Rationale Diagnostik der Polyneuropathie

Fort− und Weiterbildung 33 Rationale Diagnostik der Polyneuropathie A Rational Approach to the Diagnosis of Polyneuropathy auch online Lernziele !...
Author: Maja Biermann
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Fort− und Weiterbildung

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Rationale Diagnostik der Polyneuropathie A Rational Approach to the Diagnosis of Polyneuropathy

auch online

Lernziele !

Leserinnen und Leser sollen nach dem Studium dieser Übersicht in der Lage sein, " Patienten mit einem Polyneuropathiesyn− drom gezielt zur Anamnese zu befragen und klinisch zu untersuchen, " anhand von Anamnese und Befund eine klini− sche Differenzialdiagnose des Polyneuropa− thiesyndroms zu erstellen, " zielgerichtet weitere diagnostische Maßnah− men zu veranlassen und " die Ergebnisse einordnen zu können.

Einleitung !

Polyneuropathien sind systemische Erkrankun− gen peripherer Nerven. Sie betreffen also das pe− riphere Nervensystem als Ganzes, auch wenn sie sich in besonderen Fällen zunächst nur an um− schriebenen Stellen oder einem einzelnen Ner− ven äußern können. Abzugrenzen sind dagegen fokale Nervenläsionen, die nicht Ausdruck einer Systemerkrankung sind. Es sind dies Verletzun− gen, reine Druckläsionen und andere mechani− sche Schäden, solitäre Nerventumore und andere Beeinträchtigungen von außen. Polyneuropathien gelten vielen als schwierig und undankbar. Dies ist bedauerlich, wenn man be− denkt, dass Polyneuropathien in der neurologi− schen Praxis häufig sind, als Neben− oder Zufalls− befund sogar sehr häufig. Vordergründig ist das Vorurteil allerdings verständlich, denn in bis zu einem Drittel aller Fälle lässt sich die Ursache auch nach sorgfältiger Diagnostik nicht klären. Auch eine spezifische Therapie ist manchmal nicht möglich. Eine erste Schwierigkeit kann in manchen Fällen schon bei der Frage entstehen, ob überhaupt eine Polyneuropathie vorliegt. Eigentlicher Anlass der Frustration ist der Umstand, dass viele Polyneu− ropathien ganz unterschiedlicher Ursache sich klinisch außerordentlich ähneln können. Dies liegt daran, dass der periphere Nerv, anders als

das Gehirn, eine vergleichsweise einfache anato− mische Struktur besitzt und Krankheiten sich nur in vergleichsweise wenigen und immer wieder− kehrenden klinischen Symptomen und Befunden äußern können. Es sind dann häufig nur Nuancen in der anatomischen Verteilung der Ausfälle und in der Symptomenkonstellation, die dem Kenner differenzialdiagnostische Rückschlüsse erlauben. Dann gehen die Probleme weiter, denn die Listen der möglichen Differenzialdiagnosen einer kli− nisch nicht vorab klassifizierten Polyneuropathie sind lang und unübersichtlich, und zudem voller seltener Erkrankungen. Dies verursacht ebenso lange Listen teurer Laboruntersuchungen, die man zur Abklärung veranlassen kann. Und dann gibt es Personen mit neuropathischen Schmer− zen ohne sicheres objektivierbares Korrelat, bei denen sich zudem noch die Frage einer nichtor− ganischen Verursachung der Beschwerden stellt. Die Diagnostik und Therapie bei einer Person mit Polyneuropathie muss jedoch keineswegs un− dankbar sein. Immerhin kann eine Ursache der Erkrankung bei etwa 2 Drittel der Patienten be− stimmt werden. Häufig ist dann auch eine spezi− fische oder symptomorientierte Therapie mög− lich, und immer kann eine Beratung über Art und Perspektiven der Erkrankung erfolgen. Dies gilt auch für ungeklärte Fälle, wenn man hinrei− chend sicher sein kann, keine der bekannten we− sentlichen Differenzialdiagnosen übersehen zu haben. Im Folgenden wird eine systematische Folge diagnostischer Schritte vorgeschlagen, die eine frühzeitige Einengung der klinischen Diffe− renzialdiagnose und eine logische Entwicklung der jeweils notwendigen diagnostischen Maß− nahmen ermöglichen soll.

Bibliografie DOI 10.1055/s−0028−1090123 Akt Neurol 2009; 36: 33±48  Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ´ New York ´ ISSN 0302−4350 Korrespondenzadresse Prof. Dr. Reinhard Kiefer Neurologische Klinik, Diakonie− krankenhaus Rotenburg (Wümme) gGmbH Elise−Averdieck−Str. 17 27356 Rotenburg kiefer@diako−online.de

Zehn Schritte zur richtigen Diagnose und Therapie der Polyneuropathie !

Angesichts der Komplexität der Differenzialdiag− nostik der Polyneuropathie hat sich ein systema− tisches Vorgehen bewährt. Hierzu sind verschie− dene Wege vorgeschlagen worden, die sich in der

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R. Kiefer

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Tab. 1 Zehn Schritte in der systematischen Aufarbeitung von Patienten mit Polyneuropathie.

Tab. 2

Anatomische Ausfallsmusters der Polyneuropathie.

längenabhängig (distal symmetrisch)

1

Liegt eine Polyneuropathie überhaupt vor? Fallstricke und Differenzialdiagnosen

peroneal betont mit Fußdeformität

2

die klinische Klassifikation

monofokal

3

Bestimmung der Kreatinkinase im Serum

multifokal

4

Neurophysiologie

multifokal konfluierend = regional

5

Definition des Polyneuropathiesyndroms und dessen Differenzialdiagnose

6

Labordiagnostik

7

Liquordiagnostik

8

Nerven− und Muskelbiopsie

9

Diagnostik der C−Faser−Neuropathie

10

definitive Diagnose, Beratung und Therapie

Gewichtung einzelner Komponenten und in per− sönlichen Präferenzen der Autoren unterschie− " Tab. 1) basiert den. Der folgende Vorschlag (l auf publizierten Empfehlungen [1±4] und der persönlichen Erfahrung des Autors. In der ge− danklichen Sequenz muss ± wie immer in der Neurologie ± zuerst die Frage beantwortet wer− den, wo im Nervensystem die Läsion zu suchen ist, also ob überhaupt eine Polyneuropathie vor− liegt und welche Teile des peripheren Nervensys− tems betroffen sind. Die zweite Frage ist dann die Frage nach der Ursache der Polyneuropathie.

Schritt 1: Liegt eine Polyneuropathie vor? !

Erkrankungen peripherer Nerven sind durch Pa− resen, sensible Störungen, autonome Störungen und Reflexminderung oder −verlust im Versor− gungsgebiet des jeweils erkrankten Segments des peripheren Nervensystems charakterisiert. Nicht alle Merkmale müssen immer vorliegen: manche Formen der Polyneuropathie betreffen überwiegend oder ausschließlich motorische, sensible oder autonome Fasern, und rein sensible Polyneuropathien wiederum manchmal nur be− stimmte sensible Fasertypen. Polyneuropathien verursachen Ausfälle in charakteristischen anatomischen Verteilungen " Tab. 2). Häufigste Manifestationsform ist die (l längenabhängige Polyneuropathie, manchmal auch als distal symmetrische Polyneuropathie bezeichnet. Hier sind die längsten Axone am schwersten betroffen. Dies bedeutet, dass sensi− ble und eventuell auch autonome Störungen zu− nächst symmetrisch von den Zehenspitzen zu den Unterschenkeln aufsteigen. Mit zunehmen− der Schwere sind dann auch die im Verhältnis zu den Beinen kürzeren Armnerven betroffen: dies führt zu aufsteigenden Sensibilitätsstörungen beginnend in den Fingerspitzen. Mit noch weite− rem Fortschreiten werden dann auch die noch− mals kürzeren Rumpfnerven beteiligt, beginnend an der Vorderseite von Brust und Bauch mit Aus− breitung seitwärts um den Rumpf herum in Rich− tung Spinalganglien. Sensibilitätsstörungen in

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proximal symmetrisch

der Mitte des Gesichts treten als Letztes hinzu. Motorische Störungen beginnen mit Atrophien und Paresen der kleinen Fußmuskulatur, dann der Unterschenkelmuskulatur und der kleinen Handmuskulatur, und dann der weiter proximal gelegenen Muskulatur. Für die Frage, ob eine mo− torische Komponente der Polyneuropathie vor− liegt, ist also die klinische Untersuchung der oft wenig beachteten kleinen Fußmuskulatur von besonderem Interesse. Eine Sondersituation fin− det sich bei den stark peroneal betonten Polyneu− ropathien mit Fußdeformitäten, die häufig gene− tisch bedingt sind. Die biologische Ursache dieser auffälligen peronealen Betonung ist unbekannt. Eine andere Differenzialdiagnose haben proximal betonte Polyneuropathien, bei denen es sich in der Regel um Polyneuroradikulopathien handelt, also Neuropathien mit besonderer Beteiligung der Nervenwurzeln. Nochmals zu unterscheiden sind fokale oder multifokale Polyneuropathien, die zu Beginn einen einzigen und im Verlauf mehrere abgegrenzte periphere Nerven unab− hängig von deren Länge betreffen können (Poly− neuropathia multiplex). Polyneuropathien mit Hirnnervenbeteiligung sind Sonderformen einer fokalen oder multifokalen Manifestation oder einer Polyradikulitis. Sind konfluierend mehrere benachbarte Nerven betroffen, entstehen regio− nale polyneuropathische Syndrome. Weitere Ma− nifestationsformen sind die reine C−Faser−Neuro− pathie und die autonome Polyneuropathie, die nicht Gegenstand dieser Übersicht ist. Trotz der typischen klinischen Merkmale kann die lokalisatorische Zuordnung eines klinischen Syndroms auf den peripheren Nerven, also die deskriptive Diagnose einer Polyneuropathie, manchmal schwer sein. Zur Klärung werden dann die Methoden der klinischen Neurophysio− logie benötigt, weshalb die Frage der eindeutigen Diagnose einer Polyneuropathie manchmal erst nach dem hier vorgeschlagenen Schritt 4 geklärt werden kann. Die wesentlichen Fallstricke und Differenzialdiagnosen in Abhängigkeit der klini− " Tab. 3 zusammen− schen Präsentation sind in l gefasst.

