Selbstbestimmt und daheim - Wandel der Anforderungen an Wohn- und Betreuungsformen im Alter-

Selbstbestimmt und daheim - Wandel der Anforderungen an Wohn- und Betreuungsformen im AlterVortrag im Rahmen der Fachtagung der Europäischen Seniorena...
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Selbstbestimmt und daheim - Wandel der Anforderungen an Wohn- und Betreuungsformen im AlterVortrag im Rahmen der Fachtagung der Europäischen Seniorenakademie „Alternative Formen der pflegerischen Versorgung – ambulant betreute Wohngemeinschaften mit Demenz“ am 25. und 26.4. 2005 in Bocholt Holger Stolarz, Kuratorium Deutsche Altershilfe, Köln Im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts „Leben und Wohnen im Alter“ der Bertelsmann Stiftung und des Kuratoriums Deutsche Altershilfe untersuchen wir Wohn- und Betreuungskonzepte, die auch in Zukunft den Herausforderungen der demographischen Entwicklung und den Bedürfnissen älterer Menschen gerecht werden können. Folgende Schlussfolgerungen möchte ich vorwegnehmen: • • • •

Pflege muss mehr in die Mitte der Gesellschaft, d.h. in Wohngebiete Verknüpfung von „Bauen“ und „Soziales“ im normalen Wohnen Wohnformen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung zwei Modelle erscheinen besonders zukunftsweisend:  ambulant betreute Wohngruppen  quartiersbezogene Wohnkonzepte

Als ein wichtiges Modell der Zukunft erscheinen „quartiersbezogene Wohnkonzepte“, die auf eine kleinräumige Vernetzung und Integration unterschiedlicher Wohn- und Betreuungsangebote und die Mitwirkung der Quartiersbewohner ausgerichtet sind. Derartige „Quartierskonzepte“ befinden sich immer noch am Anfang der Entwicklung. Ein Wettbewerb zu diesem Thema, der im Rahmen des genannten Gemeinschaftsprojektes ausgelobt wurde, und den wir gerade auswerten, zeigt allerdings, dass bereits vielfältige erfolgreiche Ansätze bestehen. Bevor solche Quartierskonzepte und weitere Wohnmodelle erläutert werden, soll auf wichtige Anforderungen an das Wohnen und die Betreuung älterer Menschen hinsichtlich der zu erwartenden zukünftigen Entwicklung eingegangen werden. 1. Zukünftige Entwicklungen und Anforderungen an das Wohnen und die Betreuung älterer Menschen Folgende Faktoren werden das Leben und Wohnen im Alter in besonderem Maße beeinflussen: • • •

Demographische Alterung der Bevölkerung Der mit zunehmender Lebenserwartung steigende Bedarf an Pflege Zunahme alleinstehender älterer Menschen und Verringerung des Potenzials helfender Angehöriger

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Veränderte Erwartungshaltungen an das Wohnen im Alter – So lange wie möglich selbständig wohnen – Wachsende Zahl umzugsbereiter älterer Menschen – Wachsender Bedarf an selbstbestimmten Wohnformen – Alter wird sich zunehmend differenzieren

Bezüglich der demografischen Entwicklung bis 2050 erscheint ein Aspekt von Bedeutung, der weniger bekannt ist. Betrachten wir die Zahlen der sogenannten jungen Alten (65 bis 80) und der Hochaltrigen (80 plus), dann entwickeln sich die Zuwächse zunächst parallel. Aber ungefähr ab 2030 ergibt sich eine Schere: Der Zuwachs der Zahl junger Alter geht dann nämlich erheblich zurück, während die Zahl Hochaltriger noch stärker ansteigt.

In Zukunft - bis zum Jahr 2050 – wird also eine zunehmende Zahl von jungen Alten in die Hochaltrigkeit „überwechseln“. Hierin liegt viel Brisanz, weil für die Hochaltrigen ein viel höherer Bedarf an Pflege besteht. Die wachsende Zahl Hochaltriger hat zur Folge, dass man für die Zukunftsplanung bei allen Wohnformen - auch wenn sie zunächst für selbständiges Wohnen gedacht sind - darüber nachdenken muss, inwiefern sie geeignet sind dort auch zu pflegen. Dies ist eine wichtige 2

