KLOSTER FULDA IN DER WELT DER KAROLINGER UND OTTONEN

KLOSTER FULDA IN DER WELT DER KAROLINGER UND OTTONEN Herausgegeben von Gangolf Schrimpf VERLAG JOSEF K N E C H T . FRANKFURT AM MAIN 1996 DIE F R Ü...
Author: Erna Steinmann
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KLOSTER FULDA IN DER WELT DER KAROLINGER UND OTTONEN Herausgegeben von Gangolf Schrimpf

VERLAG JOSEF K N E C H T . FRANKFURT AM MAIN 1996

DIE F R Ü H E PHASE KAROLINGISCHER MINUSKEL I N FULDA

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ie ältesten Schriftzeugnisse, die sich mit ausreichender Sicherheit dem Fuldaer Skriptorium zuweisen lassen, stammen aus der Wende vom 8. zum 9. Jahrhundert; über die ersten fünfzig Jahre der Fuldaer Schreibtätigkeit sind keine Erkenntnisse zu gewinnen1. Z u Anfang dieser frühen Periode können angelsächsische Lehrer noch selbst ihre südenglische Minuskel gelehrt haben, zumindest aber standen original englische Vorlagen als Schriftmuster zur Verfügung; im weiteren Verlauf entwickelte sich dann eine kontinental geprägte angelsächsische Minuskel, die über verschiedene Stilhöhen verfügte, um dem Rang bzw. der Bestimmung eines Textes oder Buches Rechnung zu tragen. Kalligraphisches Niveau war erreicht worden2 und blieb nicht allein sakralen Texten vorbehalten, wie etwa die Fragmente der Hieronymus-Briefe zeigen, die überdies aus einer in Visigothica geschriebenen Vorlage transkribiert worden sind3 und die beteiligten Schreiber also nicht nur in schreibtechnischer Hinsicht als Meister ausweisen. Als im 9. Jahrhundert die karolingische Minuskel in Fulda ihren Einzug hielt, arbeitete dort also bereits eine gut eingespielte Gruppe erfahrener und leistungsfähiger Schreiber, die auch fürderhin an ihrem erlernten Stil festhielten. Die angelsächsische Minuskel wurde in Fulda keineswegs in raschem Entschluß zugunsten Fulda bildet in dieser Hinsicht keine Ausnahme, entsprechendes gilt etwa für die Klöster St. Emmeram in Regensburg oder Mondsee. r Z.K. in Wolfenbüttel, HAB, Cod. Guelf. 496a Helmst. [CLA 9 (Oxford 1950) 1381; Wolfenbütteler Cimelien. (Ausstellungskataloge der Herzog August Bibliothek Nr. 58. Weinheim 1989) S . 36-3 8; KLAUSGUGEL,Welche erhaltenen mittelalterlichen Handschriften dürfen der Bibliothek des Klosters Fulda zugerechnet werden? Teil I: Die Handschriften (Fuldaer Hochschulschriften 23a) Frankfurt a.M. 1995 S. 421, und in Bedas Cuthbert-Vita, Staatsbibliothek zu Berlin, Nachlaß Grimm I 3 z,r , bzw. Budapest, UB, Fragm. lat. m. I [CLA I I (Oxford 1966) I 589; KLAUSGUGEL, Welche erhaltenen mittelalterlichen Handschriften dürfen der Bibliothek des Klosters Fulda zugerechnet werden? Teil 11: Die Fragmente (Fuldaer Hochschulschriften 23b) Frankfurt a.M. 1996 S. 4 2 f.]. - Literatur zu einzelnen Handschriften, die GUGELin den beiden zitierten Verzeichnissen eriaßt hat, wird, ausgenommen Handschriftenkataloge und CLA, hier nicht wiederholt. - Als Bibliothekssiglen werden verwendet: BAV Biblioteca Apostolica Vaticana. BM: Bibliotheque ,Clunicipale. BN: Bibliotheque Nationale. HAB: Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek. LB: Landesbibliothek. UB: Universitätsbibliothek. j Marburg, Hessisches Staatsarchiv, H r 2, 4a-c [CLA z '(Oxford 1972) 146 und Supplement BISCHOFFIVIRGINIA BROWN,Addenda t o Codices (Oxford 1971) '146 (5. 19) sowie BERNHARD Latirri Antiquiores (I), in: MSt 4 7 (1985) S. 350; zur spanischen Vorlage CLA Suppl. 1785; GUGEL, Fragmente (wie Anm. z ) S. 4 4 f.; Fuldische Handschriften in Hessen, hg. von HARTMUTBROSLINSKIISIKKA HEYNE(Katalog zur Ausstellung anläljlich des Jubiläums >,I250 Jahre Fulda.) Fulda 1994 5. 54 f. Nr. 171. I

der karolingischen aiifgegeberi, sondern noch Jahrzehnte lang gepflegt und gefördert, wie es einer lebendigen Schrift gebiihrte, so daß sie Seite an Seite mit der allmählich heranwachsenden karolingischen Min~iskelweitere Phasen der Stilisierung erlebte, ehe sie schlieGlich um die Mitte des C).Jahrhunderts ausstarb. DLISEindringeri der karolingischen Minuskel in Fulda vollzog sich also weder als plotzlicher Bruch mit der Tradition, noch als die Abliisung einer ermüdeten älteren Schrift, deren letzte Kräfte von einer jungcren, sich dynamisch ausbreitenden Schrift aufgesogen \vorden wiiren. Diese Feststellung wirft zwei Fragen auf: Warum wurde zusätzlich zu der in ihrer1 E~~tfaltungsmöglichkeiten keineswegs erschöpften angelsäcl-isischen Minuskel die karolingische Minuskel in Fulda eingeführt, und auf welchen stilistischen Grundlagen baute sie auf? Die Minuskel, die Karls des Großen Namen trägt, hatte sich bereits geraume Zeit vor seinem Amtsantritt zu bilden begonnen, indem nämlich an verschiedenen Orten gleichzeitig, aber unabhängig von einander, sozusagen notgedrungen, der Verwilderung der Schrift Einhalt geboten und Schritt für Schritt aus der verwahrlosten kursiven Alltagsschrift eine Buchschrift zurückgewonnen wurde, die gleichermaßen kalligraphischen Ansprüchen wie optischen Bedürfnissen Rechnung t r u g . Damit untrennbar verbunden war das Bemühen, zugleich den gesunkenen Sprachstand zu heben und die Grammatikkenntnisse durch ein klares Erscheinungsbild der Schrift zu sichern und zu festigen. Karls des Großen erste offizielle Forderung nach sprachlich bereinigten Texten und erhöhter Sorgfalt beim Abschreiben, die - im Gegensatz zur wenig älteren Epistola de litteris colendis - tatsächlich Verbreitung gefunden hat, erging mit der Admonitio generalis, vermutlich 789'; ihre Uberlieferung beruht wesentlich auf einer um die Jahrhun-