Spinale Läsionen mit einer peroneal betonten Paraparese können Anlass zur Verwechslung mit einer Polyneuropathie geben.

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klinische Konstellation

Differenzialdiagnose

klinische Hinweise

peroneal betonte Parese

zentrale Paraparese

gesteigerte Reflexe, auch Kniebeuger und Hüftbeuger betroffen, keine muskuläre Atrophie

peroneal betonte Parese

Myopathie

keine Atrophie des M. extensor digitorum brevis, keine sensible Beteiligung

rein motorische Syndrome

Myopathie, Motoneuronerkrankung, Myasthenie, rein motorische Radikulo− und Plexopathien

anatomische Verteilung der Paresen, Belastungsabhängig− keit der Paresen, Reflexstatus, Verlauf

fokale schlaffe Parese, insbesondere der Hand

kleiner kortikaler Hirninfarkt

schlagartiges Auftreten, Parese folgt keiner peripheren anatomischen Grenze, zentrales Paresemuster

Strumpfförmige Hypästhesie

spinale Läsion

Asymmetrie, dissoziierte sensible Störung, sensibles Niveau, gesteigerte Reflexe

Die erfolgreichsten Diagnostiker der Polyneuro− pathien folgen einer Sequenz von Überlegungen, die mit der klinischen Klassifikation des Polyneu− ropathiesyndroms anhand von Anamnese und klinischem Befund beginnt. Diese Klassifikation " Tab. 4 erfolgt anhand von 6 Kategorien, die in l dargestellt sind. Sie bildet zusammen mit den neurophysiologischen Befunden die wesentliche Grundlage für die Erstellung der Differenzial−

Die erfolgreichsten Diagnostiker der Polyneuropa− thien folgen einer Sequenz von Überlegungen, die mit der klinischen Klassifikation des Polyneuropa− thiesyndroms anhand von Anamnese und klini− schem Befund beginnt.

Tab. 4

Klinische Klassifikation der Polyneuropathie.

Erkrankungsalter Kindheit und Jugend junges bis zum mittleren Erwachsenenalter höheres Lebensalter Erkrankungsverlauf lebenslang akut subakut über Monate chronisch fluktuierend Familienanamnese Vorerkrankungen und sonstige Begleitumstände Diabetes mellitus Alkoholgebrauch Leber−, Nieren−, Lungen−, Schilddrüsen− und schwere kardiovaskuläre Erkrankungen Magen− oder Dünndarmresektion Tumorerkrankungen neurotoxische Medikamente und andere Toxin− exposition usw. anatomisches Ausfallsmuster längenabhängig proximal symmetrisch monofokal multifokal beteiligte Fasertypen motorisch sensibel ± epikritische Sensibilität ± Schmerz− und Temperaturwahrnehmung autonom

diagnose (Schritt 5) und der nachfolgenden wei− terführenden Diagnostik (Schritte 6±8).

Tab. 3 Fallstricke in der Diffe− renzialdiagnose einer Polyneu− ropathie.

Schritt 3: Bestimmung der Kreatin− kinase im Serum !

Dieses ist ein optionaler Schritt, der nur bei über− wiegend motorischen Polyneuropathiesyndro− men vor Durchführung der EMG−Untersuchung von Interesse ist. Hier gibt die Höhe der Serum− CK (Kreatinkinase im Serum) differenzialdiag− nostische Hinweise in der Abgrenzung insbeson− dere gegen bestimmte Myopathien. Außerdem gibt sie je nach Anamnese Hinweise auf die Akui− tät der neurogenen muskulären Schädigung und / oder das Ausmaß von neurogenen Umbau− prozessen. Normale CK−Werte machen eine flori− de Poly− oder Dermatomyositis und bestimmte Formen der Muskeldystrophie (z. B. eine Dysferli− nopathie in der Differenzialdiagnose einer Fuß− senkerparese bei jungen Menschen) in der Diffe− renzialdiagnose sehr unwahrscheinlich, sind aber darüber hinaus nicht informativ. Mittlere CK−Werte bis etwa 1000 U / l legen eine neuro− muskuläre Krankheit nahe, sind jedoch differen− zialdiagnostisch häufig nicht hilfreich, da sie zwi− schen Neuropathien, Motoneuronerkrankungen und vielen Myopathien nicht trennen. Lediglich eine Myasthenie in der Differenzialdiagnose einer proximalen symmetrischen Parese würde durch erhöhte CK−Werte unwahrscheinlich, in der Regel wird man aber hier anders zur Diagno− se kommen. Wichtig ist, dass sowohl subakute als auch sehr chronische und insbesondere auch hereditäre Polyneuropathien mit CK−Werten von vielen hundert U / L einhergehen können. Grund sind subakute oder chronische neurogene Um− bauprozesse der Muskulatur, die sich bei sehr chronischen neurogenen Schädigungen histolo− gisch als ¹Begleitmyopathie“ darstellen. CK−Wer− te deutlich über 1000 U / l machen eine Polyneu− ropathie oder andere neurogene Prozesse in der Differenzialdiagnose unwahrscheinlich und spre− chen für eine Myopathie.

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Schritt 2: Die klinische Klassifikation !

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Sowohl subakute als auch sehr chronische Poly− neuropathien können mit CK−Werten von vielen hundert U / L einhergehen.

Schritt 4: Neurophysiologie !

Die Ergebnisse neurophysiologischer Untersu− chungen sind zusammen mit Schritt 2 wohl der wichtigste Aspekt, um zu einer guten Diagnose zu kommen. Neurophysiologie ist die ¹Fortfüh− rung der klinischen Untersuchung mit anderen Mitteln“. Im Vordergrund stehen elektroneuro− grafische Messungen und die Elektromyografie. Somatosensibel evozierte Potenziale und magne− tisch evozierte Potenziale sowie die Hochvoltsti− mulation können für die Analyse proximaler Ner− venabschnitte nützlich sein. Folgende Aussagen können anhand einer qualifizierten neurophysio− logischen Untersuchung getroffen werden: " Das Vorliegen einer Polyneuropathie wird be− stätigt oder ± wenn nicht eine reine C−Faser− Neuropathie vorliegt ± verworfen. Normal− befunde in der motorischen Neurografie ein− schließlich der F−Wellen und eine elektro− myografische Untersuchung ohne Hinweise auf eine neurogene Schädigung schließen eine Polyneuropathie mit Beteiligung motorischer Fasern im Wesentlichen aus, wenn die richti− gen Nerven untersucht worden sind. Fallstri− cke können in den allerfrühesten Stadien ei− nes Guillain−BarrØ−Syndroms entstehen oder bei multifokalen Neuropathien, wenn nicht betroffene Nerven untersucht werden. Ebenso schließen normale sensible neurografische Befunde in Verbindung mit normalen SEP eine sensible Polyneuropathie mit Beteiligung der dick bemarkten Fasern im Allgemeinen aus. Eine reine C−Faser−Neuropathie entzieht sich der neurografischen Aufdeckung. " Die beteiligten Fasertypen werden definiert. Insbesondere decken auffällige motorische und sensible neurografische Messungen eine klinisch manchmal nicht sicher belegbare motorische oder sensible Beteiligung auf. " Die anatomische Verteilung der Neuropathie wird definiert. Während eine längenabhän− gige Polyneuropathie zu in etwa symmetri− schen Messergebnissen und einer Betonung der Auffälligkeiten an den Beinen führt, ist dies bei fokalen, multifokalen oder regionalen Polyneuropathien nicht der Fall. In der Regel folgen die neurophysiologischen Befunde den klinischen Untersuchungsergebnissen, sie können jedoch den klinischen Eindruck sym− metrischer oder asymmetrischer Ausfälle stützen oder verwerfen. " Die neurophysiologische Untersuchung un− terscheidet zwischen einer überwiegend axo− nalen und einer überwiegend demyelinisie− renden Schädigung, oder einer Mischform.

