Vereinssatzungen Worauf kommt es an?

Kurzreferat – Hauptversammlung Blasmusik-Kreisverband Pforzheim/Enz Vereinssatzungen – Worauf kommt es an? Prof. Dr. Hubert Kempter Generalsekretär ...
Author: Martin Fromm
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Kurzreferat – Hauptversammlung Blasmusik-Kreisverband Pforzheim/Enz

Vereinssatzungen – Worauf kommt es an?

Prof. Dr. Hubert Kempter Generalsekretär Kontakt: [email protected] 4. März 2017

Fragestellungen

 Der letzte Blick in die Vereinssatzung – Wann?  Das Vereinsrecht – was ist alles zu beachten?  Was muss und was kann in der Satzung geregelt sein?  Aktuelle Themen im Kontext einer Satzung  Ehrenamtspauschale, Gemeinnützigkeit, Auflösung des Vereins  Datenschutz im Verein  Fördervereine – welche Grundsätze sind hier zu beachten?

Agenda

 Grundlagen – der Verein und seine Organe  Das Vereinsrecht  Bestandteile der Satzung des Vereins  Satzungsänderungen  Sonderthemen zu Satzungsbestimmungen

Was ist ein Verein?

 Verein nach BGB Der Verein im Sinne des BGB lässt sich beschreiben als ein auf Dauer angelegter Zusammenschluss von Personen zur Verwirklichung eines gemeinsamen Zwecks mit körperschaftlicher Verfassung.

 Das Gesetz selbst unterscheidet zwischen:  dem rechtsfähigen Verein (§§ 21 ff und §§ 55 ff BGB)  dem nicht rechtsfähigen Verein (§ 54 BGB).

Organe des Vereins  Der Verein handelt als körperschaftliche Organisation durch seine Organe.  Notwendige Organe eines Vereins  Vorstand  Mitgliederversammlung.

 Einrichtung weiterer Organe  Die Satzung kann darüber hinaus weitere Organe des Vereins einrichten, § 32 Abs.1 S.1 BGB; diesen können Aufgaben der Vereinsführung, der internen Gestaltung des Vereinslebens, Aufsichts- und Kontrollfunktionen oder Aufgaben der Repräsentation übertragen werden.

 Üblich und anerkannt sind  die sog. Vorstandschaft  ein Kuratorium  Kassenprüfer  vereinzelt ein besonderer Vertreter (u.U. Geschäftsführer, § 31 BGB)

Der Verein – die Satzung

SATZUNG VEREIN

Mitgliederversammlung

Vorstand

Evtl. gewillkürte weitere Organe

Organe – der Vereinsvorstand  Grundsatz  § 26 II BGB, der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich. D.h., der Vorstand kann im Außenverhältnis den Verein rechtswirksam verpflichten.  bei mehrköpfigem Vorstand - Hier sind drei Modelle denkbar: − Einzelvertretung − Gesamtvertretung − Mehrheitsvertretung (herrschende Meinung)

 Haftung für den Vorstand  § 31 BGB, der Verein haftet für den Vorstand im Außenverhältnis.  Praxisempfehlung: Abschluss entsprechender Haftpflichtversicherungen

Organe – die Mitgliederversammlung  Aufgaben der Mitgliederversammlung  Die Mitgliederversammlung ist notwendiges und oberstes Organ eines jeden Vereins  Aufgaben – vorbehaltlich anderer Satzungsregelungen – der Mitgliederversammlung sind:

• 1. Bestellung des Vorstandes, § 27 Abs.1 BGB, • 2. Satzungsänderungen, § 33 BGB, • 3. Beaufsichtigung und Entlastung der übrigen Vereinsorgane, • 4. Erteilung von Weisungen an den Vorstand, §§ 32, 27 Abs. 3 BGB, • 5. Beitragsfestsetzung, • 6. Entscheidung über wichtige Angelegenheiten, • 7. Beschlussfassung über Verschmelzung, Auflösung, Liquidation

Organe – die Mitgliederversammlung  Rechte der Mitgliederversammlung  Die Satzung kann die Rechte der Mitgliederversammlung einschränken (siehe § 40 BGB) − z.B. ihr gesetzlich obliegende Aufgaben einem anderen Vereinsorgan übertragen. − Sie kann aber die Mitgliederversammlung nicht entfernen oder vollständigen faktisch entmachten. − Regelungen, die die Mitwirkung der Vereinsmitglieder an der Willensbildung des Vereins ausschließen sind unwirksam.  Ohne Bedeutung für Zuständigkeit und Beschlussfassung über die ihr übertragenen Aufgaben ist die Benennung der Versammlung (z.B. Generalversammlung, Konvent, u.a.)

