Diagnostik der Lyme-Borreliose

DIAGNOSTIK Diagnostik der Lyme-Borreliose F. Tewald Labor Prof. Gisela Enders MVZ, Stuttgart Die Lyme-Borreliose ist die häufigste durch Arthropoden...
Author: Marcus Abel
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DIAGNOSTIK

Diagnostik der Lyme-Borreliose F. Tewald Labor Prof. Gisela Enders MVZ, Stuttgart

Die Lyme-Borreliose ist die häufigste durch Arthropoden übertragene Erkrankung der nördlichen Hemisphäre. Wenn auch viele Manifestationen einfach zu diagnostizie_ ren sind, so ist es im Einzelfall wegen unspezifischer Symptome und fraglicher Laborbefunde doch schwierie zu entscheiden, ob eine behandlungsbedürftige Erkrank-ung vorliegt. Dieser Beitrag soll einen überblick über die heu_ te verftigbaren Testmethoden sowie deren Indikation se_ ben.

(EBM) schreibt aus Kostengründen eine solche Stufendi_ agnostik vor. In einer ersten Stufe werden Borrelien_ Antikörper der Klasse IgG (lmmunglobulin G) und IgM

mittels Enzymimmunoassay (EIA), seltener mit einem indirekten Immunfluoreszenztest (IFT) bestimmt. Ist das

Ergebnis grenzwertig oder positiv, so wird in einem zwei_ ten Schritt ein Immunoblot durchgeftihn. Diskutiert wird,

ob diese Stufendiagnostik die Sensitivität der serolosi_

Einleitung Die Lyme-Borreliose wird durch den Erreger Borcelia

burgdorferi verursacht. Diese Borreli"n B. burgdorferi sensu

*".J"n heute als lato (s. l.)-Komplex bezeichnet

& Reiter,20l I ) und grenzen sicL von den Rück_ lfieber-Borrelien ab. Der B. burgdorferi s. l.-Komplex besteht aus mehreren Subspezies, von denen zum jetzigen Zeitpunkt B burgdorferi sensu stricto 1s. s.1, E. a1rctii (8. aJ, ), B. garinii (8. gar.), B. spielmanii (8. spiet.) und B. bavariensis (8. bav.) als humanpathogen gelten. Wäh_ rend in Nordamerika vorwiegend B. burgdorferl s. s. ftir die Lyme-Borreliose verantwortlich ist, so ist die Diversi_ tät in Europa deutlich größer. Dies muss bei der Testent_ wicklung berücksichtigt werden. (Stanek faf

Diagnostik Es kann

Zwei-Stufen-Diagnostik durchgeführt, wie es von Fachge_ sellschaften empfohlen wird (Wilske, Fingerle & Schuäe_ Spechtel, 2007). Auch der Einheitsbewirtungsmaßstab

nicht oft genug betont werden, dass die Boneliose

in all ihren Erkrankungsstadien und Manifestationen

zu_

nächst eine klinische (Verdachts-)Diagnose ist. Die Labor_

diagnostik hilft, abhängig vom Erkrankungsstadium, die_ sen Verdacht zu erhärten oder zu entkräften. Dabei ist zu beachten, dass die Sensitivität der verftigbaren Methoden in frühen Erkrankungsstadien (2. B. Erythema migrans, Borrelien-Lymphozytom und akute Neuroborreliose) ein_ geschränkt ist und ein negativer Test hier eine Borreliose nicht ausschließt. Der klinische Verdacht einer akuten poryl1os9, z. B. ein rypisches Erythema migrans (EM), bedarf keiner serologischen Bestätigung. Es wird behandelt. Für die Diagnostik der Borreliose stehen direkte und indi_ rekte Nachweisverfahren zur Verfi.igung. Leider sind wir bei der Mehrzahl der Fragestellungen auf den indirekten

Erregernachweis mittels Serologie angewiesen, da ein direkter Erregemachweis aus geeignetem Material mittels Nukleinsäure-Amplifikationstest (NAT) oder Anzucht nicht möglich oder mit einer eingeschränkten Sensitivität behaftet ist.

schen Diagnostik senkt und deshalb beide Testmethodin grundsätzlich parallel angefordert werden sollten. Für die normalen Fragestellungen ist die Stufendiasnostik aus ökonomischen Gründen sicher sinnvoll. Im Ein-zelfall kann

der gleichzeitig angesetzte Blot ein positives Ergebnis

zeigen, auch wenn der Screening-ElA noch negativ ist. Dies trittjedoch vor allem bei akuten Infektionen aufund hier gilt die Regel, dass der klinische Verdacht eine The_

rapie notwendig macht. Beim Rückgang der Immunant_ wort können solche Konstellationen ebenfalls auftreten, sind dann aber nicht Ausdruck einer behandlungsbedürfti_ gen Erkrankung.