Konsequenz aus dieser beobachteten Scherenbewegung, wenn man nicht will, dass die älteren Menschen noch einmal in eine andere Wohnform wechseln müssen, weil sie pflegebedürftig werden. Wohnformen müssen zudem so gestaltet und geplant werden, dass sie soziale Kontakte und Integration fördern, da viel mehr alleinstehende ältere Menschen einer abnehmenden Zahl jüngeren Menschen gegenüber stehen werden Aus den zu erwartenden zukünftigen Entwicklungen ergeben sich folgende generelle Anforderungen an Wohn- und Betreuungskonzepte: • • • • •

Selbstbestimmung und Normalität Integration in die Gesellschaft Versorgung und Sicherheit Kostenneutralität Prävention

2. Überblick über unterschiedliche Wohnformen Im Rahmen des Projekts „Leben und Wohnen im Alter“ haben wir eine neue Aufteilung in drei Typen von Wohnformen vorgenommen. Diese richtet sich nach den drei wichtigsten Entscheidungssituationen, in denen sich ältere Menschen befinden. Wichtig ist, dass in allen drei Typen Pflege möglich ist.

Wohnmöglichkeiten nach Entscheidungssituationen • So lange wie möglich zu Hause bleiben Barrierefreie Wohnungen Anpassung von Wohnungen und Wohnberatung Betreutes Wohnen im Bestand • Wohnsituation verändern, nach eigenen Vorstellungen Altenwohnungen Wohn-/Haus-/Nachbarschaftsgemeinschaften Betreutes Wohnen Wohnstifte • Wohnsituation verändern, weil es nicht mehr anders geht Alten- und Pflegeheime KDA-Hausgemeinschaften für Pflegebedürftige betreute Wohngemeinschaften

Zu 1: „Zu Hause bleiben“ ist heute die wichtigste und häufigste Wohnsituation für alte Menschen. Bisher liegt der Anteil bei etwa 95 %. Es wäre gut, wenn das auch so bliebe. Um diesen Anteil zu halten, muss man aber etwas tun. Dazu gehören neben dem Bau barrierefreier „normaler“ Wohnungen und der zahlenmäßig bedeutenderen Anpassung bestehender Wohnungen insbesondere auch die Wohnberatung für ältere Menschen. Neben der individuelle Anpassung einzelner Wohnungen, in denen ältere Menschen leben, hat gerade 3

für den Bestand von Wohnungsunternehmen die strukturelle barrierefrei bzw. barrierearme Anpassung von Wohngebäuden zunehmende Bedeutung. (Beispiel: Anpassungsmaßnahme Balkonschwelle) Neuerdings gibt es Betreuungsformen, bei denen Serviceangebote, ähnlich dem Angebot in Anlagen des Betreuten Wohnens, auch für Menschen organisiert wird, die zu Hause in ihrem bisherigen Wohnumfeld leben. Dieses Serviceangebot kann von der Putz- und Einkaufshilfe bis zur Koordination von Pflegediensten gehen und schließt in der Regel Hausbesuche ein. Für diese Betreuungsform werden verschiedene Begriffe wie z. B. „Betreutes Wohnen im Bestand“ oder „Betreutes Wohnen zu Hause“ verwendet. Beide Angebote sind wichtige Bausteine von Quartierskonzepten (Beispiel: „Betreutes Wohnen zu Hause in Poing). Zu 2: Die Wohnsituation nach eigenen Wohnvorstellungen verändern: Zu diesem Typ von Wohnformen gehören die traditionellen Altenwohnungen, das selbst organisierte und selbständige gemeinschaftliche Wohnen (Beispiel.: Haus Mobile in Köln), welches oft als Mehrgenerationenwohnen organisiert ist sowie das Betreute Wohnen (Beispie in Eching), die zahlenmäßig häufigste selbstgewählte Wohnform. Für gravierende Pflegebedürftigkeit sind diese Wohnformen allerdings in vielen Fällen nicht mehr geeignet. Für die Zukunft wird es aber wichtig sein, auch für solche selbständigen Wohnformen Modelle für die Bewältigung von Pflegebedürftigkeit und insbesondere auch für die Betreuung von an Demenz erkrankten alten Menschen zu entwickeln. Zu 3: Die Wohnsituation verändern weil es nicht mehr anders geht: Wenn das selbständige Leben wegen gravierender Pflegebedürftigkeit in einer der oben genannten Wohnformen nicht mehr möglich ist, bleibt meistens nur das Pflegeheim. Als Alternative wurden in letzter Zeit gruppenorientierte Wohn- und Betreuungsformen entwickelt wie z.B. die so genannten KDA-Hausgemeinschaften für Pflegebedürftige. Hierbei handelt es sich um kleine Wohngruppen, die vor allem im Rahmen der stationären Versorgung angeboten werden (Beispiel in Dießen). Daneben gibt es die betreute Wohngemeinschaften, auch Pflege-Wohngruppen genannt. Sie sind ähnlich organisiert, werden aber ausschließlich im Rahmen der ambulanten Versorgung angeboten (Beispiele in Rendsburg und Werther). Sie bestehen in der Regegel aus nur einer Gruppe von 6 – 8 Menschen. Dieses Konzept der betreuten Wohngemeinschaften erscheint besonders geeignet für die kleinräumige Vernetzung unterschiedlicher Wohn- und Betreuungsformen im Rahmen von „quartiersbezogenen Wohnkonzepten“, da es sehr flexibel in bestehende Wohngebiete integriert werden kann. 3. Ambulant betreute Wohngruppen Typische Merkmale von Wohngruppen •

