SWR2 FEATURE AM SONNTAG

ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 FEATURE AM SONNTAG ABGEFAHREN. VOM ENDE EINER FORTBEWEGUNG VON ULRICH LAND SENDUNG /// 22.05.2011 /// 14.05 ...
Author: Gerd Keller
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ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE

SWR2 FEATURE AM SONNTAG ABGEFAHREN. VOM ENDE EINER FORTBEWEGUNG VON ULRICH LAND SENDUNG /// 22.05.2011 /// 14.05 UHR

Mitschnitte auf CD von allen Sendungen der Redaktion SWR2 Literatur sind beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden erhältlich. Bestellungen über Telefon: 07221/929-6030

Ansage:

Abgefahren - Vom Ende einer Fortbewegung. Feature von Ulrich Land.

Frau Flott:

Derzeit fahren auf der Weltkugel eine Milliarde Autos herum. Jährlich kommen etwa 70 Millionen dazu. Das heißt in zehn Jahren werden fast doppelt so viele Autos unterwegs sein.

1

Gschwind:

In den 125 Jahren seit Carl Benz das Patent Nummero 37435 für seinen 0,8 PS starken, sich selbst fortbewegenden Motorwagen anmeldete ...

Frau Flott:

... auch wenn Benz nicht viel mehr leistete, als die damals verfügbaren technischen Elemente, etwa den Verbrennungsmotor von Nicolaus Otto, zu einem tatsächlich funktionierenden Gefährt zusammenzufügen ...

Gschwind:

... in diesen 125 Jahren ist die individuelle Automobilität zu einem Kernelement der Zivilisationsentwicklung geworden. – Die Faszination des chromblitzenden Vorwärtskommens, der Staub- und Qualmgirlanden hinter sich herziehenden Raumeroberung.

Frau Flott:

Raus in die Welt!

Gschwind:

Und niemand und nichts kann uns aufhalten.

O-Ton 1.:

Schreckenberg (VerkehrsphysikSchreckenberg.wav, 13:40)

Wir sind es gewohnt, diese Mobilität tagtäglich in Anspruch zu nehmen, werden aber jetzt konfrontiert mit der Vorstellung, dass das mal ein Ende haben könnte. Jedenfalls in der Art und Weise wie wir es heute praktizieren.

2

O-Ton 2.:

Metin Tolan (PhysikMetinTolan.wav, 0:13)

Das Auto hat natürlich einen Menschheitstraum gelöst. Nämlich den Traum individueller Mobilität. // Das Pferd ist natürlich auch ein, ich hätte fast gesagt: Verkehrsmittel zur individuellen Mobilität, nur so ein Pferd ist in dem Sinne nicht individuell, weil das Pferd zwar schon das tut, was man ihm sagt, aber nicht immer.

Zitatorin:

"Der Motor bringt das Gefährt munter voran. Die Gänge flutschen, die Bedienung ist mühelos, Kurven werden sicher und flink umrundet, die Federung schluckt Unebenheiten wirksam, ohne schwammig zu schaukeln." (Auto Bild Allrad, 3/07)

- Zitat: Deutsche Motorpresse.

O-Ton 3.:

Zec (AutoDesignZec.wav, 0:16)

Für mich war es so, dass mit dem Auto ich eine ungeheure individuelle Freiheit und Komfort // ge-wonnen habe. // (1:05) Ich fahr mehrere. Also fängt an beim Ferrari, über einen Porsche Turbo, über Maserati bis hin // zu einem Peugeot Klassiker. So einen 304 Cabrio. // Ich mag sie eigentlich alle. Also deswegen kann ich mich auch nicht trennen von denen.

Film-Zitat 2: "The Fast and the Furious" (DVD, 2001 [s.o.]) (ab 53:47)

- Whow! - Hab ich zusammen mit meinem Dad gebaut. 900 Pferde, eingepfercht in ein Aggregat aus Detroit. Das ist ein Ungeheuer! // Das Ding hat so viel Drehmoment, dass sich die Karosserie beim Start verbogen hat.

O-Ton 4.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 2:22)

In den 60er, 70er Jahren, wenn man Steve Mc Queen und James Dean // sich in Erinnerung ruft, da war Auto ein Bestandteil der Popkultur. Roadmovies sind da entstanden, // da war einfach dieses Automobile, dieses grenzenlos, schnell Unterwegsseinkönnen auch Inbegriff von Freiheit! Von Ungebundenheit, von Jugend!

3

Musik:

Willie Nelson: "On the Road Again" (1979) (Archiv)

O-Ton 5.:

Nelly (NellyPolitt.wav, 13:44)

Also das ist natürlich schon cool, wenn man sich vorstellt: // Ich kann überall hinfahren, wo ich will, und bin nicht an irgendwelche Zugfahrpläne gebunden oder an irgendein Flugzeug, // hat man // schon das Gefühl, ja, das ist frei sein. Das ist erwachsen sein. Wir gehen einfach mal auf eine Tour, eigenständig, mit dem Auto. Ja? Durch Australien durch. Das ist cool. Das ist frei. // (15:30) Ja. Ich bin weg!

Autor:

Nelly Politt, Schülerin.

O-Ton 6.:

Nelly (NellyPolitt.wav, 14:14)

Aber es ist jetzt nicht so, dass es für mich der Inbegriff von Freiheit ist. Also die Freiheit sehe ich eher im selbstständig Sein, im Ausziehn vielleicht, im neue Sachen Entdecken, im Studieren sehe ich die Freiheit, aber nicht im Auto! // Das ist // jetzt keine große Sache mehr, // also Freiheit ist ja was, // was fast unerreichbar scheint! Und ein Auto, das ist ein Fingerschnipp away!

Film-Zitat 3: "The Fast and the Furious" (DVD, 2001 [s.o.]) (ab 1:41:58)

Für mich zählen bloß noch die Viertelmeilenrennen. Alles andere ist für mich egal. Nur in diesen knapp 10 Sekunden bin ich frei.

O-Ton 7.:

Hoffmann (VWZukunft.wav, 47:16)

Aus meiner Sicht ist es so, dass individuelle Mobilität uns // im Rückenmark steckt. Seit der Steinzeit // sind wir Homo sapiens auf Mobilität getriggert. Wir wollen uns bewegen. Und zwar individuell bewegen. Und mit dem Vehikel Auto haben // wir ein Konzept, wo ich meinen Radius // extrem erweiter. Solange ich nicht im Stau stehe. // Und ich glaube, das steckt in uns! In unseren Genen.

4

Autor:

Hartmuth Hoffmann, der Pressesprecher des größten deutschen Autokonzerns. Und die angehende Philosophin: ...

O-Ton 8.:

Athena Panteos (A40AthenaPanteos1.wav, 3:50)

Ich selber fahre nicht so gerne Auto, weil // ich träume so 'n bisschen immer vor mich hin, und beim Autofahren kann man das nicht. // Dieses ständige Aufmerksamsein // (5:05) passt einfach nicht in mein Leben.

Autor:

Athena Panteos. Der Name verpflichtet; sie fährt nur mal schnell zu ihrem Büro, um die Doktorarbeit weiter zu schreiben. Setzen wir sie dazu spaßeshalber mal in die gute alte Kugel auf Schubkarrenrädern: die BMW-Isetta der 50er Jahre. Rund wie eine Murmel, damit die Gedanken darin die Richtung wechseln können, ohne sich wundzustoßen. Ein Auto, bei dem man trotzdem definitiv nicht in Versuchung kommt abzuheben, der überschaubaren Geschwindigkeit wegen.

O-Ton 9.:

Athena Panteos (A40AthenaPanteos1.wav, 5:50)

Ich entspreche diesem Klischee voll und ganz. // Leider. // Na ja, // dass man immer so ein bisschen verträumt durch die Gegend läuft.

Isetta-Sound hochziehn, kurz freistehn lassen, weiter unterlegen O-Ton 10.:

Athena Panteos (A40AthenaPanteos1.wav, 10:39)

Ist das ne Freiheit, sich mit dem Auto fortzubewegen, oder ist das irgendwie doch eine Last? // Man ist ja gezwungen, mit dem Auto zu fahren, // (8:21) es wird ja von einem verlangt, // dass man bereit ist, einen Job anzunehmen, der irgendwie 50 Kilometer weiter liegt als dort, wo man wohnt, und dann // (12:02) muss man sich schon fragen, ob das eine Freiheit ist oder ob das irgendwie mehr ein Zwang ist!

5

O-Ton 11.:

Loesche-Ter Horst (VWZukunft.wav, 47:02)

Es ist natürlich // Freiheit! // Ich könnte jetzt mich da draußen ins Auto setzen und losfahren. Wohin ich will, mit meinen zwei Koffern.

O-Ton 12.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 31:45)

Die Kinder, // die, // wenn man sie fragt: "wie wollt ihr in Urlaub fahren", grundsätzlich sagen: // "nicht mit dem Auto!", weil sie sich da 10 Stunden, 12 Stunden gefesselt fühlen // in der gefalteten Haltung auf Fahrersitz und Beifahrersitz. // Man ist eine halbe Stunde gefahren und man hat 1000 Kilometer vor sich, und die fragen: "Papa, wann sind wir endlich da?"

O-Ton 13.:

Athena Panteos (A40AthenaPanteos1.wav, 15:40)

Dieses Fortbewegungsmittel passt einfach in dieses Menschenbild. // (15:35) Singledasein. Ja? // (15:57) Man kann selbst bestimmen, was man tut, // ob ich meine Musik anmache oder ausmache, wie viel Grad es in meinem Auto sein soll, // und kann ansonsten mit meinen Gedanken allein sein. Und niemand stört mich da.

O-Ton 14.:

Sven Hannawald (SvenHannawald.wav, 3:36)

Sie haben ja dann teilweise 500 PS, 550 PS, ehm, das ist einfach // ne Gewalt an Kraft, und dass man dann halt doch letzten Endes wirklich derjenige ist, der dann doch irgendwo alles händelt und sagt; "okay, jetzt // kann ich Vollgas fahren und jetzt eben nicht". Nicht dass das Auto jetzt irgendwas selber macht, was es will.

Autor:

Sven Hannawald. Ex-Skispringer. Sprang bis zum Burn-out. Bevor er als Motorsportfahrer im Rennstall des ADAC Unterschlupf fand und nun seine Sinnsuche mit 500 PS fortsetzt.

