»Menschen und Markt«: Worauf es beim Firmenkauf ankommt

DD_2009_05_11-15 09.02.2009 12:53 Uhr Seite 11 MARKT & MANAGEMENT »Menschen und Markt«: Worauf es beim Firmenkauf ankommt PERSPEKTIVE PRINT. Im G...
Author: Detlef Hauer
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»Menschen und Markt«: Worauf es beim Firmenkauf ankommt PERSPEKTIVE PRINT. Im Gegensatz zum internen »organi-

schen« Wachstum eröffnet der Kauf eines Unternehmens die Chance, schnell in neue Absatzmärkte vorzustoßen. Fünf Druckunternehmer diskutierten auf Einladung von Deutscher Drucker und GC Graphic Consult im Rahmen der Expertenrunde »Perspektive Print«, was den Erfolg bei der Übernahme und anschließenden Integration von Unternehmen ausmacht. Perspektive Print: Herr Kuhn, warum ha-

Alexandra Fay: Wir hatten schon Mitte

ben Sie in den vergangenen vier Jahren zwei Firmen zugekauft? Stefan W. Kuhn: Für Unternehmen ist es immer wichtig, dass sie Wachstum nachweisen. Eine Kombination kann sehr befruchtend sein. Im Prinzip war es ein strategischer Schritt. Wir hatten mit diesen Unternehmen schon vor zehn Jahren gesprochen. Damals noch vergeblich. Doch irgendwann war der Leidensdruck wohl so stark, dass man sich getroffen hat.

der 90er-Jahre die Firma Printware, unse-

Perspektive Print: Frau Fay, warum hat

sich Engelhardt und Bauer in die Fläche ausgebreitet?

»Wichtig ist die Glaubwürdigkeit, die man den Mitarbeitern vermitteln kann.« Heinz Wurzel, Scheel Print-Medien

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ren heutigen Digital-Kleindruckbereich, gekauft. Damals ging es darum, in einen neuen Bereich zu erweitern. 2002 und 2004 haben wir uns dann in die Region ausgeweitet und eine regionale Grenze überschritten, den Rhein. Der bildet praktisch eine unsichtbare Mauer. Vor einigen Jahren noch hatte beispielsweise ein Weltkonzern wie SAP gesagt, man kaufe nur in der Region ein. Und die Region ging leider nicht bis Karlsruhe. Ähnlich schwer ist es, als Karlsruher Unternehmen nach Stuttgart zu verkaufen. Das geht eigentlich nicht. München oder Hamburg ist einfacher. Da gibt es diese gegenseitige Abneigung nicht. Kuhn: Bei uns hat eine der Akquisitionen zwar auch den Sinn gehabt, den Sprung in die West-Schweiz zu schaffen. Aber hier gibt es einen kulturellen Unterschied und die Sprachbarriere. Es ist erstaunlich, zu hören, wie groß die regionalen Unterschiede in Deutschland sind. Fay: Ja. Wobei ich das Gefühl habe, dass sich in den letzten fünf Jahren einiges positiv verändert hat. Perspektive Print: Herr Deutsch, was war

Ihre Intention als Firmenkäufer?

Die Diskussionsrunde Teilnehmer ■ Moderiert durch Gerd Bergmann, stellv. DD-Chefredakteur, und Dr. Wolfgang Jeschke, Geschäftsführer GC Graphic Consult, diskutierten: ■ Christoph Deutsch, Vorstandsvorsitzender SDV AG (Dresden)  2006 Kauf des Standortes Weidenberg/Bayreuth der Winter AG ■ Alexandra Fay, Geschäftsführende Gesellschafterin E & B Engelhardt und Bauer Druck- und Verlags GmbH (Karlsruhe)  2002 Kauf der Fa. Schmitt in Landau  2004 Kauf der Fa. WDW in Sandhausen bei Heidelberg ■ Stefan W. Kuhn, Verwaltungsratsdelegierter K+D AG (St. Gallen/Schweiz)  2004 Kauf der Fa. Suter in Liebefeld bei Bern  2007 Kauf des Geschäftsbereichs Ver packungsdruck von Huber in Frauenfeld ■ Dierk Schröder, Sprecher der Geschäftsführung Carl Edelmann GmbH (Heidenheim)  Kauf mehrerer Unternehmen im Inund Ausland, unter anderem der Fa. Artur Theis im Jahr 2007 ■ Heinz Wurzel, Geschäftsführender Gesellschafter Scheel Print-Medien GmbH (Waiblingen)  Kauf der Fa. Gmähle Rollenoffset aus der Insolvenz im Jahr 2007 Experte: Thomas Klose, Management Consultant, GC Graphic Consult