Vereinsrecht  Grundlagen des Vereinsrechts  dem Grundgesetz (§9),  dem Vereinsgesetz (§2),  dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§159),  dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) (§§21-79),  dem Urheberrechtsgesetz, der Abgabenordnung (AO),  der Vereinssatzung,  Vereinsordnungen, soweit sie durch die Satzung legitimiert sind,  der ständigen Rechtsprechung,  Beschlüssen der Mitgliederversammlung und  dem Gewohnheitsrecht eines Vereins.

Die Satzung des Vereins  Bestandteile einer Satzung  Pflicht-Bestandteile – was muss rein? − z.B. Zweck, Name, Sitz  Soll-Regelungen − Bei Nichtregelung von Sollvorschriften kann die Eintragung ins Vereinsregister verweigert werden − z.B. Ein- und Austritt von Mitgliedern, Beitragsregelungen, Einberufung einer Mitgliederversammlung, Verfahren bei Satzungsänderung  Kann-Regelungen und Zweckmäßiges − z.B. Regelungen zu Sonderumlagen, Geschäftsordnung, Ehrenmitgliedschaft, Ehrenordnung etc

Die Satzung des Vereins

 Was muss in der Satzung geregelt sein (§ 57 BGB)?  Vorstand gemäß § 26 BGB  Mitgliedsbeitrag, § 58 Abs. 3 BGB  Name des Vereins  Vereinszweck  Sitz des Vereins  Erwerb und Verlust der Mitgliedschaft  Berufung der Mitgliederversammlung, § 58 Ziff. 4 BGB (Form, Frist, Beurkundung) © Rechtsanwalt Christian Heieck 2016

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Die Satzung des Vereins

 So wenig Fallstricken wie möglich (1)  Möglichst weit gefasster Vereinszweck  Keine Mindestteilnehmerzahlen bei Mitgliederversammlungen  Keine Formerfordernisse wie schriftliche / geheime Abstimmungen  Keine Mindestfristen und/oder Formerfordernisse für Einladungen  Überschaubare Gremien  Klare Vertretungsregelungen  Alleinvertretungsbefugnis für Vorstandsmitglieder

Die Satzung des Vereins

 So wenig Fallstricken wie möglich (2)  Durch Jahressteuergesetz 2009 wurde Mustersatzung im Gesetz verankert (Anlage 1 zu § 60 AO) − Dadurch jetzt zwingende Regelungen vorgeschrieben − Zur Gemeinnützigkeit Wortlaut vorgegeben − Bei Auflösung oder Wegfall des steuerbegünstigten Zwecks jetzt konkreter Verwendungszweck zu benennen  Satzungsanpassung erst bei nächster Änderung erforderlich – siehe „Vertrauensschutz für geprüfte Satzungen“

Änderung und Neufassung einer Satzung  Wer überprüft die Satzung?  Bei rechtsfähigem Verein (e.V.): Vereinsregister und Finanzamt  Bei nicht rechtsfähigen Vereinen: Finanzamt, wenn Gemeinnützigkeit angestrebt ist  Beratungsfunktion des Finanzamtes − i. d. R. großzügige Unterstützung, Beachtung des Gebotes der zeitnahen Mittelverwendung, Regelungen zur Vereinsauflösung (Formulierungen des BMF)  Mustersatzung, Anlage zu § 60 AO

Satzung versus Geschäftsordnung

 Grundsätzliches  Änderungserfordernis durch Anmeldung der Satzung zum Vereinsregister  Flexibilität der Erstellung und Änderung einer Geschäftsordnung durch die Mitgliederversammlung

 Zuständigkeiten  Zuständigkeit für die Auslegung von Satzungsbestimmungen − Mitgliederversammlung − Geschäftsordnung − Vorstand

Änderung der Satzung

 Grundsätzliches  Satzungsänderung ist jede Änderung des Wortlauts der Satzung. Wird die Satzung komplett neu formuliert, so spricht man von einer Neufassung der Satzung.  Satzungsänderungen fallen grundsätzlich in die Zuständigkeit der Mitgliederversammlung.  Die Mitgliederversammlung muss den Beschluss über die Änderung der Satzung mit einer Mehrheit von drei Vierteln der erschienen Mitglieder fassen, § 33 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Satzung kann allerdings hierfür eine größere oder geringere Mehrheit vorsehen.

Änderung der Satzung

 Jede Änderung der Satzung eines eingetragenen Vereins bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das Vereinsregister, § 71 Abs.1 S.1 BGB.  Bei einem Verein mit wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, § 22 BGB, bedarf sie sogar der staatlichen Genehmigung.  Wenn die Mitgliederversammlung in der gleichen Sitzung sog. Ausführungsbeschlüsse fasst, also solche, die bereits die neue Satzungsregelung ausführen, dann stehen diese Beschlüsse unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Satzungsänderung durch Registereintragung wirksam wird. Die Wirksamkeit dieser Beschlüsse tritt also erst mit Eintritt dieser Bedingung ein.  Hinweis: Bei anstehenden Satzungsänderungen unbedingt die nach Satzung vorgegebenen Einladungsfristen und Einladungsform für Mitgliederversammlungen beachten, auch die darin enthaltenen dann notwendigen Abstimmungsmehrheiten. Die zu ändernden Satzungsvorschriften bei Einladung konkret mit angeben, also keinesfalls nur pauschal mit "TOP Satzungsänderung".

