Ingenieurtag 2008 des VDEI-Bezirks Hamburg

Die AKN auf Kurs in die Zukunft Die Betriebswerkstätte der AKN in Kaltenkirchen war Veranstaltungsort des VDEI-Ingenieurtages 2008. Hierzu hatte der Vorsitzende des VDEI-Bezirks Hamburg, Dipl.-Ing. Michael Wortmann eingeladen. Die Resonanz war beachtlich. 40 Ingenieure nahmen an dem von Dr.-Ing. Klaus Franke moderierten Symposium teil. Schwerpunkte des ersten Ingenieurtages waren Themen rund den Schienenoberbau, Bahnhöfe, Stellwerke, Signal- und Sicherungstechnik sowie Schienenfahrzeuge. Während der Begrüßung stellte Herr Wortmann den VDEI als ein Netzwerk vor, das ursprünglich von Bundesbahn-Ingenieuren gegründet wurde und sich nach der Privatisierung der DB auf Mitarbeiter der freien Wirtschaft erweiterte, die im Bahnsektor aktiv sind. Der AKN-Vorstand, Dipl.-Ing. Johannes Kruszynski, hob seine Freude darüber hervor, daß der erste VDEI-Ingenieurtag im Betriebszentrum der AKN Eisenbahn AG in Kaltenkirchen durchgeführt wurde.

Ingenieurtag 2008 des VDEI-Bezirks Hamburg bei der AKN Er unterstrich zugleich, daß er vor vielen Jahren als Mitglied des VDEI nur allzu gern die AKN zu einem fördernden Mitglied des VDEI-Bezirks Hamburg gemacht hat. Kruszynski erläuterte, daß die AKN trotz ihrer 125 Jahre ein sehr modernes Nahverkehrsunternehmen ist mit einer Steigerung des Verkehrs um 145% seit 1992. Als erstes setzte sie bereits 1955 bundesweit auf den Zugbahnfunk. Mit Hilfe von digitaler Computertechnik werden auch die Triebwagen, die auf zwei Trassen durch den Kreis Pinneberg rollen, vom Kaltenkirchener Zentralstellwerk aus gesteuert und überwacht.

Im ersten Fachvortrag stellte Dipl.-Ing Sven Kollath von hkc Hackmann+Kollath Ingenieur-Consult GmbH ein zentrales Tätigkeitsfeld des Unternehmens dar: die Planung und Überwachung von Personenbahnhöfen der Deutsche Bundesbahn AG. Er ging dabei auf Planungsgrundsätze, Genehmigungsverfahren, Bestandteile der Planung, Ausstattung und die Vorgehensweise nach Planungshandbuch TGA ein.

Die technischen und gestalterischen Standards der Bahnhöfe und Haltepunkte im AKN-Netz waren Gegenstand des zweiten Vortrages, gehalten von Dipl.-Ing. Karl-Heinz Moje. Herr Moje stellte sowohl zugekaufte Komponenten, Gemeinschaftskonstruktionen als auch Eigenentwickungen der AKN für Ausstattung der Bahnhöfe vor. Zu letzteren gehören die "elliptischen Inseln", in die u.a. Fahrscheinautomaten eingebettet werden, Zur Graffitiprävention werden die Wände im Bahnhofsbereich begrünt.

2

Ingenieurtag 2008 des VDEI-Bezirks Hamburg bei der AKN Mit Vorträgen über den Oberbau bei der DB AG und bei der AKN wurde nach dem Mittagessen der Nachmittag eingeläutet.

Dipl.-Ing. Klaus Stimming sprach über die Bauverfahren und Standards bei der AKN. Er stellte u.a. bei den Oberbauarten die eingesetzten Typen von Y-Stahlschwellen (z.B. vom Typ S 14) vor, die sich im praktischen Einsatz bewährt haben, aber aufgrund der gestiegenen Stahlpreise mehr und mehr durch Betonschwellen verdrängt werden.

Dipl.-Ing. Xaver Esser von ThyssenKrupp GfT Gleistechnik referierte über die Verwendung vom hochverschleißfesten Sonderbaustahl XAR4001 mit einer Zugfestigkeit von 1300Nm/mm2, aus dem z.B. Weichenherzstücke gefertigt werden. Diese zeigen sich nachweislich selbst bei Überfahrten von Torpedopfannenwagen mit einer Radlast von 60t widerstandsfähig, was eine Erhöhung der Lebensdauer der Infrastrukturbestandteile zur Folge hat. Insgesamt verlagert sich nach seinen Ausführungen die Wirkung des Verschleißes, der nach wie vor vorhanden ist, stärker auf das Rollmaterial. Als Antwort daraufhin könnten Radsatzhersteller letzteres wiederum härter machen, wobei der Verschleiß sich wieder mehr auf die Infrastruktur auswirken würde. Aus diesem Grund sollte man Rad und Schiene als Gesamtsystem betrachten und nicht versuchen, beide Komponenten einzeln zu optimieren. Hierauf wurde in der anschließenden Diskussion noch einmal hingewiesen.