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Bei demyelinisierenden Neuropathien unter− scheidet sie zwischen kontinuierlicher und diskontinuierlicher Entmarkung. Axonale Neuropathien sind durch Amplitu− denverluste der sensiblen und motorischen Reizantworten und durch Denervierungszei− chen und neurogene Umbauprozesse in der Elektromyografie gekennzeichnet. Kontinuierlich demyelinisierende Neuropa− thien sind solche, bei denen es zu einer gene− ralisierten Markscheidenschädigung kommt. Hauptmerkmale sind die Verlangsamung der Nervenleitgeschwindigkeit, die Verzögerung der F−Wellen−Latenz und verlängerte distale motorische Latenzen. Da bei neurografischen Messungen immer die Latenz der schnellst− leitenden Fasern bestimmt wird, können axonale Neuropathien ebenfalls mit verlän− gerten Latenzen und reduzierten Nervenleit− geschwindigkeiten einhergehen. Es wurden daher Kriterien definiert, unter welchen Um− ständen in Abhängigkeit der Amplitudenmin− derung der Antwortpotenziale eine Reduktion der Nervenleitgeschwindigkeiten als Aus− druck einer Demyelinisierung zu werten ist [5, 6]. Bei diskontinuierlich entmarkenden Neuro− pathien kommt es nicht zu einer generalisier− ten Markscheidenschädigung, sondern zu umschriebenen, fokalen oder multifokalen Entmarkungen im Verlauf eines Nerven, ent− weder im Kontext einer zusätzlichen genera− lisierten Markscheidenschädigung oder bei ansonsten intakten Markscheiden. Die dis− kontinuierliche Entmarkung ist Merkmal vie− ler entzündlicher Neuropathien und der erb− lichen Neuropathie mit Neigung zu Druckläh− mungen. Das neurophysiologische Äquivalent der diskontinuierlichen Entmarkung in moto− rischen Nerven ist der fokale motorische Lei− tungsblock als Ausdruck fehlender oder redu− zierter Impulspropagation durch ein demye− linisiertes Nervensegment nach proximaler Stimulation bei erhaltener distaler Reizant− wort. Während bei der erblichen Druckläh− mung die Leitungsblöcke an den typischen anatomischen Stellen für Nervenkompres− sionssyndrome lokalisiert sind, können die Leitungsblöcke bei entzündlichen Polyneuro− pathien überall entlang eines Nerven auch an atypischer Stelle lokalisiert sein. Da die Am− plitude der motorischen Reizantwort nach proximaler Stimulation auch bei Gesunden von derjenigen nach distaler Nervenstimula− tion abweichen kann, wurden Kriterien für einen sicheren und einen wahrscheinlichen partiellen motorischen Leitungsblock defi− niert [7]. Weitere neurografische Merkmale eines Leitungsblocks sind der F−Wellenver− lust bei proximal gelegenen motorischen Lei− tungsblöcken, etwa bei einem Guillain−BarrØ− Syndrom mit Wurzelbeteiligung, die F−Wel−

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Tab. 5

Differenzialdiagnose der Polyneuropathie.

Diese umfasst nicht mehr als 6 in der Praxis relevante ätiologische Hauptgruppen sowie die idiopathische Polyneuropathie. Multiple fokale Läsionen ohne Sys− temerkrankung bilden formal keine Polyneuropathie, sie sind jedoch aufgeführt, da sie zu differenzialdiag− nostischen Verwechslungen führen können. Neuropathien assoziiert mit inneren Erkrankungen ± Diabetes mellitus ± Leber−, Nieren−, Lungenerkrankungen ± Schilddrüsenerkrankungen ± Neoplasie und Paraneoplasie ± Paraproteinämie ± Critical−Illness−Neuropathie ± Organtransplantation Immunvermittelte und infektiöse Neuropathien ± Guillain−BarrØ−Syndrom (GBS) ± chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) ± multifokale motorische Neuropathie ± Vaskulitis ± Sarkoidose ± Borreliose ± HIV ± Lepra toxische Neuropathien ± Alkohol ± Medikamente ± Umweltgifte Neuropathien durch Mangelkrankheiten ± Vitamine B 1, B 6, B 12, E hereditäre Neuropathien ± hereditäre motorische und sensible Neuropathie (Charcot−Marie−Tooth−Erkrankung) ± hereditäre sensible und autonome Neuropathie ± hereditäre motorische Neuropathie ± peroxisomale Erkrankungen ± Porphyrie ± Lipoproteinerkrankungen ± lysosomale Erkrankungen

Die diskontinuierliche Entmarkung mit fokalen Leitungsblöcken ist Merkmal vieler entzündlicher Neuropathien und der erblichen Neuropathie mit Neigung zu Drucklähmungen.

mechanische Nervenschäden ± Trauma ± Engpasssyndrome mehr als eine dieser Ursachen idiopathisch

Schritt 5: Definition und Differenzial− diagnose des Polyneuropathiesyn− droms !

Anhand der dargestellten 6 Kategorien der Anamnese, der klinischen Symptome und der Be− funde und anhand der neurophysiologischen Be− funde lässt sich jeweils ein polyneuropathisches Syndrom bestimmen, das zu einer Liste mögli− cher Differenzialdiagnosen führt. Diese Differen− zialdiagnosen bestimmen wiederum die notwen− dige weiterführende Labordiagnostik. Aus Grün− den der Übersichtlichkeit werden dieser und der folgende Schritt daher gemeinsam dargestellt, auch wenn sie gedanklich getrennt werden soll− ten. Vorab ist es jedoch nützlich, sich die wesentli− chen Differenzialdiagnosen ins Gedächtnis zu ru− fen, mit denen die klinisch−neurophysiologi− schen Polyneuropathiesyndrome abgeglichen

werden müssen. Es sind dies in der Praxis nicht mehr als 6 ätiologische Hauptgruppen, jeweils verbunden mit einer Liste von Einzeldiagnosen " Tab. 5). (l

Schritt 6: Labordiagnostik !

Die erforderliche Labordiagnostik hängt von der klinischen und neurophysiologischen Konstella− tion und der unter Punkt 5 erstellten Differenzi− aldiagnose ab. Sie ist deshalb immer der nächste logische Schritt, weil sie nicht invasiv und ein− fach verfügbar ist. Durch eine sorgfältige klini− sche und neurophysiologische Klassifikation und Differenzialdiagnose lässt sich der Umfang der notwendigen Labordiagnostik wesentlich ein− schränken. Die breiteste Differenzialdiagnose und damit die aufwendigste Labordiagnostik wird durch eine längenabhängige, sensomotori−

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len−Rarefizierung und manchmal das frühe Auftreten von A−Wellen. Elektromyografisch wird das Vorliegen eines Leitungsblocks indi− rekt unterstützt, wenn trotz einer länger be− stehenden Parese keine Denervierungszei− chen und keine neurogenen Umbauzeichen, sondern lediglich neurogen gelichtete Will− küraktivität gefunden werden. " Die Akuität der Erkrankung und das Ausmaß neurogener Umbauprozesse werden einge− grenzt. Untersuchungsmethode der Wahl ist hier die Elektromyografie. Sie kann auch ge− ringe axonale Schädigungen nachweisen und ist deshalb sensitiver als die Elektroneurogra− fie in der Aufdeckung einer motorischen Neu− ropathie. Denervierungszeichen mit positiven scharfen Wellen und Fibrillationen belegen eine akute oder subakute axonale Schädigung, fehlen jedoch bei hyperakuten Schädigungen innerhalb der ersten 10±14 Tage. Neurogen umgewandelte Potenziale motorischer Ein− heiten mit Verbreiterung und erhöhter Am− plitude belegen eine schon länger bestehende neurogene Schädigung des untersuchten Muskels mit vergrößerten motorischen Ein− heiten, die sich histologisch in einer Faserty− pengruppierung darstellen würde. Das Aus− maß der elektromyografisch nachweisbaren neurogenen Lichtung korreliert mit dem Fa− serverlust. Bei höchstgradigen neurogenen Schädigungen weisen niedrigamplitudige, extrem polyphasische und extrem verlängerte motorische Einheiten auf eine beginnende Reinnervation hin.

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sche, überwiegend axonale oder axonal−demyeli− nisierende Polyneuropathie verursacht. Dennoch finden sich auch hier nach wenig Suchen häufig plausible Gründe. Mitbestimmend für das Aus− maß der veranlassten Labordiagnostik sind gera− de bei dieser Konstellation die Schwere der Er− krankung und der Verlauf. Geringfügige Be− schwerden ohne wesentliche klinische Ausfälle mit langjährigem Verlauf geben häufig keinen Anlass zu einer intensiven Diagnostik. Sind häufi− ge Gründe ausgeschlossen, genügt oft eine Bera− tung der betroffenen Person über die Diagnose und die mutmaßlich günstige Perspektive.

Fallkonstellation 1: Erkrankungsalter: Kindheit und Erwachsenenalter Erkrankungsverlauf: lebenslang Familienanamnese: positiv Vorerkrankungen und sonstige Begleitumstände: keine, evtl. Schwerhörigkeit oder selten weitere Auffälligkeiten [8] anatomisches Ausfallsmuster: symmetrisch mit peronealer Betonung und Fußdeformität beteiligte Fasertypen: motorisch und sensibel Neurophysiologie: kontinuierlich entmarkende Neuropathie

Die klinische Konstellation mit positiver Famili− enanamnese, Krallenzehen und einer peroneal betonten sensomotorischen Neuropathie spricht für eine Charcot−Marie−Tooth−Erkrankung (CMT), zusammen mit den neurophysiologischen Zei− chen einer kontinuierlichen Entmarkung für eine CMT1. Der nächste diagnostische Schritt ist die genetische Analyse des PMP22−Gens, danach des MPZ−Gens. Falls ein X−chromosomaler Erb− gang nicht ausgeschlossen ist und die vorherigen Analysen normal sein sollten, folgt die Analyse des Gens für Connexin−32 (GJB1). Weitere Diag− nostik ist bei positiven Befunden entbehrlich.