Für die Antikörperbestimmung eignet sich Serum, in der Regel auch Plasma und Liquor (siehe unten). Eine Anti_ körperbestimmung in der Synovialflüssigkeit ist nicht sinnvoll, da hier mit dem Serum vergleichbare Werte zu erwarten sind und die erhältlichen Tests für dieses Materi_ al nicht validiert sind (Barclay, Melia & Auwaerter,2012). Fine serologische Untersuchung symptomloser personen ist sinnlos, da der positive Vorhersagewert bei einer sol_ chen Vorgehensweise sehr schlecht ist. Studien zur lnzi_ denz der Borreliose ergaben für Bayern 701100.000 Ein_

wohner (Reimer

et al., 2002), frir

Ostdeutschland

23,3/100.000 Einwohner (Mehnert

& Krause. 2005) und fiir die Stadt Würzburg sogar eine lnzidenz' von 1 lll100.000 Einwohner (Huppertz, Böhme, Standaert,

Karch & Plotkin, l999). Wird in einem solchen Kollektiv ein Borrelientest mit einer Sensitivität und Spezifität von

95 oÄ eingesetzt, so sind bei 1000 getesteten ir".ron"n "u. 51 positive Ergebnisse zu erwarten. Bei einer prävalenz

von 100/100.000 Einwohner wird sich darunter nur ein

Erkrankter befinden. Der positive Vorhersagewert liegt in diesem Beispiel lediglich bei knapp 2 Zl Sälbst bei einer

Spezifität von 98 oÄ, wie sie von Immunoblots erreicht wird, steigt der positive Vorhersagewert nur auf 5 o/o. Erst wenn Symptome und Anamnese fiir eine gewisse Erkran_ es iinnvoll, solche

kungswahrscheinlichkeit sprechen, ist Teste durchzuftihren.

Serologie Die Serologie stellt immer noch die Hauptsäule der Diae_ nostik von Borrelien-lnfektionen dar. Diese wird heute ak

MIKROBIOLOGE 24.Jg.

2014 13

Enzymimmunoassay (EIA)

Immunoblot (Westernblot, Line Assay)

Der EIA wird in der Borrelien-Diagnostik am häufigsten eingesetzt. Im Gegensatz zurn IFT ist er korlplett automatisierbar und objektiv abzulesen. Da die Borreliendiagnostik nicht standardisiert ist, unterscheiden sich die verliigbaren Teste bezüglich des verwendeten Antigens, der Einheit und des Norrnbereiches teilweise erheblich. Ergebnisse verschiedener Tests aus unterschiedlichen Laboren lassen sich deshalb nur schwer vergleichen. Orientierend kann hier vielleicht helfen, wenn man die Ergebnisse in ein Vielfäches des CurOffs umrechnet.

Bei den Immunoblots (lB) liegen die einzelnen BorrelienAntigene getfennt auf einern Streifen vor. Man unterscheidet zwischen Tests mit elektrophoretisch aufgetrennten Antigenen und sog. Line Assays oder Streifentests.

ln der Frühphase der Infektion werden in der Regel ledig-

lich gegen wenige Antigene Antikörper gebildet (,,Frühbanden"), während bei länger andauernder Immunantworl weitere Banden hinzukornmen und dann auch sog. ,,Spätbanden" auftreten. Mittels Blot kann zwischen ,,spezifischen" und ,,weniger spezifischen" Antikörpern unterschieden werden. Deshalb ist es notwendig, dass das Labor nicht nur das Testergebnis, sondem auch die nachgewiesenen Banden (ggf. mit Intensität) auf dern Befund angibt. Abb. I zeigt verschiedene elektrophoretisch aufgetrennte Immunoblots. Bei Streifen 4 handelt es sich um rekornbinante Antigene. Abbildung 2 zeigt verschiedene Streif-entests. Streifentests werden durch Aufsprühen der Antigene ähnlich dem Druck eines Tintenstrahldruckers hergestellt. Diese Tests werden weder durch elektrophoretische Auftrennung noch durch Blotting hergestellt. Im engeren Sinne sind es deshalb weder Westernnoch lmmunoblots. Es scheint jedoch sinnvoll, diese Tests zunächst weiterhin als Irnmunoblots zu bezeichnen. Als Beschichtung werden fiir diese Tests sowohl aufgereinigte native als auch rekornbinant hergestellte Antigene sowre Kornbinationen aus beiden verwendet.

EIAs werden heute entweder rnit Lysat-Antigenen (durch Anzucht von Borrelien gewonnen) oder rnit lekotnbinanten Antigenen beschichtet. Den Lysat-Tests werden i. d. R. noch rekombinante Antigene, vor allem VlsE (Variable rnajor protein-like sequence, expressed) zugesetzt. Bei VlsE handelt es sich um ein sog. in vivo expritniertes Antigen. In vivo exprimierte Antigene werden von Borrelien in Kultur nicht exprimiert und sind deshalb durch Anzucht und Aufreinigung nicht zu gewinnen. Sie müssen rekornbinant hergestellt werden. Neben dern VlsE sind irn Rahrnen der hnpfstoff-Forschung weitere ilntnunogene,,ln Vivos" charakterisiert worden. Einige von ihnen kommen ebenfalls in einzelnen Testsysterrren zum Einsatz. Dies sind z. B. pG (Wallich, Brenner, Kramer & Simon, 1995), BbA36 (Wallich et al.,2003), Crasp3 und BBO323 (Nowalk, Gilmore & Carroll. 2006). Sie haben jedoch bisher nicht die Bedeutung von VlsE erlangt.

I

s",rrr-l

ronlugatk.-i ---VtsE +r

x"ii",lJl[.