Christoph Deutsch: Wir waren ursprüng-

lich ein Verlag und eine Druckerei mit der Spezialisierung auf amtliche Publikationen in Sachsen. Dieser Markt war uns auf Dauer zu klein. Neben dem Offset waren wir bundesweit frühzeitig im Digitaldruck aktiv. 2004/2005 gerieten wir dabei in eine Art Sackgasse. Es war erkennbar, dass der Digitaldruck nicht so weiter wächst, wie wir uns das vorstellten. Deswegen wollten wir in den klassischen Mailing-Bereich hinein, um unsere vorhandenen Druckleistungen dort anbieten zu können. Dass ein Zukauf in diese Richtung geklappt hat, liegt aber vor allem an den beteiligten Personen – »it’s all about people« – die Chemie muss stimmen.

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»Man kann auch im Druck Geld verdienen. Es ist keine schlechte Branche.« Christoph Deutsch, SDV AG

Perspektive Print: Herr Schröder, die Firma Edelmann hat eine enormes Wachstum hinter sich. Was waren die Haupt-Gründe? Dierk Schröder: Die Internationalisierung bringt es mit sich, dass unsere Kunden ihre Lieferanten vor Ort haben wollen. Das ist vielleicht vergleichbar mit der Automobilindustrie. Die Kunden fragen uns klar: Wollt Ihr ein internationales Unternehmen werden oder eine deutsche Firma bleiben? Perspektive Print: Waren das Akquisitionen oder sind Sie selbst in diese Länder gegangen? Schröder: Immer Akquisitionen. Edelmann war schon bei der Gründung 1913 eine »Akquisition«. Damals hat Carl Edelmann senior eine Druckerei gekauft. Dieser Strategie sind wir treu geblieben. Es hat noch kein Greenfield-Investment gegeben. Das würden wir auch nicht tun, sondern immer vorhandene Strukturen übernehmen. Das Geschäft mit der Faltschachtel ist relativ komplex. In Deutschland oder Westeuropa mag das noch funktionieren. Aber bis Sie in anderen Ländern die ganzen Spezialisten aufgebaut haben, da vergehen Jahre. Man kann gar nicht abschätzen, was das am Ende kostet. Insofern bevorzugen wir eindeutig die Übernahme von vorhandenen Organisationen. Von Mitarbeitern, die das Geschäft schon verstehen. Perspektive Print: Herr Wurzel, was hat Sie

in den Haifischteich Rollenoffset getrieben? Heinz Wurzel: Mut. Den braucht man da-

zu. Ich hatte bereits vor sieben Jahren meine

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ersten Firmen gekauft – die Druckerei Scheel in Waiblingen und die Cannstatter Repro. Aus den damals 30 Leuten in der Druckerei sind 85 geworden. Wir sind in diesen Jahren organisch gewachsen. Und dann ging Anfang 2007 die SchmelzleGruppe in die Insolvenz. Die dazugehörende Firma Gmähle ist auch an unserem Standort Waiblingen. Ich war damals mit einem der Gmähle-Außendienstmitarbeiter in Kontakt, der zu mir kam und sagte: »So wie die das anpacken, geht die Firma den Bach runter. Wollen wir Gmähle nicht kaufen?« Wir haben die Firma angeschaut, abgewogen, wirklich auf Herz und Nieren geprüft. Und dann hat der Bauch entschieden. Aber die Ausrichtung war klar: Keine 64 Seiten, keine 80 Seiten, nur der Marktbereich Acht-Seiten-Rolle, viele Eindrucke, mit vielen Versionen. Ich habe eine Bank gefunden, die voll auf unser Konzept eingestiegen ist. Und aus heutiger Sicht muss ich sagen, das war absolut der beste Schritt, den ich je gemacht habe.