4 BEKNHARD BISCHOFF, Palaographie des röinischen Altertums und des abendländischen Mittelalters '(Berlin 1986) S. T 51-1 60; HERKAD SPILLING, Die Entstehung der karolingischen Minuskel, in: 794 Kar1 der Große in Frankfurt am Main. Ein Konig bei der Arbeit. Ausstellung zum 1200-JahreJubilaum der Stadt Frankfurt am Main (Sigmaringen 1994) S. 5 I f. - Die jüngst von BEATBRENK, Schriftlichkeit und Bildlichkeit in der Hofschule Karls d. Gr., in: Testo e immagine nell'alto medioevo (Sett.cent.it. 41, 1993) Spoleto 1994 S. 637, gegen Bernhard Bischoff aufgestellte These, die karolingische Minuskel habe sich keineswegs gleichzeitig an verschiedenen Orten und auch nicht ohne ein >)autoritativesLeitbilds entwickelt, sondern sei vielmehr eine nNeuschöpfung«, denn es sei .nicht denkbar, da# eine formal so neuartige und ausgefeilte Schrift wie die karolingische Minuskel wie eine Seuche entstanden sei 36-39], aber auch in Clm 8113. 29 Vgl. U. S. 272 f. -Insulare Halbunziale findet sich selbstverständlich als Auszeichnungsschrift bei angelsächsisch schreibenden Fuldaer Händen. 30 Marburg, Hessisches Staatsarchiv, Cop. 424 [GUGEL,Handschriften (wie Anm. 2) S. 39; HERRAD SPILLING, Das Fuldaer Skriptorium zur Zeit des Hrabanus Maurus, in: Hrabanus Maurus. LehKOTTJEIHARALD ZIMMERMANN (AAMz Einzelveröffentrer, Abt und Bischof, hg. von RAYMUND lichung 4) Wiesbaden 1982 S. 174 f.].

DIE FRÜHE PHASE KAROLINGISCHER MINUSKEL

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\vird die angelsächsische Minuskel schreibende Haupthand von karolingischen Hinden unterbrochen, aber w o sie eingreifen, zeigt sich mitunter ein Bestand an kursiven Ligaturen und Abkürzungen, die nicht zum Kanon der Buchschrift yliOren. Darin steckt womöglich nicht nur ein Hinweis auf die Schrift, in der das Original ausgefertigt war, sondern auch ein Anzeichen für Freude an der Erprobung von kursiven Strukturen, die die karolingische Minuskel als Buchschrift kC~ur-n noch bot, die aber für Notizen und Glossen oder wo imnier auf gedrängtem R a u m geschrieben werden mußte, ihren Vorteil hatten und die Beweglichkeit iörderten. Da in Fulda aber keine vor- und frühkarolingischen Minuskeln geschrieben worden sind, konnten Muster für kursive Buchstabenverbindungen nur aus älteren Codices fremder Herkunft oder eben aus von auswärts eintreffenden, zeitgenössischen Schriftzeugnissen unterschiedlicher Art, vor allem Schenkungsurkunden, gewonnen werden31. Für die Lebensdauer des ersten im Fuldaer Skriptorium entwickelten kalligraphischen Minuskelstils liefern abermals Abschriften von Hrabans Werken Anhaltspunkte: die jüngsten datierbaren Zeugnisse bieten sein für Hilduin von Saint-Denis um 830 angefertigtes Exemplar des Kommentars zu den Büchern der Königei', seine Ludwig dem Frommen etwa ein Jahr später gewidmete Laus crucis;; und die aufwendig gestaltete Ausführung derselben Dichtung in Amiens, BM, Cod. 223, zweifellos ein Geschenkexemplar, das womöglich für Gregor IV. bestimmt gewesen ist und damit ins Jahr 843 datiert werden kanni4. Dabei ist grundsätzlich zu berücksichtigen, daiS sich ein derart repräsentativer Stil noch zu halten vermochte, als jene Gebrauchsminuskel, aus der er hervorgegangen war, bereits stilistischen Veränderungen unterworfen wurde. Tatsächlich kündigt sich eine Verknöcherung dieser Schönschrift schon bei jener Hand an, die den Codex für Hilduin von Saint-Denis began;(~bb. 2), und in der Abschrift der Laus crucis in Amiens arbeitet nur noch ein einziger Schreiber dieser Stilstufe mit anderen zusammen, die in unterschiedlicher Weise jüngere Schriftentwicklungen zeigen. An dem zeitgleich mit dieser Handschrift für den Konvent von Saint-Denis angefertigten Exemplar desselben Werkes ist überhaupt kein Vertreter dieses älteren

3 r Kursive Elemente finden sich z.B. noch in den mittlerweile allerdings festgefügten r- und t-Ligatu-

ren (vgl. U. S. 267 f., 270), in vereinzelt schlingenformigen, aus zwei Zügen gebildeten Oberlängen in den historischen Marginalien zu den Ostertafeln, Clm 14641, 39' [GUGEL,Handschriften (wie Anm. 2) S. 77 f.] oder in der Dorsalnotiz zu Karls des Großen Schenkung von 781, Marburg, Hessisches Staatsarchiv, Kaiserurkunden Fulda 78 I XI1 [ChLA 12 (Dietikon-Zürich 1978) Nr. 5311. Spontan kursive Bildungen sind dagegen rar: singulär scheint die Verbindung von offenem a bzw. U mit g zu sein, bei der der zweite Zug des a bzuc U mit der vorderen Hälfte des g-Kopfchens zusammenfällt [Clm 14641, z.B. 27' Zeile 3 , 31" Zeile 9; diese Hand kehrt in Gotha, Forschungs- und Landesbibliothek, Memb. I 101 wieder: Die abendländischen Handschriften der Forschungs- und Landesbibliothek Gotha. Bestandsverzeichnis. I. GroRformatige Pergamenthandschriften. Memb. I, bearb. von CORNELIA HOFF(Gotha 1994) S. 72 und Abb. 2); mit t experimentierte Hand 3 in Clm 6281, 12" Zeile 17 und 27. 3 2 Stockholm, Kungliga Biblioteket, Cod. A 137 (vgl. o. Anm. 24). 33 Paris, BN, ms. lat. 2423 (vgl. o. Anm. 24). 34 R a b a n Maur, Louanges de la Sainte Croix, traduit du latin, annote et presente par MICHELPERR I N (ParisIAmiens 1988) nach dieser Handschrift mit zahlreichen Abbildungen; SPILLING, Opus Magnentii Hrabani Mauri (wie Anm. I I ) S. 66-69.

