Gedanken sind real Verfasser:

Prentice ������� Mulford



(1834 - 1891)

Originaltitel:

Thoughts Are Things

Verfasst:�

1889

Erstmals veröffentlicht:

1908 von G.Bell ����������� and Sons� ����� ���� Ltd.

London Übersetzung:

Benno �������������� Schmid-Wilhelm

Titelbildgestaltung:

Vaughan Davidson

Herausgeber, sowie weitere Artikel und Infos http://www.i-bux.com über���������� bewusste Lebensgesta�������������������� ������������������������������� ltung: [email protected] Herausgabejahr (E-Book):

2010

Download-URL Version ohne Seitenbalken:

http://i-bux.eu/shop/ http://bit.ly/PrenticeoB

Seitenzahl

121

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Prentice Mulford Einige Angaben zum Autor:

Prentice Mulford wurde 1834 in Sag Harbor auf der amerikanischen Insel Long� ������ Island geboren. Dort verstarb er im Jahre 1891. Seine Eltern waren deutschstämmig; von seiner Großmutter erlernte er die deutsche Sprache. Er führte ein recht abenteuerliches Leben; unter anderem war er als Goldgräber, Matrose, Schiffskoch, Schullehrer und schließlich als Verfasser humoristischer Kurzgeschichten tätig. Als er sich aus dem Berufsleben zurückzog, war er alles andere als wohlhabend. Fünf Jahre später verabschiedete sich aus diesem physischen Leben ohne irgendwelche Anzeichen einer Krankheit, als er allein mit dem Kanu unterwegs war. In diesen fünf letzten Lebensjahren befasste er sich intensiv mit spirituellen Gesetzen und veröffentlichte seine entsprechenden Gedanken. Er sagte das Flugzeug und das Radio voraus. Vielen Leuten mögen diese Gedanken wie Hirngespinste erscheinen; für andere sind sie unbezahlbare Wahrheiten. Es ist nicht unser Anliegen, diese Gedankengänge zu bewerten oder aus heutiger Erkenntnissicht zu beurteilen, wir wollen uns vielmehr mit einer bloßen Übersetzung begnügen, und es anderen überlassen, vereinzelte Diskrepanzen und Unstimmigkeiten - welche durchaus gefunden werden könnten - aufzuzeigen und zu zerreden. Dass Prentice Mulford ein weiser und undogmatischer Lehrer war, ist seinen eigenen Worten zu entnehmen: “Im spirituellen Bereich ist jeder Mensch sein eigener Entdecker und Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, wenn Ihre Entdeckungen von anderen nicht geteilt werden. Es ist nicht Ihre Aufgabe, Druck auszuüben!” Mulford gebührt das Verdienst, ein Vordenker und Pionier in der Aufzeichnung von Gedankengut gewesen zu sein, das heute überall auf der Welt von aufgeschlossenen Menschen aufgegriffen wird. Sein Einfluß ist in vielen einschlägigen Schriften anderer Lehrer leicht wiederzuerkennen.

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 Das materielle und das spirituelle Bewustsein Kapitel 2 Über unsere Beziehungen

4 13

Kapitel 3 Gedankenströme 25 Kapitel 4 Eine Möglichkeit, um mehr Mut zu erlangen

36

Kapitel 5 Nach vorwärts blicken

45

Kapitel 6 Das unendliche Bewusstein der Natur

56

Kapitel 7 Einige universelle Prinzipien für Gesundheit und Schönheit

65

Kapitel 8 Menagerie des Horrors

73

Kapitel 9 Der Gott in Ihnen

75

Kapitel 10 Die Heilkraft des Bewusstseins

85

Kapitel 11 Unsterblichkeit im Fleische

93

Kapitel 12 Hehres Trachten

103

Kapitel 13 Neues Denken

113

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Kapitel 1: Das materielle und das spirituelle Bewusstsein Zu jedem Menschen gehört ein höheres und ein niederes Selbst ein spirituelles Selbst (oder Bewusstsein), das über sehr lange Zeit herangewachsen ist und ein körperliches Selbst, das erst gestern entstanden ist. Das Höhere Selbst ist voller Ideen, Anregungen und Sehnsüchte. Diese erhält es vom Allbewusstsein. Für das niedere Selbst ist all das nur wildes und visionäres Zeug. Das Höhere Selbst sieht Möglichkeiten, die weit über das hinausgehen, was wir Menschenkinder erkennen können. Das niedere Selbst sagt, dass wir immerzu nur so weiterleben können, wie wir es bislang getan haben. Das Höhere Selbst will frei sein; es will die Fessel der Begrenzungen, der Schmerzen und Behinderungen des Körperlichen abstreifen. Das niedere Selbst sagt, dass wir zum Leiden geboren seien, dass wir krank sein müssten und nicht anders könnten wie alle unsere Vorfahren. Das Höhere Selbst will seinen eigenen Standard dafür, was richtig und was falsch ist. Das niedere Selbst jedoch sagt, dass wir die Vorgaben der anderen zu akzeptieren und uns lange gehegten Meinungen und Vorurteilen zu beugen hätten. “Deinem eigenen Selbst sei treu”, so lautet ein oft geäußerter Wahlspruch. Doch von welchem Selbst ist hier die Rede? Vom höheren oder vom niederen? In gewisser Weise besitzen Sie zwei Bewusstseinsbereiche: Den körperlichen und den spirituellen. Das Spirituelle ist eine Kraft und ein Rätsel zugleich. Was wir wissen, ist, dass es das Geistige oder Spirituelle gibt. Wir wissen auch, dass es ständig am Wirken ist und dass es die Ursache für alles ist, was wir über die Sinnesorgane erkennen können. Was wir von etwas - zum Beispiel von einem Baum, einem Stein, aber auch von einem Tier oder Menschen - sehen können, ist nur ein Teil davon. Es gibt ein Kraft, die solche Gegenstände oder Objekte eine Zeitlang in der für uns sichtbaren Gestalt zusammenhält. Diese Kraft wirkt mehr oder weniger stark ständig auf diese Dinge ein. Sie sorgt dafür, dass die Blume zum Erblühen gelangt. Seite 

Sobald sie nicht mehr auf die Blume einwirkt, wird dies von uns als “Verwelkung” erkannt. Sie verändert die Gestalt sämtlicher Formen der so genannten geordneten Materie fortwährend. Ein Tier, eine Pflanze oder ein Mensch sind in der physischen Gestalt nicht das, was sie nächsten Monat oder nächstes Jahr sein werden. Diese allem zugrunde liegende, ständig wirkende und ständig verändernde Kraft, die in gewisser Weise alles erschafft, nennen wir “Geist” oder “das Spirituelle”. Wir besitzen die Macht, diese Kraft, die wir “spirituelles Bewusstsein” nennen, so zu lenken, dass sie uns Gesundheit, Lebensglück und Seelenfrieden verschafft - sobald wir sie erkennen. Da wir aus dieser Kraft zusammengesetzt sind, ziehen wir immer mehr von ihr an und machen sie zu einem Teil unser selbst. Je mehr wir von dieser Kraft aufnehmen, umso größer wird auch unsere Erkenntnis. Anfänglich lassen wir zu, dass sie blind wirkt. Wir befinden uns dann einem Zustand, der als das “materielle Bewusstsein” bekannt ist. Doch in dem Maße, in dem das Bewusstsein wächst und seine Macht zunimmt, wird es auch wacher und es stellt Fragen wie: “Warum gibt es im physischen Leben so viel Leid, Kummer und Enttäuschung?” “Warum scheint es, als seien wir zum Erdulden und Verkümmern geboren?” Solche Fragen sind der erste Schrei des Erwachens des spirituellen Bewusstseins und, ernsthaft gestellt, verlangen solche Fragen zur rechten Zeit nach einer Antwort. Das materielle Bewusstsein ist ein Teil von Ihnen. Es gehört zum Körper und wird von ihm erzogen. Es ist so, als würden Sie einem Kind beibringen, dass ein Dampfschiff von den Schaufelrädern angetrieben wird, ihm aber nichts über den Dampf erzählen. Doch die wahre Kraft kommt vom Dampf. Mit einem solchen Halbwissen ausgestattet, würde das Kind annehmen, dass die stillstehenden Räder der Grund seien, warum sich das Schiff nicht weiterbewegt und es würde nicht auf den Gedanken kommen, die Ursache woanders zu suchen. Doch die Reparatur der Räder wäre völlig unzureichend. Ähnlich verhält es sich bei Menschen, die davon ausgehen, dass sie nur eine Reparatur ihres physischen Körpers vorzunehmen bräuchten, um gesünder zu werden, die jedoch übersehen, dass der wahre Grund im Bewusstsein liegt. Das materielle Bewusstsein sieht, denkt und beurteilt alles ausschließlich aus der materiellen oder physischen Sicht. Es sieht den eigenen Körper und meint, dass dies bereits alles sei.

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Das spirituelle Bewusstsein sieht den Körper als Instrument des Bewusstseins oder wahren Selbsts im Umgang mit der Materie. Das materielle Bewusstsein sieht den Tod des Körpers als das Ende all dessen, was Sie sind. Das spirituelle Bewusstsein sieht im Tod es Körpers lediglich ein Abfallen eines ausgeleierten Instruments vom Geist. Es weiß, dass Sie genau wie vorher, wenngleich für das physische Auge unsichtbar, weiterbestehen. Das materielle Bewusstsein geht davon aus, dass Ihre körperliche Stärke ausschließlich von Ihren Muskeln und Sehnen kommt, nicht aber von der körperlosen Quelle. Es sieht in Überzeugungshilfen wie der Zunge oder einem Schreibstift die einzige Möglichkeit, mit anderen Menschen auf ein Ziel hinzuwirken, während das spirituelle Bewusstsein zur rechten Zeit begreift, dass Ihre Gedanken zu Gunsten oder zu Ungunsten Ihrer Interessen auf andere Menschen einwirken, auch wenn sich diese körperlich viele tausende von Meilen entfernt aufhalten. Für das materielle Bewusstsein sind seine Gedanken keine faktischen Elemente wie etwa Luft oder Wasser. Das spirituelle Bewusstsein weiß, dass jeder einzelne der tausende der geheimen Gedanken, welche es täglich denkt, real sind und auf das Bewusstsein des Menschen, zu dem sie gesandt werden, einwirken. Das spirituelle Bewusstsein weiß, dass Materie nur der der Ausdruck des Geistigen ist und dass sich diese Materie ständig im Einklang mit dem Geistigen, das sich dadurch Ausdruck verschafft, verändert. Wenn der Gedanke an Gesundheit, Stärke und Genesung ständig im Bewusstsein gehalten wird, wird er sich im Körper ausdrücken. Das materielle Bewusstsein denkt ans Materielle und begrenzt sich auf das, was über die Sinnesorgane aufgenommen wird. Dies hält es für den größten Teil dessen, was existiert. Das spirituelle Bewusstsein sieht im Materiellen den roheren Ausdruck des Geistigen und den kleineren Teil dessen, was existiert. Das materielle Bewusstsein wird angesichts von Verfall traurig. Das spirituelle Bewusstsein misst dem Verfall nur wenig Bedeutung bei, wohlwissend, dass der allem innewohnende Geist oder die bewegende Kraft durch diesen Verfall nur den toten Körper oder den verfaulten Baum nimmt, und ihn eine Zeitlang wieder in eine neue physische Gestalt voller Leben und Schönheit bringt. Das materielle oder körperliche Bewusstsein meint, dass seine physischen Sinne wie Hören, Sehen oder Fühlen alle Sinne seien, die der Mensch besitzt. Das höhere Bewusstsein weiß hingegen, dass es auch noch weitere Sinne besitzt, die den physischen zwar ähnlich, aber viel mächtiger sind. Das materielle Bewusstsein wurde auch als “sterbliches” oder “fleischliches” Bewusstsein bezeichnet. Gemeint ist immer dasselbe, vom Körper falsch instruierte Bewusstsein.

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Falls Sie von Menschen aufgezogen worden wären, die felsenfest daran glauben, dass die Erde flach sei und sich nicht um die Sonne drehe, würden Sie dies zumindest während Ihrer Kindheit glauben. In unseren jungen Jahren nehmen wir die Gedanken und Glaubenssätze derjenigen, die uns am nächsten stehen, auf, und wenn diese Menschen der Meinung sind, dass es außer dem Körperlichen nichts gibt und alles nur anhand ihrer physischen Interpretation beurteilen, so eigenen wir uns diese Sicht an und bilden das materielle Bewusstsein heraus. Das materielle Bewusstsein sieht das, was es für Auflösung und Verfall hält, und weiß nichts über die Tatsache, dass das wahre Selbst oder die höhere Intelligenz bei dem, was sich uns als Tod darstellt, nur eine Hülle abstreift. Deshalb kann es Beklommenheit und Traurigkeit nicht vermeiden. Eine Folge davon ist, dass der Mensch möglichst viel Spaß und Vergnügen haben will, solange er in seinem physischen Körper weilt. Das ist ein großer Fehler! So gewonnene Vergnügen können nicht von Dauer sein. Sie bringen mehr Elend und Enttäuschungen als Freuden mit sich. Das spirituelle Bewusstsein lehrt, dass Freude das große Ziel des Lebens ist. Es weist jedoch andere Möglichkeiten aus, um dauerhaftes Glück zu erlangen als die, die vom materiellen Bewusstsein kommen. Das spirituelle Bewusstsein, das für die höheren und neueren Lebenskräfte offen ist, lehrt uns, dass es Gesetzmäßigkeiten gibt, die die Existenz jedes physischen Sinns regeln. Wenn wir diese Gesetzmäßigkeiten lernen und beachten, sind unsere Freuden und Besitztümer nicht mehr die Quelle von Leid, wie dies so oft der Fall ist. Mit dem “spirituellen Bewusstsein” ist eine klare geistige Sicht der Dinge und Kräfte, die sowohl in uns als auch im Universum bestehen, gemeint. Leider sind diese der menschlichen Rasse überwiegend verborgen. Wir haben nur einen kleinen Einblick in diese Kräfte, wobei einige einen klareren Blick als andere haben. Dennoch hat sich genug gezeigt, um einige wenige davon zu überzeugen, dass die Ursachen für Krankheit, Sorgen und Enttäuschungen bisher von den Menschen nicht in der gesamten Tragbreite erkannt wurden. Insgesamt lässt sich die menschliche Rasse mit Kindern vergleichen, die glauben, dass der Müller die Flügel der Windmühle mit seinen eigenen Armen drehe, weil man es ihnen so weisgemacht hat. In diesem Glauben belassen, würden sie nie erfahren, dass die eigentliche Antriebskraft der Wind ist. Seite 

Dieser Vergleich ist keinesfalls aus der Luft gegriffen; er veranschaulich die Unwissenheit der Menschen, die die Vorstellung ablehnen, dass das Denken ebenso ein Element ist wie Luft, und da Gedanken von einzelnen Menschen ebenso wie von großen Menschengruppen blindlings hin- und hergewirbelt werden, fallen die Ergebnisse bisweilen gut und bisweilen schlecht aus. Ein Anzug ist nicht der Körper, der diesen Anzug trägt. Doch das materielle Bewusstsein sieht es so. Es sieht nur den Anzug des Geistes und weiß nicht, dass Körper und Geist zwei verschiedene Dinge sind. Für das materielle Bewusstsein ist der Anzug (der Körper) alles, was einen Menschen ausmacht. Wenn ein Mensch aufgrund seiner Schwäche zerfällt, sieht es nur, dass der Anzug nicht mehr heil ist und deshalb richtet es all sein Bemühen darauf, den Anzug stärker zu machen, nicht aber die Macht, die den Anzug geschaffen hat. Wahrscheinlich gibt es keine zwei Menschen, die haargenau dieselben sind, was ihr materielles und spirituelles Bewusstsein angeht. Bei einigen Menschen scheint das spirituelle Bewusstsein im Tiefschlag zu liegen. Bei anderen hat es bereits begonnen, sich ein wenig zu strecken und sich die Augen zu reiben. Das Meiste erscheint jedoch nach wie vor verschwommen und unklar. Andere sind bereits hellwach. Diese Menschen fühlen in unterschiedlichem Maße, dass Kräfte zu ihnen gehören, von denen sie vorher nie etwas gehört haben. Bei diesen Menschen ist der Zwiespalt zwischen dem materiellen und dem spirituellen Bewusstsein häufig am stärksten und nicht selten werden diese inneren Kämpfe von körperlichem Unwohlsein oder Schmerzen begleitet. Solange das materielle Bewusstsein noch nicht von den Wahrheiten überzeugt ist, befindet es sich mit dem spirituellen Bewusstsein in einem ständigen Kriegszustand. Dem unwissenden Teil von Ihnen gefällt es gar nicht, dass er seine langgehegten Denkgewohnheiten aufgeben soll. Es kostet Mühe, sich daran zu gewöhnen, dass wir uns einer Täuschung hingegeben haben und dass wir umzudenken hätten. Je dicker das verkrustete Denken im Laufe der Jahre geworden ist, umso mehr ist ihm jede Änderung zuwider. Es möchte so weitermachen wie bisher, wie ein Ewiggestriger, der sich nach der Mode der Vergangenheit kleidet und jeden Tag um dieselbe Zeit zur Arbeit geht. Ab einem gewissen Alter lehnt es die Vorstellung ab, hinzulernen zu müssen. Der Malerei oder der Musik, welche den Geist in neue Bahnen lenken und ihm Muse vergönnen, kann es sich dann nicht mehr hingeben. Seite 

Das materielle Bewusstsein sieht in der Ausübung einer Kunst nur dann etwas Nützliches, wenn sie ihm Geld verschafft. Nur der Abwechslung willen oder um auf neue Gedanken zu kommen oder mehr Vitalität und Gesundheit zu erlangen, einer Kunst nachzugehen, ist ihm wesensfremd. Es bildet sich ein, es sei “zu alt zum Lernen”. Das ist der Zustand, in den viele Menschen in der Mitte ihres Lebens verfallen. Sie wollen “langsamer machen”. Sie zählen sich zum “alten Eisen”. Ihr materielles Bewusstsein sagt ihnen, dass es von nun bergab gehe, dass sie jetzt immer schwächer würden und dass der Verfall ständig näher komme. Das materielle Bewusstsein sagt, dass dies immer schon so gewesen sei. Deshalb müsse es auch künftig so sein. Diese Vorstellung wird nicht weiter hinterfragt. Diese Leute sagen sich: “Anders geht es nicht!” Zu sagen, dass etwas unvermeidbar sei, heißt, ihm die Kraft zur Unvermeidbarkeit zu verleihen. Das materielle Bewusstsein sieht dann, dass der Körper immer schwächer wird, auch wenn ihm dies nicht gefällt, und verdrängt dies immer mehr. Doch ab und zu drängt sich diese Vorstellung wieder auf. Gleichaltrige versterben und so meldet sich wieder der Gedanke, dass dies eben der “Lauf der Dinge” sei - was noch mehr zum Verfall beiträgt. Das erleuchtetere spirituelle Bewusstsein sagt: “Wenn du Krankheit fernhalten willst, denke mehr an Gesundheit, Stärke und Vitalität. Achte auf starke und kräfte Dinge, zum Beispiel vorüberziehende Wolken, frische Meeresluft, Wasserfälle, Baumlandschaften oder Vögel voller Leben und Beweglichkeit. Denn dadurch ziehst du gesunde und lebensspendende Gedanken an. Vor allem aber bemühe dich darum, dieser Höheren Macht zu vertrauen, die diese Dinge und noch viel mehr erschaffen hat und welche der endlose und unerschöpfliche Teil deines Höheren Selbst oder spirituellen Bewusstseins - ist, und je mehr Glauben du in diese Macht setzen kannst, umso mehr Macht wirst du selbst erlangen.” “Unsinn” - erwidert das materielle Bewusstsein. “Wenn mein Körper krank ist, muss ich etwas haben, um ihn zu heilen. Ich brauche etwas, das ich sehen und anfassen kann. Das ist das Einzige, was ich tun kann. Wie ich denke, spielt überhaupt keine Rolle für meine Gesundheit.” Ein Bewusstsein, dem diese Zusammenhänge neu sind, das aber gerade am Erwachen ist, wird sich in vielen Fällen von seinem eigenen materiellen und ungebildeten Bewusstsein diese Zusammenhänge lächerlich machen lassen. Dazu kommt die Wahrscheinlichkeit, dass es von den materiellen und unwissenden Bewusstseinen seiner Mitmenschen tatkräftige Schützenhilfe erfährt.

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Dies sind Menschen, die nicht so weit sehen können wie ein anderer mit einem Fernrohr, und welche das, was der durch das Fernrohr Blickende erkennen kann, rundweg ablehnen. Auch wenn diese Leute kein einziges Wort sprechen oder mit dem anderen, dessen Bewusstsein teilweise bereits weiter entwickelt, nicht diskutieren, wirken ihre Gedanken doch auf das Bewusstsein des Fortgeschritteneren ein und vernebeln ihm den Blick. Sobald sich das spirituelle Bewusstsein jedoch angeschickt hat, aufzuwachen, kann es durch nichts davon abgehalten werden, noch wacher zu werden, auch wenn das materielle Bewusstsein alles daran setzt, um dies zu verhindern. “Manchmal kann sich dein wahres Selbst auch an einer Stelle aufhalten, wo dein Körper nicht ist”, sagt das spirituelle Bewusstsein. “Es ist dort, wo dein Bewusstsein ist - in der Firma, in der Werkstatt oder bei dem Menschen, der dir lieb ist, und diese Orte können weit von dem Platz entfernt sein, wo dein Körper derzeit ist. Dein wahres Selbst bewegt sich mit einer unwahrscheinlich rasanten Geschwindigkeit.” “Unsinn” sagt das materielle Bewusstsein. “Ich bin dort, wo mein Körper ist und sonst nirgends.” Viele Gedanken, die du als visionär, als Hirngespinste oder Einbildungen ablehnst, kommen von deinem spirituellen Bewusstsein. Abgelehnt werden sie nur von deinem materiellen Bewusstsein. Keine dieser Ideen kommt, ohne auch eine Wahrheit zu enthalten. Doch diese Wahrheit zeigt sich vielleicht nicht sofort auf vollkommene Weise. Vor zweihundert Jahren mag es ein Bewusstsein gegeben haben, dass den Dampf als Antriebskraft gesehen hat. Doch dieser Dampf konnte nicht so genutzt werden, wie wir dies heute tun. Es musste zunächst ein Wachstumsprozess durchlaufen werden - wir brauchten erst gewisse Verbesserungen bei der Herstellung von Eisen, beim Straßenbau und bei den Ansprüchen der Menschen. Dennoch war die Idee als solche bereits Wahrheit. Indem mehrere Bewusstseine daran festhielten, konnte sich Dampf als Antriebskraft in der heutigen Perfektion herausbilden, auch wenn dumme, materielle und unwissende Bewusstseine dagegen gekämpft haben und diese Barrieren erst überwunden werden mussten. Wenn Sie eine Idee haben und sich im Grunde sagen: “So etwas kann ich mir durchaus vorstellen, auch wenn ich jetzt noch nicht erkennen kann, wie das gehen soll”, beseitigen Sie eine große Hürde auf dem Weg zu ihrer Verwirklichung. Das spirituelle Bewusstsein kann heute eine ihm innewohnende Macht sehen, um in der physischen Welt Ergebnisse zu verwirklichen, von denen die Massen keine Vorstellung haben.

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Was die Möglichkeiten des Lebens betrifft, stecken wir nach wie vor in tiefer Unwissenheit. Das spirituelle Bewusstsein kann das erkennen. Es sieht aber auch einige Dinge, zum Beispiel vollkommene Gesundheit, Freiheit vor Verfall, Schwäche und Tod des Körpers, Reisen unabhängig vom Körper und Methoden, um über stilles Denken notwendige und wünschenswerte materielle Dinge zu erhalten, die einzeln oder in Zusammenarbeit mit anderen erreicht werden können. Der erstrebenswerte Geisteszustand ist die völlige Beherrschung des spirituellen Bewusstseins. Das bedeutet keinesfalls Herrschaft im Sinne einer tyrannischen Machtausübung des spirituellen Bewusstseins über das materielle Bewusstsein! Es bedeutet lediglich, dass das materielle Bewusstsein so weit beiseite gedrückt wird, dass sein sturer Widerstand und seine Gegnerschaft gegenüber Eingebungen aus dem spirituellen Bereich keinen Schaden mehr anrichten können. Es bedeutet auch, dass der Körper ein williger Diener oder Helfer des Geistes wird und dass sich das materielle Bewusstsein nicht mehr als die vorherrschende Kraft durchzusetzen versucht, wo ihm doch in Wirklichkeit eine untergeordnete Rolle zukommt. Dann kann der Körper als Erfüllungsgehilfe des spirituellen Bewusstseins seine Mitarbeit freudig andienen. Dann befindet sich die gesamte Macht bei Ihrem Geist. Um der Feindseligkeit des materiellen Bewusstseins entgegen zu wirken, bedarf es dann keines Kraftaufwandes mehr. Dann wird die gesamte Kraft für die Förderung unserer Unternehmungen eingesetzt, damit wir materielle Güter erhalten, uns weiterentwickeln, Seelenfriede und Glück erlangen, und das erreichen, was bislang als “Wunder” gilt. Weder das materielle Bewusstsein noch der physische Körper sollen überrannt und mit dem spirituellen Bewusstsein verflochten werden, indem wir strenge Selbstzensur oder Selbstverleugnung anwenden oder uns eine Selbstbestrafung oder eine asketische Lebensweise auferlegen. Das würde Sie nur zu einem härteren, gnadenloseren und verbittertem Menschen machen, und Sie würden weder sich selbst noch Ihren Mitmenschen einen Gefallen damit erweisen. Aus dieser Verdrehung der Wahrheit sind solche Formulierungen wie “Kreuzigung des Körperlichen” oder “Unterwerfung des tierischen Bewusstseins” entstanden. Solche verquere Denkweisen haben dazu geführt, dass Menschen in das andere Extrem verfallen und in Selbstbestrafung und Selbstverleugnung etwas Heiliges sehen. “Heilig” beinhaltet, dass etwas “heil” im Sinne von “ganz” ist: Ein gesamtheitliches Wirken des Geistes auf den Körper beziehungsweise die vollkommene Kontrolle des Körperlichen durch das Geistig-Spirituelle. Seite 12

Wenn Sie aufgrund der Aggressivität des materiellen Bewusstseins, oder der Anwandlungen schlechter Launen oder infolge von Exzessen die Geduld mit sich selbst verlieren, tun Sie niemandem etwas Gutes, sondern richten nur Schaden an. Sie sollten sich nicht selbst ausschelten, ebenso wenig wie Sie dies mit jemandem anderen tun sollten. Sie würden dadurch nur Energie in diese Abwertung bringen und sie vorübergehend zu einer Realität machen. Wenn Sie sich selbst der Sünde bezichtigen, machen Sie dies unbewusst zu Ihrem Ideal und wachsen unbewusst in diese Haltung hinein, bis sich das Leidvolle, das mit einem derart ungesunden Wachstum einher geht, gegen Ihren Körper wendet. Eine solche Geisteshaltung führt zur Härte, zu einem fehlenden Mitgefühl, zu unbeugsamen und ungesunden Einstellungen und in der Folge auch zu körperlichen Beschwerden. Sobald das materielle Bewusstsein aus dem Weg ist, mit anderen Worten, sobald wir uns von der Existenz der geistigen Kräfte in uns selbst und außerhalb von uns überzeugt haben, und wir damit richtig umgehen können (denn auf irgendeine Weise haben wir sie auch bisher schon genutzt), wird, um Paulus zu zitieren, der “Glaube zum Sieg” und die Stachel und Angst des Todes werden beseitigt. Dann wird das Leben ein siegreiches Voranschreiten von der heutigen Freude zur noch größeren morgigen Freude und “leben” ist dann gleichbedeutend mit “genießen”.

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Kapitel 2: Über unsere Beziehungen Der Mensch, der Ihnen in seiner Denkweise, mit seinem Geschmack oder Vorlieben am ähnlichsten ist und zu dem Sie sich am meisten hingezogen fühlen, ist vielleicht nicht Ihr Bruder, Ihre Schwester, Ihre Cousine oder ein anderer Verwandter. Aber dieser Mensch steht in einer sehr engen Beziehung zu Ihnen. Ihre Geschwister können sich in ihrer geistigen Ausrichtung, ihren Neigungen oder geschmacklichen Präferenzen stark von Ihnen unterscheiden. Sie pflegen zwar den Umgang mit Ihnen, weil sie alle Teil derselben Familie sind, wenn Sie aber nicht wüssten, dass dies Ihre Geschwister oder andere Angehörige sind, würden Sie vielleicht überhaupt keinen Kontakt zu diesen Personen haben. Bei der wirklichen oder geistigen Beziehung wirkt sich die körperliche oder „Blutsverwandschaft“ nur sehr wenig aus. Zwar ist es durchaus möglich, dass Ihnen ein Vater oder eine Mutter geistig sehr nahesteht, es ist aber auch möglich, dass Ihr Vater, Ihre Mutter oder Ihre Geschwister geistig in ganz anderen Sphären leben als Sie. Sie können nur dann gesund und angenehm leben, wenn andere, mit denen Sie zusammenleben, eine ähnlich geartete geistige Atmosphäre ausstrahlen. Das kann in einer körperlichen Verwandschaft zwar der Fall sein, es ist jedoch nicht zwangsläufig so. Zwingen Sie einen Arbeiter, dessen Denken kaum über das Essen, Trinken und sein Tagwerk hinausgehen, dazu, seine Zeit ausschließlich in einem Heim mit Künstlern und Philosophen zu verbringen und entziehen Sie ihm Seinesgleichen, und es wird nicht lange dauern, bis dieser Mensch deprimiert und sogar gesundheitlich angeschlagen sein wird. Dasselbe gilt, wenn das weiterentwickelte Bewusstsein gezwungen wird, dauerhaft mit einem weniger entwickelten Bewusstsein zu verbringen. Dies könnte unter blutsverwandten Menschen der Fall sein. Kinder leben auf, wenn sie in der geistigen Atmosphäre ihrer Spielkameraden herumtollen. Trennen Sie sie davon ab und ihre Lebensfreude lässt drastisch nach. Als Kind lebten Sie in dieser Atmosphäre der Kindheit. Sie lebten in der spirituellen Beziehung der Kindheit und es fand ein Austausch des Gebens und Nehmens einer spielerischen Umgebung statt.

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Vielleicht fragen Sie sich, warum Sie das alte Gefühl und die Begeisterung, welche in Ihrer Kindheit oder Jugend den gegenseitigen Umgang prägten, nicht wiederherstellen können? Der Grund ist, dass Ihr Geist heute eine andere Nahrung oder Atmosphäre braucht, welche nur ein anderes und wahrscheinlich höher entwickeltes Bewusstsein zu geben vermag. In diesem Fall würde die Zeit wieder genauso schnell und angenehm vergehen, wie in Ihren früheren Lebensjahren. Menschen, die dies bieten können, sind Ihre wahren Beziehungen. Solche Beziehungen können jedoch nur bestehen, wenn Sie Ihrerseits dieselbe gedankliche Qualität einbringen. Die wahren oder spirituellen Beziehungen vieler Geschäftsleute, Mechaniker und anderer Berufstätiger sind häufig wieder Geschäftsleute, Mechaniker oder andere Berufskollegen. Diese Leute leben das vor. Sie fühlen sich unter ihresgleichen wohler als bei sich zuhause, wo sie häufig nur zum Essen und Schlafen zurückkehren, einen anstrengenden Sonntag verbringen und sehnsüchtig wieder auf den nächsten Montag warten, damit sie sich wieder in ihrem Element aufhalten können. Dort sind sie inmitten ihrer wahren Beziehungen und werden von der gedanklichen Atmosphäre ihrer Seelenverwandten angeregt und tun dies auch ihrerseits. Jede geistige Ordnung oder gedankliche Qualität muss mit einer ihr entsprechenden geistigen Beschaffenheit im Austausch stehen, andernfalls leidet sie. Die “Blutsverwandtschaft” hat damit wenig zu tun. Es gibt viel unbewusste Tyrannei, die aufgrund der physischen Beziehungen ausgeübt wird. Größer werdende Kinder weisen ihren Eltern manchmal geistig eine Rolle zu, die diese nicht haben wollen. Dann treten Gedanken der folgenden Art auf, auch wenn sie nur selten geäußert werden: “Meine Mutter wird zu alt für diese modischen Farben. Sie sollte sich dezenter kleiden.” “Es ist lächerlich, dass meine verwitwete Mutter nochmals vor den Traualtar treten will.” Und manchmal stecken hinter solchen Gedankengängen auch harte finanzielle Überlegungen. “Für unsere Mutter ist das Herumreisen nichts mehr. Es ist besser, wenn sie zu Hause bleibt und auf die Enkel aufpasst” oder “Vater sollte sich endlich zur Ruhe setzen” oder “Jetzt kommt Vater auf seine alten Tage auf die Idee, nochmals auf Freiersfüße zu gehen. Das ist doch absurd.” Keine Kraft wirkt subtiler und bringt Gutes oder Schlechtes herbei, als die stetige gedankliche Bombardierung eines Menschen durch ein oder mehrere Bewusstseine auf ein bestimmtes Ziel hin, und unabhängig davon, ob dies intelligent und bewusst oder blindlings getan wird, ist das Ergebnis doch immer dasselbe.

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Ein stetiges Zufließen von Gedanken von, sagen wir, drei oder vier Bewusstseinen, denen “Mutter” als Instrument für neue Körper diente und welche direkt auf “Mutter” ausgerichtet sind, ist eine sehr mächtige Kraft, um sie dort zu behalten, wo die Kinder sie haben wollen. Dieser Gedankenfluß kommt auch im Tarnkleid der Hilfestellung einher: “Mutter muss jetzt etwas langsamer tun und sollte sich in ein Eckchen des Haushalts zurückziehen, um sich um ihre bedürftigen Eltern zu kümmern.” Diese geistige Einwirkung führt vielfach dazu, dass viele Mütter ihre menschlichen Vorrechte verlieren und letztendlich das tun, was die Kinder von ihnen wünschen. Vielleicht taucht hier die Frage auf: “Aber soll ich denn nicht zu meiner Mutter oder anderen Verwandten gehen, wenn mich etwas plagt und ich Hilfe brauche, so wie ich dies immer schon getan habe? Sollen sich Familienangehörige denn nicht gegenseitig beistehen?” Wenn der oder die betreffende Verwandte dies gerne tut, dann sicherlich. Wenn die Hilfeleistung aus dem Herzen kommt und nicht durch ein Gefühl auferzwungen wird, weil sich der oder die Andere als Bruder, Sohn oder sonstiger Verwandter dazu verpflichtet fühlt, dann ist ein solcher Beistand sehr willkommen. Vieles wird unbewusst verlangt, und es wird nicht darum gebeten. Den Verwandten werden große Lasten aufgebürdet, nur weil sie Verwandte sind. Man erwartet sich finanzielle Zuwendungen, Nahrung, Unterkunft oder sonstige Hilfen, wenn sie von anderer Seite nicht zu erhalten sind. Von Verwandten wird Gastfreundschaft erwartet, wo dieses Wort doch bereits fehl am Platze ist, wenn diese Gastfreundschaft nicht aus freien Stücken angeboten wird. Auch Geschenke werden von Verwandten erwartet und verkümmern dadurch zu einer Erpressung. Wahre Geschenke sind immer Überraschungen! Eine Überraschung wird von niemandem erwartet, denn die Erwartung macht die Überraschung zunichte. Verwandte besuchen andere Verwandte und machen es sich bei ihnen heimisch, nur weil sie miteinander verwandt sind, aber hintenherum wird viel gemurrt, wenn sich Verwandte die Unterkunftskosten sparen wollen. Ein Geschenk, das nicht vom Herzen kommt, bringt auf Dauer nichts Gutes und keine wahre Freude mit sich.

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Denn mit dem materiellen Geschenk, dem Essen, der Unterkunft, dem Darlehen, geht noch etwas Unsichtbares und wenig Bekanntes einher, das noch wichtiger ist als die eigentliche Sache. Diese “Etwas” ist der damit verbundene Gedanke. Dieser Gedanke wirkt sich im Guten wie im Schlechten auf den Beschenkten aus. Wenn Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten einem bedürftigen Menschen auch nur eine sehr bescheidene Summe geben, diese Gabe jedoch von dem aufrichtigen Wunsch begleitet ist, dieser Person zu helfen, dann geben Sie zusätzlich ein Gedankenelement mit, das den Beschenkten nie verlassen wird und ihm auf alle Zeiten anteilig zur Qualität und Macht Ihres Gedanken Gutes bringt. Sie tun dann wesentlich mehr als nur seine physische Notwendigkeit zu lindern. Sie geben ihm auch ein gewisses Quantum an spiritueller Macht mit. Sie wünschen sich, dass seine Fähigkeiten so weit verbessert werden mögen, dass er die Bettelei nicht mehr nötig hat und geben ihm etwas Gutes von dieser Erde ab, wodurch Sie ihm einen großen Dienst erweisen. Sie haben ihm einen Gedankensamen eingepflanzt, der zu irgendeinem Zeitpunkt in seiner realen oder spirituellen Existenz Wurzel fassen und Frucht bringen wird. Wenn Sie aber missmutig und mürrisch geben, wenn Sie Speisen, Unterkunft, Kleidung, Geld oder etwas anderes nur geben, weil Sie von den Umständen dazu gezwungen werden, oder weil Sie befürchten, dass die Leute andernfalls schlecht über Sie reden würden, dann bewirkt Ihr Geschenk nur wenig Gutes, egal, wem Sie es geben, selbst dann nicht, wenn es sich bei den Beschenkten um Ihre Eltern, Geschwister oder Nachkommen handeln sollte! Dann lindern Sie lediglich ein körperliches Bedürfnis, und auch das nur eine gewisse Zeitlang. Sie geben vielleicht Nahrung, Unterkunft oder Kleidung, aber dem Geist geben Sie nichts, solange der Gedanke, der Ihre Gabe begleitet, nicht auch von der Bereitschaft getragen wird, wirklich Gutes zu tun. Der mit Ihrer Gabe einher gehende Gedanke des Widerwillens, dieser so weit verbreitete Gedanke, wenn der Empfänger der Gabe (unabhängig von der Beziehung) nur geduldet und nicht gerne gesehen ist, und wenn nur gegeben wird, weil es so Brauch ist oder weil es die öffentliche Meinung verlangt, richtet sowohl beim Schenker wie beim Beschenkten großen Schaden an. Sie senden dem Empfänger dann einen Gedankenstrom, der seinem Wesen nach und auch in seiner Wirkung schlecht ist. Der Beschenkte zahlt es Ihnen dann sozusagen mit gleicher Münze heim und Sie erhalten ebenfalls wieder schädliches Gedankengut zurück. Denn wenn Sie ein nicht frohen Herzens gegebenes Geschenk erhalten, ist Ihr Gefühl für den Schenker nicht von warmer und aufrichter Dankbarkeit, sondern von etwas ganz anderem, geprägt.