Umsetzung kauft man in erster Linie Marktzugänge. Ich habe festgestellt, dass es oft einfach nicht möglich war, unsere Leistungen von Dresden aus zum Beispiel in Bayern zu verkaufen. Wenn du mit einer tollen Idee kommst, warten manche Kunden so lange, bis ihr heimischer Lieferant das auch kann. Du kommst nicht rein. Und wenn du zehn Mal besser und günstiger bist. Als wir dann als Firma aus Bayern auftraten, haben die bayerischen Kunden zum ersten Mal richtig zugehört. Fay: »Einen Kundenstamm kaufen«, das wissen wir ja alle, ist heute Schall und Rauch. Die Kunden wechseln. Ich würde heute nicht mehr hergehen und versuchen, jemandem einen Kundenstamm abzukaufen. Ich sehe es als schwierig an, einen Wert dafür festzulegen. Deswegen haben wir nur die Maschinen bezahlt. Und aus dem Rest versucht, so viel wie möglich zu machen. Schröder: Zunächst ist es mal positiv, wenn durch Zukauf ein neuer Kunde dazukommt. Gerade im Bereich der Pharmazie, da gibt es ja zehn Große. Und wenn ich

Perspektive Print: Herr Schröder, Sie bleiben beim Kaufen als Strategie? Schröder: Ja, bei uns ist das schon, ich will nicht sagen, Routine. Das ist mir ein bisschen zu arrogant. Aber die Organisation, die hat sich schon dran gewöhnt. Wenn etwas ansteht, dann weiß eigentlich vom Vertrieb über die Personalabteilung bis zur Technik und IT jeder Bescheid. Da muss man keine großen Sitzungen abhalten. Eine unserer Firmen ziehen wir gerade in ein neues Gebäude um. Bis Sie den Mietvertrag haben, bis alles aufgebaut und organisiert ist – das dauert viele Monate. Wenn ich mir jetzt noch vorstelle, man müsste auch Mitarbeiter suchen, den Kundenstamm aufbauen. Dann dauert das zwei, drei Jahre Minimum bis man ins Laufen kommt. Perspektive Print: Also Geschwindigkeit als wesentlicher Punkt? Schröder: Das ist gut formuliert. Perspektive Print: Was kauft man eigentlich, wenn man ein Unternehmen erwirbt? Umsatz oder Technik? Mitarbeiter, Namen, Reputation? Eine Marke? Wofür zahlen Sie? Fay: Also wir haben eigentlich nur für die Maschinen gezahlt. WDW war ja insolvent, als ich sie übernommen habe. Aber Hintergedanke war natürlich der Einstieg in der Region Heidelberg und der gute Name. Deutsch: Letztlich kauft man Rendite, eine Art Geldanlage. Aber man denkt schon darüber nach, was man insgesamt aus dem Investment machen kann. Und ich schaue natürlich, was uns der Kauf für den bestehenden Firmenorganismus bringt. Was kann ich an Synergien kriegen? In der praktischen

»Einen Kundenstamm zu kaufen, ist heute Schall und Rauch.« Alexandra Fay, Engelhardt und Bauer

jetzt mal das Revue passieren lasse – durch diese Akquisitionen haben wir unseren Großkundenstamm in der Unternehmensgruppe auf jeden Fall erweitert. Und dann ist es die Organisation, die man letztendlich erwirbt. Die muss funktionieren. Probleme bereiten eher die bisherigen Inhaber oder Geschäftsführer. Das passt oft nicht mehr. Und dann kriegen Sie die Firmen nicht dahin, wo Sie sie hinhaben wollen.

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Perspektive Print: Herr Wurzel, haben Sie

fähige Mitarbeiter gekauft? Oder Märkte? Wurzel: Ich habe Markt gekauft. Einfach eine Erweiterung meines Portfolios. Klar, ohne Mitarbeiter geht es nicht. Die Schlüsselspieler im Team, die müssen mitziehen. Sonst kann man das echt vergessen. Perspektive Print: Jetzt haben wir gehört,