OspC(B.gar.)

p100

p83/100++ 60+ P5B --

* P5ö+p41'P41

75

n?o -r q ------+

p43/45

pz{Äi,/

811

+

ll

l-l tl

pqQ

e22

=

VtsE+-

+

P3o ------+

u'tt*|] ll r""^.ll

3t

= ,39;; ospc

126

-

-

"o.,* --j lJl.l H3Ö

ll

,3tptuB3l > l{

l4

+ m9+ P41

ospA* (B gar l) --I i ^ :*,n ospc/p2s llo'B$,8,ülJlyrl> -"üli p21 ---*

|| *8?)|3i4, 19-7' P14t18/ =d

Elektrophoretisch aufgetrennte Blotstreifen

N,lrrcnoeroLoGE 24.Je.20t4

+

ll

-

El?

l{

- llt1 l;1

lit til t.{

1:

VrsE

l{

Streifen 1-3: LysalBlots mit hinzugefügtem VlsE; Streifen 4: Blot mit rekombinanten Antigenen Osp: Outer surface protein; VlsE: Variable major protein-like sequence, expressed; B. afz.. Borrelta afzelii, B. gar.. Borrelia garinii B. s. s.'. Borrelia burgdofferi sensu stricto

Abbildung

P100+

ll

Eäü=-

i

) I

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Reaktionsk------+

ts. sar.)+ p41li (B at4)

-

p18+

$C

trl t:

t4l

Serumk. Konjugatk. Cutoff-K.

-- , + +

+ P100 + VlsE +

Cutoff-K.

P41

+ + + +

OspA

+

B. s.s. (J B. afz. a B. gar. B. spiel.

+ + + +

p21

Osp17 ---L DbpA -fI

p14 + VlsE +

+

n?O + Yvv

n?O + Yve

P30 OsPC

+ +

t!l

lEl

lAl

Serumk. -.-* Konjugatk.

Serumk. Konjugatk.

t-l

+

B. s.s. B. afz. o- B. bav. B. gar.2

+ + + +

R cniol +

--- F+ f.t -

lt

tl VlsE -Mix +

+ nÄA vvv

PB3 + PSB +

P43 P41

Reaktionsk. Konjugatk.

+ VlsE -Mix +

n?O Yvv

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PB3

+

OsPC

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n'lQ + Y""

DbpA- Mix + DbpA PKo

n

iv2

(880323)+

iv3 (crasp3)

+

iv4

(PG)+

r1 TpN'1

TpN17 (Lues)

7 (Lues)

+

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+

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Serumk. +I Konjugatk. +: L

p1B

p19 +rr p20 p21 +ll

n

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+

nÄQ + Yvv nQ? + Hvv

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rl

r

p5B

+l

r

OspC B.gar. p39 B. gar. +I p41 B. gar. +ts pB3. B. afz.

Lipid B. burgd. Lipid B. afz. +ll +I

E

tl

VlsE B. gar. VlsE B. burgd. +I VlsE B. afz. +i

i

Osp: Outer surface protein; Dbp A: Decorin binding protein A; VlsE: Variable major protein-like sequence, expressed; iv: in vivo exprimierte Antigenei crasp; complement regulator-acquiring surface protein; Tp: Treponema pallidum B. afz.: Borrelia afzelii: B. gat.: Borrelia garinll; B. spiel.: Borrelia spielmanli, B. bav.: Borrelia bavariensis; B. s. s.: Borrelia burgdoien se/'?su striclo; B. burgd.. B. burgdorferi

Abbildung

2:

Verschiedene Streifentests (nur Versionen zur lgG-Bestimmung)

Streifentests haben verschiedene Vorteile. Das Ablesen gestaltet sich deutlich einfacher, die Anordnung der Banden kann frei gewählt, Antigene mehrerer Stämme kombinierl und die Menge des Antigens kann für jede Bande separat eingestellt werden. Teilweise werden flir IgG- und I gM-Steifen unterschiedl iche Antigenkombinationen verwendet. Neuerdings kommt anstelle der Immunoblots auch eine Testmethode mit sog. Beads zum Einsatz. Hier binden vorhandene Antikörper an antigenbeschichtete Kügelchen, die dann durchflusszytometrisch ausgeweftet werden. Das Ergebnis kann mit dem eines Immunoblots verglichen werden.

Bedeutung einzelner Antigene Wie bereits erwähnt, können Banden nach ihrer Spezifität und nach dem Auftreten irn Verlauf der Infektion eingeteilt werden. Es gibt allerdings viele Ausnahmen von der Regel. Die wichtigsten Antigene sind in Tabelle I zusammengefasst (Tewald & Braun, 1998; Satz,20l0). Frühe Antikörper sind häufig gegen Flagellin (p41) gerich-

tet. Leider ist die isolierte Immunantwort gegen dieses Antigen nicht sehr spezifisch. IgM-Antikörper gegen OspC (Outer surface protein C) werden ebenfalls früh gebildet. Diese sind auch die wichtigsten Antikörper der Frühphase und müssen von allen Testsystemen gut erkannt werden. Manche Tests enthalten deshalb das OspC mehrerer Stämme. Das bereits erwähnte VlsE ist ebenfalls ein

früher und spezifischer Marker, vor allem in IgCTestsystemen. Deshalb ist dieses Antigen mittlerweile

praktisch in allen aktuellen Testsystemen enthalten. Abb. 3 zeigt Blot-Resultate von fünf Patienten mit akuter Borreliose. Die in Abbildung 3 und 4 dargestellten Blots stammen aus der Routinetestung in unserem Labor. Identische Nummern beider Abbildungen sind nicht von den selben Personen. Alle fünf Seren in Abb. 3 zeigen eine IgMImmunantwort gegen mehrere OspC-Antigene und gegen p41. Sofem bereits eine lgG-Antwort nachweisbar ist, ist diese gegen p4 I und bei den Seren 7, 5 und I 2 auch gegen VlsE gerichtet. Nach gängigen Bewertungskriterien werden diese lgG-Blots noch nicht als positiv gewertet. Serum

Nr. 7 zeigt zusätzlich eine lgG-lmmunantwort

gegen

OspC.