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Als Jesus die arme Witwe lobte, die zwei kleine Münzen in den Opferkasten warf, tat er dies nicht nur, weil sie gemessen an ihren Mitteln mehr gab als die anwesenden Reichen, sondern weil er bemerkte, dass ihr Denken auf wahre Hilfe ausgerichtet war und ihre bescheidene Gabe aus dem Herzen kam, während die der Reichen von niedrigeren Beweggründen geprägt war. Er sah auch, dass die Gedanken der Frau mehr Gutes bewirkten als die der anderen, denn diese Gedanken waren reiner und deshalb stärker. “Ist es denn nicht meine Pflicht, einen nahen Verwandten, der alt oder hilflos ist, zu ernähren und zu beherbergen?” Das ist die Frage, die Sie sich jetzt vielleicht stellen. “Pflichtgemäßes Handeln” beinhaltet nicht zwangsläufig, dass dem geholfenen Menschen Hilfe aus einer Haltung der Liebe geleistet würde. Manchmal wird diese Unterstützung mechanisch oder widerwillig gewährt. Manchmal wird sie auferzwungen. Das führt dazu, dass nur wenig Gutes bewirkt wird. Zwar werden die körperlichen Bedürfnisse zeitweilig gestillt, die spirituellen jedoch nicht. Solange aber der spirituelle Anteil unseres Wesens keine Nahrung erhält, kann es keine dauerhafte Linderung geben und es fehlt auch der körperlichen Seite etwas Wesentliches. Eltern, die im hohen Alter nur aus einem Pflichtbewusstsein heraus von ihren Kindern versorgt werden, müssen häufig geistige Verletzungen hinnehmen und hungern seelisch aus. Sie erhalten von ihren Kindern keine wahre Liebe. Unerwünschte Kinder, die nur deshalb auf der Welt sind, weil es so Brauch ist, oder weil es die Konvention verlangt, haben ein schweres Los zu tragen und leiden unter der seelischen Aushungerung. Liebe, die aus dem Herzen kommt, ist wahrlich lebensspendend, und wenn das Kind eine solche Liebe erfährt, ist es eine Quelle für Freude, Gesundheit, Stärke und Aktivität. Es gibt ein anerzogenes Gewissen, dessen Grundlage die Angst vor der öffentlichen oder privaten Meinung ist. Das ist nicht selten der Boden, auf dem “pflichtbewusstes Handeln” wächst. Wenn sich die öffentliche Meinung unverhofft ändern würde und die Person, die einen alten oder pflegebedürftigen Menschen nur aus einem Pflichtgefühl heraus versorgt, davon ausgehen könnte, dass sie unzenziert davon käme, so würde der angeblich liebevoll umsorgte Verwandte wahrscheinlich im Armenhaus landen und die Tochter oder der Sohn würden ihr wahres Wesen zeigen. Man kann manchmal von Müttern hören “Es ist egal, was aus mir wird. Hauptsache meinen Kindern geht es gut.” Eine Mutter sollte sich sehr um ihre eigene Weiterentwicklung kümmern. Wenn sie sich selbst vernachlässigt, wird sich das wahrscheinlich auch bei ihren Kindern bemerkbar machen.

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Eine Mutter sollte von ihren Kindern bewundert, geachtet und geliebt werden. Eine solche Bewunderung und Achtung kann nur eine Frau erfahren, die mit beiden Beinen auf der Erde steht, die etwas aus sich gemacht hat und etwas bewegt. Die Mutter, die sich mit einer Mischrolle aus Krankenschwester und Haushaltsgouvernante begnügt, die ihr Äußerliches vernachlässigt und für eingebildete oder echte Notfälle als Ersatzfeuerwehrfrau agiert, kann diese Bewunderung von ihren Kindern nicht erwarten. Viele Mütter werden deshalb von ihren eigenen erwachsenen Kindern angeschnauzt oder ignoriert. Wenn sich Mütter so weit erniedrigen, dass sie nur noch Handlanger ihrer Kinder sind, zahlen sie einen hohen Preis. Wenn Sie es zulassen, dass Ihr Wille ständig übergangen wird, dass Sie Ihre eigenen Präferenz und Neigungen aufgeben und zum Echo der anderen verkommen, wenn Sie nur noch nach der Pfeife der anderen tanzen, verlieren Sie immer mehr an Boden und Durchsetzungskraft. Dann nehmen Sie immer mehr vom Bewusstsein der anderen auf und handeln immer mehr im Einklang mit den unausgesprochenen Gedanken der anderen. Sie werden zum Fossil und versinken in eine hoffnungslose Andienerschaft. Darüber hinaus büßen Sie immer mehr physische und mentale Kraft ein und entwickeln sich zu einem senilen Vater, zu einer hilflosen alten Frau, und werden nur noch geduldet, nicht aber wirklich geliebt. In vielen Fällen war dies die Wirkung der Bewusstseine erwachsener Kinder auf ihre Eltern. Die stillen und ständig auf den Elternteil einwirkenden Kräfte dieser Bewusstseine tragen dazu bei, dass bei dieser Mutter oder diesem Vater ein physischer Zusammenbruch erfolgt, dass Tatterigkeit und geistige Schwäche - vielfach auf das “fortgeschrittene Alter” geschoben - teilweise auf die schädliche Wirkung eines Bewusstseins (oder auch mehrerer) zurückzuführen sind, welches danach trachtet, ein anderes zu übertölpeln. Dieser Schaden wird unbewusst angerichtet. Der Sohn will den Bauernhof bewirtschaften. Er hat vielleicht einen starken Willen. Schritt für Schritt dehnt er seinen Einfluß aus und betrachtet immer mehr als sein Recht, was er früher nur mit Vaters Erlaubnis tun durfte. Er setzt sich durch, vielleicht auch unterstützt von anderen Geschwistern, die alle ihre stille Kraft in derselben Richtung einsetzen. Dadurch kann eine Kräfteverbindung entstehen, der der Einzelne, gegen den sie gerichtet ist, beinahe nicht mehr widerstehen kann. Es ist ein stetiger und unaufhörlicher Druck. Dieser Druck wirkt Tag und Nacht. Er wirkt umso nachhaltiger, als der Elternteil, der ihm ausgesetzt ist, von dieser auf ihn einwirkenden Kraft nicht die geringste Ahnung hat. Seite 19

Dieser Elternteil wird immer schwächer. Er wird passiv. Die frühere Tatkraft ist verschwunden und er hält es für unausweichliche Alterserscheinungen. Ich kannte einen über siebzig Jahre alten Mann, der gesund, aktiv und kräftig war. Geistig und körperlich konnte er gut mit einem Vierzigjährigen mithalten. Er hatte ein großes Geschäft aufgebaut. Seine Kinder setzen es sich in den Kopf, dass es an der Zeit sei, dass sich Vater zurückziehen sollte. Dieser manchmal ausgesprochene, manchmal unausgesprochene Gedanke wirkte Monat für Monat auf den Vater ein und verlangte von ihm, dass er sich aus dem aktiven Geschäftsleben zurückziehen solle. Im vertraulichen Gespräch mit einem Freud äußerte sich: “Warum soll ich mich denn zurückziehen? Mir gefällt dieser Beruf, und wie ich sehe, habe ich immer noch alles gut im Griff”. Doch der ständige Druck, der von seinen Feinden in Gestalt seiner eigenen Kinder auf ihn ausgeübt wurde, war mit der Zeit schlichtweg zu groß. Also zog er sich zurück. Seine Söhne und Töchter waren zufrieden. Doch es dauerte nicht lange, bis den Vater gesundheitliche Probleme plagten. Er lebte noch etwa zwei Jahre. Eine seiner letzten Bemerkungen war: “Meine Kinder haben mich umgebracht!” “Soll ich denn meine Kinder nicht über alles lieben?” fragen Sie jetzt vielleicht? Das Wörtchen “soll” hat bei der Liebe nichts verloren. Die Liebe fällt dorthin, wo sie will, zu wem sie will und von wem sie angezogen wird. Sie können sich nicht dazu zwingen, etwas oder jemanden zu lieben. Es gab Eltern, die keine wahre Liebe für ihre Kinder empfanden und Kinder, die keine wahre Liebe zu ihren Eltern hatten. Das ist keiner Seite vorzuwerfen. Es fehlte ihnen an der Fähigkeit zur Liebe. Sie kamen mit diesem Mangel auf die Welt. Der Vorwurf trifft sie nicht stärker als jemanden, der blind oder taub auf die Welt kommt. Manche Eltern täuschen die Liebe zu ihren Kindern vor, doch in Wirklichkeit kennen sie sie nicht. Ein Vater, der seine Beherrschung verliert und seinen Sohn verhaut, liebt ihn nicht wirklich. Auch im Kreise der Familie sind Regeln notwendig, doch diese dürfen nicht auf Wut oder Unbeherrschtheit beruhen. Manchmal beeinflussen Eltern die Zukunft ihrer Kinder, indem sie bei der Berufswahl sehr aktiv mitsprechen. Vielleicht haben die Eltern Vorurteile gegen gewisse Laufbahnen, die das Kind gerne einschlagen würde. Und so trifft es auf erbitterten Widerstand bei seinen Eltern. Seite 20

Diese Angelegenheit wird nicht vernünftig besprochen oder durchdacht. Die Antwort ist ein unabrückbares “Nein!”. Solche Gefühle und Verhaltensweisen beruhen nicht auf einer Liebe zu ihrem Kind . Sie wurzeln in der Liebe der Eltern zu ihrer eigenen Meinung und sind ein Zeichen von Tyrannei. Manchmal vergessen Eltern, dass das Kind nach der völligen physischen und geistigen Hilflosigkeit während der Kindheit nun immer mehr ein Individuum wird. Als solches hat es einen eigenen Geschmack, eigene Vorlieben und Neigungen. Diese individuelle Geschmacksausrichtung oder Neigung kann von keinen Eltern gebrochen oder verändert werden. Niemand kann das Bewusstsein eines Kindes in eine andere Richtung biegen. Denn das Bewusstsein des Kindes ist ein Bewusstsein oder Geist, der bereits andere physische Leben von der Kindheit bis zur Reife oder gar bis zu einem hohen Alter durchlebt hat, und wenn es einen neuen Körper erhält, erlangt es eine relative Kontrolle über diesen Körper und fängt an, als Mann oder Frau zu agieren, wie es dies auch bereits in seinem früheren Leben getan hat. Das kann sehr ähnlich wie bei den Eltern, oder auch völlig anders, aussehen. Wie dem auch sei, haben es die Eltern mit einem Individuum zu tun, das immer mehr seine eigenen Wesenszüge, Eigenschaften, Vorlieben und Neigungen entwickelt. Diese müssen zum Ausdruck gelangen! Geistig werden sie auf jeden Fall zum Ausdruck gelangen, auch wenn ihnen dies auf der physischen Ebenen nicht gestattet ist. Falls der Junge zum Meer gehen will und ihm die Eltern dies verbieten, geht der Junge eben in seinen Gedanken zum Meer hinunter. Wenn er schon gedanklich tut, ist es besser, wenn ihm auch sein Körper folgt, da immer ein Schaden entsteht, wenn Geist und Körper nicht zusammenarbeiten. Falls die Mutter dem Jungen verbietet, zum Meer hinunterzugehen, weil sie befürchtet, dass es dort für ihn zu gefährlich sei, ist sie in ihre eigenen Ängste mehr verliebt als sie ihren Sohn liebt. Manchmal setzen sich die Eltern völlig über das Kind hinweg - zwar nicht über seinen Körper, aber über seinen Geist. Die Vorlieben, Neigungen und Wünsche des Kindes gelten als völlig unerheblich. Wenn der Junge Seemann werden will und seine Eltern andere Pläne für ihn haben, können die Eltern dies wahrscheinlich durchsetzen. Doch wird der Junge bei dieser anderen Tätigkeit auch wirklich erfolgreich und glücklich sein? Die Antwort finden wir beim großen Heer der Mittelmäßigen im ganzen Lande. Ein Sohn wendet sich der Flasche zu oder kommt in schlechte Gesellschaft und gelangt auf die schiefe Bahn. Seite 21

Die Eltern machen sich Vorwürfe, weil sie sich mehr um ihren Jungen hätten kümmern sollen. Die Mutter wirft sich vielleicht vor, dass sie aufgrund ihrer Nachlässigkeit selbst die Ursache der Missetaten ihres Jungen gewesen sei. Doch gnädige Frau, Sie gehen viel zu hart mit sich ins Gericht! Den Charakter hat Ihr Sohn oder Ihre Tochter nicht Ihnen zu verdanken. Der Charakter war bereits vorhanden, als der Geist den letzten neuen Körper Ihres Kindes in Besitz nahm. Die Eigenschaften, Unzulänglichkeiten und Fehler, die im letzten Erdendasein vorherrschend waren, setzen sich auch im nächsten durch. Wenn Stehlen und Betrügen vorher im Geist angelegt waren, werden sich diese Tendenzen auch jetzt wieder zeigen. Wenn Ihr Kind einen groben, ungeschlachteten und schlemmerhaften Charakter hatte, werden sich diese Züge auch jetzt wieder Ausdruck verschaffen. Sofern Sie selbst ein edleres Gedankengut besitzen, können Sie durchaus viel dazu beitragen, diese Tendenzen etwas abzuschwächen, dies geschieht jedoch durch die stille Kraft und das stille Wirken Ihres weiterentwickelten Denkens auf das Bewusstsein Ihres Kindes. Es wird nicht durch mündliche Ermahnungen oder körperliche Züchtigung oder Disziplin geschehen! Was sich zum Zeitpunkt einer neuen physischen Existenz in einem Bewusstsein befindet, und dazu gehören auch die Unzulänglichkeiten, muss sich zeigen und muss durchlebt und durchlitten werden, bis dieses Bewusstsein aufgrund seiner Fehler deutlich selbst erkennen kann, dass es sich die entsprechenden Konsequenzen zugezogen hat! Diese Lektionen können nur dann gelernt werden, wenn der betreffende Mensch die völlige Freiheit hat, so zu leben, wie es ihm beliebt, soweit die elterliche Obhut betroffen ist. Sie können auf ein solches Leben eine Zeitlang durchaus Kontrolle ausüben und es beeinflussen, doch ein solchermaßen extern gelebtes Leben ist nur die Glasur und im Bewusstsein selbst sind nach wie vor die niedrigeren Ausrichtungen und Neigungen vorhanden. Je eher diese ausgelebt werden, umso rascher wird dieser Mensch das wahre Gesetz kennen lernen, das ihm Leid und Bestrafungen zufügt, weil er unabänderliche Gesetzmäßigkeiten verletzt hat, und umso rascher wird er das Glück kennen lernen, das nur der kennt, der im Einklang mit diesen Gesetzmäßigkeiten lebt. Das muss ein jedes Bewusstsein für sich selbst tun! Ein Elternteil kann bei einem Kind einen falschen Charakter herausbilden. Der Vater oder die Mutter kann dem Kind indirekt, aufgrund seines geistigen Einwirkens auf das Kind, vermitteln, wie man das, was gemeinhein als “gut” bezeichnet wird, vortäuscht und sich nach außen so verhält. Kurzum, die Eltern können das Kind zu einem Heuchler erziehen. Seite 22

Im Grunde wird jedoch kein Mensch durch einen anderen umerzogen. Die Umerziehung muss von innen heraus kommen und sich selbst tragen. Sie darf nicht ausschließlich von der Anwesenheit oder vom Einfluß anderer Menschen abhängen. In diesem Fall wäre die Umerziehung sehr mangelhaft und zeitlich beschränkt. Sobald die Anwesenheit oder der Einfluß der anderen Menschen nicht mehr gegeben sind, würde es zu einem Rückfall kommen. Manchmal können wir Aussagen folgenden Stils hören: “Die Frau hat aus ihm (dem Mann) dies und das gemacht!” Umgekehrt hören wir das im übrigen so gut wie nie. Es ist durchaus möglich, einem Mann sein zügellosen Leben zu verwehren oder ihn aufgrund des Einflusses und der Macht unter der Fuchtel von Madame zu halten, doch wenn dies einzig und allein ihr Werk ist, wird dann, wenn er ihrer ständigen Anwesenheit und Einflußnahme nicht mehr ausgesetzt ist, sein wahrer Charakter wieder durchbrechen, und er hatte sich nicht wirklich geändert. Darüber hinaus ist er für sie eine ständige Last und Bürde. Wenn ein Mensch die Last von zweien zu tragen hat, ist das Ganze eine einseitige Angelegenheit und letztendlich wird die Frau unter einer solchen Last zusammenbrechen und das Endergebnis sind zwei gescheiterte Existenzen, statt nur einer einzigen. Kein Mensch kann einen anderen “formen”, zumindest nicht im höchsten Sinne. Ein Mensch mit einem weiterentwickelten Bewusstsein kann jedoch, wenn er mit dem schwächeren Bewusstsein in einer sehr engen und langjährigen Beziehung steht, diesem vorübergehend sein Leben und seine Kraft vermitteln, wenn es der Wunsch des Stärkeren ist, dem Schwächeren wirklich helfen zu wollen. Falls der Mann diese Unterstützung von seiner Frau erhält und diesbezüglich von der Frau abhängig ist, lebt er nicht seinen eigenen Charakter aus. Er repräsentiert vorübergehend den Charakter der Frau und stellt diesen sozusagen zur Schau, soweit ihm dies möglich ist. Falls sie verstirbt oder anderweitig von seiner Seite weicht, fällt er wieder in sein früheres Muster zurück, es sei denn, er findet jemanden anderen, der ihm wieder Kraft borgt. Wenn sie ihn unterstützt, wirkt sie nur als zeitweilige Krücke für seinen Charakter. Dies kann nicht von Dauer sein und wird spätestens dann enden, wenn die Quelle entzogen wird; darüber hinaus ist es für sie eine sehr anstrengende Angelegenheit. Eltern vermitteln ihren Kindern oft unbewusst, dass sich die Kinder auf sie verlassen könnten, dass sie mit moralischer Unterstützung rechnen könnten. Seite 23

Das Ergebnis ist, dass sich das Leben der Eltern erschöpft und dass sie sich eine allzu schwere Last aufbürden. Das Kind wird dann keine echte Liebe mehr für seine Eltern empfinden. Man kann etwas Schwaches und Verwelktes bedauern oder bemitleiden, lieben kann man es nicht. Liebe beruht auf Bewunderung und Bewunderung wird nicht durch Schwäche und Nachlässigkeit ausgelöst. Die Tendenz, welche wir Instinkt nennen, und welche die Vogelmutter veranlasst, ihre Jungen aus dem Netz zu stoßen, sobald sie flügge sind, damit sie sich selbst überlassen bleiben, finden wir auch bei den universellen Gesetzmäßigkeiten wieder. Wir Menschen halten dies für “brutal”. Aber wäre es für die Vögelchen besser, wenn sie im Nest verblieben, wo sie keine Stärke entwickeln können und wo sie, wenn nach ein paar Wochen die Stürme und das harte Wetter kommen, die selbst den ausgewachsenen Vögeln zu schaffen machen, nicht bestehen könnten? Der Elternteil, sei es ein Vogel, ein anderes Tier oder eine menschliche Mutter, braucht nach diesen Zeiten des Ausbrütens, Gebährens und Aufziehens eine Saison der Ruhe und Erholung, und die Dauer dieser Ruhezeit sollte sich in einem angemessenen Verhältnis zur Komplexität des Unterfangens richten. In solchen Zeiten sollte die Mutter von den Bedürfnissen und Ansprüchen des Kindes frei sein. Vögel und andere Wildtiere nehmen sich solche Ruhezeiten. Doch tausende menschlicher Mütter sind niemals frei von den Anforderungen ihrer Kinder, bis sie am Ende ihrer Tage verbraucht und erschöpft sind. Sie sollten aber von ihren Kindern frei sein, so wie sie als Mädchen frei waren, bevor sie Mütter waren. Die Mutterschaft ist eine wichtige Phase des Heranreifens und Ausbildens von Eigenschaften, doch keine Erfahrung sollte ein Leben lang anhalten. Das Leben ist voller Veränderung, kein festbetonierter Graben, der kein Ausweichen gestattet. Wenn Menschenkinder noch Jahre ihres Erwachsenenlebens bei ihrer Mutter bleiben, wenn ihnen Hilfe, Rat und Mitgefühl förmlich aufgedrängt werden, wenn die Mutter die ständige Anlaufstelle ist, besteht die Gefahr, dass sie einseitig zu viel gibt und nichts zurück erhält. Sie wägt sich dann in einem falschen Gefühl der Mutterschaft, das ihr zu viel abverlangt. Sie beraubt sich eines neuen Lebens, das auf sie wartet, sobald die “Brut flügge ist”. Und sie hilft ihren Kindern dabei, aus ihr eine schwache und hilflose “alte Frau” zu machen.

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Nun mag man einwenden: “Wenn man Ihren Ratschlägen folgen würde, wären die Straßen voller Kinder, die aus ihren Elternhäusern geworfen wurden und sich selbst überlassen blieben.” Ich plädiere keineswegs dafür, dem Beispiel der Vögel und Wildtiere blindlings zu folgen. Das wäre eine große Ungerechtigkeit. Kein Brauch, auch wenn er auf Fehlern beruht, kann von heute auf morgen geändert werden, ohne dass es Störungen, Ungerechtigkeiten und Probleme gäbe. Dennoch tun wir gut daran, das uns von der Natur vorgemachte Prinzip zu studieren. Dieses Prinzip zeigt sich am Baum, der die reife Eichel abwirft, am Vogel und am wildlebenden Tier, der die Jungen sich selbst überlässt. Weder die abgeworfene Eichel noch das junge Wildtier kehren jemals wieder zu ihrem Stamm oder ihren Eltern zurück, um sich dort Unterhalt zu holen. Es wird immer nur solange Unterstützung gewährt, bis der Nachwachs stark genug ist, um aus der Erde und der Luft, dem Fleisch oder Korn, selbst die Nahrung zu beziehen. Sind unsere Straßen denn heute nicht voll von erwachsenen Kindern, die nicht in der Lage sind, für sich selbst zu sorgen? Verlassen nicht jedes Jahr Tausende ihre Elternhäuser, ohne sich selbst am Leben halten zu können? Diese jungen Menschen können sich weder Nahrung, noch Kleidung noch Unterkunft selbst verdienen, und wenn doch, dann nur, indem sie sich viele Stunden bei Mindestlöhnen abplagen müssen. Eine solche Schinderei erschöpft. Abertausende von Töchtern überall im Lande werden “alte Jungfern” und ihre Eltern gestatten ihnen nicht, in die Welt hinaus zu gehen und ihre Chance zu ergreifen. Das sind die verhätschelten Jungvögel, denen eine eigene Existenz verwehrt wird; sie verlieren ihre Eigenständigkeit und müssen sich mit Almosen begnügen.

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Kapitel 3: Gedankenströme Wir müssen sehr sorgfältig au das achten, was wir denken und worüber wir sprechen! Denn Gedanken verlaufen in Strömen, die genauso real sind wie Luft oder Wasser. Entsprechend dem, was wir denken und worüber wir sprechen, ziehen wir gleichartete Gedankenströme wieder an. Das gilt im Guten wie im Schlechten und betrifft Körper und Geist gleichermaßen. Wenn Gedanken für das physische Auge sichtbar wären, könnten wir sehen, wie sie von Menschen weg und zu Menschen hin fließen. Wir könnten erkennen, dass sich Menschen mit ähnlichen Temperamenten, Charakterzügen und Beweggründen im selben Gedankenstrom bewegen. Wir würden sehen, dass sich der mutlose oder verärgerte Mensch im selben Strom aufhält wie andere mutlose oder verärgerte Menschen und dass jede dieser Gefühlslagen als zusätzliche Batterie für diese Gedanken dient und den jeweiligen Strom noch verstärkt. Wir würden auch sehen, dass diese Kräfte auf ähnliche Weise auch bei den zuversichtlichen, optimistischen und fröhlichen Menschen wirken. Diese werden mit anderen zuversichtlichen, optimistischen und fröhlichen Menschen verbunden. Wenn Sie niedergeschlagen oder traurig sind, wirken die Gedankenströme anderer niedergeschlagener oder trauriger Menschen auf Sie ein. Sie sind dann eins mit der mutlosen Gedankenordnung. Das Bewusstsein ist dann krank. Zwar kann es geheilt werden, doch wenn ein Mensch lange Zeit diesen niedergeschlagenen Gedankengängen ausgesetzt war, kann eine dauerhafte Heilung nicht sofort erfolgen. Wenn wir den Strom von etwas Bösem anziehen, verschmelzen wir eine Zeitlang mit diesem Bösen. Eingebettet in den Gedankenstrom des Allbewusstseins können wir immer mehr eins mit dieser übergeordneten Macht werden. Die Bibel nannte dies das “Einssein mit Gott”. Das ist der erstrebenswerte Gedankenstrom; diesen sollten wir anzuziehen trachten.

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Wenn eine Gruppe von Personen über Krankheiten oder Leiden, das Sterbebett oder körperliche Schmerzen spricht und sich ihre Gespräche um ungesunde und grässliche Themen drehen, bringen sich diese Menschen in einen ähnlich gearteten Gedankenstrom, angefüllt mit Bildern von Krankheit, Leid und ungewollten Schauerdingen, und tragen dazu bei, dass sie diese unerwünschten Dinge selbst anziehen. Wenn wir, aus welchen Gründen auch immer, viel über kranke Personen sprechen oder uns häufig unter ihnen aufhalten und an sie denken, ziehen wir einen Strom kranker Gedanken in unser Leben und die entsprechenden Ergebnisse werden sich in unserem Körper Ausdruck verschaffen. Zu unserem Heil bedarf es wesentlich mehr als bisher allgemein erkannt wird. Wenn sich Personen über geschäftliche Dinge unterhalten, ziehen sie einen Strom mit geschäftlichen Ideen und Projekten an. Je mehr sie übereinstimmen, umso mehr wird dieser Gedankenstrom wieder seinesgleichen anziehen und ihren Geschäften zum Wohle gereichen. Auf diese Weise tragen Konferenzen oder Gespräche unter den leitenden Mitarbeitern eines Unternehmens dazu bei, dass eine Kraft entsteht, die sich förderlich auf die Entwicklung ihrer Geschäftstätigkeit auswirkt. Reisen Sie in der ersten Klasse, übernachten Sie in erstklassigen Hotels und kleiden Sie sich tadellos, ohne jedoch so töricht zu sein, in Extreme zu verfallen, die Sie sich finanziell nicht leisten können. Das hilft Ihnen, sich in einen “Erfolgsstrom” zu begeben. Wenn Ihr Geldbeutel solche Ausgaben nicht zulässt, oder Sie der Meinung ist, er würde es nicht zulassen, können Sie zumindest geistig so zu leben beginnen. Damit tun Sie die ersten Schritte in diese Richtung. Finanziell erfolgreiche Personen richten sich unbewusst nach diesem Prinzip. Es gibt jedoch noch eine weitere Kraft und einen zusätzlichen Faktor, der diese Menschen antreibt. Es handelt sich um eine Weisheit, von der ihr materielles Bewusstsein kaum etwas weiß. Es ist die Weisheit des Spirituellen, die sie veranlasst, sich in den Gedankenstrom Erfolgreicher zu begeben, und aus diesem Gedankenstrom Erfolge anzuziehen. Das ist noch kein voller Erfolg, aber ein wesentlicher Zwischenschritt. Unser Denken ist fast immer auf das Billige ausgerichtet: billige Unterkünfte, billiges Essen und billige Reisekosten. Wir begnügen uns mit dem Billigen und finden uns mit dem Gedankenstrom des Ängstlichen und Unterwürfigen ab. Das wirkt sich auf unsere Lebenssicht und unsere Pläne aus. Es lähmt unseren Unternehmungsgeist und Wagemut.

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Dieser Gedankenstrom, der ständig auf Sie einwirkt, wird von erfolgreichen Menschen gespürt und sorgt dafür, dass Ihnen diese Leute aus dem Weg gehen. Diese Menschen spüren, dass Ihnen ein Element fehlt, das ihnen ihren relativen Erfolg bringt. Es entsteht eine Hürde, welche vom Wohlwollen nicht überwunden werden kann. Das Wohlwollen ist im Geschäfts- und Berufsleben ein wichtiger Faktor. Trotz widerstrebender Interessen bindet ein Gedankenstrom des Wohlwollens die Erfolgreichsten zusammen. Die Manie nach dem Preisgünstigsten und Billigsten entspringt einem Gedankenstrom der Ängstlichkeit und des Misserfolgs. Der Gedankenstrom der Ängstlichkeit und des Misserfolgs vermischt sich nicht mit dem Gedankenstrom der Schwungkraft, des Elans, der Beherztheit und des Erfolgs, und Menschen, die sich in solchermaßen unterschiedlichen gedanklichen Schwingungen bewegen, kommen nicht zusammen. Diese Menschen halten sich in unterschiedlichen Lagern auf und zwischen ihnen besteht eine Hürde, die unüberwindlicher ist als eine Mauer aus Stein. Verbohren Sie sich geistig in eine bestimmte Idee und Sie gelangen in den Gedankenstrom anderer Bewusstseine, welche dieselbe Idee bis ins Extrem verfolgen. Doch Extreme fallen wieder auf den Menschen zurück, der es mit dieser Idee übertrieben hat. Sie führen zu einer Verzerrung der Urteilskraft und Vernunft. Extreme bringen Fanatiker, Eiferer, Kauze und Irre hervor, gleich, ob die Idee den Bereich der Künste oder Studien, eine Wissenschaft, eine Reform oder eine “Bewegung” betrifft. Solche Gedankenströme führen Extremisten unabhängig vom Inhalt ihrer Thesen zusammen. Nicht selten werden aus diesen Menschen hasserfüllte Feinde aller anderen, die von ihren Meinungen abweichen und diese Hassgefühle tun ihr übrigens, damit diese Leute sich selbst zum Stolpern bringen. Auf der sicheren Seite befinden Sie sich nur, wenn Sie sich täglich in den Gedankenstrom der Weisheit des unendlichen Bewusstseins einstimmen. Wenn diese Weisheit „angezapft“ wird, werden unsere Reformen und Organisationen „zum Wohle des Ganzen“ nicht mehr in Gezänk ausarten, kaum, dass sie in Gang gebracht wurden. Gegen den „Ausbeuter“ gerichtete Gedankenströme des Hasses und der Gegnerschaft gelten heute als gesellschaftsfähig. Diese Kraft muss zwangsläufig Streitsucht und Zwietracht säen. Seite 28

Diese Kraft wird zum Kaputtmachen, und nicht zum Aufbauen, verwendet. Wenn Leute zusammenkommen und ihren Missmut gegen andere zum Ausdruck bringen, ziehen sie einen Gedankenstrom mit einer zehnfach größeren schädlichen Wirkung auf sich. Denn jeder Gedanke, der im Bewusstsein gehalten wird, findet seinen Ausdruck auch im Körper. Je mehr wir an die Fehler und Unzulänglichkeiten von Menschen denken, umso mehr ziehen wir diesen Gedankenstrom an und verleiben uns diese Fehler selbst ein. Das Gespräch erzeugt Kräfte und je mehr wir uns in unseren Gesprächen in etwas hineinbegeben, umso größer ist auch die Macht des jeweiligen Gedankenstroms. Das gilt im Guten wie im Schlechten. Wenn eine Gruppe von Klatschmäulern zusammenkommt, die es nicht lassen können, sich über die Fehler der Abwesenden auszulassen, arbeiten sie unbewusst mit einem Prinzip, das ihnen selbst schädliche Ergebnisse bringen wird. Klatsch, Gerede und Geschwätz wirken auf manche so berauschend wie Champagner und die Skandale und Fehler der Nachbarn und Feinde erheitern manche Klatschmäuler ebenso sehr wie ein süßer Tropfen. Doch letztendlich ist der Preis um ein Vielfaches höher! Wenn sich zwei Menschen regelmäßig zusammensetzen und über Gesundheit, Stärke und Vitalität ihrer Körper und ihres Geistes austauschen würden, während sie sich gleichzeitig still der Höheren Kraft öffnen, damit die besten Ideen zur Erlangung dieser Wohltaten eintreffen, würden sie einen entsprechenden Gedankenstrom anziehen. Es es wäre besser, wenn nur zwei, statt mehr, Menschen mit diesem Tun begönnen. Denn auch nur zwei Menschen zu finden, die sich entsprechend einstimmen und darauf hinwirken, diese gewünschten Ergebnisse anziehen, ist bereits ein schwieriges Unterfangen genug. Der Wunsch nach solchen Treffen muss von innen heraus kommen, jedes auferlegte Motiv würde den höchsten Gedankenstrom unterbinden. Über ein ähnliches Prinzip brachten sich die nordamerikanischen Indianer durch ihren Tanz in einen Taumel, der sie stimulierte und sogar berauschte. Je mehr Bewusstseine an dieser mentalen Berauschung teilnahmen, umso rascher kam das gewünschte Ergebnis zustande. Der Vortragsredner zieht aus seinem Publikum einen Gedankenstrom an und sendet ihnen wieder dorthin zurück, was das Publikum begeistert. Dasselbe tut der inspirierende Schauspieler. Diese Personen bringen zunächst ein höheres und mächtigeres Gedankenelement zu sich selbst, es durchströmt sie und wirkt danach auf das Publikum zurück. Seite 29

Wenn Sie sich geistig viel mit Ihren Fehlern beschäftigen, werden Sie aufgrund desselben Prinzips mehr vom entsprechenden Gedankenstrom anziehen und auf diese Weise ebendiese Fehler noch vergrößern. Es reicht, dass Sie diese Fehler an sich erkennen. Sagen Sie sich nicht ständig vor: „Ich bin schwach, feige, unvorsichtig oder lauenhaft“. Sie tun besser daran, den Gedankenstrom von Stärke, Mut, Ausgeglichenheit, Umsichtigkeit und alle sonstigen guten Eigenschaften anzuziehen! Halten Sie sich diese angestrebten Eigenschaften vor Auge und machen Sie sie zu einem Teil Ihrer selbst. Allzu leicht tappen wir in die Falle, dass wir uns tagelang in etwas verbohren, was wir kaufen wollen, zum Beispiel einen Anzug. Dann grübeln wir über die Farbe, den Schnitt, die Accessoires und die Krawatte nach, bis wir kaum mehr an etwas anderes denken können. Wir können uns nicht entscheiden und quälen uns tagelang mit dieser Unentschiedenheit herum. In diesem Fall haben wir uns in die Gedankenströme tausender anderer Bewusstseine begeben, die ebenfalls mit einer Unentschiedenheit kämpfen. Eine sichere Methode für eine junge Frau, um hässlich zu werden, besteht darin, unzufrieden, mürrisch, verdrossen, gereizt und sogar neidisch zu werden. Aufgrund dieser Geisteszustände zieht sie die unsichtbare Gedankensubstanz an, die auf ihren Körper einwirkt und ihn lädiert. Diese ruiniert ihren Teint, zieht Linien und Falten in ihr Gesicht, und verschrumpelt ihre Nase. Es ist nicht mein Anliegen, hier zu moralisieren, nach dem Motto: „Ihr sollt dies und das nicht tun“. Ich zeige lediglich Ursache und Wirkung auf. Setzen Sie Ihr Gesicht dem Feuer aus und Ihr Gesicht wird verunstaltet werden. Dies ist so, weil sich ein Element auf es auswirkt. Setzen Sie Ihr Bewusstsein dem Feuer des Grolls, der Böswilligkeit oder Anfeindung, des Neides oder der Eifersucht aus, und es wird ebenfalls verunstaltet und gezeichnet, auch wenn das einwirkende Element unsichtbar ist! Alles Schlechte und Unvollkommene, zum Beispiel die unzureichenden Charaktereigenschaften unserer Mitmenschen, unansehnliche Dinge oder Umstände, die den Ohren weh tun, sollten möglichst bald aus dem Bewusstsein entfernt werden! Je mehr wir uns damit beschäftigen, umso rascher ziehen wir die entsprechenden Gedankenströme an. Diese nisten sich dann zunächst als spirituelle Hausgäste, und später als materielle Dauerbewohner bei uns ein. Seite 30

Wenn wir ständig an die Person denken, die etwas Schlimmes angestellt hat, machen wir den Weg frei, damit auch wir dergleichen anstellen. Wir tun viel besser daran, mit Hilfe der Höheren Macht, in den Gedankenstrom gesunder, naturgemäßer, starker und schöner Dinge zu gelangen! Gedanken an Krankheiten, Leid, Verunstaltungen oder Fehler sollten wir vermeiden. Ein sich im Sommerwind wiegendes Weizenfeld oder die Gischt des Meeres erweisen unserem Bewusstsein einen besseren Dienst als der Anblick eines Eisenbahnunfalls. Meist merken wir nicht, wie sehr wir durch das unablässige Horrorfest, das Tag für Tag in der Presse für uns ausgerichtet wird, körperlich und geistig niedergeschlagen werden. Die Zeitungslektüre aktiviert einen Gedankenstrom, der mit Bildern des Schreckens und des Leids angefüllt ist. Auf diese Weise bringen wir uns mit anderen morbiden und kranken Bewusstseinen in Verbindung, deren Leben durch diesen Strom gekennzeichnet ist. Das führt nicht zum Leben, sondern zur Krankheit und zum Tod. Weder Ihnen noch irgendjemand anderen ist auch nur ein Jota dadurch gedient, dass Sie über jeden Brand, jede Explosion, jeden Mord oder jeden Einbruch erfahren, der den Zeitungen in den letzten vierundzwanzig Stunden bekannt geworden ist! Wenn wir Kommentare lesen, die von zynischen und sarkastischen Bewusstseinen verfasst wurden, die so verzerrt sind, dass sie nur noch die Fehler anderer sehen und nirgends mehr etwas Gutes finden können, laden wir deren ungesunden Gedankenstrom zu uns ein und verschmelzen mit ihm. Die immer in Übelwollen und Sarkasmus getauchte Pfeilspitze ist für den Schützen selbst am tödlichsten! Mit anderen Worten: Der Mensch, der solchen Gedanken nachhängt, lädt Unrast, Krankheit und Unglück ein und wenn wir zu viel von seinem Gedankenstrom abbekommen, laden auch wir unweigerlich ähnliche Ergebnisse ein. Sie selbst achten bei Ihrer Arbeit vielleicht auf Sorgfältigkeit, Genauigkeit und Ordentlichkeit, wenn Sie jedoch einen engen Umgang mit anderen haben, die zur Schlampigkeit und Nachlässigkeit neigen, werden Sie an sich immer mehr eine Neigung verspüren, ebenfalls lotterig vorzugehen und es wird Ihnen immer schwerer fallen, Ihrer vormaligen Gewohnheit treu zu bleiben. In diesem Fall haben Sie nicht nur etwas vom nachlässigen oder ungeduldigen und inkonsequenten Bewusstsein aufgenommen, sondern der so beeinflußte Bereich Ihres Bewusstseins wirkt dann als Magnet, der gleichgeartete Gedankenströme anzieht.

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„Erkannt ist halb gebannt“, heißt es nicht zu Unrecht. Wenn Sie sich in einem unerfreulichen Geisteszustand befinden, wirkt ein Gedankenstrom entsprechend dieses unerfreuliches Zustandes auf Sie ein! Dies sollten Sie stets bedenken! In diesem Fall sind Sie in einer Art elektrischer Verbindung mit vielen anderen kranken oder morbiden Bewusstseinen zusammengeschaltet; alle erzeugen sie unerfreuliche Gedanken und senden sich solche gegenseitig zu! Als nächstes sollten Sie beten oder darum bitten, dass Sie aus diesem ungesunden Gedankenstrom befreit werden. Das können Sie alleine tun. Sie müssen die Höhere Intelligenz bitten, diese Ströme von Ihnen abzulenken! Wir können ständig mehr lebensbejahende, erfreuliche und angenehme Gedankenströme einladen. Das Leben sollte spielerisch gelebt werden. Alles grau in grau und mit tiefem Ernst zu betrachten, ist nur wenige Grad von Trübsinn und Schwermut entfernt. Abertausende lieben viel zu sehr im Gedankenstrom der Ernsthaftigkeit. Lächelnde Gesichter sind die Ausnahme. Es gibt sogar Menschen, die nie lächeln. Manche haben es völlig verlernt und sie können es nicht ertragen, wenn andere lachen oder lächeln. Krankheiten erhalten durch eine allzu übertriebene Ernsthaftigkeit nur unnötigen Auftrieb. Dazu gesellt sich die Gewohnheit, ständig über das Unwohlsein nachzugrübeln, auch wenn dieses anfänglich kaum bemerkbar war. Viele Leute begeben sich dermaßen in diesen Gedankenstrom, dass sich ein kleines Wehwehchen zu einer schmerzhaften Krankheit auswächst. Ein unangenehm auf Sie einwirkender Gedankenstrom kann auch mit Hilfe vieler materielle Dinge abgelenkt werden. Eine Reise kann solche Gedanken manchmal völlig verbannen. Der Anblick einer anderen Umgebung lenkt den Gedankenstrom in andere Bahnen. Eine solche Wirkung kann sich auch aus einem Berufswechsel ergeben. Doch neben der Höheren Intelligenz sind all dies nur Notbehelfe. Der Gedankenstrom der Angst ist überall. Vor irgendetwas fürchtet sich jeder Mensch, sei es Krankheit, Tod, Verlust seines Vermögens, Liebesverlust oder etwas anderes. Seite 32

So hat jeder seine ureigenen Ängste. Diese können in die banalsten Lebensbereiche hineinragen. Die Straßen sind voll von Menschen, die befürchten, dass sie ihren Zug oder die Trambahn verpassen. Je empfänglicher Sie auf Gedankenprägungen reagieren, umso wahrscheinlicher ist es, dass Sie von diesem Gedankenstrom der Angst solange miterfasst werden, bis Ihr Bewusstsein, infolge des ständigen Erbittens von der Höheren Intelligenz, ein positives Schutzschild errichtet, das diesen Ängsten den Zugriff verwehrt. Sie können diese Errichtung beginnen, indem Sie sich jedes Mal, wenn Sie von den genannten Gedankenströmen oder von anderen unliebsamen Situationen betroffen sind, vorsagen: „Ich weigere mich, diesen Gedanken und die Geisteshaltung, die sich auf meinen Körper auswirkt, zu akzeptieren!“ Damit fangen Sie an, den üblen Gedankenstrom wegzuschieben. Jeder hat irgendeine eingebildete Angst, vielleicht vor einer Krankheit, die er noch nie hatte, aber immer schon fürchtete, oder vor einem Schaden, der ihm zustoßen könnte. Irgendeine Kleinigkeit, oftmals bereits ein einziges Wort oder nur ein Satz, der ihm zu Ohren kommt, bringt ihm diese Angst wieder ins Bewusstsein. Sofort ist diese Angst wieder präsent. Das Bewusstsein öffnet sich ihr und das ganze Denken kreist um sie. Dies wirkt sich auf irgendeine unliebsame Art auf den Körper aus. Die entsprechenden Symptome sind vielfältig: Der Körper kann schwach und zitterig werden. Es kann zu einem Appetitverlust, zu Problemen bei den Gelenken, Ohrendruck, Schwindeligkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und vielen anderen unangenehmen Erscheinungen kommen. Sicherlich wirkt sich eine schlechte Umgebung auch auf die Gesundheit aus und viele Leute werden krank, wenn sie inmitten verfaulter Pflanzen oder sich zersetzender Tierleichen leben müssen. Es gibt andererseits jedoch auch Leute, die jahrelang an nicht abfließenden Gewässern oder in Sumpfgebieten wohnen, und dennoch nie von solchen Krankheiten befallen werden, während andere Menschen, die von einer solchen ungesunden Umgebung wegziehen, dennoch krank werden. Diese Menschen haben den Gedankenstrom der Angst aufgenommen. Angenommen, Sie ziehen in ein Haus, in dem es vor kurzem zu Panik- oder Angstattacken kam, auch wenn Sie davon nichts wissen. Als Sie einzogen, waren Sie gesund und wohlauf. Bald darauf stehen Sie eines Morgens auf und werden von einem Schwall unangenehmer Gefühle befallen. Der Grund ist, dass das Haus mit dem Strom der Angst gesättigt ist. In einer Stadt oder einem Land braucht nur die Angst vor einer Epidemie umzugehen und hunderte empfänglicher Menschen, die von dieser Epidemie keine Angst haben, werden dennoch von ihr befallen.

