4. Liebhaberei in der Land- und Forstwirtschaft

4 4. Liebhaberei in der Land- und Forstwirtschaft Übersicht 1. 2. 3. 4. 5. 6. Das Rechtsinstitut der Liebhaberei .......................................
Author: Greta Weiner
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4 4. Liebhaberei in der Land- und Forstwirtschaft Übersicht 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Das Rechtsinstitut der Liebhaberei ............................................ Liebhaberei bei landwirtschaftlichen Betrieben .......................... Liebhaberei bei Pferdezucht und -haltung im Besonderen .......... Forstwirtschaftliche Besonderheiten bei der Liebhaberei ............ Liebhaberei und beschränkte Steuerpflicht ................................. Verwaltungsverfahrensrechtliche und prozessuale Aspekte der Liebhaberei ..............................................................................

Rz. 1–4 5–27a 28–30 31–38 39, 40 41–45

Literatur: Groh, Gewinnerzielungsabsicht und Mitunternehmerschaft, DB 84, 2424; von Schönberg, Wiedereinrichtung und Liebhaberei in der Land- und Forstwirtschaft, FR 92, 246; Weber-Grellet, Liebhaberei im Ertragsteuerrecht, DStR 98, 873; Bolin-Butke, Abgrenzung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zur Liebhaberei, INF 00, 70; Fischer, Gewinnerzielungsabsicht bei Pferdezucht, FR 00, 624; Kanzler, Liebhaberei bei landwirtschaftlichem Generationenbetrieb, FR 00, 1366; ders., Von Steckenpferden und ihren Reitern – Einige Gedanken zur Liebhaberei, DStZ 05, 766; ders., Totalgewinnprognose bei einem landwirtschaftlichen Pachtbetrieb, FR 08, 981; Forchhammer, Der entgeltliche und unentgeltliche Erwerb eines Waldes im Einkommensteuerrecht, DStR 15, 977; grundlegende Arbeiten aus jüngerer Zeit ferner: Falkner, Die Einkünfteerzielungsabsicht als subjektives Besteuerungsmerkmal (Diss.), 2009; Urban, Die Einkünfteerzielungsabsicht in der Systematik des Einkommensteuergesetzes (Diss.), 2010.

1. Das Rechtsinstitut der Liebhaberei Liebhaberei als Tätigkeit ohne Einkunftserzielungsabsicht: Eine steuer- 1 lich relevante Tätigkeit setzt die Absicht des Stpfl. voraus, positive Einkünfte zu erzielen. Es ist ausreichend, wenn dies Nebenzweck ist. Diese sog. Einkünfteerzielungsabsicht (bei den Gewinneinkünften und § 13 EStG im Besonderen: Gewinnerzielungsabsicht) ist ein unverzichtbares Merkmal der Steuerbarkeit. § 15 Abs. 2 EStG bestimmt dies für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ausdrücklich, enthält insoweit aber nur eine Selbstverständlichkeit, die für alle Einkunftsarten und daher auch für § 13 EStG gilt (statt vieler BFH v. 11.10.07 IV R 15/05, BStBl. II 08, 465, 466). Die Einkünfteerzielungsabsicht scheidet damit die einkommensteuerrechtlich relevante Sphäre von der nichtsteuerbaren (privaten) Sphäre. Ist eine Tätigkeit mangels Gewinnerzielungsabsicht der privaten Lebensführung zuzuordnen, spricht man von sog. Liebhaberei. Der Begriff ist in den Steuergesetzen nicht bestimmt. Er ist durch die Rechtsprechung des BFH entwickelt und konkretisiert worden (grundlegend BFH v. 25.6.84 GrS 4/82, BStBl. II 84, 751). Ob sein Handeln dem Erwerb oder der privaten Lebensführung dient, entscheidet grundsätzlich der Betroffene. Unter Gewinnerzielungsabsicht versteht man gemeinhin das Bestreben, das Betriebsvermögen zu mehren und auf Dauer einen Totalgewinn zu erzielen (BFH v. 25.6.84 GrS 4/82, BStBl. II 84, 751, 766). Es muss ein positives Ergebnis zwischen Betriebsgründung und Betriebsbeendigung angestrebt werden, und zwar aufgrund einer Betätigung, die über eine größere Zahl von Jahren gesehen, auf die Erzielung positiver Ergebnisse hin angelegt ist (BFH v. 11.10.07 IV R EL 29 Oktober 2015

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15/05, BStBl. II 08, 465, 466; v. 5.5.11 IV R 48/08, BStBl II 11, 792, 793). An der Gewinnerzielungsabsicht fehlt es, wenn die Gewinnprognose negativ ist und der Stpfl. die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt (BFH v. 5.5.11 IV R 48/ 08, BStBl II 11, 792, 793). Da es sich um ein subjektives Merkmal der Einkommensteuerbarkeit handelt, geht es in rechtspraktischer Hinsicht weniger um seine Konturierung, sondern vielmehr um ein Nachweisproblem. Als subjektives Merkmal kann die Gewinnerzielungsabsicht nicht unmittelbar festgestellt, sondern nur anhand äußerer Umstände beurteilt werden. Die Rspr. des BFH ist daher (heute) von einer weitgehenden Objektivierung gekennzeichnet: Erzielt der Stpfl. positive Einkünfte, kommt es auf die Gewinnerzielungsabsicht nicht an; erzielt er hingegen negative Einkünfte, ist entscheidend, ob die objektiven Umstände das Erzielen eines Gesamtgewinns ausgeschlossen erscheinen lassen (Rz. 6 ff.) und ob objektive Umstände einen Rückschluss auf private Handlungsmotive erlauben (Rz. 22 f.). 2 Die bewertungsrechtliche Würdigung wird von der einkommensteuerrechtlichen Abgrenzung des Erwerbs- vom Liebhabereibetrieb nicht berührt. So setzt der bewertungsrechtliche Begriff der LuF keine Erzeugung des Erwerbs wegen voraus (RFH v. 17.12.31, III A 825/31, RStBl 32, 329). Deshalb sind auch Betriebe, die ohne Gewinnerzielungsabsicht im ertragsteuerlichen Sinne – und damit ertragsteuerlich unbeachtlich – betrieben werden, luf. Betriebe iSd. Bewertungsrechts (BFH v. 18.12.85 II B 35/85, BStBl II 86, 282; FG D’dorf v. 24.7.14 11 K 4587/12, EFG 14, 1766, 1767). Auch das Umsatzsteuerrecht pflegt einen vom Ertragsteuerrecht abweichenden Umgang mit der Gewinnerzielungsabsicht. Dort bestimmt § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG, dass das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht der Unternehmereigenschaft nicht entgegensteht; entscheidend ist, dass eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen angenommen werden kann (BFH v. 12.2.09 V R 61/06, BStBl. II 09, 828 für den [berechtigten] Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit einer ohne Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Pferdezucht, s. auch noch Kap. 64 Rz. 143). 3 Abgrenzung zu § 15b EStG und § 2b EStG (a. F.): § 15b EStG enthält ein Verlustausgleichs- und -abzugsverbot im Zusammenhang mit sog. Steuerstundungsmodellen. Zuvor hatte bereits § 2b EStG, der durch den in seinen Voraussetzungen aber auch Rechtsfolgen strengeren § 15b EStG im Jahr 2005 ersetzt worden ist, den Ausgleich von negativen Einkünften aus der Beteiligung an Verlustzuweisungsgesellschaften u. ä. Modellen beschränkt. Beide Vorschriften (§ 15b EStG und § 2b EStG) regeln bzw. regelten einen Teilausschnitt aus der Gesamtproblematik negativer Einkünfte. Sie können sich indes nicht mit der Liebhabereiproblematik überschneiden. Denn ihr Anwendungsbereich beginnt erst dort, wo mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt wird. Fehlt es also bereits an einer Einkünfteerzielungsabsicht und damit an steuerbaren Einkünften, kommen § 15b und § 2b EStG, die nur eine Verlustverrechnungsbeschränkung vorsehen, nicht zur Anwendung (Blümich/Heuermann § 15b EStG Rz. 14). 4 Verfassungsmäßigkeit: Die vom BFH entwickelten Grundsätze zu der gesetzlich nicht ausdrücklich geregelten Abgrenzung zwischen Erwerbs- und Liebhabereitätigkeit hat das BVerfG bestätigt (BVerfG v. 28.10.86, 1 BvR 325/86, BeckRS 1986, 05 909 [explizit zu § 13 EStG] sowie BVerfG v. 18.11.86 1 BvR 330/86, HFR 88, 34). Es hat ausdrücklich den Wandel der höchstrichterlichen 2

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Rspr. vom objektiven zum überwiegend subjektiven Beurteilungsmaßstab nicht beanstandet.

2. Liebhaberei bei landwirtschaftlichen Betrieben Die Gewinnerzielungsabsicht als Streben nach einem Totalgewinn: Ge- 5 winnerzielungsabsicht liegt vor, wenn eine Mehrung des Betriebsvermögens in Gestalt eines Totalgewinns als Gesamtergebnis des Betriebs von der Gründung bis zur Beendigung durch Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation angestrebt wird (dazu noch Rz. 7). Verluste, zB in der Anlaufphase, müssen durch spätere Gewinne ausgeglichen und darüber hinaus ein weiterer Gewinn erwirtschaftet werden. Ob der Stpfl. mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt hat, lässt sich als innere Tatsache nicht anhand seiner Erklärungen, sondern nur auf Grund äußerer Umstände feststellen. Die über mehrere VZ erfolgte Erwirtschaftung von Verlusten ist regelmäßig der Anlass dafür, warum die Gewinnerzielungsabsicht in den Fokus der Prüfung gerät. Dieser Umstand allein ist jedoch kein ausreichender (objektiver) Umstand, der eine Verneinung der Gewinnerzielungsabsicht trägt. Auch bei längeren Verlustperioden müssen daher weitere Beweisanzeichen die Feststellung zulassen, dass der Stpfl. die Verlust bringende Tätigkeit aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt. Neben persönlichen Gründen, wie Erholung und Freizeitgestaltung, zählen hierzu auch alle einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motive. Hierzu gehört auch die Minderung der Steuerbelastung durch Verrechnung von Verlusten mit anderen positiven Einkünften (Rz. 22 f.). Bestimmte objektive Umstände können den grundsätzlich für eine Gewinner- 6 zielungsabsicht sprechenden Anscheinsbeweis entkräften (vgl. BFH v. 25.6.84 GrS 4/82, BStBl. II 84, 751, 767). Die Rspr. betrachtet dabei als (vorrangiges) objektives Beweisanzeichen vor allem die Struktur und Führung des konkreten Betriebes und geht dabei der Frage nach, ob der Betrieb bei objektiver Betrachtung nach seiner Art, der Gestaltung der Betriebsführung und den gegebenen Ertragsaussichten einen „Totalgewinn“ in dem beschriebenen Umfang erwarten lässt (eingehend Rz. 7 ff.). Die objektive Gewinnerzielungsmöglichkeit (nicht bloß: theoretische Gewinnchance [vgl. BFH v. 19.7.90 IV R 82/89, BStBl. II 91, 333, 335]) dient also für einen Rückschluss auf die subjektive Gewinnerzielungsabsicht. Ist danach bei objektiver Betrachtung ein positives Ergebnis nicht zu erwarten, kann der Stpfl. gleichwohl nachweisen, dass er die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet habe, zunächst angefallene Verluste im Laufe der weiteren Entwicklung des Betriebs durch Gewinne ausgleichen und insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielen zu können (Rz. 14, 17). Gelingt ihm dieser Nachweis nicht, so stellt sich die Frage, ob die objektive Ungeeignetheit zur Totalgewinnerzielung und deren Erkennen für sich betrachtet bereits ausreichen, um die Gewinnerzielungsabsicht zu verneinen. In einigen Entscheidungen verfährt der BFH in diesem Sinne. Gerade in jüngeren Urteilen wird allerdings noch zusätzlich verlangt, dass – ebenfalls anhand objektiver Umstände – noch die privaten Handlungsmotive des Stpfl. festgestellt werden (eingehend Rz. 22 f.). Objektive Totalgewinnprognose: Für den konkreten Betrieb (Wesensart, 7 Struktur) unter Beachtung der konkreten Betriebsführung muss die Frage beantwortet werden, ob bei objektiver Betrachtung ein Totalgewinn zu erwarten ist. EL 29 Oktober 2015