Mit zunehmender Erkrankungsdauer (Wochen bis Monate) kommen weitere Antikörper hinzu. Typische ,,Spätantikörper" sind gegen p100 und DbpA (decorin bindendes Protein A) gerichtet. Antikörper gegen p58, p60 und Outer Surfaceprotein A (OspA) werden ebenfalls erst im Verlauf der Infektion gebildet und im Falle von OspA auch nur bei einem kleineren Teil der Patienten. Abb. 4 zeigt Blotstrei-

fen von Patienten mit länger andauernder Immunantwort. Hier ist die Immunantwort gegen eine Vielzahl von Antigenen gerichtet. Alle flinf der hier exemplarisch dargestellten Proben zeigen eine lgG-lmmunantwort gegen VlsE, pl00 und p18; mehrheitlich auch gegen p39 und p58. Im Gegensatz zu Antikörpem gegen VlsE, welche auch in späten Erkrankungsstadien noch nachweisbar sind, verschwindet OspC im Laufe der Infektion häufig und ist in dieser Auswahl nur noch bei Serum l0 nachweisbar. Nachweisbare IgM-Antikörper sind kein zwingendes Kriterium fiir die Diagnose einer chronischen Borreliose und

fehlen häufig.

MIKROB|OLOGE 24.Je.

20t4 15

U

o

plE

OspC

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o

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ai .ri c{i üi

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a t I

5

1? 12 10

10 Oso: Outer surface protein; VlsE: Variable major proteinlike sequence expressed; ä.Zfr. bo*1u afze'lii B. gar.:Bonelia gainii B. sdiel.:Borel,a spielmanii B. bav.:Bonelia bavaiensisB. s. s.:Bonelia burydoiei sensu sticto,

Abbildung

3:

lmmunoblots von Patienten mit akuter Borreliose

v+: ut

o ! (! Q

V

AK. KlassenKonlrolle

OE gp

E

p1B

OspC

e

o Y

J

EHfi; e

ää

- - .- $ clj. öa d(oEllü f,rdcoid

".i sä os-O

ocdai

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r-9 EO ft4

ci

di

10

10 5 5

4

I

I I I Osp : Outer surface protein

;

VlsE: Variable major protein-like sequence, expresse-d

;

Ä.'alz.:BonetiaafzetiiB.gar.:BoneliaganniiB'.spiel.:Bonella spietmaniiB.bav:Boneliabavaiensis,B.s.s.:Boneliaburgdorfeisensusticto:

Abbildung

4:

lmmunoblots von Patienten mit länger andauernder lmmunantwort

16 MrrnoelolocE

24.Js.. 2014

Tabelle

'1

:

Verschiedene Borrelienantigene, die für die Diagnostik von Bedeutung sind (wichtige Antigene fett geschrieben)

Vlögliche Molekularlewichte IkDa] 100

vrQ 2000/

\ntigen

(reuzrea ktivitat

3emerkung

183/1 00

trotoplasmazylinder?

serlng

:hromosomal kodiert. Antikörper ;ind typisch für ein spätes Stadi-

'DtN 58969-44)

'3,88,93,

JM 75

lsp (Heat Shock Protein)

)6

i0

lsp60,GroEL

-loch

tVenig untersucht

Jocn

tVenig untersucht

Hoch

Iritt häufig auch bei anderen bakte'iellen Infektionen jE. coli, Treponema, Legionella, )seudomonas u. a.) auf

t8

r58

Gering

!och nicht charakterisiert; lässt ;ich von Hsp60 abgrenzen

13,45

)43

p41) nur für lgM

1

Flagellin-Protein, (FlaB),

3ering

tloch nicht charakterisiert

loch

3ekannte Kreuzreaktionen zu rnderen Spirochäten und zu geiIeltragenden Bakterien. Antikör,er treten früh auf.

Fla

]9

p39

Borrelia membrane protein 3ering A

17. 38

]5

r'lsE

(BmpA)

:laA

10cn

/i/enig untersucht

y'ariable major protein VMP) sequence Ex-

Gering

gG-AK häufig schon im FrühstaJium nachweisbar. Nur in vivo

)ressed 34 -36

rxprimiert.

)spB (Outer surface protein

l)

3ering

\ntikörper treten spät auf und sind rur bei einem Teil der Patienten rachweisbar.

31

-33

l0

OspA

CspA

130

zB,29

Sering

\ntikörper treten spät auf und sind rur bei einem Teil der Patienten tachweisbar

Jerlng

\och wenig untersucht.