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Der entsprechende Gedankenstrom erwischt sie an ihrem schwachen Punkt. Irgendein Fanatiker sagt eine große Katastrophe voraus. Die Sensationsblätter greifen dieses Thema auf, schreiben vielleicht spöttisch darüber, aber berichten dennoch über diese angebliche Vorhersage. Dadurch wird mehr und mehr über dieses Thema nachgedacht und gesprochen - und eine destruktive Kraft in Gang gebracht. Das Ergebnis ist, dass Tausende von Menschen auf irgendeine Art von diesen Auswirkungen betroffen sind, weil sich die gesammelte Macht der Angst gegen sie richtet. Einige kommen zu Tode. Da ihnen die Ursache verborgen geblieben war, öffneten sie ihr Bewusstsein immer mehr diesen Ängsten, dachten immer mehr darüber nach und setzen keinen Gedanken dagegen, bis das Bewusstsein dann unter der Last dieser Gedankenströme die Verbindung mit dem Körper schuf. Je abhängiger Sie davon sind, was andere über Sie denken, umso mehr werden sich deren Gedanken auf Sie auswirken. Sie können sich jedoch darin schulen, solche Gedanken abzuwehren! Sie können Ihr Bewusstsein nach und nach soweit bringen, dass es sich schwächenden Gedanken verschließt und nur noch aufbauende zulässt. Dies tun Sie, indem Sie sich darin üben, sich in den göttlichen Gedankenstrom zu begeben und darin zu verweilen. Die geistige Prägsamkeit oder Empfänglichkeit ist entweder eine Quelle der Stärke oder der Schwäche. Hochentwickelte und sensible Bewusstseine haben nicht selten die schwächsten Körper, weil sie aufgrund ihrer Unwissenheit immer einige der üblen Gedankenströme aufnehmen, ohne sich deren Existenz bewusst zu sein und ohne zu wissen, wie sie diese abwehren könnten. Unwissentlich setzen sie sich solchen Strömen aus, zum Beispiel, indem sie den falschen Umgang pflegen. Die feinere weibliche Ordnung ist in der Regel für die verschiedenen guten oder schlechten gedanklichen Nuancen, welche sie umgeben, empfänglicher. Männer, die in ihren Geschäften aufgehen, entwickeln eine Zeitlang eine positive Macht, die den Strom der Angst abwehrt. Doch diese Macht ist nicht von Dauer. Frauen leiden deshalb häufiger als den Männern bewusst ist, in der Privatsphäre ihrer Heime still vor sich hin und die Männer tun dies als „weibische Gereiztheit“, „Nervosität“ oder „Überempfindlichkeit“ und „Zickigkeit“ ab Seite 34

Je mehr Sie sich auf das unendliche Allbewusstsein einstimmen, um Sie von diesen schlechten Einflüssen zu befreien, umso mehr wird das unendliche Bewusstsein viele materielle Hilfsmittel bereitstellen, um Sie von diesen Einflüssen wegzubringen. Dieses Allbewusstsein wird Ihnen Arznei- und Nahrungsmittel, Ortswechsel oder andere Empfehlungen nahelegen, die Ihnen nicht nur zeitweilig, sondern dauerhaft, zur Heilung verhelfen. Ein fröhlicheres, heiteres und zuversichtlicheres Bewusstsein (das sich in jedem Fall näher am unendlichen Bewusstsein befindet als ein niedergeschlagenes, saueres oder düsteres) wird Ihnen dann zum Beispiel in Gestalt eines Arztes oder eines Freundes helfen, sich von diesen destruktiven Gedankenströmen zu befreien. Betrachten Sie dieses andere Bewusstsein dann als eine Hilfe aus dem Unendlichen, doch überfordern Sie es nicht, indem Sie sich voll und ganz nur auf es verlassen! Setzen Sie Ihr Vertrauen in die Höhere Macht, die Ihnen dieses andere Bewusstsein als Überbrückungshilfe oder Krücke gesandt hat, bis Ihre spirituellen Glieder tragfähig genug sind. Je mehr Sie sich in den Gedankenstrom des unendlichen Bewusstseins begeben und immer mehr ein Teil dieses Bewusstseins werden (genauso wie Sie im umgekehrten Fall ein Teil eines niedrigen, morbiden und ungesunden Bewusstseins werden können, indem Sie sich dem entsprechenden Gedankenstrom öffnen), umso rascher werden Sie Ihre Frische wieder erlangen und sowohl körperlich als auch geistig erneuert werden. Sie werden ein immer neueres Wesen. Die Veränderung zum Besseren hin wird immer rascher vonstatten gehen. Sie werden immer schneller Ergebnisse erzielen. Schrittweise wird alle Angst von Ihnen abfallen, und es werden sich Ihnen immer mehr Beweise zeigen, dass Sie nichts zu befürchten haben, wenn Sie sich im Gedankenstrom des Unendlichen befinden. Sie erkennen immer klarer, dass es eine große Macht gibt, die für Sie da ist. Mit großem Erstaunen werden Sie feststellen, dass Ihnen die materiellen Dinge mit relativ geringem physischen oder äußerem Aufwand zufallen, sobald Ihr Bewusstsein in die richtige Richtung gelenkt ist. Dann wundern Sie sich, wie sehr sich die Menschen doch abmühen und buchstäblich zu Tode schuften, wo sie sich aufgrund dieses exzessiven Krafteinsatzes doch immer weiter von Gesundheit, Glück und materiellem Wohlstand entfernen. In diesem Streben nach dem höchsten Wohl erkennen Sie, dass Sie in eine Macht hineinwachsen, die größer ist als Sie sich je zu erträumen wagten.

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Ihnen wird dann bewusst werden, dass das wahre, den wenigen jetzt Erwachten und den vielen noch kommenden Erwachten vorbehaltene Leben, ein paradiesischer Traum, eine dauerhaftes Glücksgefühl, eine Gleichmut und eine Gelassenheit ist, die von wahrer Lebensfreude geprägt ist. Je mehr Sie sich in den Strom des unendlichen Bewusstseins begeben, werden Sie feststellen, dass von Ihnen keine erschöpfende Plackerei verlangt wird, sondern dass Ihnen dann, wenn Sie diesem Strom vertrauen können und Sie sich von ihm dorthin tragen lassen, wo er es will, alles Notwendige zufließt. Wenn Sie sich in den richtigen Gedankenstrom begeben, kann es vorkommen, dass Sie eine Zeitlang sowohl körperlich wie seelisch ein Unbehagen verspüren. Der Grund hierfür ist, dass Sie das neue Element, das auf Sie einwirkt, sensibler für die Gegenwart des Schlechten macht. Das Neue treibt das Alte aus. Der neue Gedankenstrom durchsucht Ihr Bewusstsein nach jedem kleinen Fehler, der zuvor unbemerkt blieb, und treibt ihn aus. Das führt zu einem Kampf, der sich eine Zeitlang auf unangenehme Weise auf Geist und Körper auswirkt. Es ist wie ein Hausputz, im Zuge dessen normalerweise auch viel Staub aufgewirbelt wird. Das neu hereingebetene Bewusstsein säubert Ihre spirituelle Wohnstätte. Für die Macht des Gedankenstroms, den Sie anziehen können, gibt es keine Beschränkung. Ebenso wenig gibt es eine Beschränkung für das, was der Mensch aufgrund ihr tun kann. In der Zukunft werden einige Menschen derartig viel von dieser höheren Gedankenkraft anziehen, dass man das, was sie erreichen werden, als Wunder bezeichnen wird. Diese Fähigkeit, einen ständig feiner werdenden Gedankenstrom und eine immer höher werdende Macht anzuziehen, ist das Geheimnis dessen, was gemeinhin „Magie“ genannt wird.

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Kapitel 4 Eine Möglichkeit, um mehr Mut zu erlangen Mut und geistige Präsenz sind dasselbe. Geistige Präsenz impliziert die Beherrschung des Bewusstseins. Feigheit und mangelnde geistige Kontrolle sind dasselbe. Feigheit wurzelt in Hast, in der Gewohnheit, zu hudeln und in mangelndem In-sich-Ruhen. Erfolg in seinen diversen Ausprägungen beruht immer auf Mut geistiger oder körperlicher Art. Alle Varianten des Misserfolgs beruhen auf Kleinmut und Zaghaftigkeit. Ihren Mut können Sie jede Minute und jeden Stunde des Tages fortentwickeln. Sie können die Befriedigung verspüren, dass Sie bei allem, was Sie tun, zweierlei erreicht haben: Zum einen haben Sie die eigentliche Sache erledigt und zum anderen haben Sie sich auf ewige Zeiten ein weiteres Atom Mut hinzugefügt. Das können Sie erreichen, indem Sie bei allem auf Bedächtigkeit achten - beim Reden, beim Gehen, beim Schreiben, beim Essen, und so weiter. Wenn etwas in Eile erledigt wird, schwingt immer auch ein Körnchen Angst mit. Wenn Sie sich beeilen, weil Sie den Zug nicht verpassen wollen, haben Sie Angst, dass er ohne Sie abfahren könnte. Das bringt die Eventualität weiterer Ängste mit sich, die infolge Ihres Verpassens eintreten würden. Wenn Sie in Eile zu einer Veranstaltung oder Verabredung hetzen, befürchten Sie, dass Ihre eventuelle Unpünktlichkeit einen Nachteil oder Schaden nach sich ziehen könnte. Diese geistige Gewohnheit kann sich unbewusst soweit auswachsen, dass sie das Bewusstsein eines Menschen zu jeder Zeit und überall ausfüllt und eine ständige Verlustangst besteht, auch wenn es absolut nichts zu verlieren gibt. Ein Mensch kann zum Beispiel zur Trambahn eilen und sich dann so verhalten und so fühlen, als würde ein großer Verlust eintreten, wenn er nicht rechtzeitig zusteigen könnte, obwohl nur ein oder zwei Minuten später die nächste Trambahn kommt, welche dieselbe Strecke fährt. Die Angst, eventuell drei Minuten warten zu müssen, wird bei diesem Menschen so groß, dass sie in seinem Bewusstsein als unerträglich empfunden wird.

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Auf ähnliche Weise kann der Gang, die Sprechweise oder die Art und Weise, in der ein Mensch schreibt, isst oder etwas anderes tut, eine unterschwellige Hast zum Ausdruck bringen, wodurch es für diesen Menschen immer schwieriger wird, bedächtig und behutsam zu handeln. Angst ist nur eine andere Bezeichnung für die Unfähigkeit, unser Bewusstsein zu steuern, beziehungsweise zu kontrollieren, welche Gedanken wir denken und aussenden wollen. Diese weit verbreitete Art der unbewussten geistigen Fehlschulung bringt einen Geisteszustand hervor, der bei der kleinsten Störung oder bei der banalsten Enttäuschung immer anfälliger für kleinere und größere Paniken wird. Er sorgt für Enttäuschungen, wo nicht der geringste Anlass dafür vorhanden ist. Er ist wie eine ständig breiter werdende Schleuse. durch die der Strom der Angst eintreten kann. Denn wenn Sie vor einer Sache Angst haben, erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass Sie generell Angst haben! Wenn Sie es zulassen, dass Sie eine halbe Stunde lang vor Angst bibbern, ob die Straßenbahn auch rechtzeitig kommt, damit Sie Ihr Schiff oder den Zug erreichen, ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass Sie auf dieser Reise bei der geringsten Kleinigkeit oder beim kleinsten Hindernis in eine Reihe von Panikattacken verfallen. Und so schleicht sich diese geistige Angewohnheit in die so genannten Kleinigkeiten hinein. Vielleicht schreiben Sie gerade etwas oder Sie nähen. Sie beschäftigen sich also mit etwas, das Sie interessiert und wobei Sie nicht gestört werden wollen. Beim Nähen greifen Sie vielleicht gerade nach einer Schere, die auf den Boden gefallen ist. Das macht Sie kurzzeitig etwas gereizt. Ihr Bewusstsein ist auf die Arbeit ausgerichtet; diese wollen Sie nicht unterbrechen, während Sie die Schere aufheben. Sie wollen Ihre Gedanken beim Nähen behalten, greifen aber gleichzeitig nach der Schere. Sie machen eine etwas ungelenke Bewegung, weil Sie sich weigern, zwei Sekunden lang die Kraft aufzuwenden, die erforderlich wäre, um die Schere aufzuheben. Wenn wir uns unbewusst so verhalten, wird jede Handlung lästig, da wir nicht genug Kraft aufwenden, um sie mühelos zu vollbringen. Wir versuchen etwas mit einem schwachen Körper, obwohl wir genug Muskelkraft besitzen, um diese Handlung leicht und angenehm zu vollbringen. Diese Fähigkeit, die Kraft auf jeden Teil zu lenken, wo wir sie haben wollen, wird immer größer, je mehr wir sie pflegen. Über diese vorsätzliche Bedächtigkeit können wir wesentlich mehr tun und können die Dinge besser tun, da die Bedächtigkeit so schnell wie das Denken funktionieren kann, wenn das Bewusstsein entsprechend geschult wird.

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Wenn Sie hastig eine Nadel aufheben oder einen Schnürsenkel binden, tun Sie dies nicht nur deswegen in Eile, weil Ihnen diese Handlung lästig ist, sondern auch, weil Sie befürchten, dass Sie einen Augenblick lang auf etwas Angenehmes verzichten müssten. Und wieder einmal haben Sie Ihr Bewusstsein für den Gedankenstrom der Angst geöffnet, in diesem Fall, die Angst, etwas zu verlieren. Die Pflege des Mutes beginnt damit, bei kleinen wie den oben beschriebenen Handgriffen bewusst auf Bedächtigkeit zu achten! Bedächtigkeit und Mut hängen ebenso eng zusammen wie Angst und Eile. Wenn wir nicht lernen, unsere Kräfte auch bei den kleinsten Angelegenheiten zu beherrschen, werden wir bei den größeren Unterfangen noch viel mehr Schwierigkeiten haben. Wenn wir unsere Ängste analysieren, stellen wir fest, dass wir uns geistig zu viel auf einmal vornehmen. Momentan steht relativ wenig an, womit wir uns beschäftigen müssen. Egal, worum es sich handelt, können wir doch immer nur einen Schritt nach dem anderen tun. Wir müssen die notwendige Kraft auf diesen einzigen Schritt lenken und auf nichts anderes! Erst danach widmen wir uns dem nächsten Schritt. Je mehr wir unser Bewusstsein darauf schulen, sich nur auf diesen einen Schritt zu konzentrieren, umso besser für unsere Fähigkeit, unsere Kraft gebündelt in eine bestimmte Richtung zu lenken. Diese Kraft sollte auch bei den kleinsten Alltagsangelegenheiten so eingesetzt werden. Auf diese Weise gewöhnen wir uns Bedächtigkeit und bedächtiges Handeln an, da uns ein solches normalerweise nicht bewusst ist, ebenso wenig wie uns aufgrund der jahrelangen Schulung in die entgegengesetzte Richtung bewusst ist, dass wir in einem gehetzten Geisteszustand leben. Schüchternheit und Zaghaftigkeit sind häufig die Folge, wenn wir uns zu viele Schwierigkeiten und Schreckensgebilde gleichzeitig ansehen. In der materiellen Wirklichkeiten brauchen wir uns jeweils immer nur einem einzigen Problem zu widmen. Wenn wir ein Gespräch mit jemandem vor uns haben, den wir als eine unwirsche, gereizte und überhebliche Person betrachten, besteht die Gefahr, dass wir uns geistig bereits im Vorfeld zermartern und von einem anstrengenden und unerfreulichen Gespräch ausgehen. Vielleicht haben wir heute morgen beim Anziehen an dieses bevorstehende Gespräch gedacht. Doch in diesem Augenblick ging es ums Anziehen. Uns dem Anlass entsprechend gut anzuziehen, war ein notwendiger Schritt auf dieses Gespräch hin. Vielleicht dachten wir auch beim Frühstücken wieder an dieses Gespräch. Doch jetzt ging es ums Frühstücken. Bewusst und genußvoll ein Frühstück einzunehmen, war in diesem Augenblick ein weiterer Schritt.

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Je bedächtiger wir frühstücken, um so besser für unsere Verdauung und umso besser wird uns das Frühstück auch schmecken. Dann machten wir uns auf den Weg zum verabredeteten Treffpunkt. Auf diesen Weg überfielen uns wieder Gedanken an das befürchtete Gespräch. Doch jetzt ging es ums Gehen und darum, aus dieser Tätigkeit das größte Vergnügen zu ziehen. Das war ein weiterer Schritt. Das Vergnügen ist ein sicheres Ergebnis dessen, dass wir unser Denken oder unsere Kraft auf das lenken, was wir gerade tun, genauso wie ein gewisses Missvergnügen das Ergebnis dessen ist, dass wir dem, gerade getan werden sollte, Gedanken und Kräfte abziehen und woanders hinsenden! Wir wir beim Essen, Anziehen oder Gehen geistig woanders sind, machen wir das, was wir gerade tun, zu etwas Lästigem. Wir schulen uns dann darin, jede einzelne Tätigkeit zu etwas Lästigem zu machen und sorgen dafür, dass das Befürchtete mit Sicherheit eintritt, denn das, was wir gedanklich als unangenehm aussenden, ist etwas Reales. Je länger wir das tun, umso mehr Kraft verleihen wir ihm und umso wahrscheinlicher wird die Verwirklichung in der physischen Welt. Um uns das Gewünschte und Ersehnte, nämlich Glück, zu bringen, brauchen wir zu jeder Zeit und an jedem Ort eine vollkommene Kontrolle über unser Bewusstsein und unser Denken! Eine sehr wichtige und notwendige Methode, um dies zu erreichen, besteht in der Disziplin bei den so genannten „kleinen Dingen“, genauso wie die Disziplin einer Armee bei der Schulung der Bein- und Armbewegungen des Soldaten beginnt. Wenn Sie bei diesen kleinen Dingen schludrig und hastig vorgehen, werden Sie im Falle unerwarteter Ereignisse leichter aus der Bahn geworfen. Und wie wir alle wissen, ist das Leben voll von unerwarteten Ereignissen. Wir müssen immer geistesgegenwärtig sein. Unser Bewusstsein muss immer auf Bereitschaft stehen, damit wir es in jeder gewünschten Richtung einsetzen können. Wenn wir einen Schuh zubinden und unsere Gedanken meilenweit entfernt sind, steht unser Bewusstsein nicht auf Bereitschaft. Wenn wir einen Bleistift spitzen und an die Sorgen von morgen denken, ist unser Bewusstsein weit weg, und wenn diese Zerstreuung unser Leben lang unsere Gewohnheit war, wird es immer schwieriger, es wieder einsatzbereit zu machen und noch schwieriger, es unverzüglich zu nutzen, wenn es wieder bei uns ist.

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Unsere Gedanken hüpfen mit elektrischer Geschwindigkeit von einer Sache zur nächsten und wir sorgen unbewusst dafür, dass dieses Hin- und Herspringen noch mehr unsere Gewohnheit wird, bis es uns schließlich unmöglich ist, auch nur zehn Sekunden hintereinander an eine einzige Sache zu denken. Durch die Kultivierung von Bedächtigkeit und Aufmerksamkeit bei allem, können wir uns andererseits darin schulen, unser Denken zu verdichten und unsere Gedanken beliebig lange bei einer Sache zu halten, in die Stimmung zu gelangen, in der wir uns befinden wollen und uns vorsätzlich in den Schlaf oder in einen halbbewussten, schläfrigen Zustand, der ebenso erholsam wie der Schlaf ist, zu bringen. Dies ist nur ein Ausschnitt der Möglichkeiten, die dem menschlichen Bewusstsein offen stehen. Dem Bewusstsein sind keine Grenzen gesetzt und alles, was sich der Mensch vorstellen kann, kann er auch erreichen! Die Schritte zu diesen Erfolgen sind sehr klein, sehr einfach und relativ leicht. Gerade deshalb werden sie von manchen Menschen abgelehnt und nicht ernst genommen. Diese Möglichkeiten und die aus ihrer Nutzung erwachsenden Ergebnisse waren sehr wenigen Menschen bereits vor langer Zeit bekannt. So besaßen nordamerikanische Indianer und Orientalen in Einzelfällen zum Beispiel die Macht, alle Gedanken wegzuschicken und ihr Bewusstsein gewissermaßen leer zu machen, so dass es nicht nur nicht mehr auf Angst reagierte, sondern ihre Körper aufgrund dieses Geisteszustands beinahe schmerzunempfindlich wurden. Diese Macht, einen gewissen Geisteszustand heraufbeschwören zu können, versetzte den Indianer in die Lage, als Gefangener die schlimmsten Folterwerkzeuge aushalten und sein Todeslied singen zu können, obwohl er Feuer und unbeschreiblichen körperlichen Verstümmelungen ausgesetzt war, die wohl nur wenige Weiße auszuhalten im Stande gewesen wären. Der Indianer ist sowohl in geistiger wie in körperlicher Hinweis wesentlich ruhiger als die meisten Angehörigen unserer Rasse. Er pflegt diese innere Ruhe unbewusst, und da er ein weniger künstliches Leben führt als wir, erhöht er auch seine spirituelle Macht. Ein sicheres Ergebnis dessen ist die Vorherrschaft seines Geistes über seinen Körper, was ihn in die Lage versetzt, körperliche Schmerzen zu verringern oder sogar völlig auszuschalten. Seine langsameren Bewegungen, was soweit gehen kann, dass wir manchmal sogar Mühe haben, seine Muskelbewegungen zu erkennen, geben ihm in den kleineren und größeren Notlagen Zeit zum Denken. Das Fehlen einer solchen Schulung führt zu unbewussten körperlichen Abläufen. Das führt dann dazu, dass sich unser Körper bewegt, ohne dass uns dies bewusst ist. Schwerfälligkeit, Unbeholfenheit, mangelnder Takt, all dies ist die Folge dessen, dass das Bewusstsein nicht gesteuert wird und dass es an Bedächtigkeit fehlt.

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Wir haben uns also die Unfähigkeit antrainiert, uns die Zeit zum Nachdenken, Überlegen und Planen zu nehmen. Der zu Tode erschrockene Zeitgenosse, der ziellos an Deck auf und abrennt, wenn sich das Schiff in einer Gefahr zu befinden scheint, bringt in seiner körperlichen Handlungsweise ein Spiegelbild seines Geisteszustands zum Ausdruck und zeigt, dass auch seine Gedanken ziellos hin- und herrennen. Der bedächtigere Mensch, der sein Bewusstsein im Denken geschult hat und der sich auf einen Gedanken konzentrieren kann, hält sich tapfer und gibt sich die Zeit, um nach Fluchtmöglichkeiten Ausschau zu halten. Diese beiden Personen würden einen Stift auf sehr unterschiedliche Weise und mit einer unterschiedlichen Geisteshaltung aufheben. Den Mut zu entwickeln, heißt deshalb, sich darin zu schulen, bei allem auf bedächtige Bewegungen zu achten. Auf diese Weise schulen Sie Ihre Kraft, sorgen für Reserven und wenden nicht mehr auf, als im Augenblick notwendig ist. Für den Erfolg ist keine andere geistige Fähigkeit notwendiger als der Mut. Damit meine ich nicht nur den Mut zum Handeln, sondern auch den Mut zum Denken! Im Geschäftsleben gibt es tausende, die nicht einmal daran zu denken wagen, mehr Kapital einzusetzen als sie bisher investiert haben. Die bloße Erwähnung großer Summen jagt ihnen einen Schrecken ein. Sie verdrängen diesen Gedanken sogleich wieder und getrauen sich nicht, ihn lange genug aufrecht zu erhalten, um sich damit vertraut zu machen. Wenn diese Leute diese geistige Gewohnheit umkehren würden und sich statt dem lebenslang gepflegten Fluchtverhalten die Zeit nähmen, diesen Gedanken lange genug zuzulassen, statt ihn sogleich wieder zu vertreiben, würden ihnen mit der Zeit Ideen kommen, wie sie die zusätzlichen Gelder auftreiben könnten, was wiederum dazu führen würde, dass sie aufgrund der Mehrinvestitionen auch Mehrumsätze erwirtschaften würden. Nehmen wir an, dass Sie zu der Frau, die Tag für Tag die Wäsche für andere Leute macht, sagen: „Frau A, warum machen Sie eigentlich keine Wäscherei auf? Das wäre finanziell doch wesentlich lukrativer!“ „Was? Ich soll eine Wäscherei anfangen? Wo um Himmels willen soll ich denn das Geld dafür hernehmen?“ Statt sich mit diesem Gedanken zu beschäftigen, gibt sich diese Frau sofort geschlagen und schreckt vor dem, was ihr eine große Summe erscheint, zurück. Sie geht sofort in die Defensive. Sie kann sich nur vorstellen, für einen Tagelohn und im Fremdauftrag zu arbeiten. Aus denselben Gründen wagen sich auch tausende anderer nicht, daran zu denken, dass es rentablere und erfüllendere Arbeitsmöglichkeiten für sie geben könnte.

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Frau C, die ihren Vorschlag ebenfalls gehört hat, denkt darüber nach. „Was spricht eigentlich dagegen, eine Wäscherei aufzumachen? Andere haben damit immerhin Erfolg gehabt“. Sie zieht Erkundigungen ein und beschäftigt sich immer mehr mit dieser Idee. Mit der Zeit wird ihr immer klarer, wie die anderen vorgegangen ist und worauf es ankommt. Schließlich hat sich die Idee soweit verdichtet, dass sie zunächst einen Schritt in diese Richtung tut. Dann noch einen und noch einen. Und so wächst sie allmählich in die Rolle der künftigen Geschäftsfrau hinein. Wer angesichts einer großen Gefahr einen kühlen Kopf behalten kann, verfügt über die Macht, sein Bewusstsein auf das ausrichten, was jetzt getan werden muss. Das ist eine Macht, die der Feigheit fehlt. Wer davonläuft oder dies tun würde, wenn er es könnte, kann sein Bewusstsein nur auf die Furcht einflößenden Möglichkeiten ausrichten. Bei banalen Handlungen, zum Beispiel beim Aufheben eines Stifts, beim Einfädeln einer Nadel oder Öffnen einer Tür, ist es sicherlich nicht erforderlich, die gesamte Kraft oder das gesamte Denken auf diese Handlung auszurichten, sondern nur soviel wie für diese Handlung nötig ist, während der Rest in Reserve gehalten wird. Es verhält sich ähnlich wie beim Heben von Gewichten. Wenn Sie ein Pfund hochheben, wenden Sie nicht ebenso viel Kraft auf wie für fünfzig Pfund. Wenn Ihr Bewusstsein mit etwas anderem beschäftigt ist, wenden Sie aber für das Hochheben eines Stifts mehr Kraft als nötig auf, weil Sie dann versuchen, zur gleichen Zeit zwei Gewichte zu heben. Was Sie geistig tun, erfordert ebenso viel Kraft wie das körperlich Getane. Wer morgens im Bett liegt und mit Schaudern an die Mahlzeiten, die heute gekocht werden sollen, oder an die Zimmer, die gefegt werden sollen, denkt, verbringt diese Handlungen bereits, während er oder sie noch auf dem Rücken liegt. Wenn Sie für jede Handlung genau die richtige Kraft aufwenden (eine Fähigkeit, die Sie nach und nach erlernen werden, wenn Sie dies wünschen und es sich vornehmen), pflegen und fördern Sie ständig jenen erstrebenswerten Geisteszustand, der landläufig als „hellwach“ bezeichnet wird. Damit ist gemeint, dass Sie immer, egal was Sie gerade tun, Ihre mentalen Augen in jeder Richtung offen halten, und während es nach außen hin so aussieht, als seien Sie nur mit einer Tätigkeit beschäftigt, ist Ihr Bewusstsein wie ein Wachposten ständig auf der Hut, um Ihnen in Windeseile über alles zu berichten, was sich um Sie herum abspielt und Ihnen Anweisungen zu erteilen, wie Sie sich zu verhalten haben. Das ist nicht nur eine Eigenschaft des Mutes, sondern auch des Takts und der Manieren. Diese Wachsamkeit und geistige Regsamkeit war es, die während der Revolution einem amerikanischen Offizier, der sich plötzlich einem britischen Regiment gegenüber sah, die Frage stellen ließ: „Welche Truppen sind das?“ „Die Royal Scots“, lautete die Antwort.

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„Royal Scots, bleibt wo Ihr seid“, erwiderte er und ritt wieder zurück zu seinen eigenen Linien. Dieser Mann hatte sein Bewusstsein im Denken geschult. Elizabeth Farren, die gefeierte englische Schauspielerin, befand sich einmal in der Situation, dass die Rolle von ihr verlangte, ein Taschentuch einzusäumen, allerdings hatte man vergessen, ihr das Stickzeug bereitzulegen. Ohne zu zögern, setzte sie sich hin und tat so, als würde sie wirklich mit Nadel und Faden hantieren. Das war so natürlich, dass die meisten Leute im Publikum nicht einmal merkten, dass das Werkzeug fehlte. Diese Handlung verlangte innere Ruhe, Selbstbeherrschung, Geistesgegenwart und Mut. Wird nicht bei all diesen Dingen ein ähnlicher Geiteszustand erwartet? Eine von Hast und Eile angetriebene Frau wäre zu dieser Beherztheit nicht in der Lage gewesen und ich nehme an, dass Frau Farren normalerweise eine Nadel bedächtiger aufnimmt als die gewohnheitsmäßig übergeschäftige Frau. Fördern Sie bei allem immer Bedächtigkeit und Sie legen so den Grundstein für moralischen und physischen Mut! Bedächtigkeit bedeutet nicht zwangsläufig Langsamkeit. Ebenso wie sich der Gedanke mit elektrischer Schnelligkeit bewegt, kann er, wenn die Situation dies erfordert, auch den Körper bewegen, doch muss der Gedanke zunächst im Bewusstsein klar geplant, gesehen und ausgelegt sein, bevor er auf den Körper wirken darf. So gesehen und so geplant wirkt er bei der raschen Abwehr des geschickten Fechters, bei der Berufstänzerin und bei allen hervorragenden Leistungen des Malers, Musikers oder anderer Künstler. Doch handelt es sich bisweilen nur um teilweise Beherrschungen des Bewusstseins. Außerhalb seiner Kunst bringt die Künstlerin oder der Künstler vielleicht nur eine geringe Geisteskontrolle oder Bedächtigkeit auf und ist deshalb nervös, reizbar, launisch oder schüchtern. Das Bewusstsein ist unsere Garnison; sie gilt es an allen Ecken zu bewaffnen und zu disziplinieren, um für jeden Notfall gewappnet zu sein. Wir wollen den gesamten Menschen entwickeln, nicht nur solche, die in einer Richtung unausgegoren sind und in allen anderen Bereichen überhaupt nichts vorzuweisen haben. Letztendlich ist es besser, symmetrisch zu wachsen und „abgegrundet“ zu sein als sich einseitig nur auf ein einziges Talent oder eine einzige Fähigkeit zu konzentrieren und das zu werden, was die Welt gemeinhin als „Genie“ bezeichnet. Das Innenleben eines Genies ist häufig eine traurige Angelegenheit und bringt dem betreffenden Menschen nur wenig Glück. Seite 44

Eine Vielzahl täglicher Handgriffe, zum Beispiel Gegenstände vom Boden aufzuheben, Türen zu öffnen, Fensterläden zu schließen, Einkäufe einzuordnen oder eine Jacke zuzuknöpfen, werden unbewusst und hastig erledigt, vor allem, wenn etwas Wichtiges auf uns wartet. Wir haschen nach etwas und erledigen allzu vieles „zwischen Tür und Angel“, was unseren Körper schwächt und uns ermüdet. Schließlich ergreift uns die Panik und diese geistige Angewohnheit mündet in einer ständigen unterschwelligen Angst und Feigheit. Wenn der Körper schwach ist, machen wir es diesen Feinden leichter. Eine solche Angewohnheit kann nicht in einem Tag verändert werden. Dies ist nicht einmal in einem Jahr möglich, wenn sie sich ein Leben lang eingeschliffen hat. Auch das geistige und körperliche Übel, das dadurch geschaffen wurde, kann nicht über Nacht abgestellt werden. Eine Besserung kann nur allmählich erfolgen. Wenn Sie diese Zeilen lesen und das Gefühl haben, dass „etwas dran“ sei und Sie sich teilweise in dieser Beschreibung wiederkennen, hat Ihre Heilung bereits eingesetzt. Die wahre Überzeugung, jene, die von innen heraus kommt, verlässt einen nie und arbeitet immer daran, uns wieder auf den rechten Weg zu bringen. Sie mag sich durchaus lange Zeit verborgen halten und unsere falschen Gewohnheiten mögen stärker denn je erscheinen, doch der Schein trügt. Die Überzeugung hat Wurzeln gefasst und wir erkennen unsere Fehler öfter und deutlicher als zuvor. Wir vergessen, dass wir einmal blind waren und sie damals überhaupt nicht bemerkten. Falls Ihnen dieses Buch einen bereits lange bestehenden Fehler aufzeigen sollte, so bin nicht ich derjenige, der Sie davon überzeugt hat. Ich verweise lediglich auf eine Wahrheit, und irgendetwas in Ihnen greift das auf. Wenn ich die Fackel an die Gaslampe setze, bedeutet dies nicht, dass ich Feuer oder Gas erzeugen könne. Ich bin nur ein Instrument, das dieses Gas anzündet. Die Wahrheit wird nicht vom Menschen gemacht oder erfunden. Die Wahrheit ist allgemeinzugänglich und gehört jedem Menschen genauso wie die Luft, die wir atmen. Es ist Freude genug, Fackelträger der Wahrheit zu sein, ohne sich damit brüsten zu müssen, ihr Schöpfer zu sein. Verlangen Sie vor allem von der höheren Intelligenz immer mehr Mut!

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Kapitel 5 Nach vorwärts blicken Viele Menschen, die sich bereits in einem „fortgeschritteneren Alter“ befinden, neigen dazu, mit Bedauern zurück zu blicken. Ihr Blick sollte in die andere Richtung gewandt werden! Wenn Sie in jeder Hinsicht - geistig wie auch körperlich - zurückgehen wollen, brauchen Sie nur mit Bedauern auf Ihre Vergangenheit zu blicken. Es ist eine der Haupteigenschaften des materiellen Bewusstseins, hartnäckig an der Vergangenheit festzuhalten. Es ist verliebt in die Vergangenheit und trauert ihr gerne nach. Das materielle Bewusstsein suhlt sich in vergangenen Freuden und fühlt sich traurig, weil sie nie wiederkehren werden. Doch für das wahre Selbst ist die Vergangenheit kaum von Belang. Veränderung ist ihm willkommen. Es erwartet ein Jahr ab heute auf der Gedankenebene einen anderen Menschen. Es ist bereit, in tausend Jahren völlig zu vergessen, wer und was es heute ist, denn es weiß, dass der Wunsch, sich an das zu erinnern, was es einmal war, nur das Voranschreiten auf mehr Macht und mehr Vergnügen behindert. Welche Rolle soll es spielen, was Sie vor tausend oder fünftausend Jahren waren? Und doch waren Sie damals etwas, und zwar etwas wesentlich Geringeres als heute. Es mag ja sein, dass Sie die Neugierde plagt. Doch ist diese Neugierde befriedigend, wenn Sie dazu den Preis zahlen müssen, hundert Leichname toter Selbste mit sich herumzuschleppen? Diese Selbste, diese Existenzen, haben ihre Arbeit für Sie geleistet. Wahrscheinlich haben sie Ihnen damit mehr Leid als Freude gebracht. Wollen Sie sich mit der Erinnerung an diese Leiden quälen? Diese Last würde Ihnen nur noch mehr Leid verschaffen. Das wäre wie der Vogel, der darauf pochte, das Ei, aus dem er geschlüpft ist, stets bei sich zu haben. Wenn Sie eine traurige Erinnerung haben, streifen Sie sie ab. Wenn Ihnen dies nicht gelingt, bitten Sie die höhere Macht, Ihnen dabei zu helfen, und die erbetene Hilfe wird Ihnen gewährt werden. Wenn Sie rasch altern wollen, wenn Sie schwach, grau und verblüht von sich hinleben wollen, brauchen Sie nur in der Vergangenheit zu leben und Ihre Jugend zu bedauern.

