Der Landschaftstempel von Bad Urach

Der Landschaftstempel von Bad Urach www.meditative-naturerfahrung.de: Newsletter 22, Juli 2013 Die Landschaft um den Runden Berg bei Bad Urach weist ...
Author: Jürgen Neumann
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Der Landschaftstempel von Bad Urach www.meditative-naturerfahrung.de: Newsletter 22, Juli 2013

Die Landschaft um den Runden Berg bei Bad Urach weist einige Besonderheiten auf. Hier finden wir ein schönes Beispiel für einen sogenannten Landschaftstempel. Menschen früherer Kulturen fanden ihr Weltbild und ihre Mythologie verkörpert in heiligen Bäumen, Steinen, Quellen, Bergen und ganzen Landschaftsformationen. Angefangen von der Steinzeit über die Weltbilder der Germanen und Kelten gilt dies vor allem für die Naturreligionen, aber auch für die großen Weltreligionen. Landschaftstempel sind natürlich entstandene Landschaftsformationen, die sozusagen eine Offenbarung der „kosmischen Ordnung“ und mythischer Inhalte der jeweiligen Religion und Kultur darstellen und deshalb wahrscheinlich auch für kultische Zwecke genutzt wurden. Südwestlich von Bad Urach, rund um den „Runden Berg“ finden wir einen solchen Landschaftstempel. Er umfasst das gesamte Gebiet vom Hohenuracher Burgberg über den Uracher Wasserfall den Brühlbach, das Schießtal, den Runden Berg, das Maisental und die Gütersteiner Wasserfälle.

© Barbara Newerla, Hegelstraße 38, 72108 Rottenburg, www.wildundfrei.net

Wenn man von Metzingen kommend Bad Urach erreicht, fallen einem sofort die beiden markanten Hügel des „Runden Berg“ und des „Hohenurach“ mit seiner Burgruine auf und ziehen einen magisch an. Und auch die Flusstäler zu beiden Seiten des Runden Bergs scheinen wie in eine andere Welt zu führen. Auf der einen Seite die Stadt, der Verkehr, der Lärm. Auf der anderen Seite eine stille, grüne Welt wie aus einer anderen Zeit, die mich immer ein wenig an das Auenland der Hobbits aus dem Herrn der Ringe erinnerte.

Der Runde Berg Der Runde Berg bei Bad Urach ragt etwa 250 m über das Tal und ist über einen schmalen Sattel mit der Albhochfläche verbunden. Auf dem kleinen Plateau befanden sich mehrere vor- und frühgeschichtliche Höhensiedlungen. Es gibt Funde aus der frühen Bronzezeit, der Hallstatt- und Latènezeit (Kelten). Bald nach der römischen Besatzungszeit ließen sich die Alemannen dort nieder. Im 4.-5. Jahrhundert residierte dort ein alemannischer Kleinkönig. Später hat es weitere Burgen und Adelssitze dort gegeben, bis er im 11.Jahrhundert dann endgültig verlassen wurde.

Die Burg Hohenurach Die Burg entstand in der Zeit zwischen 1030 und 1050, wahrscheinlich nachdem der Runde Berg als Standort aufgegeben worden war. Bauherren waren die Grafen von Urach. Nach der Teilung Württembergs 1442 baute Graf Ludwig von Württemberg, Urach zur Residenz seines Landesteils aus. 1482 verlegte der Sohn Ludwigs, Graf Eberhard V., die Residenz des vereinigten Landes wieder zurück nach Stuttgart. Der Hohenurach diente dann zum Teil als Wohnsitz für unliebsame Familienmitglieder der gräflichen Familie und auch als Gefängnis. 1694 wurden Teile der Burg durch einen Blitzschlag zerstört. 1761 gab man die Festung auf.

Was macht nun den Landschaftstempel am Runden Berg aus? Der Runde Berg liegt als runder Bergkegel in einem Seitental der Erms im „Delta“ zweier Bacharme, die jeweils von einem Wasserfall am Talschluß zur Albhochfläche gespeist werden. Beide Arme umfließen den Runden Berg und vereinigen sich dann im Brühlbach. Im Sinne einer mythischen, „heiligen“ Landschaft wird der Runde Berg damit zum Symbol der Erdgöttin und Urmutter. Er ist ihr schwangerer Bauch, das Delta der beiden Bäche ihr fruchtbarer Schoß. Diese uralte Symbolik reicht bis in die Steinzeit zurück und ist als Archetyp tief in unserem Unterbewusstsein verankert. Daneben steht der männliche Heros in Form des Hohenurach als Wächter und Beschützer. In dieser mythischen Landschaft treffen männliches und weibliches Prinzip, Yin und Yang zusammen und ergänzen sich.

