Der Rhythmus der Innovation

Der Rhythmus der Innovation Roland Geschwill Der Rhythmus der Innovation Was Manager und Unternehmen von Jazzern und anderen Künstlern lernen könne...
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Der Rhythmus der Innovation

Roland Geschwill

Der Rhythmus der Innovation Was Manager und Unternehmen von Jazzern und anderen Künstlern lernen können

Roland Geschwill Denkwerkstatt für Manager Mannheim, Deutschland

ISBN 978-3-658-08455-4 DOI 10.1007/978-3-658-08456-1

ISBN 978-3-658-08456-1 (eBook)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Springer Fachmedien Wiesbaden ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)

Vorwort

Steve Jobs war der Auffassung, dass man, wenn man ein Buch schreibt, das Buch gleich neu erfinden sollte. Das ist in diesem Buchprojekt nicht gänzlich gelungen. Aber ein paar neue Ideen, wie man ein Buch schreiben kann, sind dabei herausgekommen. „Der Rhythmus der Innovation“ erzählt über Biografisches von den Beatles, LaBrassBanda, Miles Davis und von den Krisen großer Künstler. „Der Rhythmus der Innovation“ verdichtet Konzepte wie Organisationen innovativ verändert werden können. „Der Rhythmus der Innovation“ stellt Geschichten des Experimentierens in Unternehmen in den Vordergrund, in denen Manager von Künstlern gelernt haben. Sie finden darunter u. a. Kurioses über Steve Jobs, Willy Brandt oder Christian Dior. „Der Rhythmus der Innovation“ birgt viele Überraschungen zum kreativen Weiterdenken. „Der Rhythmus der Innovation“ erzählt, warum Künstler und Manager heute so erfolgreich kooperieren. Fokussiert ist, was Unternehmen tun, um Innovation und Kreativität durch Mitarbeiter und Manager zu fördern. Final werden Wege aufgezeigt, wie Sie Ihre Organisation auf Innovation trimmen und besonders, was Sie selbst tun können, Ihren Managementjob durch Anleihen aus der Kunst zu verbessern (Big Five). Lassen Sie sich überraschen und seien Sie vor allem bereit, sich von vielen Kreativitätsmythen zu verabschieden! V

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Vorwort

Die Geschichte des Klebezettels Dem Chorsänger Art Fry glitten beim Singen immer wieder die Lesezeichen aus dem Gesangbuch. Einmal fiel ihm dabei das Projekt des schlecht haftenden Klebstoffs ein, an dem er mit seinem Kollegen Spencer Silver Ende der 1960er-Jahre mit wenig Erfolg gearbeitet hatte. Damit war die Idee des Post-it geboren, und beide erhielten Budget und Freiräume für seine Entwicklung. Seit 1974 vermarktet 3M nun bereits die gelben Klebezettel. So wurde aus einem eigentlich gescheiterten Projekt doch noch ein Unternehmenserfolg.

Erzählt nach Nils Wogram (2009)

Die Entstehungsgeschichte dieses Werkes Für dieses Werk wurde in einem ersten Versuch zunächst ein klassisches Buch mit ca. 300 Seiten geschrieben. Dafür war zwei Jahre geforscht worden. Mehrere Manager und Künstler haben dieses erste Buch gelesen: Die Bewertungen reichten von „inhaltlich großartig“ bis „wird nie ein Manager lesen, ist zu komplex“. Letzteres wollten wir vermeiden. In einem zweiten Entwurf wurden die Texte verdichtet und die Idee der unterschiedlichen linken und rechten Seiten entwickelt: links einzelne Geschichten und Texte und rechts ein eigener Fließtext. Von diesem Prototyp wurden 500 Exemplare an Manager und Künstler versandt. Das Buch war für diese Ausgabe noch einmal überarbeitet und verdichtet worden. Die Rückmeldungen zum ersten Buch waren sehr ermutigend gewesen. Inzwischen arbeitet die Denkwerkstatt als der konzeptionelle Top-Anbieter an der Schnittstelle von Kunst und Management für Unternehmen. Dies ist eine inspirierende Ergänzung unserer Beratungsaufgaben.