1

XAR = eXtra Abrasion Resistant

3

Ingenieurtag 2008 des VDEI-Bezirks Hamburg bei der AKN

Die neue Generation elektronischer Stellwerke – Alister 2.0 – wurde von Dipl.-Ing. Detlef Bahr von Funkwerk IT vorgestellt. Das Unternehmen mit über 20 Jahren Erfahrung im Bereich Betriebsleittechnik für den Bahnverkehr fällte erst vor wenigen Jahren die Entscheidung, im Stellwerksbau auf ein innovatives Konzept zu setzen, welches von Mitbewerbern bisher nicht realisiert worden war. Hierbei wird durch den Einsatz von industriellen Standardkomponenten und bedarfsgerechten Anforderungen für Regionalnetze eine deutlich preiswertere Lösung geboten. Der Nachweis wird aktuell im Rahmen eines Pilotprojektes auf der Strecke zwischen Eckernförde und Flensburg erbracht.

Passend zu diesem Vortrag referierte Dipl.-Ing. Jürgen Marwitz über die Signaltechnik der AKN. Insbesondere teilte er seine Erfahrungen mit der neuen Signaltechnologie auf der Anwenderseite mit. Er ging dabei auch auf die Ausgangssituation ein: In den 1990er Jahren sah die AKN die Notwendigkeit, neue Stellwerke anzuschaffen, da die alten Relaisstellwerke mit S60-Technik, Baujahr 1973, nicht mehr erweiterbar waren. 1996 erfolgte eine Ausschreibung, welche die Firma Westinghouse gewann. Vier Jahre später wurde der Auftrag ohne Aussicht auf Zulassung rückabgewickelt. 2001 wurde Siemens mit der Lieferung von Stellwerksrechnern Bauform SICAS 3216 sowie weiterer Komponenten, u.a. VICOS OC 15 Fernsteuerung und Bedienzentrale VICOS 111 beauftragt. Die Erfahrungen mit dieser Signaltechnik waren geprägt von betrieblichen Problemen aufgrund verschiedener Einflüsse von Wärme, Feuchtigkeit und damit unzureichender Isolation bei den Außenanlagen sowie deren Lösung. Herr Marwitz appellierte daher an die Systemindustrie, bei der Entwicklung neuer Technologien darauf zu achten, daß Innen- und Außenanlagen miteinander gut harmonieren. Herr Marwitz führte auf seinem Notebook die Wiedergabe der Aufzeichnung einer Folge von Bereichsübersichts-Bildern aus dem Stellwerk vor, aus der auch die Bedienhandlungen der Fahrdienstleiter zu erkennen waren.

4

Ingenieurtag 2008 des VDEI-Bezirks Hamburg bei der AKN

Über die Ergebnisse der Weiterentwicklung der Zugsicherung durch PZB 90 berichtete Dipl.-Ing. Jürgen Strötzel, der zunächst auf die historische Entwicklung der Zugsicherung seit dem 19. Jahrhundert einging. Aufgrund der umfangreichen und nicht örtlich anpaßbaren Überwachungsfunktion werden die Triebfahrzeugführer zu zahlreichen Routinehandlungen gezwungen. Die diesbezüglich notwendigen Entscheidungen des Triebfahrzeugführers können systembedingt technisch nicht auf die jeweilige Zulässigkeit geprüft werden. Auch wenn die PZB90 das bisher dichteste Überwachungsnetz bietet, bleibt die sichere Durchführung des Bahnbetriebs nach wie vor von der korrekten Dienstausübung des Triebfahrzeugführers abhängig.

Eine neue Fahrzeuggeneration soll die Triebwagenserie VTE aus 1976 ersetzen. In dem abschließenden Vortrag wurden von dem Redner, Dipl.-Ing. Thomas Schimrock, die besonderen Kriterien an ein Nachfolgefahrzeug sowie die Schwierigkeiten bei der Umsetzung dargestellt. Die Aufwendungen, um auch in Zukunft den Stand der Technik aufrecht erhalten zu können, führen zur Unwirtschaftlichkeit der VTE-Fahrzeuge. Dies liegt sowohl an dem hohen Betriebsalter als auch an den verschärften gesetzlichen Anforderungen. Neue am Markt verfügbare Triebwagen erfüllen nicht das S-Bahn-Profil und werden überwiegend als rein elektrische Variante angeboten. Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist nur über eine neue, aufwendige Fahrzeugkonstruktion bei Dieseltriebwagen möglich, wenn man die extrem hohen Kosten für eine Elektrifizierung der AKNStrecken außerhalb Hamburgs vermeiden will.

5

Ingenieurtag 2008 des VDEI-Bezirks Hamburg bei der AKN

Nächste Haltestelle: Zukunft. Gruppenbild vom Ingenieurtag 2008 mit Dr.-Ing. Klaus Franke (von links), Dipl.-Ing. Michael Wortmann, Dipl.-Ing. Johannes Kruszynski und Dipl.-Ing. Joachim Jacobs. Fotos: Dittmer

Der Ingenieurtag 2008 wurde mit Diskussion, Rundgang durch die Werkstatt und Besichtigung der Leitstelle der AKN abgerundet. Die Teilnehmer nutzten die Chance, sich am Beispiel der AKN über modernsten Eisenbahnbetrieb zu informieren. me/dt

6