6

O-Ton 15.:

Sven Hannawald (SvenHannawald.wav, 3:58)

Wenn man // en Auto hat, wo man aufs Gas drückt und das schiebt richtig an, macht's natürlich mehr Spaß. // (2:04) Dass man einfach so die Gewalt von nem Auto irgendwo so bündeln kann und ich's selber im Griff hab. Dass ich halt wirklich mit dem Auto // bei der ganzen Geschwindigkeit und alles wirklich spielen kann.

O-Ton 16.:

Zec (AutoDesignZec.wav, 19:23)

Ja, weil das Auto Ihnen ja Macht gibt, also // (19:57) ich mit einem Sportwagen auf der Autobahn dafür sorgen kann, dass die linke Spur mir gehört. // Macht, // Bewegungsfreiheit, // (22:38) Selbstbestimmung!

O-Ton 17.:

Tom Daub (PorscheKFZMeisterNürburgring.wav, 0:33)

Das ist en Porsche Turbo Modell 964, letzten Endes en Traum jeden Mannes.

Autor:

Tom Daub, Kfz-Mechaniker am Nürburgring.

O-Ton 18.:

Tom Daub (PorscheKFZMeisterNürburgring.wav, 1:49)

Man möchte natürlich auf Zeitenjagd gehn und möchte so schnell wie möglich seine Runden drehn, // und dann geht man schon an die Grenze des physikalisch Möglichen. // Und // dieses Ausreizen // macht den Reiz letztendlich aus.

O-Ton 19.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 43:58)

Ein Porsche ist // ein Ich-Verstärker, // ein Potenz-Verlängerer.

Autor:

Michael Adler, Mobilitätsexperte des ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland.

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O-Ton 20.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 1:50)

Also das Auto gilt schon als Träger von Erotik, von Sexappeal, von Status, // nicht umsonst fahren ja die Mächtigen der Republik gerne auch in grauen, großen Limousinen durch die Gegend, um ihre Macht damit zu unterstreichen.

Zitatorin:

"Vor allem der optisch wuchtige Auftritt! Die Pfunde werden hier nicht schamhaft verschleiert, sondern lässig zur Schau getragen. Und die unübertroffen kantige G-Klasse schüchtert einen mit teutonischer Strenge ein." (Auto Bild Allrad, 3/07)

- Zitat: Deutsche Motorpresse.

O-Ton 21.:

Zec (AutoDesignZec.wav, 0:47)

Von meinem ersten großen Geld, was ich // erarbeitet habe in der Industrie als Student noch, habe ich mir damals einen nagelneuen Triumph Spitfire gekauft. Das war also so für mich das Größte überhaupt. // (17:55) Ich habe es immer bedauert, dass ich meinen Triumph Spitfire nicht mit in die Disco nehmen konnte. Ja? Weil die Mädels wussten einfach nicht, was ich für ein Auto fahre! // Wenn ich die dann erst mal vor die Tür bringen musste, dann war das Spiel gelaufen.

O-Ton 22.:

BMW-Freak (MotorshowBMWFreakToniMono.wav, 3:26)

Ich zeig Ihnen mal 'n Foto. Ja? Soll ich mal 'n Foto zeigen? // Aber nicht von meiner Ex. Die muss ich noch löschen. Wo ist mein Baby? Mhm?

O-Ton 23.:

BMW-Freak (MotorshowBMWFreakToniMono.wav, 3:33)

Da ist doch mein Baby. So. // Das nenn ich en Auto. Er ist fett, er ist breit, hat en geilen Arsch, der ist tief, der hat ne Lenkung, die ist so präzise wie'n Schweizer Uhrwerk, ja? Alle Frauen fliegen drauf! Und verlassen mich darauf. Hahaha. // Die Auspuffanlage, hab ich mir umgebaut von dem F430 GT Ferrari. Ja? So. Ist jetzt kein Witz. Ne? // Die Räder sind auch vom Ferrari.

8

Autor:

Dem gönnen wir jetzt mal was! Diese Begeisterung gepaart mit unerschütterlicher Geschmackssicherheit und wohldurchdachter Urteilskraft – die hat's verdient, auf den Olymp der Glückseligkeit getragen zu werden. Den setzen wir, kaum dass er unser Autoradio verlassen hat, in einen Ferrari. Farbe? Rot. Klar. Rot wie brennende Auspufftöpfe, glühende Bremsscheiben, funkenstiebende Leitplanken. Einen gewundenen Dunststreifen hinter sich herziehend, der sofort auf der Fahrbahndecke festfriert, die hinter seinen heißen Reifen nur kalt, eiskalt sein kann.

O-Ton 24.:

BMW-Freak (MotorshowBMWFreakToniMono.wav, 4:18)

Eh, gucken Sie sich das Ding doch noch mal an! Hehm? Geil, oder? Da krieg ich selber ne Latte! Hehm?

Film-Zitat 4: "The Fast and the Furious" (DVD, 2001 [s.o.]) (16:11 bis 16:26) (höchst lasziv:) Edwin, das gehört

alles dir. Egal, ob du gewinnst. Aber wenn du gewinnst, kriegst du sie auch noch.

O-Ton 25.:

Rudolph Florian (AuspuffTuningFlorian.wav, 2:52)

Männer im Speziellen, // jeder sportliche Fahrer dreht sich um und sagt: // "hört sich doch geil an".

O-Ton 26.:

Hassan Gökduman (AuspuffTuningGökduman.wav, 2:00)

Röhrt.

O-Ton 27.:

Rudolph Florian (AuspuffTuningFlorian.wav, 2:20)

So blubbernd.

Autor:

Hersteller von aufgebrezelten Auspuffanlagen.

9

O-Ton 28.:

Zitatorin:

Hassan Gökduman (AuspuffTuningGökduman.wav, 4:22)

Rohrquerschnitt kleiner, größer, anderes Siebrohr, ne andere Biegung im Schalldämpfer drinne, // (6:23) also erst, wenn man richtig drauftritt, dann erst hört man die Anlage auch richtig. kraftvoll, leichtfüßig, erfrischend agil kompromisslose

O-Ton 29.:

Durchsetzungskraft

Sagen wir mal: der Golf 2-, 3-Fahrer, der will so etwas haben, der will auffallen, // der Fahrer sieht sich halt gerne // mit einem größeren Endrohr als auch starker, protziger Fahrer.

kein Raufbold mit schlechten Manieren temperamentvoll sensationeller Run ganz locker geht seinen eigenen Weg markant, aber moderat

Autor:

Textbausteine aus der Motorpresse: ...

Zitatorin:

ruppig und doch höchst feinfühlig imposante Erscheinung sensibel und besonders clever selbstbewusster Mister Bombastic lässt einfach nur die Muskeln spielen quirlig bis brutal ergreifend samtig

Rudolph Florian (AuspuffTuningFlorian.w av, 5:09)

O-Ton 30.: Tomczyk (ADACTomczyk.wav, 0:41)

Beim einen muss es laut und schnell sein, beim andern muss es elegant sein, und beim andern soll es möglichst sportlich oder // sexy sein. I woiß zwar net, was a sexy Auto is, aber // halt mehr als nur 'n Fortbewegungsmittel von A nach B.

10

O-Ton 31.:

Roadster-Lady (MotorshowSchnelleLady.wav, 0:05)

Ich hab selber en Flitzer, // 'n Z4 Coupé.

O-Ton 32.:

Tom Daub (PorscheKFZMeisterNürburgring.wav, 4:45)

Hier ham wir jetzt grade en 907 GT 2, // mit 620 PS steht der jetzt da, und der hat schon ganz ordentlich Bums.

O-Ton 33.:

Roadster-Lady (MotorshowSchnelleLady.wav, 1:56)

So als Ersatzdroge für irgendwas, was sonst fehlt? Keine Ahnung. Also ich hoffe nicht.

O-Ton 34.:

Nelly (NellyPolitt.wav, 16:05)

Ich liebe es, in der Nacht zu fahren, // das hat ein Gefühl von Freiheit, tatsächlich! // Wouh! // Mit 200 über die Autobahn, das ist schon geil. Ja? // Das bereitet einem schon so ein Kribbeln im Bauch.

Gschwind:

Macht über Nacht und Weg ...

Frau Flott:

... über Nacht und Weg und Finsternis!

O-Ton 35.:

Athena Panteos (A40AthenaPanteos1.wav, 24:14)

Vielleicht ist das Wort Freiheit doch nicht so verkehrt. // Also Freiheit in dem Sinne, dass man // alles machen kann, was man will. // Dass man // - allmächtig ist so ein doofes Wort, // dass man im Stande ist, über Geschwindigkeit zu verfügen, // also auszubrechen aus einem bestimmten Tempo, // aus der Langsamkeit. Und aus dem Trott.

O-Ton 36.:

Roadster-Lady (MotorshowSchnelleLady.wav, 2:42)

Wenn man auf die Autobahn auffährt, ist man der erste, der weg ist, // wo die andern nicht hinterher kommen.

11

Autor:

Malen wir uns diese Roadster-Lady auf dem Bock eines stattlichen Baggers aus, (den sie sofort nach dieser Sendung erklimmt [für den Fall, dass sich die Bagger-Atmo mit dem O-Ton-Hintergrund nicht bindet]).

Die Entdeckung der

Langsamkeit. Und zugleich die Verzückungen entfesselter Polyphemos-Kräfte. Rumorende Power, mit der sie jeden Lamborghini von der Überholspur hieven und auf dem Standstreifen absetzen kann.

O-Ton 37.:

Roadster-Lady (MotorshowSchnelleLady.wav, 0:06)

Weil's Spaß macht. (2:58) U. Land: So locker 200 – ham Se kein Problem mit. Ne? Roadster-Lady: Nee, gar nich. // Bei der 200 ist man ja schnell. // (2:26) Also, haha, ich mein, // natürlich bei // 260 hört der auf, // also es ist ja auch gar nicht immer die Endgeschwindigkeit sondern die Beschleunigung, die der hat.

O-Ton 38.:

Tom Daub (PorscheKFZMeisterNürburgring.wav, 3:06)

Und wenn du da en Ticken zu schnell unterwegs bist, kommt's halt auch schon mal zu Abflügen.

O-Ton 39.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 42:45)

Als ich als 18-, 19-, 20-Jähriger durch die Gegend gerannt bin, habe ich immer in die Windschutzscheibe reingeguckt und auf den Tacho geguckt, und wenn dann da 240 stand, dann fand ich das weit vorne, also das ist das Prinzip Autoquartett! Wir gucken nach den höchsten Werten, und das finden wir dann schick.

