Sorgende Gemeinde werden. Wir sind Nachbarn. Alle

Sorgende Gemeinde werden Wir sind Nachbarn. Alle Kirchengemeinden sorgen für gelingende Nachbarschaft Gute Nachbarschaft – für die Älteren besonde...
Author: Herta Fleischer
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Sorgende Gemeinde werden Wir sind Nachbarn. Alle

Kirchengemeinden sorgen für gelingende Nachbarschaft

Gute Nachbarschaft – für die Älteren besonders wichtig Tragfähige nachbarschaftliche Beziehungen und ein verlässliches nachbarschaftliches Miteinander sind für ältere Menschen von besonderer Bedeutung: Sie steigern die Lebensqualität und -zufriedenheit, fördern die Teilhabe am sozialen Leben und erleichtern ein längeres selbstständiges Wohnen in den eigenen vier Wänden. Gerade im Alter gewinnen das Wohnumfeld und damit die Nachbarn an Bedeutung. Lebt doch eine wachsende Zahl Älterer allein und hat nur punktuell Kontakt mit Angehörigen. Für sie werden die Menschen in räumlicher Nähe zu den wichtigsten Kontaktpersonen. Wo Menschen Gemeinsinn leben und sich für ihre Belange engagieren, entstehen aktive Nachbarschaften oftmals selbstorganisiert. Häufig muss jedoch die Bedeutung einer aktiven Nachbarschaft wieder neu erkannt und gelernt werden. Ist doch durch den gesellschaftlichen Prozess der Individualisierung das Verständnis dafür, dass das Zusammenleben in einer nachbarschaftlichen Gemeinschaft auch gegenseitige Verantwortung mit sich bringt, verloren gegangen. Um dies in Erinnerung zu rufen, bedarf es oft erst eines Anstoßes von außen.

„Was ihr für einen meiner Brüder oder eine meiner Schwestern getan habt – und wenn sie noch so unbedeutend sind –, das habt ihr für mich getan.“ Matthäus 25,40

Kirchengemeinden als Initiatoren aktiver Nachbarschaften Kirchengemeinden verfügen über gute Voraussetzungen, Nachbarschaftsprojekte ins Leben zu rufen: • Die Ziele von Nachbarschaftsarbeit sind mit dem diakonischen Auftrag einer Kirchengemeinde eng verbunden. Schon deshalb sollte sie die Nachbarschaftsarbeit für eine Neuorientierung und Weiterentwicklung ihrer Seniorenarbeit nutzen. • Kirchengemeinden haben Erfahrung und Kompetenzen für eine solche Gemeinwesenarbeit. Da sie fest im lokalen Umfeld vernetzt sind, sind sie geborene Akteure für die Gestaltung lebendiger Nachbarschaften. • Allein die im Besitz der Kirchengemeinde befindlichen Gebäude – nicht selten die letzten öffentlichen Räume im Dorf oder im Stadtteil – sind ein nicht zu unterschätzendes Pfund, das die Gemeinde in die Gestaltung des örtlichen Lebens einbringen kann. Werden diese für die Allgemeinheit zugänglich, kann die Kirchengemeinde zu einer Agentur für die Entwicklung des Gemeinwesens, zum Forum und Faktor lokaler Identität werden. Mit der Nachbarschaftsarbeit übernehmen Kirchengemeinden eine Verantwortung für das Zusammenleben im Quartier oder Dorf. In Kooperation mit diakonischen Einrichtun­gen und anderen Akteuren bringen sie ihr spezifisches Profil ein. Sie grenzen sich nicht gegenüber anderen ab, sondern suchen vernetzte Partnerschaften. Auf diese Weise tragen sie bei zum Gelingen von nachbarschaftlicher Gemeinschaft, zur Bildung von sozialem Kapital und zur Erhöhung der Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner.