Fallkonstellation 2: Erkrankungsalter: Kindheit und Erwachsenenalter Erkrankungsverlauf: lebenslang Familienanamnese: positiv Vorerkrankungen und sonstige Begleitumstände: keine anatomisches Ausfallsmuster: monofokal oder multifokal beteiligte Fasertypen: motorisch und sensibel Neurophysiologie: entmarkende Neuropathie mit Leitungsblöcken an den üblichen Prädilektions− stellen

Diese Konstellation ist hochcharakteristisch für die erbliche Drucklähmung, insbesondere wenn über wiederholte Engpasssyndrome berichtet wird. Als einzige weitere diagnostische Maßnah− me ist die genetische Analyse des PMP22−Gens

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erforderlich, die dann typischerweise eine Dele− tion zeigen sollte.

Fallkonstellation 3: Erkrankungsalter: jedes Alter Erkrankungsverlauf: erworben; chronisch, subakut oder rezidivierend Familienanamnese: keine Vorerkrankungen und sonstige Begleitumstände: meist keine anatomisches Ausfallsmuster: monofokal oder multifokal beteiligte Fasertypen: motorisch und sensibel Neurophysiologie: Entmarkende Neuropathie mit motorischen Leitungsblöcken an anatomischen Engstellen

Diese Konstellation ist der vorigen ganz ähnlich. Allerdings ist die Erkrankung erworben und ver− läuft häufig subakut oder rezidivierend. In Ver− bindung mit multifokalen Leitungsblöcken au− ßerhalb der klassischen Engpassstellen und sen− somotorischen Defiziten ist diese Konstellation hochcharakteristisch für eine multifokale Vari− ante einer CIDP (Lewis−Sumner−Syndrom, multi− fokale erworbene demyelinisierende sensible und motorische Neuropathie). Labordiagnostisch sind Untersuchungen zum Ausschluss einer Vas− kulitis und zum Nachweis einer Paraproteinämie sinnvoll, außerdem sollte ein Diabetes mellitus ausgeschlossen sein. Finden sich die Leitungsblö− cke ausschließlich an den typischen Engpassstel− len, kommen auch andere Neuropathien infrage, die ein gewöhnliches Nervenkompressionssyn− drom begünstigen können.

Fallkonstellation 4: Erkrankungsalter: Erwachsenenalter Erkrankungsverlauf: chronisch progredient Familienanamnese: keine Vorerkrankungen und sonstige Begleitumstände: meist keine anatomisches Ausfallsmuster: monofokal oder multifokal beteiligte Fasertypen: rein motorisch Neurophysiologie: Multifokale motorische Leitungs− blöcke außerhalb der anatomischen Prädilektions− stellen

Diese Konstellation ähnelt der vorherigen. Aller− dings ist die Erkrankung rein motorisch, sie ver− läuft chronisch progredient, und die motorischen Leitungsblöcke finden sich nicht notwendiger− weise an den anatomischen Prädilektionsorten für Kompressionsneuropathien. Hier kommt na− hezu ausschließlich eine multifokale motorische Neuropathie in Betracht. Als Ausschlussdiagnos− tik ist eine Immunfixationselektrophorese erfor− derlich, weitere Diagnostik ist nur bei positivem

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Ergebnis notwendig. Sonstige Diagnostik ist ent− behrlich. Umstritten ist die Notwendigkeit der Bestim− mung von Gangliosidantikörpern. Die multifoka− le motorische Neuropathie kann mit erhöhten Ti− tern von Antikörpern gegen die Ganglioside GM1 und GD1a und selten auch andere Ganglioside einhergehen. Erhöhte Titer unterstützen somit die Diagnose. Andererseits schließt das Fehlen solcher Antikörper die Diagnose bei einer ent− sprechenden klinischen Konstellation nicht aus, sodass deren Bestimmung klinisch entbehrlich ist.

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bezüglich weiterer Organmanifestationen und Begleiterkrankungen ab.

Fallkonstellation 6: Erkrankungsalter: Kindheit und Erwachsenenalter Erkrankungsverlauf: erworben, akut oder chronisch Familienanamnese: keine Vorerkrankungen und sonstige Begleitumstände: meist keine anatomisches Ausfallsmuster: proximal symmetrisch beteiligte Fasertypen: motorisch betont, sensomo− torisch Neurophysiologie: entmarkende Neuropathie, evtl. mit Leitungsblöcken

Erkrankungsalter: jedes Alter Erkrankungsverlauf: subakut oder chronisch, selten rezidivierend Familienanamnese: keine Vorerkrankungen und sonstige Begleitumstände: keine oder diverse Organbeteiligungen anatomisches Ausfallsmuster: monofokal oder multifokal beteiligte Fasertypen: motorisch und sensibel Neurophysiologie: multifokale axonale Neuropathie

Auch diese Konstellation ähnelt den vorigen da− rin, dass multifokale Ausfälle bestehen. Hier sind die Defizite jedoch sensomotorisch, der Verlauf ist in der Regel subakut, und neurophysiologisch findet sich ein axonales Ausfallsmuster, auch wenn motorische Leitungsblöcke in der hyper− akuten Phase nicht ausgeschlossen sind. Diese Konstellation ist charakteristisch für eine Vasku− litis des peripheren Nervensystems, die als soli− täre Manifestation oder als Teil einer systemi− schen Vaskulitis auftreten kann. Differenzialdi− agnostisch kommen auch infiltrative Erkrankun− gen in Betracht, also Lymphom− oder sonstige tu− moröse Infiltrationen oder eine Sarkoidose. Ebenfalls infrage kann eine infektiöse Neuropa− thie kommen, insbesondere eine Borreliose und bei einer entsprechenden Konstellation auch eine lepromatöse Neuropathie. Die Neuroborre− liose manifestiert sich zumeist als subakute Poly− neuroradikulitis mit proximalen und distalen Pa− resen im Versorgungsgebiet mehrerer Nerven. Die lepromatöse Neuropathie beginnt mit sensi− blen Defiziten ausgehend von kühlen Hautstellen mit oberfächlich gelegenen Nervensträngen. Labordiagnostisch sind bei dieser Konstellation umfangreiche Untersuchungen indiziert zum Be− leg oder Ausschluss einer Vaskulitis oder Binde− gewebserkrankung (Vaskulitis− und Entzün− dungsdiagnostik, Differenzialblutbild, Urindiag− nostik), weiterer Organmanifestationen (Leber, Niere, Schilddrüse, Lunge), eines Diabetes melli− tus, einer Paraproteinämie, einer Borreliose, ggf. auch einer HIV−Infektion und einer Sarkoidose. Auswahl und Vorgehen hängen von anamnesti− schen Merkmalen und Untersuchungsbefunden

Diese Befundkonstellation mit einer im Vorder− grund stehenden proximalen symmetrischen Pa− rese ist charakteristisch für eine Polyradikulitis. Eine akute Erkrankung mit Progress über weni− ger als 4 Wochen spricht für eine Akute Inflam− matorische Demyelinisierende Polyneuropathie (AIDP) als demyelinisierende Variante eines GBS, eine Verschlechterung über wenigstens 2 Mona− te für eine CIDP. Zusammen mit multifokalen motorischen Leitungsblöcken gibt es kaum eine andere Differenzialdiagnose. Eine CIDP kann sich auch als längenabhängige, also distal symmetri− sche sensomotorische Polyneuropathie manifes− tieren, Leitungsblöcke müssen nicht immer vor− liegen. Labordiagnostisch muss in erster Linie eine Paraproteinämie ausgeschlossen werden. Bei einer vornehmlich axonalen Schädigung ist eine Akute Motorische Axonale Neuropathie (AMAN) oder eine Akute Motorische und Sensi− ble Axonale Neuropathie (AMSAN) als axonale GBS−Variante die wahrscheinlichste Diagnose. In Verbindung mit psychiatrischen Auffälligkeiten und Bauchschmerzen in der Vorgeschichte kann bei einer akuten oder subakuten, proximal be− tonten axonalen Polyneuropathie eine Porphyrie vorliegen, die in Serum und Urin nachgewiesen werden kann.

Fallkonstellation 7: Erkrankungsalter: Erwachsenenalter Erkrankungsverlauf: erworben, chronisch Familienanamnese: keine Vorerkrankungen und sonstige Begleitumstände: keine oder s. u. anatomisches Ausfallsmuster: längenabhängig beteiligte Fasertypen: motorisch und sensibel Neurophysiologie: axonal

Diese Befundkonstellation einer überwiegend axonalen, chronischen, längenabhängigen Poly− neuropathie ist die häufigste und die schwierigs− te. Hier sollten vorab noch einmal folgende Aspekte geprüft werden: " Ist die Neuropathie wirklich längenabhängig oder doch etwas asymmetrisch?