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Der Beschluss des Großen Senats (BFH v. 25.6.84 GrS 4/82, BStBl. II 84, 751) bezeichnet den Totalgewinn als Gesamtergebnis des Betriebs von der Gründung bis zur Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation. Er setzt sich daher zusammen aus den in der Vergangenheit erzielten und künftig zu erwartenden laufenden Gewinnen/Verlusten und dem sich bei Betriebsbeendigung voraussichtlich ergebenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn/-verlust. Letzteres bedeutet, dass in den maßgeblichen Totalgewinn auch stille Reserven einzubeziehen sind, so dass Liebhaberei erst mit deren rechnerischer Aufzehrung angenommen werden kann. Solange vorhandene stille Reserven laufende Verluste abdecken, stellt sich mithin die Frage fehlender Gewinnerzielungsabsicht regelmäßig nicht, weil vom Stpfl. durch Aufgabe, Veräußerung oder Liquidierung ein Totalgewinn erzielt werden kann (BFH v. 25.6.84, GrS 4/82, BStBl. II 84, 751; v. 4.6.09 IV B 69/08, BFH/ NV 09, 1644, 1646). Gegebenenfalls muss für Zwecke der Totalgewinnprognose ein fiktiver Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn/-verlust geschätzt werden (BFH v. 17.6.98 XI R 64/97, BStBl. II 98, 727; v. 11.10.07 IV R 15/05, BStBl. II 08, 465, 467). Einbezogen werden dürfen allerdings nur solche stillen Reserven, deren Aufdeckung auch steuerbar und steuerpflichtig ist (BFH v. 25.11.04 IV R 8/03, BFH/NV 05, 854, 856, dort: keine Berücksichtigung der stillen Reserven, die auf die Wohnung entfallen, nachdem diese steuerfrei PV geworden war); s. aber auch noch Rz. 12. 8 Auf Grund dieser Definition bedarf es der Prüfung folgender Prognosekriterien: – Prognosezeitraum – betriebsbezogene Prognose – Betriebsinhaber bezogene Prognose – maßgebliche Umstände des Einzelfalls. Da die Gewinnerzielungsabsicht als innere Tatsache nur anhand objektiver Umstände nachgeprüft werden kann (Rz. 1), steht anlässlich der Prüfung der Totalgewinneignung weniger der aktuelle Betriebsinhaber im Vordergrund als vielmehr dessen nach außen erkennbares Tun oder Unterlassen bezüglich des Betriebs bzw. die objektivierbaren Bedingtheiten des Betriebes, die aus diesem Tun oder Unterlassen hervorgegangen sind. Die Totalgewinnprognose ist langfristig und in die Zukunft gerichtet, aber auch unter Berücksichtigung der bisherigen Entwicklung zu treffen (BFH v. 25.6.84 GrS 4/82, BStBl. II 84, 751, 767), und zwar regelmäßig aus der Sicht des maßgeblichen VZ. In den Prognosezeitraum sind bei vergleichbar gebliebenen Verhältnissen demnach auch vergangene Zeiträume einzubeziehen, jedenfalls dann, wenn sie eine Aussage in die Zukunft zulassen (BFH v. 7.8.91 X R 10/88, BFH/NV 92, 108, 110). 9 Prognosezeitraum: Der Begriff des Totalgewinns wird im Beschluss des Großen Senats (BFH v. 25.6.84 GrS 4/82, BStBl. II 84, 751, 766) als Gesamtergebnis des Betriebs von der Gründung bis zur Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation beschrieben. Gleichwohl ist (jedenfalls) im Ausgangspunkt keine betriebsbezogene (objektbezogene) Betrachtung vorzunehmen. Vielmehr ist der Prognosezeitraum grundsätzlich subjekt- und einzelfallbezogen zu bestimmen; in der Regel ist auf die Tätigkeit des betroffenen Stpfl. abzustellen und zwar bezogen auf die Gesamtdauer seiner (!) Betätigung. Bei landwirtschaftlicher Nutzung kann regelmäßig ein Prognosezeitraum im Umfang einer gewöhnlichen durchschnittlichen Betriebsinhaberschaft als üblich zugrunde gelegt werden, zB ein Zeitraum von 40 Jahren. Die 4

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Rspr. nimmt bei luf. Haupterwerbsbetrieben – also keine Anwendung bei Nebenerwerbsbetrieben; hier gilt immer eine subjektbezogene Betrachtung (BFH v. 30.8.07 IV R 12/05, BFH/NV 08, 759, 761 f.) – zum Teil aber auch eine objektbezogene Totalgewinnprognose vor; dies bedeutet vor allem eine generationsübergreifende Betrachtung. Diese Ausnahme erklärt sich durch die Besonderheiten des jeweiligen Betriebszweigs, aber auch dadurch, dass dem sozio-ökonomischen Realbefund der Hofübergabe Rechnung getragen wird. So hat die Rspr. die Einbeziehung der landwirtschaftlichen Betätigung des Rechtsnachfolgers in den Beurteilungszeitraum der Totalgewinnperiode beispielsweise für den Fall erwogen, dass der Stpfl. in seinem defizitären Betrieb Investitionen oder sonstige Umstrukturierungsmaßnahmen tätigt, die erst bei seinem Rechtsnachfolger zu einem nachhaltigen Abbau der Verluste führen. Gleiches gilt bei nachhaltig wirtschaftenden forstwirtschaftlichen Betrieben. Auch dort soll – nach bisheriger Rspr. – die lange Umtriebszeit zwischen Aufforstung und Ernte von oft mehr als 100 Jahren ebenfalls Berücksichtigung finden (dazu noch Rz. 31 f.). Letztlich stellt die Rspr. eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an: Es geht darum, die Fälle sachgerecht zu lösen, in denen bereits der aktuell zu beurteilende Stpfl. die wirtschaftliche Grundlage des späteren Erfolgs in Form von positiven Einkünften bei seinem unentgeltlichen, den identischen Betrieb fortführenden Rechtsnachfolger gelegt hat (BFH v. 11.10.07 IV R 15/05, BStBl. II 08, 465, 467). Mit dem Wechsel in der Betriebsinhaberschaft beginnt daher in der Regel kein neuer Prognosezeitraum (BFH v. 24.8.00 IV R 46/99, BStBl. II 00, 674, 675). Der BFH betont indes, dass diese generationenübergreifende Betrachtung nicht im Sinne eines zeitlich unbefristeten, weil mehrere Generationen umfassenden Beurteilungszeitraum (miss)verstanden werden darf (BFH v. 11.10.07 IV R 15/05, BStBl. II 08, 465, 467). Bezugspunkt bleibt vielmehr der einzelne Stpfl. mit seinem Betrieb. Dementsprechend wurde zB bei einem Pachtbetrieb der Totalgewinnzeitpunkt auf die Dauer des Pachtverhältnisses beschränkt und dies ungeachtet der Frage, ob die Verpachtung lediglich die Vorstufe zu einer später geplanten unentgeltlichen Hofübertragung darstellen soll: Die Annahme einer Generationen übergreifenden Totalgewinnperiode setze eben auch die Identität der Betriebe des Rechtsvorgängers und des Rechtsnachfolgers voraus, was beim Wechsel eines Pacht- zu einem Eigentumsbetrieb nicht der Fall sei (BFH v. 11.10.07 IV R 15/05, BStBl. II 08, 465, 468 mit zust. Anm. Kanzler FR 08, 981); s. zu diesem Problem im Kontext der Forstwirtschaft auch noch Rz. 32. Wirtschaftlichkeitsaspekte: Auch wenn letztlich der steuerliche Gewinn 10 maßgeblich ist und nicht ein betriebswirtschaftlich (theoretischer) Gewinn (Rz. 12 f.), so umfasst die Gewinnprognose stets auch typisch kaufmännische Wirtschaftlichkeitsüberlegungen. So bedarf es in der Regel einer Mindestbewirtschaftsfläche oder einer Mindestanzahl von Tieren, um so viele Erlöse zu genieren, dass nicht nur die mit der Größe steigenden variablen Kosten gedeckt werden, sondern gerade auch die davon unabhängigen Fixkosten. In diesem Kontext ist die unter Rz. 11 dargestellte 3000-qm-(Vereinfachungs-)Grenze zu sehen. Gegebenenfalls bedarf es einer bestimmten Tierbestandsgröße auch gerade deshalb, weil typischerweise Fehlschläge ausgeglichen werden müssen (s. noch zur Pferdezucht im Besonderen Rz. 28). Wird ein Betrieb überwiegend fremdfinanziert erworben, müssen die Zinsen erwirtschaftbar sein (s. auch Rz. 35). Kann der Stpfl. den Betrieb nicht selbst bewirtschaften, sind entsprechende Lohnkosten für einen VerwalEL 29 Oktober 2015

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ter zu berücksichtigen (BFH v. 21.1.99 IV R 27/97, BStBl. II 99, 638, 645). Ferner müssen die spezifischen Anforderungen und auch Risiken des jeweiligen Urprodukts (vgl. BFH v. 19.1.89 IV R 62/88, BFH/NV 89, 775: Anbau von Kiwis unter den klimatischen Bedingungen in Deutschland) und die Art der Bewirtschaftung (konventionell, ökologisch) gewürdigt werden. Auch die Lage der Grundstücke (zusammenhängend oder weit verstreut) muss berücksichtigt werden; ggfs. muss nämlich ein höherer Arbeits- und Kostenaufwand eingestellt werden. Maßgeblich für die Gewinnprognose ist stets, wie steuerlich gerechnet werden muss bzw. wie es ein Kaufmann tun würde (vgl. Rz. 12) und nicht wie es der konkrete Stpfl. tatsächlich tut. Es gilt daher das (bilanzsteuerrechtliche) Vollständigkeitsgebot. Die Gewinnprognose schließt daher insbesondere AfA für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, insbesondere für betrieblich genutzt Teile von Gebäuden mit ein. Zudem kann der Stpfl. auch nicht einzelne Aufwendungen „privat“ übernehmen, damit betrieblich ein Gewinn entsteht. Er kann also nicht durch das Weglassen einzelner Aufwandsposten einen Gewinn herbeirechnen. Siehe exemplarisch für die tatrichterliche Würdigung eines Betriebskonzepts FG Sachsen v. 25.1.12 8 K 1504/08, BeckRS 2012, 94 640 sowie FG Nds. v. 18.4.13 11 K 138/ 12, EFG 13, 1308. 11 Einfluss der Mindestgröße eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs auf die Gewinnerzielungsabsicht (sog. 3000-qm-Regelung): Die Betriebsgröße, insbesondere die vorhandene landwirtschaftlich genutzte Fläche, ist ggf. indirekt von Bedeutung, und zwar für die Frage, ob sie überhaupt eine Grundlage für einen Totalgewinn bietet. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung ist im allgemeinen davon auszugehen, dass einkommensteuerrechtlich kein landwirtschaftlicher Betrieb vorliegt, wenn die bewirtschaftete Grundstücksfläche insgesamt nicht größer als 3000 qm ist. Diese Vereinfachungsregelung wirkt allerdings nicht, wenn die Flächen intensiv genutzt werden, zB für Sonderkulturen, Gemüse, Blumen, Zierpflanzenbau, Weinbau uä. (BFH v. 5.5.11 IV R 48/08, BStBl. II 11, 792, 794). Dabei handelt es sich nicht um eine starre Grenze. Es soll damit lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass bei einer geringeren Fläche im Anwendungsbereich einer allgemeinen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung nicht von einer Erwerbstätigkeit auszugehen ist. Im Umkehrschluss bedeutet das aber nicht, dass bei Überschreiten der 3000-qm-Grenze stets ein landwirtschaftlicher Erwerbsbetrieb vorliegt. Diese Grenze soll lediglich (vereinfacht) Aufschluss darüber geben, ob ein Betrieb überhaupt Grundlage eines landwirtschaftlichen Erwerbsbetriebes sein kann (gl. Ansicht FG RhPf v. 17.6.15 1 K 2399/12, EFG 15, 1690). Damit ist die 3000-qm-Regelung eine widerlegbare Faustregel zur Abgrenzung des landwirtschaftlichen Erwerbsbetriebs von der Liebhaberei. 12 Einfluss der Gewinnermittlungsart auf die Totalgewinnprognose: Im Beschluss vom 25.6.84 weist der Große Senat bei der Definition des Begriffs Totalgewinn auf die Gewinnermittlungsvorschriften der §§ 4 Abs. 1 und 5 EStG hin (BFH v. 25.6.84 GrS 4/82, BStBl. II 84, 751, 766). Daraus leitet die überwiegende Ansicht ab, dass die steuerlich maßgebenden Gewinnermittlungsvorschriften bei der Abgrenzung Erwerbsbetrieb/Liebhaberei zu beachten sind. Maßgebend für die Bestimmung des Totalgewinns sei allein der steuerliche Gewinn (BFH v. 6.3.03 IV R 26/01, BStBl. II 03, 702, 703; v. 5.5.11 IV R 48/08, BStBl. II 11, 792, 793; HHR/Paul § 13 EStG Rz. 42; Weber-Grellet DStR 92, 561, 564; mit guten Gründen dagegen zB Urban, Die Einkünfteerzielungsabsicht in der Systema6