Familienähnliches Zusammenleben von 6 – 8 pflegebedürftigen, älteren Menschen in einer barrierefrei gestalteten Wohnung.



Jeder Bewohner hat ein eigenes Zimmer teilweise mit eigenen Duschbad/WC, eingerichtet mit vertrauten Mobiliar, gemeinsam nutzt man Wohnküche, das Bad/Pflegebad und andere Gemeinschafträume. 4



Präsenzkräfte organisieren das Gruppenleben (Haushaltsführung, Kontakte), ambulante Dienste leisten die weiteren, individuell notwendigen Hilfen.



Alltag, Art und Umfang der Pflege- und Betreuungsleistungen werden abgestimmt auf die individuellen Bedürfnisse der Bewohner.

Verbesserung von bedarfsgerechten Wohnmöglichkeiten für Pflegebedürftige Selbst bei einer verbesserten häuslichen Versorgung wird auch zukünftig eine erhebliche Zahl älterer Menschen nicht zu Hause gepflegt werden können, sei es wegen erhöhtem Pflege- und Betreuungsbedarf oder wegen mangelnder sozialer Einbindung. Bisher steht in solchen Fällen praktisch nur das Pflegeheim zur Verfügung. Dies hat bei der heutigen Struktur der meisten Pflegeheime häufig zur Folge, dass einmal eine große Einbuße an Wohnlichkeit und Selbstbestimmung in Kauf genommen werden muss und zum anderen der Kontakt zum bisherigen sozialen Umfeld völlig abreißt. Hinzu kommt, dass die meisten Pflegeheime aufgrund ihrer räumlichen und organisatorischen Struktur kaum in der Lage sind, den sozialen Bedürfnissen der Bewohner gerecht zu werden, vor allem dann nicht, wenn es sich um ältere Menschen mit Demenz handelt. In letzter Zeit haben sich Wohnformen für Pflegebedürftige entwickelt, die zwischen diesen beiden Extremen – zu Hause oder (weit entferntes) Heim – liegen. Sie unterscheiden sich vom traditionellen Pflegeheim in zwei wichtigen Punkten: sie sind wesentlich kleiner und dadurch relativ leicht in bestehende Wohnquartiere zu integrieren. Dadurch kann dem Wunsch vieler älterer Menschen Rechnung getragen werden, wenn schon nicht mehr in der eigenen Wohnung, so doch zumindest im vertrauten Wohnquartier bleiben zu können. Diese Wohnformen haben zudem eine andere innere Organisation. Im Mittelpunkt steht der gemeinsame Wohnalltag und nicht die Pflege und Versorgung. Dadurch kann den sozialen Bedürfnissen wesentlich besser Rechnung getragen werden. Auch ein weiteres Strukturmerkmal dieser Wohnform weist in die Zukunft. Die starren Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung sind unscharf. So gibt es gegenwärtig eine „stationäre“ Form (KDA-Hausgemeinschaften) und eine ambulante Form (betreute Wohngruppen). Die (stationären) Hausgemeinschaften weisen in eine Richtung, wie die stationäre Altenhilfe in Zukunft den Wohnbedürfnissen älterer Menschen besser gerecht werden und zudem näher am Wohnort sein könnte. Die ambulant betreuten Wohngruppen haben ein weiteres Strukturmerkmal, das für das zukünftige Wohnen im Alter von Bedeutung sein könnte. Sie sind kein Heim, obwohl die Versorgungsintensität einem Heim gleichkommt und – gerade für Demenzkranke – häufig sogar höher ist. Durch die geringe Größe von einer einzelnen Gruppe mit etwa 8 Bewohnern ist diese Wohnform leicht im Wohnungsbestand zu realisieren und besonders gut in ein Wohngebiet integrierbar. Sie kann als eine Ergänzung der häuslichen Versorgung verstanden werden. Mitbedingt durch den relativ geringen Planungs- und Investitionsaufwand sind hier auch neue Akteure auf den Plan getreten. Es sind dies oft Vereine, die sowohl durch bürgerschaftliches Engagement und Angehörige als auch durch Pflegepersonal getragen werden. Rahmenbedingungen für neue Akteure verbessern Auch dieses Strukturmerkmal der betreuten Wohngruppen erscheint zukunftsorientiert: eine notwendige Differenzierung von Wohnformen für Pflegebedürftige benötigt die Mitwirkung 5