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Die Entstehungsgeschichte dieses Werkes

Reaktionen auf die Prototyp-Ausgabe Sehr geehrter Herr Geschwill, ich wollte mich schon längst bei Ihnen für das Buch, das Sie mir zugeschickt haben, ganz herzlich bedanken! Einzelne Geschichten habe ich bereits gelesen, und die Geschichte mit dem Post-it war mir von meiner Ausbildung her bekannt. Sehr interessant und spannend! Daniela Aeberhard, BKW Energie AG, Bern/Schweiz

Lieber Roland, lese in Deinem „Gesangbuch“. Es hat einen guten Rhythmus. Herzlichst, Ines Geipel, Schriftstellerin, Berlin

Sehr geehrter Herr Dr. Geschwill, herzlichen Dank für das Buch . . . Gerne werde ich versuchen, den Künstler in mir zu entdecken, obwohl meine Mitarbeiter sicher schon heute der Meinung sind, dass ich unser Management bereits jetzt teilweise zum Kopfstehen bringe. Die Tipps aus Ihrem Buch ermöglichen es mir bestimmt, neue und kreative Impulse und Ideen umzusetzen. Dr. Klaus-Michael Dengler, GEWOFAG, Holding GmbH, München

„Der Rhythmus der Innovation“ oder: was Manager von Künstlern lernen können In Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft gibt es zahllose Erfolgsgeschichten wie jene von Art Fry und seinem gelben Klebezettel. Heureka . . . ich habe es gefunden, rief um 250 v. Chr. der griechische Mathematiker Archimedes, nachdem er in der Badewanne das Prinzip des Auftriebs der Hydrostatik entdeckt hatte. Der Nobelpreisträger Werner Heisenberg fand seine Formel H, mit der er die Quantenphysik revolutionierte, während eines Inselurlaubs.

Das Post-it veränderte das Innovationsmanagement bei 3 M. Heute gilt dort: Um neue Produkte erfinden zu können, brauchen Mitarbeiter maximale Freiheit des Denkens. Für Unternehmen war und ist es überlebenswichtig, dass sie neue Ideen entwickeln. Bereits Joseph Schumpeter formulierte vor 100 Jahren DIE zentrale Herausforderung für Unternehmen: permanent neue Ideen entwickeln (kreativ sein) und aus guten Ideen neue Produkte schaffen (innovativ sein). Altes unterliegt demnach der kreativen Zerstörung. Dies gilt sowohl für Produkte als auch für Organisationen und Prozessroutinen. Seit Beginn der Industrialisierung suchen Organisationen nach Modellen, um die innovativen und kreativen Kräfte von Mitarbeitern und Managern zu mobilisieren.

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„Der Rhythmus der Innovation“ oder: was Manager von Künstlern lernen können

Wie lange dauert ein Heureka? Der plötzliche Einfall, das Heureka, das Es-ist-mir-wieSchuppen-von-den-Augen-gefallen, dauert genau vier Sekunden, und es ist häufig der Durchbruch in einem kreativen Prozess.

Erstmals gemessen von dem Nobelpreisträger Ilya Prigogine

„Der Rhythmus der Innovation“ oder: was Manager von Künstlern lernen können

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Mit der Globalisierung scheint eine neue Runde des Wettlaufs um Innovationen begonnen zu haben. Barack Obama formulierte am Abend seiner Wiederwahl 2012 als wichtigstes wirtschaftspolitisches Ziel: Die USA müssen ihre Innovationsführerschaft in der Welt festigen. Innovationsführer wie Apple, BMW und Unternehmer wie Steve Jobs haben zu Beginn des 21. Jahrhunderts aufgezeigt, welche Bedeutung Innovation für Prosperität hat. Alle wollen heute kreativ und innovativ sein. Wollen zumindest verbal Apple nacheifern. Unternehmen suchen mit Bypassen in den Organisationen wie Design Thinking, Agiles Management, Scrum, FedEX 24 ihre Mitarbeiter auf Kreativität zu trimmen Die Branchen Elektronik, Gesundheit, Technologieindustrie, Software, Pharmazie und Chemie forschen intensiv. Circa 1.000.000.000.000 Euro investieren Regierungen, Universitäten und Unternehmen jährlich in Forschung und Entwicklung. 40 Prozent der deutschen Unternehmen rechneten 2014 mit einem Anstieg der Innovationstätigkeit im eigenen Land. Zehn Prozent der zukünftigen Umsätze sollen demnach jährlich mit Produktneuheiten erzielt werden. Risikokapitalgeber suchen nach den unternehmerischen Leuchttürmen von morgen. Regierungen beschäftigen ganze Stäbe von Innovationsberatern und loben Innovationspreise für Unternehmen und den Nachwuchs aus. Beratungsunternehmen ermitteln ihre Favoriten in eigens ausgelobten Innovations-Indizes (BCG, BDI, Deutsche Telekom Stiftung, Fraunhofer-Institut u. a.). War besonders Kreativität als Attribut für erfolgreiches Management in die Jahre gekommen, steht es plötzlich wieder im Mittelpunkt fast aller Homepages von Unternehmen.