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Besuchen Sie die Plätze und Häuser, in denen Sie vor zwanzig, dreißig und vierzig Jahren gelebt haben, trauern Sie der Vergangenheit nach und blättern Sie alte Alben durch. Jammern Sie darüber, wie schnell die Zeit verfliegt und dass sie nie wieder kommt. Auf diese Weise heften Sie tote Selbste an sich. Wenn wir mit der Erinnerung an die letzte Existenz ein neues physisches Leben anfingen, würden wir als altersschwache Männer und Frauen in diese Welt kommen. Die Jugend ist deshalb frisch und blühend, weil sie ohne Erinnerungen an eine traurige Vergangenheit ist. Ein Mädchen ist schön, weil ihr Bewusstsein die Vergangenheit und die traurige Erinnerung an ihr früheres Leben abgestreift hat. Eine Frau fängt dann zu „altern“ an, sobald sie sich die Last des Bedauerns an eine Zeit auferlegt, die nur zwanzig Jahre her ist. Ihr Geist verlangt vom Körper, den er benutzt, dass er Grazie, Gewandtheit und persönliche Schönheit benutzt, denn er ist nach dem „Ebenbild Gottes“ geschaffen, und das unendliche Bewusstsein, Schönheit, Grazie und Gewandtheit sind Eigenschaften dieses Bewusstseins. In der Phase, die wir Kindheit und Jugend nennen, hat das Bewusstsein eine Chance, seinen Wunsch nach Schönheit und Gewandtheit durchzusetzen, da es noch nicht mit Fehlvorstellungen und Bedauern belastet ist. Die Unbeschwertheit und die spielerische Natur des zehn- oder zwölfjährigen Kindes ist nur möglich, weil das Bewusstsein von der Last, das es in einer früheren Existenz zu tragen hatte, befreit ist. Diese gedankliche Last war nicht zu Ihrem Vorteil. Vermutlich hätten Sie körperlich die Gewandtheit eines Fünfzehnjährigen, wenn Sie die traurigen Erinnerungen, die Sie die letzten zwanzig oder dreißig Jahre über angehäuft haben, einfach über Bord kippen könnten. Dieses „Über-Bord-Kippen“ können Sie sofort einleiten, indem Sie sich vornehmen, mit Hilfe der höheren Macht die Erinnerung an alles zu tilgen, was Sie in der Vergangenheit belästigt hat, was Sie bedauern oder dem Sie nachtrauern. Gott trauert nie und bedauert nichts. Ihr Bewusstsein ist nach seinem Ebenbild geschaffen! Gott ist ewiges Leben, Freude und Klarheit. Je mehr Sie von diesen Eigenschaften wiederspiegeln, umso näher befinden Sie sich am unendlichen Bewusstsein des Guten. Haben Sie Nahestehende zu Grabe getragen? Sie tun ihnen keinen Gefallen, wenn Sie in Traurigkeit an sie denken. Sie errichten eine Schwelle zwischen ihnen und sich, wenn Sie sie als „verloren“ betrachten. Seite 47

Durch Ihre Trauer schaffen Sie wahrscheinlich bei ihnen, und auch bei sich selbst, nur noch mehr Traurigkeit. Das Beste, was wir für sie tun können, ist, sie uns ebenso lebendig wie uns selbst vorzustellen, und ihre Gräber, Särge, Leichenhemden und Beerdigungen aus unserem Bewusstsein zu entfernen. Wenn wir das nicht alleine fertigbringen, dann mit Hilfe der höheren Macht. Indem wir an die, die ihre körperliche Hülle verloren haben, als „tot“ denken, sorgen wir nicht selten dafür, dass sie sich so fühlen. Das führt dazu, dass solche Gedanken wieder auf uns zurückwirken. Halten Sie sich von Friedhöfen fern. Das mag sich für manche kaltherzig und gefühllos anhören, doch die Wahrheit ist, dass Ihre Lieben nicht in den dortigen Gräbern liegen und diese Orte aus spiritueller Sicht gemieden werden sollten. Solche Orte sind angefüllt mit Gedanken des Bedauerns, des Nachtrauerns, des Todes und Siechtums. Wenn Sie sie aufsuchen, nehmen Sie solche Gedanken auf. Das ist für die Jugend, die Lebenskraft, Elastizität und Freude abträglich. Unsere Friedhöfe sind voller Lügen. Wir setzen einen Grabstein über den abgelegten Körper eines Freundes. Wir schreiben das Wort „verstorben“ darauf. Das ist nicht wahr! Ihr Freund ist nicht tot. Dort liegt nur der Körper, den er benutzt hatte. Aber dieses Grab wird in Ihr Bewusstsein eingepflanzt und in Ihrem Bewusstsein liegt Ihr Freund darin. Dann kommen wir nicht mehr umhin, uns bei allem was wir tun und vor allem bei jedem neuen Besuch des Grabes erneut vorzustellen, dass der Freund in seinem Sarg dort unten verwest, auch wenn wir noch so sehr an die Verlängerung des Lebens und an die Unmöglichkeit, dass es im Universum etwas Totes geben kann, glauben. Dieses Bild hat sich dann in unser Bewusstsein eingegraben und dadurch binden wir Gedanken an Verwesung, Tod und Verfall an uns. Die Gedanken an Verfall und Tod sind reale Kräfte. Wenn wir sie so sehr in unserem Bewusstsein halten, fügen wir dem Körper Elemente des Verfalls hinzu. Wir sollten unsere Gedanken vielmehr auf das Leben und auf noch mehr Leben ausrichten. Der Blick zurück hilft uns dabei nicht! Blicken Sie nach vorne! Jedes Bedauern, jeder trauervolle Gedanke, zieht Ihnen Leben ab.

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Das ist eine Kraft, die nur noch mehr Leid schafft. Diese Kraft stärkt die Gewohnheit des Bedauerns; sie überzieht das Bewusstsein mit der Glasur der Traurigkeit und je länger Sie diese Kraft zulassen, umso dunkler wird diese Glasur. Wenn wir in der Erinnerung immer wieder in die Vergangenheit zurückgehen und sie erneut durchleben, weil wir ihr den Vorzug gegenüber der Gegenwart geben, rufen wir darüber hinaus alte Stimmungen und Geisteszustände auf, die zur Vergangenheit gehören. Wird dieses Gefühl immer wieder aufs Neue aktiviert, so bringt es uns auch eine gewisse Form des körperlichen Leids. Dieses Leid gehört zu einem Geisteszustand, den wir bereits seit langem hätten überwinden sollen. Wenn wir jedoch nach vorne blicken, schütteln wir solche Unpässlichkeiten ab und sind gesünder denn je. Wer ständig nur in der Vergangenheit lebt, wird sich letztendlich einen ernsthaften Schaden am Körper zuziehen. Die aktive Geschäftsfrau oder der Geschäftsmann vertut nur wenig Zeit damit, traurig in die Vergangenheit zu blicken. Dies würde sich geschäftlich nachteilig auswirken. Die Gedanken dieser Menschen sind in die Zukunft gerichtet! Solche Gedanken sind es, die das Geschäft florieren lassen. Traurige Erinnerungen an die Vergangenheit beschwören eine rückläufige Geschäftstätigkeit herauf. Die Erfolge dieser Menschen beruhen auf einem spirituellen Prinzip, selbst dann, wenn es ihnen nicht bekannt ist. Nun sagen Sie vielleicht: „Ich habe in meinem Leben bereits vieles einstecken müssen und werde mein Lebtag lang ein Versager sein“. Das ist deshalb so, weil Sie zurück blicken und Ihre Misserfolge ständig aufs Neue durchleben. Das führt dazu, dass Sie mehr derselben anziehen. Drehen Sie den Spieß um! Leben Sie geistig künftige Erfolge durch! Warum sagen Sie: „Ich bin immer krank“? Weil Sie nach hinten blicken und Ihre bisherigen Wehwehchen immer neu durchleben. Deshalb ziehen Sie ständig neue Unpässlichkeiten an. Ich habe einmal den Ausdruck gehört: „Als die Erde noch jung war“. Als ob dieser Planet jetzt an Altersschwäche leide und dem Verfall entgegen ginge! Was die Frische, die Zunahme an Leben, die Feinheit und Reinheit aller Lebensformen, seien es Tiere, Menschen, Pflanzen oder etwas anderes, angeht, war diese Erde noch nie so jung wie heute. Die Jugend ist Leben, mit zunehmender Schönheit und Macht. Sie ist nicht der gröbere Beginn des Lebens. Seite 49

Das so genannte „taube Gestein“ enthält Elemente, die dazu beitragen, dass künftige Bäume und Blumen geschaffen werden. Trägt der Teil des Gesteins, das in den Baum oder in die Blume eintritt, zu mehr oder zu weniger Leben bei? Er verwandelt sich lediglich in einen höheren und schöneren Ausdruck des Lebens. Dasselbe gilt für uns. Das Gestein zerfällt, damit es in dieser höheren Form leben kann. Das alte Bewusstsein muss zerfallen und für ein neues Platz machen, damit wir das neue spirituelle Wesen werden können. So wie das alte Bewusstsein zerfällt, so tut es auch der Körper, denn die spirituelle Veränderung muss durch eine physische Veränderung begleitet werden. Nichts in der Natur, nichts im Universum, steht still. Nichts geht zurück. Eine riesige und unbegreifliche Kraft und Weisheit bewegt alle Dinge nach vorne auf mehr Macht und mehr Möglichkeiten zu. Sie sind in diese Kraft eingeschlossen und bilden einen Teil von ihr. Als Embryo ist in Ihnen die Macht angelegt, den von Ihrem Geist benutzen physischen Körper am Verfall zu hindern und ihn auf eine Weise zu verwenden, die sogar die kühnsten Romanschreiber verwerfen würden. Für Ihr Bewusstsein ist die Jugend ein ewiges Erbe. Dass Ihr Körper „gealtert“ ist, ist kein Hinweis darauf, dass Ihr Bewusstsein „gealtert“ sei. Im materiellen Sinn kann das Bewusstsein ebenso wenig älter werden wie das Sonnenlicht. Wenn Ihr Körper „gealtert“ ist, dann deshalb, weil dieser Körper das materielle Ebenbild und der Ausdruck eines falschen Selbsts geworden ist, welches durch Gedanken im frühen physischen Alter entstanden ist. Diese Gedanken sind unrichtig. Zu einem großen Teil haben diese Gedanken mit dem Bedauern zu tun. Das Bedauern ist eine verkehrt herumwirkende Kraft; sie sorgt dafür, dass das Bewusstsein zurück blickt, obschon sein natürlicher und gesunder Zustand nach vorne gerichtet ist. Wenn die Menschheit in der Zukunft lernt, auf die größeren Freuden zu blicken, die sie in der Zukunft noch erwartet und nicht mehr die tote Vergangenheit mit sich herumschleppt, werden die menschlichen Körper schöner und anmutiger sein als heute. Denn dann werden diese Körper ein Spiegelbild der Gedanken sein und auf das Schöne und Symmetrische ausgerichtet sein. Diese Menschen werden wissen, dass der Reichtum, der aus dem unendlichen Bewusstsein noch auf sie wartet, alles Bisherige übersteigt.

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Heute ist der Blick der Menschheit überwiegend noch in die verkehrte Richtung gelenkt. Aufgrund des geringen Vertrauens in die Macht, welche von den Theologen „Gott“ genannt wird, reden sie sich ständig ein: „So schön, wie es einmal war, kann es nie mehr werden. Die Jugend ist vorbei und die Zukunft sieht düster aus“. Die Wahrheit, dass das Leben nicht mit dem Tod des Körpers endet, bahnt sich sehr langsam den Weg in unser Bewusstsein. Das Leben endet nicht im Grab, es geht geradewegs weiter. Der „alte Mann“ von, sagen wir, siebzig Jahren, wacht auf der anderen Seite des Lebens auf, nachdem er seinen Körper verloren hat. Wenn es sich um einen Mann handelt, der nicht mit der Zeit gegangen ist, der nicht Schritt gehalten hat und mit Bedauern zurückblickt und sich für „zu alt zum lernen“ hielt und meinte, er habe bereits alles gesehen, wird er auch in der Welt des Geistes ein solcher alter Mann sein. Es findet keine plötzliche Transformation eines abgelegten alten Körpers in einen jungen statt. So wie der Baum umfällt und eine Zeitlang liegen bleibt, so liegt auch der tote Körper im Jenseits erst einmal eine Zeitlang nur da. Doch dieser Zustand kann nicht ewig währen. Unser besagter Mann muss etwas werden, nicht älter, sondern jünger! Dazu ist es nicht nur erforderlich, dass er den alten Körper verlässt, sondern auch das alte materielle Bewusstsein, das diesen Körper geschaffen hat. Sein spirituelles Bewusstsein schüttelt dieses materielle Bewusstsein ab, wenn er einen neuen Körper erhält (oder wiedergeboren wird) und er verliert die Erinnerung an alle vergangenen traurigen und bedauerlichen Ereignisse. Geistig sollte der Mann immer der Junge und die Frau immer das Mädchen sein. Sie können dies durchaus würdevoll sein, ohne sich kindisch zu benehmen. Sie können die Verspieltheit der Jungend mit der Weisheit der Reife kombinieren. Es mag durchaus sinnvoll sein, sich eine Zeitlang wieder in die Vergangenheit zu begeben und dort zu leben. Manchmal werden wir in einen früheren Geisteszustand oder etwas Durchlebtes zurückversetzt und die Fehlhaltungen und Irrtümer, welche immer noch an uns kleben, werden uns dadurch klarer vor Augen geführt. Dies kann zum Beispiel geschehen, weil wir früher bewohnte Orte wieder aufsuchen oder alte Bekannte treffen, mit denen wir seit langem keinen Kontakt mehr hatten. Bei solchen Besuchen oder Treffen kommen auch frühere Assoziationen, Gewohnheiten und vielleicht auch Stimmungen wieder hoch, die wir schon lange vergessen wähnten.

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Eine Zeitlang schlittern wir wieder in das alte Leben zurück. Wir nehmen vorübergehend ein altes Bewusstsein oder einen Geisteszustand an, der an diesem Ort oder im Umgang mit diesen Personen damals der unsrige war. Doch nach einer gewissen Zeit entsteht zwischen unserem neuen Bewusstsein, das sich in unserer langen Abwesenheit herausgebildet hat, und dem früheren eine Gegnerschaft. Es verspürt eine Abneigung gegen das engstirnige Leben, die falschen Anschauungen und das dumpfe Einerlei. Das neue Bewusstsein will mit dem alten nichts mehr zu tun haben. Dann kommt es zu einem Konflikt zwischen den beiden Bewusstseinen, was vorübergehend sogar eine körperliche Krankheit heraufbeschwören kann. Unser altes Leben (oder Selbst) steigt gleichsam aus dem Grab hervor und versucht, sich an das neue zu heften und es sogar zu beherrschen. Das neue Selbst widersetzt sich dem Leichnam mit Abscheu. Der Anblick des Leichnams macht ihm jedoch auch Teilbereiche klar, die das neue Bewusstsein bislang unbemerkt immer noch beeinflusst haben. Wir verabschieden uns von unseren Fehlvorstellungen nicht auf einmal, und behalten häufig Schnipsel dieser Anschauungen unbewusst immer noch bei, auch wenn wir uns bereits für völlig frei von diesen irrtümlichen Anschauungen wähnten. Diese Schnipsel sind Überbleibsel alten Denkens und früheren Geisteszustände. Ihr erwachtes neues Bewusstsein steigt hoch und drängt das, was es vom alten noch vorfindet, hinaus. Dieses Hinausdrängen wird von körperlichen Beschwerden begleitet, da Ihr Bewusstsein seine ganze Kraft aufwendet, um diese Fragmente des früheren Selbsts zu vertreiben, genauso wie Sie Ihre gesamte Kraft aufwenden würden, um sich von einer Schlange zu befreien. Unsere alten Fehlvorstellungen müssen zunächst ausgetrieben werden, bevor die neuen Gedanken, welche dann hereinkommen, wenn die alten hinausziehen, ihr volles Gewicht entfalten können. Falls Ihr Bewusstsein blindlings und zufrieden eine Fehlvorstellung beherbergte, würden Sie scheitern wie viele andere auch, bei denen dies der Fall ist. Wenn Sie jahrelang in einem Haus oder in einer Stadt oder anderen Ortschaft wohnen, erschaffen Sie ein spirituelles Selbst, das zu diesem Ort gehört. Jedem Haus, jedem Baum, jeder Straße oder sonstigem Gegenstand, den Sie über lange Zeit dort gesehen haben, haftet gedanklich ein Teil dieses Selbsts an. Jeder Mensch, den Sie dort kennen, hat in seinem Bewusstsein das Selbst, das Sie dort erschaffen und bringt dieses bei jedem Treffen und Gespräch mit ihm hervor. Seite 52

Sofern Sie an diesem vormaligen Ort jahrelang den Ruf eines schwächlichen, wankelmütigen, unpraktischen oder entscheidungsunfähigen Menschen gehabt haben und wieder zu den Leuten zurückkehren, die Sie so erlebt haben, ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie in deren Denken und in ihrer Erinnerung wieder in dieses alte Selbst zurückgestoßen werden, selbst wenn Sie sich mittlerweile sehr gebessert haben sollten, und Sie werden sich wahrscheinlich eine gewisse Zeitlang wieder so fühlen wie damals. Sie kehren nach langer Abwesenheit an einen solchen Ort zurück. Während Ihrer Abwesenheit haben Sie sehr an sich gearbeitet und vertreten jetzt völlig andere Standpunkte. Ihr Bewusstsein ist jetzt ein völlig anderes. In der Tat sind Sie jetzt ein anderer Mensch. Aber das frühere „Ich“, das alte Selbst vergangener Zeiten wird bei jedem Gegenstand, der Ihnen vertraut ist, wieder hochsteigen. Es wird aus den Häusern kommen, die früher von Ihren Freunden bewohnt waren, auch wenn jetzt andere Mieter darin wohnen; es wird aus der Dorfkirche, dem alten Schulhaus, den Eisenbahnschienen und den Zäunen, die Ihnen früher so vertraut waren, wieder zu Ihnen kommen. Vor allem aber wird es aus der Erinnerung der Menschen, die Sie nur so kannten wie Sie damals waren, zu Ihnen kommen. Jeder einzelne dieser Menschen verstärkt dieses Bild Ihres früheren Selbsts. Ihre Gespräche mit diesen Menschen finden dann auf der Ebene dieses früheren Lebens oder Selbsts statt. Kurzzeitig drängen Sie Ihr jetziges Denken und Ihre jetzigen Anschauungen beiseite und schieben Ihr neues Selbst weg, da Sie Ihren Freunden nicht Ihre Meinung aufdrängen wollen, denn für diese Leute könnten Ihre jetzigen Ansichten unangenehm sein, man könnte Sie als einen Spinner oder Einzelgänger einstufen. Vielleicht treffen Sie zwanzig oder dreißig Personen, die nur Ihr früheres Selbst kannten und mit all diesen Leuten unterhalten Sie sich aus Ihrem früheren Selbst heraus und unterdrücken das neue. Dadurch wird das alte, totgeglaubte Selbst eine Zeitlang sehr stark; Sie können dies jedoch nicht aufrecht erhalten. Sie können den alten Leichnam nicht soweit erwärmen, dass er wieder lebendig wird. Sollten Sie versuchen, wieder Ihr früheres Selbst zu sein und so zu leben, werden Sie geistig depressiv werden. Wahrscheinlich werden Sie auch körperlich erkranken und in Stimmungen versinken, die Ihrem früheren Selbst eigen waren und die Sie bereits lange für überwunden hielten. Es könnte auch vorkommen, dass Sie sich früher öfter bei Ihnen auftretenden Krankheiten wieder zuziehen, obwohl Sie damit jahrelang keine Probleme mehr gehabt haben. Solche Beschwerden sind nicht real. Es sind nur die Gedanken und Fehlvorstellungen, die Ihr altes „Ich“ an Sie zu binden versucht.

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Vor kurzen kehrte ich an einen Ort zurück, den ich fünfundzwanzig Jahre lang nicht mehr aufgesucht hatte. Dort habe ich einen Gutteil meiner physischen Jugend verbracht und dort mit einem Bewusstsein und mit Einstellungen gelebt, die sich von meinen heutigen deutlich unterscheiden. Der Ort war in vielerlei Hinsicht tot für mich. Die meisten meiner Bekannten waren nicht mehr besuchbar; ihre Überreste liegen auf den Friedhöfen. Aber auch unter den angeblich Lebenden traf ich auf eine Abgestorbenheit. Diese Menschen hatten ihre Vitalität und Aktivität der Jugend verloren. Sie hatten sich mit dem „Altern“ abgefunden. Sie lebten überwiegend in der Vergangenheit, sinnierten über die „guten alten Zeiten“, wobei die Gegenwart immer schlechter abschnitt. Geistig befanden sie sich dort, wo ich sie vor fünfundzwanzig Jahren verlassen hatte und wo auch ich mich damals geistig befand. Kurzzeitig in diesen Gedankenstrom hineingesogen, unterhielt ich mich mit ihnen über die Vergangenheit und lebte einige Tage lang darin. Auf Schritt und Tritt begegnete mir etwas Beseeltes oder Unbeseeltes, das mir mein vergangenes Leben wieder zurückbrachte. Dann ging ich zum Friedhof und dachte an die Leute, deren sterbliche Hülle dort lag. Tagelang lebte ich auf diese Weise, ohne dass mir bewusst war, dass mir diese traurigen Erinnerungen Verfall und Traurigkeit zuzogen. Zunächst wurde ich sehr betrübt. Ich wurde auf eine merkwürdige Weise krank und so schwach, dass ich mich kaum auf den Beinen halten konnte. Ich war ein Nervenbündel und voller unbestimmter Ängste. Woher kam das? Indem ich mich wieder in mein früheres Leben zurück begeben hatte, zog ich auch meine alten Geisteszustände - mein vormaliges Bewusstsein - wieder an. Doch seitdem bin ich in ein neues Bewusstsein, ein neues Selbst, hineingewachsen, das sich in seinem Denken und seinen Ansicht sehr von dem alten unterschied. Das neue Selbst, in das ich seit dem Wegzug von diesem Ort hineingewachsen war, wollte das alte nicht akzeptieren. Es schüttelte es ab. Dieser Prozess verursachte die körperlichen Beschwerden. Es kam zu einem Konflikt zwischen diesen beiden Kräften; die eine wollte hinein, die andere wollte sie draußen haben. Das Schlachtfeld war mein Körper. Und wenn eine Schlacht im Gange ist, ist ein Schlachtfeld niemals ein friedlicher Ort! In diesem Fall war es notwendig, kurzzeitig zurückzublicken und in der Vergangenheit zu leben, um klar zu erkennen, welcher Schaden angerichtet wurde.

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Denn ohne eine praktische Erfahrung kann keine Lektion wirklich gelernt werden. Was mir klar wurde, war nicht nur das Übel, wieder an diesen Ort zurückversetzt zu werden. Zum ersten Mal erkannte ich auch, wie sehr ich unbewusst in der Vergangenheit gelebt hatte und dass ich dies unbewusst bereits unzählige Male getan hatte, wodurch ich Kraft verbrauchte, die mich - anders eingesetzt - in jeder Hinsicht nach vorne gebracht hätte. Ich verstand auch, wieso ich mich einige Wochen vor diesem anstehenden Besuch niedergeschlagen fühlte und an mir eine Rückkehr von Stimmungen bemerkte, die ich viele Jahre lang nicht mehr erlebt hatte. Der Grund war, dass sich mein spirituelles Bewusstsein bereits an diesem Ort befand und diese Veränderungen verarbeitete. Der Höhepunkt wurde dann erreicht, als auch mein physisches Selbst dort eintraf. Alle Veränderungen werden bereits auf der spirituellen Ebene ausgearbeitet, bevor unsere physischen Sinne auch nur eine Ahnung davon erhalten. Niemand möge annehmen, dass ich in völliger Übereinstimmung mit diesen spirituellen Gesetzmäßigkeiten zu leben im Stande sei, nur weil ich darüber schreibe! Auch ich bin nicht über Fehler und Irrtümer erhaben. Auch ich tappe gelegentlich in eine Falle oder komme vom Weg ab. Immer wieder! Doch wir müssen hoffnungsvoll nach vorne blicken, und davon ausgehen - und verlangen -, dass es besser werden wird. Das verleiht uns Macht. Das ist das Gesetz des unendlichen Bewusstseins. Wenn wir es beachten, leben wir in diesem Bewusstsein. Die Natur vergräbt ihre Toten so schnell wie möglich und beseitigt sie aus dem Blickfeld. Die Natur verändert also das, was für das Leben nicht mehr nützlich ist. Der lebende Rosenstrauch erzeugt in jedem Frühjahr aufs Neue das neue Blatt. Mit den alten Blättern will er nichts zu tun haben. Er trauert keinen verwelkten Blättern nach. Wenn der Strauch dann eines Tages selbst aufhört, Blätter zu erzeugen und zu blühen, verändert er sich in eine andere Gestalt und verwandelt sich in andere Formen der Vegetation. Damit will ich nicht ausdrücken, dass wir sämtliche Erinnerungen tilgen sollten. Löschen Sie nur die traurigen!

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Leben Sie ruhig nach Herzenslust in Ihrer Vergangenheit, wenn Ihnen diese Freude gebracht hat. Es gibt schöne Erinnerungen an Spaziergänge durch den Wald, über die Felder oder im Regen, an blaue Himmel und schneebedeckte Berggipfel sowie viele weitere der Ausdrucksweisen der Natur, die mit Ihrem persönlichen Leben verbunden sind und die Sie zu Ihrem Nutzen und Ihrer Freude jederzeit wieder hervorholen können. Das sind keine Erinnerungen an eine Vergangenheit der Traurigkeit, sondern diese Erinnerungen sind voller Leben, Frische und Schönheit. Sollten sich aber im Schlepptau dieser Erinnerungen auch traurige wieder in Ihr Bewusstsein drängen, so weisen Sie sie sofort zurück. Weigern Sie sich, sich mit ihnen zu beschäftigen. Solche Erinnerungen sind nicht lebensspendend. Die Wolke, der Sie auch nur die kleinste Chance einräumen, wird alles überschatten und düster machen. Die Wissenschaft des Lebensglücks liegt darin, seine Gedanken zu steuern und zu kontrollieren, und nur aus gesunden Lebensquellen Gedanken zu beziehen. Wenn Ihr Bewusstsein durch die möglicherweise langjährige Gewohnheit, an die düstere Seite der Dinge zu denken und darin zu leben, verzerrt ist, werden Sie überrascht feststellen, dass Ihnen der Anblick dessen, was Ihnen Schmerzen bereitete, jetzt Freude bereiten kann, weil Sie gewisse ungesunde Geisteszustände beseitigt haben, in die Sie sich vorher hineinziehen ließen. Dann können Sie Orte aus Ihrer Vergangenheit wieder aufsuchen und nur in schönen Erinnerungen schwelgen, und alle Gedanken an „traurige Veränderungen“ und an „die vielen, die jetzt nicht mehr da sind“ zurückweisen. Das habe ich in meinem eigenen Leben festgestellt. Gibt es irgendeinen Sinn, Dinge zuzulassen, die Ihnen nur wehtun und Sie verletzen? Vollbringt Gott irgendwelche selbstzerstörerischen Selbstmordhandlungen? Kummer bringt uns nichts Gutes und zerstört nur den Körper!

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Kapitel 6 Das unendliche Bewusstsein Natur

der

Wenn Sie Bäume lieben, vor allem die wildwachsenden, die von der großen Schöpferkraft einfach irgendwo hingesetzt wurden, sind Sie ein Glückspilz. Denn alles, was wir „wild“ oder „natürlich“ nennen, befindet sich näher am unendlichen Bewusstsein als das Versklavte, Künstliche und vom Menschen Beschnittene. Da sie sich näher am Unendlichen befinden, wohnt ihnen eine vollkommenere Kraft inne. Deshalb empfinden Sie inmitten der Wildnis und Natur, in den Wäldern und Bergen, fern vom menschlichen Eingreifen, ein unbeschreibliches Hochgefühl und ein Gefühl der Freiheit, das Sie anderswo nicht verspüren. Sie atmen ein von den Bäumen, Felsen, Vögeln und Wildtieren und von jedem Ausdruck des unendlichen Bewusstseins abgegebenes Element ein. Das ist beglückend. Es ist mehr als nur Luft, es ist die unendliche Kraft und das Bewusstsein, wie sie von diesen natürlichen Dingen zum Ausdruck gebracht werden und auf Sie einwirken. In der Stadt wird Ihnen diese Kraft nicht zuteil - nicht einmal in einem wohlgepflegten Garten. Dort haben die Pflanzen und Sträucher zu viel vom niederen Bewusstsein des Menschen an sich, von diesem Bewusstsein, das sich einbildet, es könne das Universum verbessern. Der Mensch neigt zu der Auffassung, dass die unendliche Kraft diese Welt als Rohfassung erschaffen habe und dass es an ihm läge, sie zu verbessern. Tun wir dies denn tatsächlich, indem wir Wälder zerstören und damit auch Wildvögel und Tiere, die einst darin lebten, ausrotten? Sind unsere Flüsse, von denen viele mit Industrie- und Haushaltsabwässern verseucht sind, und unsere ständig größer werdenden Städte und Siedlungen, unsere meilenweit zubetonierten Flächen, wobei die Bewohner in winzige Wohnzellen gezwängt sind, unter denen sich die Kanalnetze wabenartig verzweigen und um die herum Lärm und Gefahren herrschen, tatsächlich „Verbesserungen“ der göttlichen und natürlichen Ordnung? Sie können von Glück sagen, wenn Sie an freiwachsenden Bäumen, wilden Tieren und Vögeln Gefallen finden und erkennen, dass sie alle dem selben Bewusstsein entstammen, dem auch Sie entstammen, und dass Ihnen diese Dinge und Wesen etwas Wertvolles geben können.

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Der wildwachsende Baum reagiert auf Ihre Zuneigung. Das ist keine Einbildung oder Gefühlsduselei. Von Ihnen geht ein echtes Element und eine Kraft aus, die zum Baum fließt. Das Wesen des Baumes fühlt das. Sie sind ein Teil des unendlichen Bewusstseins. Der Baum ist ebenfalls ein Teil des unendlichen Bewusstseins. Er hat seinen Anteil am Leben, am Denken und an der Intelligenz. Sie haben einen wesentlich größeren Anteil - und dieser wird ständig noch größer! Die Liebe ist ein Element, das physisch zwar nicht gesehen werden kann, aber dennoch so real wie Luft oder Wasser ist. Sie ist eine wirkende, lebende, bewegende Kraft und in der uns umgehenden viel größeren Welt, die sich den physischen Sinnen entzieht, bewegt sie sich in Wellen und Strömen ähnlich wie ein Meer. Es gibt einen Sinn im Baum, der Ihre Liebe spürt und darauf reagiert, auch wenn er nicht in einer Art und Weise reagiert, die wir jetzt begreifen könnten. Er tut das im Einklang mit dem unendlichen Bewusstsein, von dem er ein Teil ist. Gottes Wege sind unergründlich und entziehen sich unserem Verstand. Es ist nicht unsere Aufgabe, sie zu erforschen. An uns liegt es lediglich, uns danach zu verhalten; auf diese Weise tragen sie dazu bei, dass wir uns glücklicher fühlen. Es gibt eine Ausgeglichenheit und einen inneren Frieden, der über das bloße intellektuelle Verstehen hinausgeht, und dennoch kann dieser Friede einer chemischen Analyse unterzogen und nachgewiesen werden. Da der große Geist alles erschaffen hat, muss dieser Geist und diese Weisheit auch alles durchziehen. Wenn wir Bäume, Felsen und alles übrige, das das unendliche Bewusstsein erschaffen hat, lieben, liegt es dann nicht nahe, dass sie uns als Reaktion auf unsere Liebe etwas von ihrem wesenseigenen Denken und ihrer Weisheit abgeben? Liegt es dann nicht auf der Hand, dass wir aufgrund unserer Liebe zur Natur auch näher an Gott herankommen? Können wir ernsthaft davon ausgehen, dass wir Gott näher kommen, dass wir ihn jeden Tag besser kennen lernen und das mächtige und unermessliche Bewusstsein mehr schätzen lernen, indem wir uns lediglich auf das Wort „Gott“ mit seinen Buchstaben stützen: G-O-T-T? Sie lachen vielleicht bei dem Gedanken an einen Baum, der angeblich denken kann. Doch der Baum ist in vielerlei Hinsicht ähnlich strukturiert wie Sie. Statt des Blutes hat er den Saft. Er hat einen Kreislauf. Statt der Haut hat er eine Rinde. Statt Lungen hat er Blätter. Und er braucht Nahrung. Diese zieht er aus dem Boden, der Luft und der Sonne. Er passt sich an die Umstände an. Die freistehende Eiche gräbt ihr Wurzelwerk tief in die Erde ein, um dem Sturm zu widerstehen.

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Dicht beinander wachsende Kiefern wurzeln nicht so tief, denn sie widerstehen dem Wind durch ihre Anzahl. Die empfindliche Pflanze zieht sich zusammen, wenn der Mensch seine Hand danach ausstreckt. Viele Wildpflanzen können - ähnlich wie die Indianer - unter künstlichen Verhältnissen nicht gedeihen. Trotz dieser Vielzahl physischer Ähnlichkeiten mit Ihrem eigenem Körper sprechen Sie dem Baum oder der Pflanze den Anteil am Unendlichen ab? Nein! Das kann nicht Ihr Ernst sein! Der Baum ist ebenso ein Teil des unendlichen Bewusstseins wie Sie es sind. Er ist ein weiterer aus der Vielzahl der Gedanken des allesdurchdringenden Bewusstseins. Von diesem Gedanken sehen wir uns den Teil, der als Baumstaum, Wurzel, Zweig oder Blatt seinen Ausdruck erfährt, so wie an uns selbst ebenfalls nur den physischen Körper sehen. Unseren spirituellen Teil sehen wir nicht. Ebenso wenig sehen wir den spirituellen Teil im Baum. Der Baum ist somit buchstäblich ein Gedanke Gottes. Diesem Gedanken sollten wir nachgehen. Er enthält eine Weisheit, mit der wir uns bislang noch nicht beschäftigt haben. Diese Weisheit wollen wir haben. Wir wollen sie in unser Leben integrieren. Wir wollen sie deshalb, weil uns echte Weisheit oder Wahrheit Macht verleiht - eine Macht, die uns bessere, gesündere und vitalere Körper verschafft. Wir wollen frei von Krankheit sein. Wir wollen beschwingter sein und fröhlichere Gedanken pflegen. Wir wollen ein neues Leben und jeden Tag mehr Freude erleben. Wir wollen, dass unser Körper im Lauf der Jahre leichter und nicht schwerfälliger wird. Wir wollen eine Religion, die uns Gewissheit und nicht Hoffnungen und Theorien gibt. Wir wollen eine Gottheit, an der kein Zweifel besteht. Wir wollen das unendliche Bewusstsein in jedem Atom unseres Seins spüren. Wir wollen jeden Tag dort weitermachen, wo wir gestern aufgehört haben, um in dem, was wir gestern für „alt“ gehalten haben, etwas Neues zu finden. Wenn wir uns in den Bereich des unendlichen Bewusstseins begeben und immer mehr von diesem Bewusstsein anziehen und zu einem Teil von uns machen, erkennen wir, dass nichts „schal, fade oder unrentabel“ ist. Können uns die Bäume dies geben? Sie können ihren Beitrag dazu leisten, wenn wir uns in ihr Wesen hineinbegeben. Wenn wir die Realität dieses Teils des Unendlichen, der von den Bäumen zum Ausdruck gebracht wird, erkennen, und sie nicht mehr als unbeseelte Dinge betrachten, können sie uns mehr geben als bisher. Seite 59

Solange wir Bäume nur als Nutzholzlieferanten sehen, erhalten wir nur wenig Leben von ihnen. Dann fühlen sie sich Ihnen gegenüber so wie Sie sich einem Menschen gegenüber fühlen würden, der Sie nur als eine Sache ohne Bewusstsein und Sinne betrachtet, die zu Brettern und Brennholz verarbeitet wird. Wenn wir Gott - oder das unendliche Bewusstsein des Guten - wirklich lieben, dann lieben wir alle Facetten davon. Ein Baum ist eine dieser Facetten. Wenn wir dem Baum unsere Liebe senden können, wird er sie uns zurücksenden, und diese Liebe, dieses vom Baum ausströmende Element, wird in unser Wesen eindringen und uns mehr Wissen und Macht verleihen. Es wird uns sagen, dass das Bewusstsein und die Kraft, welche sie vom Unendlichen repräsentiert, für den Menschen eine viel bessere Verwendung zu bieten hat als nur Brennstoff, Balken und Bretter. Diese Liebe wird uns sagen, dass die Wälder, die mit ihren Milliarden von Zweigen, Ästen und Blättern in die Luft hochragen, Leiter eines Elements sind, das sie auf die Erde bringen. Dieses Element gibt dem Menschen in dem Maße Leben, in dem er es empfangen kann. Je besser wir das unendliche Bewusstsein begreifen, umso klarer wird uns auch, dass dieses Bewusstsein alles durchdringt. Je näher unsere Beziehung zum Baum, zum Vogel oder anderen Tier als Mitgeschöpf, umso mehr ziehen wir von dem vitalisierenden Element an, das durch diese Ausdrucksformen des Bewusstseins abgegeben wird. Wer in den Bäumen nur Nutzholz sind, kann nur wenig von diesem Element abbekommen; für das entwickeltere menschliche Bewusstsein sind sie ein wahres Lebenselixir. Das Bewusstsein, das im Baum, Vogel, Tier oder Fisch nur eine intelligenzlose Sache sieht, die man nach Belieben oder auch nur zum Spaß vernichten oder versklaven kann, weist einen Geist oder ein Element zurück, das ihm ein neues Leben und mehr Macht für Bewusstsein und Körper verleihen würde, wenn es empfangen und aufgenommen würde. Wir erhalten das Element der Liebe nur in dem Maße, in dem wir es in uns tragen. Wir können dieses Element nur von der höheren Intelligenz anziehen. Wir ziehen es in dem Maße an, in dem wir jeden Ausdruck des Unendlichen bewundern, sei dieser Ausdruck ein Baum, ein Busch, ein Insekt, ein Vogel oder eine andere Ausdruckform der Natur. Was wir wirklich lieben, können wir nicht zerstören oder verstümmeln. Je mehr wir von diesen Dingen wirklich lieben, umso mehr ziehen wir von ihrem Element der Liebe zu uns. Dieses Element ist für uns ein Leben, das ebenso real ist wie der Baum selbst. Seite 60

Je mehr wir von diesem Leben empfangen und aufnehmen, umso mehr erkennen wir eine Macht im Leben, die nur als wundersam bezeichnet werden kann. Wenn wir die Wälder abholzen, verringern wir vorübergehend die Menge dieses Elements, das von ihnen abgegeben wird. Wenn wir die einheimischen Bäume durch exotische oder gezüchtete Sorten ersetzen, und dieses Element verkünstelt ist, wird die davon ausgehende Lebenskraft vermindert. Wenn wir die gesamte Erde mit Städten, Dörfern, Bebauungen und Feldern überziehen, beschränken wir die Zufuhr eines lebensspendenden Elements, das nur die Wälder in ihrem naturbelassenen Zustand liefern können. Wenn wir den Baum nicht als einen Teil des unendlichen Geistes erkennen können, sehen wir auch nicht, dass der unendliche Geist durch diesen Baum wirkt. Die Bäume geben immer ein Lebenselement ab, das für den Menschen genauso notwendig ist wie die Luft, die er atmet. Sind die Werke des Menschen einmal fertiggestellt, so geben sie jedoch nur Staub und Verfall ab. In unseren Großstädten nehmen wir mit jedem Atemzug Staub auf. Nichts im Universum ist still und absolut untätig. Unsere meilenlangen Stein-, Mörtel- und Ziegelbauwerke sind ständig in Bewegung; langsam und unmerklich verwandeln sie sich in Staub. Tücher, Leder, Eisen und jedes Material, das der Mensch getragen und benutzt hat, bewegt sich auf Staub zu. Sehen Sie sich nur den Staub an, der sich an einem einzigen Tag in Ihrem Zimmer anhäuft; Regale, Tische, Kleidung - alles ist voller Staub, selbst dann, wenn Sie die Fenster geschlossen halten. Eine enorme Kraft, die ständig in Bewegung ist, ist hier am Wirken und zersetzt alles. Es braucht nur ein Sonnenstrahl durch die einen Spalt weit geöffnete Jalousie einzutreten und Sie sehen bereits in diesem kleinen Ausschnitt unzählig viele Staubteilchen. Das sind minderwertige Elemente, die in den Körper und in den Geist gelangen. Aber Bäume und Naturgeschöpfe senden ein Element aus, das voller Leben ist. Unser Körper scheidet über die Haut ständig Materie ab, für die er keine Verwendung mehr hat. In der Großstadt sondern abertausende von Körpern ein Element ab, das noch kleiner als Staub ist. Dieses Element wird von kranken Körpern ausgeschieden. Wir atmen es ein. Wir atmen einander ständig immer wieder ein. Diese unsichtbare Materiewolke, die sich durch unsere Großstädte zieht, ist nicht lebensfördernd. Sie hat zwar ein gewisses Leben in sich, wie dies bei allem der Fall ist, aber sie ist nicht förderlich für den Menschen.