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tik des Einkommensteuergesetzes, 2010, S. 224, dort auch w. Nachw.). Zumindest sollten steuerfreie Betriebseinnahmen ebenso angesetzt werden wie die mit ihnen iSv. § 3c EStG zusammenhängenden Betriebsausgaben (aA HHR/Paul § 13 EStG Rz. 42). Sonderabschreibungen und andere steuerliche Subventions- und Lenkungsnormen wiederum sind nicht zu berücksichtigen, da anderenfalls ihr Zweck durch die Liebhabereiprüfung unterlaufen werden könnte (Blümich/Ratschow § 2 EStG Rz. 130). Auf die nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ermittelten Periodenergebnisse (handelsbilanzrechtliche Bestandsveränderung oder Cash-Flow-Rechnung) kommt es nicht an (vgl. BFH v. 6.3.03 IV R 26/01, BStBl. II 03, 702, 703). Dabei hat die Entscheidung, nach welchen Vorschriften der Gewinn eines Betriebs zu ermitteln ist, Vorrang gegenüber der Frage, ob der Betrieb mit Gewinnerzielungsabsicht unterhalten wird (BFH v. 17.3.10 IV R 60/ 07 BFH/NV 10, 1446). Der nach steuerlichen Grundsätzen ermittelte Gewinn soll auch dann der Total- 13 gewinnprognose zu Grunde zu legen sein, wenn er unter Verzicht auf die Ermittlung des tatsächlichen Gewinns bzw. Verlustes nach gesetzlich festgelegten durchschnittlichen Werten bemessen wird; hier setzt sich die (herrschende) Maßgeblichkeit des steuerlichen Gewinns konsequent fort (Rz. 12). Deshalb soll bei einer Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG auch dann von einer Gewinnerzielungsabsicht auszugehen sein, wenn zwar steuerlich Gewinne, tatsächlich aber nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten Verluste erwirtschaftet wurden (BFH v. 1.12.88 IV R 72/87, BStBl. II 89, 234 betr. Pferdezucht). Führte die Gewinnermittlung nach § 13a EStG a. F. atypischer Weise zu Verlusten, weil Einnahmen nicht in voller Höhe erfasst, Ausgaben (Schuldzinsen) jedoch in vollem Umfang zum Abzug zugelassen wurden, so soll ebenfalls der Durchschnittssatzgewinn der Totalgewinnprognose zu Grunde zu legen sein. Andauernde Verluste können dann auch bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen zur Annahme einer Liebhaberei führen (BFH v. 6.3.03 IV R 26/01, BStBl. II 03, 702). „Recht auf betriebswirtschaftlichen Irrtum“: Lässt bei objektiver Betrach- 14 tung ein luf. Betrieb nach der Art seiner Gestaltung, der Betriebsführung und der gegebenen Ertragsaussichten einen Totalgewinn nicht erwarten und ist dies für den Stpfl. auch erkennbar gewesen, rechtfertigt dies an sich den Schluss auf fehlende Gewinnerzielungsabsicht (BFH v. 15.5.97 IV B 74/96, BFH/NV 97, 668). Allerdings erkennt der BFH durchaus ein Recht auf betriebswirtschaftlichen Irrtum bzw. eine Fehlprognose an. Verluste sind daher anzuerkennen, wenn der Stpfl. nachweist, dass er die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet hat, dass die Verluste im Laufe der weiteren Entwicklung des Betriebes mit Gewinnen ausgeglichen werden, so dass insgesamt noch ein positives Ergebnis erzielt werden kann (BFH v. 13.12.90 IV R 1/89, BStBl. II 91, 452, 453). Dies betrifft insbesondere neugegründete oder erworbene Betriebe (zu den sog. Anfangsverlusten Rz. 17). Bei der Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht ist daher zu berücksichtigen, ob der Betrieb trotz anhaltender Verluste in stets gleicher Form weiterbetrieben wird oder ob innerbetriebliche Maßnahmen zur Ertragsverbesserung getroffen werden (BFH v. 21.1.93 XI R 19/92, BFH/NV 93, 475). Gegebenenfalls kann eine kaufmännisch vernünftige Entscheidung einzig und allein die Einstellung der Tätigkeit sein. Der Stpfl. muss daher unter Umständen (auch) darlegen, ob er den Verlustursachen nachgegangen ist und/oder warum er trotz anhaltender hoher EL 29 Oktober 2015

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Verluste grundlegende Maßnamen zur Herstellung der Rentabilität unterlassen hat und – wenn auch dies nicht möglich ist – den Betrieb nicht aufgegeben hat (BFH v. 24.8.00 IV R 46/99, BStBl. II 00, 674, 675). Kann er dies nicht erklären, so stellt die mangelnde oder nicht ausreichende Reaktion auf eine längere Verlustperiode ein Beweisanzeichen gegen die Gewinnerzielungsabsicht dar (BFH 17.11.04 X R 62/01, BStBl. II 05, 336; v. 27.11.08 IV R 17/06, BeckRS 2008, 25014875; v. 20.9.12 IV R 43/10, BFH/NV 13, 408, 409); zugleich erlaubt dies auch einen Rückschluss auf persönliche Motive, wie sie auf einer zweiten Stufe der Prüfung relevant werden (können) (Rz. 22 f.). 15 Nachfolge in einen Betrieb: Ein Erbgang oder eine unentgeltliche Betriebsübertragung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge bezüglich eines luf. Betriebs bringen in der Regel für sich gesehen keine Zäsur dergestalt, dass eine neue Prognose anzustellen ist (s. bereits Rz. 9). Der jeweilige Betriebsinhaber ist allerdings dafür verantwortlich, ob er auf Fehlentwicklungen reagiert oder den Betrieb ohne Eingreifen mit den bisherigen Maßgaben weiterführt (BFH v. 24.8.00 IV R 46/99, BStBl. II 00, 674, 675). 16 Totalgewinnprognose nach den Umständen des Einzelfalls: Für die notwendige Prognoseentscheidung bezüglich eines zu erwirtschaftenden Totalgewinns kommt es auf alle Umstände des Einzelfalls an (BFH v. 3.3.88 IV R 90/85, BFH/NV 89, 90, 91). Für die Prognose sind innere Gegebenheiten des Betriebs bedeutsam, zB Betriebsorganisation (Führung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen), Betriebsart, Lage und Erschließung der Nutzflächen, bei forstwirtschaftlichen Betrieben der Bestockungsgrad, Finanzierungsgrundlagen uä. Fehlmaßnahmen oder Schäden durch nicht vorhersehbare höhere Gewalt, die in der Totalgewinnermittlung erfasst werden, können diese derartig belasten, dass für den Prognosezeitraum ein Totalgewinn nicht mehr erzielbar ist. Die Totalgewinnprognose ist in aller Regel von solchen außergewöhnlichen Umständen zu bereinigen, da es darauf ankommt, dass der luf. Betrieb unter gewöhnlichen Bedingungen bestimmt und geeignet ist, einen Totalgewinn zu erzielen (s. auch noch zu Anlaufverlusten Rz. 17). 17 Schädliche und unschädliche Anlaufverluste: Ist nach Art des Betriebes, Qualifikation des Betriebsinhabers und den maßgeblichen Umständen des Falls die Gewinnerzielungsabsicht nicht von vornherein auszuschließen, ist dem Stpfl. stets ein angemessener Zeitraum (Anlaufphase) zuzubilligen, in dem er durch geeignete betriebswirtschaftliche und produktionstechnische Maßnahmen den Betrieb in eine langfristige Gewinnphase mit Aussicht auf Erzielung eines Totalgewinns führen kann oder aber bei Erfolglosigkeit der ernsthaften Versuche auf Erzielung eines positiven Gesamtergebnisses die Entscheidung trifft, den Betrieb einzustellen oder einer anderen Gewinn bringenden Nutzung zuzuführen (BFH v. 15.11.84 IV 139/81, BStBl. II 85, 205; v. 20.9.07 IV R 20/05, BFH/NV 08, 532, 536). Allerdings muss der Stpfl. dann auch reagieren. Insbesondere die Betriebsumstrukturierung kann je nach Einzelfall dann als Beweisanzeichen für die von Anfang an vorhandene Gewinnerzielungsabsicht des Stpfl. gewertet werden – vorausgesetzt, die Maßnahmen tragen zur Totalgewinneignung bei. Besteht die Reaktion in der Einstellung der Tätigkeit, dann ist die Rspr. hingegen zurückhaltender: „Nur soweit der Betrieb nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt worden und eine eindeutig negative Gewinnprognose in der Anlaufphase nicht möglich war, kann die Einstellung des landwirtschaftlichen Betriebes gegen Ende der Anlaufphase als ge8

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wichtiges Indiz für das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht der Kl. gewürdigt werden und die Anerkennung der erheblichen Anlaufverluste rechtfertigen“ (BFH v. 20.9.07 IV R 20/05, BFH/NV 08, 532, 538). Für die erforderliche, in die Zukunft gerichtete Beurteilung können nur die 18 Verhältnisse eines bereits abgelaufenen längeren Zeitraums wichtige Anhaltspunkte bieten (BFH v. 22.7.82 IV R 74/79, BStBl. II 83, 2, 3). Die Dauer der Anlaufphase ist regelmäßig abhängig von den strukturellen Verhältnissen des Betriebs. Sie ist jedoch so zu bemessen, dass eine ausreichende Grundlage für die Prognose gewährleistet ist. In diesem Zeitraum ist festzustellen, ob der Betrieb bei gleich bleibender Form der Bewirtschaftung geeignet ist, nachhaltig mit einem Totalgewinn zu wirtschaften (BFH v. 22.7.82 IV R 74/79, BStBl. II 83, 2, 3 f.). Unvorhergesehene Ereignisse während der Anlaufphase, zB Keulung des Viehbestandes auf Grund hoheitlicher Verfügung wegen Viehseuche, Missernte, zB infolge Hagelschaden, schwere Erkrankung des Betriebsinhabers uä., sind bei der Bemessung des Anlaufzeitraums angemessen zu berücksichtigen (BFH v. 31.8.93 I B 135/92, BFH/NV 94, 464). Auch bei einem Tierzuchtbetrieb kann sich eine durch die Zuchtbedingungen bestimmte längere Anlaufphase ergeben (vgl. FG Saarland v. 22.5.97 1 K 58/96, EFG 98, 92). Besonderheiten sind ferner möglich bei der Begründung eines luf. Betriebes in den neuen Bundesländern, weil zunächst intakte und betriebswirtschaftlich sinnvolle Betriebsstrukturen aufgebaut werden müssen. Nicht selten entstehen durch die vollständige Neueinrichtung der Betriebe und von der Norm abweichende Zinsbelastungen, Verluste, die nur längerfristig aufgefangen werden können. Tatsächliche Gewinnerzielung trotz objektiver Ungeeignetheit: Wird 19 ein luf. Betrieb in einer Weise bewirtschaftet, die auch bei Beachtung betriebswirtschaftlicher Grundsätze bereits vom Wesen der Tätigkeit her regelmäßig nicht zu einem Totalgewinn führt, kann die an sich gebotene Qualifizierung dieses Betriebes als Liebhabereibetrieb durch die tatsächliche Gewinnerzielung über einen längeren Zeitraum widerlegt werden. Je länger in einem solchen Fall die Gewinnphase dauert, desto weniger Gewicht wird Umständen beizumessen sein, die gegen eine Gewinnerzielungsabsicht sprechen (BFH v. 19.7.90, IV R 82/89, BStBl. II 91, 333, 335; v. 16.3.00 IV R 53/98, BFH/NV 00, 1090). Voraussetzung ist jedoch, dass auch bei längerer Gewinnphase durch die erzielten positiven Betriebsergebnisse die ggf. zu Beginn der Tätigkeit angefallenen Verluste ausgeglichen werden und damit ein Totalgewinn erzielbar wird (BFH v. 27.3.01 X B 60/00, BFH/ NV 01, 1381). Partielle Liebhaberei (sog. Segmentierung): Liegen verschiedene, wirt- 20 schaftlich eigenständige Betätigungen vor, ist die Gewinnerzielungsabsicht nicht einheitlich, sondern gesondert für die jeweilige Betätigung zu prüfen (sog. Segmentierung). Dies betrifft zum einen Tätigkeiten, die wegen ihrer Selbständigkeit ohnehin verschiedenen Einkunftsarten zuzurechnen sind. Zum anderen kann es zur Segmentierung aber auch innerhalb der Einkunftsart des § 13 EStG kommen: Sofern der Stpfl. mehrere Betriebe iSv. § 13 EStG unterhält bedarf es jeweils einer getrennten Würdigung der Gewinnerzielungsabsicht (BFH v. 20.9.07 IV R 20/ 05, BFH/NV 08, 532; HHR/Paul § 13 EStG Rz. 41). Aber auch innerhalb eines landwirtschaftlichen Betriebes kann es zu einer weiteren Segmentierung kommen (zur Jagd als Sonderfall noch Rz. 21). Die zur Liebhaberei entwickelten Grundsätze sind daher auch auf Teilbetriebe eines Gesamtbetriebes und auch auf abgrenzbaEL 29 Oktober 2015