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„Der Rhythmus der Innovation“ oder: was Manager von Künstlern lernen können

Die Geschichte von Guan Tongxian Im Herbst 1992 gründete der 59-jährige Guan Tongxian die Shanghai Port Machinery Company, kurz ZPMC. Als Geschäftsmodell war der Bau von Containerkränen für Hafenanlagen vorgesehen. Die Branche wurde zu jener Zeit von amerikanischen, japanischen und europäischen Anbietern wie Liebherr und Demag dominiert. ZPMC war neu auf dem Markt und schaute zunächst viel von den Großen der Branche ab. Doch das änderte sich rasch.

2007 erreichte ZPMC einen Marktanteil von 75 Prozent. Das Unternehmen erwirtschaftete Überschüsse, die deutlich über dem Marktniveau lagen. So hatte ZPMC nach 15 Jahren die Innovationsführerschaft erzielt, u. a. durch einen Kran, der drei Containerschiffe gleichzeitig ausladen konnte – eine Sensation im Jahre 2006. Die etablierten Industrieunternehmen staunten. Erstmals war es einem asiatischen Technologieunternehmen gelungen, die weltweite Marktführerschaft in einem B-to-B-Markt zu übernehmen. Guan Tongxian schied 2010 aus dem Unternehmen aus. Erzählt nach Olaf Plötner (2012)

„Der Rhythmus der Innovation“ oder: was Manager von Künstlern lernen können XIII

Wer seinen Kunden keine Produktneuheiten zu bieten hat, sieht sich Preisverfall und schlussendlich härterem, oft existenzbedrohendem Wettbewerb ausgesetzt. Soweit ist das nichts Neues! Aber wie schafft man Innovationen? Picasso meinte dazu: „Ich suche nicht, ich finde!“ Nach Innovationen suchen viele: Unternehmer, Länder, Kommunen, Wissenschaftler, aber auch Mäzene. Und sie gehen häufig sehr ungewöhnliche Wege: So versuchen einige, Kunst und Unternehmertum zusammenzubringen, um innovative Durchbrüche zu ermöglichen. Doch gelingt es ihnen auch? Zahlreiche Unternehmen investieren heute in Kunst. In vielen Kantinen und Fluren hängen Bilder großer und weniger großer Meister. Für die Mitarbeiter sind sie mittlerweile fast selbstverständlich. Kunstwerke gehören heute zum modernen Büro wie der Bürostuhl und der Schreibtisch. Die großen Zeiten der Auseinandersetzung mit den Provokationen der Kunst, wie es sie bei Siemens und Würth in den 1990er-Jahren gab, sind passé. Kunst vermittelt heute nicht mehr notwendigerweise neue Sichtweisen. Kunst als bloße Dekoration? Innovativ ist das nicht!

XIV „Der Rhythmus der Innovation“ oder: was Manager von Künstlern lernen können

Pablo Picasso beim Malen zuschauen Ein Film aus dem Jahr 1955 zeigt Picasso bei der Arbeit.

Dabei wird der Maler von Regisseur Clouzot unter Druck gesetzt und muss ein Bild in drei Minuten erstellen. Der Zuschauer kann sehen, wie er immer wieder Teile, die der Laie für gelungen hält, in kurzer Zeit übermalt (zerstört) und dabei qualitativ etwas noch Besseres entsteht. Insgesamt 20 Werke gestaltet Picasso so vor der Kamera.