dass man Unternehmen kauft, die vom vorherigen Management in die Krise gesteuert wurden. Bei welchen Firmen steigt man am besten ein? Bei Firmen in der Krise oder bei Unternehmen, die richtig gut performen? Kuhn: Die Verpackungsbranche, in der wir uns bewegen, ist eine sehr reife Industrie. Es gibt aber auch Unternehmen, die nicht unbedingt Top-Performer sind. In unserem Fall haben wir zwei zu restrukturierende Unternehmen gekauft. In einem Fall ging es um die Abspaltung einer Geschäftssparte, die man loswerden wollte. Und im anderen Fall ging es um eine Nachfolgeregelung. Zur Ergänzung der letzten Frage: Markt und Mitarbeiter, haben Sie gesagt, werden gekauft. Wir haben Asset-Deals gemacht, weil diese Unternehmen in alten Gebäuden waren, die nicht GMP-konform sind. Perspektive Print: Vor Jahren hatte E&B

auch die Firma Schmitt gekauft, die kein Insolvenzfall war. Fay: Ja, Schmitt war ein Nachfolgeproblem. Wobei es einfacher ist, ein Unternehmen zu integrieren, wenn es in Insolvenz ist. Oder wenn es nicht mehr so gut ging. Dann sind die Menschen ganz anders motiviert. Bei WDW waren sie relativ verzweifelt. Und dann haben sie noch eine junge Frau als Chefin bekommen. Das war für manche sehr schwierig. Aber sie hatten ja keine Wahl. Deutsch: Diese Frage, was man kauft, ist schwer zu beantworten. Ich behaupte, da wir ja alle Ahnung von dem Geschäft haben, sind wir strategische Investoren. Und Leute, die Ahnung haben, schauen natürlich, dass sie die richtigen Firmen identifizieren, um es dort eben besser zu machen als die Vorgänger. Wo gute Substanz ist, muss man relativ günstig zuschlagen. Ich finde, dass unsere Branche insgesamt oft zu negativ gesehen wird. Ich kann sagen, dass man auch im Druck Geld verdienen kann. Es ist keine schlechte Branche. Perspektive Print: Ein gutes Stichwort. Wie

komme ich zu möglichen Firmen? Wie identifiziere ich Kandidaten? Schröder: Es gibt den Zufall, aber auch – bei uns eigentlich vermehrt – den geplanten, strategischen Kauf. Wir haben ja jede Menge Faltschachtelhersteller auf der Welt. In Europa sollen es allein zwischen 2 200 und 2 500 sein. Kuhn: Zu viele.

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Schröder: Entweder Sie haben einen Scout, der ein Land oder Gebiet absucht. Oder man erhält eine Empfehlung vom Kunden. Was bei uns auch schon vorgekommen ist. Das sind meistens die Firmen, denen es nicht so gut geht. Und der günstigste Zeitpunkt zum Einstieg? Es ist wie an der Börse, da versucht man auch immer zu Niedrigst-Kursen einzusteigen. Perspektive Print: Herr Wurzel, Sie sind mit Ihren ersten beiden Firmen personell schon stark gewachsen. Dann kam der Kauf von Gmähle. Haben Sie einen Plan in der Schublade, wie es weitergeht? Wurzel: Ich schaue mit offenen Augen, was es gibt. Aber aus meinem Portfolio heraus hätte ich mich nicht auf den Rollenmarkt gewagt. Ich hätte mir auch nichts auf der »grünen Wiese« hingestellt. Den Schritt wäre ich nie gegangen. Aber seit ich als Firmenkäufer verschrien bin, habe ich drei Firmen angetragen bekommen. Das ist wirklich extrem, dass Leute jetzt einfach sagen, »Hey, hallo, der kauft ja alles.« Wenn ich kaufe, dann nur, damit ich mein Portfolio erweitere. Der Einstieg in neue Märkte ist schon etwas, womit ich mich beschäftige. Wobei ich aber Markt kaufe. Maschinen bekommst du hinterhergeschmissen, aber du brauchst auch die Mitarbeiter, die diesen Markt bedienen. Perspektive Print: Wenn es nun wirklich

Tausende von Marktteilnehmern im Verpackungsdruck sind, ist es doch schwierig, alle Akquisitionschancen im Blick zu haben? Kuhn: Ein systematisches Screening ist von Zeit zu Zeit nötig. Was läuft da bei den Firmen ab? Wenn ich eine Produktsortimentoder geografische Erweiterung plane – je nachdem –, dann kann ich das Screenen natürlich ein bisschen weitertreiben.