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Wenn wir alle Ausdrucksformen des unendlichen Bewusstseins, die Bäume, Pflanzen, Tiere und Vögel, in Ruhe lassen, werden sie uns in Liebe ihren Anteil am Unendlichen zufließen lassen. „Aber wie sollen wir denn leben“, fragen Sie jetzt vielleicht. „Wir können doch nur überleben, wenn wir das Holz nutzen und Tiere schlachten!“ Glauben Sie wirklich, dass es keine andere Art des Lebens gibt als die jetzige? Glauben Sie, dass in dem erhöhten Geisteszustand, den wir „Himmel“ nennen, Tiere getötet, Bäume verstümmelt oder andere Ausdrucksformen der unendlichen Weisheit zerstört werden? Meinen Sie, dass wir in diesen höheren Bewusstseinszustand gelangen können, ohne die Gesetze zu kennen, über die er erreicht werden kann? Das wäre so, als wolle man die Welt umsegeln, ohne etwas von Seefahrt oder Navigation zu verstehen. Wir werden nicht einfach in den Himmel plumpsen, so wie ein Faß den Hügel hinunterrollt. Eine Umstellung ist sicherlich nicht schlagartig möglich. Wir können nicht sofort aufhören, Bäume zu fällen, Vögel und Tiere zu töten und als Nahrung zu uns nehmen. Solange der Körper an einer solchen Nahrung Genuß findet, soll er sie haben. Sobald der Körper durch unseren Geist und unsere Einstellung verändert ist, werden Magen und Gaumen Fleisch als Nahrung ablehnen. Sie wird ihm nicht mehr schmecken. Der Fehler des Menschen war in der Vergangenheit oft, dass er sich kraft seines eigenen Willens verändern oder vergeistigen und auf höhere Ebenen bringen wollte. Er hat sich zum Fasten und Büßen gezwungen und sich die Freuden des Lebens versagt. Das hat ihm nicht geholfen, Krankheiten, Leid, Verfall und physischen Tod zu vermeiden. Es hat niemals dazu beigetragen, dass sein Körper erneuert würde. Der Ästhet hat nicht auf eine höhere Macht vertraut, sondern sich einzig und allein auf sich und seine Bemühungen verlassen. Dadurch hat er sich zeitweilig von der höheren Macht und vom Leben abgeschnitten. Die höhere Macht sendet dann, wenn man ihr vertraut. Aus dieser Sünde, wie auch aus allen anderen Exzessen oder schädlichen Gewohnheiten, kann sich der Mensch nur befreien, wenn er voll und ganz auf die höhere Macht vertraut, damit sie die Sucht nach dieser Gewohnheit von ihm nimmt. Andernfalls erscheint er zwar äußerlich gewandelt, innerlich jedoch nie. Unterdrückung ist keine Umwandlung! Der Eiferer und Betbruder, gleich aus welchem Zeitalter und welcher Richtung, dachte, er könne einen Engel aus sich machen.

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Eine solche Einstellung führt dazu, dass der Mensch sich im Kreise dreht. Die höhere Macht sagt fortwährend: „Kommt zu mir. Verlangt von mir! Findet mich in allem, was geschaffen wurde, und ich werde euch ständig neue Gedanken, neue Dinge, neue Ideen, neue Elemente senden, die eure Geschmäcker verändern werden. Diese werden das Grobe und Rohe nach und nach von euch entfernen und euch Freuden bringen, die ihr jetzt noch nicht ermessen könnt“. Wir werden mit der Zeit immer deutlicher erkennen, dass wir dann, in diesem höheren und feineren Leben (auf das sich alles hinbewegen muss) das größte Interesse daran haben, den Bäumen, Pflanzen, Vögeln und Tieren und anderen Ausdrucksformen des Unendlichen ihr Leben und ihre Freiheit zu lassen. Wir werden uns gezwungen sehen, sie zu lieben. Was wir wirklich lieben, können wir nicht missbrauchen, umbringen oder versklaven. Die Menschen sperren einen Vogel zu ihrem Vergnügen in einen Käfig, nicht aber zu seinem Vergnügen. Das ist nicht die höchste Liebe für den Vogel. Die größte Liebe zu allem ist für uns eine Quelle des Lebens. Je mehr Dingen in der Natur wir eine höhere Liebe entgegen bringen können, umso mehr erhalten wir von deren natürlicher Liebe und ihrem Leben wiederum zurück. Je mehr wir die Macht in uns ausbilden und verfeinern, dem Vogel, dem Tier, dem Insekt - mit anderen Worten: dem Unendlichen in allem - Liebe entgegen bringen zu können, umso mehr werden wir Liebe, ein erneuertes Leben, Stärke, Freude und Inspiration nicht nur von diesen, sondern auch von der herabfallenden Schneeflocke, dem prasselnden Regen, der Wolke, dem Meer und dem Berg erhalten. Das wird nicht nur ein bloßes Gefühl sein, sondern eine hervorragende Möglichkeit, um den Körper zu stärken, da dadurch der Geist mit einer bleibenden Kraft gestärkt wird, und was den Geist stärkt, muss auch den Körper stärken. Dies steht uns zu, doch wir müssen es von der höheren Macht verlangen. Nun drängt sich Ihnen vielleicht die Frage auf: „Warum hat die höhere Macht denn diese höhere Liebe nicht gleich in uns angelegt? Warum hat diese Macht es so lange zugelassen, dass die Natur verunstaltet wird? Warum dürfen Stürme, Erdbeben und Kriege Katastrophen und Elend über die Menschheit bringen?“

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Wir können nicht für die unendliche Weisheit antworten. Es reicht aus, dass wir wissen, dass es einen Weg gibt, der von dem wegführt, was wir „schlecht“ nennen. Es reicht aus, dass die Zeit kommen wird, in der wir als neue Wesen mit veränderten Bewusstseinen vergessen haben werden, dass es dieses Schlechte jemals gab. Dann sehen wir in den Kräften der Natur, sei es Feuer oder Sturm oder etwas anderes, nur noch, was gut ist und was uns Glück bringen kann. Der Austausch mit der Natur geht weit über das Gefühl hinaus. Es ist ein Anteilnehmen am unendlichen Sein. Das Element, das uns dann zuteil wird, wirkt auf Körper und Geist und ist so real wie alles, was wir sehen oder spüren können. Die Fähigkeit, sich mit Gott über seine Ausdrucksformen wie den Wolken, Bäumen, Bergen, Tieren oder Meeren in Verbindung zu setzen, ist nicht jedem gleichermaßen gegeben. Es gibt Menschen, die sich alleine im Wald, auf der Wiese oder im Gebirge verloren vorkommen. Diese Menschen fühlen sich nur in der Emsigkeit der Stadt oder im Geschnatter des Haushalts einigermaßen wohl und befinden sich in der Einsamkeit nicht in ihrem Element. Sie können nur in einer künstlichen Umgebung leben. Der Geist eines solchen Menschen ist mit dem parasitischen Wachstum der Künstlichkeit überwuchert. Das schneidet ihn von jeder Ausdrucksform Gottes in der Stille der Natur ab. Die Natur erscheint ihm wild, ungebändigt und trist. Wer sich eine Zeitlang in die Stille der Natur zurückziehen und diese Stille genießen kann, ohne sich dort einsam, sondern vielmehr angeregt zu fühlen, wird gestärkt wieder zu den Menschen zurückkehren. Denn dieser Mensch hat sich buchstäblich in den unendlichen Geist des Guten begeben. Der Seher, der Prophet, der Wunderheiler - alle haben sie auf diese Weise Kraft gewonnen. Christus zog sich in die Berge zurück, um vom Unendlichen gestärkt zu werden. Der Orientale und der Indianer, der gleichsam übermenschliche Kräfte gezeigt hat, war immer jemand, der die Stille der Natur liebte. Solche Menschen hielten sich gerne in der Natur auf. Sie konnten stundenlang umherstreifen, beinahe gedankenversunken, weil ihr Geist weit von ihrem Körper entfernt neue Ideen vom Unendlichen aufnahm. Sie werden selten einen Herrscher, Erfinder, Dichter oder Schriftsteller finden, der einen Eindruck auf die Menschheit hinterlassen hat, der sich nicht auch dorthin begeben hat, wo Gott am besten zu finden ist.

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Dort wird die Inspiration geboren. Für die schachbrettartig angelegte Großstadt, mit der Kanalisation unter ihm und der Straßenüberführung über ihm, kann sich der Dichter lange nicht so begeistern wie für das zerfurchte Gebirge im Nebelschleier. Diese Fähigkeit, uns an den natürlichen Dingen dieser Erde zu erfreuen und aus ihnen Kraft zu gewonnen, können wir uns nicht künstlich aneignen. Eine Tugend vorzutäuschen, ohne sie wirklich zu besitzen, hieße, sie sich aufzuerzwingen und wäre töricht. Wenn wir aber vom Unendlichen konsequent das neue Bewusstsein, das Gott im Wald oder auf dem Meer, im Sturm und Regenschauer, findet und fühlt, einfordern, und nicht nur Geborgenheit empfinden, sondern Kraft und Stärke in uns aufsaugen, wenn die Naturgewalten am schlimmsten zu wüten scheinen, kann dieses Bewusstsein nach und nach das alte ablösen, und mit dem „neuen Bewusstsein“ wird auch alles Übrige neu.

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Kapitel 7 Einige universelle Prinzipien Gesundheit und Schönheit

für

Ihre Gedanken formen Ihr Gesicht und verleihen ihm seinen besonderen Ausdruck. Ihre Gedanken bestimmen Ihre Lebenseinstellung, Ihre Körperhaltung und die Gestalt des gesamten Körpers. Das universelle Gesetz für die Schönheit ist auch das Gesetz für vollkommene Gesundheit. Beide hängen völlig von Ihrem Geisteszustand ab. Mit anderen Worten: Sie hängen von der Art der Gedanken ab, welche Sie aussenden und empfangen. Ein hässlicher Gesichtsausdruck ist die Folge der unbewussten Verletzung eines Prinzips, egal, ob beim jungen oder beim alten Menschen. Jede Art des Verfalls eines menschlichen Körpers, jede Form der Schwächlichkeit, alles, was die persönliche Erscheinung eines Mannes oder einer Frau abstoßend gestaltet, rührt von ihrer vorherrschenden Stimmungslage her. Die Natur gibt uns etwas mit, was einige „Instinkt“ nennen und was wir die höhere Vernunft nennen, weil sie aus der Anspruchnahme feinerer Sinne als unserer äußeren oder physischen Sinne entstammt, welche uns veranlassen, alles Abstoßende, Verkrüppelte oder Siechende mit Abscheu zu betrachten. Dem Menschen ist die Neigung angeboren, das Unvollkommene zu meiden und das relativ Vollkommene zu suchen und zu mögen. Ihre höhere Vernunft mag keine Falten und Verfallserscheinungen, und zwar aus demselben Grunde, aus dem Sie verschmutzte oder verschlissene Kleidung ablehnen. Ihr Körper ist das Kleidungsstück, und gleichzeitig das Instrument, Ihres Geistes oder spirituellen Bewusstseins. Derselbe Instinkt - bzw. die höhere Vernunft - ist es, der Sie veranlasst, einen wohlgeformten und schönen Körper attraktiv zu finden und geschmackvolle oder neue Kleidung zu mögen. Ihnen und Generationen vor Ihnen wurde erzählt, dass es eine unausweichliche Notwendigkeit, ein Gesetz der Natur, sei, dass Ihr Körper schwächer und unansehnlicher werde und dass mit den Jahren auch Ihr Geist nachlassen müsse. Man machte Ihnen weis, dass Ihr Bewusstsein keinerlei Macht habe, Ihren Körper zu reparieren und wiederherzustellen - ihn völlig neu und ständig frischer zu machen. Seite 66

Es liegt ebenso wenig in der Ordnung der Natur, dass der menschliche Körper ständig schwächer werden müsse, wie dies in der Vergangenheit der Fall war, noch dass der Mensch nur in der Kutsche reisen könne, wie er dies vor sechzig Jahren tat, oder dass schriftliche Mitteilungen nur brieflich erfolgen könnten, wie dies vor fünfzig Jahren der Fall war, bevor der elektrische Telegraph erfunden wurde, oder dass Gemälde wie vor einem halben Jahrhundert nur per Leinwand und Pinsel angefertigt werden können, bevor der Mensch entdeckte, dass die Sonne ein Bild von ihm auf eine empfindliche Fläche drucken kann. Es ist eine Unverfrorenheit der Ignoranz, wenn einige behaupten, was in der Ordnung der Natur liege oder zu sein habe. Es ist pure Dummheit, auf das Wenige, was wir wissen, zurückzublicken, und mit erhobenem Zeigefinger zu behaupten, dass dasselbe auch in der Zukunft der Fall sein werde. Wenn dieser Planet das gewesen ist, was er nach den Lehren der Geologie war, nämlich ein Planet mit gröberen, rauheren und gewalttätigeren Kräften als jetzt, mit gröberen Vegetationen, Tieren und sogar weniger entwickeltem menschlichen Leben, wäre das dann nicht der Beweis, dass die Entwicklung in Zukunft noch weiter in Richtung auf mehr Feinheit und Verbesserung gehen wird? Ist es nicht so, dass Feinheit und Veredelung auch mehr Macht mit sich bringen, so wie der Stahl stärker ist als das Roheisen? Und warum sollte ausgerechnet die höchste und komplexeste Form der bekannten Ordnung, der Mensch, von solchen bislang unbekannten Mächten ausgeschlossen bleiben? Insgeheim stellen sich hierzulande und anderswo tausende denkender Menschen solche und ähnliche Fragen: „Warum müssen wir verwelken und tatterig werden, und die besten Lebensjahre verlieren, kaum dass wir die Erfahrung und Weisheit erlangt haben, um das Leben einigermaßen zu begreifen?“ Die Stimme der Menschen ist anfänglich immer nur ein Flüstern. Das Gebet oder der Wunsch der Massen ist anfangs immer ein geheimes Wollen, das sich der Mensch kaum auszusprechen traut, weil er den Spott seines Nachbarn fürchtet. Es ist jedoch ein Gebot der Natur, dass jede stille oder ausgesprochene Bitte das Erflehte oder Erbetene entsprechend der Intensität des Wunsches und der zunehmenden Anzahl der Wünschenden, die dann aufgrund des Einwirkens ihrer Bewusstseine auf ein Subjekt diese stille Kraft der Gedanken, welche in den philosophischen Schulen auf dieser Welt noch nicht gelehrt wird, herbeibringt, erhört wird. Millionen von Menschen haben sich insgeheim schnellere Reiseund Kommunikationsmöglichkeiten gewünscht. Dies brachte uns den Dampf und den Telegraphen. Bald werden weitere Fragen und Bitten erhört werden; Fragen, die unhörbar von vielen Menschen ausgehen, und bei der Umsetzung der Antworten von Dingen, die bis dahin als unmöglich oder visionär galten, werden Fehler und Dummheiten geschehen;

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es wird zu Rückschlägen und entsprechenden Spötteleien kommen, genauso wie zu den Anfangszeiten der Eisenbahn täglich zehn Mal etwas kaputt ging, was heute nur noch einmal am Tag passiert oder wie, noch früher, zehn Dampfkessel pro Trag zerborsten, wo heute nur noch einer zerbirst. Doch eine Wahrheit setzt sich immer durch, auch wenn Fehler und Irrtümer begangen werden! Es gibt zwei verschiedene Alter, das Alter des Körpers und das Alter des Bewusstseins. In gewisser Weise ist Ihr Körper nur ein Konstrukt für den kurzzeitigen Gebrauch. Ihr Bewusstsein ist ebenfalls etwas Gewachsenes, jedoch bereits Jahrmillionen alt. Für sein Wachstum hat es viele Körper benutzt. Es ist durch die Benutzung dieser Körper von sehr kleinen Anfängen in seinen jetzigen Zustand und seine jetzige Macht hineingewachsen. In diesen Körpern waren Sie viel grobschlächtiger und weniger entwickelt als jetzt. Sie haben bereits gelebt, andernfalls würden Sie jetzt nicht leben, und zwar in Lebens- oder Ausdrucksformen, die sich von Ihrer jetzigen sehr unterscheiden, und jeder neue oder junge Körper, den Sie bewohnt haben, war wie ein neuer Anzug für Ihr Bewusstsein. Was Sie „Tod“ nennen, ist nur das Ablegen dieses Anzugs. Sie sind nicht relativ jung. Ihre derzeitige Jugend bedeutet, dass Ihr Körper jung ist. Je älter Ihr Bewusstsein, umso besser können Sie auch die Jugend, Kraft und Elastizität Ihres Körpers bewahren. Denn ein älteres Bewusstsein trägt auch mehr Macht in sich, die sie aus den vielen Existenzen angesammelt hat. Diese Macht können Sie für die Bewahrung von Schönheit, Gesundheit und Lebenskraft nutzen und wird sie für andere anziehend machen. Unbewusst können Sie dieselbe Macht auch nutzen, um Sie hässlich, ungesund, schwach, krank oder unattraktiv zu machen. Je mehr Sie diese Macht auf diese Weise nutzen, umso hässlicher beziehungsweise schöner, gesünder oder ungesünder werden Sie mit der Zeit, was diese eine Existenz angeht. Letztendlich müssen Sie sich - wenn nicht in dieser, dann in einer anderen Existenz - auf eine Symmetrie hinentwickeln, da die Entwicklung des Bewusstseins, dessen gröbere Parallelentwicklung die körperliche ist, immer auf etwas Höheres, Feineres, Besseres und Glücklicheres zusteuert. Diese Macht ist Ihr Denken. Jeder Ihrer Gedanken ist ebenso real wie ein Baum, eine Blume oder eine Frucht, auch wenn sie ihn mit dem physischen Auge nicht sehen können! Seite 68

Ihre Gedanken veranlassen Ihre Muskeln entsprechend der gedanklichen Ausrichtung zu Bewegungen. Wenn Ihre Gedanken stets klar und entschlossen sind, wird auch Ihr Gang forsch sein. Wenn Ihre Gedanken eindeutig sind, wird Ihre Körperhaltung und Ihr Auftreten zum Ausdruck bringen, dass Sie das, was Sie sagen, auch so meinen. Andererseits werden wankelmütige Gedanken auch in Ihren Gesten und Ihrer Körperhaltung zum Ausdruck kommen. Wenn dies lange genug so fortgeführt wurde, wird Ihr Körper irgendwie ungelenkt wirken, genauso wie Ihre Handschrift dann, wenn Sie etwas in Eile niederkritzeln, diese Hast zum Ausdruck bringt. Dies kann sich auch in unklaren Ideen bemerkbar machen. Schreiben Sie jedoch, wenn Sie ausgeglichen und bedächtig sind, so kommt dies sowohl Ihrer Handschrift als auch der Klarheit Ihrer Ideen zugute. Jeden Tag denken Sie sich im Guten wie im Schlechten in einen bestimmten Gesichtsausdruck hinein. Wenn Sie ständig fröhliche Gedanken pflegen, wird man Ihnen dies ansehen. Falls Sie aber die meiste Zeit jammern, streitlustig oder mürrisch sind, werden solche Gedanken hässliche Furchen in Ihr Gesicht ziehen. Diese Gedanken werden Ihr Blut vergiften, Sie missgestimmt machen und die Beschaffenheit Ihrer Haut ruinieren. Dann befinden Sie sich in Ihrem eigenen unsichtbaren geistigen Labor, in dem Sie ein unsichtbares und giftiges Element, nämlich Ihre Gedanken, erzeugen. Wenn Sie dieses Element nach außen geben, wird es durch ein unabänderliches Gesetz der Natur gleichgeartete Gedanken von Ihren Mitmenschen anziehen. Öffnen Sie Ihr Bewusstsein der Mutlosigkeit oder Gereiztheit und Sie ziehen von jedem niedergeschlagenen oder gereizten Mitmenschen an Ihrem Wohnort weitere gleichgeartete Gedanken an. In einem solchen Fall laden Sie Ihr Bewusstsein mit dem elektrischen Gedankenstrom einer destruktiven Neigung auf und das Geartetsein dieser Gedanken sorgt dafür, dass andere Gedankenströme der Niedergeschlagenheit oder Gereiztheit mit Ihrer geistigen Batterie - Ihrem Bewusstein - Verbindung aufnehmen. Wenn wir an Gewalttaten oder Diebstahl denken, bringen wir uns über dieses geistige Gesetz in eine spirituelle Beziehung mit jedem Dieb oder Gewalttäter. Ihr Bewusstsein kann Ihren Körper krank oder gesund machen, es kann ihn stark oder schwach machen, je nachdem, welche Gedanken es aussendet und welche Gedanken von anderen auf es einwirken. Sie brauchen in einem vollbesetzten Kino nur „Feuer“ zu schreien und werden damit Dutzenden von Personen Angst und Schrecken einjagen. Vielleicht war es ein Fehlalarm. Es war nur der Gedanke an Feuer, der diese Menschen vor Angst lähmte. Es hat schon Fälle gegeben, in denen nur der Gedanke an Angst derartig stark auf einen Körper einwirkte, dass das Haar in wenigen Stunden weiß wurde.

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Gedanken der Wut, der Missgunst oder Gereiztheit wirken sich abträglich auf die Verdauung aus. Ein plötzlicher geistiger Schock kann einem den Appetit verderben oder zum Erbrechen führen. Verdauungsstörungen rühren nicht so sehr von der zu uns genommenen Nahrung her, sondern viel mehr von den Gedanken, die wir während des Essens haben. Wir können das gesündeste Brot der Welt essen, wenn wir dabei jedoch auf etwas sauer sind, versäuern wir auch unser Blut, unseren Magen und haben ein saueres Gesicht. Wenn wir uns beim Essen den Kopf darüber zerbrechen, wie viel und wovon wir essen oder nicht essen sollen, und ob diese Speisen gesund oder ungesund für uns sind, nehmen wir ständig Zweifel und Sorgen in uns auf und vergiften uns. Wenn wir beim Essen fröhlich und ausgelassen sind, nehmen wir Fröhlichkeit und Ausgelassenheit auf und werden dadurch noch fröhlicher. Wenn wir im Kreise der Familie schweigsam essen und sich jeder resigniert und schicksalsergeben an den Tisch setzt, das Familienoberhaupt gedanklich bei seinen beruflichen Sorgen weilt oder sich hinter der Zeitung versteckt und über all die Morde, Überfälle und Skandale der letzten vierundzwanzig Stunden liest, und die Königin des Haushalts über die knappe Haushaltskasse stöhnt, dann werden an diesem Mittagstisch neben den Speisen auch noch die Gedankenelemente der Sorgen, Morde und Einbrüche mit eingenommen, und es wird von einer Seite des Tisches bis zur anderen der Grundstein für Verdauungsstörungen in seinen mannigfaltigen Ausprägungen gelegt. Wenn jemand fast immer nur düster dreischaut, dann deshalb, weil die Gedanken hinter diesem Gesicht überwiegend düster sind. Wenn die Mundwinkel nach unten weisen, dann deshalb, weil die Gedanken, die diesen Mund formen, nach unten weisen. Wenn ein Gesicht nicht einladend ist und man seinen Träger nicht kennen lernen will, dann deshalb, weil dieses Gesicht wie ein Werbeplakat wirkt, auf dem Gedanken geschrieben stehen, über die der Träger oder die Trägerin nicht mit anderen zu sprechen wagt. Vielleicht will sich der Träger diese Gedanken nicht einmal selbst eingestehen. Die ständige Stimmung des Gehetztseins, das heißt, eines vorauseilenden Geistes, der ständig bereits woanders ist, obwohl der Körper noch nicht dort ist, sorgt dafür, dass sich die Schultern nach vorne beugen. In einer solchen Stimmung senden Sie Ihre Gedanken - Ihr Bewusstsein, Ihr wahres Selbst - buchstäblich vorweg an einen Ort, an den Ihre Macht - Ihr Denken - Ihren Körper kopfüber nach vorne zieht und aufgrund einer lebenslangen Gewohnheit des Bewusstseins wächst der Körper so, wie er durch die Gedanken geformt wird. Ein in sich ruhender Mensch ist niemals in Eile! Seite 70

Ein solcher Mensch richtet seine Gedanken - sein Bewusstsein, seine Macht - überwiegend auf die Sache aus, mit der das von seinem Bewusstsein benutzte Instrument, den Körper, im jetzigen Augenblick beschäftigt ist. Die normalerweise in sich ruhende Frau wird sich anmutig bewegen, weil ihr Bewusstsein die völlige Kontrolle über ihr Werkzeug, den Körper, hat und sich nicht gedanklich zehn Meilen weiter befindet und sich über etwas Sorgen macht oder nachgrübelt, was in diesem Abstand von ihrem Körper eventuell vor sich geht. Wenn wir für ein Geschäft, ein Vorhaben oder eine Unternehmung einen Plan ausarbeiten, arbeiten wir mit diesem unsichtbaren Element, den Gedanken, die jedoch genauso real sind wie eine Maschine aus Eisen oder Holz. Sobald dieser Plan oder Gedanke besteht, zieht er in Form weiterer unsichtbarer Elemente die Macht zur Umsetzung an, um sich in physischer oder sichtbarer Form zu verwirklichen. Wenn wir einen Misserfolg befürchten oder in der Angst vor einer Krankheit oder einem Missgeschick leben, erstellen wir ebenfalls ein Konstrukt aus einem unsichtbaren Element - dem Gedanken -, das über das Gesetz der Anziehung destruktive, schädliche Kräfte oder Elemente anzieht. Egal, an welche Möglichkeit wir denken, bilden wir damit gleichzeitig, wenngleich unsichtbar, ein Konstrukt, das uns Kräfte oder Elemente herbeischafft, die uns entweder helfen oder schaden, je nachdem, wie diese Gedanken beschaffen waren. Wenn Sie davon ausgehen, dass Sie im Alter pflegebedürftig sein werden und sich vor Ihrem geistigen Auge als gebrechlich und tatterig sehen, wird dies mit Sicherheit so eintreten. Sie selbst sorgen dafür. Wenn Sie gedanklich für sich selbst einen Plan ausarbeiten, in dem Sie als hilflos und unselbständig vorkommen, wird Ihnen dieser Plan unsichtbare Gedankenelemente zukommen lassen, die Sie schwächlich, hilflos und unselbständig werden lassen. Sollte Ihr geistiger Plan andererseits vorsehen, dass Sie gesund, aktiv, tatkräftig und agil sind, und Sie diesem Plan treu bleiben, und sollten Sie sich weigern, den Herrscharen von Leuten zu glauben, die Ihnen einreden wollen, dass mit dem Alter zwangsläufig auch ein körperlicher Abbau verbunden ist, werden Sie jugendlich bleiben. Es wird nur dann so sein, wenn Sie glauben, dass es so sein müsse, wie die Leute sagen! Wenn Sie sich vor Ihrem inneren Auge als stark, gesund und vital sehen, bauen Sie ein unsichtbares Element auf, das Ihnen ständig mehr Stärke, Gesundheit und Vitalität zukommen lässt. Sie können Ihr Bewusstsein zu einem Magneten machen, der Gesundheit oder auch Gebrechlichkeit anzieht.

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Wenn Sie gerne an die starken Dinge in der Natur, an Granitberge und tosende Wellen oder brausende Sturmwinde, denken, ziehen sie deren Elemente der Stärke an. Wenn Sie sich heute in Richtung auf mehr Gesundheit und Stärke erziehen und dieses Denken morgen verzagt aufgeben, bleibt das bisher Aufgebaute dennoch erhalten. Das auf diese Weise aufgebaute Element kann nie verloren gehen, durch Ihre Verzagtheit, das heißt, dadurch, dass Sie an Schwäche denken, unterbrechen Sie den Aufbau Ihrer Gesundheit jedoch wieder. Und obgleich Ihr Bewusstsein aufgrund der Hinzugabe dieses Elements stärker geworden ist, ist es unter Umständen nicht stark genug, um dem Körper rasch das geben zu können, was Sie durch Ihre Verzagtheit weggenommen haben. Der Dreh- und Angelpunkt für Gesundheit und Schönheit ist das konsequente und beharrliche Denken an Gesundheit. Stellen Sie sich selbst so gesund, fit, tatkräftig und symmetrisch wie möglich vor und erheben Sie dieses innere Bild zu Ihrem Ideal! Sie werden zu dem, an den Sie die meiste Zeit denken! Sie zweifeln daran? Warum? Ihr bettlägeriger Patient denkt nicht „Ich bin stark“; er denkt „Ich fühle mich so schlapp!“ Das Familienmitglied mit den Magenbeschwerden denkt nicht „Ich habe einen starken Magen“. Nein, es jammert ständig vor sich hin: „Ich habe keinen Appetit“ oder „Ich fühle mich so aufgebläht“. Wir neigen dazu, unsere Wehwehchen zu verhätscheln, statt uns selbst. Wir wollen Aufmerksamkeit und Mitleid für unsere Unpässlichkeiten. Wenn wir erkältet sind, sagen wir den anderen damit unbewusst: „Heute möchte ich Ihre Anteilnahme. Mir geht es so schlecht“. Die Erkältung will Mitleid erheischen. Würde Ihr Körper aber ordentlich behandelt, so würde Ihr Bewusstsein - und alle weiteren Bewusstseine in Ihrer Nähe - zum schwachen Element sagen: „Verschwinde aus diesem Körper!“ und die stille Kraft von ein paar wenigen so ausgerichteten Bewusstseinen würde die Schwäche vertreiben. Erkältungen und andere Erkrankungen können nur gedeihen, wenn sie verhältschelt werden. Was würde mancher Erwachsener für ein Körperglied geben, das noch die Sprungkraft und Elastizität eines Zwölfjährigen besitzt! Damit konnte er auf Bäume klettern, über Zäune steigen und laufen wie der Blitz. Wenn man solche Glieder herstellen und verkaufen könnte, bestünde dann nicht eine riesige Nachfrage bei den Damen und Herren, die sich so mühsam aus ihren Kutschen quälen, als wären ihre Körper tonnenschwer? Warum findet sich die Menschheit mit der Steifheit, Schwerfälligkeit und Ungelenkigkeit ab, die manchmal bereits in den mittleren Jahren einsetzen?

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Fälschlicherweise beschönigen wir diese körperlichen Einbußen sogar als Würde! Wir sagen, dass ein Familienvater, ein gestandener Bürger, ein Wähler oder eine Stütze des Staates doch nicht mehr laufen sollte wie ein kleiner Junge. Natürlich nicht, er würde es ja auch gar nicht fertigbringen! Auch eine Dame, die nun einen würdevollen Watschelgang zelebriert, sollte jetzt doch gemesseren Schrittes schreiten - anders wäre es ihr ja ohnedies nicht mehr möglich! Und so maskieren wir unsere Altersgebrechen und beschönigen sie. Wir sagen: „Das gehört sich so“, weil es anders nicht mehr geht. Doch in der Natur, in den Elementen, im Menschen und außerhalb von ihm, gibt es wesentlich mehr Möglichkeiten. Diese kommen so rasch wie der Mensch sie erkennt und versteht, wie er diese Kräfte in der Natur und an sich nutzen kann. Möglichkeiten und Wunder sind dasselbe!

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Kapitel 8 Menagerie des Horrors Eine Menagerie ist eine Tierschau. Sie enthält laufende oder fliegende Tiere, die in ihrem natürlichen Umfeld eingefangen wurden und denen dieses Umfeld für den Rest ihres Leben vorenthalten wird. Der an die Freiheit des Waldes gewöhnte Vogel wird in einen engen Käfig gesperrt. Sein Gefieder ist nie mehr so frisch und prächtig wie in der Natur. Er überlebt nicht lange in Gefangenschaft. Vor allem die kleineren und empfindsameren Geschöpfe führen in Gefangenschaft nur ein kurzes Leben. Bären, Löwen, Tiger, Rehe, Wölfe und andere Wildtiere sind ebenso freiheitsliebend wie der Mensch. In der Menagerie werden sie dieser Freiheit beraubt. Die Luft ist oft stickig und unrein. Für Tiere, die in Erdhöhlen wohnen, ist die Erde ebenso notwendig wie ein Bett für den Menschen. Solche Tiere werden oft auf einem blanken Bretterboden gehalten; in ihrem Bemühen, in die Erde zu gelangen, kratzen sie diesen nicht selten mehrere Zoll weit auf. Tausende von Affen sterben vorzeitig, weil sie gezwungen werden, in einem viel zu kaltem und feuchten Klima zu leben und auch nicht die beste künstliche Hitze kann einen Ersatz für das Element bieten, an das sie in ihren Tropenwäldchen und Dschungeln gewohnt waren. Seehunde werden in Süßwasseraquarien gehalten, obschon Salzwasser ihr natürliches Element ist. Auch ihr Gefangenenleben ist immer ein kurzes. Der Eisbär gehört von Natur aus zu den arktischen Regionen. Der Affe gehört in tropische Gefilde. Solche Tiere aus ihrem angestammten Klima, aus dem sie freiwillig nie herauswandern, herauszureißen, heißt, ihnen Schmerzen zuzufügen. Besuchen Sie einen der billigen „Zoos“, die jetzt überall eröffnet werden, und sehen Sie sich die schmutzigen Gefieder und den offensichtlich kranken Zustand vieler Vögel an, die in weit entfernten Klimazonen heimisch sind und nun eingesperrt ihr Dasein fristen. Ihr Besuch dauert vielleicht nur eine Stunde. Kehren Sie ein paar Monate später nochmal in diesem Museum zurück und sie werden diese Vögel nicht mehr vorfinden. Was ist aus ihnen geworden? Seite 74

Sind sind gestorben und an ihre Stelle sind andere getreten, die ebenfalls langsam vor sich hinsterben. An diesen Orten herrscht eine nie endende Prozession des ständigen Nachschubs weiterer zum vorzeitigen Sterben verurteilten Wildtiere. Schiffe bringen ständig neue Geschöpfe heran. Eine Armee von Männern überall auf der Welt durchkämmt die Wälder auf der Suche nach Gefangenen. Was ist der Grund für diese Ansammlungen gefangenen Elends, das heute in jeder größeren Stadt in unserem Land zu sehen ist? Der Grund ist die Befriedigung der menschlichen Neugierde, nur damit wir ein paar Minuten vor einem Gitter stehen und durch die Stäbe blicken können. Lernen wir dabei etwas über die wahre Natur und die Gewohnheiten dieser Gefangenen? Was könnte man über Sie, Ihren Geschmack, Ihre Neigungen und Ihre Gewohnheiten lernen, wenn Sie ständig in einen Käfig eingesperrt wären? Ist die Befriedigung von Neugierde dieses Elend wert? Wenn ein von Ihrer Freundlichkeit angelockter Vogel herankommt und sein Nest in einem Baum in der Nähe Ihres Fensters baut und er dort seine Brut aufzieht, ist dieser Anblick dann nicht hundert Mal ein beglückenderer als wenn derselbe Vogel, abgetrennt von seinem Partner, sein Leben in einem Käfig fristen muss? Werden Sie dann, wenn Sie seine Gewohnheiten und sein natürliches Leben studieren, nicht mehr Zuneigung zu diesem Vogel empfinden und auch Ähnlichkeiten zu sich selbst bemerken? Wie Sie, erbaut er sich ein Haus. Wie Sie, verspürt er eine Zuneigung zu seinem Partner. Wie Sie, sorgt er für seine Familie. Wie Sie, ist er angesichts von Gefahren alarmiert. Wie Sie, wie er Sicherheit haben. Und dennoch ist in unserer Rasse immer noch der grausame und rohe Trieb enthalten, dass wir das Heim des Wildvogels mutwillig zerstören, ihn umbringen oder fangen. Neunzehn von zwanzig Buben, die in den Wäldern umherstreifen, werden dies leider tun. Und die „zivilisierten“ Eltern sehen tatenlos und ohne ein Wort des Protests zu, wenn ihre Kinder das Haus verlassen, um sich ausgestattet mit den entsprechenden Mordwerkzeugen, in einem weiteren Todesstreifzug zu vergnügen.

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Kapitel 9 Der Gott in Ihnen Als Bewusstsein sind Sie Teil Gottes. Es steht Ihnen frei andere Metaphern wie „unendliche Kraft“ oder „Bewusstsein des Guten“ zu verwenden. Als ein solcher Teil sind Sie eine ständig größer werdende Macht, die nie weniger werden kann. Sie müssen immer mehr werden, auch wenn dieses Bewusstsein in der Vergangenheit bereits viele Fortschritte gemacht und Ihre jetzige geistige Struktur entwickelt hat. Die Macht Ihres Bewusstseins ist über viele physische Leben in seine jetzige Qualität und Klarheit hineingewachsen. Jedes Leben hat dazu beigetragen, dass Sie unbewusst mehr Macht angesammelt haben. Bei jedem Ringen auf der Bewusstseinsebene - sei es gegen Schmerzen, gegen Heißhunger, nach mehr fachlichem Geschick, nach mehr Sachverstand, gegen Frustrationen bei Misserfolgen oder Rückschlägen - bringt das Bewusstsein eine größere Macht in Ihnen hervor und macht Sie kompletter. Es bringt Sie damit näher an das Glück heran. Denn dies ist Ziel und Zweck des Lebens. Es gibt heute mehr von Ihnen und mehr von jeder geistigen Eigenschaft von Ihnen als jemals zuvor! Die Unzufriedenheit und das Missbehagen, das Sie vielleicht empfinden, wenn etwas schief gegangen ist, belegt, dass es so ist. Wenn Ihr Bewusstsein nicht so klar wäre wie es ist, könnte es solche nicht zufriedenstellenden Ergebnisse gar nicht bemerken. Sie sind noch nicht da, wo Sie - aus einer Stimmung der Selbstgefälligkeit heraus, als Sie sich in jeder Hinsicht für perfekt hielten - sein könnten. Möglicherweise haben Sie es allerdings bei Ihrer Selbstbetrachtung zu weit in die andere Richtung übertrieben, und weil Ihre Augen plötzlich für gewisse Unzulänglichkeiten offen sind, denken Sie, dass diese Fehler ständig zunehmen müssten. Doch das ist nicht der Fall. Der Gott in Ihnen - diese ständig größer werdende Macht in Ihnen - ließ Sie einen Charaktermangel erkennen. Doch dieser Mangel war noch nie so kurz vor einer relativen Beendigung. Einer der größten Beweise hierfür ist, dass Sie jetzt an sich etwas sehen können, was Sie nie zuvor bemerkt haben. Seite 76

Vielleicht befindet sich unter Ihrem Haus eine Aushöhlung voller Ungeziefer und stickiger Luft. Auch wenn die Aushöhlung Ihren Ekel erregte, waren Sie doch vorher schlechter dran. Jetzt können Sie immerhin dafür sorgen, dass sie gereinigt wird. Auch in unserer geistigen Architektur kann es Aushöhlungen geben, die randvoll mit üblen Elementen sind, es besteht jedoch kein Grund zur Mutlosigkeit, wenn der Gott in uns sie uns aufzeigt. Es besteht kein Anlaß für Selbstvorwürfe oder Selbstbezichtigungen, denn Sie können diese Fehler sehr wohl ausmerzen. Sie sind ohnedies bereits dabei. Jeder Protest Ihres Bewusstseins gegen einen Fehler ist ein weiteres Nach-vorne-Schubsen. Nur dürfen Sie nicht erwarten, in einer Stunde, an einem Tag, in einer Woche oder in einem Jahr bereits alles tadellos richtig zu machen. Sie werden im Laufe Ihrer künftigen Existenz immer wieder sehen, wo Sie noch Nachholbedarf haben und sich verbessern können. Wenn Sie eine Verbesserungsmöglichkeit sehen, müssen Sie natürlich auch die zu verbessernden Fehler sehen. Mit anderen Worten: Sie erkennen für sich selbst mehr Vervollkommnung, einen feineren Charakter, eine immer bessere Verteilung der Kraft, die ständig auf Sie einströmt. Dann hören Sie auf, sich ob Ihrer Fehler zu schelten. Keines Ihrer Talente hört je zu wachsen auf, ebenso wie der Baum auch im Winter weiterwächst. Falls Sie sich in der Kunst des Malens, Zeichnens, Schauspielerns oder der freien Rede üben und einen Monat oder sogar ein oder zwei Jahre lang nichts Entsprechendes mehr getan haben, werden Sie bei der erneuten Aufnahme dieser Tätigkeit feststellen, dass Ihr Talent mittlerweile zugenommen hat. Es kommen Ihnen neue Ideen und eine neue Kraft für die Ausübung. Sie wollen wissen, was das Ziel des Leben ist? In gewisser Weise können Sie Ihrem Leben kein eigenes Ziel geben. Es gibt ein Schicksal, das ihm ein Ziel vorgibt - ein Gesetz, dem es unterworfen ist. Wozu? Damit es entsprechend der Zunahme Ihrer Macht eine immer größer werdende und unbegrenzte Glücksfähigkeit erlange. Dass Ihre Macht größer werden wird, ist unausweichlich! Sie können gar nicht zu wachsen aufhören, auch wenn es nach außen den Anschein haben mag! Die Schmerzen, die Sie erleiden mussten, waren die Folge des Wachstums des Bewusstseins, das Sie immer fester gegen das drückte, was Ihnen Ihre Schmerzen verursachte, damit Sie letztendlich feststellen würden, dass Sie sich auf dem falschen Weg befanden und diesen baldmöglichst zu verlassen hätten. Wenn es Ihnen Ernst damit ist, den richtigen Weg kennen zu lernen, wird immer etwas passieren, das Ihnen den richtigen Weg weist. Denn es ist ein Gesetz der Natur, dass jeder ernste Ruf erhört wird und dass ein ernst gemeintes Bitten oder Erflehen immer die nötige Antwort bringt.