)spD )spF

Unklar

)spC

)spC

Gering

)21

)spC homolog

Sering

{och wenig untersucht.

SspE

Jnklar

\,lur experimentell beschrieben.

17-18

Osp17

Osp17, Decorin binding Protein A (DbpA)

Sering

3indung an Decorin auf der Wirtslelle

4a

p14

3ering

3ei B. afzelii als immunogen be-

26

21-25

3ering

\ur experimentell beschrieben. !rscheint früh, wichtigster Marker Jer lgM-Antwort

1

19

4A

schrieben

Blotstreifen können heute mit Blot-Lesegeräten objektiv abgelesen und dokumentiert werden. Für die Bewertung der Blot-Ergebnisse existieren Bewertungskriterien, die in der MIQ 2000 (Wilske et al., 2000) und in einer entsprechenden Norm DIN 58969-44 (Deutsches Institut für Normung e. V., 2005) veröffentlich sind. Für einen Blot aus Lysat von B. afzelii sind diese Kriterien für IgG: zwei oder mehrere Banden aus p83/100, p58, p43, p39, p43, p39, p30, OspC, p2l, p17,p14 und VlsE und für IgM: eine oder mehrere Banden von p39, OspC, pl7 und p41 (ausgeprägt). Für die neuen Streifenteste mit individuellen Antigenkombinationen müssen aber eigene Kriterien evaluiert werden.

Erregernachweisverfah ren Der Erregernachweis bleibt bei der Borreliose speziellen Fragestellungen vorbehalten. In der heutigen Labordiag-

nostik kommen praktisch nur Nukleinsäure-Amplifikationstests (NATs) zsmEinsatz.ln aller Reeel hanäelt es sich um eine PCR (Polymerase-Kettenreaktlon).

Neben den NATs steht als ..Goldstandard" die Anzucht zur Verftigung. Nur mit dieser Methode kann der Beweis geftihrt werden, dass es sich um lebendige, vermehrungsftihige Eneger handelt und nicht um Borrelienreste. Auch können die Isolate für weitere Testungen, z. B. eine Anti-

biotikaempfindlichkeitsprüfung verwendet werden. Die Anzucht ist jedoch aufwändig, dauerl lange und ist deshalb

MIKROBIOLOGE 24.Js.

2014 17

keine Routiner.nethode. Auch sollte der Begriff ,,Goldstan-

dard" nicht den Eindruck erwecken. dass es sich um die sensitivste Methode handelt. Verschiedene Medien sind fiir die Kultur geeignet. Bei allen handelt es sich urn Moditlkationen des Kelly-Mediunrs, welches initial tür Rückfällfleber-Bor-r'elien (8. herntsii) entwickelt wurde. Veru,endung flnden das Barbour-Stoenner-Kelly-ll-Medium

(BSK II), das Kelly-Medium modifizierl nach PreacMursic an.r Pettenkofer-lnstitut (MKP) und das BSK-HMcdium. wobei nur letzteres kommerziell erhältlich ist. Für die Anzucht geeignete Materialien sind Hautbiopsien (Erytherna migrans, Lymphozytom, Acrodermatitis chronica atrophicans), Synovialbiopsie und Blut. Abbildung 5 zeigl B. burgdor/bri s. s. in der Dunkelf-eldrnikroskopie nach Anzucht in BSK-H-Medium. Die höchsten Sensitivitäten werden in Hautbiopsien erreicht und liegen bei Biopsien aus EM bei ca. 50 Yo (Zore et. a1.,2002). ln einer neueren Arbeit war das MKP-Mediurn dem BSK-HMediurn bei der Kultivierung aus EM-Biopsien überlegen (Ruzic-Sabljic et al., 2003). Die Anzucht aus einer Blutprobe ist möglich, jedoch bei Standardvolumina wenig sensitiv, daz.B. beim EM nurca.0, I Borrelien pro Milliliter vorhanden sind (Wormser et al., 1998). Protokolle, die eine erhöhte kulturelle Detektionsrate haben, verwenden größere Volumina. Mit 9 ml Plasma wurde in einem amerikanischen Kollektiv eine Detektionsrate von 44oÄ erreicht (Wormser et al., 2001) und eine neuere Arbeit berichtet bei Volumina von ca. 30 ml von einer Detektionsrate von 4J "/o nach 6 Tagen und von 94 %o nach 16 Wochen (Sapi et a|.,2013). Aufgrund dieser langen Kulti-

Abbildung

l8

5:

vierungsdauer sind kulturelle Methoden nicht für die Therapieentscheidung geeignet.

lrn Gegensatz zur Kultur werden in vielen Labors NATs zum Nachweis von Borrelien durchgeflhrt. Als Zielsequenzen kommt eine Vielzahl von chromosomalen oder plasmidcodierten Abschnitten in Frage. Gensequenzen müssen allerdings zurn einen die notwendige Spezifität aufweisen und zum anderen auch konservierl genug sein, damit man B. burgdorferl s. i. mit ihren Subspezies möglichst komplett erfasst. Im Gegensatz zur Kultur lässt sich nicht unterscheiden, ob die nachgewiesene DNA von toten oder lebenden Bakterien stamlnt (Picha, Moravcovä, Vafiousovä, Hercogovä & Blechovä, 20 I 3).