O-Ton 40.:

André Schmitt (SoftwareTuningSchmitt.wav, 4:25)

Wir haben ein Kundenfahrzeug, das ist en Polo 6N, das Auto hat früher 45 PS gehabt, jetzt // hat das Auto mit Motorumbau, anderem Turbolader usw. hat dieses Auto weit über 300 PS, // mit 'm Kleinwagen hinter 'nem Ferrari hinterher, // ist halt lustig. // (0:46) Müssen sich wirklich warm anziehen, wenn so 'n Fahrzeug im Rückspiegel auftaucht.

12

O-Ton 41.:

Athena Panteos (A40AthenaPanteos1.wav, 26:38)

Gas zu geben und dann zu merken, wie das Auto sich // an die Straße heftet, und dieses Gefühl, // (27:44) wenn man in den Sitz gepresst wird, und dann, dann geht's auf einmal ab, und man ist frei! Das ist toll. // (28:35) Die Bäume, wie die an einem vorbei//fitschen, -flattern. // (30:19) Dass alles durchgeschüttelt wird - // komische Mischung aus ganz angenehmen und ganz unangenehmen Gefühlen. Also da liegt es ganz nah beieinander.

Zitatorin:

Nach wie vor sind die mit Abstand meisten Delikte, die in Flensburg archiviert werden, Geschwindigkeitsüberschreitungen.

Gschwind:

Jedes Jahr werden über 4 Millionen männliche Verkehrsdesperados geblitzt.

Frau Flott:

zerknirscht

Und etwa eine Million Frauen.

O-Ton 42.:

Sven Hannawald (SvenHannawald.wav, 0:43)

Ist schon, dass da Adrenalin dabei ist, // muss mich konzentrieren auf die wesentlichen Sachen, // man muss sich überwinden, weil man dann doch weiß, es könnt' was passieren, man muss aber trotzdem mit dem Risiko spielen, // um // schnell zu fahren.

13

Autor:

Sven Hannawald. Der Mann hat lange Beine. So richtig lange. Also setzen wir ihn gemeinerweise, (sobald er seinen Radioauftritt hier hinter sich gebracht hat [für den Fall, dass sich die Gogo-Atmo mit dem O-TonHintergrund nicht bindet]),

in ein Gogomobil. Ein Auto, das in die

Westentasche passt. Schräge Ausgeburt karger Jahre. Dem deutschen Skiflieger pendeln die Knie ums Kinn. Und irgendwann dann schnallt er bei der Talfahrt auf dem Brennerpass die Bretter unter die winzigen Räderchen, auf denen die Schachtel übern Asphalt öttert – und Sven der Adler hebt noch einmal zum Höhenflug ab.

O-Ton 43.:

Sven Hannawald (SvenHannawald.wav, 1:35)

Wenn ich mich loslass, weiß ich, // dass es jetzt ernst wird, und // auch beim Autorennen, wenn das Rennen losgeht, // dann weiß ich auch, // dass es jetzt drauf ankommt, sonst geht's in die Hose.

O-Ton 44.:

Sven Hannawald (SvenHannawald.wav, 2:04)

Dass man einfach // alles ausblendet und irgendwo dann wirklich dann nur noch beim Autofahren und // beim Lenken ist. // Wenn ich jetzt ne Gerade entlangballer, und ich hab dann // am Ende // von der Geraden // ne Kurve, wo ich rum muss, // darf ich keine Zeit verschenken, indem ich zu früh brems, ich darf aber auch nicht zu spät bremsen. Das ist einfach so // der Punkt, // die Riesengeschwindigkeit irgendwie dann so im Griff zu haben, dass man da richtig rum kommt, und dass man auch frühzeitig auch wieder aufs Gas gehn kann. // Ähnlich wie // damals beim Absprung am Schanzentisch, dass man wirklich weiß, okay, das muss ich richtig treffen.

Film-Zitat 5: "The Fast and the Furious" (DVD, 2001 [s.o.]) (39:05)

An Motoren ist irgendwas dran, das mich beruhigt.

O-Ton 45.:

Zec (AutoDesignZec.wav, 9:00)

Es gibt // Studien, die zeigen, dass 80 Prozent Kaufentscheidungen nach wie vor über das Design laufen.

der

14

Autor:

Peter Zec. Deutschlands Design-Papst. Grund genug, ihn in eins der fadesten Autos überhaupt zu setzen. Praktisch, kantig, lustlos. Sitze, die an splittrige Kirchenbänke gemahnen. Die Linienführung so fantasievoll wie die Autobahnen, auf denen die Kutsche einherfährt. Eine Beleidigung für jedes Augenlicht. Das einzige, was für Abwechslung sorgt, sind die verschiedenartigen schwarzen Löcher, die der Rost gefressen hat. – Der Passat der frühen 90er Jahre. Und darinnen also der feinsinnige, autobesessene Designprofessor.

O-Ton 46.:

Zec (AutoDesignZec.wav, 4:22)

Man spricht ja interessanterweise beim Auto vom Gesicht! // Da gibt es sozusagen // die charmanten Gesichter, die niedlichen Gesichter, die vielleicht so von Kulleraugen mit den Scheinwerfern und so weiter gebildet werden, und es gibt die brutalen Gesichter.

VW-Passat-Atmo hochziehn, kurz freistehn lassen, weiter unterlegen O-Ton 47.:

Zec (AutoDesignZec.wav, 4:38)

Also so die Haifische, wie so ein Lamborghini oder so, der soll natürlich böse wirken. Wenn der hinter einem auftaucht. Dass der sofort zubeißt. // (5:35) Es gibt Autos, die haben einen breiten Hintern, oder sehen aus wie Matronen, also wenn man z.B. an // einen Megane oder so was denkt, na ja, also das ist eine Mutter mit einem richtig guten Becken, und die vermitteln dann natürlich auch den Eindruck eines Familienfahrzeugs.

Frau Flott:

Im Übrigen aber sehn die Massenkarossen bis zur Ununterscheidbarkeit gleich aus.

Gschwind:

Ganz im Gegensatz zu den Zeiten von Borgward und Rekord, Gogomobil, Ente, Käfer und Trabant.

15

O-Ton 48.:

Zec (AutoDesignZec.wav, 26:59)

Die Formenvielfalt in den fünfziger Jahren, // das war eigentlich so eine Phase des Suchens. // (38:55) Also wenn Sie mal an die Klorollen im Auto denken, die da mit wunderbaren Häkelarbeiten dann liebevoll hinten in der Ablage drapiert wurden. Ja? Da war das Auto ein Familienangehöriger.

Frau Flott:

Nur konsequent, dass das Auto in den 60er/70er Jahren dann zur politischen Bildfläche wurde. Über und über mit Gesinnungsoffenbarungen, ideologischen Bekenntnissen und gesellschaftsrelevanten Messages beklebt.

Gschwind:

Oder als Pop-Art-Objekt in Bürgerschreckmanier.

O-Ton 49.:

Zec (AutoDesignZec.wav, 35:41)

Ich denk mal an diesen // in Regenbogenfarben angemalten RollsRoyce von John Lennon. Das war 'n Bruch mit dem Establishment. // Das Auto ist das Statussymbol schlechthin. Und // dann greife ich // die Gesellschaft in ihren sensibelsten Werten an. Und rufe Kopfschütteln hervor. Sogar Ängste, ja? // Interessanterweise lebt das noch ein bisschen weiter, // indem preiswerte Autos // aufgestellt werden, // wo dann drauf steht, wo man // das eine oder andere einkaufen kann, also // transportable Werbeflächen, // das hätte sich so ein John Lennon natürlich auch nicht träumen lassen, dass also dieser Bruch mit dem Establishment // zur Werbefläche im Suburb bei der Stadteinfahrt wird.

Frau Flott:

Die Zeiten, als das Auto die Freiheit bot, damit für die Freiheit einzutreten, sind gründlich vorbei.

Gschwind:

Deshalb auch kommt das Design uniformiert daher.

Frau Flott:

Die Selbstverständlichkeit des Stinknormalen bringt auch die Designer um ihre Freiräume.

16

Gschwind:

Ikone der Klassengesellschaft indes ist das Auto geblieben.

O-Ton 50.:

Nelly (NellyPolitt.wav, 3:50)

Kürzungsoption

O-Ton 51.:

Also mein Onkel ist ein begabter Kapitalist und möchte gerne allen zeigen, wie viel Geld er denn hat, // und da ist natürlich das Auto das erste Anzeigemittel. // Also er hat eine Familie. Und der wollte auf keinen Fall ein familientaugliches Auto. // (4:54) Okay, dann ist er los, und hat sich einen gebrauchten BMW erst mal besorgt, war aber dann doch nicht so cool, // sah nicht so bonzenmäßig aus, wie er das eigentlich wollte; // jetzt hat er // als siebtes, achtes Auto oder so einen Audi A5, das schickste und neueste Modell, das es gibt, in schwarz, mit allen möglichen Lichtern und Lämpchen, Elektronik.

BMW-Freak (MotorshowBMWFreakToniMono.wav, 0:20)

Wir gucken auf'n Porsche, der richtig hässlich is, // weil das Liniendesign von' ganzen Auto einfach nur verschissen is. // Die Front passt nicht zu der Seitenlinie, // das Auto ist zu hoch einfach. // (2:14) Das ist Schrott, eh. Die Farbe passt nicht, die Scheinwerfer passen nicht, // die LED-Dinger sehn aus, als wenn sie vom Aldi kommen, // die Außenspiegel sehn wie dahingeschissen aus, da war der Designer besoffen! // Jetzt mal ganz im Ernst. Ein Scheibenwischer hinten beim Porsche! Das ist das gleiche, als wenn ich beim Ferrari ne Anhängerkupplung dranbaue.

O-Ton 52.:

Uhlendorf (MotorshowUhlendorf.wav, 3:53)

Also es gibt im Prinzip keine Grenze. // Der Nagellack der Frau kann die Außenlackierung sein, die Nagellackfarbe, und das Leder der Handtasche // ist dann im Innenraum eingebaut.

Autor:

Martin Uhlendorf, Direktor der Essener Motorshow, der größten Auto-Tuning-Messe Europas.

17

O-Ton 53.:

Uhlendorf (MotorshowUhlendorf.wav, 4:33)

Wenn wir jetzt auf die richtigen Modelle gehn, dann ist man natürlich schnell im Bereich, wo sich andere halt Einfamilienhäuser für kaufen. // (9:40) Der Versicherungswert einiger Fahrzeuge // liegt zwischen 5- und 10-Millionen Euro, d.h. den Wert kann man nur grob hochschätzen, aber dürfte sich im dreistelligen Millionenbereich bewegen.