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Was ist der Sinn des Lebens? Das größtmögliche Glück aus ihm zu schöpfen; in der Gewissheit leben zu lernen, dass jeder künftige Tag noch mehr Erfüllung bringt als der heutige; dankbar für das Leben zu sein; über Krankheit und Schmerzen hinauszuwachsen; dem Körper zu gebieten; die Gedanken so zu steuern und zu lenken, dass die Macht, unabhängig vom Körper zu wirken, immer größer wird, damit wir alles erhalten, was wir an Unterkünften, Nahrung oder Kleidung brauchen, ohne jemandem Unrecht anzutun; mehr Macht zu erlangen, damit der Geist den Körper immer wiederherstellt, verjüngt und stärkt, solange wir ihn nutzen wollen, damit kein Teil oder Organ schwächer wird oder aussetzt; für uns und andere immer neue Quellen des Vergnügens zu erschließen; uns selbst und andere so mit Glück zu füllen, dass unsere Anwesenheit immer gerne gesehen ist; niemandes Feind und jedermanns Freund zu sein Das sind die Bereiche des Lebens, in denen andere Menschen, die viel lebendiger sind als wir, uns vorgemacht haben, wie ein erfülltes Leben gelebt wird. Das ist das unausweichliche Schicksal jedes Bewusstseins. Im Zuge Ihres weiteren Wachstums in diesem und in weiteren Existenzen können Sie dauerhaftes Glück gar nicht vermeiden und all das Leid und die Schmerzen, die Sie hinnehmen mussten, sind Schubser, um Sie von Irrwegen fernzuhalten und Sie auf den Weg der unendlichen Gesetzmäßigkeiten zu bringen. Je weiter Sie wachsen, umso klarer werden Sie das Gesetz erkennen, das von allen Schmerzen wegführt und Sie immer näher an noch mehr Glück und in einen Geisteszustand bringt, wo Sie vor schierer Lebensfreude überschäumen und Sie sogar das Zeitgefühl verlieren, so wie dies der Fall ist, wenn Sie in etwas völlig vertieft sind oder einem mitreißenden Schauspiel beiwohnen, oder, wie es die Bibel ausdrückte: Vor Gott ist ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre sind wie ein Tag. Dem Nirwana der Hindus zufolge kommen alle Möglichkeiten des Lebens zu uns auf den Planeten. „Nirwana“ impliziert die Ruhe, Zuversicht und geistige Ausgeglichenheit, die aus der Gewissheit erwächst, dass alles, was wir beginnen, zum Erfolg führen muss, und dass das Glück, das wir diesen Monat erfahren, nur eine Zwischenstufe auf noch mehr Glück im nächsten Monat ist.

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Wenn Sie wüssten, dass die Auslandsreise, die Sie schon so lange machen wollten, ebenso sicher stattfinden wird wie der Sonnenaufgang heute morgen; wenn Sie wüssten, dass die von Ihnen angestrebte Meisterschaft in der Kunst der Malerei oder öffentlicher Vorträge, der Bildhauerei oder in einem anderen Bereich, der Ihnen am Herzen liegt, ebenso sicher eintreten wird wie Sie sicheren Schritts eine Treppe abwärts gehen, würden Sie nicht das geringste Anzeichen von Anspannung oder Unwohlsein verspüren. Warum werden wir solche Dinge erleben? Wenn wir unsere geistige Kraft oder unsere Gedanken auf einen Plan, ein Vorhaben oder ein Projekt ausrichten, können wir mit absoluter Gewissheit davon ausgehen, dass wir der Anziehungskraft des Gedanken einen Arbeitsauftrag erteilt haben. Sie wird uns mit derselben Sicherheit, wie die auf ein Seil wirkende Muskelkraft ein Boot zur Anlegestellte zieht, Mittel und Wege aufzeigen oder uns zu Menschen führen, um diesen Plan umzusetzen! Sie zerbrechen sich wohl kaum den Kopf darüber, ob ein Telegramm auch den Empfänger erreicht, auch wenn Sie so gut wie nichts über das Wesen der Elektrizität wissen. Sie wissen aber, dass der elektrische Strom bei entsprechender Nutzung Ihre Nachricht übermitteln wird. Mit derselben Zuversicht werden Sie davon ausgehen, dass Ihre Gedanken, sofern sie über eine sichere Methode gelenkt werden, das von Ihnen Gewünschte bewirken werden. Bevor der Mensch etwas über die Nutzung des elektrischen Strom wusste, war ebenso viel Elektrizität vorhanden wie heute. Doch als Nachrichtenübermittlerin war sie für uns nutzlos, weil uns das Wissen fehlte, wie wir sie einsetzen sollten, Mit der enormen Macht des menschlichen Gedankens verhält es sich heute ähnlich. Diese Macht wird vergeudet, weil wir nicht wissen, wie wir sie bündeln und ausrichten sollen. Schlimmer noch! Da wir aufgrund unseres Unwissens und lebenslanger Gewohnheiten unsere geistigen Batterien verkehrt herum einsetzen, senden wir unablässig Böswilligkeit, Neid, Hohn, Spott und andere hässlichen Gedanken aus, wodurch wir anderen eventuell - uns selbst aber mit Sicherheit Schaden zufügen! Der folgende Satz ist der Dreh- und Angelpunkt jedes erfolgreichen Unterfangens, sei es in dieser oder in einer anderen Existenz: Lassen Sie niemals den Gedanken zu, dass etwas unmöglich sei! Lehnen Sie geistig nie etwas verächtlich ab, was Ihnen völlig abwegig erscheint, denn Sie können nie wissen, welche Tür Sie damit verschließen! Zu behaupten, dass etwas unmöglich sei, weil es Ihnen unmöglich erscheint, ist gleichbedeutend mit der Verunmöglichung jeder neuen Idee.

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Damit halten Sie Ihr Bewusstsein in einem nach außen verriegelten Kerker gefangen und sind selbst der einzige Gefangene. Bei Gott ist alles möglich! Gott arbeitet in und durch Sie. Zu etwas, das Sie sein oder tun wollen, „unmöglich“ zu sagen, ist pure Sünde! Damit verleugnen Sie die Macht Gottes, durch Sie zu wirken. Sie verwehren es dem unendlichen Bewusstsein, durch Sie wesentlich mehr zu bewirken als Sie sich jetzt vorstellen können. Das Wort „unmöglich“ drückt den Standard des Universums auf Ihre relativ niedrige Verständnisebene herunter. Das wäre ebenso dreist wie das unendliche Weltall mit einem Lineal ausmessen zu wollen. Wenn Sie „unmöglich“ oder „ausgeschlossen“ sagen, machen Sie aus sich eine Unmöglichkeit. Dieser Gedanke ist die größte Hürde in Richtung auf das Mögliche. Sie können es nicht aufhalten. Sie werden weitergestoßen, und wenn Sie noch so sehr zurückhalten wollen. Der ewigen und ständigen Verbesserung von allem (auch von Ihnen) können Sie auf Dauer keinen Widerstand entgegen bringen. Sie sollten vielmehr sagen: „Ich kann alles sein, was ich bewundere“. Sie sollten sagen: „Es ist auf jeden Fall möglich, dass ich das werde, was ich sein will“. Dann haben Sie die Tür zu Ihrem eingenen Kunsttempel in sich aufgestoßen. Solange Sie etwas für unmöglich halten, bliebt diese Tür geschlossen. Ihr „Ich kann das nicht“ war der eiserne Riegel, der diese Tür fest verschlossen hielt. Ihr „Ich kann das“ ist die Kraft, die diesen Riegel zurückzieht! Das Bewusstsein Jesu besaß die Macht, über die Naturgewalten zu gebieten; es konnte Stürme stillen. Ihr Bewusstsein trägt als Teil des Ganzen den Keim derselben Macht in sich. Indem Jesus das unsichtbare Element seiner Gedanken bündelte, konnte er dieses unsichtbare Element in das Sichtbare verwandeln und Nahrung materialisieren - Brot und Fische. Das ist eine Macht, die jedem Bewusstsein innewohnt und jedes Bewusstsein wächst in eine solche Macht hinein. So sehen Sie zum Beispiel heute einen gesunden kleinen Buben. Er kann nicht einmal ein Pfund hochheben, aber Sie wissen, dass in diesem kleinen Kind die Möglichkeiten angelegt sind, damit es zwanzig Jahre später ohne weiteres zweihundert Pfund heben kann. Die größere Macht, die kommende spirituelle Macht, steht uns, die wir jetzt spirituell gesehen noch relativ kleine Kinder sind, ebenfalls bevor. Der Grund für so viel Unglück in diesem Leben ist, dass wir in Unkenntnis des Gesetzes gegen es verstoßen und als Quittung Leid statt Freude erhalten.

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Das Gesetz können wir nicht ausschließlich aufgrund der bisherigen Erfahrungen anderer lernen, egal wie groß deren Fortschritte auch waren. Solche Fremderfahrungen haben durchaus ihre Berechtigung als Anstöße und Anregungen, aber während es zwar allgemeine Prinzipien gilt, die auf alle zutreffen, gibt es auch individuelle Gesetze, die auf den Einzelmenschen zutreffen. Es würde Ihnen deshalb einen unzureichenden Dienst erweisen, auf der Suche nach mehr Glück und Verbesserung meinem Weg zu folgen. Ebenso wenig kann ich Ihrem Weg folgen. Jeder von uns besteht aus einer anderen Kombination von Elementen, da diese im Zuge des Wachstums und der Weiterentwicklung über sehr lange Zeiten in unser Bewusstsein (unser wahres Selbst) eingetreten sind und dieses geformt haben. Sie müssen deshalb für sich selbst studieren und herausfinden, was Ihr Wesen verlangt, damit es dauerhaftes Glück findet. Sie sind sozusagen ein eigenes Buch. Ihre Aufgabe ist es, Seite um Seite und Kapitel um Kapitel aufzuschlagen, so wie sie sich Ihnen aufgrund der Erfahrungen jedes einzelnen Tages, Monats und Jahres zeigen, und sie zu lesen. Kein anderer Mensch kann dieses Buch für Sie lesen. Niemand kann genauso denken wie Sie. Niemand kann exakt dieselben Gefühle haben oder auf dieselbe Weise von anderen Kräften oder Menschen so betroffen werden wie Sie. Aus diesem Grunde kann auch niemand anderes beurteilen, was Sie wirklich brauchen, um Ihr Leben vollkommener, glücklicher oder erfüllter zu gestalten. Dies können nur Sie selbst. Sie selbst müssen herausfinden, welcher Umgang für Sie der Beste ist, welche Nahrung Ihnen am besten mundet, welche geschäftliche Vorgehensweise die erfolgreichste für Sie ist, welche Kunstrichtung oder welcher Beruf der beste für Sie ist. Aus dem Vergleich mit anderen, deren Interessenlagen ähnlich sind, können Sie durchaus Hilfestellung erhalten. Andere, die im Bereich der allgemeinen Gesetzmäßigkeiten bereits weiter sind als Sie, können Ihnen wertvolle Hinweise geben. Indem Sie sich in regelmäßigen Abständen mit anderen Menschen treffen, deren Absichten von Rechtschaffenheit getragen sind, können Sie Kraft und Mut und auch neue Ideen für Ihre Unterfangen erhalten, doch sobald Sie einen anderen Menschen als unfehlbare Quelle oder Kapazität akzeptieren und blindlings nachmachen, was dieser Mensch Ihnen vorschlägt, begeben Sie sich auf einen Irrweg. Denn dann übernehmen Sie die Experimente eines anderes Menschen, die mit einer gewissen Kombination von Elementen oder Chemikalien durchgeführt wurden, als Vorlage für Ihre ureigene Kombination, welche jedoch völlig anders gestaltet sein kann. Seite 81

Sie besitzen in Ihrem physischen Körper Eisen und Kupfer, Magnesium und Phosphor und weitere Mineralien und Chemikalien sowie Kombinationen und Anordnungen, von denen die weltliche Wissenschaft noch gar nichts weiß. Sie besitzen in Ihrem Geist oder Denken die unsichtbare oder spirituelle Entsprechung dieser Materialien, jedoch viel feiner und subtiler. Diese sind bei jedem physischen oder spirituellen Körper anders und auch in unterschiedlichen Dosierungen angeordnet. Wie soll es dann möglich sein, dass jemand die Wirkung dieser Ihrer individuellen Kombination herausfindet, außer Ihnen selbst? Es gibt eine Reihe allgemein gültiger Gesetzmäßigkeiten. Aber jeder Mensch muss die allgemeine Gesetzmäßigkeit selbst auf sich übertragen. So ist es zum Beispiel ein allgemeines Prinzip, dass der Wind ein Schiff weitertreibt. Aber nicht jedes Schiff nutzt den Wind auf dieselbe Weise. Es ist auch ein allgemeines Prinzip, dass Gedanken Kräfte sind; diese können sich auf andere Menschen, die weit von unseren Körpern entfernt sind, auswirken und tun dies ständig. Die Beschaffenheit und Qualität unserer Gedanken hängen sehr stark davon ab, mit wem wir Gesellschaft pflegen. Doch wenn Ihr Denken nun mehr Macht hat und es höher entwickelt ist und ich sehen kann, dass Sie aufgrund dessen in der Welt vorankommen, sollte ich gerade deswegen nicht Ihren Kontakten oder Ihrer Lebensweise nacheifern. Ich kann Ihre Methoden durchaus als Experimente ausprobieren, doch ich muss mir immer vor Augen halten, dass es sich nur um Experimente handelt. Vor allem darf ich auch nicht den weit verbreiteten Fehler begehen und Sie anhimmeln oder blindlings zu imitieren zu versuchen. Jesus von Nazareth bat einmal einige seiner Jünger, ihn nicht anzubeten. „Nennt mich nicht Gott“, sagte er „denn es steht geschrieben, du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm alleine dienen“. Jesus sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“. Damit meinte er, so wie ich den Text interpretiere, dass er bezüglich gewisser allgemein gültiger Prinzipien, die ihm bewusst waren und denen auch er als Bewusstsein unterlag, Auskünfte geben könne. Doch er behauptete nie, dass sein individuelles Leben mit aller denmenschlichen Schwächen und Unzulänglichkeiten, die er „auf sich genommen“ hatte, strikt kopiert werden sollte. Er bat das unendliche Bewusstsein des Guten um mehr Stärke und Befreiung von der Sünde der Angst, als sein eigenes Bewusstsein angesichts der bevorstehenden Kreuzigung gequält wurde. Damit räumte er ein, dass er, als Bewusstsein (so mächtig er auch war) der Hilfe eines anderes Bewusstseins bedürfe.

Da er dies wusste, weigerte er sich, sich vor seinen Anhängern als

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Gott oder als der Unendliche darzustellen, sondern sagte ihnen, wenn sie sich vor der allmächtigen und unerfindlichen Macht, aus der als Antwort auf das Gebet oder die Erflehung des Menschen alles Gute kommt, verneigen wollten, dann sollten Sie Gott, die ewige und unergründliche Macht des endlosen Universums, - und nur ihn alleine - anbeten. Das ist die Macht, die noch nie ein Mensch zu Gesicht bekommen hat und auch nie sehen wird, der Mensch sieht jedoch Ausdruckformen dieser Macht in Form von Sonne, Sternen, Wolken, Wind, Vögeln, Tieren, Blumen und Menschen. Der Blick sollte jedoch immer auf die Quelle gerichtet sein, von der die Macht kommt, niemals auf eine Ausdrucksform dieser Macht. Damit würde die „Schöpfung über den Schöpfer“ gestellt. Diese Macht wirkt in und durch jeden einzelnen Menschen auf diesem Planeten. Oder, um die biblische Umschreibung zu gebrauchen, „Gott wirkt in uns und durch uns“. Wir alle sind Teil dieser unendlichen Macht, einer Macht, die uns in immer höhere, feinere und glücklichere Spähren des Seins emporhebt. Jeder einzelne Mensch ist unabhängig von seiner Lebensweise oder seinem Intellekt stärker und besser als er je zuvor war, auch wenn der Anschein eine andere Schlußfolgerung nahe legt. Der Wunsch der menschlichen Natur, und aller Formen der Natur beziehungsweise des durch die Materie ausgedrückten Bewusstseins, nach immer mehr Verfeinerung, ist bis zu einer bestimmten Wachstumsstufe des Bewusstseins ein unbewusster Wunsch. Dieser Wunsch wirkt auch im Trunkenbold, der im Rinnstein liegt. Das Bewusstsein dieses Mannes will aus der Gosse heraus. Dieser Wunsch wirkt auch im notorischen Lügner und raunt ihm zu, dass die Wahrheit besser für ihn wäre. Auch bei Menschen, die in Ihren Augen verabscheuungswürdig oder niederträchtig sind, wirkt dieser Wunsch. Als Jesus gefragt wurde, wie oft man vergeben soll, antwortete er auf eine Weise, die nahe legt, dass es für das Verzeihen der Fehler oder Unreife anderer keine Grenze gäbe. Den freundlichen und hilfreichen Gedanken, die wir denken oder einem anderen Menschen, der häufig versagt, senden, sollten wir keine Grenzen setzen. Ein häufig, wenngleich meist unbewusst, begangener Fehler besteht darin, über einen zügellosen Menschen zu sagen: „Der ist geliefert. Hier kommt jede Hilfe zu spät“. Auf diese Weise senden wir Gedanken der Hoffnungslosigkeit und Mutlosigkeit aus. Diese kommen bei diesem Menschen an und er wird sie spüren. Wir tragen dann zur Drosselung seines Fortschritts bei, genauso wie das Denken anderer vielleicht uns selbst bei etwas behindert hat, das wir abstellen wollten: vielleicht eine Unentschlossenheit, eine Niedergeschlagenheit, eine instabile Gefühlslage oder eine Anwandlungen von Eifersucht oder Groll.

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Doch der Geist des Menschen wird umso stärker, je stärker er dagegen ankämpft. Er wird umso stärker, weil er gegen Ihre tadelsüchtigen und kritischen Gedanken solange ankämpft, bis er den betreffenden Menschen schließlich an einen Punkt bringt, wo er gedanklich zu anderen sagen wird: „Eure Zustimmung wäre mir zwar lieber als eurer Tadel. Doch ich bin weder auf Zustimmung noch auf Tadel angewiesen, denn mein strengster Richter und meine sichere Bestrafung für das Übel, das ich mir antue, kommen von meinem eigenen Bewusstsein - vom Gott in mir, dessen Urteil ist mich nicht entziehen kann“. Je klarer das Bewusstsein wird, umso nachsichtiger wird der Richter in uns jedoch auch für seine eigenen Fehler, denn er weiß, dass wir in dem Maße, in dem wir uns von den gröberen auf die feineren Ausdrucksformen zubewegen, auch immer mehr Schlechtes ausgefochten und unweigerlich überwunden werden muss. Jeder Mensch muss sich mit einem gewissen Quantum an Fehlern auseinandersetzen, bis das Bewusstsein diese Fehler überwindet. Dass die Überwindung kommt, ist sicher, da es in der Natur des Bewusstseins liegt, gegen die Fehler anzugehen. Dieses Streben nach immer mehr Glück und Macht kann der Mensch dem Bewusstsein nicht austreiben. Falls Sie dies als Ausrede für Sünde oder Exzesse, für Lügen, Diebstahl oder Mord nehmen und sagen: „Aber ich gar doch nicht anders“, werden Sie trotzdem bestraft, vielleicht nicht durch die irdischen Gesetze, aber durch die göttlichen Naturgesetze, die für jede Sünde ihre eigenen Strafen vorsehen. Diese Strafen werden ständig verhängt und Abertausende leiden an den Sünden, welche sie in Unkenntnis der Lebensgesetze begangen haben. Die mit diesen Bestrafungen einhergehenden Schmerzen sind bei vielen Menschen so groß geworden, dass sie immer mehr über diese Gesetze wissen wollen und aus diesem Grunde erhalten diese Menschen auch Antworten. Denn es ist ein unausweichliches Naturgesetz, dass der Mensch das, was sein Bewusstsein verlangt, mit der Zeit auch erhält. Je mehr Bewusstseine dieses Verlangen aussenden, umso eher werden die entsprechenden Fragen beantwortet. Vor nur wenigen Jahren wurde der Dampf als Antwort auf das Verlangen des menschlichen Bewusstseins nach einer größeren Reisegeschwindigkeit geliefert. Der elektrische Strom war die Antwort auf ein weiteres Verlangen des Menschen. Dies sind nur kleine Hinweise, die die Entdeckung und Nutzung noch größerer Mächte andeuten, und zwar nicht nur bei Elementen außerhalb des Menschen, sondern auch bei unsichtbaren Elementen, die jeden Menschen ausmachen. Die menschliche Rasse wird sich immer mehr von den gröberen und schlechteren Ausdrucksformen entfernen. Seite 84

Dies geschieht nicht aus Angst vor Bestrafung für die Verletzung von Gesetzen, sondern diese klügere Lebensführung wird kommen, weil der Mensch immer mehr Gefallen an der Befolgung der nach und nach entdeckten Gesetze finden wird. Der Mensch ist maßvoll, sobald ihm die Erfahrung gezeigt hat, dass ihm Mäßigung besser tut. Er ist deshalb freundlich, höflich und rücksichtsvoll zu seinen Freunden, weil er sich dabei besser fühlt, und nicht, weil er in der ständigen Angst lebt, andernfalls seine Freunde zu verlieren. Das Gesetz des Menschen, und sogar das göttliche Gesetz, so wie es durch das menschliche Verständnis ausgelegt wird, beruhte in der Vergangenheit immer auf dem Grundsatz: „Dies oder das ist darfst du nicht tun. Andernfalls wirst du die Konsequenzen spüren!“ Gott wurde als strenges, unbarmherziges und rachsüchtiges Wesen dargestellt. Auf den Kanzeln wurde von Gottesstrafen und Züchtigung gepredigt. Die Menschheit sollte alles vergessen, was sie über solche Strafen gehört hat und sich auf die Reinheit und Verbesserung besinnen, die mit den damit einhergehenden Freuden kommen! Als die Menschheit noch unreifer war, war die Warnung vor Strafen notwendig und konnte damals nur so erreicht werden. Die menschliche Rasse war blind und musste deshalb irgendwo in der Nähe des rechten Wegs gehalten werden, in dem man ihr Konsequenzen für ein Abweichen androhte. Doch je mehr uns die Augen aufgehen - wie dies bei den sensibleren und aufgeschlosseneren Zeitgenossen immer mehr der Fall ist - brauchen wir die Androhung der Rute nicht mehr, ebenso wenig wie Ihnen jemand die Peitsche anzudrohen braucht, damit Sie sich zu einem Festmahl begeben.

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Kapitel 10 Die Heilkraft des Bewusstseins Für das Wachstum und die Veränderungen Ihres Körpers gelten dieselben Gesetze und Elemente wie für alle übrigen strukturierten Körper, zum Beispiel Bäume, Pflanzen, Vögel und Tiere. Anfang des Frühjahrs eines jeden Jahres kommt von der Sonne eine Kraft auf diesen Planeten. Diese Kraft wirkt sich auf alle strukturierten Lebensformen aus: auf die Bäume, Vögel, Tiere und vor allem auf den Menschen. Als der höchstentwickelte, komplexeste und mächtigste mentale Organismus auf dem Planeten nimmt der Mensch von dieser Macht auch das meiste auf, und wird dies in Zukunft in dem Maße, in dem er lernt, sich in den optimalen Zustand zu begeben, um sie in Empfang zu nehmen, noch mehr tun und mehr nutzen. In der Materialwissenschaft wird diese Kraft „Wärme“ genannt, doch dies ist nur die äußere Erscheinungsform. Die von der Sonne kommende Wärme oder Hitze wird erst dann in Hitze verwandelt, wenn sie unseren Planeten erreicht und auf die irdischen Elemente wirkt. Wenige Meilen über der Erdoberfläche finden wir nur wenig Hitze. Wenn diese Kraft bereits direkt ab der Sonne oder auf ihrem Weg in Form von Hitze vorkäme, wäre die Luft auf den Berggipfeln ebenso warm wie in den Tälern. Bekanntlich sind die höchsten Gipfel ganzjährig mit Schnee und Eis bedeckt, da sich die Sonnenkraft auf diesen Höhen nicht genügend mit den Elementen der Erde vermischt, um sie in dem Maße in Hitze zu verwandeln, wie dies in den Tälern und Ebenen der Fall ist. Diese Kraft sorgt dafür, dass sich der Saft in den Bäumen immer mehr bewegt und zirkuliert, sobald die Neujahressonne auf sie einzuwirken beginnt. Der Saft ist neues Leben für den Baum, aus ihm kommen später Knospen, Blüten und Früchte. Der Zustrom dieser unsichtbaren Sonnenkraft versetzt den Baum in die Lage, über seine Wurzeln aus der Erde neue Nährstoffe aufzunehmen. Sie gibt ihm auch die Macht, tote Blätter vom Vorjahr abzuschütteln, soweit sie den Winter über noch an ihm gehangen haben, wie dies bei Eichen- oder Hickorybäumen der Fall ist. Im Spätwinter und in den ersten Frühjahrmonaten wirkt diese Kraft auch auf Tiere und Vögel, vor allem, wenn sie in der freien Wildbahn leben, und sorgt dafür, dass sie ihre Winterkleider - Pelze oder Gefieder - abstreifen. Doch dieses Abwerfen der alten sichtbaren Materie ist nur ein relativ kleiner Teil der in ihnen vor sich gehenden Veränderungen. Die zwei- und vierbeinigen Tiere werfen auch etwas Unsichtbares ab.

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Dieses Abwerfen oder Aussondern erfolgt durch die Poren und anderen Kanäle - einige davon sichtbar, andere unsichtbar - und es rücken neue Elemente nach, die sich im Außen als neuer Pelz, neues Haar oder Gefieder zeigen. Für Ihren Körper gelten dieselben Gesetze. In den späten Winter- und den ersten Frühjahrsmonaten „häuten“ Sie sich. Sofern Sie dieser Kraft die Gelegenheit geben, auf Sie einzuwirken, indem Sie sich die Tierwelt zum Vorbild nehmen und die Tätigkeit von Geist und Körper reduzieren, wenn diese einer Ruhepause bedürfen, werfen Sie alte und tote Materie ab und nehmen neue auf. Dieses von Ihnen aufgenommene Element beziehungsweise diese Kraft ist zu diesem Zeitpunkt für das physische Auge unsichtbar, so wie alle Kraft unsichtbar ist. Der neue Pelz, das neue Gefieder des Vogels, die neue Haut und das Gewebe im und außerhalb Ihres Körpers sind ebenso wie die neuen Knospen, Blätter und Zweige materialisierte Ausdrucksformen dieser Kraft. Es sind neue Kristallisierungen, die aus einer neuen Lösung unsichtbarer Chemikalien kommen, in welcher Vögel, Tiere, Bäume und auch Ihr Körper gebadet werden. Die Vorjahreslösung (oder Elemente) wurden verbraucht. Zwischen dem, was wir „Materie“ und „Geist“ nennen, gibt es keine große Trennlinie. Die Materie ist nur eine für das physische Auge sichtbare Form des Geistes oder Denkens. Materie ist eine zeitweilig materialisierte Kraft, so wie das angezündete Kohlebrikett die in ihm steckende Kraft abgibt, um den Motor anzutreiben. Das Brikett verwandelt sich dann in ein überwiegend unsichtbares Element. Überall können wir sehen, dass sich die Kraft von der Sichtbarkeit zur Unsichtbarkeit und umgekehrt verwandelt. An einem klaren Tag können in einer Stunde Abermillionenen von Tonnen unsichtbarer Materie über unserem Kopf schweben, die dann eine Stunde später in Form von Regen oder Schnee herabfallen und ein paar Stunden später in unsichtbarer Form wieder hochsteigen. Für die Indianer waren Februar und März die „schwachen Monate“; da sie sich näher an der Natur aufhielten, erkannten sie die Neigung der Tiere und auch des Menschen, in dieser Zeit untätiger zu sein, was immer dann der Fall ist, wenn diese Macht einen strukturierten Körper erneuert. Die vollkommendsten Kristallisierungen des mineralischen Elements kommen aus der Lösung, die den geringsten Erschütterungen ausgesetzt war. Nach diesem Prinzip richtet sich auch Ihr Körper im Frühjahr, wenn er seine Elemente erneuert und neu herauskristallisiert.

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Um aus dem erwärmenden und erneuernden Element des Frühjahrs den größten Nutzen zu ziehen, sollten Sie immer dann ruhen, wenn Sie spüren, dass Sie Ruhe brauchen, sei es mitten am Tag oder mitten in der Nacht. Wenn Sie Geist oder Körper gegen ihr Ruhebedürfnis zum Weiterarbeiten zwingen, zum Beispiel, indem Sie Muskelkraft durch schiere Willensanstrengung aufwenden, und bis zur Erschöpfung arbeiten und erst merken, wie erschöpft Sie eigentlich waren, nachdem die Arbeit bereits abgeschlossen ist, so wie dies Abertausende immer wieder tun und durch unser unnatürliches Arbeitssystem dazu gezwungen werden, hindern Sie die Heilkraft daran, ihren Körper wieder voll und ganz herzustellen. Sie hindern dieses neue Element, das den Baum erneuert und dafür sorgt, dass sich seine Knospen entwickeln, daran, sich mit Ihrem Körper zu vermischen. Sie halten an einem verbrauchten Element fest, das ebenso abgeworfen werden sollte, wie die Eiche ihre toten Blätter abwirft, bevor der Winter vorbei ist. Sie schleppen dann „Totlast“ mit sich herum, statt neues und aufbauendes Leben zuzulassen. Das ist einer der Gründe, warum die Schultern durchhängen, das Haar ausbleicht und im Gesicht Falten entstehen, weil sich das Gewebe zusammenzieht. Der Abbau des physischen Körpers, was wir „Altern“ nennen, ist eine Folge dessen, dass der Mensch weder daran glaubt noch weiß, dass er selbst sich in die Lage versetzen kann, um eine nie nachlassende Lebenskraft zu empfangen, die sein Bewusstsein ständig mit neuem Material auskleidet. Bloße Muskelkraft und konstante körperliche Betätigung sind nicht immer Zeichen einer vollkommenen Gesundheit. Im Fieberwahn kann ein relativ schwacher Mann so stark sein, dass zwei oder drei wesentlich stärkere ihn festhalten müssen. Sobald dieser Wahn vorüber ist, ist er wieder schwach wie ein Kleinkind. Im harten Wettbewerb des Berufslebens führen tausende von Menschen ein ähnlich fieberhaftes und übersteigertes Leben. Diese Leute leben unter einer ständigen Anspannung. Sie brauchen diesen Zustand sogar und können nur arbeiten, wenn sie sich in ein gewisses Maß hineingesteigert haben. Werden sie aufgrund der Anforderungen der Natur dann doch zur Ruhe gezwungen, so fühlen sie sich gelangweilt und halten dieses freundliche Signal fälschlicherweise für eine Art von Erkrankung und behandeln sie dementsprechend. Selbst dann, wenn sie wochen- oder monatelang im Krankenbett ruhten und so behandelt wurden, als hätten sie an einer „gefährlichen Krankheit“ gelitten, wirkt sich dies stärkend auf ihre Knochen, Muskeln und Nerven aus.

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Sie tun deshalb gut daran, die Vorstellung der Frühlingserneuerung ernsthaft zu überlegen, auch wenn sie Ihnen zunächst vielleicht nicht völlig einleuchtet. Körper und Geist werden es Ihnen danken. Denn wenn Sie eine Lebenswahrheit nicht sogleich wieder ad acta legen, wenn Sie zum ersten Mal davon hören, wird sie Wurzeln in Ihnen fassen und sich als eine Wohltat erweisen. Die Männer verschleißen durch die unablässige körperliche Anstrengung viel früher als gemeinhin bekannt ist. Die vielgepriese „Härte“ des Matrosen währt oft nur wenige Jahre. Mit fünfundvierzig ist er meist ein alter Mann. Der sich abmühende Farmer, der vom Morgengrauen bis spät in die Nacht arbeitet und die Arbeit für die größte Tugend überhaupt hält, ist als Fünfzigjähriger nicht selten nur noch Haut und Knochen und wird von Rheuma geplagt. Die Lebenserwartung bei den körperlich schwer arbeitenden Berufsgruppen ist meist geringer als bei anderen, deren Körper nicht der ständigen Schufterei ausgesetzt sind. In den Minen Kaliforniens, wo ich zusammen mit anderen Männern jahrelang Pickel und Schaufel geschwungen und schwere Gewichte gehoben habe, konnte ich feststellen, dass die letzten drei Stunden einer oft zehn- oder zwölfstündigen Schicht mit wesentlich weniger Elan gearbeitet wurde, auch wenn die Männer noch so stark und kräftig waren. Manchmal konnte man nur noch von einer bloßen Anwesenheit sprechen, bis das wachsame Auge des Aufsehers die herumlungernden Männer erspähte. Warum war das so? Weil diese Männer physisch nicht mehr arbeitsfähig waren. Die Muskeln wurden nur noch durch reine Willenskraft angetrieben. Und von den kräftigen „harten“ Bergarbeitern, deren Durchschnittsalter Mitte zwanzig war, die dieser Schufterei ausgesetzt waren, überlebten die meisten das „beste Mannesalter“ nicht und vier Fünftel der übrigen sind am Ende ihrer Kräfte. Im Reich der Natur wechseln sich Ruhe- und Aktivitätszeiten ständig ab. Bäumen ruhen im Winter. Der Saft zirkuliert nur mäßig. Es werden keine Blätter, Blüten oder Früchte erzeugt. Wildtiere und Vögel tun nach der Brutzeit im Sommer außer der Nahrungsaufnahme und dem Schlafen nur wenig. Einige Tiere und Reptilien schlafen sogar den ganzen Winter über. Sogar der Mutterboden ruht sich aus. Wenn er durch ständige künstliche Düngung zum Erzeugen gezwungen wird, laugt er aus und die Erzeugnisse sind geringwertiger. Wenn der Mensch erkennt, dass er seinen Körper nicht jahrein, jahraus ungestraft einer ständigen Nerven- und Willensanstrengung aussetzen kann und dass er, ähnlich wie Bäume, Vögel und Tiere in der Natur, der Ruhe bedarf, dann wird er auch einen gesünderen Körper, elastischere Muskeln und einen klareren Geist besitzen.

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Darüber hinaus würden in ihm auch andere Sinne und Mächte, an deren Existenz die meisten Menschen nach wie vor zweifeln, erwachen. Einige östliche und indianische Rassen besitzen diese Sinne und Mächte in einem gewissen Grad, teilweise aufgrund ihres ruhigeren und naturgemäßeren Lebensstils. Sie haben nicht unsere dominante und aggressive Art, die eine Zeitlang als Invasions- und Eroberungsmacht auftritt, was England in Indien tat oder was die Amerikaner mit den Indianern taten. Doch eine solche Eroberungsmacht kann sich nicht wirklich halten. Was sich hält und am stärksten wirkt, ist die Gedankenkraft, die dann wirkt, wenn der Körper relativ untätig ist. Diese ist subtil, geräuschlos und unsichtbar. Sie verfeinert und poliert die rauhen, kriegerischen und eroberungssüchtigen Rassen, indem sie ihnen die Zivilisation der eroberten aufpfropft. Auf diese Weise wurde die Kunst und Zivilisation des eroberten Ägypten auf die Assyrer übertragen. Jahrhunderte später gaben die Assyrer diese Macht an das erobernde Griechenland weiter. Zwar fiel Griechenland vor Rom, doch die griechische Zivilisation beeinflusste Rom. Rom fiel vor den Goten und Wandalen, den damals wilden Rassen in Nordeuropa, aber im geistigen Bereich beeinflusste es das alte Italien, das der große Faktor bei der Verfeinerung der Goten, Hunnen und Wandalen in die modernen Deutschen, Franzosen, Spanier und Italiener war. Jede Erschütterung oder Eroberung hat dafür gesorgt, dass sich diese Macht in einem größeren Ausmaß durchsetzte. Heutzutage studiert der fortgeschrittene englische Denker ernsthaft die Gesetze, die er in Indien kennen gelernt hat, und diese Kraft bezwingt in gewisser Weise sogar England, das bereits zu Füßen Indiens sitzt und die ersten Unterrichtsstunden im Einmaleins von Gesetzen und Kräften erhält, die den Gelehrten bislang verborgen waren. „Von welcher Macht ist hier die Rede?“ werden Sie jetzt fragen. „Wie kann man sie erlangen?“ Die Rede ist von der harmonisch und ohne Zutun einer physischen Aktivität auf einen einzigen Zweck ausgerichteten Macht der Bewusstseine. Denn wenn Sie Ihr gesamtes Denken oder Ihre gesamte Kraft nur in das Funktionieren Ihrer Körperglieder investieren, wenn Sie jahrein, jahraus nur mit Ihren Händen arbeiten, ohne auf die Impulse und Instinkte der Zeiten Rücksicht zu nehmen, arbeitet Ihre gesamte Kraft immer nur mit dem Instrument - dem Köper - und verschleißt es. Sie hindern es daran, in einer Entfernung vom Körper tätig zu werden. Und Sie hindern es daran, die Heilkraft des Frühlings aufzunehmen.

