Hochfest der Auferstehung des Herrn Die Feier der Osternacht Lesejahr ABC

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Osternacht ABC 6. Lesung

Hochfest der Auferstehung des Herrn Die Feier der Osternacht Lesejahr ABC 6. Lesung: Bar 3,9-15.32-4,4 Vorbemerkung Die Osternacht ist hinsichtlich der Stellung und Bedeutung des Alten Testaments ein empfindliches Feld. Manche beklagen die große Zahl der alttestamentlichen Lesungen. Viele finden es anstößig, in dieser Nacht von einem Gott zu hören der von Abraham das Opfer seines Sohnes fordert oder die Ägypter am roten Meer ertrinken lässt. Zudem fördert die Lichtinszenierung häufig ein Missverständnis, das die moderne Bibelwissenschaft eigentlich überwunden hat, nämlich das Alte Testament als dunkles Vorspiel des Neuen Testaments zu betrachten. Doch wer verstehen will, welcher Gott sich in Jesus Christus offenbart, muss sich von Anfang an erinnern. Es ist reizvoll, den Weg nachzugehen, welchen die Gläubigen in den Lesungen dieser „Nacht des Wachens“ geführt werden. Ein Weg, der die ganze Dramatik der Gottesbeziehung umfasst. Leider lesen wir häufig in den Gemeinden nur die verstümmelten Kurzfassungen der Texte, die ihre Tiefe kaum aufleuchten lassen. Dennoch sollte man einmal versuchen, sich den biblischen Lesungen als Herzstück der Osternacht zu stellen und diese alljährlich einmalige Feier herauszuheben, denn „wo nichts Besonderes erlebt wird, kann auch nichts Prägendes erfahren werden!" (Georg Steins) Gute Anregungen bieten folgende Schriften: Heinz-Günter Bongartz / Georg Steins, Österliche Lichtspuren. Alttestamentliche Wege in die Osternacht – Ein Lese- und Arbeitsbuch, 144 S., Don Bosco Verlag, München 2002. Themenheft „Pessach und Ostern – Feste der Juden und Christen“ in der Zeitschriftenreihe „Welt und Umwelt der Bibel“ (Heft 40, 2/2006; darin auch ein Beitrag von Georg Steins zur Osternacht). Themenheft „Sterben und Auferstehen“ (Heft 27, 1/2003) Mehr unter: http://www.weltundumweltderbibel.de

Die sieben alttestamentlichen Lesungen der katholischen Osternachtfeier 1. Lesung: Gen 1,1-2,2 (Schöpfung) 2. Lesung: Gen 22,1-18 (Prüfung Abrahams u. Bestätigung der Verheißung) 3. Lesung: Ex 14,15-15,1/besser: ab 14,5 (Rettung Israels vor dem Tod) 4. Lesung: Jes 54,5-14 (Verherrlichung Jerusalems) 5. Lesung: Jes 55,1-11 (Ewiger Bund) 6. Lesung: Bar 3,9-15.32-4,4 (Gebote des Lebens) 7. Lesung: Ez 36,16-17a.18-28 (Wiederherstellung Israels) Nach jeder Lesung folgt ein Psalm und ein Gebet ( Bettina Wellmann)

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Hochfest der Auferstehung des Herrn Die Feier der Osternacht Lesejahr ABC 6. Lesung: Bar 3,9-15.32-4,4