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HERKAD SPILLING

Stiles beteiligt wordenjj, während der unmittelbare Beginn der um 842 offensichtlich zu Geschenkzwecken begonnenen Reinschrift von Hrabans EzechielKommentari6, die sich jedoch während der Arbeit wohl auf Geheiß des Autors in ein reines Gebrauchsexemplar verwandelte, einem Schreiber übertragen worden ist, der diese Form bereits mit neuen Stilelementen verbandj'. Selbstverständlich ist das Absterben dieses ältesten Fuldaer Minuskelstils in entsprechender Weise auch auf der Ebene gepflegter Gebrauchsschrift zu beobachten, etwa in der 836 als Gemeinschaftsarbeit angelsächsischer und karolingischer Hände angelegten Abschrift des aus Einhards Bibliothek entliehenen, höchstwahrscheinlich in kontinentaler Minuskel geschriebenen Codex der Noctes Atticae des Aulus G e l l i u ~ ; ~ . Dieser Codex bietet nicht nur ein datierbares Beispiel für die Erstarrung der Minuskel und für unverstandene Reproduktion einst geschmeidiger Buchstabenverbindungen, ausgeführt in einer gleichwohl geübten und beherrschten Hand, der auch die Wiedergabe griechischer Zitate zugetraut worden ist, sondern führt gleichzeitig auch unverkennbare Parallelen in der Entwicklung von Fuldas angelsächsischer und karolingischer Schrift vor Augen. Trotz unterschiedlicher Buchstabenformen gibt es im Duktus mancher Hände Übereinstimmungen, etwa in der Leblosigkeit des gesamten Schriftbildes und in der gestrafften Gedrungenheit der einzelnen Buchstaben, die fast wie gemeißelt wirken. Aus dem Wechsel der beiden Minuskelschriften mitten auf der Seite wird zugleich ersichtlich, daß der Unterschied zwischen angelsächsischer und karolingischer Schrift in stilistischer Hinsicht in dieser Zeit immer noch als offenbar wenig einschneidend oder zumindest nicht als störend empfunden wurde. Anhand datierbarer Handschriften, vor allem Abschriften von Hrabans Werken, die der Erforschung des Skriptoriums in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts als Meilensteine dienen, läßt sich die erste Stilphase ausgeprägt fuldischer karolingischer Minuskel auf die Spanne zwischen den frühen zwanziger und dem Beginn der vierziger Jahre eingrenzen, also etwa auf einen Zeitraum von gut 1 5 Jahren. Die Schreiber dieser Periode gehörten aber schon der zweiten Generation karolingischer Schulung an, denn wenn sie auch manchmal noch die typisch insularen Kürzungen aus ihren Vorlagen übernommen haben, so zeigt ihre Federführung doch, daß sie ihre Orientierung gefunden und bereits eine Sicherheit erlangt haben, die völlige Vertrautheit mit der neuen Schriftart voraussetzt. Aus welchen Anfängen aber ist diese karolingische Minuskel erwachsen, und welches Erscheinungsbild wäre für ihre Vorstufe zu erwarten? Ein anscheinend aufschluiSreiches Beispiel dafür bietet ein Schulbuch, Bedas Computus in der Kasseler Handschrift 2' Ms. astron. 2 (Abb. 3), das unter Hrabans Beteiligung geschrieben worden ist. Es entstand also zweifellos vor 822 und 3 5 Paris, BN, ms. iat. 2422 [SPILLING, Opus Magnentii Hrabani Mauri (wie Anm. I I ) S. 63-66]. 36 Wolfenbürtel, HAB, Cod. Guelf. 92 und 84 Weiss. [HANSBUTZMANN, Die Weissenburger Handschriften (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Neue Reihe 10)Frankfurt a.M. 1964 S. 268 und 246; vgl. o. Anm. 111. 37 Vgl. U. S. 276. 38 Leeuwarden, Bibliotheque Provinciale de Frise, Ms. B.A. Fr. 55 [GEERARDISAACLIEFTINCK, Manuscrits dates conservks dans les Pays-Bas I (Amsterdarn 1964) S. 59 Nr. 139 Taf. y und 10; GUGEL,Handschriften (wie Anm. 2 ) S. 44 f.].

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\-crmutlich in den Jahren, in denen Hraban an der Klosterschule unterrichtete, cicrin als Abt wäre er wohl kaum damit behelligt worden, einem noch schwerfällig schreibenden Schüler einen graphisch schwierigen Abschnitt zu ersparen und 111iteigener Hand einzusetzen, ferner Vergessenes arn Rand nachzutragen, wie es in dicsem Codex zu beobachten isti'. Auf ror, dem ursprünglich zweiten Blatt40 cicr offenbar aus einer insularen Vorlage kopierten Beda-Handschrift, der noch im 9. Jahrhundert ein eigener Faszikel mit komputistischeti Tabellen und annalisti.;chen Einträgen vorangestellt worden ist (1'- 8')"' beginnt der Text in der eindeutig karolingischen Minuskel einer Hand, die schon nach anderthalb Zeilen die Feder weitergab, sie jedoch mehrmals für kurze Textabschnitte wiederaufnahm ~ i n da m Ende des Bandes eine aktuelle Nachricht hinterlieg, die keinen Textbezug besitzt, aber ein Streiflicht auf den liturgischen Alltag im Kloster wirft: Ferca II r,erzie?ztestatio erzt in basilica sanctae Mariae in Monte, omnes conuenite. Lägt schon das Erscheinungsbild der ersten Seite darauf schließen, daß die Eröffnungszeilen nicht von der H a n d eines Schülers stammen, so deutet die Aufforderung: „Nächsten Montag wird der Stationsgottesdienst in der Kirche der heiligen hlaria auf dem Berg stattfinden, kommt alle dort zusammen!.( erst recht darauf hin, d a ß der Schreiber bereits ein Amt innehatte, ja vielleicht selbst unterrichtete. Das Jahr 809, in dem die von Ratgar auf dem Frauenberg gegründete Kirche geweiht worden isVL, liefert also den Terminus post quem und Hrabans Amtsubernahme von 822 den Terminus arite quem für die Abschrift dieses Computus, ein Zeitraum, den die übrigen beteiligten, eindeutig fuldisch-angelsächsischen Hände43 bestätigen. Der Hauptteil der Handschrift wurde von einem Schreiber bewältigt, der anscheinend nicht die Fuldaer Schule durchlaufen hatte, oder, vorsichtiger gesagt, dessen Schrift einem Entwicklungsstadium angehört, das bisher

39 GEOKGBAESECKE, Der deutsche Abrogans und die Herkunft des deutschen Schrifttums (Halle 1930) S. 147; KAKLCHRIST,Die Bibliothek des Klosters Fulda iin 16. Jahrhundert. Die Handschriftenverzeichnisse (Beiheft zum Zentralblatt für Bibliothekswesen 64) Leipzig 1933 (Nachdr. I 968) S. 240 f.; ECKHARD FREISE,Die Anfänge der Geschichtsschreibung im Kloster Fulda (Diss. phil. Münster 1979) S. 62, hat sich als erster um eine paläographische Einordnung der Handschrift bemüht; SPILLING,Das Fuldaer Skriptorium (wie Anm. 30) S. 172; Hessen und Thüringen - Von den Anfängen bis zur Reformation. Eine Ausstellung des Landes Hessen (Marburg 1992) S. 123 Nr. 127 mit Abb.; GUGEL,Handschriften (wie Anm. 2 ) S. 32. 40 BI. 9 war als Schutzblatt zunächst leer, wurde aber schon bald auf der Innenseite mit Glossen und komputistischen Notizen einer Hand gefüllt, die auch im Computos Erklärungen hinterlassen hat ( l z Y u n d13'). 4 I Diese Tafeln stammen von zwei Handen (I"-L', 3'-5', 6r-8r eirierseits und 2'-3r sowie 5' aridererseits) und zusätzlich einem Rubrikator; der jüngste Annaleneintrag von anlegender Hand betrifft den Tod Karls des Grol3en 814, doch Iäßt sich die Entstehung des Faszikels auch unter paläographischen Gesichtspunkten nicht schon in dieses Jahr datieren; vgl. zu den historisch-philologischen Aspekten FREISE,Geschichtsschreibung (wie Anm. 39) S. 62. 4 2 D a s Jahr überliefert der Codex Eberhardi cap. 23, hg. von ERNSTFRIEDRICH JOHANNDRONKE, Traditiories et Antiquitates Fuldenses (Fulda 1844) S. 60, jetzt auch: Der Codex Eberhardi des Klosters Fulda I , hg. von Heinrich Meyer zu Ermgassen (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 5 8) Marburg 1995 S. 3 30 f. 4 3 Die eine erscheint auf z9ra.b,die andere von 59rh - 84vb.Ob die auffällig stilisierten Zeilen angelsächsischer Minuskel auf 42" einer dieser beiden Hände oder einer dritten zuzuschreiben sind, IäiSt sich nicht entscheiden.