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re Betriebsteile innerhalb eines Gesamtbetriebes anwendbar, auch wenn sie nicht Teilbetriebe iSd § 14 EStG sind (BFH v. 28.11.85 IV R 178/83, BStBl. II 86, 293, 295 f.; v. 13.12.90 IV R 1/89, BStBl. II 91, 452). Die gesonderte Beurteilung von Betriebszweigen rechtfertigt auch, Einzelbereiche, zB durch Vermietung genutzte Wohngebäude des BV, Kapitalanlagen des gewillkürten BV uä., für die Beurteilung zu isolieren. Voraussetzung für die getrennte Beurteilung einzelner Betriebszweige ist jedoch, dass sie mit einer hinlänglichen Selbständigkeit ausgestattet sind (BFH v. 28.3.84 IV R 45/81, BFH/NV 86, 213; v. 25.6.96 VIII R 28/94, BStBl. II 97, 202, 205). Zur Ausgliederung nicht geeignet sind Betriebszweige, die sich gegenseitig bedingen oder fördern. Denn es ist im Geschäftsleben durchaus üblich, gegebenenfalls auch verlustbringende Teile eines Unternehmens zu betreiben, wenn das Gesamtunternehmen dergestalt gefördert wird, dass es insgesamt ein positives Ergebnis erzielt (FG Köln v. 16.5.12 10 K 3587/11, EFG 12, 1622, 1623). Dies gilt zB für die Produktion von Rohstoffen zum Einsatz in eine Biogasanlage, die als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb zu qualifizieren ist. 21 Die Jagd ist nicht als Betriebszweig oder -teil gesondert zu beurteilen, wenn sie zum luf. Betrieb gehört (BFH v. 13.7.78 IV R 35/77, BStBl. II 79, 100). Das gilt insbesondere für die Jagd auf überwiegend selbst bewirtschafteten eigenen bzw. zugepachteten luf. Flächen und hier insbesondere im Rahmen eines Eigenjagdbezirkes (BFH v. 16.5.02 IV R 19/00, BStBl. II 02, 692). Die Jagd stellt innerhalb eines luf. Betriebes keinen abgrenzbaren Betriebsteil dar. Aus diesem Grunde kann sie selbst dann keine Liebhaberei sein, wenn dieser Teil des Betriebes für sich betrachtet auf Dauer mit negativen Einkünften arbeitet. Gerade hierin liegt die Funktion des § 13 Abs. 1 Nr. 3 EStG, der den Rechtsanwender nämlich von einer isolierten Würdigung der Steuerbarkeit eben jenes Ausschnitts der Lebenswirklichkeit entbindet. Die Jagd nimmt vielmehr über den betrieblichen Zusammenhang an der Steuerbarkeit der luf. Tätigkeit teil. Voraussetzung ist allerdings stets die dienende Funktion der Jagd gegenüber dem luf. Betrieb (eingehend Kap. 10). Dass eine solche Tätigkeit iSv. § 13 EStG und die Jagd zusammenfallen, ist nicht ausreichend. Dies wird besonders deutlich in den Fällen, in denen letztlich die Jagd das (private) Hauptanliegen des Stpfl. ist und (deshalb) ein Waldgrundstück defizitär betrieben wird (vgl. BFH v. 20.1.05 IV R 6/03, BFH/NV 05, 1511, 1514). 22 Feststellung privater Handlungsmotive als (zwingende [?]) Voraussetzung: Ist der Betrieb aufgrund seiner Struktur und der Betriebsführung durch den Stpfl. nach den vorgenannten Grundsätzen objektiv ungeeignet, einen Totalgewinn zu erzielen, und kann der Stpfl. nicht den Nachweis erbringen, dass er die objektive Ungeeignetheit zur Totalgewinnerzielung verkannt hat, so stellt sich die Frage, ob dies für sich betrachtet bereits ausreicht, um die Gewinnerzielungsabsicht zu verneinen. In einigen Entscheidungen verfährt der BFH in diesem Sinne: Kann der Stpfl. nicht den Nachweis erbringen, dass er die objektive Ungeeignetheit zur Totalgewinnerzielung verkannt hat, so folge daraus, dass er die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt habe (so explizit zB BFH v. 21.1.99 IV R 27/97, BStBl. II 99, 638, 645; v. 24.8.00 IV R 46/99, BStBl. II 00, 674, 675 f.). Der Frage, aus welchen konkreten persönlichen Gründen im Einzelfall der Betrieb vom Stpfl. unterhalten wird, sei dann keine Bedeutung (mehr) beizumessen (BFH v. 25.6.96 VIII R 28/94, BStBl. II 97, 202, 206; v. 4.12.97 VIII B 18/97, BFH/ NV 98, 859, 860; v. 30.12.02 IV B 168/01, BFH/NV 03, 896). In anderen (jünge10

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ren) Entscheidungen verlangt der BFH hingegen, dass unter Umständen – ebenfalls anhand objektiver Umstände – zusätzlich noch festgestellt werden muss, dass die verlustbringende Tätigkeit aus im Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt wird. Dies bedeutet letztlich einen „zweistufigen Liebhabereibegriff“ (Blümich/Ratschow § 2 EStG Rz. 125). So heißt es beispielsweise: „Allerdings kann aus der objektiv negativen Gewinnprognose nicht ohne weiteres gefolgert werden, dass der Stpfl. auch subjektiv keinen Totalgewinn erzielen wollte. Ein solcher – vom Stpfl. widerlegbarer – Schluss ist nur dann gerechtfertigt, wenn die verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen. Bei anderen Tätigkeiten […] müssen zusätzliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden“ (BFH v. 26.2.04 IV R 43/02, BStBl. II 04, 455, 456 f.; v. 20.9.12 IV R 43/10, BFH/NV 13, 408, 409); insbesondere bedarf es dann der Feststellung, welche (!) persönlichen Gründe oder Motive für die Aufnahme der landwirtschaftlichen Betätigung in Betracht gekommen sein können (BFH v. 30.8.07 IV R 12/05, BFH/ NV 08, 759, 762). Diese Rspr. suggeriert eine Differenzierung, die jedoch praktisch nicht existiert. Denn anlässlich der Beantwortung der Frage, wann eine Tätigkeit typischerweise der persönlichen Bedürfnisbefriedigung dient, müssen letztlich die gleichen Überlegungen angestellt werden, wie ansonsten Dauch: Welche privaten Motive kommen überhaupt in Betracht, die in die Gesamtwürdigung einfließen müssen? Ermittlung der persönlichen Motive. Man wird in der Tat verlangen müs- 23 sen, dass die FinBeh und später das FG den persönlichen Motiven nachgehen. Ob sie positiv (zusätzlich) festgestellt werden müssen, wie einige Entscheidungen des BFH nahelegen, ist jedoch zweifelhaft. Es gibt Fälle, in denen eine Verlusthinnahme schlicht nicht anders als durch persönliche Gründe (rational) erklärt werden kann. Dies zeigt die Rspr. gerade dort, wo sie geringe Anforderungen an die Feststellung persönlicher Gründe stellt, nämlich wenn der Stpfl. bei einer Dauerverlusttätigkeit kein Bemühen an den Tag legt, die Verlustursachen zu ermitteln und ihnen mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen (BFH v. 20.9.12 IV R 43/10, BFH/NV 13, 408, 409); nach dem Motto „warum wohl sonst“ wird hier – zu Recht – auf eine konkrete Feststellung verzichtet. Festzuhalten ist jedenfalls: Es lassen sich keine verallgemeinerungsfähigen Anforderungen an die (zusätzliche) Feststellung des „privaten Motivs“ formulieren. Denn es kommt immer auf die Gesamtwürdigung im jeweiligen Einzelfall an. Man wird allenfalls sagen können, dass bei hobbynahen Tätigkeiten (insbesondere: Pferdesport, dazu ferner Rz. 28 f.) die Anforderungen weitaus geringer sein dürften. Dies gilt umso mehr, wenn die Tiere, mit denen der Betrieb eröffnet wird, bereits zuvor im Privatvermögen vorhanden waren (BFH v. 30.8.07, IV R 12/05, BFH/NV 08, 759, 761). Es ist dieser Gedanke der Hobbynähe, den auch die Rspr. im Blick hat, wenn sie dann sogar die objektive Totalgewinnungsgeeignetheit ausreichen lassen will (Rz. 22). Bei der Landwirtschaft im engeren Sinne wird man hingegen in der Tat strengere Anforderungen stellen müssen. So ist ein denkbares persönliches Motiv für den Betrieb einer defizitären Landwirtschaft, dass nur so im Außenbereich gebaut und gewohnt (§ 35 BauGB) bzw. ein baufälliges Anwesen unter Ausnutzung der Bestandsschutzregelungen wieder aufgebaut werden darf (BFH v. 30.8.07, IV R 12/05, EL 29 Oktober 2015