O-Ton 54.:

BMW-Freak (MotorshowBMWFreakToniMono.wav, 1:27)

Aggressiv und bullig! Das ist für mich ein schickes Auto! // Der muss breit sein. Wenn man den in' Rückspiegel sieht, muss man Angst bekommen. Verstehen Sie, was ich meine? So! // Allein der Sound! // Ja? Wenn ich einen Lamborghini hinter mir habe, da kriege ich Angst. Ja? Da fahr ich von ganz allein auf die Seite. Bei Porsche, soll ich Ihnen was sagen, da tut sich gar nix bei mir. Da tut sich nichts in der Hose, da tut sich nichts! So. Und bei Lamborghini und Ferrari, da // hört man: brrrrem! Und hier: bbbb.

Gschwind:

Und mit all dem soll jetzt Schluss sein?

Frau Flott:

Gut, die Ressourcen werden knapp, das Klima röchelt, die Städte werden vom implodierenden Verkehrsmoloch überrollt, aber geht das überhaupt, dass die Automobilität ins Stocken kommt ...?

Gschwind:

... nicht nur vorübergehend: im Stau oder vor der Ampel, sondern endgültig?!

Frau Flott:

Immerhin haben wir eine gigantische Infrastruktur bereitgestellt, Autobahnen gebaut und ausgebaut, irrsinnige Ressourcen an fossilen Energieträgern verbraucht, die Luft verraucht, Landschaften und Stadtviertel zerschnitten, unsere Gehörgänge mit Permanentradau gepflastert.

18

Film-Zitat 6: "The Fast and the Furious" (DVD, 2001 [s.o.]) (40:40)

Ein Gebet für die Autogötter, Mann!

O-Ton 55.:

Tomczyk (ADACTomczyk.wav, 2:10)

Wenn wir kein größeres Problem hätten als den Schadstoffausstoß bei den Automobilen, dann wär's schön.

Autor:

Hermann Tomczyk, Präsident der Motorsportabteilung des ADAC.

O-Ton 56.:

Tomczyk (ADACTomczyk.wav, 2:36)

Muss // schon a bisserl erlaubt sein, zumindest individuell zu sagen: paar Liter Sprit mehr oder weniger sollten doch drin sein!

Zitatorin:

Der Verkehrssektor rangiert in Deutschland unter den Emissionsverursachern – nach dem Energiesektor – an zweiter Stelle. 16% des Ausstoßes von Treibhausgasen geht auf sein Konto.

Gschwind:

Bei enormen weltweiten Wachstumsraten.

Frau Flott:

Und der Stoff, aus dem die Fahrträume sind, ist endlich!

Gschwind:

Seit vor knapp 40 Jahren der Club of Rome "die Grenzen des Wachstums" zu beziffern versuchte, streiten sich die Geister, wie lange die Erdölquellen auf dem Globus wohl noch sprudeln. Nicht wenige Experten glauben, dass das globale Erdöl-Fördermaximum bereits überschritten wurde.

19

Zitatorin:

Seit 2005 hat die weltweite Erdölförderung mit knapp vier Milliarden Tonnen pro Jahr keine nennenswerten Zuwächse mehr zu verzeichnen. Im Krisenjahr 2009 wurden sogar mehr als 100 Millionen Tonnen weniger gefördert als im Jahr zuvor.

Mittlerweile geht man davon aus, dass nach heutigem Stand der fördertechnischen Möglichkeiten die weltweiten Erdölreserven 40, 50, maximal 100 Jahre reichen.

Gschwind:

Nicht eingerechnet sind durch technisches Versagen sich ins Meer erbrechende Bohrinseln.

Frau Flott:

Und nicht eingerechnet ist der explodierende Erdölbedarf Chinas, Indiens und anderer Schwellenländer.

Gschwind:

Kann also sein, dass noch zu Lebzeiten der ersten Generation, die durchweg mit dem Auto groß wurde, dem Spritauto das letzte Stündlein schlägt.

O-Ton 57.:

Tomczyk (ADACTomczyk.wav, 2:57)

Nee, nee, überhaupt net, // (3:48) Ferrari ist, glaub ich, für jeden ein faszinierendes Auto. Ob der heute noch in unsere Landschaft passt oder net, muss a jeder für sich entscheiden. Nur deswegen bleibt er schön und klassisch. Und wer domit fährt, dem sei's dann immer noch freigestellt. Also // bei dem kleinen Prozentsatz, der sich die Liebhaberei gönnt, glaub ich, muss man auch mol a bisserl toleranter sein.

20

O-Ton 58.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 20:12)

New York hat den Times Square, den Platz schlechthin, // vor anderthalb Jahren teilweise auto-befreit, // die Autofahrer ham erst mal entsetzt reagiert, aber innerhalb von wenigen Minuten war der Platz geflutet mit Menschen. Da stehn jetzt Liegestühle, da gibt's Cafés, da spielen Kinder, da gibt's Musik, // wo vorher nur Gehupe, Abgase und Krach waren. Und das ist was, was man in London, // in Paris, // in Amsterdam und Kopenhagen beobachten kann, deutsche Städte hinken da noch en ganzes Stück hinterher.

folgend im Auto:

Frau Flott:

Aber in Deutschland gibt es auch erste versprechende Pilotprojekte.

Gschwind:

Etwa im niedersächsischen Bohmte, das 2008 als erste deutsche Gemeinde mit EU-Mitteln einen so genannten "Shared Space" installierte.

Frau Flott:

Bei der Hauptverkehrsstraße sind im Ortskern auf einer Länge von einem halben Kilometer alle Ampeln und Verkehrsschilder abmontiert worden. Es gibt keine abgegrenzte Fahrbahn mehr, keinen Bürgersteig, keine Bordsteinkante und keine ausgewiesenen Parkbuchten. Die Pflasterung von Gehweg und Fahrbahn geht nahtlos ineinander über.

Kfz-Atmo: harter Schnitt O-Ton 59.:

Hilbrecht (BohmteGoedejohannHilbrecht.wav, 2:07)

Auf der Strecke durch den Shared Space-Bereich // fahren tagtäglich 12.000 Fahrzeuge und ungefähr 1000 bis 1200 // Schwerlastverkehr. Das ist ziemlich viel Lärm, war's gewesen vor dem Umbau, // Anfahren, Bremsen, Quietschen, Geholter, Gepolter auf der Straße, das ist dort weg.

21

Autor:

Peter Hilbrecht, Polizeibeamter im Ruhestand und Ratsherr in Bohmte. Und Bürgermeister Klaus Goedejohann.

O-Ton 60.:

Goedejohann (BohmteGoedejohannHilbrecht.wav, 3:53)

Der Verkehr rollt langsamer und flüssiger durch diesen Bereich, // (26:00) also der Ort hat sich einfach verändert.

Autor:

Den beiden geben wir je ein renntaugliches Bobbycar an die Hand. Nun ist es aber nicht getan, dass die Herren zum Wettrennen gegeneinander antreten und die Shared-Space-Straße hinunterheizen. Ihre exquisite Herausforderung besteht darin, die beiden Bobbycars zunächst in Stellung zu bringen und sechs, sieben aufeinander gestapelte Bierbänke wie einen Brückenträger quer über die beiden Bobbycarsattel zu legen. Mithilfe dieses Gespanns sind sodann sechsundachtzig Bierbänke vom Lagerschuppen hinterm Rathaus bis zum zentralen Dorfplatz zu transportieren. Aber a tempo! Die Ongoing-Forever-Straßenparty kann nicht länger auf sich warten lassen.

O-Ton 61.:

Goedejohann (BohmteGoedejohannHilbrecht.wav, 4:09)

Wir haben // Nutzer dieses Bereiches interviewt, // und wir haben dort einen Zustimmungsfaktor von etwa 80 %! // (25:25) Wir nutzen diese Fläche auch für verschiedene Veranstaltungen, der Weihnachtsmarkt findet dort jetzt über die Straße hinweg statt, // dort ist ein kleines Café entstanden mit Außengastronomie, also der Ort hat sich einfach verändert.

22

O-Ton 62.:

Hilbrecht (BohmteGoedejohannHilbrecht.wav, 7:21)

Der Verkehr läuft! Der läuft echt! // 2006 // hatten wir Verkehrsunfälle gehabt mit ungefähr 260.000 € Schaden, und im Jahre 2009 // hatten wir noch 15 Unfälle, aber keinen Personenschaden und knappe 95.000 Schaden. // Von den 15 Unfällen // waren 11 Unfälle: Rückwärtsfahren gegen // Straßenlaternen. // (18:03) Es ist ein gepflasterter Teil, automatisch // wird abgebremst, ja, // 30, 35 km/h. Sicher, wenn kein dichter // Verkehr ist, // wird auch flott drübergefahren. 50. Warum nicht, wir haben ja keine Geschwindigkeitsbegrenzung dort. // Goedejohann: Da wir ja nun keine Schilder aufgestellt haben, ist auch nichts verboten.

Frau Flott:

Der so hinterhältige wie erfolgreiche Trick beim Shared Space: Es ist Tempo 30 angesagt, aber wir verraten's euch nicht.

Gschwind:

Es wird nicht verkündet, und also halten sich alle dran.

O-Ton 63.:

Hilbrecht (BohmteGoedejohannHilbrecht.wav, 18:38)

Muss ich natürlich dann mit der Geschwindigkeit dann runter gehn. Kann ich nicht blind drauf losfahren, // piano, // man wartet halt, gibt das Handzeichen, // das Gleiche ist, wenn unsre Kinder da stehn. // (40:53) Aber sobald dieser // gepflasterte Bereich verlassen worden ist, geht es natürlich dann wieder aufs Gaspedal drauf.

Gschwind:

Aber die Bremsmanöver, die der Shared Space evoziert, bedeuten – widersinniger Weise – einen Rückgewinn an automobiler Freiheit.

Frau Flott:

Der Automobilist wird nicht länger gegängelt von Verkehrsschildwäldern, Parkleitsystemen und Verkehrsflussbegradigungen.

Gschwind:

Nachdem man ihn jahrzehntelang für dumm verkauft und für nicht fähig zur Rücksichtnahme befunden hat.

23

Frau Flott:

Und der Shared Space gewinnt weiter Raum: ...

Zitatorin:

Mehrere Ruhrgebietsstädte, aber auch Berlin und Hamburg planen oder realisieren derzeit verschiedene Variationen des Konzeptes.

Frau Flott:

Es zeigt sich ohnehin, dass beim Tempo der Landfahrzeuge keine Steigerung mehr drin ist. Die Geschwindigkeit von Formel-1Rennwagen stagniert. Selbst bei den hochgezüchtetsten HighspeedKarren scheint das Ende der Fahnenstange erreicht.