»Wir bevorzugen eindeutig die Übernahme von Mitarbeitern und vorhandenen Organisationen, die ihr Geschäft verstehen.« Dierk Schröder, Carl Edelmann GmbH

habt, eine ganze Druckerei zu übernehmen. Ich habe mir das trotzdem angesehen, und es war vom Gefühl her gleich positiv. Die hatten auch Heidelberg-Workflow, und von den Maschinen her hat es gepasst. Ich denke, das ist wichtig. Es waren außerdem viele große grüne Pflanzen im Betrieb. Das hat mir gefallen. Da schüttelt man als Mann wahrscheinlich den Kopf, aber für mich war das so – ich habe mich da einfach gleich wohlgefühlt. Und dann haben wir innerhalb von 14 Tagen das Unternehmen gekauft.

Perspektive Print: Wie erfolgt der Kontakt

beim Kauf? Wer macht den ersten Schritt?

Perspektive Print: Wie wird die Entschei-

Kuhn: Also ursprünglich haben wir es über

dung getroffen, ob gekauft wird? Was entscheidet, und wer? Wurzel: Meine Berater. Ganz klar. Ich habe einen Unternehmensberater involviert und auch einen Wirtschaftsprüfer. Diese bringen das Zahlenfundament. Ansonsten muss man einfach schauen, was an Substanz da ist, um etwas aufzubauen. Hast du die Mannschaft dazu, um diese Märkte wieder zu erschließen? Ohne das, kann ich jetzt sagen, würde ich keinen Schritt machen. Schröder: Eigentlich bin ich auch nicht der Akquisitionsprofi. Man hat und braucht die Berater. Es ist natürlich von Vorteil, wenn man sie im eigenen Haus hat. Im Bereich der Technik ist das bei uns so. Auf der Finanzseite nehmen wir auch immer einen Externen mit. Wobei wir nicht die sind, die über drei, vier Monate eine Firma auseinandernehmen. Über dieses Thema sind wir im Übri-

einen neutralen Consultant gemacht. Ihm haben wir unsere Ideen vermittelt, unsere Informationen mitgegeben. Da konnte man auf ganz anderen Ebenen Kontakte knüpfen. Wenn mein Vater oder ich den Kontakt gesucht hätten, dann hätte es geheißen: Ja, ach, der will uns jetzt kaufen. Also besser neutral. Und dann schauen, wie es sich entwickelt. Auf diese Weise bekommen Sie auch mehr Informationen. Perspektive Print: Wie geht das im regiona-

len Bereich? Fay: Also bei uns war es mehr oder weniger

Zufall. Dadurch, dass wir in der Region doch eine gewisse Größe haben, werden uns schon seit Jahren Firmen angetragen. Im Fall von WDW kam der Insolvenzverwalter auf uns zu. Wir hatten eigentlich nicht vorge-

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gen auch schon an eine Firma gekommen. Der Inhaber war mal so gequält worden, dass er sich gesagt hatte, nie wieder solche Berater. Deshalb sind wir dort nur zu zweit gewesen und haben uns zwei Tage mit dem Unternehmen beschäftigt. Und dann waren wir uns relativ schnell einig. Deutsch: Ja, es sind auch keine zehn Berater, die ich dahinschicke, sondern zwei, drei Leute, die mich begleiten. Man braucht eigentlich nicht länger als einen Tag, bis man die Wahrheit kennt. Das kriegt man schon recht schnell raus. Auch das Zahlenwerk kann man ziemlich rasch beurteilen, wenn man es denn hat. Wir haben aber natürlich eine Due Dilligence gemacht – nachdem wir uns prinzipiell für den Kauf entschieden hatten, schon weil das für die Finanzierung benötigt wird. Kuhn: Wir haben mit Due Dilligence eine ganz spezielle Erfahrung gemacht. Wenn es darum geht, das Unternehmen auseinanderzunehmen, dann mache ich das selbst. Zumeist haben die Firmen in unserem Bereich überhöhte Fertigwarenlager. Ich glaube, die großen Fehler werden bei der Substanz gemacht. Vor 18 Jahren wären wir bei