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BFH/NV 08, 759, 762); dies gilt überhaupt für eine gewisse Landromatik und ein grünes Idyll (vgl. zum Wohnen auf dem Land auch bereits RFH v. 19.2.30 VI A 952/29, RStBl. 30, 305 f. sowie BFH v. 22.7.82 IV R 74/79, BStBl. II 83, 2 ff.; v. 30.10.86 IV R 175/84, BStBl. II 87, 89, 92). Allerdings wird man einem Stpfl., der Vollzeit einen defizitären Hof (selbst) bewirtschaftet, dieses Motiv „Wohnen im Grünen“ nur sehr eingeschränkt entgegenhalten können. Bei einem Nebenerwerbslandwirt verhält es sich insoweit anders. Gerade bei Stpfl., die nur einen Teil ihrer Zeit mit der Landwirtschaft verbringen, wird man zudem berücksichtigen dürfen, ob und inwieweit dem Stpfl. hohe andere Einkünfte zur Verfügung stehen, die zum Ausgleich der negativen Einkünfte aus LuF herangezogen werden können. Nach BFH v. 21.1.99 IV R 27/97, BStBl. II 99, 638 (dort ging es um ein Landgut mit Herrenhaus und kleinem Park) kann die Verfügbarkeit von Geldmitteln aus einer anderen Quelle auf eine vom wirtschaftlichen Erfolg der LuF unabhängige „persönliche Passion einer gehobenen Lebenshaltung“ hindeuten (ähnlich bereits BFH v. 29.6.95 VIII R 68/93, BStBl. II 95, 722, 724; BFH v. 24.2.99 X R 106/95, BFH/NV 99, 1081, 1083). Denn auch die Absicht, Steuern zu sparen, ist ein unbeachtliches privates Motiv (BFH v. 2.7.98 IV R 90/96, BFH/NV 99, 754, 758; Blümich/Ratschow § 2 EStG Rz. 136). Entsprechendes gilt für eine Zuwendung unter Ehegatten; gerade bei der Pferdezucht und -haltung finden sich gelegentlich beim einen Ehegatten hohe Einkünfte, während der andere Ehegatte einen verlustbringen Pferdebetrieb unterhält (für die Indizwirkung zB FG Nds. v. 18.4.13 11 K 138/12, EFG 13, 1308, 1310). Weitere persönliche Aspekte, die den Schluss auf eine mangelnde Gewinnerzielungsabsicht erlauben, sind beispielsweise die Aufrechterhaltung eines Verlust bringenden Betriebes aus Gründen der Familientradition (BFH 14.7.03 IV B 81/01, BStBl. II 03, 804, dort: Fortführung einer Weinbautradition), zur Verwirklichung des „Jugendtraums Landwirtschaft“ (BFH v. 21.1.99 IV R 27/97, BStBl. II 99, 638, 646) oder aus Altersstarrsinn (BFH v. 12.9.02 IV R 60/01, BStBl. II 03, 85, 88); so können „am Ende der Berufstätigkeit“ die positiven Einkünfte der Vergangenheit unbeachtlich und die Prognose nur noch für die Zukunft anzustellen sein (BFH v. 26.2.04 IV R 43/02, BStBl. II 04, 455 für einen Arzt). Ferner hat es der BFH als private Veranlassung für die Hinnahme von Verlusten angesehen, wenn ein Betrieb nur deshalb fortgeführt wird, um einem Abkömmling nach entsprechender Ausbildung die Übernahme zu ermöglichen (so für eine Steuerberaterpraxis BFH v. 31.5.01 IV R 81/99, BStBl. II 02, 276, 278); siehe zum Wegfall der Gewinnerzielungsabsicht auch noch Rz. 24 f. 24 Späterer Übergang zum Liebhabereibetrieb: Die Gewinnerzielungsabsicht kann einem Beurteilungswandel unterliegen. Sie kann mit Wirkung für die Zukunft entfallen (s. vor allem Rz. 23 a. E.). Eine einkommensteuerbare Tätigkeit kann sich also in eine steuerlich irrelevante Tätigkeit wandeln. Dies hat grundsätzlich zur Folge, dass Vermögensmehrungen und -minderungen fortan steuerlich unbeachtlich sind. Die Frage ist allerdings, welches Schicksal das während der mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Tätigkeit steuerverstrickte Betriebsvermögen erfährt. Die Rspr. stellt auch hier strenge Anforderungen an eine Betriebsaufgabe und verlangt eine ausdrückliche Erklärung. Allein das Entfallen der Gewinnerzielungsabsicht reiche nicht für eine Betriebsaufgabe; ohne Aufgabeerklärung erfolge lediglich eine Betriebsunterbrechung (grundlegend BFH v. 29.10.81 IV R 128/78, BStBl. II 82, 381). Dementsprechend führt beispielsweise bei Eigentums12

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betrieben eine Verkleinerung selbst dann nicht zu einer Betriebsaufgabe, wenn die verbleibenden landwirtschaftlich genutzten Flächen eine ertragreiche Bewirtschaftung nicht mehr ermöglichen (BFH v. 30.8.07 IV R 5/06, BStBl II 08, 113, 114). Entsprechendes gilt, wenn der Stpfl. zur Eigenbedarfsbewirtschaftung übergeht (BFH v. 5.5.11 IV R 48/08, BStBl. II 11, 792, 795). Ohne Betriebsaufgabe bleibt dann auch das vormalige Betriebsvermögen weiterhin als solches steuerverstrickt (BFH v. 15.5.02 X R 3/99, BStBl. II 02, 809, 810; BFH v. 5.5.11 IV R 48/08, BStBl. II 11, 792, 795; FG D’dorf v. 16.10.14 11 K 1509/14, EFG 15, 1431, 1432 [Rev. X R 15/15]). Die vorgenannte Rspr. hat zur Folge, dass die Realisierung der im BV ruhenden stillen Reserven hinausgeschoben wird und zwar solange, bis eine Betriebsaufgabe unmissverständlich erklärt wird; und auch die Überführung einzelner WG in das Privatvermögen bedarf einer ausdrücklichen Entnahmehandlung. Trotz der Qualifizierung als fortbestehendes BV bleibt es bei der eingangs getätigten Grundaussage, d. h. sämtliche Einnahmen und Ausgaben des fortgeführten Liebhabereitriebes sind steuerlich unbeachtlich. Das gilt auch für laufende Aufwendungen, die auf vertragliche Vereinbarungen während der Zuordnung der Tätigkeit zu einem Erwerbsbetrieb zurückzuführen sind. Soweit im Erwerbsbetrieb Verbindlichkeiten begründet wurden, die nach dem Übergang zur Liebhaberei fortbestehen, sind die anfallenden Schuldzinsen nur insoweit als Teil des laufenden Liebhabereibetriebes anzusehen, als die Verbindlichkeiten durch das im Zeitpunkt des Übergangs zum Liebhabereibetrieb vorhandene Aktivvermögen hätten ausgeglichen werden können. Die darüber hinausgehenden Schuldzinsen sind als nachträgliche Einkünfte aus LuF steuerrechtlich wirksam zu berücksichtigen (BFH v. 15.5.02 X R 3/99, BStBl. II 02, 809). Insoweit gelten die Grundsätze zur Berücksichtigung von Schuldzinsen nach Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebes entsprechend. Die dem luf. Betrieb zu dienen geeigneten und bestimmten, mit BV-Eigen- 25 schaft behafteten WG sind aufgrund der vorgenannten Rspr. auch nach dem Wechsel zum Liebhabereibetrieb BV, solange sie nicht veräußert oder aber dem BV wirksam entnommen werden oder durch Verbrauch oder aus anderen Gründen untergehen. Ebenso wie die unmittelbaren Einnahmen und Ausgaben aus dem Liebhabereibetrieb unberücksichtigt bleiben, bleiben auch die Wertänderungen in dem fortbestehenden BV unberücksichtigt. Das hat zur Folge, dass von dem Zeitpunkt an, zu dem die Zuordnung der Tätigkeit zur Liebhaberei erfolgt, (vorbehaltlich der §§ 17, 20 Abs. 2, 23 EStG) weder eintretende und realisierte Wertsteigerungen steuerlich als Erträge noch Wertminderungen oder AfA als Aufwand zu berücksichtigen sind. Vielmehr ist lediglich die Besteuerung der bis zum Zeitpunkt des Wechsels vom Erwerbsbetrieb zum Liebhabereibetrieb entstandenen stillen Reserven sicherzustellen (FG D’dorf v. 16.10.14 11 K 1509/14, EFG 15, 1431, 1432 [Rev. X R 15/15]). Diese stillen Reserven sind zu erfassen, wenn die WG durch Veräußerung oder durch andere Vorgänge aus dem fortbestehenden BV ausscheiden. Daher ist im Zeitpunkt des Wechsels zum Liebhabereibetrieb die Höhe der vorhandenen stillen Reserven aller WG auch dann steuerlich zu ermitteln und festzuhalten, wenn diese durch die weitere Nutzung im Liebhabereibetrieb verbraucht werden. Um die bis zum Wechsel zum Liebhabereibetrieb im BV ruhenden stillen Reserven zu erfassen, bedarf es nach § 180 Abs. 2 AO i. V. m. § 8 der VO über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen einer gesonderten Feststellung. Sie sind im Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus dem fortbeEL 29 Oktober 2015

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stehenden Betriebsvermögen als nachträgliche Einkünfte aus LuF gem. § 24 Nr. 1 EStG zu besteuern. Die Gewinnrealisierung ist damit in dem VZ zu erfassen, in dem das WG aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist. Eine wirtschaftsjahrbezogene Ermittlung mit Verteilung eines Wirtschaftsjahrgewinns nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG erfolgt daher nicht. 26 Verpachtung eines Liebhabereibetriebs führt zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung: Verpachtet der Eigentümer einen von Anfang an als Liebhaberei behandelten luf. Betrieb im Ganzen oder parzelliert, bezieht er mit den Pachteinnahmen grds. Einkünfte aus VuV gem. § 21 EStG. Gleiches gilt bei der Verpachtung eines Liebhabereibetriebes, der im Wechsel vom Erwerbs- zum Liebhabereibetrieb i. S. d. EStG aufgegeben wurde. Während die Rspr. bei der Vermietung von Grundstücken in der Regel ohne weitere Prüfung von der Einkunftserzielungsabsicht des Stpfl. ausgeht (BFH v. 15.2.05 IX R 52/03, BFH/NV 05, 1059; v. 5.11.02 IX 18/02, BStBl. II 03, 914, ebenso BMF v. 8.10.04, BStBl. I 04, 933, Tz. 16), dürfte dies für die (erst einmal verlustbringende) Vermietung und Verpachtung eines landwirtschaftlichen Anwesens hingegen nicht in dieser Allgemeinheit gelten (kein Anscheinsbeweis, zu Recht FG Köln v. 2.4.14 10 K 586/11, BeckRS 2014, 96 524 für ein landwirtschaftliches Anwesen mit Pensionspferdehaltung und Pferdezucht). 27 Rückkehr des Liebhabereibetriebs zum Erwerbsbetrieb: Gelangt ein Verlustbetrieb durch strukturelle Maßnahmen und veränderte äußere Rahmenbedingungen wieder in die Gewinnzone, dann ist der Liebhabereibetrieb wieder als einkunftserzielender Betrieb, der mit Gewinnerzielungsabsicht geführt wird, zu beurteilen (BFH v. 25.6.84, GrS 4/82, BStBl. II 84, 751, 767) und zwar ab dem Zeitpunkt, zu dem die Gewinnerzielungsabsicht (wieder) festgestellt werden kann (BFH v. 16.3.12 IV B 155/11, BFH/NV 12, 950, 951). In Fällen dieser Art ist dem Wert der WG während der Zeit der Liebhaberei in der Form Rechnung zu tragen, dass den im Zeitpunkt des Übergangs zum Liebhabereibetrieb festgestellten Teilwerten die Teilwerte im Zeitpunkt des Wechsels zum Erwerbsbetrieb gegenübergestellt werden. Wertveränderungen während der Zeit der Liebhaberei sind dann bei einer Veräußerung oder Entnahme außer Acht zu lassen. Werden während der Zeit der Annahme eines Liebhabereibetriebes WG angeschafft oder hergestellt, sind sie im Zeitpunkt der Annahme als Erwerbsbetrieb wie eine Einlage mit dem Teilwert zu bewerten. Gelingt dem Stpfl. der Nachweis, dass er den Betrieb von einem gewissen Zeitpunkt an mit Gewinnerzielungsabsicht geführt hat, dann können die von ihm erzielten Verluste unter Umständen als (neuerliche) Anlaufverluste anerkannt werden (BFH v. 24.8.00 IV R 46/99, BStBl. II 00, 674 zu Tz. 17 mit Anm. Kanzler FR 00, 1366). 27a Mitunternehmerschaft („doppelte“ Prüfung der Gewinnerzielugnsabsicht): Wird eine luf. Tätigkeit im Rahmen einer Mitunternehmerschaft, zB Kommanditgesellschaft, ausgeübt, ist nach den allgemeinen Grundsätzen zu prüfen, ob diese Mitunternehmerschaft mit Gewinnerzielungsabsicht tätig wird (Ebene der Mitunternehmerschaft). Das Betriebsvermögen, dessen Mehrung mit Totalgewinn zwischen der Gründung und Beendigung des Betriebs der Mitunternehmerschaft angestrebt werden muss (Rz. 6 ff.), umfasst sowohl das Gesamthandsbetriebsvermögen als auch das der Mitunternehmerschaft zuzuordnende Sonderbetriebsvermögen (BFH v. 2.8.94 VIII R 55/93, BFH/NV 95, 866). Fehlt es (bereits) auf der Ebene der Gesellschaft an der Gewinnerzielungsabsicht, so kön14

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nen den einzelnen Gesellschaftern keine steuerrechtlich relevanten Einkünfte zugerechnet werden. Ist die Gewinnerzielungsabsicht auf der Ebene der Gesellschaft gegeben, so entbindet dies allerdings nicht davon, sodann noch auf der Ebene des jeweiligen Mitunternehmers unter Beachtung der bei diesem vorliegenden Verhältnissen zu prüfen, ob für den Bereich des einzelnen Mitunternehmers die Voraussetzungen zur Annahme einer Erwerbstätigkeit durch die mitunternehmerische Beteiligung vorliegen. Daher kann sich bei bestehenden Mitunternehmerschaften durchaus ergeben, dass trotz der Bejahung der Gewinnerzielungsabsicht auf der Ebene der Mitunternehmerschaft für einzelne Beteiligte dieses Merkmal nicht gegeben ist und damit die ermittelten Einkünfte bei der Steuerberechnung unbeachtlich bleiben (BFH v. 21.11.00 IX R 2/96, BStBl. II 01, 789, 793). Die Rspr. nennt beispielhaft die kurzfristige Beteiligung zwecks Verlustmitnahme (BFH v. 21.11.00, IX R 2/96, a. a. O.).