Die Landschaft erleben Um die Qualitäten der Natur und Landschaft um den Runden Berg zu erleben, sollte man sich, wenn möglich, zwei Tage Zeit nehmen. Eine erste Tour führt vom Parkplatz an der Gaststätte zur Burgruine Hohenurach (ca. 200 Höhenmeter) und von dort auf halber Höhe bis zum oberen Ende des Uracher Wasserfalls. Dort steigt man neben dem Wasserfall ab bis zum Talgrund und wandert am Brühlbach entlang zurück zum Parkplatz. Das sind ca. 6 km. Mit Pausen zum Schauen und Spüren ist man etwa 3 © Barbara Newerla, Hegelstraße 38, 72108 Rottenburg, www.wildundfrei.net

Stunden unterwegs. Eine zweite, etwa ähnlich lange Tour führt über die Gütersteiner Wasserfälle und den Runden Berg und wird im 2. Teil dieses Artikels beschrieben.

Hohenurach Anders, als viele andere Burgen, ist der Hohenurach ein angenehmer Ort. Man hat einen wunderbaren Ausblick und vor allem der Blick auf den Runden Berg und in die verwunschenen Täler zu seinen Seiten ist zauberhaft. Im Gegensatz zu vielen anderen Plätzen auf Bergen, die oft eine starke Luftqualität haben, erlebt man auf der Ruine Hohenurach die Kraft der Sonne und die Elementequalität des Feuers. Durch den Untergrund aus Kalk ist es aber ein sehr gemäßigtes Feuer, eher sanft und entspannt. Hier kann man sich auf eine angenehme Weise energetisieren und aufladen. Über den Bergrücken bis zur Burg führt eine Drachenlinie, die die Qualität Wachstum und Lebenskraft mitbringt. Im Burghof wachsen an dieser Stelle zwei wunderschöne große Linden. Sie harmonisieren die aufsteigende Kraft und verteilen sie in der Horizontalen. An einem zweiten Platz im Burghof steht eine große Esche. Hier steigt die Energie stärker auf und bildet eine senkrechte Achse. So finden wir auch hier an diesem Ort, wie in einem Hologramm wieder beide Aspekte: das männliche und das weibliche Prinzip. Der Hohenurach könnte als Yang-Pol zu den weiblichen Qualitäten des Runden Bergs ein Sonnenkultplatz gewesen sein. Dafür spricht, dass er erst in jüngerer Zeit (ab dem 11.Jhdt.) bebaut war, nachdem die Siedlungen auf dem Runden Berg aufgegeben wurden und das Christentum bereits lange festen Fuß gefasst hatte. Vom Runden Berg aus, geht zudem die Sonne zur Sommersonnwende hinter dem Hohenurach auf.

Der Uracher Wasserfall Auf dem Weg zum Wasserfall fällt das Energieniveau erst einmal stark ab und man spürt wieder besonders die kraftabziehenden Qualitäten des Kalkgesteins. Doch am Wasserfall angekommen eröffnen sich ganz neue Qualitäten. Hier kann man die sanfte und doch starke Qualität des Wassers erleben. Es wirkt hier aufbauend und regenerierend, gleichzeitig harmonisierend und ausgleichend. Der Wasserfall stürzt fast 40 m in die Tiefe bevor er weitere 50 m in unzähligen kleinen Rinnsalen über bemooste Terrassen aus abgelagertem Kalk sprudelt und letztendlich in den Brühlbach mündet. Eine geheimnisvoll zauberhafte Atmosphäre, eine Feenwelt. In jedem Tropfen scheint ein fröhlich verspieltes Wasserwesen zu wohnen. Generell finde ich Kalkgestein eher anstrengend, aber hier gewinne ich meine Energie und meine Kräfte zurück. Auch im weiteren Verlauf des Brühlbachs, neben dem man zum Parkplatz zurückwandert bleibt die zauberhafte Atmosphäre erhalten. Obwohl hier vor allem an Wochenenden viele Menschen unterwegs sind, der Weg breit und kinderwagengeeignet, ist für mich der Weg von und zum Uracher Wasserfall immer wieder ein besonderes Erlebnis. Trotz des „Tourismus“ hat sich das Tal eine ganz eigene Atmosphäre und Natürlichkeit bewahrt. Kultur- und Naturlandschaft gehen hier eine harmonische Verbindung ein, bezaubern die Menschen, schenken ihnen ein wenig Glück und Frieden. Zurück am Parkplatz fühle ich mich ausgesprochen wohl. Ausgeglichen, ausbalanciert, Himmel und Erde, Yin und Yang im Einklang. …Denn alle durchwandert hab ich die Welten, Neun Reiche bereist ich bis Nifelheim nieder… © Barbara Newerla, Hegelstraße 38, 72108 Rottenburg, www.wildundfrei.net

Eine weitere beeindruckende Wanderung beginnt ebenfalls am Parkplatz an der Gaststätte. Sie führt zu den Gütersteiner Wasserfällen und über den Runden Berg zurück zum Ausgangspunkt.