1. Hinführungstext zum Vortragen vor der Lesung "Geh deinen Weg im Glanz ihres Lichtes!" Das ist der Aufruf des Propheten Baruch, mit dem er dem Volk Israel den Weg aus der Krise politischer und geistiger Entfremdung weist. Quelle des Lichtes und des Glanzes ist nicht Reichtum und irdische Macht, sondern einzig und allein die Weisheit Gottes, wie sie in seinen Geboten niedergeschrieben ist. Jede tiefgreifende Erneuerung beginnt mit dem gesammelten Hinhören auf diese göttliche Weisung. Alternativtext Die 6. Lesung entstammt dem Buch Baruch. Baruch war nach der Bibel Schreiber und Freund des Propheten Jeremia. Das Baruch-Buch selbst aber stammt erst aus dem späten 2. Jh. v. Chr. Jene Zeit war geprägt vom griechischen Geist und von dem Suchen der Griechen nach Sophia, nach Weisheit. Darunter versteht man, dass man ein erfülltes, langes, glückliches Leben zu leben weiß. Diese Weisheit finden gläubige Menschen in den Lebensgeboten Gottes, der Tora, in der Schöpfung und bei glaubenden Menschen wie den Stammvätern und Stammmütter des Glaubens. Und noch immer wohnt sie unter uns Menschen. Besonders im Menschen Jesus hat sie sich gezeigt. Dahingehend legen Christen die Botschaft des Textes aus.

2. Praktische Tipps zum Vorlesen a. Textumfang Die Lesung enthält eine große Auslassung, die entfaltet, wie selten viele Menschen den Weg der Weisheit, d. h. zum Lebensglück, entdecken. In V31 fasst der Satz „keiner weiß ihren Weg, niemand kennt ihren Pfad“ diese Ausführungen zusammen. Dieser Vers sollte wenigstens mitgelesen werden, damit die folgenden, sich davon absetzenden Ausführungen verstanden werden: „Doch der Allwissende kennt sie...“, und wer sich in seinem Wort und seinen Lebensgesetzen fest macht, das ist gemeint.

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b. Betonen Lesung aus dem Buch Baruch 9 10 11 12 13 14

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Höre, Israel, die Gebote des Lebens; merkt auf, um Einsicht zu erlangen. Warum, Israel, warum lebst du im Gebiet der Feinde, siechst dahin in einem fremden Land, bist unrein geworden, den Toten gleich, wurdest zu den Abgeschiedenen gezählt? Du hast den Quell der Weisheit verlassen. Wärest du auf Gottes Weg gegangen, du wohntest in Frieden für immer. Nun lerne, wo die Einsicht ist, wo Kraft und wo Klugheit, dann erkennst du zugleich, wo langes Leben und Lebensglück, wo Licht für die Augen und Frieden zu finden sind. Wer hat je den Ort der Weisheit gefunden? Wer ist zu ihren Schatzkammern vorgedrungen? [Keiner weiß ihren Weg, niemand kennt ihren Pfad.] Doch der Allwissende kennt sie; er hat sie in seiner Einsicht entdeckt. Er hat ja die Erde für immer gegründet, er hat sie mit Tieren bevölkert. Er entsendet das Licht, und es eilt dahin; er ruft es zurück, und zitternd gehorcht es ihm. Froh leuchten die Sterne auf ihren Posten. Ruft er sie, so antworten sie: Hier sind wir. Sie leuchten mit Freude für ihren Schöpfer. Das ist unser Gott; kein anderer gilt neben ihm. Er hat den Weg der Weisheit ganz erkundet und hat sie Jakob, seinem Diener, verliehen, Israel, seinem Liebling. Dann erschien sie auf der Erde und hielt sich unter den Menschen auf.

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Sie ist das Buch der Gebote Gottes, das Gesetz, das ewig besteht. Alle, die an ihr festhalten, finden das Leben; doch alle, die sie verlassen, verfallen dem Tod. Kehr um, Jakob, ergreif sie! Geh deinen Weg im Glanz ihres Lichtes! Überlass deinen Ruhm keinem andern, dein Vorrecht keinem fremden Volk! Glücklich sind wir, das Volk Israel; denn wir wissen, was Gott gefällt.

c. Stimmung, Modulation Auffordernd und anfragend tönt der Text. Er kreist um zwei (bzw. drei) Worte: Einsicht, Leben, (und Gebote Gottes/des Lebens). Auf sie hin und sie herausarbeitend sollte deshalb der Text gelesen werden. Im ersten Teil dominieren die bohrenden Anfragen – offensichtlich an Menschen, die recht uneinsichtig sind. Im zweiten Teil wird dringlich und doch liebevoll darauf hingewiesen, wie in der Beziehung zum Gott Israels Einsicht in die Lebensgesetze Gottes geschenkt wird.