in keiner anderen für Fulda gesicherten Handschrift nachgewiesen werden ka11n. Es ist daher zunächst nicht auszuschlieGen, da6 diese anfangs noch ungelenke und mit versteifender Anstrengung arbeiteiide Hand die eines jener Gäste gewesen ist, die zum Studium nach Fulda kamen. Relikte angelsächsischer Min~iskelsind in cberiso unverkennbar wie immer wieder das manchen ihrer Buchstabenhildunge~~ Beinühen, sie ZLI überwinden, und zumindest ein Teil der insularen Kürzungen sowie bestimmte Elemente des bescheidenen, vom Schreiber selbst gezeichneten Initialschmucks sind auf die Vorlage zurückzuführen, während andere Erscheinungen, etwa im Bereich der Ligaturen, und vor allem der Duktus der H a n d a n nordfranzösischen Einflug denken lassen. Was diesen Schreiber freilich dennoch an Fulda bindet, ist seine im Laufe der Arbeit wachsende, aber schon von Anfang an erkennbare Verwandtschaft mit dem Schreiber der liturgischen Nachricht, eine Verwandtschaft, die sich nicht allein in der noch angelsächsischen Erscheinungsform mancher Buchstaben, sondern vorrangig im Duktus beider Hände ausdrückt. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden (Abb. 3 ) beruht gleichwohl auf dem deutlich höheren M a ß der Beherrschung eines voll ausgeprägten, buchstäblich karolingischen Schreibstils, das die Vorbild gebende, immer wieder eingreifende Hand von der des Hauptschreibers trennt. In dem richtungweisenden Schreiber aber womöglich einen Fremden zu vermuten - tatsächlich stammen nämlich zwei aller beteiligten Hände zweifelsfrei aus anderen Schulen-14 -, verbietet nicht nur die Rolle, die er bei der Anfertigung von Bedas Con~putusgespielt hat, sondern auch seine Mitarbeit an einer - wie sich noch zeigen wird - untrüglich fuldischen Sammlung von Werken A u g ~ s t i n s 4 ~ . Die Beda-Handschrift (Abb. 3), deren Schreiber früh im zweiten Jahrzehnt des 9. Jahrhunderts gearbeitet haben, bietet also zwei Beispiele für eine offensichtlich der Recheo-Liste vorausgehende fuldische Stilstufe karolingischer Minuskel, in die Elemente angelsächsischer Minuskel eingegangen sind und unverkennbar erhalten blieben, doch - so weit zu sehen ist - ohne d a ß eigentliche Mischschriften entstanden wären, wie sie aus anderen Skriptorien mit angelsächsischer Tradition erhalten sindd" Karolingisch ist etwa gerundetes e, das mittlere Höhe nicht über44 43r%nd 448, beide vermutlich aus Ostmittelfrankreich. 45 Kassel, LB und Murhardsche Bibliothek, 2" Ms. theol. 30 [Abb. 4; WIEDEMANN, Manuscripta theologica (wie Anm. 13) S. 36 f.; GUGEL,Handschriften (wie Anm. 2 ) S. 35 und 50; vgl. U. Anm. 65 und S. 269). 46 Für eine Mainzer Mischschrift wäre an die erste Hand der Martinellus-Handschrift, BAV, Vat. Pal. MAKTINI.INDSAY, Palaographia Latina 4 (1925) Taf. IV; die in: lat. 845, zu denken [WALI.ACE Bibliotheca Palatins. Katalog zur Ausstellung der Universität Heidelberg in Zusammenarbeit mit der Bibliotheca Apostolica Vaticana (Heidelbcrg 1986) C 6 . 3: Textbd. S. 127, Tafelbd. S. 96, abgebildete Seite von derselben Hand zeigt diese Mischung allerdings nicht]; eine Lorscher Variante bietet der Julianus Pomerius, BAV, Vat. Pal. lat. 238 [CLA I (Oxford 1934) 88; BERNHARD BISCHOFF, Die Abtei Lorsch in1 Spiegel ihrer Handschriften '(Lorsch 1989) Taf. 51; für Würzburg vgl. die H a u ~ t h a n ddes Cyprianus, Würzburg, UB, M. p. th. f. 5 6 I1 [BISCHOFF, Libri Sancri Kyliani (wie Arirn. 1 2 ) Ahb. 7; HANSTHUKN, Die Pergamenthandschriften der ehemaligen Dombibliothek (Die Handschriften der Universitätsbibliothek Wurzburg 3 . 1 ) Wiesbaden 1984 S. 41 f.]; für Echternach vgl. Alkuins Vita S. Uilltbroi.di, Stuttgart, Württembergische LB, HB XIV I [MARIA SOPHIABUHL/LOTTEKURKAS,Die Handschritten der ehemaligen königlichen Hofbibliothek Stuttgart 4. 2: Vitae sanctorum (Die Handschriften der Wurttembergischen Landesbibliothek Stuttgart I1 4. 2 ) Wiesbaden 1969 S. 951.

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steigt iir-id vor allem keine der für die angelsächsische Minuskel charakteristischen 1.ignturen mit nachfolgendem m oder n eingeht; karolingisch sind die Ligaturen, die r mit nachfolgendem a und e sowie - in beiden Richtungen - mit o bildet, ferner die Gestalt der e-C-Ligaturq7&. Insulares Erbe sind dagegen niedrige, in ihrer Position dem p entsprechende f und C , in mittlerer Höhe gehaltenes rundes neben karolingischem d, i subscriptum oder bestimmte Kürzungen aus dem angelsächsischen Kanon. Wie aber das nur schwach ausgebildete Köpfchen des g zeigt, haben sich auGerdem karolingische und angelsächsische Wurzeln innerhalb eines einzigeil Buchstabens miteinander verbunden.1'. Diese Schrift ist also nicht aus dem bloGen Austausch karolingischer gegen angelsächsische Buchstabenformen hervorgegangen; Fuldas - soweit erkennbar - älteste karolingische Minuskel ist vielmehr entweder durch den Einsatz eines bereits in dieser Schrift erzogenen Schreiblehrers begründet worden oder auf eine bestimmte Vorlage, ein fertiges Muster zurückzuführen, das zum Vorbild erwählt und den Schülern von einem mit den Regeln karolingischer Schreibtechnik vertrauten Fuldaer, anfangs womöglich sogar auswärtigen Schreiblehrer vermittelt worden ist. Wie auch immer sich dieser Vorgang aber vollzogen hat, das Modell scheint eine karolingische Minuskel nordfranzösischen Ursprungs gewesen zu sein, die selbst noch nicht völlig frei gewesen ist von insularen Einflüssen. Ihre Weitergabe muß im übrigen nicht unmittelbar von Skriptorium zu Skriptorium erfolgt sein, so daß historische Erkenntnisse über mögliche Beziehungen Fuldas zu französischen Klöstern allein noch keine Gewähr für die Herkunft von Minuskelvorlagen bieten. Der Aachener Hof hat als Umschlagplatz geistiger Güter aller Art eine zentrale Rolle gespielt und dafür gesorgt, daß auch ohne unmittelbare Berührungen Austausch erfolgen konnte. Hraban 2.B. kann von dort Kenntnisse der Schreibtechnik sowie Handschriften verschiedener Stilrichtungen mitgebracht haben; welche dann schließlich für Fulda rnafigeblich geworden ist, läßt sich daher nur anhand von Schriftvergleichen untersuchen.