„Der Rhythmus der Innovation“ oder: was Manager von Künstlern lernen können XV

BASF investiert außerhalb des Unternehmens in Künstlerprojekte, Ausstellungen, Konzerte und vieles mehr. Das ist großartig für die Kulturentwicklung der Metropolregion Rhein-Neckar. Das Arbeiten in Mannheim/Ludwigshafen soll so für Talente attraktiver werden. Die Auseinandersetzung mit Kunst ist bei dem Chemie-Unternehmen ein seit langer Zeit gepflegtes Mitarbeiterbindungsinstrument. REWE kündigt derzeit an, in seinen Lebensmittelmärkten Vernissagen lokaler Künstler durchzuführen. Kunstausstellungen sollen zum Kundenbindungsinstrument werden. Ist das schon alles? Oder können Unternehmen mehr tun? Können bildende Kunst, Architektur, Musik, Film direkt für Innovationsprozesse, in Forschungs- und Entwicklungsprojekten und insbesondere in Managementqualifizierungen einen wertvollen Beitrag leisten? Was können Unternehmen, was können Manager von künstlerischer Kreativität lernen? Diese Frage hat uns interessiert. Gelten doch Kunst und Wirtschaft per se als inkompatibel. Die Denkwerkstatt hat zwei Jahre lang zu diesem Thema geforscht und fasst die ersten Ergebnisse in diesem Auswahlband als echtes kreatives Management zusammen. Von einigen Ergebnissen waren wir selbst überrascht.

XVI „Der Rhythmus der Innovation“ oder: was Manager von Künstlern lernen können

„Probleme sind auf dem Kopf stehende Ziele.“ Anthony Robbins Wassily Kandinsky bemerkte als Maler sehr früh, dass seine erstklassige Ausbildung an der Münchner Akademie der Bildenden Künste ihm lediglich die handwerkliche Voraussetzung dafür bot, künstlerisch einen Durchbruch zu wagen, der die Malerei des 20. Jahrhunderts entscheidend verändern würde. Der entscheidende Moment im Leben dieses Künstlers war, als er in seinem Atelier Bilder auf dem Kopf stehend angeordnet sah (180°). Seine nachfolgenden Bilder waren dann nur noch Farben in einer gewissen Ordnung, jedoch ohne Form. Er hatte nach diesem Perspektivwechsel beschlossen, nicht mehr gegenständlich, sondern nur noch abstrakt zu malen.

Durch das auf den Kopf gestellte Bild durchbrach Kandinsky den Mythos der gegenständlichen Malerei mit dem Ausruf: „Ich wusste jetzt genau, dass der Gegenstand meinen Bildern schadet.“ Erzählt nach Hermann Scherer (2013)

Einleitung: Das Buch zusammengefasst für Leser mit wenig Zeit Die Gesellschaft, die Wirtschaft, die Politik, die Wissenschaft und die Kunst müssen lernen, neu zu kooperieren, und die Bilder der Trennung von Kunst und Wirtschaft des 20. Jahrhunderts überwinden. Die Passung von Kunst und Wirtschaft war und ist nie einfach. Kunst und Wirtschaft passen prinzipiell nicht zusammen, doch genau das macht ihre Kooperation so produktiv, wenn sie gelingt. Wer tatsächlich Innovation will als langfristige Basis von wirtschaftlichem Erfolg, der wird die Kooperation von Kunst und Wirtschaft als echtes kreatives Denken in seinem Unternehmen zukünftig neu gestalten. Joseph Schumpeter formulierte vor 100 Jahren die Kernaufgabe von Unternehmen, die erfolgreich am Markt sein wollen, so: Permanent neue Ideen für den Markt entwickeln (kreativ sein) und aus guten Ideen Produkte schaffen (innovativ sein). Altes unterliegt der kreativen Zerstörung. Das gilt sowohl für Produkte als auch für Organisationen, besonders zu Beginn des 21. Jahrhunderts, in dem bahnbrechende disruptive Innovationen unwahrscheinlich sind. So suchen Verantwortliche in Organisationen zurzeit nach Wegen, wie die innovativen, veränderungsbereiten und kreativen Kräfte in Unternehmen für sich langsam entwickelnde, inkrementelle oder evolutionäre Innovationen mobilisiert werden können.