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Fallkonstellation 5:

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Ist die Neuropathie wirklich gleichförmig sensomotorisch oder führt das sensible oder motorische System? " Sind alle sensiblen Fasertypen betroffen oder führen die C−Fasern bzw. die dick bemarkten Fasern? Ist die Neuropathie schmerzhaft? " Gibt es diagnostische Hinweise in Anamnese (Medikamente, Toxine, Begleitkrankheiten) und Befund (Ulzerationen, körperliche Be− gleitbefunde) und wie ist der Verlauf? Danach prüft man die Liste der Differenzialdiag− " Tab. 5: nosen aus l Bei den Neuropathien assoziiert mit inneren Er− krankungen lassen sich ein Diabetes mellitus, schwere Leber−, Nieren− und Lungenerkrankun− gen und Schilddrüsenerkrankungen leicht diag− nostizieren. Die entsprechende Labordiagnostik ist notwendiger Teil jeder Labordiagnostik bei längenabhängiger Polyneuropathie. Paraneoplastische Neuropathien sind oft über− wiegend sensibel. Die paraneoplastische Gan− glionitis verursacht ein charakteristisches Syn− drom mit subakuter schwerer Deafferentierung, die häufig asymmetrisch beginnt und zu schwe− ren Lagesinnstörungen mit sensibler Pseudo− athethose führen kann. Die paraneoplastische Vaskulitis führt ebenso wie infiltrative tumoröse Neuropathien zu asymmetrischen Neuropathien oder einer Mononeuropathia multiplex. Die Su− che nach Tumorerkrankungen ohne ein solches Polyneuropathiesyndrom und ohne weiterge− hende Hinweise wie Gewichtsverlust oder ent− sprechende Organbefunde ist daher insbesonde− re bei sehr chronischen Neuropathien meist er− gebnislos. Trotzdem empfehlen manche Autoren die routinemäßige Bestimmung der anti−Hu−An− tikörper bei sensiblen längenabhängigen Poly− neuropathien. Die paraproteinämische Polyneuropathie kann dem Phänotyp einer CIDP ähneln, wenn ein IgG− oder IgA−Paraprotein vorliegt. Bei einer IgM−Pa− raproteinämie liegt typischerweise eine chroni− sche, axonale oder demyelinisierende, längenab− hängige Polyneuropathie vor, die sensibel betont ist und überwiegend die epikritische Sensibilität betrifft. In dieser häufigen klinischen Konstella− tion ist die Durchführung einer Immunfixation im Serum und ggf. auch im Urin zwingend not− wendig. Eine Eiweißelektrophorese genügt nicht, da hier kleinere M−Gradienten übersehen wer− den. Liegt eine IgM−Paraproteinämie vor, muss sich die Bestimmung der Antikörper gegen mye− linassoziiertes Glykoprotein anschließen. Bei ei− ner IgG− oder IgA−Paraproteinämie ist die Be− stimmung der Antikörper gegen myelinassoziier− tes Glykoprotein dagegen nicht zielführend. Der Nachweis einer Paraproteinämie erfordert im nächsten Schritt die entsprechende internisti− sche Ursachendiagnostik, deren Umfang von der klinischen Konstellation und der Art des Parapro− teins abhängt. "

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Eine Critical−illness−Neuropathie und eine Neu− ropathie nach Organtransplantation kommen nur bei entsprechender Anamnese infrage. Immunvermittelte und infektiöse Neuropathien manifestieren sich nur recht selten als chroni− sche längenabhängige Polyneuropathie. Eine Ausnahme ist die eben beschriebene paraprote− inämische Polyneuropathie, eine Immunfixation ist daher notwendiger Teil einer Polyneuropa− thiediagnostik mit dieser Befundkonstellation. Eine Vaskulitis lässt sich vermuten, wenn eine re− lativ rasch progrediente oder subakute scheinbar längenabhängige Polyneuropathie doch nicht ganz symmetrisch ist, oder wenn vaskulitische Organmanifestationen vorliegen. Gleiches gilt für eine Borrelien−Polyneuroradikulitis. Eine Vas− kulitis soll auch in bis zu 35 % der Fälle ursächlich für eine Polyneuropathie bei älteren Menschen sein [9]. Labordiagnostisch ist daher in dieser Be− fundkonstellation zumindest eine orientierende Vaskulitisdiagnostik immer gerechtfertigt, au− ßerdem eine Borrelienserologie. Bei sehr chroni− schen und leichtgradigen Verläufen ist sie dage− gen in der Regel ergebnislos. Ein HIV−Test ist bei Risikogruppen indiziert und auch bei Personen, bei denen eine HIV−Infektion nicht sehr unwahr− scheinlich ist. Toxische Polyneuropathien lassen sich durch eine Alkohol−, Drogen− und Medikamentenanamnese erschließen. Polyneuropathien durch berufliche Toxinexposition oder Umweltgifte sind äußerst selten geworden. Wichtig für die Beurteilung ist der zeitliche Zusammenhang zwischen mutmaß− licher Exposition und Auftreten der Erkrankung. Untersuchungen auf Schwermetalle oder andere Toxine sind daher nur bei konkretem Verdacht auf eine Exposition sinnvoll. Vitaminmangelsyndrome verursachen längenab− hängige, axonale, häufig sensibel betonte Poly− neuropathien und können auch mit Zeichen einer zentralen Axonopathie verbunden sein, also Reflexsteigerung, Spastik und Zeichen einer Hinterstrangläsion. Hinweise geben Diätge− wohnheiten und Vorerkrankungen des Magen− Darm−Trakts. Die Bestimmung der Vitamine B1, B6 und B12 ist Teil jeder Labordiagnostik einer längenabhängigen Polyneuropathie. Der Verdacht auf eine hereditäre Polyneuropathie lässt sich fast immer aus entsprechenden an− amnestischen Merkmalen und körperlichen Un− tersuchungsbefunden herleiten. Genetische Tests als Teil der routinemäßigen Polyneuropathiedi− agnostik sind daher nicht sinnvoll.

Der Phänotyp einer distalen, symmetrischen, sen− somotorischen Polyneuropathie schließt eine Vas− kulitis als Ursache der Erkrankung nicht aus, insbe− sondere wenn zu Beginn der Erkrankung asymme− trische Ausfälle vorgelegen haben.

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Fort− und Weiterbildung

Die Immunfixation zum Ausschluss einer Parapro− teinämie sollte Teil jeder Labordiagnostik einer chronischen, sensibel betonten, längenabhängi− gen Polyneuropathien sein. Nur bei Vorliegen einer IgM−Paraproteinämie ist dann auch die Bestim− mung der Antikörper gegen myelinassoziiertes Glykoprotein sinnvoll.

Schritt 7: Liquordiagnostik !

Die Liquordiagnostik ist bei vielen, aber keines− wegs allen klinischen Konstellationen einer Poly− neuropathie von Bedeutung. Sie gibt im Falle des pathologischen Befundes in erster Linie darüber Auskunft, dass eine Beteiligung der Nervenwur− zeln vorliegt. Eine reine längenabhängige Poly− neuropathie mit einer sich ausschließlich distal abspielenden Pathologie sollte zu keinen Liquor− veränderungen führen. Eine Liquorpunktion ist also immer dann indiziert, wenn eine Nerven− wurzelbeteiligung zumindest denkbar ist und wenn die Differenzialdiagnose eine entzündli− che, infektiöse, paraneoplastische oder neoplas− tische Erkrankung einschließt. Sie kann auch in der Differenzialdiagnose der HIV−assoziierten Polyneuropathie von Bedeutung sein. Sie ist nicht indiziert bei anderweitig und nicht invasiv sicher diagnostizierbaren Erkrankungen, es sei denn, es besteht der Verdacht auf eine besondere Kompo− nente der Erkrankung oder eine weitere unab− hängige Verursachung der Polyneuropathie. Au− ßerdem sollten Verlauf und Schwere der Erkran− kung das Risiko, die Unannehmlichkeiten und die Kosten rechtfertigen. Die wichtigsten pathologischen Befunde sind eine Erhöhung der Liquorzellzahl, der Nachweis von Tumorzellen, der Nachweis einer Schranken− störung oder einer autochthonen Immunglobu−

Pathologische Liquorbefunde korrelieren mit einer Beteiligung der Nervenwurzeln. Bei ausschließlich distalen polyneuropathischen Krankheitsprozessen sollte der Liquor normal sein.

linsynthese, und der Nachweis bestimmter Anti− körper im Liquor mit autochthoner Antikörper− synthese. Letzteres ist insbesondere in der Borre− liosediagnostik von klinischer Relevanz.

Schritt 8: Nerven− und Muskelbiopsie !