47 Breit gezogenes Majuskel-N setzten bereits Schreiber angelsachsischer Minuskel mitten ins Wort; N-T-Ligaturen, auch in der Minuskelversion, treten hingegen erst mit der karolingischen Minuskel auf. Die Majuskelform ist dabei in Fulda beliebter, die Minuskelform dagegen seltener; für Marginalien wurde sie genutzt in Kassel, LB und hlurhardsche Bibliothek, z0 Ms. astron. 2, 4 ' (vgl. o. Anm. 39), und Clm 81 I 3, I 12'; in untergeordneter Position erscheint sie im Argumentum zum I . Korinther-Brief in Clm 81 14,23' sowie in Basel, UB, 0 I1 3, I I [ im Verzeichnis der Zeichen für Gewichte; in eigentliche Textschrift scheint die Ligatur erst um die Mitte des Jahrhunderts Eingang zu finden, vgl. Hannover, Niedersächsische LB, Ms. I 186, 9" nach 865 [Translatio S. Alexandrl auctoribus Ruodolfo et Meginharto Fuldensibus (Facsimilia Textuum Manuscriptorum 5) Hildesheim 1979; HELMAR HÄRTEL/FELIX EKOWSKI,Hatidscliriften der Niedersächsischen Landesbibliothek Hannover 2 (Wiesbaden 1985) S. 57 f.]; Kassel, LB und Murhardsche Bibliothek, 4" Ms. theol. 26, 3. Viertel des 9. Jahrhunderts, 103' [GUGEL,Handschriften (wie Anm. z) S. 44 und 381. 4 8 Diese Phase karolingischer Minuskel in Fulda vertritt auch die geübte Hand, die zusammen mit der Hrabans auf dem verlorenen Graduale-Fragment, Kassel, LB und Murhardsche Bibliothek, 2" Ms. theol. 36, Fragment 2, zu sehen war [WIEDEMANN, Manuscripta theologica (wie Anni. 13) S. 43; GUGEL,Handschriften (wie Anm. 2 ) S. 361. Angelsächsische Beeinflussung ist unverkennbar, es fehlen außerdem die r-Ligaturen. Hinsichtlich der Datierung darf, wie für den Computus, 822 als Terminus ante quem gelten.

Bei der Ubernahme ~ i n dNachahmung dieser Schrift dürfte sich ihre Wiedergabe durch Fuldaer Hände in doppelter Weise vollzogen haben: unter der Feder eines ursprünglich angelsächsisch geschulten Schreibers können unwillkürlich insulare Elemente eingeflossen bzw. wieder belebt worden sein, während es einem unbelasteten, aufmerksamen Anfhnger leichter fallen muCte, auf Anweisung seines Lehrers bestirnmte Erscheinungen einer möglichen insularen Textvorlage erst gar nicht in seinen eigenen Foriiienschatz aufzunehn~en.Es ist allerdings wenig wahrscheinlich, da13 erfahrene angelsächsische Hände in grögerer Zahl auf die neue Schrift umgeschult worden waren, denn zum einen beruhte der Wechsel ja wie gesagt - nicht auf einer plötzlich allgemeinen Ablehnung der bisher verwendeten Schrift, und zum anderen hätte eine uneingeschränkte Umstellung einen empfindlichen Einbruch in die Funktionsfähigkeit des Skriptoriums bewirkt, der gerade in einer Zeit, in der sich die Kräfte auf den Bau der neuen Basilika konzentrierten, nicht schnell genug aufzufangen gewesen wäre. So wird auch das hartnäckige Festhalten gerade eines führenden Lehrers wie beispielsweise Hrabans an der alten Schrift nicht als Zeichen persönlicher Opposition gegen Abt Ratgar, die treibende Kraft für den Schriftwechsel, zu verstehen sein, sondern eher als Ablehnung eines nicht vertretbaren Aufwandes, den die eigene Umschulung bedeutet Iiättel9. Hrabans persönliche Einstellung zur neuen Minuskel zeigt sich im übrigen darin, dai3 er als amtierender Abt den Fuldaer Historiker Rudolf zum Lehrer an der Klosterschule bestellte, der allem Anschein nach die karolingische Minuskel schrieb'". Im Hinblick auf die Ubernahme einer neuen Schrift ist freilich mehr zu berücksichtigen als lediglich die Gestalt der einzelnen Buchstaben und der Grundstock an charakteristischen Ligaturen und Abkürzungen, die dem geschulten Schreiber ohne Verzug in die Feder flossen. Es muß vielmehr geprüft werden, o b der Formenwechsel einen Strukturwechsel in der Buchstabenbildung nach sich gezogen hat, d.h., es müssen die Prinzipien verglichen werden, nach denen in beiden Minuskeln die einzelnen Federzüge zu einander in Beziehung traten, um einen Buchstaben hervorzubringen. Solche Untersuchungen, die grundsätzlich jede Erkundung eines Schriftartwechsels erforderte, stehen aber bislang wohl deshalb nicht zur Verfügung, weil sie mit bloßem Auge nicht zu leisten sind und selbst bei

49 Zu diesen Fragen SPILLING,Das Fuldaer Skriptorium (wie Anm. 30) S. 172 f. Bisher liegt kein sicheres Zeugnis für einen Schreiber vor, der von der angelsächsischen bewußt zur karolingischen Minuskel gewechselt hätte. O b Alkuin in seinen späten Jahren wirklich seine Schrift umgestellt Paläographie (wie Anm. 4 ) S. 68, vermutete, rnuß offen bleiben. - In bescheihat, wie BISCHOFF, denerem MaBe betrifft diese Frage natürlich auch die Aufnahme einzelner neuer Formen in den eigenen Kanon, etwa die Art, -tts und -ur von einander zu unterscheiden oder est nicht mehr durch ein abstraktes Zeichen sondern durch Suspension auszudrucken (vgl. U. S. 271 f.). Systematische Erkenntnisse über das Verhalten von Schreibern solchen Neuerungen gegenüber liegen bisher nicht vor. 50 Z u Rudolf vgl. Klostergemeinschaft (wie Anm. 1 2 ) 2.1 M F 168; SPILLING, Das Fuldaer SkriptoHEYSE, Art. »R. V. Fulda., in: LexMA V11 (München1 rium (wie Anm. 30) S. 170; ELISABETH Zürich 1994) Sp. 1085. Sollte Rudolfs Hand noch identifiziert werden können, so wäre seine karolingische Minuskel mit seiner Imitation merovingischer Urkundenkursive zu vergleichen, die sich in den Originalen von ihm gefälschter Urkunden erhalten hat.