Autor:

Eine langgestreckte, nadelspitze Möhre. Die Hinterreifen: breit wie hoch. Dazwischengeklemmt der Motor. Während vorne an der Möhrenspitze zwei Seifenkistenräder mit spargeldünnen Speichen baumeln.

O-Ton 64.:

Uhlendorf (MotorshowUhlendorf.wav, 8:07)

Ja, das sind die Dragster der beiden schnellsten Brüder Europas, von Dennis und Timo Habermann, // die Fahrzeuge haben ne Leistung von 3500 PS und ne Beschleunigung von 0,8 sec auf 100, // bei nem Topspeed von 420 Stundenkilometern. Das ist vom Gefühl her fast mit nem Jet zu vergleichen.

Zitaorin:

Der absolute Geschwindigkeitsrekord eines Räderfahrzeugs wurde bereits 1965 mit 967 km/h auf einem US-amerikanischen Salzsee ausgestellt und seither nie wieder geknackt.

Gschwind:

Wie's aussieht, bekommen wir Tempojunkies uns auf der Erdkruste einfach nicht mehr schneller fortbewegt.

24

Frau Flott:

Aber die größten Geschwindigkeitskiller hierzulande sind weder die Grenzen der Fahrzeugleistung noch die Geschwindigkeitsschilder, sondern: die Staus!

O-Ton 65.:

Athena Panteos (A40AthenaPanteos2.wav, 2:14)

Dann hat man die individuale Freiheit, die man grade damit gewonnen hat, dass man sich ins Auto gesetzt hat, wieder verloren, denn man kommt // nicht raus aus dem Stau, // man kann nicht umkehren, man kann nicht aussteigen, man kann nicht irgendwie abbiegen oder so, sondern man steckt fest. Und muss einfach warten, // man ist in der Zeit // zurückgeworfen.

O-Ton 66.:

Athena Panteos (A40AthenaPanteos2.wav, 13:51)

Das ist doch unglaublich, oder? –, // wenn ich sehe, dass auf der anderen Seite die Leute im Stau stehn auf der Autobahn, ist schon eine gewisse Art von Befriedigung: // (14:28) "ha, die haben Stau, aber ich nicht." // Das ist Schadenfreude pur. // Das befreit // alle Schlechtigkeiten des Menschen. Kommen auf einmal heraus und // werden ausgelebt.

Gschwind:

Deutschland ist das einzige Industrieland, das kein grundsätzliches Tempolimit auf Autobahnen erlassen hat.

Zitatorin:

Laut Berechnungen des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie würde die Einführung eines Hundert-Kilometer-Limits auf den Autobahnen den Benzinverbrauch um 20 bis 30 % senken.

O-Ton 67.:

Schreckenberg (VerkehrsphysikSchreckenberg.wav, 25:26)

Probieren wir's mal mit Tempo 30!

25

Frau Flott:

Die einfachste und kostengünstigste, weil ohne jeden technischen Mehraufwand auskommende Methode der Klima- und Verkehrskollapsprävention: ...

Gschwind:

... das finale Tempolimit allüberall für jedermann!

Zitatorin:

In NRW, einem der verkehrsreichsten Bundesländer, beträgt die durchschnittliche Kfz-Fahrgeschwindigkeit: 31,6 km/h.

O-Ton 68.:

Metin Tolan (PhysikMetinTolan.wav, 23:21)

Tempo 30 braucht man // nicht einzuführen, das haben wir ja schon.

O-Ton 69.:

Metin Tolan (PhysikMetinTolan.wav, 24:25)

Tempo 30 // würde allerdings unserem individuellen Verständnis von Mobilität gar nicht entsprechen. // (25:15) Das // würde das Auto // karikieren. // (24:34) Der Deutsche lässt es ja nicht mal zu, sich auf Tempo 100 zu beschränken. Ja, das ist ja schon der Untergang des Abendlandes.

O-Ton 70.:

Schreckenberg (VerkehrsphysikSchreckenberg.wav, 25:35)

In der Tat ist es so, dass man dann die Verkehrstoten deutlich reduzieren könnte, ja fast auf null herunter.

Autor:

Michael Schreckenberg, Verkehrsphysiker.

26

O-Ton 71.:

Schreckenberg (VerkehrsphysikSchreckenberg.wav, 26:08)

Man würde auf den Autobahnen // die hohen Sicherheitsvorkehrungen // sparen, // man brauchte keine Schilder mehr für Tempolimits, man könnte auf längeren Reisen // Übernachtungen einplanen, das würde die Hotelindustrie anfachen.

O-Ton 72.:

Hilbrecht (BohmteGoedejohannHilbrecht.wav, 49:16)

Also ich möchte da schon da, wo ich es darf, Gas geben, // also da halte ich nichts von. // Außerhalb: 30! Stellen 'sich mal vor!

O-Ton 73.:

Roadster-Lady (MotorshowSchnelleLady.wav, 5:31)

Dann würd ich lieber Fahrrad fahren. Hahaha. // Finde ich ganz schrecklich, langsames Autofahren, // unglaublich langweilig und ermüdend.

O-Ton 74.:

Schreckenberg (VerkehrsphysikSchreckenberg.wav, 27:07)

Da gibt es eine Studie aus Schweden, // dass das außerordentlich schwierig ist, sich dann noch darauf zu konzentrieren. Die Menschen dort sind sehr aggressiv geworden. // Das wurde elektronisch runtergeregelt, man hatte keine Chance, das zu überschreiten.

Film-Zitat 8: "The Fast and the Furious" (DVD, 2001 [s.o.]) (ab 11:48)

Und eins, was Edwin genau weiß, ist: Dass es nicht nur drauf ankommt, wie einer neben seinem Wagen stehn kann, sondern wie er mit ihm fahren kann.

Zitatorin:

Alternative eins: Strom statt Sprit!

27

Frau Flott:

Mitten in der Finanzkrise haben die Produzenten irdischer Fortbewegungskapseln einen geradezu wütenden Elektro-Auto-Hype losgetreten. In diesen Zeiten angeschlagener Autobauer, revolutionserschütterter Petrol-Märkte im Orient und preisgedeckelter Stromkonzerne werden elektrische Vehikel als die Hoffnungsträger schlechthin aufgebaut.

Gschwind:

Aber: Woher soll der ganze Strom kommen?

O-Ton 75.:

Metin Tolan (PhysikMetinTolan.wav, 4:36)

Aus der Steckdose. Nur wie er zur Steckdose kommt, das ist natürlich die spannende Frage.

Autor:

Metin Tolan, Physiker.

O-Ton 76.:

Metin Tolan (PhysikMetinTolan.wav, 4:40)

Ist bei uns im Augenblick natürlich so, dass wir auch aus fossilen Energieträgern den Strom erzeugen. // Und aus erneuerbaren Energien kommt er eben noch nicht.

O-Ton 77.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 10:45)

Was ich // als ärgerlichen Etikettenschwindel bezeichne: // (11:00) wir haben 550 g CO2 rund pro Kilowattstunde in unserem deutschen Strom-Mix, wenn man mal von 20, 25 kWh ausgeht, was ein EMobil auf 100 km braucht, dann ist man eben schnell bei 120, 130 g CO2; was fossile Autos im Moment auch verbrauchen; da gibt's schon bessere.

O-Ton 78.:

Metin Tolan (PhysikMetinTolan.wav, 5:33)

Und das Zweite ist aber, // Sie müssen den elektrischen Strom ja im Auto speichern. // Mit unseren heutigen Batterien schlicht und ergreifend // unmöglich, // (6:06) dass wir vernünftige Reichweiten haben, // an die wir uns ja gewöhnt haben.

28

Frau Flott:

Einem Sondersondermodell gelang im Oktober 2010 die Fahrt von München bis in den Vorgarten des Bundesverkehrsministers in Berlin. 605 Kilometer: einsamer Weltrekord! Bei serientauglichen Modellen geht man von höchstens 150 Kilometern aus.

Gschwind:

Gesetzt den Fall: Das Autoradio schweigt und man muss weder Scheibenwischer noch Scheinwerfer noch Heizung bemühen. Jedes Grad Wärme im Innenraum steht in direkter Konkurrenz zur Länge der Strecke, die man auf einen Ritt zurücklegen kann.

O-Ton 79.:

Metin Tolan (PhysikMetinTolan.wav, 6:13)

An der Batterietechnologie wird sich dieses ganze Feld Elektromobilität entscheiden, erstens wie schnell werden Batterien entwickelt, die wirklich brauchbar sind, und zu welchen Kosten passiert das.

Autor:

Metin Tolan muss bei diesem altersschwachen Taunus 12M, in den wir ihn vorstellungshalber spaßeshalber setzen, einfach nur den Blick nach vorne werfen. Ganz nach vorne. Auf die Mitte der wellenförmig gewölbten Motorhaube. Und er sieht die Welt. Sieht die Welt kugelrund. Ein Globus als Galionsfigur. Für den Physiker eine ständig nagende Herausforderung: Wie bis ans Ende der Welt, ans Ende der Kugel kommen?!

O-Ton 80.:

Metin Tolan (PhysikMetinTolan.wav, 6:47)

Für ein Auto würde man // sehr große, sehr viele Akkus benötigen, und wenn Sie da so eine ganze Flotte eines Industrielandes ausstatten würden, hätte das große Konsequenzen // für den Rohstoff Lithium.

29

Frau Flott:

Der steht mit weltweit knapp 7 Millionen Tonnen keineswegs unbegrenzt zur Verfügung.

Gschwind:

Und Metalle wie Lanthan, die für die starken Magneten im E-Motor benötigt werden und die man unter dem Begriff "Seltene Erden" zusammenfasst, machen sich – nomen est omen – rar.

Frau Flott:

Die Weltförderung der "Seltenen Erden" kommt derzeit zu 97% aus China.

Gschwind:

Seit 2005 aber hat China – mit der Begründung, seinen eigenen, wachsenden Bedarf decken zu müssen – den Export Jahr für Jahr um fünf bis zehn Prozent gedrosselt, in der zweiten Jahreshälfte 2010 sogar um 72 Prozent! Und es steht zu fürchten, dass die Exportquoten noch weiter reduziert werden. (vgl. Frankfurter Rundschau, 27. 10. 2010)

Frau Flott:

Was alles, versteht sich, auf den Preis durchschlägt. Der Akku eines Elektrofahrzeugs kostet immer noch fast so viel wie ein kompletter Kleinwagen.