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der o. g. weiteren Akteure, zusätzlich zur traditionellen Altenhilfe. Diese Form eigenverantwortlichen Engagements erscheint in Zukunft ebenso wichtig wie das der Betroffenen selbst. Allerdings ist auch hier eine strukturelle Änderung notwendig, damit dieses Engagement in Zukunft zum Tragen kommen kann: solche nicht institutionalisierten Träger brauchen – wie beim gemeinschaftlichen Wohnen – Unterstützung und günstige Rahmenbedingungen. Für Pflegebedürftige, die nicht mehr zu Hause versorgt werden können, bedarf es der Alternativen zum Heim wie z. B. die (ambulant) betreuten Wohngruppen. Die Akteure solcher Wohnformen, die die häusliche Versorgung ergänzen, brauchen Unterstützung bezüglich der Planung und Qualitätssicherung. Rechtliche und finanzielle Hürden durch die bestehenden Rahmenbedingungen müssten beseitigt werden, um die Verbreitung solcher Wohnformen zu ermöglichen. 4. Quartiersbezogene Wohnkonzepte Um in Zukunft eine bedarfsgerechte Versorgung mit altersgerechten Wohnangeboten zu sichern, wird es nicht nur darum gehen, einzelne besonders zukunftsfähige Wohnformen zu entwickeln und zu verbreiten. Ebenso wichtig ist die Vernetzung und Integration dieser Wohnmodelle in bestehende Versorgungsstrukturen und bestehende Wohngebiete. „Vernetzte Altenhilfelösungen“ sind wesentliche Bedingungen zur Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen. Daher kommt quartiersbezogenen Wohnkonzepten, die auf eine kleinräumige Vernetzung und Integration unterschiedlicher Wohn- und Betreuungsangebote ausgerichtet sind, in Zukunft eine zentrale Bedeutung zu. Damit eine bedarfsgerechte Pflege und soziale Betreuung älterer Menschen in Zukunft überhaupt leistbar und finanzierbar bleibt, ist eine weitere Verlagerung der Pflege in die Wohngebiete notwendig. Hier, wo Alt und Jung zusammen leben, lassen sich Kontakte und gegenseitige Hilfe am ehesten organisieren und der - meist ungewollte - Umzug in Einrichtungen mit überwiegend professioneller Betreuung kann vielfach vermieden werden. Hierfür muss man aber kleinräumiger denken als dies bisher der Fall ist. Weil der Umkreis, in dem sich ältere Menschen noch bewegen können, nicht mehr so groß ist, müssen geeignete Angebote bezüglich des Wohnens, der Versorgung und der Betreuung in die Wohnviertel integriert und hier vernetzt werden. Mit „Quartier“ ist die überschaubare Wohnumgebung gemeint, wobei es sich um eine Wohnsiedlung , ein städtisches Wohnviertel aber auch um eine kleinere Gemeinde oder ein Dorf handeln kann. Quartierskonzepte verfolgen im wesentlichen drei Stoßrichtungen, um zu erreichen, dass ältere Menschen in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können: • • •