Anders als die Biopsiediagnostik vieler anderer Organe und insbesondere die bioptische Tu− mordiagnostik ist die Aussagekraft der Nerven− biopsie bezüglich der Ursache einer Neuropathie häufig begrenzt. Sie erfordert zudem eine spezia− lisierte histologische Aufarbeitung mit Kunst− harzeinbettung und Anfertigung semidünner Schnitte und eine spezielle Expertise des Unter− suchers. Die Entnahme muss schonend ohne Quetschung und Zerrung des Biopsats erfolgen. Der Versand muss unverzüglich innerhalb des eigenen Hauses oder sonst per Taxi erfolgen. An− dernfalls ist eine sachgerechte Probenvorberei− tung vor Ort erforderlich, die ohne die Verfügbar− keit eines pathologischen Instituts oder eines wissenschaftlichen Labors nur in den seltensten Fällen möglich sein wird. In jedem Fall muss man sich vor der Indikation zur Biopsie vor Au− gen führen, welche Aussagen im günstigsten Fall möglich sein werden und ob diese zur Klärung der Fragestellung beitragen werden: 1. Klassische histologische Färbungen (Häma− toxylin−Eosin u. Ä.) an Paraffin− oder Gefrier− material erlauben keine differenzierte Aussa− ge über die Feinstruktur des Nervs. Sie sind nur für die Diagnostik von Nerventumoren hilfreich und für die Beurteilung der Faszikel− zahl im Biopsat, außerdem für die Beurteilung der Gefäße und den Nachweis einer floriden Vaskulitis. 2. Eine Kongorotfärbung erlaubt den Nachweis von Amyloid. Besteht klinisch ein begründeter Verdacht, müssen Stufenschnitte angefertigt werden, da das Amyloid nicht überall zu fin− den ist. 3. Semidünne Schnitte an in Kunstharz einge− bettetem Material erlauben Aussagen über das Ausmaß des Faserverlusts, axonale Rege− neration, Demyelinisierung und Remyelinisie− rung und auf Längsschnitten segmentale De− myelinisierung. Es muss allerdings bedacht werden, dass diese Aussagen häufig bereits anhand der neurophysiologischen Untersu− chungen möglich sind, die ja die pathologi− schen Gegebenheiten funktionell abbilden. Darüber hinaus sind Aussagen zu endoneura− lem Ödem und zu den endo− und epineuralen

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Welche Labortests sind also sinnvoll bei Perso− nen mit einer axonalen längenabhängigen senso− motorischen Polyneuropathie, wenn sich keiner− lei anamnestische oder klinische Hinweise auf eine Ursache finden lassen? Es sind dies nicht viele: Nüchternglukose, vielleicht ein oraler Glu− kosetoleranztest, Leber−, Nieren− und Schilddrü− senwerte, Differenzialblutbild, CRP und antinu− kleäre Antikörper, Vitamine B1, B6 und B12 sowie die Immunfixation im Serum und ggfs. auch im Urin. Bei stark sensibel betonten Neuropathien mit bislang noch kurzem Krankheitsverlauf kom− men anti−Hu−Antikörper dazu, bei Risikogruppen ein HIV−Test, bei Hinweisen auf eine vaskuliti− sche Polyneuropathie weitere Vaskulitisparame− ter. Eine Borrelienserologie wird von fast allen eingefordert, führt jedoch in der hier beschriebe− nen Konstellation nur sehr selten weiter. Alle an− deren denkbaren Laborparameter sind spezifi− schen klinischen Konstellationen vorbehalten wie oben dargestellt.

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Gefäßen möglich, insbesondere im Hinblick auf eine Entzündung. Ebenfalls im Hinblick auf eine Entzündung können felderförmige Faserverluste von Interesse sein, die auf Ner− veninfarkte infolge einer Vaskulitis als indi− rektes Zeichen hinweisen können. 4. Die elektronenmikroskopische Untersuchung ultradünner Schnitte erlaubt darüber hinaus eine bessere Analyse der C−Fasern sowie überzähliger Schwann−Zelllamellen (¹Zwie− belschalen“) als Ausdruck wiederholter De− und Remyelinisierung. Darüber hinaus kön− nen pathologische Ablagerungen, pathologi− sche Mitochondrien und andere Aspekte der Feinstruktur analysiert werden. 5. Zupfpräparate, die nur selten angefertigt wer− den, erlauben ebenfalls Aussagen zur seg− mentalen Demyelinisierung sowie zu weite− ren axonalen und demyelinisierenden Merk− malen entlang eines Axons. 6. Immunhistochemische Analysen an Gefrier− und Paraffinschnitten werden insbesondere im Hinblick auf entzündliche Infiltrate ange− fertigt. Sie informieren über pathologische T− und B−Zell−Infiltrate und Makrophagen− aktivierung. Zusammengefasst hat die Biopsiediagnostik so− mit zusätzliche Aussagekraft insbesondere im Hinblick auf entzündliche Infiltrate und andere Merkmale einer Vaskulitis. Die Frage einer axo− nalen oder demyelinisierenden Neuropathie und diejenige nach dem Ausmaß der Schädigung ist dagegen meist schon vorher geklärt. Auf der anderen Seite stehen nicht unbeträchtli− che Nebenwirkungen der Biopsie. Je nach Fallse− rie haben bis zu 50 % aller biopsierten Personen anhaltende Schmerzen, die in bis zu 25 % der Fäl− le dauerhaft bestehen bleiben können. Weitere Komplikationen sind Wundinfektionen und Wundheilungsstörungen, persistierende Miss− empfindungen und auch das Risiko eines Fehl− biopsats, wenn ein Gefäß statt des Nervs biop− siert wurde [10±12]. Eine Biopsie ist somit dann nicht indiziert, wenn die zu erwartende Aussage der Biopsie keinen zu− sätzlichen diagnostischen Nutzen erbringt. Dies ist der Fall bei allen Neuropathien, bei denen be− reits eine Diagnose mit hinreichender Sicherheit gestellt wurde. Eine Biopsie ist ebenfalls kon− traindiziert bei einem erhöhten Risiko, bei einer nur geringen Schwere der Erkrankung, bei feh− lender therapeutischer Konsequenz aufgrund der Gesamtkonstellation des Patienten, und bei ungünstigen örtlichen Verhältnissen, die eine suboptimale Biopsieentnahme, Versendung oder Aufarbeitung erwarten lassen. Eine Biopsie ist dagegen indiziert bei Verdacht auf eine Amyloidose des Nervensystems sowie immer dann, wenn eine entzündliche Neuropa− thie differenzialdiagnostisch infrage kommt, je− doch mit den bisherigen nicht invasiven Mitteln nicht belegt werden konnte. Dies ist der Fall bei

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Verdacht auf eine anders nicht zu belegende CIDP, Vaskulitis oder anderen Autoimmunpoly− neuropathie. Dieser Verdacht besteht immer in der klinischen Konstellation einer Schwerpunkt− und Multiplexpolyneuropathie ungeklärter Ätio− logie. Er besteht auch bei der Konstellation einer schweren längenabhängigen, also distal−symme− trischen, sensomotorischen Polyneuropathie un− geklärter Ätiologie, da in unterschiedlichen Fall− studien ein nicht unbeträchtlicher Anteil dann doch bioptische Hinweise auf eine Vaskulitis oder andere entzündliche Neuropathie aufwies. Voraussetzung für die Entscheidung zur invasi− ven Diagnostik ist ein hinreichend schwerer Ver− lauf und eine hinreichend rasche Progredienz, die die Risiken rechtfertigen würden. Alle nicht inva− siven Diagnoseschritte müssen ausgeschöpft sein. Außerdem sollten keine Kontraindikationen gegen eine mögliche anschließende immunsup− pressive oder immunmodulierende Therapie be− stehen.

Wird die Biopsie unter dem Verdacht auf eine Vas− kulitis durchgeführt, sollte wegen der besseren Ausbeute immer eine kombinierte Nerven− und Muskelbiopsie veranlasst werden.

Schritt 9: Diagnostik der C−Faser− Neuropathie !

Eine diagnostische Sondersituation stellen Pa− tienten dar, die ausschließlich über Symptome der kleinkalibrigen Ad−Fasern und der C−Fasern berichten, also entweder über Verlust der Schmerz− und Temperaturwahrnehmung als Mi− nussymptome oder über neuropathische Schmerzen als Plussymptome. Wenn die großka− librigen, dick bemarkten sensiblen Fasern erhal− ten sind, können Reflexstatus, Pallästhesie und Neurografie normal sein. Liegen glaubhaft und reproduzierbar Minussymptome vor, womöglich sogar in Verbindung mit unbemerkten Verlet− zungen oder Verbrennungen, wird die Diagnose einer C−Faser−Neuropathie dennoch plausibel, sofern keine spinale Ursache erkennbar ist. Wer− den jedoch ausschließlich neuropathische Schmerzen als Plussymptom angegeben ohne jegliches sonstiges objektives Korrelat, kann die Abgrenzung zu einer nicht organischen Störung sehr schwer sein. Dies gilt umso mehr, da psy− chophysische Testverfahren ebenfalls von der Mitarbeit der Betroffenen abhängen. Methode der Wahl zur Objektivierung eines Faserverlusts ist dann die Bestimmung der Nervenfaserdichte in mehreren an verschiedenen distalen Stellen entnommenen Hautbiopsien. Die Faserdichte der Nervenendigungen in der Haut kann anhand einer Färbung mit Antikörpern gegen das Protein PGP 9.5 quantitativ histologisch bestimmt wer− den. Stanzbiopsien der Haut können nebenwir−

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Schritt 10: Definitive Diagnose, Beratung und Therapie !