O-Ton 81.:

Metin Tolan (PhysikMetinTolan.wav, 11:50)

Sicherlich wäre es schön, möglichst schnell von den Verbrennungsmotoren weg zu kommen. Wenn wir jetzt alle // Umweltaktivisten wären, würden wir das natürlich // tun. Sind wir aber nicht. Sondern wir sind alle Ökonomen. // Und wenn // man jetzt also parallel // das Elektroauto einführen will, dann ist meine Prognose, das wird nicht funktionieren. // Sie können es natürlich versuchen mit Subventionen, ich glaube, das ist aber alles verfeuert.

30

Zitatorin:

Das 2010 von Mitsubishi als erstes in Großserie produzierte Elektroauto kostet stolze 35.000 €. Reichweite 130 Kilometer.

Gschwind:

Grade mal von Stuttgart bis Mannheim, sofern man nicht in einen Stau gerät.

Frau Flott:

Und sofern es, wie gesagt, weder regnet noch dunkel noch kalt ist.

Gschwind:

Und: Wie soll der Strom ins Auto kommen?

Frau Flott:

Man fährt ja nicht mal eben an die Tankstelle und nach 5 Minuten mit vollem Tank wieder los. Der Aufenthalt an der Stromladesäule – das zieht sich!

O-Ton 82.:

Schreckenberg (VerkehrsphysikSchreckenberg.wav, 44:30)

Ich möchte dann mal sehen die Schlägereien, die stattfinden, damit ich an eine dieser Säulen für mehrere Stunden komme.

Gschwind:

Es sei denn, an den Tankstellen werden die erschöpften kurzerhand gegen frisch geladene Akkus getauscht.

Frau Flott:

Das würde allerdings bedeuten, dass mindestens die doppelte Anzahl Akkus hergestellt werden muss. Ein gigantischer Aufwand an Rohstoffen und Produktionsenergie.

31

O-Ton 83.:

Metin Tolan (PhysikMetinTolan.wav, 8:50)

Die nächste Stufe wäre, dass auf unseren Parkplätzen Induktionsschleifen liegen, so dass man die Batterie, während ich das Auto da parke, einfach auflädt. Das ist technisch möglich. Das ist gar nicht die Frage. Wir müssten nur all unsere Parkplätze ausrüsten.

Frau Flott:

Heute bereits sind Induktionsschleifen beispielsweise vor Ampeln oder Parkhausschranken in die Straßendecke eingelassen, um entsprechende Impulse auszulösen. Induktionsschleifen, die ein ladefähiges Magnetfeld aufbauen, müssten allerdings um ein Vielfaches höhere Leistungen erbringen.

Gschwind:

Und würden einen enormen Kupferverbrauch bedeuten.

Zitatorin:

Ein Technologieinstitut in Südkorea führt derzeit entsprechende Test durch. Dort sind die Magnetstreifen im Straßenbelag bis zu einem Meter breit und mehrere hundert Meter lang.

Gschwind:

Und die Ladeverluste bei diesem indirekten Verfahren sind nicht unerheblich.

Frau Flott:

So oder so ist – jedenfalls beim derzeitigen Stand der Technik – unbestritten, dass Elektromobilität einen nachhaltigen Rückschritt bedeutet: Die Autonomie des Automobilisten wird enorm zurückgefahren. Er wird eben nicht mehr wie bisher locker mal eben Hunderte von Kilometern weit fahren können.

Gschwind:

Es sei denn: ...

32

O-Ton 84.:

Metin Tolan (PhysikMetinTolan.wav, 9:07)

Die Krönung wäre, dass // diese Induktionsschleifen sich in unseren Straßen befinden. // Dann könnte das Auto // während der Fahrt aufgeladen werden. // Das wäre der größte Traum, // würde natürlich einen kompletten Neubau unseres Straßennetzes erfordern. Deshalb ist der Traum der relativ utopisch.

Frau Flott:

Die Autobahn würde zur Kupferbahn, wo Autos auf unsichtbaren, in den Asphalt eingelassenen elektrischen Schienen fahren.

Gschwind:

Ein schienengebundenes Fahrzeug – hatten wir das nicht schon mal?!

Frau Flott:

Man würde über extra gekennzeichnete Strecken fahren, um aufzuladen, und könnte nach dem Abfahren den mitgeführten Akku anzapfen. So dass man mit seiner Fahrkapsel ausscheren darf, wenn man genug geladen hat und sich in einer Nebenstraße verlieren möchte.

Gschwind:

Muss dann allerdings peinlichst drauf achten, rechtzeitig wieder auf die Induktionsstrecke zu kommen.

Film-Zitat 9: "The Fast and the Furious" (DVD, 2001 [s.o.]) (ab 21:38)

Und eins wird dir jeder richtige Rennfahrer sagen: Egal, ob du einen Inch oder eine Meile Vorsprung hast, gewonnen ist gewonnen. // (14:13) Fahren wir! etliche abfahrende Sportwagen

O-Ton 85.:

Mueller-Pietrella (VWZukunft.wav, 65:42)

Das ist das Centerbüro hier in der Konzernforschung, // ein weißer Raum // mit einem weißen Tisch und einem weißen Blatt Papier. Eigentlich mit einem großen Nichts. Ne?

33

Autor:

Der Biologe Wolfgang Mueller-Pietrella. Leiter der Zukunftsforschung bei VW.

O-Ton 86.:

Mueller-Pietrella (VWZukunft.wav, 65:50)

Ein Raum, der zur Kreativität irgendwie anregen soll, dass Ideen eben gesucht und gefunden werden.

Autor:

Abgesehen von einer aufwändigen Lichtanlage ist das einzig Besondere in diesem Kreativitätslabor eine Kaffeetheke und zwei Drehsessel in schreiendem Orange. Ansonsten ganz normale Büroarbeitsplätze mit ganz normalen Bildschirmen. Unser Vorschlag also: Wir schicken den ganzen Laden auf Reisen. In einem VWBus T1 Samba von 1951. Mit geteilter Windschutzscheibe, dafür aber mit acht in den Rand des Autohimmels geschlitzten Lichtluken und mit einer saugnapfbestückten Vergissmeinnicht-Vase an der Heckscheibe. Wo auf zerschlissenen Polstern Trendforscher und Trendsetter hin- und herrutschen und Zukunftsvisionen wie Blitzschläge durch den fahrenden Raum zischen. Wo man die Türen so lange verschlossen halten kann, bis die ultimative Utopie in Sachen automobile Freiheit ausgebrütet ist.

O-Ton 87.:

Mueller-Pietrella (VWZukunft.wav, 70:44)

Es geht darum, dass wir // prüfen, inwieweit unsere Ideen // für // (70:48) Zukunftsszenarien // (71:28) geeignet sind. // Dazu muss es // ne Vergleichbarkeit der Sprachen geben. Der technischen Sprache mit der gesellschaftlichen Sprache. Ne? Und diese Übersetzungsarbeit, die wird hier gemacht.

Autor:

Im Klartext: In dieser Ideenschmiede des größten deutschen Autokonzerns sind die Herrschaften mit der Optimierung interner Kommunikationsabläufe befasst.

34

Zitatorin:

"Die Autoindustrie hat nichts kapiert. Statt neue Ideen zu entwickeln, versucht man nur, besser als die Konkurrenz zu sein. Reine technische Inzucht!" (WAZ, 22./23. 1. 2011)

- Daniel Goeudevert [Aussprache?], Essayist und ehemals Topmanager bei VW.

Gschwind:

Die einzige Zukunftsfrage, die die PS-Branche wirklich bewegt, scheint die zu sein, wie man es hinkriegt, dass unterm Vorzeichen der allenthalben angezeigten ökologischen Beschränkungen trotzdem möglichst viel von der automobilen Freiheit gerettet werden kann.

Frau Flott:

So dass die Hauptmotivation, ein Auto zu kaufen, bleibt!

Gschwind:

Die raffiniertesten Ingenieure tüfteln in orangefarbenen Sesseln aus, wie man die Scheinwerfer statt eckig mandelaugenförmig gestalten kann, um die gesättigten Märkte noch mal in Wallung zu versetzen.

Frau Flott:

Das höchste der Gefühle ist das Ausloten von Hybrid-, Halb- und Zwischenlösungen.

Film-Zitat 10: "The Fast and the Furious" (DVD, 2001 [s.o.]) (40:15 bis 40:40)

- Lieber Gott // im Himmel. Wir danken dir für die Erfindung der direkten Lachgaseinspritzung, des Four-core-Intercoolers, des kugelgelagerten Turboladers und für die Ventilfeder aus Titan. - Amen. - Amen.

35

Zitatorin:

Alternative zwei: Doppelt gemoppelt.

O-Ton 88.:

Loesche-Ter Horst (VWZukunft.wav, 57:15)

10, 15 Jahre, dann werden sicherlich die meisten Motoren in irgendeiner Weise mit einer gewissen Elektrifizierung kombiniert sein ...

Autor:

Tobias Loesche-Ter Horst, leitender Forschungsingenieur in Sachen Antriebstechnik bei VW.

O-Ton 89.:

Loesche-Ter Horst (VWZukunft.wav, 25:50)

... ich kriege dann verschiedene Funktionen, eine ganz wesentliche ist, dass ich // in der Bremsphase nicht mehr // einfach die Energie vernichte, sondern mit dem E-Motor generatorisch bremse, also Bremsenergie rückgewinne, und diese // im nächsten Beschleunigungsvorgang wieder einsetzen kann. Ich speichere das Ganze in der Batterie zwischen.

O-Ton 90.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 12:38)

Man hat einfach de facto, wenn man jetzt mit dem neuesten Prius unterwegs ist, 89 g CO2 auf einen Kilometer; im Schnitt hat die deutsche Flotte immer noch 160 Gramm, also fast das Doppelte.

Autor:

Michael Adler, dem Umweltbedenkenträger unter den Verkehrsexperten, welches Gefährt könnten wir dem angedeihen lassen? Ein Buick Roadmaster! USA, 1949. Pink-violett gespritzt, mit silbernen Sternchen gesprenkelt. Die Schnauze eines Bartenwals, rücklichtleuchtende Haifischflossen hinten, Radkästen wie halb geschlossene Augenlider, raffinierter Hüftschwung, busenweich geschwungene Motorhaube, leuchtende Kugelaugen. Und was diese Chaise vertilgt, spottet jeder Zapfsäule.

36

O-Ton 91.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 13:00)

Das Problem ist, // dass Hybrid-Autos, weil sie eine doppelte Technik beherbergen müssen, auch besonders schwer sind.

Frau Flott:

Was selbstredend auch bei der Herstellung den Energie- und Rohstoffaufwand erhöht.

Gschwind:

So dass der Erfolg in der Gesamtökobilanz noch nicht wirklich ausgemachte Sache ist.