Nähe und Distanz – Gute Nachbarschaft ist nicht selbstverständlich Menschen wünschen sich Nachbarn, die grüßen, freundlich und aufmerksam sind, die Pakete annehmen, in der Urlaubszeit die Blumen gießen, den Zweitschlüssel aufbewahren und im „Notfall“ um Hilfe gebeten werden können. Doch enge nachbarschaftliche Beziehungen sind heute selbst in den Dörfern nicht mehr selbstverständlich. Erst recht in den Städten ist das Zusammenleben im Nahraum durch höfliche Zurückhaltung oder gar bewusst eingehaltenen Abstand gekennzeichnet. Verständlich daran ist, dass Menschen eine Einmischung von Nachbarn in ihre privaten Angelegenheiten vermeiden und sich vor Neugier und Geschwätzigkeit schützen möchten. Was gebraucht wird, ist ein Gleichgewicht von Nähe und Distanz in den nachbarschaftlichen Beziehungen. Wer nachbarschaftliche Hilfe in Anspruch nimmt, tut dies meist kurzfristig und ausnahmsweise und will dem Nachbarn nichts schuldig bleiben. Viele setzen auf das Prinzip der Gegensei­ tigkeit: Ein ausgeglichenes Ver­ hält­nis von Geben und Nehmen ist das Ziel. Weil aber ältere Menschen diese Vor­ gabe nicht ohne weiteres erfüllen können, nehmen sie oft notwendige Hilfe gerade von Nachbarn nicht in Anspruch.

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüt, und deinen Nächsten wie dich selbst.“ Lukas 10,27, vgl. 3 Mose 19,18

Es gibt viele Möglichkeiten, einander zu helfen Nachbarschaftshilfe leistet vor allem Kontaktpflege, ermöglicht menschliche Zuwendung und gegenseitige Hilfsdienste. Die Palette von Nachbarschaftshilfen ist vielfältig. Sie reicht von der morgendlichen Telefonkette über Einkaufshilfen, Verabredungen zu gemeinsamen Spaziergängen, einem gegenseitigen Besuchsdienst, dem gemeinsamen Frühstückstreff oder Mittagstisch bis hin zum Haus- und Straßenfest. Nachbarschaftsarbeit lädt Menschen dazu ein, sich als Partnerinnen und Partner aktiv an der Gestaltung des sozialen Miteinanders zu beteiligen, als Expertinnen und Anwälte ihres Lebens eigene Ideen und Lösungsvorstellungen zu entwickeln und zu teilen. Die vorrangige Aufgabe der gemeindlichen Nachbarschaftsarbeit ist es, dafür Orte der Begegnung zu schaffen.

Aktive Nachbarschaften fördern – Ehrenamtliche begleiten

Aufgabe und Ziel der Nachbarschaftsarbeit Eine moderierte Nachbarschaftsarbeit zielt darauf ab, gemeinsam mit den Menschen in unmittelbarer Nähe ein gutes Zusammenleben zu fördern und dadurch zu einer nachhaltigen Verbesserung ihrer Lebenssituation beizutragen. Nachbarschaftsarbeit … • orientiert sich an den Bedürfnissen und Interessen der Menschen. • fördert die Teilhabe der Menschen und wirkt der Einsamkeit entgegen. • setzt bei der Selbstorganisation und den Selbsthilfekräften der Bewohnerinnen und Bewohner an. • vermittelt gerade älteren Menschen das Erleben des Gebrauchtwerdens. • umfasst sowohl gelegentliche Hilfen wie auch kontinuierliche Unterstützungsleistungen. • fördert als gegenseitiges Handeln sowohl das einander Helfen wie auch das Annehmen von Hilfe. • setzt auf Freiwilligkeit und beachtet den Wunsch der Menschen nach Nähe und Distanz. • ist generationenübergreifend.

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Aktive Nachbarschaften wirken wie „sozialer Kitt“ und leisten einen wichtigen Beitrag für die Zivilgesellschaft. Um auch den Älteren die Teilhabe am Leben in einem Gemeinwesen zu ermöglichen und neue Wege für Selbst- und Mitverantwortung zu ebnen, muss die „Solidarität … über die Familiengrenzen hinausgehen“.

(Sechster Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland – Altersbilder in der Gesellschaft, Bericht der Sachverständigenkommission an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin, im Juni 2010, S. 519.)