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Einleitung: Das Buch zusammengefasst für Leser mit wenig Zeit

Möglichkeitssinne schärfen „Die Kunst weist darauf hin, dass der Spielraum des Möglichen nicht ausgeschöpft ist, und sie erzeugt deshalb eine befreiende Distanz zur Realität.“

Niklas Luhmann, „Die Gesellschaft der Gesellschaft“ Die Auszubildenden der DM-Drogerie-Märkte inszenieren jährlich in 90 Workshops mit 170 Künstlern an unterschiedlichen Orten in Deutschland Theater, Musik und Tanz. Dafür werden regional Kunstorte angemietet sowie Künstler und Themen ausgewählt. Die Künstler sind Schauspieler, Tänzer, Kulturpädagogen und Musiker. Sie inszenieren mit den Jugendlichen jeweils zu zweit in Tandems. Jeder Künstler kann maximal an zwei Workshops teilnehmen. Jede Inszenierung wird evaluiert. Die Auszubildenden laden ihre Verwandten und Freunde in die Theater ein. Dadurch entsteht ein Dialog über die Bedeutung künstlerischer Kompetenz im Arbeitsleben. Diese Veranstaltungen sind jährlich eine der größten Kooperationen zwischen Kunst und Management hierzulande. Die Inszenierungen sind Teil und Höhepunkt der Berufsausbildung der 16- bis 23-Jährigen.

Einleitung: Das Buch zusammengefasst für Leser mit wenig Zeit

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Wer heute im Management arbeitet, benötigt Kreativität und Innovationsfähigkeit. Manager müssen in der Lage sein, mit unübersichtlichen Situationen umzugehen, für Überraschendes Lösungen zu finden und Widersprüche zu überbrücken. Das Methodenspektrum des Managers muss über quantitatives Messen hinausgehen. Damit er erfolgreich arbeiten kann, sind vor allem Experimente, Improvisation und Freiräume wichtig. Echtes kreatives Denken verfügt über ein breites Methodenspektrum aus bildender Kunst, Architektur, Literatur, Musik und Theater. Auf dieses Methodenspektrum gilt es für Manager zuzugreifen. Auf das Erstarren der Methodenauswahl in den Wissenschaften wies der Wissenschaftstheoretiker Paul Feyerabend in den 1970er-Jahren hin. Er empfahl „anything goes“. Die Wissenschaften sollten Anleihen beim Dadaismus nehmen, jenem extrem verspielten Stil jenseits aller Rationalität, der selbst etablierten Künstlern in den 1920erJahren suspekt erschien. Nur so ließe sich die methodische Erstarrung für die Generierung von Wissen überwinden. Modern lässt sich das auf die Forderung zuspitzen, Künstler und Kreative in Unternehmen und Universitäten zu etablieren. Innovationen brauchen ein Umfeld von freiem und unkonventionellem Denken jenseits von Strukturen, Abläufen und Routinen, so wie es beim Schaffen von Kunst in Bildern, Installationen, Design, Musik, Performances, Theater und Literatur gelebt wird.

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Einleitung: Das Buch zusammengefasst für Leser mit wenig Zeit

Eine kurze Geschichte des iPod Im November 2001, als Steve Jobs den ersten iPod präsentierte, hatten Compaq, Creative und Sony bereits tragbare Musikabspielgeräte im Angebot, die digitale Songs speichern konnten. Der Rechner war mit 500 US-Dollar teuer und konnte nur in Verbindung mit Apple-Computern genutzt werden. Bis 2003 wurde Apple wegen des iPod eher belächelt, dann jedoch setzte der typische Apple-Evolutionsprozess ein. Im Jahr 2003 erhielt das Produkt ein Click-Wheel, das die Bedienung einfacher und den iPod im Design einzigartig machte. Gleichzeitig wurde die Musikszene mobilisiert. Für Musiker war es schick, iTunes bei Apple zu haben. So wurden innerhalb von nur sechs Tagen nach Eröffnung der ersten Apple Stores im Jahr 2003 eine Million, und im ersten Jahr insgesamt 70 Millionen Musiktitel verkauft. Heute werden pro Minute 24.000 Musiktitel abgesetzt. Seit dem Start am 28. April 2003 hat Apple in zehn Jahren mehr als 25 Milliarden Musiktitel verkauft. Dabei handelte es sich bei den iTunes um ein kreatives Nebenprodukt und nichts weiter als eine Verkaufsunterstützung für den iPod. Aktuell kontrolliert Apple zwei Drittel des Internethandels mit Musik, der wiederum ein Drittel des gesamten Musikmarktes ausmacht. Und aus einem mobilen Musik-Abspielgerät wurde ein extrem begehrtes Kult(ur)objekt.