Änderung der Satzung

 Besondere Satzungsänderungen  Es gibt gewisse Satzungsänderungen, die besonders zu behandeln sind.  Änderung des Vereinszwecks: Hier ist grundsätzlich die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich. Dies kann in der Satzung abgemildert werden.  → Aufgabe der Gemeinnützigkeit: Auch hier bedarf es der Zustimmung aller Mitglieder, § 33 Abs. 1 S. 2 BGB.

 Allerdings erkennt die Rechtsprechung an, dass eine nachträgliche Genehmigung der vorgenannten Regelungen durch Vereinsmitglieder auch konkludent möglich sind, indem sie nach der entsprechenden Änderung weiter am Vereinsleben teilnehmen.

Sonderthema: Datenschutzregelung

 Verpflichtung nach BDSG  Auch Vereine sind dem Schutz der Mitgliederdaten nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) verpflichtet.

 Regelungshinweise  Zunächst sollten nur die (zur Verwaltung) absolut notwendigen Daten erfasst, und auf diese Regelungen auch im Aufnahmeverfahren bzw. der Beitrittserklärung hingewiesen werden.  Falls Vereine einem (Dach-)Verband oder Netzwerk angehören und in diesem Zusammenhang Mitgliederdaten weitergegeben werde sollen, sollte dies (auf der Grundlage entsprechender Beschlüsse der Mitgliederversammlung) auch in der Satzung geregelt sein.  siehe Mustervorlage - BVBW

Sonderthema: Gemeinnützigkeit des Vereins  Drei steuerliche Vorteile einer Gemeinnützigkeit  Steuerbefreiung bei der Körperschaft: USt., KSt., ..  Begünstigung ehrenamtlicher Tätigkeit: Übungsleiterfreibetrag, Pauschaler Aufwandsersatz  Begünstigungen von Zuwendungen an die Körperschaft: Spendenabzug, Steuerbefreiungen (Schenkung, Erbschaft)

 Satzungsgemäße Voraussetzungen (siehe u.a. Feststellung nach §60 AO)  Siehe Mustersatzung – aus steuerlichen Gründen notwendige Bestimmungen.

 Verletzung der Gemeinnützigkeit  Grenzen der Gemeinnützigkeitsunschädlichen Zuwendungen an Vereinsmitglieder sind zu beachten: Geschenke zu persönlichen Anlässen sowie Vereinsanlässe

Sonderthema: Ehrenamtspauschale  Problemsituation  „Nach den für Vereine geltenden zivilrechtlichen Vorschriften (§ 27 (3) i. V. mit § 662 BGB) übt der Vorstand sein Amt grundsätzlich ehrenamtlich aus. Diese Bestimmung ist durch die Satzung des Vereins abänderbar. Die Organe des Vereins handeln aber dann pflichtwidrig, wenn sie ohne ausdrückliche Erlaubnis in der Satzung pauschale Aufwandsentschädigungen oder sonstige Vergütungen an Mitglieder des Vorstands zahlen.“

 Regelungshinweise  Um Nachteile für die Vereine zu vermeiden, werden bei Anwendung der Ehrenamtspauschale dringend folgende Maßnahmen empfohlen: (1) Entfernen von evtl. Verboten in der Satzung, wonach Vereinsmitglieder ehrenamtlich oder unentgeltlich tätig sein müssen. (2) Einfügen einer Satzungsbestimmung mit z. B. folgendem Wortlaut: „Wer Tätigkeiten im Dienst des Vereins ausübt, kann hierfür durch entsprechenden Vorstandsbeschluss nach Haushaltslage eine angemessene Vergütung erhalten.“  Diese Änderungen sollten in der nächsten ordentlichen oder außerordentlichen Mitgliederversammlung beschlossen werden.

Infos und Beratung

 Beratungsangebote  Hotline der BDMV (kostenfrei): Rechtsberatung, Steuerberatung − Siehe www.bdmv-online.de  Kommentierte Mustersatzung − siehe www.buergergesellschaft.de  Steuermustersatzung − siehe www.buergergesellschaft.de  Bundesjustizministerium: Vereinsrecht mit Mustersatzung und vielen Arbeitsformularen zur Satzungsanmeldung/-änderung − siehe www.bmjv.de/DE/Service/Formulare/vereinsrecht.html

Abschluss  Fragen zum Vortrag?

 Vortrags-Handout und weitere Unterlagen finden Sie unter:  www.bvbw-online.de  Service-Center / Downloads / Vereinsrecht

Abschluss

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Ihr Hubert Kempter