Leider liegt auch die Sensitivität der PCR abhängig vorn Material weit unter 100 %. Geeignete Untersuchungsrnaterialien sind eine Hautbiopsie (2. B. aus dem Rand eines

EM oder einer Acroderrnatitis chronica athrophicans), Synovialflüssigkeit oder besser eine Synovialbiopsie und Liquor. Die Sensitivitäten liegen für eine Hautbiopsie bei Erythema migrans zwischen 36 %o und 88 % (Mittelwert

[MW] 73 %), f ür die Hautbiopsie bei ACA zwischen 54 oÄ und I 00 % (MW 16 %), f ür Liquor bei 12 oÄ bis I 00 % (MW 23 %), tür Synovialflüssigkeit bei 42 %, bis 85',/o (MW 66 %) und für kleine Blutvolumina liegt die Sensitivität bei wenigen Prozenten (Aguero-Rosenf-eld, Wang, Schwartz & Wormser, 2005). Eine negative PCR schließt eine Borreliose nicht aus. Eine positive PCR bei unbehan-

delten Patienten ist nahezu beweisend für eine floride Infektion.

Dunkelfeldmikroskopie von Borrelia burdorferi sensu sfrlcfo

N,rrrnoerolocE

24.Js. 2ot4

Liquordiagnostik Der Verdacht einer Neuroboneliose wird in der Reeel

zusätzlich mittels Liquorpunktion abgeklärt. Die Unteriu_ chung des Liquors ist auch zum Ausschluss von Differen_

tialdiagnosen notwendig (Satz, 2010). Bei einer akuten Neuroborreliose zeigt die Liquorzytologie in der Regel

pleozytosemitZellzihl

eine mononukleäre von bis 30d/pl (selten bis 1000/pl). Bei chronischen Verläufen ist dle Zellzahl häufig nicht mehr so deutlich erhöht

In der Regel ist, als Zeichen einer Störung der Schranken_

funktion, der Albuminquotient erhöht. Mittlere Werte

liegen bei 2045 x l0r. Eine intrathekale Synthese der Immunglobuline IgG, IgM und IgA wird mit a-bsteigender Häufigkeit gefunden. Ein typischir Befund ist eine mittel_ gradige bis schwere Störung der Schrankenfunktion mit einer 3-Klassen-Reaktion. Neben der Erhöhung der Gesamtimrnunglobuline lassen sich typischerweise intrathekal synthetisie-rte borrelienspe_

zifrsche Antikörper der Klasse IgC und/oder IgM nach_ weisen. Diese borrelienspezifische Synthese lässt sich durc.h Berechnung des Anrikörper-Sp"iifi tatr_tndex (ASI)

bestimmen. Nur der pathologische RSt, nicht iedoch nach_ gewiesene Antikörper, sind beweisend liir eine intratheka_ le Synthese, da ein hoher Titer im Serum ggf. zusammen mit einer Schrankenstörung zu einem positiven Antikör_

per-Nachweis im Liquor führen kann, nicht ledoch zu

Eine wichtige Differentialdiagnose zur chronischen Neu_ roborreliose ist die Enzephalomyelitis dissemrnata. Die Abgrenzung ist nicht immer einfäch, da sich sowohl das klinische Bild als auch der Liquorbefund ähneln können. OKBs, die normalerweise als Hinweis auf eine ED sewer_ tet werden, können auch bei der Neuroborreliose-nach_ weisbar sein. Hohe Zellzahlen, eine ausgeprägte Störung der Schrankenfunktion, eine 3_Klassen_Reaktlon und inl trathekal-synthetisierte Antikörper gegen Bonelien spre_ chen ftir eine Neuroborreliose, wohin[egen eine norÄale Zellzahl, fehlende Schrankenstö.ung *J eine I _Klassen_ Reaktion (lgG) für eine ED sp.ech.n. Ein Befund mit einer geringen Zellzahlerhöhung, einer Ieichten Schran_ kenstörung, einer 2-Klassen-Reaktion (lgG und IgM) kann eine Unterscheidung schwierig machenl Da man bei der I gG-Antikörper gegen eine -E-D .intrathekal-synthetisierte Vielzahl von Erregern finden kann, was sich unter ande_

1e3 fulcn eine positive Masern_Röteln_Zoster_(MRZ_

) Reaktion zeigt, kann man bei abgelaufener p".iph..", Borreliose unter Umständen ebenfälls eine intrathekale Synthese bonelienspezifischer Antikörper finden. Auch wenn bei der Neuroborreliose höhere W-erte des CXCL l3 gefunden werden, ist dieser Marker zu Abgrenzung nicht hinreichend geeignet. Neben oben genannten Erkrankungen ist im Einzelfall noch eine Vielzahl weiterer Differenzialdiagnosen zu

berücksichtigen.

einem pathologischen ASI.

Die intrathekale Synthese von borrelienspezifischen Im_ munglobulinen ist ein wichtiger Befund für die Diagnose einer (chronischen) Neuroborreliose. Allerdings läsJ sich vor allem bei länger andauemden ZNS_lnfettionen ein

pathologischer ASI noch Monate (oder Jahre) nach ausge_ heilter ZNS-lnfektion nachweisen (Kaiser, l'994). Daäer ASI eine relative Größe ist, lässt sich aus Anstieg oder Abfall keine Prognose ableiten. Neben der serologischen Diagnostik kannzusätzlich noch ein DNA_Nachwäis mit_ tels NAT versucht werden (siehe oben).