Wurzel: Gott sei Dank gibt es ja da ein paar

Richtlinien. Meistens orientiert man sich an den EBITs oder EBDAs. Wenn einer kommt und sagt, meine Firma ist soundsoviel mal den Umsatz wert, dann können Sie es gleich sein lassen. Mit dem kommen Sie so schnell nicht zusammen. EBDA mal sechs bis sieben. Das ist eigentlich so ein Faktor, der uns öfter begegnet. Wenn es darüber liegt, dann gibt es Ärger mit den Wirtschaftsprüfern und den Banken. Das sind dann sozusagen Idealistenpreise. Ich denke, es kommt immer darauf an, unter welchen Rahmenbedingungen man kauft. Je florierender das Unternehmen, desto schwieriger wird es ja mit dem Kaufpreis. Weil dann die Vorstellungen weit auseinanderklaffen. Deutsch: EBDA-Multiples war für uns schon so eine Maßgabe. Aber sechs bis sieben wäre mir im Fall Mailingherstellung zu viel gewesen. Es gibt aber Unternehmen, da ist das ganz anders. Es gibt zum Beispiel Firmen, da wäre ich bereit, das 15-fache des EBDA zu bezahlen. Das ist allerdings eine etwas andere Branche. In dem Fall würde ich einen Claim kaufen, eine Chance.

Perspektive Print: Die Verkäufer gehen prinzipiell mit überhöhten Vorstellungen in die Verhandlungen? Fay: Man will ja schließlich etwas für das, was man aufgebaut hat. So viel wie nur geht. Perspektive Print: Wie kommt man zum

richtigen Kaufpreis? Discounted Cash Flow? Substanzwerte? EBIT-Multiples? Oder ist es einfach das, was der Verkäufer haben will und was Sie bereit sind zu zahlen?

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Perspektive Print: Auf allen Ebenen? Deutsch: Es war ja letztlich ein von mir fi-

Wenn jemand dafür eine Million verlangt hätte, dann hätte ich gesagt: Behalt ihn doch. Perspektive Print: Wenn kaufen, dann im-

Perspektive Print: Integration ist also der

mer 100 Prozent? Oder reicht die Position eines Mehrheitsgesellschafters? Würden Sie auch als Minderheitsgesellschafter irgendwo einsteigen? Schröder: Das kommt darauf an. Gerade, wenn man sich international bewegt, dann präferieren wir durchaus auch mal eine Beteiligung. In China ist es Pflicht, einen lokalen Partner zu haben. Da geht das nicht anders. Und es gibt auch Märkte, wo wir sagen, es reicht uns zunächst auch mal eine Minderheitsbeteiligung. Weil es nur darum geht zu sagen, »Wir sind jetzt auch im Lande, lieber Kunde«. Natürlich muss es ein Partner sein, der verlässlich ist und bei dem die Qualität stimmt. In Europa würde ich klar sagen: nur 100 Prozent. Das ist viel einfacher, um dort seine Ideen und Vorschläge umzusetzen. Deutsch: Ja, das Ziel ist 100 Prozent. Wobei es auch Übergangsvarianten gibt. Fay: Dadurch, dass es bei uns in der Region war, ging es immer um 100 Prozent. Die Integration ist einfacher, wenn man die alten Zöpfe dann auch abschneiden kann. Das ist schwierig genug.

Punkt, wo es sich entscheidet. Top oder Flop? Was war bei Ihnen der Schlüsselfaktor? Kuhn: Ein gutes Konzept. Sich mit der Firma befassen. Das Integrationsprojekt in der konzeptionellen Phase entsprechend weit treiben. Und dann: schnelle und konsequente Umsetzung. Integration ist Chefsache. Fay: Die Integration ist deswegen geglückt, weil wir es auch selber gemacht haben. Weil entweder mein Vater oder ich vor Ort waren. Das war ganz wichtig. Schröder: Wenn man Erfahrung hat – und wir sehen ja viele Firmen –, dann bekommen Sie schnell ein Gespür dafür, passt das überhaupt zusammen? Und wenn Sie da schon merken, das wird nichts, können Sie die Finger davon lassen. Wurzel: Ein ganz wichtiger Teil ist die Glaubwürdigkeit, die man den Mitarbeitern gegenüber vermitteln kann. Dass man sagt, was man verändern will. Und dass das relativ schnell erfolgt. Dass die Leute auch das Gefühl haben, der neue Inhaber steht hinter uns. Der verkörpert, was er erzählt hat. Dann gehen die Leute auch mit einem mit.