Einleitung: Das Buch zusammengefasst für Leser mit wenig Zeit

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Planbarkeit – die Unternehmen im euro-amerikanischen Kulturkreis so stark gemacht hat – wird durch Improvisation wenn nicht abgelöst, so doch ergänzt. Der erfolgreiche Manager des 21. Jahrhunderts muss improvisieren und damit umgehen lernen, dass weniger planbar ist. Künstler improvisieren. Der Manager ist Künstler. Für Joseph Schumpeter, auch für Peter Drucker oder Henry Mintzberg, ist Management eine Kunst. Die Wurzeln des Managements liegen in der Kunst. Der Begriff „Manager“ wurde am Ausgang des 20. Jahrhunderts erstmals für die Leiter von Varieté-Theatern genutzt. Wer heute Verantwortung für Unternehmen hat, weiß, dass Stabilität nicht der Normalzustand und Veränderungen nicht mehr die Ausnahmen sind. Geschäftsmodelle wurden in den vergangenen Jahren durch neue Technologien pulverisiert. Wer in wenigen Jahren nicht über ein implizites, individuelles Wissen verfügt, wird kurz danach in der Wissenswelt nicht mehr gebraucht werden. Peter Druckers Idee, dass der alte Kapitalismus überwunden wird, wird sich schneller verwirklichen, als viele dachten. Kunst und Managementpraxis werden in fortschrittlichen Organisationen und innovativen Unternehmen bereits miteinander verbunden – in Form einer Kopplung. Kopplungen beziehen sich aufeinander und irritieren sich gegenseitig. Dadurch entstehen neue Sichtweisen, wenn auch noch kein neues Wissen. Sie sind jedoch häufig die Initialzündung, um neues Wissen zu generieren. Es wird Zeit, sich mit der Kunst im Management – verdichtet als echtes kreatives Denken – zu befassen. Es wird Zeit, von Künstlern zu lernen.

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Einleitung: Das Buch zusammengefasst für Leser mit wenig Zeit

Gerhard Richter beim Malen zuschauen Gerhard Richter kann man in einem Film von Corinna Belz aus dem Jahr 2011 bei der Arbeit zusehen.

Richter malt, aber vor allem reflektiert er über Kunst:  „Kunst heißt permanenter Stilwechsel, heißt immer wieder sein Produkt neu erfinden.“  „Malen ist eine andere Form des Denkens.“  „Ich finde Bilder schlecht, die ich begreifen kann.“  „Menschen sollen sich in Vernissagen nicht wohl fühlen.“ Viel Stoff zum kreativen Nachdenken

Einleitung: Das Buch zusammengefasst für Leser mit wenig Zeit

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Das Potenzial, das in den Kopplungen zwischen Kunst und Wirtschaft schlummert, kann noch deutlich besser genutzt werden. Künstlerische Kreativität funktioniert allerdings vielfach völlig anders als erwartet. Echte Kreativität ist harte Arbeit und ohne Rückschläge nicht zu haben. Organisierte Kreativität in Unternehmen hat eine jahrzehntelange Geschichte, die Manager und Künstler kennen sollten. Beide Gedankenstränge verfolgen wir in eigenen Kapiteln. In Deutschland sind in der Privatwirtschaft und in öffentlichen Unternehmen ca. 4.000.000 Führungskräfte als Manager tätig. In den Branchen Musikwirtschaft, Buchmarkt, Kunstmarkt, Filmwirtschaft, Rundfunkwirtschaft, Markt für darstellende Künste, Designwirtschaft, Architekturmarkt, Pressemarkt, Werbemarkt sowie Software-/Games-Industrie arbeiten ca. 1.000.000 Kreative. Diese Vielfalt von Managern und Kreativen mit dem Ziel der Innovationsförderung zusammenzubringen, ist die Idee des echten kreativen Denkens. Echtes kreatives Denken wird in Unternehmen zukünftig bei der Qualifikation von Managern, in der innovativen Forschung und Entwicklung, im Arbeitsumfeld von Mitarbeitern und besonders bei Events und Meetings genutzt werden. Besonders interessant sind die „Big Five“ als Kompetenzmodell für innovative Manager, die in Kap. 10 beschrieben werden. Dort steht das Lernprogramm, das sich aus den neuen Kooperationen ergibt. Vielfältige, bereits existierende gelungene Kooperationen von Kunst und Management werden am Ende des Buches skizziert.