d. Besondere Vorlesemöglichkeit Die Lesung wird vom Lektor/von der Lektorin in drei Abschnitten vorgetragen: Der erste mit den dringlichen Anfragen, 3,9-15, der zweite 3,31-38, der dritte 4,1-4. Nach dem ersten Teil lässt eine zweite Person einige Worte aus dem Text echomäßig nachklingen: Höre - Gebote des Lebens - Warum? Wer? Lerne Einsicht - langes Leben und Lebensglück finden - Weisheit. Nach dem 2. Teil: der Allwissende kennt sie – der Schöpfer, unser Gott - kein anderer Weisheit ganz - unter den Menschen. Nach dem 3. Teil: Gebote Gottes - Leben finden, wissen - was Gott gefällt.

3. Textauslegung aus der Reihe „Gottes Volk“ Welche konkrete Form der in der vorausgehenden Jesaja-Lesung eröffnete Weg des Lebens hat, entfaltet die Baruch-Lesung. Das Buch Baruch gehört zu den jüngsten Schriften des Ersten Testaments (2./1. Jh. v. Chr.). In der Überschrift (1,1) wird das ganze Buch als Schrift Baruchs, des Schreibers Jeremias (Jer 36,4), deklariert, entstanden in Babylonien zur Zeit der Zerstörung Jerusalems. Auf der Erzählebene gibt es sich als Post aus der Ferne an die Jerusalemer Gemeinde. Es führt die schlimme Exilssituation auf die Missachtung der Gebote Gottes zurück. Auch die Lesung fragt zu Beginn nach den Ursachen für das Leben in Feindesland und Gottferne. Die Antwort lautet: „Du hast die Quelle der Weisheit verlassen“ (V. 12), womit Jahwe gemeint ist. Im Unterschied zu anderen weisheitlichen Schriften wird 4  Kath. Bibelwerk e.V. www.bibelwerk.de

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die Weisheit im Buch Baruch nicht als eigenständige Figur beschrieben, sondern sie gehört in den Bereich der Allmacht Gottes. Wer sie gefunden hat, dem blühen „Kraft, Klugheit, langes Leben, Lebensglück, Licht für die Augen und Frieden“ (V. 14). Die nicht vorgelesenen Verse 16-31 beschreiben fremde, als weise geltende Völker und Figuren, die alle auf ihrer Weisheitssuche scheiterten. Nur Gott kennt den Ort der Weisheit. Er hat ihn jedoch nicht für sich behalten, sondern ihn offenbart. Die Weisheit liegt einerseits der Ordnung der geschaffenen Welt zu Grunde, andererseits erfüllt sie die Ordnung der sozialgesellschaftlichen Zusammenhänge und offenbart sich in den Geboten. Die Lesung erzählt eine Rettungsgeschichte. Israel muss diese Rettung jedoch nicht mühsam suchen, sondern es muss sich nur des Lebensprogramms erinnern, das ihm im Gesetz anvertraut ist. Dieses Gesetz, die Weisung (Tora), soll die geschenkte Freiheit bewahren und gesellschaftlich umsetzen. In den Geboten, der konkreten Gestalt der Freiheit, hat die Weisheit ihren Ort. Für uns Christen ist diese Weisheit greifbar in Jesus Christus und seiner Weise, wie er die Gebote gedeutet und gelebt hat. Ostern ist nicht bloß ein Fest der Befreiung, sondern gleichzeitig der Beginn, nach einer neuen menschengerechten Gemeinschaft und einer Kultur der Freiheit zu suchen. Wer an der Weisheit als Gestaltungsprinzip festhält, findet das Leben. (Bettina Wellmann, Gottes Volk 4/2002, 11-12)

Dipl.Theol. Anneliese Hecht

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