Zitatorin:

Alternative drei: In der Zelle brennt's.

O-Ton 92.:

Metin Tolan (PhysikMetinTolan.wav, 10:25)

Brennstoffzelle? Auch nicht anderes als eine Batterie. // Denn Sie müssen mit elektrischem Strom Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten haben. Weil den führt man dann über eine Membran wieder zusammen und dadurch erzeugt man Strom. Mit anderen Worten Sie brauchen Strom, // um diese Trennung vorzunehmen.

O-Ton 93.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 15:59)

Das geschieht meistens unter // Einsatz von fossilen Brennstoffen, // regenerativer Wasserstoff, solarer Wasserstoff, das wäre das Ziel, womit man dann // CO-2-neutral unterwegs wäre. Aber // wenn man regenerative Energie erzeugt und die dann wiederum zur Produktion von Wasserstoff nutzt, um sie mobil einzusetzen, dann hat man Energieverluste.

37

Zitatorin:

Alternative vier: Doch noch was rausholen.

Film-Zitat 11: "The Fast and the Furious" (DVD, 2001 [s.o.]) (1:35:05)

Ich schulde dir noch 'en 10-Sekunden-Auto. Sound des abfahrenden Rennwagens

O-Ton 94.:

Metin Tolan (PhysikMetinTolan.wav, 16:56)

Die // 3L-Autos von VW, // der // Lupo // hat 20.000 DM gekostet, ja, warum sollen Sie sich den kaufen? Wenn der // so superteuer ist?

Zitatorin:

Vom 3-Liter-Lupo wurden in den sechs Jahren seiner Marktpräsenz keine 30.000 Stück verkauft.

Gschwind:

Nur was für Hardcore-Ökos.

Frau Flott:

Jetzt aber, wo die Ölpreise und die CO2-Vorgaben mächtig anzogen, macht VW einen neuen Versuch und bietet den angeblich ...

Zitatorin:

"sparsamsten Fünfsitzer der Welt an" ...

Frau Flott:

... der – wenn man ihn äußerst behutsam fährt – um die vier Liter braucht. Er holt den Lupo von einst also beileibe nicht ein, dafür aber überholt er ihn im Preis um dreieinhalbtausend Euro.

38

Gschwind:

Mit noch den emsigsten lebenserhaltenden Maßnahmen für welche Art Pkw auch immer sind noch lange nicht die Probleme der Verkehrsbelastung gelöst, die – zumindest in den Ballungsräumen – dazu angetan sind, dass das Auto sich ad absurdum fährt und durch seinen eigenen Erfolg ausknockt.

Frau Flott:

Wenn tatsächlich im Jahr 2050, wie Hochrechnungen nahelegen, 85% der Menschen in einer Megalopolis wohnen, dann wird von fließendem Pkw-Verkehr keine Rede mehr sein können.

Gschwind:

Dann wird das Auto wieder das geworden sein, was es bis zur Halbzeit des 20. Jahrhunderts war: ein Luxusgegenstand.

Zitatorin:

In den Großräumen Paris und Tokyo ist die Rate der Haushalte ohne Auto bereits auf 40% gestiegen!

Film-Zitat 12: "The Fast and the Furious" (DVD, 2001 [s.o.]) (ab 48:40)

- Heh, Dominic, die haben keine Motoren! - Womit wollen die denn Rennen fahren, mit Träumen und Hoffnungen?

O-Ton 95.:

Nelly (NellyPolitt.wav, 3:50)

Also mein Onkel, // (5:12) jetzt hat er // einen Audi A5, // mit allen möglichen Lichtern und Lämpchen, Elektronik, und da gibt es z.B. einen Bildschirm, da sieht man das Auto, und wenn man dann einparkt, dann piept es ganz ganz schnell, wenn man an der einen Stelle ein bisschen zu nah an dem anderen Auto steht oder was auch immer, und es ist einfach top, ja? Wenn ich als Manager im Auto sitzen kann und sage: "Ja, ich hab hier // meinen elektronischen Fahrer, ich muss eigentlich nur noch auf einen Knopf drücken, und dann fährt das Auto schon. Ich muss überhaupt nichts mehr machen."

39

O-Ton 96.:

Schreckenberg (VerkehrsphysikSchreckenberg.wav, 31:28)

Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation ist ein Stichwort.

Autor:

Michael Schreckenberg, den Professor der Verkehrsphysik setzen wir in eine ganz normale bürgerlich spießige Staukapsel. Wie durch alle Ritzen das Nervtötende des Stop-and-go-Dramas dringt, das er mit aufwändigen Forschungsprojekten zur Optimierung der Verkehrsnachrichten verhindern will. Wie der Ärger sich neben ihm in den Polstern breitmacht und der Mann nur noch eines will: Raus hier! Nicht länger Opfer seiner Statistik sein, die besagt, dass der Verkehr auf dieser Strecke um diese Stunde an 73% aller Tage stocksteif steht!

O-Ton 97.:

Schreckenberg (VerkehrsphysikSchreckenberg.wav, 31:30)

Über WLAN kommunizieren die Fahrzeuge untereinander, // so dass man dann Stau-Enden praktisch mitgeteilt bekommt vom Gegenverkehr, und sich darauf einstellen kann; da ist eine Menge möglich. // Es gibt ja heute auch schon elektronische Deichseln, so dass Fahrzeuge aneinander gekoppelt werden, in den USA insbesondere auf diesen langen Überlandstrecken, wo dann entsprechend // die Trucks hintereinander herfahren, sich praktisch hinten dranhängen und dann auch sicher fortbewegen, // die Fahrzeuge bremsen dann, wenn der Vordermann bremst, // wir haben CruiseControl, d.h. also ich kann eine Geschwindigkeit vorgeben und mein Fahrzeug fährt dann, egal ob bergrauf, bergrunter, immer die gleiche Geschwindigkeit, das ist eine gefährliche Sache, weil // man dann also zu relaxed wird.

40

Zitatorin:

"Weitere

Extras

Fahrdynamikpaket

sind mit

Spurwechselassistent adaptivem

(564

Wankausgleich

€)

und

(2985

€).

Außerdem ACC Stop and Go, sowie Night Vision und Head-upDisplay." (Auto Bild Allrad, 3/07)

- beschwärmte Auto-Bild bereits vor Jahren ein Allrad-Modell von BMW.

O-Ton 98.:

Nelly (NellyPolitt.wav, 9:20)

Aber manchmal muss man sich auch fragen, möchte ich, dass das alles aus meiner Hand entrissen wird. Ja? Also dass das Auto zum Beispiel automatisch langsamer wird, // ich mein, irgendwo wird ja dann die Freiheit, die man als Fahrer vielleicht braucht und sich gönnt, // die wird einem genommen.

O-Ton 99.:

Metin Tolan (PhysikMetinTolan.wav, 30:42)

Solche Sachen als Verkehrsmodelle der Zukunft zu deklarieren, halte ich für völlig utopisch. // (32:14) Wenn man sich in sein Auto setzt, // möchte man // sich da nicht // in eine Schlange einreihen.

Gschwind:

Einerseits die Verlockung, über Geschwindigkeitsregelsysteme einen gleichförmigen Verkehrsstrom zu erzielen.

Frau Flott:

Andererseits mag sich manch künftiger Automobilist beim Fahren wie am Schnürchen, angedockt an die Autos seiner Mitstreiter, mitten drin im elektronischen Auto-Reigen vielleicht nicht so ganz wohl fühlen.

Gschwind:

Wollte er doch was ganz entschieden anderes als Achterbahn fahren.

41

Frau Flott:

Man muss aber nicht mal automatisierte Systeme, die einem in die Pedale fahren, irgendwo da unten zwischen den Füßen herumfuhrwerken und die Macht übernehmen, oder Induktionsschleifen in den Blick nehmen, um das Ende der autonomen Automobilität heraufziehen zu sehen.

Gschwind:

Selbst die aus Kreisen deutscher Autokonzerne stammende Idee einer vorausschauenden Verkehrsführung durch weiterentwickelte Navis, die immer schon wissen, was für ein Tempo, was für eine Fahrweise im jeweiligen Auto auf der jeweiligen Strecke in diesem Moment grade angezeigt ist, selbst solche Hilfestellungen bedeuten immer den zentralen Zugriff über GPS oder ähnliche Systeme.

Frau Flott:

Das heißt: Jedes Auto ist stets und ständig zu orten, sobald es unterwegs ist und der digitale Assi nicht bewusst ausgeschaltet wurde.

Gschwind:

Sofort ertappt auf der Blitzfahrt zum Seitensprung!

Frau Flott:

Wie kommst Du jetzt da drauf?

Film-Zitat 3: "The Fast and the Furious" (DVD, 2001 [s.o.]) (ab 1:41:58)

Für mich zählen bloß noch die Viertelmeilenrennen. Alles andere ist für mich egal. Nur in diesen knapp 10 Sekunden bin ich frei.

O-Ton 100.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 23:20)

Es ist eine beispiellose Erfolgsgeschichte, wie ein technisches Produkt innerhalb von zwei Generationen als unentbehrlich dasteht.

42

O-Ton 101.:

Roadster-Lady (MotorshowSchnelleLady.wav, 3:43)

Mit dem Cayenne zum Biosupermarkt zu fahren, ne?!

Autor:

Auch der Umweltapostel Michael Adler gibt etwas zerknirscht zu: Er fährt Auto.

O-Ton 102.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 31:11)

Zwischen 8- und 10.000 km.

Autor:

Die er pro Jahr immerhin nicht mit einem Vollbenziner, sondern mit einem Hybrid zurücklegt.

O-Ton 103.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 31:12)

Eine Familienkutsche, mit der wir // auch im Sommerurlaub an der französischen Atlantikküste waren. // (29:08) Es gibt Situationen, wo // das Auto nach wie vor alternativlos ist.

Autor:

Mit wie viel CO-2-Ausstoß?

Scheint's ist der Hybridantrieb geeignet, auch seinen Fahrer mit einem hybriden Bewusstsein zu segnen.

O-Ton 104.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 33:12)

Jetzt gehen Sie natürlich – dringen Sie in mein Innerstes. // (34:28) Dass dieses Auto im normalen Mix 104 g CO2 emittiert, das ist wenig im Vergleich zu der normalen Flotte, es ist aber immer noch eigentlich zu viel, um 65 kg Mensch zu bewegen. Insofern kann man sagen, das ist ein Stück weit Gewissensberuhigung, was man da betreibt. // (39:23) Im Grunde ist das ja ein Suchtverhalten! Was man mit dem Auto hat.