D I E F R U I I E PIIASE KAROLINGISCHER MINUSKEL

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Einsatz eines handlichen Mikroskopes nur zu oft ergebnislos bleiben. Vielleicht ist ihnen aber auch einfach noch nicht die Bedeutung zugestanden worden, die ihiicn tatsächlich zukommt. Ein e oder r , beispielsweise, wurde in insularer wie kontinentaler Minuskel glcichermaRen aus drei bzw. aus zwei Federzügen gebildet; doch wie verlief deren Abfolge, und stimmte sie für beide Schriften überein? Die Möglichkeiten, diese Frage z u beantworten, hängen von materiellen Gegebenheiten ab: wenn die Tinte tief dunkel bis schwarz oder, umgekehrt, eher wässerig hell ist, wenn sie verhältnismäijig langsam trocknete, so daß im Bereich der Uberlagerung zweier Federzüge - vor allem bei raschem Schreiben und Einbeziehung von Haarstrichen - die Konturlinie des einen sich in der Nässe des anderen verlor, und schließlich wenn zwei Züge einander nur leicht anschneiden oder gerade noch berühren, nicht aber mit voller Federbreite kreuzen, so ist auch mit dreißigfacher VergröfSerung nicht zu erkennen, welcher Federzug den anderen überlagertsl. Geduldige Suche und Nutzung vor allem jener kaum wahrnehmbaren Unregelmäßigkeiten in Strichführung und Federfüllung, die - glücklicherweise! - selbst dem Kalligraphen unterlaufen, haben aber dennoch zu ersten Beobachtungen geführt: unabhängig von einer differenzierenden Lokalisierung zeigt sich, daß in angelsächsischer Minuskel 1: mit dem Stamm begonnen und mit dem Balken vollendet wurde und e nach seinem Rückenstrich zuerst die Zunge und danach sein Köpfchen erhielt, während in karolingischer Minuskel mit e zwar entsprechend, mit r jedoch umgekehrt verfahren wurde, o b freistehend oder in Ligatur mit C bzw. C. Unerwartet ist die Feststellung, d a ß X zwar in beiden Schriften auf gleiche Weise gebaut ist, daß aber der von links oben nach rechts unten gerichtete Schattenstrich, der gern an die Zunge eines vorausgehenden e angehängt oder gar mit ihr zu einem einzigen Zug verschmolzen wurde, nicht etwa als erster gesetzt worden ist, sondern die in Gegenrichtung orientierte Diagonale5' überkreuzte. Wie es scheint, sollten die Schattenstriche die Haarstriche überlagern; als Anhaltspunkt dafür ließe sich die per-Kürzung anführen, - also p, dessen Schaft der Kürzungsstrich durchquert, eine echte Kreuzung zwischen einem horizontalen und einem vertikalen Federzug Nicht nur in Fuldas karolingischer Minuskel, sondern auch andernorts Iäßt sich feststellen, daß der Schreiber den schmaleren waagerechten Federzug im leeren Raum gezogen hat, ehe er ihn von oben herab mit dem breiteren Schaft des p kreuztes?. Es wäre allerdings voreilig, Schlüsse zu ziehen, ehe nicht eine systema-

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Dr. Vera Trost, Stuttgart, hat mir ihr kleines, leicht transportables Mikroskop unbegrenzt zur Verfugung gestellt, wofür ich ihr herzlich danke. Diese Diagonale kann freilich auch in zwei Züge aufgespalten werden, die dann häufig zueinander versetzt auf die andere Diagonale treffen. Selbst in diesem Fall scheinen aber die beiden Teilzüge vor der nunmehr im dritten Schritt durchgezogenen, gegenläufigen Diagonale gesetzt worden z u sein. Gerade bei solcher Art des Zusammentretens, i n der eiii Federzug im anderen sozusagen ertrinkt, ist aber die Abfolge zumindest mit einem relativ kleinen Mikroskop optisch nicht hinreichend sicher zu bestimmen. Kassel, LB und Murhardsche Bibliothek, 2"Ms. theol. 25, r ' q e i e i 1 4 im Worts~rpev(Abb. I; vgl. o. Anm. 13). Analoge Bildungen in karolingischer Minuskel bieten Kurzungen mit b oder 1, etwa vel- oder -beu-Kürzungen, bei denen zuerst der Kürzungsstrich und dann der Buchstabe geschrieben wurde.

tische Untersuchung des lilichst,~hcriiiutI>iiisi i i H;ilhiinzi,ilc iind Kursiven solvie den aus ihiieii hervorgegniigciic~ii ~liriirskclsctirittc~ii \.erliegt iirid zugleich die Frage nach Fcclcrsclii~itt~ i i i c iSchritt\i.iiil\.el eridgiiltig gcxklirt ist. Die \X1echscl\\~irkiingdic\c.r Faktoren 1,ilit sich I~csoridcrsdciitlich an der Gestalt des C-Strinirncscrkeiiricri: i n iii\~rl,irc~r A\Ii~iiikeI korintc er - n.ie schon in dci- H,ilb~inzinlc- ciriem c ,ilineln, ct.ti., in ciricrii liogcri ~ c t i i h r t\verden, dessen Scheitelpunkt et\va a u f dci- ?/litte, zumindest aber cteiitlich oberhalb der Zeile I'ig. Er setzte damit als Haarstrich ; ~ n erreichte , seine iiia\iri~,~le Breite im Scheirelpuilkt und fand zuletzt in seine A~isgarigsgcstaltziiriick. Mit den1 anschlieKend dariiber gesetzten Balken iiberlagerte ein breiterer Zug den Haarstrichansatz'+. t mit gebogenem Stamm findet sich z\tlar auch in mancher karolingischen Minuskel", iiberiviegend besitzt ihr r aber - wie schon die zur Buchschrift stilisierten Halbkursiven in Luxeuil und Corbie - einen senkrecht ausgerichteten Stamm, der erst auf oder unmittelbar vor der Zeile zum Fuß umbiegt und dann in einen Haarstrich auslauft. Der zuvor gezogene horizontale und damit schmalere Balken, der auch in Ligaturen mit c und C dem in den Stamm übergehenden Verbindungszug vorausgeht, wurde damit von der breiteren Vertikale überschnitten. In Ligaturen mit c oder C erhielt der C-Stammwie vor1 selbst einen geraden Rücken, auch wenn er sonst eher gebogen wurde. O b unter diesen Voraussetzungen die eine Form von der anderen beeinflufit oder, umgekehrt, womöglich weitgehend auf die Ligatur verzichtet wurde, müßte geprüft werdenLuftraunic $ 1 ~ 1 1 . 1I N G