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Sie gewöhnen sich dann an, den Körper ständig auf Trab zu halten. Sie versagen sich ausreichenden Schlaf, der Ihrem Körper die nötige Stärke verleiht, die er in den Wachstunden benötigt. Wenn Geist und Körper Tag für Tag ausgelaugt werden, bleibt immer dieselbe gedankliche Ordnung aufrecht erhalten. Sie reden sich dann ein, dass Sie nur etwas erreichen könnten, wenn Sie Geist oder Körper ständig anstrengen. Auf eine solche Weise gelangen Sie nicht in einen Ruhezustand, in dem Ihre Gedankenkraft weg von Ihrem Körper wirken und Ihnen einen hundertfachen Nutzen bringen kann, wie er durch rein körperliche Anstrengung niemals erreicht werden kann. Die Eigenschaft im Blatt, der Wurzel oder der Beere, die bei der Einnahme als Arznei auf die inneren Organe wirkt, ist die über den Verdauungsvorgang freigewordene Kraft in der betreffenden Pflanze. Bei der Stärke, die Sie aus Brot oder Fleisch erhalten, handelt es sich ebenfalls um die so aus der Nahrung freigewordene Kraft. Bei der Verdauung werden die vom Körper aufgenommenen Stoffe - ähnlich wie bei der Verbrennung von Kohle im Kessel - langsam verbrannt und die durch eine solche Verbrennung freiwerdende Kraft wird für den Betrieb des Körpers verwendet, ebenso wie der Ingenieur die Hitze für den Betrieb des Motors verwendet. Je neuer die Knospe, umso zarter ihre äußere materielle Ausbildung. Wird eine solche Knospe als Medizin verwendet, so enthält sie die aktivste Kraft und Eigenschaft der Pflanze. Der bekömmlichste Tee wird aus den obersten und zartesten Knospen der Pflanze gewonnen. In Kalifornien ist die von der Gifteiche in die Luft ausgesandte Kraft so stark, dass es bereits genügt, dass sich jemand nur in der Nähe dieses Gewächses aufhält, um sich Hautreizungen zuzuziehen. Die zarten Frühlingsknospen enthalten eine Kraft, die später das festere Blatt beziehungsweise den Ast herausbildet. In Ihrer eigenen Ordnung befinden sich im Frühling dieselben zarten und knospenden Elemente. Wenn Ihr Körper im Frühling schwach ist, ist das ein Zeichen dafür, dass sich in Ihnen sozusagen neue Knospen bilden. Diese beinhalten eine große Kraft. Doch diese Kraft hatte keine Zeit, um auf Ihre materielle Ordnung einzuwirken und den neuen Knochen, den neuen Muskel und die neue Sehne zu bilden, welche später kommen werden, sofern diese Knospung oder Neukristallisierung nicht gestört, erschüttert oder gar zerstört wird, weil Geist oder Körper allzu sehr angestrengt werden. Dem Körper wird deshalb ebenso Schaden zugefügt, wie dies bei einem knospenden Baum der Fall ist, der durch einen Wirbelsturm erschüttert wird. Seite 91

Nun wenden Sie vielleicht ein: „Wie soll ich denn meinen Geschäften nachgehen und mein Brot verdienen, wenn ich mich einfach zur Ruhe begebe, damit die Natur ihre Reparaturarbeiten durchführen kann?“ Doch die Gesetze, die sich der Mensch für das Berufs- und Geschäftsleben verordnet hat, sind nicht die Gesetze der Natur. Wenn die Natur zur Ruhe ruft und der Mensch nach Arbeit schreit, wird er immer den größeren Preis bezahlen. Was in unserer Gesellschaft als lasterhaft oder unmoralisch gilt, ist nicht das Einzige, was zu Krankheiten, Schmerzen oder Schlimmerem führt. Auch Tausende aus den „besten Familien“ siechen jährlich dahin. Krebs, Wahnsinn, Wassersucht, Rheuma, Skrofulose, Fieber und Koller kommen auch bei Menschen vor, die aus konventioneller Sicht tadellos nach den Vorgaben der Gesellschaft leben. Woher kommt das? Wenn Sie sich in Lebensumständen befinden, die es Ihnen derzeit unmöglich machen, sich die nötige Ruhe zu vergönnen, und Sie gleichzeitig ein tiefes Ruhebedürfnis verspüren, können Sie davon ausgehen, dass Ihr ständiger Wunsch - Ihr Gebet - Ihnen die Gelegenheit verschaffen wird, auf irgendeine Weise in den Genuß der Heilkräfte der Natur zu gelangen. Immer, wenn ein tiefes Bedürfnis vorhanden ist, ist der Gedanke oder Wunsch danach bereits ein Gebet - eine Kraft, die Ihnen Hilfe bringen und Sie von schädlichen Lebensweisen oder Einflüssen wegbringt. Sie haben diese Behauptung sinngemäß bereits öfter gehört, denn sie kann nicht oft genug wiederholt werden! Sie ist die Sprungfeder allen Wachstums und ein Voranschreiten zu einem glücklicheren und gesünderem Leben. Jesus brachte dieses Gesetz mit folgenden Worten zum Ausdruck: „Bittet und euch wird gegeben. Suchet und ihr werdet finden. Klopfet an und es wird euch aufgetan!“ In seiner Weisheit unternahm er keine Versuche, eine Erklärung für dieses Mysterium zu liefern, durch das jeder ernsthafte menschliche Gedanke oder Wunsch, jedes Sehnen oder Trachten zur rechten Zeit immer das gewünschte Ergebnis bringen wird. Denn dieses und auch andere Mysterien entziehen sich allen Erklärungsversuchen, und kaum glauben wir, dass wir eine Ursache für ein bestimmtes Ergebnis gefunden hätten, so zeigt sich auch sogleich, dass jeder Ursache wiederum ein tieferes Mysterium zugrunde liegt.

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Wir sagen: „Wind ist Luft in Bewegung“. Was bringt sie in Bewegung und was hält ihn in Bewegung? Es gab einmal eine Zeit, in der wir die Gezeiten anhand der Theorie der Mondanziehung erklärten. Doch welche Macht hält neben Flut und Ebbe auch noch das gigantische System der Ströme in Bewegung, die die Weltenmeere ständig durchqueren? Welche Macht sorgt dafür, dass unsere Lungen Tag und Nacht atmen oder dass das Blut in jeden Teil des Körpers gelangt? Handelt es sich nicht immer um die Macht Gottes oder des unendlichen Bewusstseins oder der Kraft des Guten, welche in Ihnen genauso wirkt wie bei allem anderen, das lebt und wächst? Nur wir haben letztendlich das Wissen erhalten, um intelligent mit dieser Macht zu kooperieren. Dem Körper des Baumes, des Tieres und des Vogels geht diese Intelligenz ab und deshalb verwest er schließlich. Bisher war dies auch beim menschlichen materiellen Teil so. Doch dies muss nicht immer so sein. „Der letzte Feind, der zerstört werden muss, ist der Tod“, schreibt Paulus. Damit deutet er an, dass der sterbliche Teil im Zuge eines größeren Wissens und Glaubens des Menschen an die wunderbaren Kräfte um ihn herum und in ihm, welche ihn in die Lage versetzen, mit diesen Kräften zusammen zu arbeiten, unsterblich gemacht werden könne, indem immer feinere Erneuerungen stattfinden.

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Kapitel 11 Unsterblichkeit im Fleische Wir sind der Auffassung, dass die fleischliche Unsterblichkeit eine Möglichkeit ist. Mit anderen Worten: Wir halten es für möglich, dass der physische Körper solange bestehen kann, wie das Bewusstsein dies will und dass die körperliche Jugend mit den Jahren aufrecht erhalten werden kann, statt an Stärke und Kraft einzubüßen. Wir glauben, dass die Fabeln der alten Mythologien, welche von „Unsterblichen“ oder Menschen, die größere Macht als die übrigen „Sterblichen“ haben, eine faktische Grundlage haben. Diese Möglichkeit muss aus dem Gesetz erwachsen, dass jeder Wunsch oder jedes Gebet der Menschheit erhört wird. Der Wunsch nach einem längeren und gesünderen physischen Leben ist heute weit verbreitet. Dieser Wunsch kommt häufig in dem Ausspruch zum Ausdruck: „Jetzt habe ich einigermaßen gelernt, zu leben, und es ist schon fast wieder an der Zeit, abzutreten“. Der Körper wird über eine Reihe spiritueller Prozesse in diese Ergebnisse hineinwachsen und das Material immer mehr verfeinern. Diese Prozesse belassen den Körper nicht so wie er jetzt ist, sondern sorgen für einen ständig sich verändernden und feineren Körper. Jede Krankheit und jedes Unwohlsein kommt aus einem spirituellen Prozess, dessen Zweck die Rekonstruktion des physischen Körpers ist, was zunächst über die Aufnahme neuer Elemente und dann über das Ausscheiden der alten erfolgt. Hinter dieser physischen Rekonstruktion vollzieht sich jedoch eine noch viel wichtigere Rekonstruktion des Bewusstseins, aus dem der Körper erbaut ist. Solche Prozesse gehen im Körper ständig vor sich und wirken durch die Haut, den Magen und andere Organe sowie auch in Zeiten körperlicher Erschöpfung oder Erkrankung. Jede Krankheit ist das Bemühen des Geistes, neue Kräfte aufzunehmen und die relativ alte Materie abzustoßen. Da diese Absicht jedoch von der menschlichen Rasse nicht erkannt wurde, wurde der spirituelle Prozess mit den damit einhergehenden Schmerzen und Unannehmlichkeiten immer auch als ein Signal für den herannahenden Tod betrachtet. In Unkenntnis des spirituellen Gesetzes und daran gewöhnt, alles nur anhand des Materiellen zu beurteilen, wurde die den Prozess begleitende vorübergehende und notwendige Schwächung des Körpers als etwas durch und durch Schlechtes betrachtet.

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Das hat zu einer Verzerrung der Wahrheit geführt, wonach nach einer gewissen Anzahl von Jahren keine Macht im Universum den physischen Körper am „Altern“, Verschrumpeln und letztendlich Vergehen hindern könne. Der Körper ist ständig dabei, seine Elemente im Einklang mit den geistigen Zuständen zu verändern. Manche dieser Zustände führen dazu, dass Abbau, Schwäche und physischer Tod die Folge sind. Andere verleihen ihm Stärke und Lebenskraft. Was der Geist in jedem Fall annimmt, sind Gedanken und Glaubenssätze. Diese zeigen sich in Fleisch und Blut. An einen unausweichlichen Verfall und an Tod zu glauben, bringt dem Körper vom Geist her Elemente des Verfalls und des Todes. Der Glaube an die Möglichkeit eines nie nachlassenden Zuflusses des Lebensgeistes bringt ihm Leben. Falls Ihnen auf diese Weise neues Leben zufließt, muss damit auch ein Abwerfen der alten oder relativ toten Materie des Körpers einher gehen, genauso wie bei einem Zufließen neuen Lebens im Frühjahr bei einem Baum die toten Blätter, die den Winter über noch an ihm gehangen haben, abgeworfen werden. Über einen ähnlichen Zufluss neuen Lebens oder neuer Kraft wirft das Tier oder der Vogel jährlich seinen Pelz beziehungsweise sein Gefieder ab und nimmt ein neues an. Entsprechende Veränderungen finden im gesamten Tierreich und auch beim Menschen statt. Das spirituelle Gesetz wirkt bei allen Formen und Organisationen der gröberen Form des Geistes, die wir „Materie“ nennen. Beim Menschen ist dieser Zufluss von Leben größer als bei den niederen Lebensformen. Allerdings erfasst dieser Zufluss nicht alle Menschen gleichermaßen. Einige erhalten mehr als andere. Im Zuge der weiteren Entwicklung wird es jedoch Menschen geben, die so viel von diesem Zufluss erhalten, dass sie weitere Existenzmöglichkeiten sehen und auch verwirklichen können. Wenn unser höheres Bewusstsein oder Selbst neue Ideen oder Gedanken aufnimmt, stellt sich das niedere oder materielle Bewusstsein dagegen. Schlachtfeld für den Kampf zwischen diesen beiden Kräften ist der Körper, der deshalb leidet. Je mehr Bewusstseine auch nur in einem geringen Maße an die höhere Macht glauben und sich vorstellen können, dass physische Krankheiten und physischer Tod keinesfalls unausweichlich sind, umso mehr wird sich die höhere Macht durchsetzen. Alte Fehlvorstellungen werden ausgeschieden, neue Ideen treten ein und bleiben. Der Körper wird nach jedem Kampf besser und stärker und diese Kämpfe werden mit der Zeit auch nachlassen und schließlich völlig aufhören. Seite 95

Bisher haben die Menschen ihre physischen Körper verloren, weil sie - nichtwissend, dass Krankheiten ein Prozess des Bewusstseins sind, um altes materielles Gedankengut abzuwerfen und neues aufzunehmen - ihre Kräfte irrtümlicherweise dazu eingesetzt haben, um dieses falsche Denken aufrechtzuerhalten. Diese Aufrechterhaltung geschah über den Glauben. Ihr Glaube wird Ihre Krankheit zu einem Segen oder einem Ungemach für Sie machen. Wenn Sie den Glauben aufrechterhalten können, dass ein spiritueller Prozess dabei ist, alte und ausgediente Elemente auszuscheiden, unterstützen Sie das Bewusstsein bei diesem Prozess nachhaltig. Falls Sie aber glauben, dass Krankheit ausschließlich etwas Körperliches sei und dass daraus nichts Gutes, sondern nur Schlechtes, erwachsen könne, dann benutzen Sie diese Kraft lediglich, um das Bewusstsein mit noch mehr Fehlvorstellungen zu belasten, die dann in Ihrem Fleisch und Blut zum Ausdruck kommen müssen, bis Ihr Bewusstsein dann letzendlich den Körper, den es zu tragen versuchte, als allzu schwer gewordene Last abwirft. Schlußendlich stößt es den gesamten Körper aufgrund derselben Gesetze ab, wie es auch einen Teil davon abstößt, wenn dieser spirituell tot ist. Wenn Sie den Gedanken verächtlich ablehnen, dass Ihr physischer Körper auf dem Wege einer immer frischer werdenden Erneuerung seiner Substanz ewig gemacht werden kann, verschließlich Sie dem Leben eine Eingangspforte und öffnen eine weitere für Abbau und Tod. Hier wird nicht nahegelegt, dass Sie diese glauben „sollten“. Ihre geistige Konstitution kann dergestalt sein, dass Ihnen dies nicht möglich ist. Es werden in der Zukunft noch viele Dinge kommen, die jetzt noch keiner von uns glauben kann! Falls wir das als unmöglich Erachtete jedoch für wünschenswert halten, können wir darum bitten, dass uns die Glaubensfähigkeit gewährt werden möge, und dieser Glaube wird dann als Reaktion auf unser Bitten entstehen. Glaube bedeutet, an das Wahre oder an die Fähigkeit des Bewusstseins, wahre Gedanken aufzunehmen, zu glauben. Kolumbus glaubte an die Existenz eines neuen Kontinents und dieser Glaube befähigte ihn, an einer größeren Idee festzuhalten als dies den meisten seiner Zeitgenossen möglich war. Leute, die „an sich glauben“, haben auch die Macht, größere Dinge zu vollbringen als andere, die dies nicht tun. Wenn Sie beharrlich um die Wahrheit und nur die Wahrheit bitten, werden Sie sie erhalten. Und die ganze Wahrheit bedeutet die Fähigkeit, scheinbar Unmögliches zu vollbringen. „Dein Glaube hat dich geheilt“ sagte Jesus. Wir interpretieren diese Stelle so, dass die geheilte Person in sich die Macht trug, dass sie geheilt werden könne.

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Diese Macht kam von ihrem eigenen Bewusstsein (nicht von Jesu Bewusstsein), das auf ihren Körper wirkte. Jesus wirkte als Zwischenglied, um im Bewusstsein dieser Person diese Macht zu erwecken. Doch Jesus hat dieser Person nicht die Macht gegeben. Die Macht war in dieser kranken Person bereits latent vorhanden! Jesus erweckte sie zum Leben und vermutlich auch nur zu einem vorübergehenden Leben, denn uns sind keine Überlieferungen bekannt, die belegen, dass Spontanheilungen damals dauerhaft waren. Die betroffenen Personen wurden erneut krank und verloren schließlich ihren Körper. Warum? Weil der Glaube, den sie eine kurze Zeit lang aktiviert hatten, nicht von Dauer war. Diese Menschen hatten nicht gelernt, diesen Glauben und diese Macht durch stilles Erbitten bei der höheren Intelligenz immer weiter zu vergrößern. Das Bewusstsein dieser Leute begab sich wieder in die Niederungen des materiellen Glaubens. Dadurch wird dem Bewusstsein eine schwere Last aufgebürdet und diese Menschen wurden erneut krank, weil niemand in der Nähe war, der ähnlich wie Jesus, den Glauben zum Erwachen bringen konnte. Ein Mensch kann nur dann auf Dauer heil werden (was unter anderem die Unsterblichkeit im Fleische bedeutet) und sich dauerhaft von Krankheit befreien, wenn er der höheren Intelligenz vertraut, damit sie ihm die Macht des Glaubens gewähre. In dieser Hinsicht ist jedes Bewusstsein auf sich selbst gestellt. Sie können die höchste Macht nicht anziehen, wenn Sie ständig von anderen abhängig sind. In diesem Fall würden Sie sich den Glauben sozusagen nur ausleihen. Ein solchermaßen geliehener Glaube mag durchaus eine Zeitlang Wunder wirken, doch er wird nicht von Dauer sein. Wenn die Leihgabe zurückgezogen wird, fallen Sie wieder in den Sumpf von Krankheiten zurück. Denn Sie haben nie die wahre Quelle „angezapft“ - die höhere Intelligenz. Unser nützlichstes Gebet - oder Bitte - sollten bewusst und unbewusst immer sein: „Lass meinen Glauben ständig wachsen!“ Wenn Sie Ihre geistige Einstellung zu Krankheiten um hundertachzig Grad wenden und sich ständig vor Augen halten, dass es sich um ein Bemühen des Bewusstseins handelt, gedankliche Fehlvorstellungen, die Sie seit Ihrer frühesten Kindheit aufgenommen haben und die sich in Ihrem Fleische materialisiert haben, abzuwerfen, vermindern Sie diese Fehlvorstellungen nach und nach. Seite 97

Gleichzeitig verabschieden Sie sich immer mehr von früheren Denkfehlern. Die Krankheit, an der Sie vor vielen Jahren littten und die Ihnen Todesängste einjagte, hat gewissermaßen auch die Erinnerung an diese Ängste in Ihr Sein eingepflanzt und damit auch den Glauben an diese Erinnerung. Dieser Glaube hat seitdem gegen Sie gearbeitet, so wie auch jeder andere Irrglaube gegen Sie arbeitet. Er ist buchstäblich ein Teil Ihres wahren Selbsts, da alle bisherigen individuellen Erinnerungen und Erfahrungen Teil Ihres Selbsts sind. Er ist in Ihr spirituelles Gedächtnis eingebrannt, auch wenn die materielle Erinnerung verblast ist. Gedanklich ist diese Erinnerung eine Realität. Doch diese Erinnung ist ein Irrglaube, der Ihnen vorgaukelt, dass Tod und Abbau nicht überwunden werden könnten. Dieser Glaube muss von einer umgedrehten Geisteshaltung und Handlung ausgeschieden werden. Diese Ausscheidung muss einen entsprechenden Ausdruck im Fleische finden. Die physischen Ausdrucksweisen aller früheren Erkältungen, Fieberanfälle und sonstigen Krankheiten müssen erneut zutage treten, zunächst wahrscheinlich stark, dann in etwas abgewächter Form. Dann scheiden Sie auch Ihren alten Irrglauben aus. Solange dieser nicht berichtigt wird und Sie körperlichen Verfall und Tod als unabänderlich betrachten, fügen Sie aufgrund Ihres Geisteszustands mit jeder neuen Krankheit einen neuen Fehler, eine weitere Unwahrheit, hinzu, und diese akkumulieren sich soweit, dass der Körper immer schwächer und schlußendlich zerstört wird. Im „physischen Leben“ gibt es kein „Zu spät“, wenn es darum geht, die Wahrheit aufzunehmen. Es ist nie zu spät für solche Wahrheiten, damit sie ihren Prozess der physischen Erneuerung aufnehmen können und selbst wenn das physische Leben nicht verewigt werden sollte, erhält das Bewusstsein durch die Aufnahme dieser Wahrheit eine Kraft, die auf der unsichtbaren Seite von unermesslichem Wert ist, und wird dabei unterstützt, einen noch vollkommeneren spirituellen Körper zu erbauen. Solange Sie an der Vorstellung festhalten, dass die Menschheit auf alle Zeiten so weiterleben müsse wie bisher und dass ihr die Macht verwehrt werden müsse, den Körper in vollkommener Gesundheit zu halten, steht Ihr Glaube gegen die ewige Tatsache, dass sich alles auf diesem Planeten immer mehr auf eine größere Verfeinerung, mehr Macht und mehr Möglichkeiten zubewegt. Die Medizin und irdische Hilfsmittel können diesen Aussonderungsprozess nachhaltig unterstützen. Wenn Sie diese als Hilfen für Ihr Bewusstsein sehen, um eine Last abzuwerfen und einen neuen Körper für Sie zu erbauen, hilft dieser Glaube Ihrem Bewusstsein sehr bei diesem Prozess des Abwerfens und Neubauens.

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Wieso wird eine Frau oder ein Mann „vom Alter gebeugt“? Was ist die Ursache für niederhängende Schultern, schwache Knie und einen torkelnden Gang? Diese Menschen glauben nur das Irdische und Vergängliche. Der Geist ist weder irdisch noch vergänglich. Sie können ihn aber buchstäblich mit einer irdischen gedanklichen Eigenschaft aufladen, so dass er sich unter einer solchen Last der Erde zuneigt. Buckelig und gebeugt ist nicht der physische Körper des alten Menschen, sondern der Teil, der die Kraft darstellt, die den Körper bewegt, nämlich der mit materiellem Denken überfrachtete Geist. Der Geist kann sich ein solches Gedankengut nicht zueigen machen; er knickt ein und wird schwach. Der Körper ist immer eine äußere Entsprechung Ihres Bewusstseins oder Geistes. Hinter einem immer schöneren, frischeren und stärkeren Körper steht ein Bewusstsein mit ständig neuen Ideen, Plänen, Hoffnungen und Ambitionen. Der Mensch, der nur die körperliche Seite und den zeitweiligen Ausdruck des Lebens sieht; jemand, der in dem Glauben isst und trinkt, dass sich weniger Essen und Trinken nur auf den Körper auswirke, oder der glaubt, dass der Körper nur aus sich heraus aufrecht erhalten würde und nicht von einem unsichtbaren Element Nahrung erhalte, und jemand, der nur an das glaubt, was er sehen, hören oder anfassen kann (somit also über physische Sinne, die immer vorübergehend und vergänglich sind), zieht sich überwiegend Kräfte und Elemente der Vergänglichkeit zu und diese auf seinen Körper wirkenden Kräfte sorgen dafür, dass dieser vergänglich ist. Bei Tausenden beginnt der Tod des Körpers Jahre, bevor der Körper in den Sarg gelegt wird. Das bleiche Gesicht, die pergamentfarbene Haut, ist bereits eine halbtote Haut. Bei diesem Teil des Körpers hat der Geist bereits begonnen, das tote Element abzustoßen und nimmt das neue nur unvollkommen auf. In der Frische der Jugend stieß der Geist wesentlich kräftiger ab und nahm Neues auf. Mit den zunehmenden Jahren nahm der Geist auch immer mehr Unwahrheiten auf. Seine Wissensaufnahme wurde immer mehr behindert. Entsprechende physische Veränderungen wurden immer langsamer. Der Körper weist dann erste „Alterungserscheinungen“, das heißt, Anzeichen des Todes, auf. Der Grund hierfür ist, dass ein solcher Geist immer weniger das Element erhält, das ihm eine ständige Erneuerung durch neues Denken - neues Leben - bringt. Dieser Glaube an Schwachheit und Abbau geht in der menschlichen Rasse so weit, dass Weisheit oftmals sinnbildlich als ein alter, grauhaariger oder glatzköpfiger Mann, der sich auf einen Stock stützen muss, dargestellt wird, so als ob die Weisheit nicht einmal ihren eigenen Körper stützen könne.

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In der Existenzform, die wir „Kind“ nennen (ein Geist oder Bewusstsein, das einen neuen Körper erhalten hat) besteht eine Zeitlang eine größere spirituelle Weisheit als später, wenn das Kind physisch reifer ist. Es handelt sich um die unbewusste Weisheit der Intuition. Eine gewisse Zeitlang ist diese für die Wahrheit offener. Aus diesem Grunde gehen bis zum Alter von achzehn oder zwanzig Jahren die spirituellen Prozesse des Abstoßens und Neuaufnehmens vollkommener vonstatten. Diese relativ raschen Veränderungen im physischen Bereich sorgen für die Blüte und Frische der Jugend. Früher oder später lassen die höheren spirituellen Prozesse jedoch immer mehr nach. Der Glaube an das Falsche, so wie er von den Mitmenschen gelehrt und vermittelt wird, zeigt sich im Körper, auch wenn sich das höhere Bewusstsein durch Schmerzen und Krankheiten dagegen wehrt. Die Bürde des Irrglaubens an das Irdische und Vergängliche nimmt immer mehr zu. Der Körper nimmt immer mehr eine äußere Erscheinung an, die im Einklang mit einem solchen Denken steht. Schlußendlich weigert sich das höhere Bewusstsein, eine solche Bürde weiterhin zu tragen, wirft es ab und hinterlässt einen toten Körper. Der Tod des Körpers ist dann der Abschlussprozess beim Abstoßen des gröberen Elements vom Geist, der hierfür keine Verwendung mehr hat. Es ist jedoch sehr wünschenswert, dass der Geist einen physischen Körper aufrecht erhalten könnte, der sich in dem Maße verfeinert wie sich der Geist verfeinert, weil eine solche Ebenbürtigkeit der Verfeinerung zwischen dem Geist und seinem Instrument unserem Glück zugute kommt. Eine relative Abrundung unserer Mächte kann erst erfolgen, wenn diese Verbindung zwischen Geist und Körper zustande kommt. Als Jesus sagte: „Nur wenn ihr werdet wie die Kinder, könnt ihr in das Reicht des Himmels gelangen“, meinte er unserer Auffassung nach, dass wir genauso offen für den Zufluss der Kraft werden sollen, wie das Bewusstsein des Kindes es damals war. Falls ein solcher Zufluss aufrechterhalten werden könnte, wäre die Jugend des Körpers ewig. Das Kind wird mehr „vom Geiste gelenkt“ als ein Erwachsener. Es ist natürlicher. Es lehnt Taktiererei ab. Es zeigt offen, wen es mag und wen nicht. Oft ist es intuitiver. Es wird einen schlechten Menschen nicht mögen, auch wenn die Eltern nichts Schlechtes an diesem Menschen sehen können. Es spürt viel mehr vom Leben als seine Eltern merken. Doch es ist noch nicht in der Lage, diesen Dingen mit Worten Ausdruck zu verleihen. Dennoch sind die Gedanken da. Es hat die Scheinheiligkeit der Welt noch nicht gelernt, die einem ins Gesicht lacht und hinter dem Rücken schlecht redet.

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Sein Geist gibt ihm eine Zeitlang einen freien Ausdruck. Sobald der Geist diese Ausdrucksfreiheit verliert und wir dann etwas vorgeben, was wir nicht sind, wenn wir „Ja“ sagen und innerlich „Nein“ meinen, wenn wir uns einschmeicheln, um eine Gunst zu erhalten, wenn wir innerlich enttäuscht und verärgert sind, aber äußerlich Zufriedenheit vortäuschen, werden wir in jeder Hinsicht immer unnatürlicher. Wir stumpfen ab und zerstören eine Zeitlang alle höheren spirituellen Sinne und Mächte. Wir können Wahrheit und Unwahrheit nicht mehr unterscheiden. Wir sind spirituell nicht mehr in der Lage, zu spüren, was Glaube bedeutet, geschweige denn, diese Macht zu uns zu ziehen. Und da wir sie nicht anziehen können, muss der physische Körper vom Geist abgestoßen werden. Beim Sterben gibt der Körper nicht „seinen Geist auf“; der Geist stößt vielmehr den Körper ab. Durch das Abstreifen von Irrglaube wird der Geist immer mehr zugänglich für Gedanken und Dinge, die wahr sind, und wird dadurch auch mächtiger. Der Geist wirkt auf alle Bereiche und Funktionen des Körpers ein und beschleunigt dadurch den Prozess des Abstreifens, wie dies auch in der physischen Jugend der Fall ist. Er lehnt über die physischen Sinne des Berührens und des Geschmacks alles ab, was ihn beeinträchtigen könnte. Er kann eine so große Macht erhalten, dass ein versehentlich in den Mund genommenes Gift sofort erkannt und ausgestoßen wird. Sollte es verschluckt werden, würde es sofort aus dem Magen ausgeschieden. Die Ausscheidung ungeeigneter Nahrung erfolgt nicht über den körperlichen Magen, sondern der Geist, der den Magen zu diesem Tun veranlasst, weiß aus sich heraus, dass die aufgenommene Substanz ungeeignet ist. Sie ist deshalb ungeeignet, weil sich im abgestoßenen Element kein Geist oder eine Eigenschaft befindet, die dem Bewusstsein helfen könnte. Je mächtiger Ihr Geist wird, umso sensibler wird er auf alles Sichtbare oder Unsichtbare reagieren, was ihm Schaden zufügen könnte. Er wird immer feinfühliger auf das Herannahen oder auf die Anwesenheit von etwas Schlechtem reagieren und es abstoßen. Er wird Sie vor einer schlechten oder hinterhältigen Person warnen. Er wird Ihnen sagen, welcher Umgang für Sie der richtige ist. Und schließlich wird er alle schlechten Gedanken, die Sie täglich unbewusst aufnehmen und die durch ihre Vergiftung des Geistes mehr Schaden anrichten als irgendetwas Materielles, ablehnen. Je größer der Glaube wird, umso werden beim Erneuerungsprozess auch materielle Hilfen hinzugezogen. Diese Hilfen kommen in Form der Auswahl von Nahrungsmitteln, des gesellschaftlichen Umgangs oder der Veränderung anderer Gewohnheiten. Seite 101

Die Veranlassung und Lenkung dieser materiellen Hilfe erfolgt jedoch über den Geist. Wenn Sie eine solche Eingebung erhalten, müssen Sie ihr Folge leisten. Die zu vermeidende Nahrung wird ungenießbar sein. Ihr Geschmack wird sie ablehnen. Zu meidende Personen werden Sie nicht treffen können. Die zu ändernde Gewohnheit wird wie von selbst abfallen. Sollten Sie jedoch strenge Regeln für sich selbst aufstellen, in der Hoffnung, dass Sie dadurch spiritueller werden, so gestatten Sie dem materiellen Selbst, sich der Sache anzunehmen. Das materielle oder niedere Selbst wird dann versuchen, die Regie zu übernehmen und sich dem spirituellen oder höheren Selbst gegenüber durchzusetzen. Überlassen Sie die Arbeit dem im Glauben gestärkten Geist und wenn die Zeit kommt, um zum Beispiel tierische Nahrung oder andere gröbere Elemente abzulehnen, werden Sie kein Verlangen mehr danach verspüren. Wenn wir die Unsterblichkeit im Fleische für möglich halten, so wollen wir damit nicht zum Ausdruck bringen oder andeuten, dass ein jetzt lebender Mensch dazu im Stande sei. Aber auch das Gegenteil wollen wir nicht behaupten. Wir regen auch nicht an, dass die Menschen sofort alles daran setzen solten, um „ewig zu leben“. Wir wollen lediglich zum Ausdruck bringen, dass es sich um ein Ergebnis handelt, das früher oder später aus der Entwicklung des Geistes beziehungsweise des Weiterwachsens vom Gröberen zu etwas Feineren hin, erwachsen muss, wie sich dies auf diesem Planeten und bei jeder materiellen Form immer wieder gezeigt hat. Materie ist vorübergehend materialisierter Geist, damit er für die entsprechenden physischen Sinne erkennbar ist. Je stärker unser Glaube daran wird, dass die spirituellen Prozesse das Alte abstoßen und Neues aufnehmen, und je mehr wir in Folge dessen die damit einhergehenden spirituelle Verfeinerung des Körpers erkennen, umso mehr werden wir auch denen helfen können, die uns auf der unsichtbaren Seite des Lebens am nähesten stehen. Denn je spiritueller wird im Fleische werden, umso mehr wird ihnen Hilfe zuteil, um mehr vom Geiste zu materialisieren. Mit anderen Worten: Wir werden gegenseitig physisch erfahrbar, weil in dem von uns abgestoßenen materiellen Denken ein Element enthalten ist, dass sie sich zu eigenen machen können, um sich materieller zu machen. Dazu kommt, dass für ihre spirituellen Körper dieselben Gesetze des Abstoßens und Neuaufnehmens gelten. Was sie als das Gröbere abstoßen, ist für uns das Feinere und Geeignetere.

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Dieses Element absorbieren wir spirituell. Es ist eine Art spirituelle Nahrung für uns. Das, was sie abwerfen, hilft uns bei der Vergeistigung des Körpers. Das, was wir abwerfen, hilft ihnen bei der Verkörperlichung des Geistes.

Was halten Sie von den Auffassungen Prentice Mulfords? Ihre Meinung ist uns wichtig: http://www.i-bux.com/Beurteilung.html

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Kapitel 12 Hehres Trachten Warum gelingt es uns nicht, eine geistige Ausgeglichenheit aufrecht zu erhalten? Warum erfahren wir immer wieder Zeiten der Niedergeschlagenheit? Der Grund ist, dass Sie auch dann, wenn Sie sich noch so sehr im Einklang mit Ihrem Lebensideal befinden, mehr oder weniger immer noch von den Dissonanzen beeinflusst werden, die um Sie herum herrschen. Verhalten Sie sich freundlich der Tierwelt gegenüber? Wildvögel oder streunende Hunde und Katzen werden aus „sportlichen“ Gründen oder aus einem Gewinnstreben vor Ihren Augen umgebracht und Sie können nichts dagegen tun. Sie leben inmitten ständiger Grausamkeit und Unbarmherzigkeit. Der Mensch züchtet Tiere in künstlichen Verhältnissen und dies nur zu seinem Spaß oder um Gewinn zu machen. Solange wir uns nicht in die Natur einmischen, tut sie ihr Bestes für Vögel und Tiere und diese haben ebenso Rechte wie der Mensch auch. Von einer toten Gänseleber, die für ein spezielles Gericht künstlich gemästet wurde, geht ein morbider und kränklicher Geruch aus. Und so sorgt die menschliche Rasse überall dafür, dass rund um Sie herum Krankheiten herangezüchtet werden. Krankheit bedeutet geistiges und körperliches Unglücklichsein. Dieses wirkt sich direkt oder indirekt auf Sie aus. Je feiner Ihre Ordnung und je offener sie für ein feineres Leben ist, umso mehr stören sie die zahlreichen Krankheiten um sie herum. Sie können kaum noch verreisen, ohne geistig oder körperlich schmerzlich betroffen zu sein. Ihre Wohnungen, Autos und Boote sind im Winter überheizt und voller schädlicher Treibstoffabgase und menschlicher Absonderungen. Vielleicht sind Sie gezwungen, in solchen überheizten Räumen zu schlafen oder diese Luft zu atmen. Wahrscheinlich essen Sie in den öffentlichen Restaurants etwas Abgestandenes, und die Szenen von Brutalität, Grausamkeit und Ungerechtigkeit schlagen Ihnen auf den Magen. Das ist das Gedankengut, dass in der Atmosphäre der Massen vorherrscht und es wirkt sich auch auf Ihre Gedanken aus. Jeder materiellen Sache in Ihrer Nähe haften Gedanken - oder, wenn Sie es vorziehen, „mentale Aktionen“ - an und die Helligkeit oder Dunkelheit der Gedanken hängt vom Zustand der Sache oder des Dings ab.

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Verdorbenes Obst zu essen, kann Ihnen indirekt Traurigkeit einflößen. Frisches Obst gibt Ihnen Leben. Verfall ist die Auflösung von Ordnung in der Materie. Sie wollen eine optimale Ordnung aufnehmen, keine überreife und auch keine noch grüne. Nach Möglichkeit soll sich die verfütterte Nahrung ebenfalls im optimalen Lebensabschnitt befinden, damit Sie dieses Leben daraus erhalten. Unwissentlich und unbewusst verletzten Sie immer wieder zahlreiche Prinzipien der körperlichen und geistigen Gesundheit. Im Bereich der Nahrung, Luft oder Wärme waren Sie vielleicht Ihr Leben lang von künstlicher Zufuhr abhängig. Mit dieser Abhängigkeit kamen Sie auf die Welt. Sie begannen Ihr Leben in diesem Körper vielleicht von Anfang an auf künstliche Weise. Diese künstliche Leben kann gar nicht anders, als Schmerzen zu bringen. Alkoholische Stimulanzen mögen eine kurze Zeit erheitern, hinterlassen jedoch längere Zeiten des Schmerzens. Doch das Übel des Alkohols ist relativ gering im Vergleich zu Dutzenden anderer menschlicher Negativeinwirkungen, die Ihnen auf Schritt und Tritt überall begegnen, wo sich Menschen in Gruppen aufhalten, zumal diese Einwirkungen unbekannt sind. Nun fragen Sie sich vielleicht, warum Sie nicht einmal in der Stille Ihrer vier Wände eine gewisse Ausgeglichenheit und Zuversicht aufrecht erhalten können, die Sie sich so sehr wünschen. Nehmen wir an, dass Sie in der Vergangenheit körperlich oder geistig krank gewesen sind. Würden Sie in einem solchen Fall erwaren dass Sie schlagartig wieder geheilt werden? Gewisse gedankliche Gewohnheiten lassen sich nur allmählich wieder umpolen. Dasselbe gilt für gewisse körperliche Gewohnheiten, zum Beispiel die Gewohnheit zur Eile, zum Grübeln, zum Hineinstressen, zum Schuldenmachen und viele andere, die sich durch das gesamte Leben ziehen. Zusammengenommen tragen sie zur Erschöpfung bei und die Erschöpfung ist die wahre Mutter der meisten körperlichen Beschwerden. Was den Körper erschöpft, trägt unabhängig davon, ob dies die Folge einer guten oder schlechten Absicht war, dazu bei, dass die Widerstandsfähigkeit gegen zahlreiche Schmerzursachen geschwächt wird, was sich auch auf den Geist auswirkt. Solange Derbheit und ein gröberes Bewusstsein Auftrieb haben, blicken wir überwiegend auf die irdische Seite. Wir sehen das Widerwärtige am Menschen. Das Gute erkennen wir nicht so rasch. Nur wenige Menschen sind uns sympathisch und viele gehen uns auf die Nerven. Seite 105

Wenn jedoch der Geist Auftrieb erhält, verhält es sich genau anders herum. Dann erkennen wir in allem das Gute. Wir werden mehr oder weniger zu allem hingezogen. Und da wir in allem Gutes finden, erhalten wir auch wieder aus allem Gutes. Individuelle Vorurteile schrecken uns dann nicht mehr so stark ab. Wir lieben mehr als wir hassen. Solange die Derbheit die Oberhand hat, hassen wir mehr als wir lieben. Dann sehen wir mehr, was wir verabscheuen und bewundern kaum etwas. Für das Gute sind wir blind und für das Schlechte zu empfänglich. Da wir mehr auf das Schlechte achten, fügt uns dieses auch mehr Schaden zu. Zu hassen, den Namen der verabscheuten Person nicht hören zu können, ohne dass uns „die Galle hochkommt“, heißt, uns ständig selbst Wunden zu schlagen. Die Fähigkeit zur Bewunderung, das Gute selbst im niedrigsten Wesen zu erkennen und das Schlechte außerhalb des Blickwinkels zu halten, das ist eine Quelle für Stärke, Gesundheit und ständige Machtzunahme. Liebe ist Macht. Wenn Sie bewundern können, sind Sie immer der Stärkere! Die Anziehung ist ein Gesetz des Himmels, die Abstoßung ein Gesetz der Erde. Die Spiritualität wird zu dem hingezogen, was sie von sich selbst überall vorfindet. Sie sieht den Rohdiamanten, auch wenn er im tiefsten Schlamm steckt. Sie sieht den Juwel der höheren Eigenschaft auch im gröbsten Wesen. Sie kann ihren Blick auf diesen Juwel lenken und ihn von den gröberen Elementen abwenden. Auf diese Weise lenkt sie ihre Macht auf den Juwel und erwärmt ihn zum Leben. Das niedrigste Wesen steigt in der Anwesenheit und unter dem Einfluss des höheren empor. Der wahre Missionar hat es kaum nötig, mit Worten zu predigen. Er strahlt eine Atmosphäre des Göttlichen aus, das von den anderen gespürt wird. Gebote sollten gespürt und nicht gehört werden. Der dem Sünder gegenüber Vorurteilsbehaftete ist nur ein spirituelles Stachelschwein. Er sticht alles, womit er in Kontakt kommt. Solange wir starke Vorbehalte haben, weil wir am Mitmenschen nur seine Fehler erkennen können, werden wir von diesem Gefühl regiert und befinden uns in Fesseln. Wir sind dann in seiner Gegenwart unfähig, den besseren Teil von uns durchkommen zu lassen. Unser eigenes Übel wird aufgerufen und drängt sich nach vorne. Das führt zu einem Aufeinanderprallen entgegengesetzter Willen. Obwohl wir der Stärkere sind, werden wir dann kurzzeitig der Schwächere.