Ein neuerer Marker scheint der Nachweis des Chemokins CXCLl3_ im Liquor zu sein (Rupprecht et al., 2005). In

verschiedenen Studien zeigten patienten mit Neuroborreli_ ose erhöhte Werte. Ein normaler Wert spricht gegen das

Vorliegen einer Neuroborreliose. Allerd'ings scheint die Spezifität nicht so gut zu sein, da auch befanderen ent_

zü.ndlichen Erkrankungen,wie z. B. der Enzephalitis disse_

minata (ED) erhöhte Werte nachgewiesen wärden können (Krumbholz et al., 2006). Bisher existiert kein kommerzi_ eller Test, der ftir die Diagnostik zugelassen ist.

Oligoklonale Banden (OKBs) können bei einem Teil der Neuroborreliosen mittels isoelektrischer Fokussierung (lEF) nachgewiesen werden. In einer Kohorle von 5g Patienten mit Neuroborreliose konnten bei 32 (55 %)

OKBs nachgewiesen werden (Bednärova, 2006).

Differentialdiagnostisch kommen bei der akuten Neurobor_ reliose vor allem virale Infektionen (2. B. Enteroviren, Viren

der Herpes-Gruppe oder das Fnihsommer_Meninso_ in Betracht, wobei eine 3_

enzephalitis [FSME]-Virus)

Klassen-Reaktion hier untypisch ist. Der Virusnachweis im Liquor mittels NAT gehört hier mittlerweile zur Standarddi_ agnostik. Erregerspezifi sche Antikörpemachweise in Serum und,Liquor ergänzen diese Diagnostik. Je nach Erreger liegt der Schwerpunkt auf Erreger- oder Antikörpemachweis.

T-Zell-Teste (LTT, Elispot) T-Zell-Teste werden erfolgreich in der Diagnostik einer latenten Tuberkulose eingesetzt. Auch für dle Borrelien_ diagnostik werden T-Zell-Teste, in der Regel als LTT (Lymphozyten-Transformations-Test) oder als Elispot (Enzyme linked Immunospot Assay), angeboten (lftausö et al., 1991; von Baehr, Doebis, Volk & 7on Baehr,2012; Valentine-Thon, Ilsemann & Sandkamp, 2007). Im Gegen_

satzzu den serologischen Methoden wird bei t_Zell_tests die Immunantwort von T-Lymphozyten überprüft. Immer wieder wird betont, dass diese Tests empfindlicher sind als serologische Methoden. Was dabei abei oft vemachlässigt wird ist, dass die Reaktion gegen ein einzelnes Antigen bzw..gegen ein Lysat-Antigen nur eine eingeschränkte Spezifität hat. Dies wird dann leichtfertig als h6here Sensi_ tivität missverstanden. Werden diese Teits kritiklos einse_

setzt, besteht die Gefahr der überdiagnose. Sie sollien

deshalb in der Routinediagnostik nicht-eingesetzt werden (Wilske et al., 2000). In Einzelfüllen und-unter Berück_ sichtigung aller Laborergebnisse kann ein T_Zell_Test aber bei der Verlaufsbeurteilung hilfreich sein (Krause et al.,

r9er).

CD57+NK-Zelten (natürliche Killerzeilen) Die Erniedrigung einer CD57+/CD3-Lymphozyren_Sub_ population soll ein wichtiger Marker fU. äi, c'hronische Borreliose sein. Dies wurde in einer Arbeit im Jahre 2001 postuliert (Stricker & Winger, 2001). Die Konzentration

CD57+NK-Zellen wurde durchflusszytometrisch

be_

stimmt. Werte unter 60/pl sollen auf eine chronische Bor_ reliose hindeuten. Eine weitere publikation im Jahr 2009 fand allerdings keinen signifikanten Unterschied zwischen Gesunden und Kranken (Marques, Brown & Fleisher,

2009). Eigene Untersuchungen in unserem Labor in Stutt_ gart zeigten bei ca. 30 oÄ der gesunden Labormitarbeiter

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2014 19

ohne Hinweis für eine Borreliose ebenfalls erniedrigte Werte. Der Prozentsatz unterschied sich nicht von Patienten mit Borreliose. Der Nachweis erniedrigter CD57+/CD3-NK-Zellen hat keine Spezifität für das Vorliegen einer Borreliose.

Wo liegen nun die Probleme der Borrelien-

Monate nach frühzeitiger Therapie oder abortivem Infektionsverlauf nachweisbar ist. Der isolierte IgMBefund darf nicht als Hinweis für eine chronische Infektion gewertet werden. Bei erneutem Zeckenstich kann ein persistierendes IgM als Zeichen einer akuten (Re-)lnfektion fehlgedeutet werden.

.

Diagnostik?

.

Nur in wenigen Fällen wird ein direkter Erregernachweis gelingen bzw. überhaupt möglich sein, so dass in

der Regel nur ein indirekter Nachweis in

Frage

kommt.

.

.

.

.