»Gmähle« kennt man ja nun bundesweit. Wurzel: Der Name? Bezahlungstechnisch?

einer Akquisition dadurch fast auf die Nase gefallen. Wir haben es zum Glück noch bemerkt.

Perspektive Print: Herr Deutsch, wie viele vom alten Winter-Team sind noch an Bord? Deutsch: Alle. Jeder einzelne. Und mehr.

nanzierter MBO, der Zurückkauf der Firma durch meinen Bekannten, der die Leute schon hinter sich hatte. Für uns war wichtig, dass die mittlere Managementebene – Druckereileiter, Vertriebsleiter, Innendienst, Kalkulation – mitzieht. Dass die ihre neue Heimat akzeptieren. Wir geben uns wirklich Mühe, dass sie sich mit uns wohlfühlen. Schröder: Die Brückenbauer braucht man manchmal. Es gibt ja Menschen, die eine Firma aufgebaut haben, die irgendwelche Spezialitäten produziert. Insbesondere im technischen Bereich – leitende Mitarbeiter, die einfach ein besonderes Know-how haben. Da ist man gut beraten, wenn man sie noch eine gewisse Zeit dabei hat.

Perspektive Print: Was ist der Name wert?

Dr. Wolfgang Jeschke (GC Graphic Consult)

Kuhn: In den Verhandlungen hat man mit den Leuten im anderen Unternehmen zu tun. Da erlebt man auch die dortige Kultur – »ob man auch das Heu auf der gleichen Bühne hat«, wenn man es salopp ausdrückt. Wie sind die Vertriebsleute? Gibt es andere Säulen, auf die man bauen muss und will? Die braucht man, um das Integrationsprojekt mit hoher Geschwindigkeit vorantreiben zu können.

Perspektive Print: Herr Schröder, gab es bei Perspektive Print: Damit sind wir schon

mitten in der Integration angelangt. Management austauschen oder behalten?

der Firma Artur Theis ein Verlierergefühl? Wenn man von einem erfolgreichen Player im Markt geschluckt wird?

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Perspektive Print: Kommunikation im

»Kommunikation ist immer ein sehr wichtiger Teil des Integrationsprojektes.« Stefan W. Kuhn, K+D AG

Schröder: Ja, auf jeden Fall. Die Mitarbeiter

haben sich viele Jahre, teilweise Jahrzehnte, für ihr Unternehmen engagiert und waren dabei oft lange Zeit erfolgreich. Und jetzt kommt da plötzlich der Wettbewerber. Perspektive Print ... und aus Feind wird

Freund. Schröder: Das ist nicht so einfach zu bewältigen. Die Mitarbeiter verbinden mit dem alten Firmennamen ihren Stolz und müssen plötzlich einen anderen Hut aufsetzen. Perspektive Print: Frau Fay, empfinden

M&A-Prozess ist eine schwierige Geschichte. In welcher Sequenz geht man da vor? Deutsch: Am Anfang darfst du ja gar nicht darüber reden. In unserem Fall war es noch ein bisschen komplexer, weil dieses Asset, das wir gekauft haben, zu einer börsennotierten Firma gehörte. Da gibt es dann die vorgeschriebenen Ad-hoc-Meldungen. Das war juristisch relativ heikel. Erst danach haben wir den Kauf in Abstimmung mit dem Verkäufer nach außen kommuniziert und sind auf Tour zu allen wichtigeren Kunden gegangen. Das ist natürlich Chefsache. Da haben wir präsentiert, wer wir sind und warum wir jetzt noch umfassender die Wünsche der Kunden erfüllen können. Fay: Wir haben das im Fall von WDW in der Region gar nicht an die große Glocke gehängt, dass die Firma von einem Karlsruher Unternehmer übernommen wurde. Das Thema habe ich mit Samthandschuhen angefasst. Wir haben aber von Anfang an großen Wert darauf gelegt, den Kunden mitzuteilen, dass alles »in der Region bleibt«. Auch die Produktion. Meine lieben Konkurrenten hatten ja gleich gestreut, dass wir jetzt den Betrieb zwar kaufen würden. Und nach einem halben Jahr würden wir ihn dann zumachen und hätten dann höchstens noch ein Verkaufsbüro. Kuhn: Bei uns ist die Kommunikation immer ein Teilprojekt des ganzen Integrationsprojektes und das wird ganz klar verhandelt. Machen Käufer und Verkäufer gemeinsam die Mitteilung? Oder separat? Besser ist es sicher, wenn das miteinander erfolgt. Auch vor die Mitarbeiter stellt man sich gemeinsam. Schröder: Die Kommunikation nach innen ist möglichst früh zu starten. Das lässt sich ja auch gar nicht vermeiden. Wir zumindest sind relativ transparent. Der Betriebsrat weiß eigentlich immer, wo ich bin. Deshalb haben