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Das zwingt uns, uns dem Schüler, dem wir mit guten Beispiel vorangehen sollen, unterzuordnen. Aus der Ablehnung und persönlichen Vorbehalten wird im Extremfall Zynismus geboren. Der Zyniker findet letzendlich jedermann unausstehlich und hasst sich am Schluss sogar selbst. Noch nie gab es einen Zyniker, der vor Gesundheit nur so strotzte! Zynismus vergiftet das Blut. Der Zyniker sucht sein Ideal immer im Außen und täte doch so gut daran, im Innen zu suchen. Dann würde sich sein liebender Geist allen einpflanzen, die mit ihm in Kontakt kommen. Das Göttliche ist ansteckend. Es wäre wahrlich ein schlechter himmlischer Plan, wenn nur das Böse und Schlechte ansteckend wären! Das Gute wirkt ansteckend. Mit der Zeit wird die Welt lernen, dass dies auch für das Gesunde gilt. Aber in der Vergangenheit hat die Menschheit das Böse so sehr gefürchtet und den Teufel sogar bewundert, dass sie nur dem Bösen eine ansteckende Eigenschaft zuschrieb, während dem menschlichen Wesen das Gute in all seinen Schattierungen durch schmerzliche und anstrengende Prozesse eingeimpft werden sollte. Ohne höheres Trachten und ohne die Reinheit des Denkens kann es keine vollkommene Gesundheit und Stärke geben. Reines Denken bringt reines Blut. Unreines Denken, Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit, Fehlersuche und Gereiztheit - solche Gedanken machen das Blut unrein und das System krank. Ohne Trachten ist auch die beste Körperpflege nur von relativ geringem Wert. Sie mögen tadellos gekleidet sein; Sie mögen auf eine ausgewogene Nahrung achten, doch letztendlich begnügen Sie sich mit der Außenseite des Gefäßes, in dessen Innerem sich immer mehr Unrat anhäuft. Eine ständig größer werdende Reinheit des Denkens führt automatisch dazu, dass auch der Körper ganz natürlich immer reiner wird. Das Gefäß wird sich selbst reinigen. Eine in jeder Hinsicht angemessene Körperpflege wird dann eine Liebesbezeugung für diesen Körper sein. Ein Bad zu nehmen, ist dann nichts Auferzwungenes mehr, sondern eine Erholung. Die Nahrungsmengen regulieren sich von selbst, weil Ihr Appetit auf natürliche Weise Exzesse ausschließt. Dieses Trachten nach dem Höchsten und Besten wird bei der Qualität und Zusammensetzung von Fleisch, Knochen, Muskeln und Sehnen eine Neugeburt des Körpers, eine völlige „Reformation“, verursachen und dafür sorgen, dass auf der materiellen Ebene im Einklang mit der spirituellen Ebene eine Veränderung stattfindet.

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Das Fleisch wird vergeistigt, das heißt, es wird aus feineren Elementen bestehen. Diese Vorherrschaft des Geistes bringt die völlige Freiheit von Krankheiten, gibt Ihnen in jedem Berereich mehr Macht und sorgt am Ende des irdischen Lebens dafür, dass sich der Geist schmerzlos zurückzieht. Der irdische Körper wird in den Schlaf fallen und auf der anderen, spirituellen Seite des Lebens wieder aufwachen. Der Weg zur Selbstheilung führt über die Festigung der Elemente von Gesundheit und Stärke, damit diese die Krankheiten austreiben. Erbitten Sie solche Elemente und Sie werden sie erhalten. Stärke oder Lebenskraft ist ein Element des Geistes oder einer feineren Materie. Je öfter Sie es erbitten, umso rascher wird es kommen. Das ist das Geheimnis der ewigen Aufrechterhaltung und Stärkung der Lebenskraft und jeder anderen gewünschten Eigenschaft. Sobald Sie merken, dass Ihre Macht schwindet, erbitten Sie mehr davon! Vielleicht fühlen Sie sich müde und abgespannt. Wenn Sie so vorgehen, wie oben beschrieben, wird sofort neue Stärke nachfließen. Nehmen wir an, dass Sie am Morgen schwach, träge und ohne körperliche oder geistige Energie aufstehen. Halten Sie Ihr Denken möglichst fern von Ihrer Unpässlichkeit. Denken Sie möglichst viel an Stärke, Lebensfreude, Kraft, Gesundheit und Aktivität! Sie können diesen Prozess unterstützen, indem Sie an Abbilder und Symbole der Kraft der Natur denken, zum Beispiel an einen Sturm oder ein Gewitter, an ein tosendes Meer oder an die Morgensonne. Falls Sie ein Gedicht oder Verse zur Hand haben, die diese Dinge zum Ausdruck bringen, lesen Sie sie immer wieder. Sie können laut oder nur still vor sich hinlesen, wichtig ist, dass Sie Ihr Bewusstsein dabei in eine gedankliche Ausrichtung bringen, die Ihnen Stärke zufließen lässt. Kurzum, denken Sie an Stärke und Macht und Sie werden sie anziehen. Denken Sie an Gesundheit und Sie werden sie erhalten. Wenn Sie aber Ihr Bewusstsein auf Schwäche und auf die dunkle Seite lenken, wenn Sie sich auf Dinge konzentrieren, die Sie betrüben und niederziehen, dann ziehen Sie schädliche Elemente an. Unbewusst pflegen viele kranke oder bettlägerige Menschen durch ihr Jammern und Klagen ihre Beschwerden mehr als ihren Körper. Ständig denken sie an ihre Unpässlichkeiten und reden bei jeder Gelegenheit darüber. Sie wollen Anteilnahme und Mitgefühl für ihr Leid und nicht für einen heilen Körper. Die ihnen von Freunden entgegengebrachte Anteilnahme tut ihr übriges, um die Beschwerden zu verhätscheln, statt das Denken des Patienten auf einen starken und gesunden Körper zu lenken.

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Je mehr die Anverwandten und Bekannten dem Patienten solche Gedanken zukommen lassen, umso mehr Gedanken der Lebenskraft sollten Sie ihm senden. Damit soll nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass eine Besserung sogleich erfolgen könne. Ein Bewusstsein hat sich oft lange Zeit unbewusst auf die eigene Schwäche konzentriert und kann dann nicht schlagartig einen Richtungswechsel vornehmen und sich von nun an auf Stärke konzentrieren. Es ist vielleicht dermaßen an die dunkle Seite gewöhnt, dass es ihm fast unmöglich ist, sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Doch der Anfang ist gemacht und wenn der Versuch aufrecht erhalten wird, wird das Bewusstsein immer mehr Kraft erhalten, um sich in die gewünschte Geisteshaltung, in der Stärke angezogen wird, zu begeben. Der Versuch muss auf jeden Fall unternommen werden. Es mag dauern, aber jedes Atom eines solchen Versuchs ist ein weiteres Quentchen, das nie mehr verloren gehen kann. Verlangen Sie nicht willkürlich oder despotisch, dass ein bestimmtes Glied Ihres Körpers geheilt werden möge oder dass ein Organ oder eine Funktion stärker werde. Ihr Körper ist als Gesamtheit ein von Ihrem Geist getrenntes Individuum mit einem eigenen physischen Leben; er ist als Ganzes ein geordnetes System, das wiederum aus einer Reihe anderer Systeme besteht, von denen jedes seine eigene Aufgabe hat, so wie das Auge zum Sehen, das Ohr zum Hören, die Zunge zum Schmecken, der Magen zum Verdauen und die Lungen zum Atmen da sind. Das sind in gewisser Weise individuelle Ordnungen oder Systeme. Jede dieser Ordnungen ist für die belebende und beglückende Wirkung des Elements, das wir „Liebe“ nennen, offen und Sie können ihm dieses Element senden. Verbinden Sie einen Bruch liebevoll und das Element dringt in die Bruchstelle ein, wo es als Salbe und Stärkung wirkt. Allmählich wird es die gebrochenen Teile wieder zusammenbringen. Verbinden Sie den Bruch jedoch gleichgültig, waschen Sie ihn widerwillig aus und ein solches Gefühl wird nicht nur eine nachlässige oder gar rauhe Behandlung nach sich ziehen, sondern es wird ihm auch das notwendige Element der Liebe fehlen. Verbinden Sie den Bruch gar mit Hass und Sie vergiften den betroffenen Teil. Hass ist ein Element des Vergiftung, Liebe ist ein Element der Heilung. Seite 109

Dasselbe Prinzip und derselbe Prozess gelten auch für ein sehschwaches Auge, ein taubes Ohr oder ein angegriffenes Organ. Lenken Sie Ihre Zuneigung auf das betroffene Teil und bitten Sie in diesem Geiste um Genesung. Lassen Sie sich nicht von der scheinbaren Einfachheit dieser Aussage beirren, sondern probieren Sie es selbst aus! Wenn Sie ungeduldig sind, weil ein Auge oder ein Ohr nicht ordentlich funktioniert, richten Sie das Element der Ungeduld auf diese Organe. Sie stören sie in ihrem Bemühen, ihr Bestes zu tun. Bisher gibt es in der menschlichen Rasse so etwas wie ein relativ perfektes Leben noch nicht. Denn ein solches Leben wäre ein Leben und ein Körper ohne Krankheit oder Schmerzen und auch ein Leben ohne die derzeitige Form körperlichen Todes. Ein relativ perfektes Leben wäre ein Leben, in dem ein Bewusstsein oder Geist viel Macht erworben hätte, indem es diese Macht lediglich erbat oder erflehte. Mit anderen Worten: Das Bewusstsein wäre ein Magnet, der Macht anziehen kann und der den Körper ständig mit frischerem, neuerem und feinerem Material erschaffen und diesen Körper nach Belieben anlegen oder ablegen könnte, so wie Jesus dies nach der Kreuzigung tat. Die Häscher hatten nur seinen materiellen Körper zerstört. Der Geist Jesu hatte die Macht, sich wieder in einen neuen Körper zu kleiden. Jeder unserer Gedanken muss edler, feiner und freier von Missgunst anderen gegenüber und wohlwollender werden. Das ist die gedankliche Ordnung, die Sie bei jedem Wünschen, Beten oder Ersehnen von den höheren Gefilden des Geistes zu sich ziehen. Sie ziehen etwas aus dem unsichtbaren Element an, das sich mit Ihrem Körper und Geist verbindet, wodurch Sie ein größeres, erfüllteres und reineres Leben erhalten. Das führt dazu, dass Ihr Gang aufrechter wird. Der Satz „ein aufrechter Mensch“ impliziert, dass Sie die Wirkung dieses unsichtbaren Elements sowohl körperlich wie geistig aufrichtet. Es hebt jedes körperliche Organ an. Der Gedankenstrom, der über einen unklugen und persönlichen Egoismus von oben Stimmungen unreiner oder unreifer Gedanken anzieht, sucht nur die persönliche Befriedigung ohne Rücksicht auf andere. Gedanken an Mutlosigkeit, Selbstabwertung oder Schwermut kommen von der vorherrschenden Anziehung der sichtbaren oder physischen Dinge. Wenn Sie vom Bann der Schwerkraft, das heißt, von der Anziehungskraft der materiellen Dinge beherrscht werden, werden Ihre Schultern schlaff, Ihr Kinn fällt nach unten und Ihre Blick richtet sich abwärts. Seite 110

Auch Ihr Herz wird durch Kummer, Sorgen oder Ärger oder durch eine andere Art unreifer Gedanken oder die Anziehung von sichtbaren Dingen oder gröberen Formen des Geistes ebenfalls niedergebeugt. Jedes Körperorgan wird auf ähnliche Weise deplaziert und der Erde zugeneigt. Zwischen den materiellen und den spirituellen Dingen und Formen besteht immer eine genaue Entsprechung! Die Gestalt des menschlichen Körpers, der Gesichtsausdruck, jede Geste und Eigentümlichkeit bis hin zu der Art und Weise, wie der Mensch einen Finger krümmt, die physische Gesundheit - all das ist eine exakte Entsprechung des spirituellen bzw. Geisteszustands. Im sichtbaren Bereich wird dupliziert, was der Mensch im unsichtbaren Bereich denkt. Je mehr Sie von hehrem Trachten, von dem Wunsch, gottähnlicher zu werden, durchdrungen sind, und alles Böse in sich überwinden wollen, was auch die einzige Art und Weise ist, um das Böse im Außen zu überwinden, umso aufrechter wird Ihre Gestalt werden. Ihre Augen werden offener, Ihr Herz „hebt sich“, Ihre Wangen erhalten eine frischere Farbe, Ihr Blut wird mit einem feineren Element angereichert, was Ihren Gliedern Stärke, Gelenkigkeit und Flexibilität verleiht. Sie füllen sich dann immer mehr mit dem Lebenselixir, das kein Mythos, sondern eine spirituelle Realität und Möglichkeit ist. Bislang wurde die menschliche Rasse von der Anziehung der physischen und sichtbaren Elemente beherrscht. Sie ging lange Zeit davon aus, dass es außer dem Sichtbaren und Anfassbaren nichts gäbe. Jemand kann inmitten von Quellen kühlen Wassers verdursten, denn wenn ihm solche Quellen nicht bekannt sind, existieren sie für ihn nicht. Dieser Vergleich gilt analog auch für die Menschheit. Die vollkommenere menschliche Rasse, welche diesen Planeten in der Zukunft bewohnen wird, wird den schmerzvollen Tod des Körpers nicht mehr kennen. Jeder solche schmerzvolle Tod ist das direkte Ergebnis der Übertretung des Lebensgesetzes. Das Ende des künftigen Körpers wird die Geburt oder Entwicklung eines neuen physischen Körpers sein, für den der alte als Hülle dient, bis der neue soweit ist, dass er ähnlich wie bei der Entwicklung der Motte oder des Schmetterlings aus der Puppe herauskommt. Solche Umwandlungen werden in immer kürzeren Zeitabständen stattfinden, bis der Geist letztendlich so viel Macht erlangt hat, dass er aus umgebenden Elementen sofort einen Körper anziehen kann, den er solange benützt, wie es ihm in dieser Lebensphase beliebt. Seite 111

Das ist der von Paulus vorhergesagte Zustand, als er ausrief: „Oh Tod, wo ist dein Stachel? Oh Grab, wo ist dein Sieg?“ Er schrieb auch: „Der letzte große Feind, der besiegt werden wird, ist der Tod“. Kein anderer altertümlicher Lehrer hat diese Möglichkeiten so klar wie Paulus formuliert. Diese Möglichkeiten, um Verfall, Tod und Schmerz zu vermeiden und einen immer neueren Körper und ein neueres und frischeres Leben anzunehmen, betreffen uns bereits heute. Wir dürfen diese Aussagen nicht als etwas betrachten, das irgendwann in weiter Zukunft vielleicht möglich ist. Die Macht, uns neue Körper zu verschaffen, wohnt uns bereits inne. Doch wenn Sie davon nie erfahren, wie können Sie sie dann nutzen? Sie sind dann wie ein Almosenempfänger, in dessen verschlissene Jacke eine Tausend-Dollar-Banknote eingenäht ist, doch er weiß davon nichts. Dieses Wissen ist für Sie die „Perle des großen Preises“. Diese Perle können Sie nicht verkaufen. Sie können sie auch nicht gegen die Perle des Nachbarn tauschen. Die Macht, die Ihr Nachtbar besitzt, können Sie nicht übernehmen. Sie können nur Ihre eigene Macht weiterentwickeln und nutzen. „Ist das wirklich zu unseren Lebzeiten vorstellbar?“ fragen Sie sich jetzt vielleicht. Doch unser Zeitalter ist kein x-Beliebiges oder Prosaisches. Es ist lediglich unsere Unfähigkeit, klar zu sehen, die unsere Zeit zu einer gewöhnlichen macht. Uns umgeben dieselben Elemente und wir haben mehr oder weniger dieselbe Macht wie die drei jungen Juden, die unversehrt durch den glühenden Ofen gingen, indem Sie sich der höheren Macht der Gedanken bedienten oder die Löwen in der Grube bezwangen oder durch die Paulus den Biss der Giftschlange überstand oder durch die der Mann aus Nazareth seine Wunderwerke vollbrachte. „War das nicht die Macht Gottes?“ wenden Sie jetzt vielleicht ein. Ja, die durch seine Kinder wirkende Macht Gottes oder des unendlichen und unbegreiflichen Geistes des ewigen Guten, genauso wie dieselbe Macht durch jeden von uns wirken kann, je mehr wir sie einfordern und uns zueigen machen. Diese Macht ist schlichtweg die Macht des höheren Bewusstseins über das niedere. Alle sichtbaren Elemente - die wir „Materie“ nennen - sind der Ausdruck des niederen oder gröberen Bewusstseins. Felsen, Berge, Wolken, Wellen, Bäume, Tiere und Mensch - all das sind unterschiedliche Ausdrucksformen des niederen und gröberen Bewusstseins.

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Die Macht des Geistes über die Materie bedeutet die Macht des höheren Bewusstseins über all diese Ausdrucksformen des niederen Bewusstseins. Das hehre Trachten, das ernste Bitten und Verlangen, besser zu werden, mehr Macht zu erlangen, feiner zu werden, wird mehr von diesen feineren Elementen und Kräften herbeibringen. Doch der Beweggrund muss der Herzenswunsch sein, das Empfangene mit anderen zu teilen. Sie können diese Macht nicht in seiner Fülle aufrufen, falls Sie nur an sich denken. In einem gewissen Maße mag sie Ihnen durchaus zuteil werden und sie kann Ihnen Häuser, Reichtum und Ruhm bringen. Doch wenn Sie nur von eigennützigen Motiven beherrscht werden, stehen am Ende Enttäuschung, Krankheit und Schmerzen.

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Kapitel 13 Neues Denken

Neues Denken ist neues Leben. Wenn sich eine Erfindung oder Entdeckung den Durchbruch zum Bewusstsein des Erfinders verschafft, erfüllt ihn dies mit großer Freude. Das Blut in seinen Venen zirkuliert rascher. Der Autor oder Dichter gerät in Verzückung, wenn ihm eine neue Idee kommt. Damit meine ich die relativ wenigen schöpferischen Autoren und Dichter, nicht die vielen, die sich das Feuer des Genies ausborgen, in ihre eigenen Laternen stellen und es als ihr eigenes ausgeben. „Eine gute Nachricht“, die Möglichkeit von Hoffnung, die Beseitigung von Gefahr, all das ist letztendlich nur ein Gedanke. Es ist nur ein geistiges Bild des Gewünschten, nicht die eigentliche Sache. Und dennoch stärkt es den ganzen Körper. Eine unterhaltsame Theatervorstellung, eine schauspielerisch hervorragende Leistung, die unsere gesamte Aufmerksamkeit fesselt, ein Gespräch mit einem geliebten Menschen, die Ausübung einer Kunst, die uns interessiert und fasziniert - all das ist Nahrung und Anregung für den Körper und in der Erregung des Augenblicks kann sogar der Hunger nach materieller Nahrung vergessen werden. Der Mensch lebt also nicht nur vom Brot allein. Unser Wesen verlangt nach immer neuerer Gedankennahrung. Das Theaterstück, das uns beim ersten Mal so in den Bann gezogen hat, kann durch die Wiederholung langweilig werden. Die Melodie, die uns beim ersten Hören so gefallen hat, wirkt aufgrund ihrer Vertrautheit eintönig. Vielleicht wünschen wir uns sogar eine Abwechselung von der gedanklichen Qualität dieses anderen Bewusstseins, das uns in höchstem Maße anziehend erschien. Wir wünschen uns etwas anderes, wenngleich nur eine einige Zeit lang. Wir wollen das Theaterstück, die Oper, die Künstlerin durchaus wiedersehen und finden wahrscheinlich sogar ein größeres Vergnügen daran, entweder weil wir mittlerweile neue Facetten dieser Darbietung kennen gelernt haben oder weil wir jetzt etwas erkennen können, wozu wir vorher noch nicht in der Lage waren, nur eben nicht sofort! Somit können wir jeden neuen Gedanken - und wenn Sie so wollen, jedes neue Gefühl - als Nahrung bezeichnen, die für den relativ vollkommenen physischen und mentalen Menschen ebenso notwendig ist wie das tägliche Brot.

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Wir wünschen uns immer frischere Nahrung. Gleichermaßen wünschen wir uns immer frischere und neuere Gedanken. Alte Gedanken - die ständige Wiederholung des Immergleichen beinhalten Verfall, geistige und körperliche Trägheit. Angenommen, wir würden jeden Morgen mit der absoluten Gewissheit aufstehen, dass wir jeden Tag etwas Nützliches und Erfreuliches - das auch für andere ähnlich nützlich und erfreulich wäre - entdecken werden. Wir würden etwas Beständiges entdecken, einen unerwarteten Ausläufer der gestrigen Wahrheit, auch wenn das Gestern bereits vollkommen schien. Wir würden ein großes Naturgesetz entdecken, das vielleicht zum ersten Mal in einer so genannten „Kleinigkeit“, zum Beispiel in der Art und Weise, wie ein Baumblatt fällt oder wie es sich im Herbstfrost verfärbt, zum Vorschein kommt. Welche Freude müsste es für ein aufgeschlossenes Bewusstsein sein, heute bei etwas, das gestern nicht wahrgenommen wurde, eine Verbesserung zu entdecken. Eine Verbesserung bei der Geduld während einer anstrengenden Arbeit, eine Verbesserung des Mutes, eine Verbesserung der Wahrnehmung von Schönem, an dem wir gestern achtlos vorbeigegangen sind, eine Verbesserung der Fähigkeit, unbändigen Appetit zu zügeln, eine Verbesserung der Macht, unangenehme und deshalb schädliche Gedanken zu vertreiben. Wäre dies nicht ermutigend? Wäre das nicht Anlass zu gesundheitsfördernden und lebensspendenden Gedanken? Diese Ordnung und ständige Weiterentwicklung immer neuer Gedanken vollzieht sich in jeder Richtung ohne irgendwelche Beschränkungen. Sie werden morgen noch etwas Verbesserungswürdiges finden. „War Ihre letzte Leistung als Musiker, Maler, Schauspieler, Komponist, Redner bereits der Höhepunkt?“ „Sie werden morgen immer noch etwas finden, das Ihre Leistung noch vollkommener macht“. Dies schmälert Ihre letzten Leistung in keiner Weise. Es ist nur ein weiterer Farbtupfer auf einem bereits wunderschönen Gemälde. Sich diese nie endende Verbesserbarkeit vor Augen zu halten, ist auch Nahrung für das wachsende Bewusstsein. Diese Nahrung ist das „Brot des Lebens“ und ebenso wünschenswert wie unser „tägliches Brot“. Wäre nicht auch der Gedanke, dass eine große Macht, ein unendlich weises Bewusstsein, ständig bereit ist, um uns in schwierigen Zeiten, bei inneren und äußeren Nöten, mehr Wissen zu geben, ebenfalls Nahrung und würden wir aus diesem Vertrauen nicht Stärke und Gesundheit beziehen? Vor allem dann, wenn die Realität dieser Macht und ihre Fähigkeit zur Hilfe bereits vielmals bewiesen wurden, so dass sich die Hoffnung in Überzeugung verwandet! Wenn dieser neue Gedanke so gut für die Gesundheit und so notwendig wie unsere Nahrung ist, wie kommen wir dann zu ihm?

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Anders ausgedrückt: Wie können wir uns auf die Natur einstimmen oder wie können wir empfänglicher für das Schöne und Nützliche in der Natur werden? Denn in unserer Religion beinhaltet das Nützliche immer das Schöne. Es ist beinahe absurd, zu antworten: „Das Leben ist reines Leben“. Das betrifft so viele Bereiche; es gibt so viel zu tun! Es sind so viele anerzogene Neigungen zu überwinden, so viele Schwierigkeiten zu meistern, so viele Voraussetzungen nötig, damit ein solches Leben gestaltet werden kann. Der Wunsch nach mehr scheint ein Gesetz unserer Natur zu sein. In der gröberen Ausprägung ist es der Wunsch nach mehr Geld. In der höheren geht es um mehr geistige Macht und Eigenschaften. „Ich bin jetzt 500 Dollar reicher als ich heute morgen war“, sagt der Geldhorter voller Genugtuung am Abend. Dieser Gedanke ist für ihn wie ein Biss in das Brot des Lebens. Doch es ist kein dauerhaftes Leben. Letztendlich ist es fraglich, ob es ein gesundes ist. Ein anderer sagt am Abend: „Ich bin heute reicher an Geduld als ich heute morgen war und ich bin auch reicher an Geschicklichkeit in meinem Beruf und habe etwas gelernt, was ich vor vierundzwanzig Stunden noch nicht wusste“. Ist uns wirklich bewusst, dass wir Gefäße für Gedanken sind und dass mit Gedanken Wissen und Macht einhergehen? Ist uns klar, dass unsere Aufnahmefähigkeit unbegrenzt ist und dass das Nachfließen von Wissen, Macht und neuen Gedanken aus dem Universum ebenfalls unbegrenzt ist? Wissen wir, dass wir diesen Zufluss anzapfen können? In Ihrem vergangenen Leben gibt es tausende von Dingen, Ereignissen und Szenen, deren Vergessen Ihnen bessere Dienste erweist als ihr Wiederaufrufen. Dadurch gewähren Sie neuen Ideen - neuem Leben - den Eintritt. Die Erinnerung würde diesen neuen Ideen den Eintritt versperren. Wenn ich von „vergessen“ spreche, so meine ich damit, dass Sie unangenehme Szenen der Vergangenheit nicht erneut durchleben sollten. Etwas absolut aus dem Gedächtnis zu streichen, ist unmöglich. Denn alles, was Sie gesehen, erfahren, gefühlt oder gehört haben, bleibt abgespeichert und kann unter gewissen Umständen wieder aufgerufen werden. Statt von „vergessen“ zu sprechen, wäre es vielleicht sogar besser zu sagen, dass Sie sich angewöhnen sollten, alles aus Ihrem Bewusstsein zu verbannen, was Sie unglücklich macht oder dessen Erinnerung Ihnen unangenehm ist oder nutzlos erscheint. Seite 116

Was die Erinnerung einmal in Ihr Gedächtnis geschrieben hat, ist ein Teil Ihres wahres Selbsts oder Geistes geworden, deshalb kann es nie mehr völlig ausgelöscht werden. Ihr Geist besteht somit aus allen Erfahrungen und den entsprechenden Erinnerungen daran bis zurück in eine unendliche Vergangenheit. Einige sind lebhafter, andere verschwommener, und vieles ist dem jetzigen Blick entzogen, kann aber unter gewissen Umständen wieder in die Erinnerung zurückgeholt werden. Falls Sie dieses Erinnerung zerstören könnten, würden Sie damit auch einen Teil Ihres Bewusstseins zerstören. Aufgrund der Weisheit, die die vergangenen Erfahrungen mit sich bringen, sind sie alle wertvoll. Sobald Sie aber die entsprechende Weisheit erlangt haben, erübrigt sich die Wiederholung. Dies gilt vor allem bei unangenehmen Erfahrungen. Wenn Sie sich an etwas erinnern, wiederholen Sie die entsprechende Erfahrung und durchleben sie gedanklich nochmals. Leute, die über vergangene Missgeschicke und Enttäuschungen nachgrübeln, tun genau dies. Menschen, die mit Bedauern auf ihre Jugend zurückblicken, die ihnen viel glücklicher vorkommt als ihr jetziger Lebensabschnitt, tun dies ebenfalls. Sie dürfen gerne in schönen Erinnerungen schwelgen. Das wird Ihnen gut tun. Aber setzen Sie die damalige Helligkeit nicht vor einen dunklen Hintergrund der Gegenwart! Lassen Sie sich nie dazu verleiten! Bedenken Sie, dass Ihre Jugend mit all ihrer Frische und Neuartigkeit auch gleichzeitig die Zeit war, die für andere Menschen das Alter bedeutete. Für viele dieser Menschen erschien alles grau in grau und ohne Freude. Sollte Ihr Welt heute weniger hell erscheinen als vorher und die Sonne untergehen statt aufgehen, so denken Sie daran, dass für das heutige Kind heute alles ebenso aufregend ist wie es damals für Sie war. Wer sich weigert, seinen Blick auf die Zukunft zu richten und alten und relativ leblosen Gedanken nachhängt, sorgt dafür, dass sich dieses Element in seinem Körper materialisiert. Das Fleisch, die Knochen und das Blut solcher Menschen wird dann zum Ausdruck des toten Geistes. Mit einer solchermaßen ständig größer werdenden Bürde zu leben kann nur zu mehr Schwäche und Elend führen, solange der Geist in der Lage ist, diese Bürde zu tragen. Das Bewusstsein jedoch, dass das Alte und nicht mehr Brauchbare abwirft und für Neues offen ist, zieht neue Gedanken an und diese Neuartigkeit zeigt sich in einem neueren Körper. Seite 117

In der Tat machen Sie das Bevorstehende entsprechend der Art und Weise, in der Sie daran denken, zu etwa Angenehmen oder Unangenehmen! Es gibt gewisse Leute, die grundsätzlich Einwände vorzubringen haben, falls jemand einen Ausweg aus einer misslichen Lage aufzeigt oder einen Plan vorlegt. Wenn wir gedanklich an allem Schwierigkeiten finden, erschaffen wir sie damit auch. Nächtelang über mögliche Probleme nachzugrübeln ist ein Missbrauch unserer Kräfte und Fähigkeiten. In allen Lebensbereichen müssen wir das Bewusstsein auf ein erfolgreiches Ergebnis ausrichten. Wir müssen in unser geistigen Vorstellung das Geplante als bereits fertig sehen. Die Methode ist bereits voll organisiert und das System funktioniert bereits. Das Vorhaben macht erfreuliche Fortschritte und wird immer rentabler. Zeit damit zu vergeuden, vergangene Sorgen nochmals zu durchleben oder Hürden nochmals zu überwinden, bedeutet, die Kraft zum Zerstören unserer Vorhaben oder zur Errichtung von Hindernissen einzusetzen. Das Vergangene zu vergessen und sich den neuen Dingen zu widmen, ist ein Grundsatz, der sich tausendfach bereits praktisch bewährt hat. Jedes erfolgreiche Geschäft beruht darauf. Personen, die sich von überkommenen Methoden verabschiedet haben und nach vorne blicken, sind auch finanziell die Erfolgreichsten. Wer jedoch an dem festhält, was in seiner Jugend vielleicht neu war, mittlerweile jedoch verhältnismäßig alt ist, stellt sich selbst aufs Abstellgleis. Vielleicht verdient dieser Mensch immer noch gut Geld, aber seine Methoden sind veraltet und in wenigen Jahren werden sie von besseren Systemen abgelöst werden. Falls Sie gestern um eine bestimmte Uhrzeit schwach oder krank waren, gehen Sie nicht davon aus, dass Sie heute um dieselbe Uhrzeit ebenfalls wieder krank sein werden. Sie vergessen es und sind heute um diese Uhrzeit gesund und wohlauf. Falls Sie aber wieder zurückblicken und gedanklich wieder Ihre Krankheit, Schwäche oder Unpässlichkeit durchleben, erschaffen Sie die Voraussetzungen, um wieder ähnliche Probleme zu haben. Wenn Sie sich bei Tagesanbruch auf die anstehende Aufgabe konzentrieren und Ihre Gedanken auf die Gesundheit und Lebenskraft richten, bevor Ihre Schwäche einsetzte, schaffen Sie die Voraussetzungen für eine solche Gesundheit und Lebenskraft. Sollte dies nicht gleich beim ersten Versuch gelingen, so versuchen Sie es erneut. Der angestrebte Zustand wird im der Zeit eintreten!

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Vielleicht zweifeln Sie noch und wollen Beweise haben. Zum heutigen Zeitpunkt kann ich sie Ihnen nicht vorlegen. Doch Sie können sich die Beweise selbst liefern. Experimentieren Sie mit den vorgestellten Methoden und sehen Sie selbst, welche Ergebnisse Sie erzielen. Auch wenn diese anfänglich nur gering ausfallen, wird Ihr Glaube daran doch gestärkt. Falls Sie diese Prinzipien auch nur in gewisser Weise für sich selbst belegen können, wäre es dann nicht unvernünftig, nicht weiter in dieser Richtung voranzuschreiten? Das ständige Leben in der Vergangenheit bringt genau diese unvernünftigen Vorurteile hervor. Der Sechzig- oder Siebzigjährige lebt nicht selten in den Stimmungen, Gebräuchen und Gewohnheiten seiner Jugend. Diese erscheinen ihm die zweckdienlichsten und angemessendsten. Dennoch wäre er wahrscheinlich sehr befremdet, wenn sein Kollege mit Kniestrümpfen, Rüschchenhemd und Dreispitz aus dem achzehnten Jahrhundert zur Arbeit erschiene. Vor hundert Jahren war diese Kleidung jedoch üblich. Vermutlich hat sich sein eigener Großvater noch so gekleidet. Sein Großvater hätte jemanden, der nach der heutigen Mode gekleidet ist, wahrscheinlich ebenso missbilligend angesehen. Zwischen den jeweiligen Vorurteilen von Großvater und Enkel liegen nur relativ wenige Jahre und diese Vorurteile beruhen lediglich darauf, dass es sich um die Mode der jeweiligen Jugend handelte. Sicherlich ist es nicht möglich, sich entgegen der gängigen Mode oder Gepflogenheiten zu kleiden, ohne unangenehme oder gar schändliche Verunglimpfungen zu riskieren. Die zahlreichen Bewusstseine, die Ihnen, wenngleich nur in Gedanken, Vorurteile und Ablehnung entgegenschleudern würden, würden in der Tat Bewusstsein und Körper schädigen. Das Gefühl, das gegen andere, die von der gängigen Norm abweichen, gerichtet ist, obgleich diese Person niemandem einen Schaden zufügt, ist jedoch ein großer Fehler. Es ist eine geistige Tyrannei, jemanden, der zum Beispiel die Tracht der alten Griechen bevorzugen sollte - welche übrigens bequemer als unsere heutige war - mit Feindseligkeit zu betrachten. Vor nicht einmal zweihundert Jahren wurde auf diese Weise der erste Engländer, der einen Regenschirm trug, angepöbelt. Dieses Gefühl entstammt diesem verkalktem Geisteszustand, der darauf beharrt, in der Vergangenheit leben zu wollen und der sich gegen alles Neue sperrt. Das Leben ist eine ständige Vorwärtsentwicklung. Wenn wir uns nach vorne entwickeln, ist es auch besser, nach vorne zu blicken. Und an der Vorwärtsentwicklung geht kein Weg vorbei - nicht einmal für den Einfältigsten und Stursten.

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Eine mächtige, ewige und unfassbare Kraft schiebt und schubst uns alle nach vorne. Zwar werden alle nach vorne geschubst, viele blikken aber dennoch beharrlich nach hinten. Unbewusst sperren sie sich gegen diese Kraft. Das ist eine Einladung an das Böse, an Schmerzen, Krankheiten, Verzweiflung und Drangsal. Das, worauf das Bewusstsein gerichtet ist, bringt es auf sich. Das ständige Denken und Vorstellen einer Sache muss letzendlich sichtbare Gestalt annehmen. Ich wiederhole diese Aussage mehrmals in diesem Buch, wenngleich nicht immer mit diesen Worten, denn diese Tatsache ist der Drehund Angelpunkt für Glück oder Unglück, für Wohlstand oder Armut. Unsere Gedanken sind ein unsichtbarer Magnet, der das Gegenstück in sichtbarer und greifbarer Form anzieht. Je klarer uns dies ist, umso mehr achten wir auf unsere Gedanken! Wir achten immer mehr darauf, an Glück und Erfolg statt an Unglück und Misserfolg zu denken. Es ist wundbar, dass Glück und Erfolg in unserem Leben auf einem so einfachen Prinzip beruhen! Doch was in der Natur „einfach“ ist, erweist sich häufig als unbegreiflich und als ein tiefes Mysterium. Wir wollen vor allem wissen, welche Ursache für ein bestimmtes Ergebnis verantwortlich ist. Wenn wir erkennen, dass wir selbst uns im Bereich der Gesundheit, des Wohlbefindens und der beruflichen Stellung in das hineindenken, was wir sind, stellen wir auch fest, dass wir in uns selbst die „Perle des großen Preises“ gefunden haben, und wir geben dieses Wissen gerne weiter, damit auch andere diese Perle finden können, denn niemand ist ärmer als jemand, der etwas entdeckt hat und es nur für sich selbst behält, wohingegen jeder bereichert wird, wenn der Mitmensch ebenfalls seine Perle findet und damit Wohlstand und Glück erlangt. Das Leben enthält mehr Erfüllungsmöglichkeiten als bislang erkannt wurde. Das wahre Leben bedeutet ständig fortschreitende Reife. Es bedeutet auch die Entwicklung von Mächten, die selbst die blühendste Fantasie noch nicht entdeckt hatte und es bedeutet eine immer bessere Wahrnehmung von allem, was im Universum großartig, wunderbar und herrlich ist. Im so genannten Alltag erfahren wir nur einen Bruchteil der Freuden, die uns möglich sind. Doch Millionen von Menschen haben davon noch nie gehört und richten ihr Bewusstsein aus auf - ja, auf was? Auf den Glauben, dass das Leben kurz sei, dass Alter und Abbau unumgänglich seien, dass der Körper ab einem bestimmten Alter eine Macht einbüße, und dass man für das Alter vorsorgen solle. Das sind keine beschaulichen Aussichten und deshalb werden sie gerne verdrängt.

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Doch auch wenn die Menschen diese düstern Aussichten verdrängen, glauben sie dennoch daran. Und sie haben Angst davor. Daran zu glauben, heißt auch, sie im Bewusstsein zu halten, wodurch das Geglaubte eine materielle oder physische Realität wird. „Für das Alter vorzusorgen“ trägt zum Altern des Körpers bei, weil sich die „vorsorgende“ Person als hilflos oder pflegebedürftig sieht. Was das Bewusstsein in die Zukunft projiziert, wird in der Zukunft auch geschehen. Etwas Materielles (Geld) soll Sicherheit vor Krankheiten bieten, wo doch alle materiellen Dinge versagen, wenn es um die Abwendung von Krankheiten geht. Der Reiche mit einem alten, erschöpften und kranken Körper kann sich mit seinem Geld nur ein besseres Zimmer und Bett kaufen als der Arme. Sein Geld hält Krankheiten und Schwäche nicht von ihm fern. Es kann ihm keinen Appetit für die teueren Speisen geben. In Leid und Pein ergeht es dem Kaiser nicht besser als dem Armenhäusler, denn auch das weichere Bett und die zahlreichen Bedienstete lindern seine Qual in keiner Weise. Hier hat das Gedankenelement aus Unwissenheit in der falschen Richtung gewirkt und ein beklagenswertes Ergebnis gebracht. Solches Ungemacht kann nur durch eine Kultivierung der Macht des Geistes über den Körper abgewendet werden. Mit dieser Kultivierung beginnen wir, sobald wir erkennen und glauben, dass das Bewusstsein - oder der Geist - die Macht ist, die über den Körper befiehlt und dass das Bewusstsein alles, was wir ihm an Bildern und Gedanken vorgeben, erschafft. Unbewusst setzen wir unserem Bewusstsein die falscher Bilder vor. Wir meinen, dass Altern und Abnutzung des Körpers unausweichlich seien, denn so sehen wir es ja allenthalben. Wir prägen ihm den Glauben an Abbau und Schwäche ein. Da uns der Glaube an ein erfreulicheres Ergebnis fehlt, freuen wir uns nicht auf das weitere, ständig zunehmende Leben. Im neuen Testament wird das Leben als ewig bezeichnet. Der Tod wird nicht als unausweichliche Notwendigkeit, sondern als „Feind“, den es letztendlich zu bezwingen gibt, beschrieben. Dass bis dahin Millionen von Jahren vergehen müssten, steht nicht in der Bibel. Die einzigen Toten im Universum sind die spirituell Toten, die sich auf das relativ tote Element der Erde, statt auf eine höhere Quelle stützen. Die menschlichen Gedanken sind ein reales Element, eine reale Kraft, die vom Bewusstsein jedes Menschen ausgeht und verletzt oder tröstet, tötet oder heilt, aufbaut oder zerstört, Gutes oder Schlechtes bewirkt und jeden Augenblick, Tag und Nacht, wach oder im Schlaf, die Gesicher der Menschen formt und einige hässlich und anderen schön gestaltet.

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Angesichts dessen sollten Sie sich fragen, bevor Sie die Ursachen bei anderen Menschen suchen, ob nicht einige Ihrer eigenen Gedanken die Ursache waren! Wenn Sie eine lebende Macht aus sich machen können, wenn Sie - zusammen mit anderen - beweisen können, dass körperliche Gesundheit und Lebenskraft an die Stelle des Alters treten können, wenn Sie alle Krankheiten aus Ihrem Körper verbannen können, wenn materielle Reichtümer die Folge von Gesetzen und Methoden sein können, die jetzt noch nicht allgemein praktiziert werden, erweisen Sie dann der Welt nicht einen tausend Mal größeren Dienst als wenn Sie nur einige hungrige Münder stopfen oder einige sporadische Hilfeleistungen erbringen? Unsere Reichsten, unsere Regierenden, unsere Berühmtheiten, unsere Professoren, Minister und Wissenschafter - welches Ende erwartet sie? Schwächlichkeit und Krankheit. Der Nachruf der Lebenden ist bestenfalls eine Entschuldigung für ein unbefriedigendes Ende des menschlichen Lebens. Die Menschheit verlangt etwas Besseres. Dieses Verlangen hat über die Jahrhunderte zugenommen - und es muss erhört werden.

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