden verlebendigen!

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Warum Kompost? Alle organische Substanz, wie es ja auch Stallmist ist, wird innerhalb weniger Monate durch kunstvolle Umwandlungsvorgänge wieder zu Erde. Das geschieht in 3 Stufen: Abbau - Umbau Aufbau. Wird der Stallmist frisch ausgebracht, müssen diese Vorgänge auf dem Feld geschehen. Das kann das Bodenleben und die Pflanzen negativ beeinflussen. Im Komposthaufen geschieht die Verwandlung zu Humuserde wie in einem Magen die Verdauung.

Was geschieht im Komposthaufen? 1.) Die Abbauphase (Thermophyle Phase) unter starker Wärmeentwicklung machen sich Bakterien, Pilze, Sporen, Mikroorganismen an die Arbeit, die organische Ausgangssubstanz abzubauen. Nach wenigen Tagen erreicht die Temperatur in der Miete schon 75 Grad. Dabei entweicht nicht nur Kohlensäure und Ammoniak, sondern es werden auch Krankheitskeime abgetötet und Unkrautsamen keimunfähig gemacht. Abbau von Eiweiß und Kohlehydrat. Das dauert ca. 2 bis 5 Wochen. 2.) Die Umbauphase (mesophyle Phase). Im Komposthaufen sinkt die Temperatur auf 50 Grad und darunter. Die wärmeliebenden Mikroorganismen sterben ab. An ihre Stelle treten Heerscharen neuer Mikroben- u. Bakterienstämme, von Pilzen und ersten tierischen Kleinlebewesen wie Milben und Käferlarven. Nun wird insbesondere Zellulose und Lignin zersetzt. Das dauert wiederum ca. 5 Wochen. 3.) Die Aufbau- oder Reifephase. Der Kompost wird von der Makrofauna besiedelt. Die Temperatur gleicht sich der Außentemperatur an. Insektenlarven, Spinnentiere, Springschwänze, Tausendfüßler und insbesondere der rote Mistwurm Milch und Mist - Seite 10

besorgen nun den Neuaufbau der Huminstoffe. Der Wurm vermischt diese bei der Verdauung mit den Mineralien und sorgt so für den wertvollen Humus. Regenwurmkot nennt man auch TonHumus-Komplex.

Voraussetzung für das Gelingen der "Verdauungsvorgänge" im Komposthaufen 1.) Das Verhältnis von Kohlenstoff (C) und Stickstoff (N) muss ausgewogen sein d.h. im Verhältnis von ca. 25 : 1. Mist mit Stroh zusammen entspricht diesem Verhältnis. Küchenabfälle oder Rasenschnitt haben ein engeres C/N - Verhältnis (12:1). Laub oder Stroh alleine ein weiteres ( ca. 60:1). Sägemehl ein sehr weites (bis 500:1). Es müsste also im Pferdestall sehr sparsam mit Sägemehl gestreut sein, wenn das Rotteergebnis im Kompost befriedigen sein soll. 2.) Die Feuchtigkeit: zu trockener Kompost erhitzt sich sehr stark, verbrennt und verschimmelt. Zu nasser Kompost enthält zu wenig Sauerstoff. Die Rotte wird dann anaerob (ohne Luftzufuhr) und nicht wie gewünscht aerob (mit Luftzufuhr). Der Kompost verfault. Durch Abdeckung mit Stroh wird verhindert, dass zu viel Regenwasser eindringt und damit auch wertvolle Inhaltstoffe ausgewaschen werden. Außerdem schützt Stroh den Haufen vor dem Austrocknen.

Günstige Form eines Komposthaufens: Anfangs werden Stallmist, Garten- u. Küchenabfälle locker und gut gemischt aufgesetzt. Im Laufe der Rotte fällt der Haufen zusammen. Innerhalb eines Jahres etwa zur Hälfte der Anfangshöhe. Milch und Mist - Seite 11

Kompostzusätze 1.) Durch Beigabe von Gesteinsmehl (ca. 1-5 l) kann die Mineralstoffbildung im Komposthaufen angeregt werden (umstritten) 2.) Kalk: Zugabe von kohlesaurem Kalk oder Algenkalk kann die mikrobielle Aktivität fördern, insbesondere bei Laub- oder Rindenkompost. Der fertige Kompost zeichnet sich durch eine krümelige Struktur aus. Er riecht angenehm erdig und enthält nur noch Reste an unverrottetem Material.

Was ist Humus?

bauen ab zu

Nährhumus Leicht abbaubare Verbindungen (Kohlenhydrate, Aminosäuren, lösliche Eiweiße)

Mineralische Pflanzennährstoffe +

bauen rasch ab zu

CO², H²O, NH³

Humifizierung

m sa ng la

Dauerhumus schwer abbaubare Verbindungen (Lignin, Fette, Harze, Gerbstoffe, Huminstoffe)

hr

zu

se

m

n

nu

ue

ue

ba

ba

ab

zu

Organische Masse Abgestorbene Überreste von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen

Mineralisierung

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Literaturtipps: John Seymour: Das neue Buch vom Leben auf dem Lande - ein praktisches Handbuch für Realisten und Träumer Verlag: Urania, Freiburg; ISBN-10: 3332014749 ISBN-13: 978-3332014747 Preis: EUR 29,90 Seymours Gartenbuch für Kinder - wie jeder sein Gemüse selbst anbauen kann Verlag: Lentz, Georg ISBN-10: 3880100810 ISBN-13: 978-3880100817 Das KOSMOS-Buch vom Landleben - Tiere halten, Obst, Gemüse und Kräuter anbauen von Paul Heiney (Autor) Verlag: Kosmos (Franckh-Kosmos) ISBN-10: 3440099040 ISBN-13: 978-3440099049 Hausgemachtes aus der Vorratskammer - Einmachen, Einkochen, Räuchern, Käsen, Brotbacken Autoren: Verena Nickles, Margarethe Püringer, Eva Reimer Verlag: Np Buchverlag: ISBN-10: 3853261957 ISBN-13: 978-3853261958 Altes Handwerk und ländliches Leben von Gudrun Sulzenbacher Verlag: Folio Verlag ISBN-10: 3852562082 ISBN-13: 978-3852562087 Preis: EUR 15,80 Milch und Mist - Seite 13

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