sich die Mitarbeiter als »WDWler« oder als Teil der E&B-Gruppe? Fay: Nein, das ist schon noch WDW. Es ist nur wichtig, dass man zu einer Familie gehört. Das kann man – wenn man gut miteinander arbeitet – auch ein Stück weit so stehen lassen. Wir verfolgen alle die gleichen Ziele, haben mittlerweile die gleichen Werte, die wir auch nach außen vertreten. Wir haben für die Integration viel auf der Sportebene gemacht. Das hat sehr geholfen. Man kennt sich jetzt auch anders. Kuhn: Das Wichtige hat Herr Wurzel schon gesagt: glaubwürdige, ehrliche Kommunikation konsequent umgesetzt. Perspektive Print: Wie lange hält das Verlierer-Feeling? Kuhn: Ich glaube, nicht lange. Ein knappes Jahr. Wenn sich einer als Verlierer oder nicht heimisch fühlt, dann sucht er sich eine andere Stelle.

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Gerd Bergmann (Deutscher Drucker)

Expertengespräche Archiv ■ Viermal jährlich diskutieren Führungskräfte der grafischen Branche und teilweise auch aus deren Märkten auf Einladung von Deutscher Drucker und GC Graphic Consult aktuelle Themen. Alle bisher veröffentlichten Beiträge finden Sie auf www.perspektive-print.de

wir die Erfahrung gemacht, intern besser früh zu informieren. Und nach außen hin so spät wie möglich. Es kann ja immer mal sein, dass was dazwischen kommt. Das kann man intern leichter kommunizieren. Perspektive Print: Sehen Sie sich in der jet-

zigen Größenordnung optimal aufgestellt? Kuhn: Ich glaube, ein gewisser Zwang zum

Wachstum ist da. Die Strukturbereinigung wird weitergehen. Es ist aber auch schön, wenn man als Unternehmer an dieser Strukturgestaltung mitarbeiten kann. Perspektive Print: Frau Fay, macht es noch Sinn, Ihnen Firmen anzubieten? Fay: Jein. Wir haben im Moment nicht unbedingt vor, noch wahnsinnig zu wachsen. Weil man ja auch personell irgendwann an Grenzen stößt. Wir sind jetzt wieder mehr dabei, dass wir innerhalb aufbauen. Deutsch: Durch die Finanzmarktkrise wird ein anderes Verhalten am Markt entstehen. Es wird nicht mehr so viel Geld vorhanden sein, und dann wird nicht mehr so blind und blöd gekauft, wie teilweise in der Vergangenheit. Das ist nichts Schlechtes. Ich denke, es wird weiterhin eine Konsolidierung am Markt geben. Was eigene Zukäufe betrifft, sind wir immer offen. Wir definieren uns aber nicht nach Köpfen oder nach Größe. Mit der Größe, die wir jetzt erreicht haben – rund 220 Mitarbeiter –, sind wir gut aufgestellt. Aber es gibt immer Möglichkeiten. Es muss nicht unbedingt Druck sein. Da gibt es auch andere Felder, die uns interessieren, etwa im Bereich variable Daten. Schröder: Also ich schließe mich da ganz klar an. Wir vermuten, dass sich die Konsolidierung jetzt sogar noch verschärft. Dass diejenigen, die finanziell schwach sind, zur Übernahme anstehen. Für uns selber haben wir eine klare Vorgehensweise für die nächsten drei Jahre festgelegt. Wurzel: Für uns ist es wichtig, dass wir unsere Flächendurchdringung verbessern. Ich bin für organisches Wachsen. Aber auch für Zukäufe aus anderen Teilen der Branche. Im großformatigem Bereich oder im Digitaldruckbereich oder im Verlagsbereich. Dafür könnte ich mich irgendwo erwärmen. Dokumentation: Gerd Bergmann Fotos: Julia Schmidt

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