Die sequenzielle Bearbeitung der Schritte 1±9 sollte in der Regel dann die Benennung einer konkreten Diagnose erlauben, wenn dies nach derzeitigem Wissensstand möglich ist. In etwas einem Drittel bis einem Viertel aller Fälle kann allerdings weder eine Ursache gefunden werden, noch ist eine sonstige genauere syndromale Ein− grenzung möglich, etwa die Diagnose einer here− ditären Neuropathie ohne bekannten Gendefekt. In der Regel handelt es sich bei solchen unklärba− ren Formen der Polyneuropathie um eine chroni− sche, axonale längenabhängige Polyneuropathie, die dann als chronische idiopathische axonale Polyneuropathie (CIAP; ICD−10: G60.3) bezeich− net wird. Es ist ratsam, in dieser Situation nach sorgfältiger Aufarbeitung auch diese Diagnose zu stellen und nicht die Diagnose einer nicht nä− her bezeichneten oder unklaren Polyneuropa− thie. Es ist zwar richtig, dass die CIAP sehr wahr− scheinlich keine Krankheit, sondern ein Syndrom bezeichnet, aus dem in der Zukunft mit zuneh− mender wissenschaftlicher Erkenntnis weitere konkret benennbare Erkrankungen herausgelöst werden können, und dass die Ursache nicht be− kannt ist. Dennoch wird die Bezeichnung einer CIAP nach bestem derzeitigem Wissen gestellt. Eine umfassende Diagnostik ist nicht sinnvoll und nicht abgeschlossen, wenn das Ergebnis nicht in geeigneter Weise mit der Patientin oder dem Patienten besprochen wird. Kann eine kon− krete Diagnose benannt werden, ist dies ohnehin selbstverständlich. Liegt aber eine CIAP vor, sollte dem / der Betroffenen vermittelt werden, dass diese Bezeichnung dem gegenwärtigen moder− nen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ent− spricht und er / sie umfassend untersucht worden ist. Es sollte vermittelt werden, dass keineswegs der Arzt ¹nichts weiß“ oder die Krankheit ¹un− klar“ ist. Vielmehr weiß der Arzt sehr viel: es liegt nach modernem Kenntnisstand keine Entzün− dung vor, keine erkennbare Infektion, keine erbli− che Erkrankung, keine Mangelerkrankung, keine toxische Schädigung, keine innere Ursache usw., sondern eben eine CIAP. Diese Aussage kann dem Kranken die Sicherheit geben, dass alles für ihn getan worden ist. Dass nicht jede Gesund− heitsstörung behebbar und erklärbar ist, ist den meisten Patienten gut zu vermitteln. Schließlich gehört zu diesem Gespräch auch eine Beratung über den wahrscheinlichen Verlauf, ab− hängig von der Diagnose. Liegt eine CIAP vor, soll− te über einen progredienten Verlauf entspre− chend der bisherigen Krankheitsentwicklung be− raten werden. Außerdem sollte eine Mitbetreu−

ung und Begleitung im weiteren Verlauf der Er− krankung angeboten werden. Dies gilt in ähnli− cher Weise für alle nicht heilbaren Krankheiten. Sinn ist hier nicht nur die regelmäßige Überprü− fung, ob die einmal gestellte Diagnose sich auch im Verlauf bestätigt, sondern vor allem die konti− nuierliche Beratung der Betroffenen zur sympto− matischen Therapie und krankheitsbezogenen sozialen Situation.

Eine chronische axonale längenabhängige Poly− neuropathie, für deren Ursache nach ausführlicher Diagnostik keine Hinweise bestehen, wird als chronische idiopathische axonale Polyneuropathie (CIAP) bezeichnet.

Als letzter Schritt im diagnostischen Prozess kann selten eine Therapie ex iuvantibus auch zu diagnostischen Zwecken infrage kommen. Dies beschränkt sich auf 2 Situationen und sollte nur nach entsprechender Aufklärung der betroffenen Person über Chancen und Risiken durchgeführt werden: 1. Die sehr seltene Konstellation einer rein mo− torischen Mononeuropathia multiplex ohne Nachweis von Leitungsblöcken. Hier kommt trotzdem differenzialdiagnostisch eine mul− tifokale motorische Neuropathie infrage, so dass ein Therapieversuch mit intravenösen Immunglobulinen gerechtfertigt sein kann. Spricht die Symptomatik auf die Therapie an, kann die Diagnose gestellt werden. Kommt es nach 2 Behandlungszyklen zu keiner Bes− serung, sollte die Verdachtsdiagnose nicht mehr aufrecht gehalten und die Therapie abgebrochen werden. 2. Die ebenfalls seltene Konstellation einer deutlich asymmetrischen, erheblich progre− dienten Polyneuropathie ohne sonstige spezi− fische Hinweise auf eine entzündliche Genese. Hier kann trotzdem eine entzündliche Neuro− pathie infrage kommen, etwa eine seltene axonale Variante einer CIDP, und einen Thera− pieversuch mit Glukokortikoiden in Ausnah− mefällen als einem individuellen Heilversuch rechtfertigen. Die Therapie sollte in ausrei− chender Dosis (1 mg / kg Prednison über we− nigstens 6 Wochen) und ausreichender Dauer (Gesamtbehandlungsdauer einschließlich Ab− dosierung wenigstens 3 Monate) erfolgen. Ein solcher Behandlungsversuch ist nicht zielfüh− rend bei langjährigen langsamen Krankheits− verläufen mit ausgeprägter axonaler Schädi− gung, da es dann keinen Parameter gibt, an dem man den Erfolg messen könnte: selbst wenn eine entzündliche Reaktion unterbro− chen würde, wäre kaum innerhalb der Beob− achtungszeit mit einer durchgreifenden Bes− serung mit axonaler Regeneration zu rechnen. Außerdem soll ein solcher Therapieversuch in besonderen Risikosituationen (hohes Lebens−

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kungsarm entnommen werden und sind daher in solchen Situationen der Nervenbiopsie vorzuzie− hen.

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alter, Osteoporose, Diabetes mellitus, Glau− kom, Katarakt) nicht durchgeführt werden. Eine Therapie ex iuvantibus mit aggressiveren Immunsuppressiva ist nicht indiziert. Ebenso ist die immunsuppressive Therapie einer CIAP ex iuvantibus nicht indiziert.

Die probatorische immunsuppressive Therapie einer CIAP ex iuvantibus ohne Hinweise auf eine entzündliche Genese ist nicht indiziert.

Schließlich sollte die symptomorientierte Thera− pie am Ende des diagnostischen Prozesses ste− hen, auch wenn eine ursachenorientierte Thera− pie nicht möglich ist. Es sollte dem / der Betroffe− nen vermittelt werden, dass Hilfeleistungen auch ohne eine ursächliche Therapie möglich sind, so wie wir dies auch bei anderen unheilbaren dege− nerativen Erkrankungen anbieten. Die symptom− orientierte Therapie umfasst die Therapie neuro− pathischer Schmerzen, die Hilfsmittelversor− gung, Physiotherapie und Ergotherapie, ggf. auch Logopädie und Schlucktherapie, die Behandlung trophischer und ggf. autonomer Störungen und soweit erforderlich auch eine sozialmedizinische und berufliche Beratung.

Interessenkonflikte Keine angegeben.

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1 n A

B

C D E

2 n A B C D E

3 n A B C

D E

Welche Aussage zur Bestimmung der Kreatinkinase (CK) im Serum ist falsch? Die Blutprobe zur Bestimmung der CK sollte vor der Durchführung der Nadel−EMG−Untersuchung abgenom− men werden. Sehr hohe CK−Werte von mehreren 1000 U / l sprechen im Kontext einer motorisch betonten neuromuskulären Sys− temerkrankung für eine primäre myopathische Schädi− gung und gegen eine Polyneuropathie oder andere primär neurogene Störung. Die CK ist bei chronischen Polyneuropathien immer nor− mal. Die CK kann bei sehr chronischen Polyneuropathien mäßiggradig erhöht sein. CK−Werte von mehreren 100 U / l sind nicht spezifisch für eine Myopathie.

4 n

Die folgenden anamnestischen und klinischen Merkmale sind für die klinische Klassifikation einer Polyneuropathie von Bedeutung: beteiligte Fasertypen Erkrankungsalter und Verlauf anatomische Verteilung der Ausfälle Begleiterkrankungen alle vorgenannten Merkmale

5 n

Welche Aussage zur diagnostischen Wertigkeit neuro− physiologischer Untersuchungen ist falsch? Die Nadelelektromyografie ist sensitiver als die Elektro− neurografie in der Aufdeckung geringer axonaler Schäden. Eine reine C−Faser−Neuropathie lässt sich mit den üblichen neurografischen Methoden nicht aufdecken. Normale Untersuchungsbefunde der sensiblen Neurogra− fie und der SEP schließen eine höhergradige und länger− dauernde strukturelle Schädigung der dick bemarkten sensiblen Nervenfasern weitgehend aus. Die Nervenleitgeschwindigkeit ist bei rein axonalen Poly− neuropathien immer normal. Der F−Wellen−Verlust im Frühstadium eines Guillain− BarrØ−Syndroms ist in der Regel durch einen proximal gelegenen motorischen Leitungsblock verursacht.