3. Liebhaberei bei Pferdezucht und -haltung im Besonderen Bei der Pferdezucht hat die Rspr. in Ansehung der Frage, ob diese nach be- 28 triebswirtschaftlichen Grundsätzen betrieben wurde (s. bereits Rz. 10 ff.), auf folgende Aspekte abgestellt: – Zuchtbasis Eine gewinnbringende Pferdezucht setzt eine ausreichende Zuchtbasis, d. h. eine ausreichende Anzahl von Tieren, voraus. Dies bringt der BFH wie folgt auf den Punkt: „Bei der Pferdezucht kommt die Qualität im Ganzen aus der Quantität. Hohe Verkaufspreise sind regelmäßig nur zu erzielen, wenn aus einer genügend großen Zahl von Fohlen die besten ausgewählt werden können. Nur dann ist ein entsprechender Gewinn zu erwarten. Dieser muss nicht nur die beträchtlichen Aufzucht- und Ausbildungskosten der verkauften Tiere decken, sondern züchterische Fehlschläge bei nicht abgesetzten Pferden ausgleichen“ (BFH v. 27.1.00 IV R 33/99, BStBl II 00, 227, 228; ferner FG D’dorf v. 12.3.14 7 K 2815/13, EFG 14, 991, 993). – Fachkundigkeit/Branchenfremdheit Hat der Stpfl. eine Ausbildung zum Pferde- oder Landwirt absolviert, so spricht seine Fachkundigkeit für eine Gewinnerzielungsabsicht. Ist der Stpfl. hingegen in einer Branche tätig, die keinen Bezug zur Pferdezucht aufweist, so kann dies negativ gewürdigt werden. Entsprechendes gilt, wenn die einzige tiernahe (pferdenahe) Qualifikation darin besteht, eine erfolgreiche Turnierreiterin zu sein (FG D’dorf v. 12.3.14 7 K 2815/13, EFG 14, 991, 993). – Gewährleistung einer Mindestqualität (zur Erzielung von Mindesterlösen) Wenngleich gegenüber vergleichenden Betrachtungen stets Zurückhaltung geboten ist, so hat der BFH beispielsweise (vereinzelt) als einen von mehreren Aspekten auch zu Lasten einer Gewinnerzielungsabsicht gewürdigt, dass ein Stpfl. im Vergleich mit anderen Pferdezüchtern trotz vergleichbarer Ausgangslage weitaus niedrigere Erlöse für seine Pferde erzielt hat: Ein anderer Züchter hatte für ein Pferd aus demselben Stamm mehr als das Vierfache an Erlös erzielt als der zu beurteilende Stpfl. Dies zeige – so der BFH –, „dass der Betrieb der Kl. trotz des möglichen Zuchtmaterials – objektiv betrachtet – keine vergleichbaren Pferde anbieten konnte“ (BFH v. 27.1.00 IV R 33/99, BStBl II 00, 227, 228). EL 29 Oktober 2015

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I. Teil. Einkünfte und ihre Zurechnung

– Vertriebsstruktur Der Vertrieb von gezüchteten Pferden erfolgt in der Regel über Auktionen. Nutzt der Stpfl. diesen Vertriebsweg, spricht dies für sich betrachtet allerdings nicht für eine Gewinnerzielungsabsicht. Dies ist im Grunde vielmehr selbstverständlich. Der Aspekt der Vertriebsstruktur ist daher vielmehr ein Aspekt der negativ gewürdigt werden kann, wenn hiervon abgewichen wird. So betont zB das FG D’dorf, dass es beim alternativen Vertrieb über Bekannte und Inserate in Pferdezeitschriften typischerweise zu niedrigeren Veräußerungserlösen kommt als beim Vertrieb über (bekannte) Auktionen, wo Mindestgebote und das Bieterverfahren höhere Preise begünstigen (FG D’dorf v. 12.3.14 7 K 2815/13, EFG 14, 991, 993). 29 Private Motivation. Folgt man der grundsätzlich zweistufigen Liebhabereiprüfung (Rz. 22 f.), so wird man gerade in den Fällen mit Pferdebezug in bestimmten Konstellationen eine private Motivation für die Verlusthinnahme vermuten können. So hat beispielsweise BFH v. 30.12.02 IV B 168/01, BFH/NV 03, 896 bei einer Pferdezucht ohne Weiteres aus der objektiven Ungeeignetheit zur Totalgewinnerzielung auf die fehlende Gewinnerzielungsabsicht geschlossen (ähnlich FG Nds. v. 18.4.13 11 K 138/12, EFG 13, 1308, 1311, dessen zusätzliche Feststellung, die Klägerin sei zudem Pferdeliebhaberein und auch ihre Kinder betrieben den Pferdesport, letzlich nicht [mehr] entscheidungserheblich war). Aber selbst wenn man die zweite Stufe ernst nimmt, lassen sich die beiden Stufen kaum trennen. Denn die bereits unter Rz. 28 genannten Aspekte erlangen auch bei der Aufdeckung der privaten Motivation eine wesentliche Bedeutung. Dies gilt insbesondere für die Branchenfremdheit; hohe sonstige Einkünfte mögen dann noch hinzutreten (vgl. FG Nds. v. 18.4.13 11 K 138/12, EFG 13, 1308, 1311; strenger vielleicht [noch] BFH v. 28.11.85 IV R 178/83, BStBl. II 86, 293, 295). 30 Die gerade in Ansehung von Pferden sehr umfangreiche Rspr. (nicht nur zur Pferdezucht, sondern auch zu Renn- und Dressurpferden) kann hier nicht im Einzelnen wiedergegeben werden, aber die nachfolgenden Stichworte leiten zumindest den Weg zu weiteren (Einzelfall-)Entscheidungen: BFH v. 2.2.89 IV R 109/ 87, BFH/NV 89, 692 (Traberzucht); FG D’dorf v. 4.12.97 8 K 6710/95, EFG 98, 565 (Pferderennstall mit Pensionspferdehaltung); FG Sachsen v. 25.1.12 8 K 1504/ 08, BeckRS 2012, 94640 (Reitanlage als Altersvorsorgeinvestitionsobjekt); FG Nds. v. 18.4.13 11 K 138/12, EFG 13, 1308 (Wirtschaftlichkeitsaspekte bei einem Pferdehandel).

4. Forstwirtschaftliche Besonderheiten bei der Liebhaberei 31

Liebhaberei auch bei forstwirtschaftlichen Einkünften möglich: Auch bei den Einkünften aus Forstwirtschaft gem. § 13 EStG stellt sich die Frage der Abgrenzung zwischen Erwerbsbetrieb und Nichterwerbsbetrieb. Die unter Rz. 5 ff. dargelegten Grundsätze sind auch bei der Nutzung von forstwirtschaftlichen Flächen von Bedeutung. Bei der Überprüfung, ob ein forstwirtschaftlicher Erwerbsbetrieb oder ein steuerlicher Liebhabereibetrieb vorliegt, sind allerdings die durch die Eigenarten der forstwirtschaftlichen Betätigung gegebenen Besonderheiten zu beachten. Während bei der Landwirtschaft im engsten Sinne, beim Wein- und Gartenbau die planmäßige Nutzung des Grund und Bodens durch Fruchtziehung in der Regel Jahr für Jahr der Jahreszeit entsprechende Arbeiten wie die Bearbeitung des Bodens und seine Bepflanzung, die Bestandspflege und 16

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das Abernten der Früchte erfordert und jedes Jahr Erträge erwirtschaftet werden können, ist dies bei der Forstwirtschaft anders. Hier kann sich eine Produktionsdauer (Umtriebszeit) zwischen 60 und 200 Jahren einstellen. Zwar sind auch im Bereich der Forstwirtschaft betriebliche Konzepte anzutreffen, die auf eine regelmäßige Holzernte ausgerichtet sind (Nachhaltbetriebe). Hier ist der Baumbestand nach Holzarten und Altersklassen so abgestuft aufgeforstet worden, dass jedes Jahr eine planmäßige Holzernte möglich ist. Dies ist aber nicht zwingend. Es existieren auch Waldungen, deren Bestände nur eine oder nur wenige Altersklassen aufweisen. In solchen sog. aussetzenden Betrieben können keine jährlichen Holznutzungen vorgenommen werden. Zwischen der Aufforstung der Waldfläche und der Holzernte liegen je nach der Umtriebszeit der betreffenden Holzarten also zum Teil viele Jahrzehnte. Für die Totalgewinnprognose hat der BFH daraus abgeleitet: Es soll der gesamte Zeitraum zwischen Bestandsbegründung und der Ernte, die erst eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Nutzung zulässt, bei der Bemessung des Beurteilungszeitraums berücksichtigt werden. Dementsprechend hat er bei der Prüfung des Totalgewinns auf die gesamte Umtriebszeit (Zeitraum zwischen der Begründung einer Forstkultur und der Hiebreife des dadurch erzeugten Baumbestandes) abgestellt (BFH v. 26.6.85 IV R 149/83, BStBl. II 85, 549, 550). Bei einem aussetzenden Betrieb genüge es daher, wenn ein – wenn auch erst in ferner Zukunft – hinlänglicher Ertrag im Hinblick auf die Holzernte in Aussicht steht (BFH v. 18.3.76, IV R 52/72, BStBl. II 76, 482, 484, vgl. auch BFH v. 11.12.97 IV R 4/ 95, BFH/NV 98, 947). Dass innerhalb der (teils noch sehr langen) Umtriebszeit nur geringfügige oder auch gar keine Bewirtschaftungsmaßnahmen stattfinden, solle ebenfalls unschädlich sein; letztlich konnte damit sogar einer rein passiven Tätigkeit weder objektiv die wirtschaftliche Betätigung noch subjektiv die Gewinnerzielungsabsicht abgesprochen werden (BFH v. 18.3.76, IV R 52/72, BStBl. II 76, 482). Gegen diese Rspr. hat sich nunmehr das FG München gewandt und zwar im 31a Falle des entgeltlichen Erwerbs (!) eines Waldes: Es macht geltend, dass die vom BFH in seiner Entscheidung zugrunde gelegte Bewirtschaftungsform bei aussetzenden Betrieben heute so nicht mehr in der sozialen Wirklichkeit anzutreffen sei. Daraus folge, dass diese Betriebsform nicht mehr als so typisch angesehen werden kann, dass sich die Vermutung rechtfertige, ein sich im Zustand der Nichtbewirtschaftung befindlicher Wald stelle einen aussetzenden Betrieb dar. Damit sei auch die objektbezogene, über mehrere Generationen reichende Objektbetrachtung nicht mehr tragfähig. Stattdessen müsse die Gewinnerzielungsabsicht subjektbezogen geprüft werden und das maßgebliche Steuersubjekt müsse durch die Vornahme von Bewirtschaftungsmaßnahmen dokumentieren, dass es einen (aussetzenden) Forstbetrieb betreibt. Umgekehrt formuliert: Der Eigentümer eines Waldes werde nicht allein dadurch zum Inhaber eines Forstbetriebes, dass er das Wachstum der Bäume lediglich hinnimmt; er halte dann vielmehr eine Kapitalanlage in der Hand, die allenfalls im Rahmen von § 23 EStG Bedeutung erlange (FG München v. 1.12.14 7 K 2162/12, EFG 15, 379, 381 ff. [Rev. IV R 47/14]; bei unentgeltlicher Rechtsnachfolge in einen Forstbetrieb will das FG München unter Hinweis auf § 6 Abs. 3 EStG hingegen an der objektbezogenen Prüfung des BFH festhalten, so FG München v. 15.12.14 7 K 2242/12, EFG 15, 376, 378; zustimmende Besprechung beider Entscheidungen bei Forchhammer DStR 15, 977). Im Ergebnis verdient die Kritik des FG München Zustimmung. Es geht darum, einer der bloßen VermöEL 29 Oktober 2015