Eine dieser Kürzungen weist die Richt~ing,aus der jene Impulse gekommen sein dürften, die die junge Fuld~ierMinuskel in ihre früheste kalligraphische Phase hineingelenkt hahen, diese sorgsam ger~iiidete,sicher auf der Zeile ruhende und zugleich schn.ungvol1 gebaute karolii~gischeMiri~iskelder zwanziger und dreißiger Jahre, wie sie beispiels\veise die beiden Schreiber des Mainzer Dedikationsexemplars von Hrabans Werk Dc lalrdr s'inctac crucis$" beherrschten. Zusammen mit anderen Indizien bestätigt diese Kürzung den paläographischen Gesamteindruck, der sich angesichts dieser Stilisierung aufdrängt, noch ehe ihn fest umrissene, iibereinstinimende Einzelheiten erhärten können. Die Kürzung des Wortes cst erfolgte in Fulda in der einfachen, aus der entsprechenden tironischen Note entwickelten insularen Weise, einem sich zwischen zwei Punkten hinziehenden, dem Balken eines -c entsprechenden Querstrichs-, die neben der eigentlichen kontinentalen Form, einem e mit Kürzungsstrich, auch andernorts iibernommen worden war. Bereits im Kasseler Augustinus-Codex ist die kontinentale Art zusammen mit ihrer aus zwei e gebildeten Entsprechung für den Infinitiv esse bei der den heutigen zweiten Teil eröffnenden karolingischen H a n d zu finden, die zuvor, als sie die Kasseler Abschrift von Bedas Computus leitete, ebenso wie die beteiligte Haupthand noch die insulare Form benutzt hatte. Die weitere Entwicklung bezeugen die beiden die Augustinus-Handschrift fortsetzenden Hände (Abb. 4): die erste verwendet für den Infinitiv wie für die konjugierte Form eifrig die Buchstabenkürzung; die zweite hält, sofern sie kürzt, a n insularem cst fest, schreibt aber den Infinitiv in der neuen Weisey8. Es wäre daran nichts Autfälliges, schlössen nicht jeweils zwei Punkte diese Kürzungen ein, ein Brauch, der sich in Tours herausgebildet und bis in seinen EinfluRbereich ausgestrahlt hatte. Auf dieses Phänomen hat Bernhard Bischoff ebenso aufmerksam gemacht99 wie auf ein zweites, für Tours charakteristisches, nämlich ein Minuskel-z mit je einem Punkt in seinen Zwickelnroo.Dieses z findet sich neben anderen Stilisieruiigen dieses Buchstabens als Majuskel und Minuskel etwa in d e m frühen, rein karolingisch geschriebenen Evangeliar im Vatikan1"' oder in der Stockholmer Handschrift von Hrabans Kommentar zu den Büchern der Könige (Abb. 2 Zeile 24). Ein anderes gewichtiges Element, das Tourser Einfluß verrät, die Halbunziale, ist bereits erwähnt wordenroL;zusammen mit Unziale wurde sie von der Text-

96 Vgl. o. S. 255. 97 Ahb. T , rechte Spalte und Abb. 4 Zeile 25. Diese alte Form hat sich bis in die vierziger Jahre

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gehalten; neben der ),modernen.ii.iiit cic~,r.r i i i l i t pl~iriipI,i\tcrid, sondern in eleganter Statik. I h r - I < l i ~ . t l i i i i i iL,]-\\ \ ,iih\t i i i i l i t . \ \ ic, clcr clcr-'l0iirsc.r Schrift, aus einem dynamischen I)iil\tii\. \ o i i ~ l c . i - i i, i ~ i \dir- \ i i i i i i i i c , cler- lic~/icliiiiigcri,dic jeder einzelne Federzug seiricr Iltjs~ingder hciiiiischen angelsächsischen durch die karoli~igischehliriiiskel, iirid \var die I>arallclcntwicklungdurch wechselseitige Beeirifluss~inggekeiirizeichnet?"i Werin namlich schon über die Abgrenzung Fuldaer gegen Ufürzburger Hände im z\ireiten Viertel des 9. Jahrhunderts in manchen Fällen kauni zu entscheiden ist, s o dürften erst recht die engen Beziehungen zwischen dem lMninzer Bischofssitz und dem ihm unterstellten Kloster, in dessen Kirche der heilige Bonifatius ruhte, nicht ohne jegliche Auswirkung geblieben sein. Doch wie für die in diesem Zusammenhang zu berücksichtigenden Schreibschulen anderer bonifatianischer Gründungen, nämlich Fritzlar und Hersfeld, so erlauben auch die verheerenden Verluste der Mainzer Dombibliothek keinen Einblick in die Frühzeit des Mainzer Skriptoriums und seine Umstellung von der insularen auf die kontinentale M i n u ~ k e l ' Wie ~ ~ . in Fulda, so tritt auch a n dieser führenden Stätte die karolingische Minuskel in einer fest umrissenen Gestalt auf; eine eigentliche Einführungs- oder gar Versuchsphase ist nicht nachzuweisen. Die Verwandtschaft der Mainzer und Fuldaer Minuskel ist spürbar, die Unterschiede erlauben allerdings nicht, ohne weiteres von einem gemeinsamen Ursprung auszugehen, obgleich erwartet werden könnte, dag eine derartige, a n beiden Orten offenbar gleichzeitig erfolgte Umstellung aus derselben Quelle geschöpft hätte":; zumindest der kalligraphische Stand, der in beiden Skriptorien im Laufe der zwanziger Jahre erreicht worden ist, hat zu deutlich lokal bestimmte Prägungen herausgebildet. Andererseits könnte der in beiden Skriptoi r j Da das Element der Brechung auch die letzte Phase der angelsächsischen Minuskel in Fulda