A

B C

D E

A B C D E

6 n

A B C D E

7 n A B C D E

Welche Aussage zum fokalen motorischen Leitungsblock ist richtig? Ein motorischer Leitungsblock ist Ausdruck einer konti− nuierlichen Entmarkung im gesamten Verlauf eines peri− pheren Nervs. Ein motorischer Leitungsblock ist typisches Merkmal einer Charcot−Marie−Tooth−Erkrankung Typ 1. Motorische Leitungsblöcke bei der multifokalen motori− schen Neuropathie, beim Guillain−BarrØ−Syndrom und bei der chronisch inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie sind typischerweise an anatomischen Engstellen lokalisiert. Bei der erblichen Drucklähmung ist die Nervenleitung außerhalb der motorischen Leitungsblöcke immer normal. Motorische Leitungsblöcke sind typischerweise durch fokale Demyelinisierung verursacht. Welche der folgenden Laboruntersuchungen sind bei einer längenabhängigen, überwiegend axonalen, senso− motorischen Polyneuropathie eines älteren Menschen nicht sinnvoll, wenn Anamnese und klinischer Befund zu− nächst keine Hinweise auf eine mögliche Ursache geben? Nüchternglukose und ggf. oraler Glukosetoleranztest Schilddrüsenparameter Immunfixation im Serum genetische Diagnostik des PMP22−Gens Vitamin B12 Ein junger Mann erscheint in der Sprechstunde, weil die Füße verformt sind. Der klinische Befund zeigt beidseitige Hohlfüße und Krallenzehen, eine geringe symmetrische Parese der Fuß− und Zehenhebung, eine Minderung der Pallästhesie an den Füßen und ausgefallene Achillesseh− nenreflexe. Der Vater soll ähnlich geformte Füße haben. Neurophysiologisch findet sich eine kontinuierlich ent− markende Neuropathie. Welche der folgenden Untersu− chungen hat die beste Chance, eine definitive Diagnose herbeizuführen? Liquordiagnostik mit Bestimmung des Borrelien−Anti− körper−Indexes in Liquor und Serum genetische Analyse des Gens für Connexin−32 Nervenbiopsie zum Nachweis überzähliger Schwann− Zelllamellen genetische Analyse des PMP22−Gens und ggf. des MPZ− Gens Bestimmung der Nüchternglukose Bei welcher der folgenden Polyneuropathien und Poly− radikulopathien ist die Liquordiagnostik nicht hilfreich: Guillain−BarrØ−Syndrom Polyneuropathie durch Vitamin−B12−Mangel Neuroborreliose Chronisch inflammatorische demyelinisierende Poly− neuropathie HIV−Polyneuropathie

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CME−Fragen Rationale Diagnostik der Polyneuropathie

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8 n

A B C

D

E

9 n

A B C

D E

Ein junger Mann kommt mit einer seit mehreren Monaten bestehenden und langsam fortschreitenden schmerzlosen Schwäche der rechten Hand in die Sprechstunde, bei der es sich klinisch um eine distale Ulnarisparese ohne beglei− tende muskuläre Atrophie und ohne sensible Defizite handelt. Bei der Untersuchung findet sich zusätzlich eine geringe Radialisparese links und auch eine Palmarabduk− tionsparese des Daumens links, jeweils ohne muskuläre Atrophie und sensible Defizite. Neurophysiologisch sind die sensiblen Untersuchungsbefunde normal. In der mo− torischen Neurografie finden sich partielle motorische Leitungsblöcke den N. medianus links und des N. ulnaris rechts jeweils am Unterarm. Elektromyografisch finden sich in den paretischen Muskeln keine Denervierungszei− chen, aber Zeichen der neurogenen Lichtung. Welche Aussage ist richtig? Dieser Patient hat sehr wahrscheinlich eine multifokale Variante einer CIDP (Lewis−Sumner−Syndrom). Eine Liquorpunktion ist indiziert. Die Bestimmung der Antikörper gegen GM1 und GD1a ist indiziert, um eine multifokale motorische Neuropathie zu beweisen. Die Diagnose einer multifokalen motorischen Neuropathie mit Leitungsblöcken kann mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne weitere Diagnostik gestellt werden. Allerdings ist der Ausschluss einer Paraproteinämie sinnvoll. Dieser Patient hat sehr wahrscheinlich eine erbliche Drucklähmung. Eine 85−jährige Dame kommt in die Sprechstunde, weil sie ein papierenes Gefühl unter den Zehenballen hat. Schmerzen hat sie nicht, sie sei nach eigenem Bekunden trotz ihres hohen Alters immer gesund gewesen. Sie nimmt aber Medikamente, deren Namen sie nicht benen− nen kann. Nach genauem Nachdenken weiß sie zu berich− ten, dass die Beschwerden schon seit wenigstens 5 Jahren bestehen, seit 1 Jahr ist es ihr aber etwas mehr aufgefal− len. Klinisch findet man neben der genannten strumpf− förmigen und symmetrischen Hypästhesie eine Abschwä− chung der Achillessehnenreflexe und eine reduzierte Pall− ästhesie an den Knöcheln. Der sonstige neurologische Be− fund ist normal, insbesondere findet man keine muskuläre Atrophie, keine Parese und keine trophischen Störungen. Neurophysiologisch findet sich eine leichtgradige, rein sensible axonale Polyneuropathie. Welche weiteren Maß− nahmen sind sinnvoll? Stationäre Überweisung zum Ausschluss einer Tumor− erkrankung. Bestimmung der Kreatinkinase im Serum. Klärung der Medikamentenanamnese, Routinelabordiag− nostik zum Ausschluss eines Diabetes mellitus, einer Pa− raproteinämie und schwerwiegender innerer Erkrankung und Beratung über die mutmaßliche Harmlosigkeit der Störung. Liquordiagnostik. Überweisung zu einem Rheumatologen.

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B C

D

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Welche Aussage zu Indikation und Nutzen der Nerven− biopsie ist falsch? Bei Verdacht auf eine vaskulitische Polyneuropathie soll immer eine kombinierte Nerven− und Muskelbiopsie durchgeführt werden. Die Nervenbiopsie ist eine keineswegs komplikationsarme Prozedur, die zu anhaltenden Beschwerden führen kann. Eine Nervenbiopsie ist bei geringfügigen Beschwerden und fehlender Progredienz der Erkrankung in der Regel nicht indiziert. Hauptindikation zur Durchführung einer Nervenbiopsie ist der anhaltende Verdacht auf eine entzündliche Poly− neuropathie, wenn der Nachweis auch nach Ausschöpfung aller nicht invasiven diagnostischen Methoden nicht ge− lungen ist. Bei einer chronischen, sensibel betonten längenabhängi− gen Polyneuropathie mit Nachweis einer IgM−Paraprotei− nämie und Antikörpern gegen myelinassoziiertes Glyko− protein ist eine Nervenbiopsie zum Beweis einer Immun− neuropathie immer indiziert, um eine entsprechende Therapie zu ermöglichen.

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A

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Angaben zur Person Name, Vorname, Titel: Straße, Hausnr.: Anschrift:

PLZ | Ort:

n

privat

n

dienstlich

EFN−Nummer: Ich bin Mitglied der Ärztekammer (bitte Namen der Kammer eintragen): Jahr meiner Approbation: Ich befinde mich in der Weiterbildung zum: Ich habe eine abgeschlossene Weiterbildung in (bitte Fach eintragen):

B

Assistenzarzt

n

Oberarzt

n

Chefarzt

n

niedergelassener Arzt

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Sonstiges:

Lernerfolgskontrolle

Bitte nur eine Antwort pro Frage ankreuzen

C

n

1 n A n B n C n D n E n 2 n A n B n C n D n E n 3 n A n B n C n D n E n 4 n A n B n C n D n E n 5 n A n B n C n D n E n

6 n A n B n C n D n E n 7 n A n B n C n D n E n 8 n A n B n C n D n E n 9 n A n B n C n D n E n 10 n A n B n C n D n E n

Erklärung Ich versichere, dass ich die Beantwortung der Fragen selbst und ohne Hilfe durchgeführt habe Ort | Datum:

D

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E

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bestanden und 3 CME−Punkte erworben. nicht bestanden Stuttgart, den

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Kiefer R. Rationale Diagnostik der Polyneuropathie ¼ Akt Neurol 2009; 36: 33±48

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Ich bin tätig als:

Fort− und Weiterbildung

F

Fragen zur Zertifizierung

Eine Antwort pro Frage. Bitte unbedingt ausfüllen bzw. ankreuzen, da die Evaluation sonst unvollständig ist!

Didaktisch−methodische Evaluation

1

n n 2

n n n 3

n n n n 4

Das Fortbildungsthema kommt in meiner ärztlichen Tätigkeit häufig vor regelmäßig vor

noch offene Einzelprobleme: keine Strategie

Hinsichtlich des Fortbildungsthemas fühle ich mich nach dem Studium des Beitrags in meiner Strategie bestätigt habe ich meine Strategie verändert: habe ich erstmals eine einheitliche Strategie erarbeitet habe ich keine einheitliche Strategie erarbeiten können

Wurden aus der Sicht Ihrer täglichen Praxis heraus wichtige Aspekte des Themas

überbewertet?

6

n n 7

n n n 8

> n

Einsendeschluss 15.2.2010

gar nicht vor

eine feste Gesamtstrategie

zu knapp behandelt?

n n

selten vor

Zum Fortbildungsthema habe ich

nicht erwähnt?

5

n n

n n n

ja, welche ja, welche ja, welche

n n n

nein nein nein

Verständlichkeit des Beitrags Der Beitrag ist nur für Spezialisten verständlich Der Beitrag ist auch für Nicht−Spezialisten verständlich

Beantwortung der Fragen Die Fragen lassen sich aus dem Studium des Beitrages allein beantworten Die Fragen lassen sich nur unter Zuhilfenahme zusätzlicher Literatur beantworten

Die Aussagen des Beitrages benötigen eine ausführlichere Darstellung zusätzlicher Daten von Befunden bildgebender Verfahren die Darstellung ist ausreichend

Wie viel Zeit haben Sie für das Lesen des Beitrages und die Bearbeitung des Quiz benötigt?

Bitte senden Sie den vollständigen Antwortbogen zusammen mit einem an Sie selbst adressierten und ausreichend frankierten Rückumschlag an den Georg Thieme Verlag KG, Stichwort ¹CME“, Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart

Kiefer R. Rationale Diagnostik der Polyneuropathie ¼ Akt Neurol 2009; 36: 33±48

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