Serologische Tests sind nicht standardisiert, deshalb sind Ergebnisse unterschiedlicher Tests nur schwer vergleichbar. Es existiert keine Standardpräparation, mit der die Testsysteme der einzelnen Hersteller kalibriert werden könnten. Aufgrund unterschiedlicher Antigenzusammensetzungen in den derzeit erhältlichen Tests wäre eine Standardisierung wahrscheinlich sowieso nur bedingt erfolgsversprechend.

In der Frühphase der Infektion ist die Serologie nur wenig empfi ndlich. Ein fehlender Antikörpemachweis darfnicht davon abhalten. dass der klinische Verdacht behandelt wird. Antikörper sind irn Blut von Patienten mit zurückliegender Erkrankung noch lange nachweisbar. Grob kann man sagen,je länger die Infektion gedauert hat,

je höher die gemessenen Antikörper sind

und

je

aus-

geprägter die Immunantwort im Blot ist, desto länger dauert das Verschwinden oder zumindest ein signifikanter Rückgang der Antikörper. Eine serologische Kontrolle ist deshalb allenfalls in sehr großen Abständen (2. 8.6 12 Monaten) sinnvoll. Optimal ist eine Paralleltestung beider Proben im selben Test und Ansatz. Bei Beschwerdefreiheit ist eine Kontrolle in aller Regel nicht notwendig. Nachweisbare Antikörper stel-

len bei Beschwerdefreiheit keine Therapieindikation dar.

.

Diese Tatsache der Antikörperpersistenz führt zu einer

erheblichen Seroprävalenz bei älteren Erwachsenen. In Baden-Württemberg wurde bei gesunden Personen aus dem Raum um Freiburg eine Antikörperprävalenz

von

12,5

% ermittelt (Kaiser, Kem, Kampa &

Neumann-Haefelin, 1997). Dies macht ein zuftilliges Zusammentreffen von borrelienverdächtigen Symptomen anderer Ursache und einer IgG-positiven Serologie nicht unwahrscheinlich und kann zu Fehldiagnosen führen.

.

Während oben Gesagtes hauptsächlich auf IgGAntikörper zutrifft, zeigen auch isolierte IgMAntikörper eine Neigung zur Persistenz. Bei einer Borrelien-lnfektion findet der Klassen-Switch zur lgG-Schwerkette sehr spät statt. Während bei anderen Erregern der isolierte lgM-Befund die Ausnahme ist und man selbst bei der serologischen Erstdiagnose neben IgM- auch schon lgG-Antikörper findet, ist dies bei der Borreliose anders. Antikörper der Klasse IgG werden in der Regel erst nach Wochen gebildet. Dies fiihrt dazu, dass bei frühzeitiger Therapie bzw. aborti-

vem Verlauf die Immunantwort auf der lgM-Stufe stehen bleiben kann. Es ist nicht ungewöhnlich, dass

ein isoliertes lgM-Muster auch noch Wochen und

20 MrrnosrolocE

24.Js.2014

.

Bei V. a. chronische Borreliose und nachgewlesenen IgG-Antikörpem sollten IgM-Antikörper nicht als Aktivitätsmarker missverstanden werden. Eine chronische Borreliose ist auch ohne lgM-Antikörper möglich. Dagegen machen fehlende IgG-Antikörper eine chronische Infektion sehr unwahrscheinlich. Neben dem bunten Bild an Symptomen, die den Borrelien zugeschrieben werden, kommen - wie bereits erwähnt - auch teilweise nur schlecht bzw. überhaupt nicht validierte Testmethoden zum Einsatz. Diese fi.ihren zu einer Verunsicherung der Patienten bezüglich Diagnose und Therapienotwendigkeit. Oft wird der behandelnde Arzt mit bereits erhobenen Befunden konfrontierl, deren Bewerlung ftir ihn mangels E,rfahrung verständlicherweise nicht möglich ist.

Leider findet der Informationsaustausch zwischen dem behandelnden Arzt und dem im Labor tätigen Kollegen nur unzureichend statt, so dass häufig Erkrankungsdauer, Symptomatik und bereits durchgeführte Therapien dem Mikrobiologen bzw. Labormediziner nicht bekannt sind. Eine Bewertung der Laborergebnisse ist in diesem Fall nur unzureichend bzw. überhaupt nicht möglich. Umgekehrt ist der behandelnde Kollege häufig nicht in der Lage, die Feinheiten des Befundes, die über die lnformation ,,lgG und/oder IgM positiv" hinausgehen, richtig zu deuten. Als Beispiel sei hier ein lgM-positiver Befund genannt, bei dem im Blot z. B. eine OspC- und eine p41-

Bande zur Darstellung kommt. Bei neuaufgetretener Rötung nach Zeckenstich wäre dies ein typischer Befund. del den Verdacht einer akuten Borreliose untermauem würde. Diese Befundkonstellation ohne IgGAntikörper würde beim klinischen Bild einer Gonarthritis die Borrelien-Genese aber unwahrscheinlich machen. Unklare Konstellationen sollten deshalb unter den beteiligten Kollegen besprochen werden. Es gibt leider immer noch Fälle, bei denen ein Patient wegen falsch interpretierter Laborwerte nicht behandelt wird. Der umgekehrte Fall. nämlich die Übertherapie, ist allerdings deutlich häufiger.

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Korrespondenzadresse Dr. med. Friedemann Tewald Labor Prof. Gisela Enders MVZ Rosenbergstraße 85 70193 Stuttgart E-Mail [email protected]

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