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I. Teil. Einkünfte und ihre Zurechnung

gensverwaltung zuzuordnenden Kapitalanlage keinen wirtschaftlichen Charakter beizumessen, den sie erkennbar nicht hat. 32 Prognosezeitraum bei Nutzungsverhältnissen. Fraglich ist, ob sich der Prognosezeitraum bei Nutzungsverhältnissen auf die Vertragsdauer reduziert und ob dies selbst dann der Fall ist, wenn der Nutzungsberechtigte oder sein Abkömmling das Eigentum an dem Forstbestand später erwerben soll bzw. schon erworben hat und später das ihn noch beschränkende Nutzungsverhältnis wegfallen soll. Für die Landwirtschaft hat der BFH dies angenommen (Rz. 9). Das FG Nds. will diese Rspr. auch auf die Forstwirtschaft übertragen (FG Nds. v. 13.11.12 – 4 K 344/09, juris [Rev. IV R 38/13]) und zudem auch auf einen Vorbehaltsnießbrauch: Der Eigentümer von Forstflächen, der diese unter Nießbrauchsvorbehalt auf seinen Sohn überträgt, müsse von einem Prognosezeitraum für die Dauer des Nießbrauchs ausgehen (der Übergeber war diesem Zeitpunkt 79 Jahre alt). Dass sein Sohn später mit dem todesbedingten Wegfall des Nießbrauchs einen Eigentumsbetrieb in der Hand halte, rechtfertige keine generationsübergreifende Betrachtung. Dies ist m. E. zweifelhaft. Es ist nicht einsichtig, warum bei einer Nachfolge in den forstwirtschaftlichen Betrieb danach unterschieden werden soll, ob der Betrieb direkt übertragen wird oder ob sich die Beteiligten einer Eigentumsübertragung mit Vorbehaltsnießbrauchs bedienen; die Argumentation mit zwei Betrieben (Nießbrauchsbetrieb/Eigentumsbetrieb) wird hier dem realen Geschehen nicht gerecht. 33 Während in der Vergangenheit die Voraussetzungen für die Annahme eines forstwirtschaftlichen Erwerbsbetriebs – insbesondere für aussetzende Forstbetriebe – außerordentlich gering waren, sind durch BFH v. 25.6.84, GrS 4/82, BStBl. II 84, 751, auch an den forstwirtschaftlichen Erwerbsbetrieb höhere Anforderungen zu stellen. Nach OFD Münster v. 27.7.99, S 2113-21 – St 12–31 ESt, nv., sind dafür – neben dem bereits unter Rz. 31 ff. dargestellten Prognosezeitraum – folgende Prüfkriterien von Bedeutung: – Art der Betriebsführung Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht ist eine Betriebsführung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Eine derartige Betriebsführung kann unterstellt werden, wenn für den Forstbetrieb ein aktuelles Forsteinrichtungswerk vorliegt und die Wirtschaftsführung in enger Anlehnung an die in dem Forsteinrichtungswerk vorgeschlagenen Bewirtschaftungsgrundsätze erfolgt. – Ertragsprognose/-kalkulation Die Ertragsprognose hat sich an den tatsächlichen Bestandsverhältnissen (Lage und Erschließung der Flächen, Baumart und Ertragsklasse, Qualität des Holzes usw.) zu orientieren. Das Ergebnis der Ertragskalkulation wird wesentlich durch das Preis-Kosten-Verhältnis bestimmt. Preissteigerungen, wie sie sich im Laufe einer Umtriebszeit ergeben können, dürfen nicht berücksichtigt werden (Nominalprinzip). Maßgeblich sind vielmehr die Verhältnisse im Kalkulationszeitpunkt. Entsprechendes gilt für die Kosten. In die Kalkulation sind auch die nach Ablauf der Umtriebszeit entstehenden Wiederaufforstungskosten einzubeziehen. – Waldstruktur Für die Totalgewinnbetrachtung ist auch die Entwicklung der voraussichtlichen Waldstruktur von Bedeutung (ggf. Berücksichtigung eines Baumartenwechsels aufgrund einer durchgeführten Standortkartierung). 18

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Forstwirtschaftlicher Totalgewinn: Betriebe, deren Anlagevermögen be- 34 reits mit Ablauf des 20.6.48 (Währungsstichtag) Forstflächen umfassten, haben die zu Beginn des Beurteilungszeitraums (Beginn der Tätigkeit) vorhandenen stillen Reserven zu ermitteln. Diese sind regelmäßig hoch, da der Aufwuchs in der DMEröffnungsbilanz am 21.6.48 mit dem auf das aufstehende Holz entfallenden Teil des maßgebenden Einheitswertes zu bewerten ist. Dementsprechend sind die Buchwerte für den Aufwuchs entsprechend gering. Sie weisen regelmäßig lediglich einen Erinnerungswert von 1,– € auf. Das gilt jedenfalls in den Fällen, in denen erfolgswirksam Waldwertminderungen nach R 212 Abs. 1 S. 4 EStR 1998 vorgenommen wurden. Bei einer Kalkulation einschl. des Liquidationsgewinns ist der Aufwuchs nach der konventionellen Einzelbestandswertmethode mit dem Teilwert zu bewerten. In den Fällen, in denen die stillen Reserven die Differenz zwischen Buchwert und Teilwert (regelmäßig 100 % des Teilwerts) ausmachen, wird solange ein Erwerbsbetrieb anzunehmen sein, bis die bisherigen Verluste die stillen Reserven aufgezehrt haben. Die Totalgewinnberechnung ist vor allem von Bedeutung, wenn Forstbetriebe 35 mit Fremdmitteln entgeltlich erworben wurden und die daraus resultierende Zinsbelastung auch bei forstwirtschaftlicher Nutzung nach guter fachlicher Praxis nicht getragen werden kann. Nach BFH v. 20.1.05 IV R 6/03, BFH/NV 05, 1511 stellt eine nicht am Wertzuwachs des Holzes während der Umtriebszeit orientierte hohe Fremdfinanzierung einen kaum zu behebenden Strukturmangel des Forstbetriebes dar. Nach den Leitsätzen des vorgenannten Urteils reichen längere Verlustperioden eines Forstbetriebes zur Einordnung als Liebhaberei aus, wenn die persönlichen Neigungen, zB die Jagd, der Reitsport sowie der persönliche Lebenszuschnitt zeigen, dass der angeblich zur Gewinnerzielung unterhaltene, tatsächlich aber ungeeignete Betrieb subjektiv von Anfang an nicht zur Gewinnerzielung bestimmt war. Unbezahlte Landschaftspflege und öffentlich-rechtlicher Bewirtschaftungszwang hindern die Annahme eines Liebhabereibetriebes nicht. Flächengröße und Mindestrendite als Indizien für Liebhaberei: Die 36 Rspr. betrachtet vor allem die Größe des Waldbestandes als Indiz für die Gewinnerzielungsabsicht: Die planmäßige Aufforstung eines „nicht unbedeutenden Areals“ stelle ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass die Gewinnerzielungsabsicht durch Holznutzungen beabsichtigt sei; für durch Samenflug oder Stockausschlag entstandene Waldbestände gelte dies ab einer „gewissen Größe“ entsprechend (BFH v. 13.4.89 IV R 30/87, BStBl II 89, 718, 719 f. formuliert sogar negativ und damit noch offener: dies schließe ab einer gewissen Größe die Annahme eines Forstbetriebes nicht aus). Umso kleiner die Fläche ist, umso kritischer wird man hingegen prüfen müssen, ob ein (ins Gewicht fallender) Gewinn erzielt werden kann. Während BFH v. 26.6.85 IV R 149/83, BStBl II 85, 549, 550 f. noch Zweifel dahin gehend formuliert hatte, ob ein Gesamtgewinn, der auf die Jahre verteilt wahrscheinlich unter 1.000 DM liegen würde, für eine ernste betriebliche Betätigung ausreichen könne, hat BFH v. 13.4.89 IV R 30/87, BStBl II 89, 718, 719 dies allerdings wieder relativiert und die Aussage nur als Teil der Gesamtwürdigung im Zusammenhang mit den anderen denkbaren privaten Motiven angesehen (vgl. auch FG München v. 1.12.14 7 K 2162/12, EFG 15, 379, 384 [Rev. IV R 47/14] für einen jährlichen Reinertrag von ca. 82 EUR bei 2,5 ha bzw. 120 EUR bei 4,9 ha anlässlich der Gesamtwürdigung). EL 29 Oktober 2015

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Flächenausstattung. Wenngleich es stets auf den Einzelfall ankommt, differenziert die FinVerw aus Vereinfachungsgründen bei der Prüfung der Frage, ob allein schon von der Flächenausstattung her grundsätzlich ein forstwirtschaftlicher Erwerbsbetrieb vorliegen kann. OFD Münster v. 27.7.99, S 2113-21 – St 12–31 ESt nv. unterscheidet wie folgt: (1) Flächen unter 1 ha können grundsätzlich für sich allein keinen Erwerbsbetrieb begründen, soweit nicht außergewöhnliche Umstände eine andere Betrachtungsweise erfordern, zB außergewöhnlich wüchsige und wertvolle Holzbestände; (2) bei Flächen über 5 ha soll regelmäßig von einem Erwerbsbetrieb auszugehen sein und auf eine Prüfung der Gewinnerwartung könne in der Regel verzichtet werden; (3) bei Flächen zwischen 1 ha und 5 ha sei im Rahmen einer Einzelfallprüfung zu entscheiden, ob ein Erwerbsbetrieb vorliegt. Dabei seien sowohl die Flächengröße als auch die auf die Umtriebszeit verteilte Gewinnerwartung zu berücksichtigen; bei steigender Flächengröße trete die Bedeutung der Ertragsaussicht in den Hintergrund. Aus jüngerer Zeit ist ferner auf LfSt Bayern v. 14.10.14, BeckVerw 290 647 hinzuweisen, die zwischen (1) einer Flächengröße bis 2 ha (= in der Regel mangels Totalüberschusses kein frostwirtschaftlicher Betrieb) und (2) ab 2 ha (= Totalüberschuss stehe regelmäßig zu erwarten) unterscheidet. 38 Soweit in der Vergangenheit Verluste aus der Waldwertminderung gem. R 212 Abs. 1 S. 4 EStR 1998 bedingt sind, können diese bei der Beurteilung der nachhaltigen Gewinnsituation unberücksichtigt bleiben. Sie stellen in der Regel keinen Substanzverzehr dar. Bei gleich bleibenden Bestandswerten werden in Höhe der jährlichen Aufwuchsminderung stille Reserven gebildet, so dass sich bei der geforderten Totalgewinnbetrachtung das Ergebnis von Minderung und Reservebildung neutralisieren. Die Beurteilung gilt gleichermaßen für Ausgaben, die betriebliche Investitionen darstellen, zB für die Anlage von Forstkulturen, Wertästungen uä. Soweit bilanzmäßige Verluste auf sofort abziehbare Ausgaben für derartige Maßnahmen zurückzuführen sind, sind diese betriebswirtschaftlich keine echten Verluste, sondern stille Reserven, die sich bei ordnungsgemäßer Forstwirtschaft in gleicher Höhe werterhöhend für den forstlichen Aufwuchs auswirken.