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Autor:

Und jetzt die Kurve kriegen.

O-Ton 105.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 41:14)

Ist // meines Erachtens // ein Fehler, // dass man immer wieder sagt: "du sollst, du musst" oder man müsste, noch beliebter, wer immer dann "man" ist, meistens sind die Politiker gemeint, die endlich mal ordentliche Gesetze machen müssten, // man selbst nicht, // doch, man selbst schon auch. Man selbst schon auch. Aber oft ist da auch so ein Selbstkasteien dann mit dabei. Also dass man sagt: "ich verzichte ja schon auf alles, ich geißele mich ja ständig!", nein, das ist nicht zielführend.

Film-Zitat 13: "The Fast and the Furious" (DVD, 2001 [s.o.]) (1:33:45 bis 1:34:10) Racing-Sound, plötzlich Unfall, mehrfach sich überschlagendes Auto, Bremsen

O-Ton 106.:

Nelly (NellyPolitt.wav, 3:06)

Eigentlich will ich als erstes Auto ne Schrottkarre.

Autor:

Okay, wird gemacht. Die zeitgenössische Schülerin pflanzen wir in einen Trabi. Sozusagen strafversetzt wegen der Tiraden gegen ihren armen Onkel. Außerdem kann sie so die Erfahrung einfahren, dass ein Automobil oder was das sein will durchaus ein Eigenleben entwickeln kann. Dass jede Reise eine Abenteuerreise ist, ein Ausflug ins Ungewisse. Ab 200 Meter Entfernung vom Heimathafen. Dass es kein Fehler ist, über etwas Pappe, Eisendraht und ein gewisses handwerkliches Geschick zu verfügen.

O-Ton 107.:

Nelly (NellyPolitt.wav, 3:30)

Weil es irgendwie schön ist, // in einer kleinen Karre rumzugurken durch die Welt. // (10:12) Weil ich's schick und hip finde. Das hat überhaupt keinen ökologischen Hintergrund. // Ich hab // mehr Spaß an einer alten Kiste als an einem schicken silbernen Teil. Langweilig!

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Gschwind:

Der Hoffnungsschimmer: die Jugend!

Frau Flott:

Dem oberlehrerhaft Verkniffenen der Autoasketen sind sie ebenso abhold wie der Halsstarrigkeit der Autofreunde und -förderer, die jeden Zweifel am Primat des Individualverkehrs als Sakrileg sondergleichen exkommunizieren.

Gschwind:

Die Generation der Digital-Natives weiß, dass ganz andere Highspeeds erreicht werden können, ...

Frau Flott:

... sofern es sich um den Transport von Daten und nicht von Menschen handelt.

Gschwind:

Wer im Social Web umherschwirrt, der muss nicht physisch mobil sein.

Zitatorin:

Datenbahnen statt Autobahnen.

O-Ton 108.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 3:45)

Da ist Skype, da ist iPhone // und iPad, // die neuen // Ikonen von Modern- und Dabeisein, und eben nicht mehr das, was man in den 70ern noch brauchte, dass man irgendwie an den Zylinder//köpfen rumschrauben kann und aus der Mühle noch ein paar Kilometer mehr rausholen.

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O-Ton 109.:

Mueller-Pietrella (VWZukunft.wav, 50:40)

Wir müssen uns die Frage stellen: Wie können wir // diese // virtuelle Kommunikation wieder dreidimensional in eine räumliche Kommunikation umstellen?

O-Ton 110.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 4:35)

Grade in Metropolen // hat man en sehr // pragmatisches Verhältnis in der Jugend zum Auto. Wenn man eins hat, isses gut. Wenn nicht, hat man Alternativen. // (5:50) Diese große Studie "Mobilität in Deutschland", von Infas durchgeführt, 2008 sind die Daten zuletzt erhoben worden, // und gerade in der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen, // also 31% dieser jungen Leute nutzen täglich das Auto, sechs Jahre davor waren es noch 12% mehr.

Zitatorin:

Bei einer Umfrage in Paris und Tokyo antworteten 80% der Jugendlichen, dass sie in den nächsten zehn Jahren kein Auto kaufen wollen.

O-Ton 111.:

Nelly (NellyPolitt.wav, 1:30)

Also es ist nicht so, dass es mich nicht in den Fingern kitzelt. // Also es macht schon Spaß. // Aber ich finde das Schwachsinn, // ich geh noch zur Schule, ich brauch's einfach nicht, danach will ich studieren in einer großen Stadt, da brauche ich's noch weniger, // wofür denn? // Die Busse fahren ja.

O-Ton 112.:

Nelly (NellyPolitt.wav, 7:49)

Und wenn ich irgendwann später mal ganz viel Geld verdienen sollte, kauf ich mir ein Cabrio. Oder vielleicht einen Ferrari. Mal gucken.

O-Ton 113.:

Nelly (NellyPolitt.wav, 6:04)

Es ist schick. // Et fährt schnell, ja, es rast. Und auf der Autobahn liegt es einfach total flach und schnittig.

46

Gschwind:

Denen, die vor 40, 50 Jahren ins Autozeitalter hineingewachsen sind, werden die Veränderungen in Sachen Automobilität deutlich schwerer fallen als ihren Töchtern und Söhnen.

O-Ton 114.:

Roadster-Lady (MotorshowSchnelleLady.wav, 4:43)

Also ich könnte's mir ohne Auto nicht vorstellen. Das wär für mich eine enorme Einschränkung der Lebensqualität.

Gschwind:

Ich darf Sie beruhigen. Mit Sicherheit werden die Auto-User Himmel und Hölle in Bewegung setzen, werden alles nur Erdenkliche an Erfindungsgabe in die Waagschale werfen, um ihr "Baby" über die Runden zu bringen.

Frau Flott:

Die fahrende Menschheit wird sich mit Händen und Füßen gegen die drohende Einschränkung oder gar den Verlust der individuellen Automobilität wehren.

Gschwind:

Wird das mühselig erlangte Quäntchen Bewegungsfreiheit, das Vehikel, mit dem sie sich über die eigene Begrenztheit erheben kann, nicht fahren lassen.

Zitatorin:

"Das füllige Drehmoment spürt man hier nicht. Der Motor bettelt einen die ganze Zeit an: Ich brauche Drehzahl!" (Powercar, 1/07)

- Zitat: Deutsche Motorpresse.

Gschwind:

Was man kann, will man auch zur Anwendung bringen können.

47

Frau Flott:

Dagegen ist jede Ökomoral machtlos.

O-Ton 115.:

Tomczyk (ADACTomczyk.wav, 6:23)

Da ist die Gesellschaft so programmiert drauf, dass man darauf nicht verzichten wird können.

Autor:

Dem ADAC-Schnellautomobilisten tun wir den Tort an, dass er sich in einen klassischen Brezel-Käfer zu setzen hat. In den 1946er Volkswagen, bei dem die Heckscheibe die Gestalt zweier schielender Bullaugen hat. Bloß dass dieses Modell hier, in das wir Herrn Tomczyk hineindenken, mit einer Spritsparmaschine getunet ist. Da sitzt er also, der arme Mann, und starrt den Benzinuhrzeiger an, der nicht sinken will. Also fährt er immer weiter. Und weiter. Die Südspitze des italienischen Stiefels. Und – verdammt – der Tank ist immer noch nicht leer. Aber das Sitzfleisch brennt, über die Pupillen laufen Mittelstreifen, die Finger wie Habichtkrallen ums Steuer gekrampft. Ohne auch nur für eine Kurzpromenade die Blechpocke zu verlassen, setzt er verbissen die Reise fort, um die zweite Hälfte des Tanks leer zu fahren.

O-Ton 116.:

Tomczyk (ADACTomczyk.wav, 6:40)

Ich glaube einfach, die persönliche Individualität die sollte man in der Mobilität lassen, // die wird bleiben, // in der Zukunft. Da bin ich mir sicher.

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O-Ton 117.:

Adler (VCDMichaelAdler.wav, 22:53)

Wir sind nicht automobil unterwegs, sondern wir sind automobil in unserm Denken. // Man kann nicht mehr im Ortskern einkaufen, // man braucht das Auto, um das ganze Gepäck zu transportieren, was man in den Urlaub schleppen muss, ja, früher hat man dann halt weniger geschleppt oder man hatte einen ordentlichen Gepäcktransport mit der Bahn, und es hat funktioniert. Parallel zum Siegeszug des Automobils sind natürlich alle // die anderen eingeübten Mobilitätsvarianten ins Hintertreffen geraten.

Gschwind:

Auch diese Sendung drückt sich um die Frage: Was kommt nach dem Auto? Wollte sie allen Ernstes eine autofreie Perspektive entwerfen, wäre die Sendung zum Scheitern verurteilt.

Frau Flott:

Das Ende der automobilen Freiheit ist eine schlicht nicht denkbare Vorstellung für einen, der je in einem Auto gesessen hat.

Frau Flott:

Man kann sich zwar schnellere, raffiniertere, effizientere Autos vorstellen, man kann ausgeklügeltere Verkehrsführungssysteme entwerfen, aber das Auto abzuschaffen ...

Gschwind:

... das Auto wegzudenken, hieße, die heiligste der heiligen Kühe schlachten!

Frau Flott:

Das Auto ist stärker als sein Schöpfer. Es steuert mit ihm schnurstracks auf den Kollaps zu ...

49

Gschwind:

... doch kurz vorm Abgrund, da darf man sicher sein, auf den letzten Zentimetern vor der Abrisskante werden das Auto und sein Fahrer noch die Kurve gekratzt bekommen.

Gschwind:

Aber dass wir in Zukunft nicht mehr einfach so einfach wie zur Zeit werden Autofahren können, dass der Traum von der Freiheit und Autonomie der Automobilität ordentlich Federn lassen wird, diese Prognose darf gewagt werden.

Frau Flott:

Mehr als jetzt werden wir uns auf einen Mix aus öffentlichen und individuellen Verkehrsträgern einstellen müssen, werden mit unseren Blechkapseln auf Induktionsschienen längs rutschen und uns automatisch in staufeste Verkehrskanäle schleusen lassen.

Gschwind:

Und sind dann die längste Zeit der alleinige Lenker unseres Vehikels gewesen!

Film-Zitat 15: "The Fast and the Furious" (DVD, 2001 [s.o.]) (47:57) Dominic: Lass uns ne kleine Spritztour machen!

Zitatorin:

"Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung." - Kaiser Wilhelm II.

50

Absage:

Abgefahren Oder: Vom Ende einer Fortbewegung. Feature von Ulrich Land.

- Ende -