geprägt hat, kommt ihm in der Entwicklungsgeschichte der Fuldaer Schrik eine besondere Bedeutung zu. 124 Sollte eine Anregung von der Halbunziale ausgegangen sein, die in Tours ähnliche m-Stilisierungen aufweisen kann? 125 Für Würzburg sprach BISCHOFF, Libri sancti Kyliani (wie Anm. 12) S. 14, von der frühen karolingischen Minuskel als von einem .kräftigen, vollentwickelcen, hochgereckten Schrifttyp, der ... nicht ... nach einer KompromiRlösung zwischen karolingischem Alphabet und angelsächsischer Federhaltung aussieht(err in c.iric ;\rioii!.riiit,it /iiriick, \vie sie - freilich in stärkerem ,1Inlt,die nicht - \\.ic, I.iipii.r \.ori Fcrrikres, Walahfrid Strabo oder Oriried 1.on \Veii;critiiirg - d~irclischrittsrcllcrische Werke oder autobiograp h i s c h ~.4~iss,igenSelbstzeiignissc hinterlassen haben, deren Anwesenheit jedoch aLis ihrer Betcilig~ingan manchem Band der Fiildaer Klosterbibliothek aus der Zeit Hrabans ZLI ersehen ist. Ihre Mitarbeit im Fuldaer Skriptorium bedarf einer eigenen Untersuchu~ig,deren Ergebnisse Einblick in die Rolle Fuldas als Studienort, in die Organisation seines Skriptoriums und in die Einbeziehung Fremder in die Erfüllung alltäglicher Pflichten verspricht. Als Beispiel wäre etwa die Florentiner Boethius-Handschrift zu nennenu2, begonnen von einer französischen und fortgeführt von drei Fuldaer Händen; Bernhard Bischoff erkannte in den M a r ginalien die Hand des Lupus von Ferrieres-i. Da im Text der Consolatio Philosophiae mit Beginn der fünften Lage zwar die Hände wechseln, anscheinend aber nicht die Textfamilie, ist die gesamte Handschrift vermutlich in Fulda geschrieben und nicht etwa in unfertigem Zustand dorthin gebracht und vollendet worden. Der französische Schreiber, der die ersten vier Lagen bewältigte, könnte zusammen mit Lupus nach Fulda gekommen und im Skriptorium beschäftigt worden seinLi4. Für die schwierige Untersuchung wechselseitiger Beeinflussung von Schreiberhänden und der Gültigkeit stilistischer Vorbilder bieten solche unter Beteiligung auswärtiger Schreiber entstandenen Codices ein vorzügliches Material, d e m nicht nur studierten in Fulda fremde Gäste über einen längeren Zeitraum, sondern durch die Zweigleisigkeit angelsächsischer und karolingischer Minuskel herrschte dort zugleich eine gewisse Unbefangenheit gegenüber andersartigen Schrifter~cheinun~en. Wenn sich zur Mitte des Jahrhunderts hin die Fuldaer Minuskel zu einer satten, etwas behäbigen Schrift verfestigte, wenn Rundung und Schwung zugunsten härterer Konturen und steiferer Züge abnahmen, so schloi3 sich Fuldas Schreib152 Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, Plut. XIV r 5 [EDWARD KENNARDRAND, Prickings in a Manuscript of Orleans, in: Transactions of the American Philological Association 70 (1939) S. 340; FABIOTRONCAKELLI, Boethiana Aetas. Modelli grafici e fortuna manoscritta della Consolatio Philosophiae tra IX e XI1 secolo (Alessandria 1987) S. 232 f. und 346 (Indice) mit Abb. I C und I1 a.b; COLETTE JEUDI im Ausstellungskatalog: Saint-Germain d'Auxerre. Intellectuels e r artistes dans I'Europe carolingienne, IXe - XIe siecles (Auxerre 1990) S. 226-229 Nr. 145 m i t Handschriften (wie Anm. 2 ) S. 5 2 f.]. Abb.; GUGEL, I 5 3 Paläographie und frühmittelalterliche Klassikerüberlieferung, in: La Cultura antica nell'occidente Latino da1 V11 aIl'XI secolo (Sett.cent.it. zz, 1974) Spoleto 1975 S. 72, wieder abgedruckt in: DERS., Mittelalterliche Studien 3 (wie Anm. 9 1 ) S. 63. 154 Natürlich ist der Zufall, daß Lupus eine unter Mitarbeit eines Landsmannes in Fulda entstandene Handschrift glossiert hätte, nicht ganz auszuschließen. - Über die Geschichte dieser H a n d schrift ist bis ins 15. Jahrhundert nichts bekannt, d.h., es läßt sich nicht sagen, ob Lupus sie mitgenommen hat, als er Fulda verlieg. Da aber Fuldaer ~lassiker-~andschriftenim 15. Jahrhundert nach Florenz gelangt sind, könnte das auch für diesen Codex der in den Fuldaer Bibliothekskatalogen nicht nachzuweisen ist.

DIE FRÜHE PHASE KAROLINGISCHER MINUSKEL

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stil damit einer Entwicklung an, die zu dieser Zeit auch andernorts zu beobachten ist, die aber, gemessen daran, daß die Fuldaer karolingische Minuskel um eine Generation jünger war als die anderer Schreibstätten, vergleichsweise frühzeitig einsetzte. Es ist die Zeit, in der Hrabans unmittelbares Wirken für sein Kloster ,i~iihiirte,in der, nach einer Phase angespannten Einsatzes für Kirchenbau, Schule und Bibliothek, die Impulse abnahmen und die angelsächsische Minuskel verschwand, eine Periode, in der, wie sich den Gesta abbatumlss entnehmen läßt, eine Atempause eintrat. U m den Aufschwung, den das Fuldaer Skriptorium bis dahin genommen hatte, und seine in diesem Zeitraum erzielten Leistungen angemessen zu beurteilen, bedarf es auch dieser Perspektive, d.h. des Vergleichs mit der anschließenden ruhigeren Phase sowie der dann wiederum lebhafteren nachfolgenden, des Rückblicks also. Zwar erlaubt die Aufarbeitung der Fuldaer Namenlisten, die es in diesem Umfang bisher für kein weiteres Kloster der Karolingerzeit gibt, Rückschlüsse auf die Konventstärke einzelner Epochen zu ziehen; - Relationen zur jeweiligen Anzahl von Schreibern sind allerdings aufgrund der unübersehbaren Verluste kaum herzustellen. Die absolute Zahl Fuldaer Hände, die sich aus den erhaltenen Codices und Fragmenten für die erste Hälfte des 9. Jahrhunderts ermitteln Iäßt, ist freilich hoch's6; es fragt sich aber grundsätzlich, inwieweit Hände, die auf jeglichen kalligraphischen Anspruch verzichteten, jedoch sichtlich über Schreiberfahrung verfügten, als Schreiber im engeren Sinn gegolten haben; mit anderen Worten, es mangelt an Aufschluß darüber, wie hoch der Prozentsatz derer war, die zu schreiben gelernt hatten, diese Kunst aber nicht regelmäßig und vor allem nicht in professionellem Sinn ausübten, sondern nur im Einzelfall dazu herangezogen wurden1s7. Im Vergleich zu den geübten, ja kalligraphisch gewandten Schreibern erweist sich die Zahl ungeschickt und mühsam schreibender Hände jedenfalls als gering; eigentliche Schülerarbeiten haben sich ebensowenig erhalten wie elementare Schulbücher, in denen solche Schreiber am ehesten zu erwarten wären. Der Blick in die Fuldaer Schreibschule der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts darf, so flüchtig er vorläufig auch ausgefallen ist, einen Gesichtspunkt nicht aufSer acht lassen: Fulda besai-; in dieser Zeit nicht nur eine zentrale Schreibstube, d.h. einen Raum, in dem alle Schreiber gemeinsam die vorgesehene, ihnen zugewiesene Arbeit verrichteten, sondern zugleich in seinen Nebenklöstern kleinere Zweigstellen, in denen ebenfalls geschrieben worden sein dürfte. Wenn nämlich Lehrer auf diesen Außenposten unterrichteten und dort sogar anspruchsvolle literarische Werke entstehen konnten15', bedurfte es der Bücher. Soweit die Überlieferungs1 j 5 Vg1.o.Anm.rr. r 56 Es fehlen entsprechende Erhebungen, etwa für St. Gallen, die Keichenau oder auch Tours. I 57 In der Abschrift von Hrabans Ezechiel-Kommentar in Wolfenbüttel (vgl. o. Anm. 11 und 36) zeigt sich diese Wertung ganz deutlich: in dem Augenblick, da sie ihre Bestimmung als Geschenk tur Lothar I. verlor, wurden Hände von unterdurchschnittlicher Qualität beteiligt, die aber nicht nur Schreiberfahrung bewiesen, sondern auch fähig waren, Hrabans Autograph in eine Reinschrift zu übertragen. Es dürften also keine Schülerhände am Werk gewesen sein. 158 Vgl. die Mönchslisten aus den Nebenklöstern in: Klostergemeinschaft (wie Anm. 12) I 5. 221-223, die zwar erst aus dem letzten Viertel des 9 . Jahrhunderts stammen, jedoch die Situation widerspiegeln. Z u schriftstellerischen Arbeiten Hrabans und Bruns, die fern vom Hauptkloster entstanden sind, SPILLING,Opus Magnentii Hrabani Mauri (wie Anm. I I ) S. 27.

lage es zuläGt, wären einmal h5iitig heiitirigtc iinci tolglich in jeder Aul3enstelle vorhandene Texte in1 Hinblick i i r i i ciic ßeteiligiirig der Schreiher mit einander zu vergleichen; vielleicht Iiisscn sich Xnyeichen tiir