Gütersteiner Wasserfälle Diesmal folgt man also den Schildern zu den Gütersteiner Wasserfällen in das zweite Seitental des Brühlbachs und vorbei an einer Außenstelle des Haupt- und Landgestüts Marbach im ehemaligen Klosterhof der Kartause Güterstein. Kurz darauf beginnt der Aufstieg am Ende des Tals und man erhascht den Blick auf einen ersten Wasserfall. Von hier aus zieht sich die Wasserfälle über insgesamt 110 Höhenmeter und mehrere Stufen in die Höhe. Zwischendurch bahnt sich das Wasser in vielen kleinen Rinnsalen über moosbewachsene Kalkterassen seinen Weg ins Tal. Es hat viel geregnet die Tage zuvor, aber heute scheint die Sonne, zaubert die unterschiedlichsten Schattierungen von Grün aufs Moos, bringt die unzähligen kleinen Wasserkaskaden zum Funkeln wie tausend Diamanten. Fast unwirklich schön ist das, eine Märchenwelt. Man bemerkt den steilen Aufstieg kaum, denn immer neue Perspektiven öffnen sich und man kann sich kaum sattsehen an diesem Naturwunder. Die Kalkablagerungen haben eine vorspringende Felsnase gebildet über die das Wasser hinabstürzt. Balanciert man über den umgestürzten Baum, der hier quer über dem Wasserlauf liegt, sieht man erst, dass es dahinter noch weiter geht und es eröffnet sich der Blick auf die nächste Stufe. © Barbara Newerla, Hegelstraße 38, 72108 Rottenburg, www.wildundfrei.net

Darüber ein angelegtes Becken, in das ein weiterer Wasserfall über Felsgestein stürzt. Einheimische erzählen begeistert von der besonderen Stimmung an diesem Ort, frühmorgens wenn die ersten Sonnenstrahlen das Becken treffen. Hier befand sich ein im frühen 13. Jhdt. gegründetes Zisterzienserkloster von dem heute jedoch nichts mehr zu sehen ist. Es wurde während der Reformation aufgelöst und die Gebäude abgetragen. Während der Zeit der Teilung Württembergs 1441/1442, war Güterstein die Grablege der Grafen von Württemberg. Diese wurden nach Verfall des Klosters in die Stiftskirche Tübingen verlegt.

Der Runde Berg Oberhalb der Gütersteiner Wasserfälle zieht sich der Weg am Hang entlang Richtung Runder Berg. Dieser ist durch einen schmalen Grat mit der Albhochfläche verbunden. Plötzich fällt das Gehen schwer, als hätte man Blei an den Füssen. Hier muss eine energetische Schwelle sein, die es Eindringlingen schwer machen sollte auf das kleine Plateau zu gelangen. Kurz darauf hat man es geschafft und tritt aus dem Wald heraus auf eine kleine Lichtung. Einige Tafeln berichten von den archäologischen Ausgrabungen, die hier durchgeführt wurden. An dieser Stelle befanden sich mehrere vor- und frühgeschichtliche Höhensiedlungen. Es gibt Funde aus der frühen Bronzezeit, der Hallstatt- und Latènezeit (Kelten). Bald nach der römischen Besatzungszeit ließen sich die Alemannen dort nieder. Im 4.-5. Jahrhundert residierte hier ein alemannischer Kleinkönig. Später hat es weitere Burgen und Adelssitze dort gegeben, bis der Runde Berg im 11.Jahrhundert endgültig verlassen wurde. Der Ort ist friedlich und abgeschieden. Die Bäume rund um die Lichtung wachsen hoch, so dass man keinen Ausblick hat. Man fühlt sich geschützt und kann Wurzeln schlagen. Will sagen: wenn die Zeit nicht drängt, kann man hier schon einmal die Zeit vergessen… Eindeutig ein Yin-Platz, ein Mondort. Tanz auf dem Bauch der Großen Mutter. Ein Freund berichtete von seltsamen Begebenheiten beim Aufstieg auf den Berg in einer Vollmondnacht vor 30 Jahren. Kleine Wesen trieben ihren Schabernack mit ihm, führten ihn in die Irre und brachten ihn zum Stolpern. Er kam letztendlich etwas zerschunden oben an, aber so schnell hat er das Abenteuer nicht vergessen. Ich stelle mir vor, dass die Kuppe vor ca. 3000 Jahren noch nicht bewaldet war und auch als die Menschen hier bereits siedelten, der Wald gerodet war, und man den Hohenurach und die umliegenden Höhen von hier aus sehen konnte. Möglicherweise beobachtete man von hier aus die Feuer und kultischen Handlungen zur Sommersonnwende und anderen Festen, die auf dem Hohenurach zelebriert wurden. Dieser liegt von hier aus gesehen genau in Richtung des Sonnenaufgangs zur Sommersonnwende und des Vollmondaufgangs zur Zeit der Wintersonnwende. Vom Runden Berg führt ein sehr steiler, manchmal kaum sichtbarer Pfad hinunter ins Schießtal und von dort zurück zum Parkplatz. Im Winter und bei Regen beziehungsweise nach starken Regenfällen ist er allerdings nicht zu empfehlen.

© Barbara Newerla, Hegelstraße 38, 72108 Rottenburg, www.wildundfrei.net