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Einleitung: Das Buch zusammengefasst für Leser mit wenig Zeit

Jazz musicians can teach surgeons how to improvise „By inviting musicians to put on a gown and gloves and take part in an operation that’s as close to the real thing as we can get it, we’ve started exploring the connections between different ways of knowing and doing. And already that’s making me see things differently.

In a collaboration with jazz pianist Liam Noble, for instance, we’ve looked at the idea of improvisation. The ability to improvise is highly valued by jazz artists but few patients would like to think of their surgeon improvising on them. But being able to put together skills in new combinations in response to the unexpected is crucial. Although ,resourcefulness‘ would be a more acceptable term for surgeons. Again it’s a question of language. Working with musicians has already made me think in unexpected ways. By looking deeply at what we think we know, perhaps we can find ways of doing it better – and this goes for surgeons too.“ Roger Kneebone Professor of Surgical Education at Imperial College London

Inhaltsverzeichnis

1

Die Bilder des 20. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . .

2

Vom Ende der Planbarkeit oder: Die neuen Bilder des 21. Jahrhunderts Projektmanagement . . . . . . . . . . . . . Unternehmensstrategie . . . . . . . . . . . IT-Prozessorganisation . . . . . . . . . . . Zeitmanagement . . . . . . . . . . . . . . . Die Zukunftsforscher sagen, der Industriekapitalismus sei tot . . .

. . . . .

7 9 11 13 17

...........

19

3

Kunst ist alles, was durchkommt, und die Folgen . . . .

25

4

Kunst und Management werden neu kooperieren Wer sind eigentlich die Kreativen? . . . . . . . . . . . Die absoluten Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die prozentualen Anteilswerte . . . . . . . . . . . . . . Der Beitrag zur Wertschöpfung der Kulturund Kreativwirtschaft in Deutschland . . . . . . .

. . . .

31 37 43 43

....

47

Kunst kommt von Können oder: Die Irrtümer des kreativen Managements . . . . . . . . . Zu den Irrtümern der Kreativität . . . . . . . . . . . . . . . . . Was heißt das? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kreativität hat folgende grundlegende psychische Facetten

49 49 51 53

5

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. . . . .

1

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XXV

XXVI

Inhaltsverzeichnis

Was Manager von Künstlern über Kreativität und Innovation lernen können . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 6

Kreativität in Unternehmen hat Geschichte . . . . . . . .

7

Über Regentänze – kreatives Denken braucht Freiheit . 105

8

Stinktierprojekte – und wirklich innovative Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

9

Echtes kreatives Denken in Aktion . . . . . . . . . . . . . . 180°-Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mentales Training und kreative/innovative Managemententwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angewandtes Forschen und echtes kreatives Management in Forschungs- und Entwicklungsteams . . . . . . . . . Kreative Arbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kreative Meetings und Events . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die innovative Großgruppen Konferenz (IGK) . . . . . . . . Kooperation mit Künstlern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10 Ich – der Manager als Künstler – was es Die „Big Five“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neurotizismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Extraversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Offenheit für Erfahrungen . . . . . . . . . . . Verträglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewissenhaftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . .

zu lernen ....... ....... ....... ....... ....... .......

87

141 145 147 155 161 167 171 181

gilt: . . 191 . . 193 . . 197 . . 199 . . 203 . . 207

Nachwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Bibliographie: Gelungene Kooperationen zwischen Kreativen und Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223