Nachbarschaftsprojekte gehen in der Regel auf den Anstoß von Kirchengemeinden, Kommunen oder Vereinen zurück. Nicht selten sind ältere Menschen sowohl Initiatoren als auch Mitwirkende in diesen Projekten. Zu beobachten ist die wachsende Bereitschaft Älterer, sich im Nahbereich zu engagieren. Nicht wenige möchten ihre Kompetenzen, ihre Potenziale und ihre Zeit zugunsten der Allgemeinheit einbringen und bei der Gestaltung des Wohnquartiers aktiv mitmachen. Zukunftsweisend sind besonders solche Projekte, die das Miteinander generationenübergreifend fördern. Um das Zusammenleben vor Ort durch Nachbarschaftsprojekte nachhaltig zu fördern, bedarf es einer ständigen Begleitung der ehrenamtlichen Akteure: Professionelle „Kümmerer“ haben die Aufgabe, Aktivitäten und Entwicklungen anzustoßen, die Engagierten zu begleiten und zu motivieren. Sie sollen ihnen zuhören, sie beraten und gemeinsam mit den Freiwilligen deren Erfahrungen in der Nachbarschaftsarbeit reflektieren und bei Konflikten vermitteln.

Nachbarschaftsarbeit als Chance der Kirchengemeinden

Tipps zur Nachbarschaftsarbeit

Eine lebendige Nachbarschaftsarbeit stellt für die Kirchengemeinde nicht nur eine Herausforderung dar. Sie bietet ihr auch Chancen,

• Nach Verbündeten suchen: Menschen die bereit sind, Zeit zu spenden und für sich eine Aufgabe darin sehen, sich in ihrem sozialen Umfeld zu engagieren. Oft suchen gerade ältere Menschen für die nachberufliche Lebensphase eine sinnvolle Aufgabe.

• die „jungen Alten“ als neue Zielgruppe zu erreichen und ihnen eine sinnstiftende Aufgabe anbieten zu können. • ihr diakonisches Profil zu schärfen und den Bedürfnissen der Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen gerecht zu werden. • Zugangsschwellen abzubauen und sich im Quartier besser zu vernetzen. • als verlässlicher und bedeutender Partner vor Ort wahrgenommen zu werden. Wenn es der Kirchengemeinde gelingt, Menschen mit ihren Gaben und Bedarfen, ihren Netzwerken und Beziehungen für diese Aufgabe zu gewinnen, wird dies das Gemeindeleben bereichern und die Lebensqualität am Ort erhöhen.

• Den Initiatoren im Gemeindehaus einen Begegnungsraum anbieten. • Wertschätzung und Begleitung durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeinde fördern. • Durch Gemeindebrief, Flyer, Beiträge in der Regionalpresse und durch Mund-zuMund-Propaganda den Start des Projektes bekannt machen. • Mit einem Haus- oder Straßenfest, einem Frühstückstreff, Quartiersstammtisch, etc. beginnen. • Darauf achten, dass die unterschiedlichen Wünsche der Menschen nach Nähe und Dis­ tanz respektiert werden. • Vernetzungen mit der Diakonie- oder Sozialstation und anderen Einrichtungen suchen. • Zeit geben, denn Beziehungsarbeit gelingt nicht von heute auf morgen.

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(vgl. Scholl, Annette und Konzet, Susanne, Lebendige Nachbarschaft mitgestalten, in: Pro Alter, Lebendige Nachbarschaft mitgestalten, Kuratorium Deutsche Altershilfe (Hrsg.), 3/2010, S. 9 -13)

Position beziehen

Begegnung der Netzwerke Nachbarschaft Generationen gestalten knüpfen

Möchten Sie mehr wissen? Die wichtigsten Ziele der sorgende Gemeinde sind: Begegnung der Generationen fördern, Netzwerke knüpfen und eine gute Nachbarschaft gestalten. Sie setzen Potentiale frei, bereichern das Gemeindeleben und stärken die Rolle der Kirche im Gemeinwesen. www.ekd.de/eafa/sorgende-gemeinde-werden

Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit in der EKD · EAfA Herrenhäuser Straße 12 • 30419 Hannover Telefon 0511 · 2796-205/441 • E-Mail [email protected] www.ekd.de/eafa