5. Liebhaberei und beschränkte Steuerpflicht 39

Liebhaberei bei beschränkter Steuerpflicht und Steuerabzug nach 50a EStG: Nach dem Urteil des BFH v. 7.11.01 I R 14/01, BStBl. II 02, 861 ist die Frage, ob eine Tätigkeit der Einkunftserzielung dient oder aber dem Bereich der Liebhaberei zuzuordnen ist, bei beschränkt Stpfl. nach denselben Kriterien wie bei unbeschränkt Stpfl. zu beurteilen. Sofern nicht die Voraussetzungen für eine Segmentierung vorliegen (Rz. 20), ist also auf die Tätigkeit in ihrer Gesamtheit abzustellen. Es können nicht einzelne (inländische) Geschäfte oder Tätigkeitsbereiche herausgegriffen werden, um die Einkünfteerzielungsabsicht zu begründen. Das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht ist dabei – so der I. Senat in der vorgenannten Entscheidung – auch kein im Ausland gegebenes Besteuerungsmerkmal, das nach § 49 Abs. 2 EStG außer Betracht bleiben kann; dabei macht es auch keinen Unterschied, ob der Stpfl. eine natürliche Person oder eine ausländische Kapitalgesellschaft ist, da letztere (jedenfalls) bei beschränkter Steuerpflicht – anders als eine inländische Kapitalgesellschaft – durchaus über eine nichtsteuerbare Sphäre verfügen können (arg: § 8 Abs. 2 KStG gilt nicht, s. nur BFH v. 19.11.03 I R 33/02, 20

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BFH/NV 04, 445). Auf die Entscheidung v. 7.11.01 I R 14/01, BStBl. II 02, 861 hat die FinVerw zuerst mit einem Nichtanwendungserlass reagiert (BMF v. 11.12.02, BStBl. I 02, 1394). Zwischenzeitlich hat sie die materiell-rechtliche Aussage, dass § 49 Abs. 2 EStG nicht gilt, anerkannt (vgl. BMF v. 25.11.10, BStBl. I 10, 1350 Tz. 15). Die Relevanz dieser Rspr. wird durch den Entscheidungsfall sehr anschaulich: Streitig war, ob ausländische Pferdeeigner mit in Deutschland anlässlich von Reitturnieren vereinnahmten Preisgeldern steuerbare Einkünfte erzielten. Nach den vorstehenden Grundsätzen durfte bei der Frage nach der Einkunftserzielungsabsicht der ausländischen Pferdeeigner nicht darauf abgestellt werden, ob die im Inland erzielten Rennpreise die jeweiligen – ggf.: anteiligen – Aufwendungen für die betreffenden Pferde überstiegen haben. Entscheidend ist vielmehr, ob die einzelnen Zahlungsempfänger ihre Gestüte in der Absicht der Gewinnerzielung oder aus persönlichen Gründen betrieben haben. Steuerabzugsverfahren (§ 50a EStG): In BFH v. 7.11.01 I R 14/01, 40 BStBl. II 02, 861 ging es freilich nur inzident um die Einkommensteuerbarkeit der Pferdehaltung (Rz. 39), nämlich im Rahmen einer Haftung für die unterbliebene Quellenbesteuerung nach § 50a EStG. Der I. Senat hatte im Entscheidungsfall eine Haftung verneint. Die Frage ist freilich, wie – gerade bei den praktisch nicht unbedeutenden Fällen des Pferdesports – verfahren werden soll. Die FinVerw hat ihre Ansicht in BMF v. 25.11.10, BStBl. I 10, 1350 Rz. 15 kundgetan: Der Steuerabzug nach § 50a EStG sei grundsätzlich unabhängig von einer Einkünfteerzielungsabsicht des Vergütungsgläubigers vorzunehmen. Die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht sei dem Veranlagungsverfahren gem. § 50 Abs. 2 EStG bzw. dem Freistellungsverfahren nach § 155 Abs. 1 Satz 3 AO vorbehalten. Fehlt es an einer Einkünfteerzielungsabsicht des Vergütungsgläubigers, könne der Vergütungsschuldner allerdings doch ausnahmsweise vom Steuerabzug absehen, wenn ihm gegenüber die fehlende Einkünfteerzielungsabsicht durch den Vergütungsgläubiger nachgewiesen wurde; § 90 Abs. 2 AO sei anwendbar. Soweit der Nachweis nicht gelingt, sei der Steuerabzug vorzunehmen. Der Vergütungsgläubiger sei insoweit auf die Möglichkeit des Freistellungsverfahrens zu verweisen. Unterlässt der Vergütungsschuldner in diesen Fällen den Steuerabzug, so gilt die Haftungsnorm des § 50a Abs. 5 Satz 4 EStG.

6. Verwaltungsverfahrensrechtliche und prozessuale Aspekte der Liebhaberei Vorläufige Steuerfestsetzung (§ 165 AO): Ist unsicher, ob der Stpfl. mit 41 Gewinnerzielungsabsicht handelt, kann die FinBeh die Steuer vorläufig festsetzen (BFH v. 3.5.00 IV B 59/99, BFH/NV 00, 1075; v. 17.3.10 IV R 60/07, BFH/NV 10, 1446; a. A. mit eingehender Begründung zB Blümich/Ratschow § 2 EStG Rz. 120; Urban, Die Einkünfteerzielungsabsicht in der Systematik des Einkommensteuergesetzes, 2010, S. 192 f. jew. auch m. Nachw.). In der Regel wird die FinBeh die Verluste vorläufig zum Abzug zulassen. Sie kann aber die Verluste auch vorläufig nicht berücksichtigen, sofern die Gewinnerzielungsabsicht bereits ausreichend zweifelhaft ist (s. zur Ermessensausübung in einem solchen Fall BFH v. 27.11.08 IV R 17/06, BeckRS 2008, 25014875: „wenn im Zeitpunkt der Ermessensentscheidung eine endgültige Nichtberücksichtigung der Verluste wahrscheinlich ist“). Hat die FinBeh eine vorläufige Steuerfestsetzung vorgenommen und EL 29 Oktober 2015

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würdigt sie nach mehreren (vorläufig festgesetzten) Verlustjahren die Gewinnerzielungsabsicht (abschließend), muss sie beachten, dass sie stets eine ex ante-Beurteilung vorzunehmen hat. Es darf daher nicht (jedenfalls nicht entscheidend) auf die tatsächlich eingetretene wirtschaftliche Entwicklung des Betriebes verwiesen werden, um die von Anfang an bestehende objektive Untauglichkeit zur Totalgewinnerzielung zu begründen. Für den Beginn der Jahresfrist des § 171 Abs. 8 AO gilt: Die Ungewissheit, ob ein Stpfl. mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig geworden ist oder ob Liebhaberei vorliegt, ist danach beseitigt, wenn die für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht maßgeblichen Hilfstatsachen festgestellt werden können und das FA davon positive Kenntnis hat (BFH v. 4.9.08 IV R 1/07, BStBl. II 09, 335; v. 21.8.13 X R 20/10, BFH/NV 14, 524, 527). Die Tücke einer mit Blick auf die Gewinnerzielungsabsicht vorläufigen Steuerfestsetzung ist, dass der FinBeh in der Regel ein weitreichender Korrekturrahmen gewährt wird und dies, obwohl § 165 Abs. 2 AO bestimmt, dass eine Änderung nur in Betracht kommt „soweit“ der Bescheid für vorläufig erklärt worden ist. Es entspricht gefestigter Rspr., dass die FinBeh, wenn sie in Bezug auf die Gewinnerzielungsabsicht einen Vorläufigkeitsvermerk anbringt, nachrangige Ermittlungen und Nachprüfungen zurückstellen kann, solange offen ist, ob ihnen bei der Steuerfestsetzung überhaupt eine Bedeutung zukommt (BFH v. 27.11.08 IV R 17/06, BeckRS 2008, 25014875). D. h. im Prüfungsaufbau der Gewinnerzielungsabsicht nachgelagerte (vom Stpfl. in seiner Erklärung unzutreffend beurteilte) Fragen kann sie ebenso vorläufig hinnehmen und dies unabhängig davon, ob die betreffenden Besteuerungsgrundlagen mit Ungewissheiten behaftet waren oder nicht. Folgt das FA mit der vorläufigen Steuerfestsetzung zunächst den rechtlichen Vorstellungen des Stpfl., kann dieser daher in nachrangigen Einzelfragen auch dann nicht mit einem Fortbestand der rechtlichen Beurteilung rechnen, wenn sich das FA in der vorrangigen Hauptfrage nach Beseitigung der tatsächlichen Ungewissheit anders entscheidet (BFH v. 13.10.09 X B 55/09, BFH/NV 10, 168 f.; v. 17.3.10 IV R 60/07, BFH/NV 10, 1446, 1447); so. zB FG Hbg v. 2.4.14 3 K 244/13, BeckRS 2014, 95263: Umqualifizierung in Einkünfte aus gewerblicher Tierhaltung und Anwendung des § 15 Abs. 4 EStG sei nach Beseitigung der Unsicherheit über die Gewinnerzielungsabsicht zulässig. 42 Endgültige Steuerfestetzung: Ist die Steuerfestsetzung endgültig erfolgt (kein Vorbehalt der Nachprüfung, kein Vorläufigkeitsvermerk i. S. v. Rz. 41), kommt eine Änderung eines die Verluste berücksichtigenden Einkommen- oder sie feststellenden Feststellungsbescheides vor allem nach § 173 AO in Betracht. Denn zu den Tatsachen im Sinne dieser Norm gehören auch innere Tatsachen und insbesondere die hier zu ihrer Feststellung notwendigen Hilfstatsachen. Eine nach dem Zeitpunkt der Steuerfestsetzung entstandene Hilfstatsache, die für diesen Zeitpunkt zu einer veränderten Würdigung in Bezug auf die innere Tatsache „Gewinnerzielungsabsicht“ führt, rechtfertigt daher eine Berichtigung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Denn durch sie wird die Haupttatsache nachträglich bekannt. Erforderlich ist aber, dass die nachträglich entstandene Hilfstatsache einen sicheren Schluss auf die (innere) Haupttatsache ermöglicht; Vermutungen und Wahrscheinlichkeiten reichen dafür nicht aus. Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für die tatsächlichen Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO trägt das FA (BFH v. 6.12.94 IX R 11/91, BStBl. II 95, 192, 193). 22

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Tatsächliche Verständigung: FinBeh und Stpfl. können sich nach Maßgabe 43 der allgemeinen Voraussetzungen für eine tatsächliche Verständigung über das Vorliegen der inneren Tatsache „Gewinnerzielungsabsicht“ verständen. Dem Grunde nach basiert die Verständigung auf einer Einigung über diejenigen objektiven Umstände und Tatsachen, die ihrerseits die tatsächliche Grundlage für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht bilden und diese erst ermöglichen. Dass auch eine rechtliche Würdigung erfolgt, ist daher unschädlich (BFH v. 20.9.07 IV R 20/05, BFH/NV 08, 532, 534 f.). Gewinnerzielungsabsicht als grundsätzlich nicht revisible Tatfrage: Die 44 Gewinnerzielungsabsicht als innere Tatsache ist dem unmittelbaren Beweis nicht zugänglich. Im finanzgerichtlichen Verfahren geht es daher um die Feststellung der Hilfstatsachen, die wiederum einen Rückschluss auf das Fehlen oder Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht erlauben. Dabei handelt es sich insgesamt um Tatfragen, die vom FG zu klären sind und die grundsätzlich nicht Gegenstand einer Revision sein können. Insoweit ist der BFH als Revisionsgericht an die tatrichterlichen Feststellungen gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Insbesondere bei der Schlussfolgerung, die aus den festgestellten Hilfstatsachen gezogen werden, genießen die FG einen Einschätzungsspielraum; der BFH ist als Revisionsgericht bereits dann an die Feststellungen des FG gebunden, wenn seine Schlussfolgerungen (nur) möglich sind. Dies gilt lediglich dann nicht, wenn die Feststellungen widersprüchlich, lückenhaft oder unklar sind oder sie gegen Denkgesetze oder gesichertes Erfahrungswissen verstoßen (BFH v. 27.1.00 IV R 33/99, BStBl. II 00, 227, 228; v. 10.1.12 IV B 137/10, BFH/NV 12, 732, 733). Ein revisibler Rechtsfehler liegt daher zB vor, wenn das FG die zweite Stufe (Rz. 22 f.) nicht prüft, also keine Feststellungen zu möglichen persönlichen Motiven trifft, und sich allein auf die objektive Gewinnprognose stützt (BFH v. 20.9.12 IV R 43/10, BFH/NV 13, 408, 409). Festellung der Gewinnerzielungsabsicht bzw. ihres Fehlens: Die Feststel- 45 lungslast für das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht trägt derjenige, der hieraus eine für ihn günstige Rechtsfolge ableiten will. Dies ist in der Regel der Stpfl., der eine steuerliche Berücksichtigung der negativen Einkünfte anstrebt (vgl. BFH v. 9.7.12 VIII B 51/11, BFH/NV 12, 1780). Die Rspr. arbeitet zum Teil mit sog. Anscheinsbeweisen (zB wird tatsächlich ein Gewinn erzielt, spricht dies – theoretisch, aber nicht praktisch widerlegbar – für eine Gewinnerzielungsabsicht). Im Mittelpunkt der Tatsachenfeststellung stehen allerdings vornehmlich die einem unmittelbaren Beweis zugänglichen Hilfstatsachen. Die Hilfstatsache, dass der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen objektiv nicht dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten, wird der Richter in vielen Fällen aus eigener (wirtschaftlicher) Sachkunde beantworten können. Diese Hilfstatsache ist allerdings auch dem Sachverständigenbeweis zugänglich (vgl. BFH v. 25.11.04 IV R 8/03, BFH/NV 05, 854, 856); dies ist vor allem dort relevant, wo branchenspezifische Erfahrungen oder Eigenheiten zu berücksichtigen sind.

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