Stärkung und Unterstützung des selbständigen Wohnens, insbesondere durch altersgerechte Wohnungen, Alltagshilfen und Gemeinschaftsangebote im Wohnquartier sowie eine quartiersbezogene häusliche Pflege quartiersgezogene Wohnangebote für ältere Menschen mit Hilfe- und Pflegebedarf, die nicht mehr zu Hause versorgt werden können, insbesondere durch dezentrale Wohnformen Stärkung der sozialen Netzwerke und der unmittelbaren Solidarität zwischen den – alten und jungen – Bürgern eines Wohnquartiers als wichtige Bedingung für Quartierskonzepte. Gleichzeitig erhöhen sich aber auch die Chancen für die Leistung gegenseitiger Hilfen, wenn die älteren Menschen in der unmittelbaren Nachbarschaft leben und betreut werden. 6

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Für die Erfolge von Quartierskonzepten kommt es entscheidend darauf an, dass geeignete Umsetzungsverfahren angewendet werden, um die Akteure vor Ort einzubeziehen und um sicher zu stellen, dass die Angebote dem Bedarf in einem bestimmten Wohngebiet entsprechen. Ein wichtiges Verfahrenselement ist die Mitwirkung der – älteren und jüngeren – Bewohner. Diese kann „formell“ sein: Die Bewohner bestimmen und entscheiden mit. Sie kann aber auch „informell“ erfolgen: Die Bewohner werden entsprechend informiert und diskutieren über anstehende Entscheidungen. Beides ist wichtig. Der Aufbau von quartiersbezogenen Wohn- und Betreuungsangeboten wird zudem dadurch erleichtert, dass man schrittweise vorgeht. Wenn Angebote für kleinräumige Gebiete organisiert werden sollen, muss es auch eine Entscheidungsbefugnis auf dieser kleinräumigen Ebene geben. Dies ist in einer größeren Kommune aber normalerweise nicht der Fall, weil die Entscheidungsorgane zentral organisiert sind. Folgende Bausteine und Verfahrenselemente erscheinen für Quartierskonzepte von Bedeutung: Bausteine • Bauliche Maßnahmen in der eigenen Häuslichkeit hierzu zählen: individuelle Wohnungsanpassung/Wohnberatung, strukturelle Anpassung des Wohnungsbestands, barrierefreies Bauen, Anpassung des Wohnumfeldes und der sozialen Infrastruktur • Beratung und Alltagshilfen im Quartier hierzu zählen: zugehende Beratung, Koordination und Vermittlung von Diensten, Angebot von bezahlbaren, niederschwelligen „sozialen Diensten“ • Soziale Integration und gegenseitige Hilfe im Quartier hierzu zählen: Bereitstellung von Gemeinschaftsräumen und Treffpunkten, Gemeinschafts- und Freizeitangebote, Förderung von Selbst- und Nachbarschaftshilfe sowie familiärer Hilfe • Einbindung selbständiger Wohnformen mit Gemeinschaft und Betreuung in das Quartier hierzu zählen: selbstorganisiertes gemeinschaftliches Wohnen, Betreutes Wohnen • Quartiersbezogene Pflege- und Betreuungsleistungen zu Hause und in selbständigen Wohnformen hierzu zählen: ambulante Dienste, teilstationäre Einrichtungen • Spezielle Wohnformen für Pflegebedürftige im Quartier hierzu zählen: betreute Wohngruppen und auch stationäre Einrichtungen Verfahrenselemente • Mitwirkung und Mitbestimmung • Dezentrale und zentrale Organisation • Schrittweises Vorgehen • Koordination und Entscheidungen auf Quartiersebene • Finanzierung der Koordination sowie zusätzlicher Dienstleistungen Baumaßnahmen sowie • Generationenübergreifende Angebote • Einbinden der stationären Einrichtungen in Quartiersprojekte

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Die Frage nach besonders geeigneten Koordinationsformen lässt sich noch nicht generell beantworten. Anhand ausgewählter Beispiele kann aber der Schluss gezogen werden, dass bei bisher erfolgreichen Quartiersprojekten die unterschiedlichen Angebote von einem Akteur bzw. einem Zusammenschluss von Akteuren im Quartier koordiniert werden und die Bewohner an dem Projekt aktiv beteiligt sind. So ist in einem Bielefelder Wohnsiedlung der Eigentümer, die Baugenossenschaft „Freie Scholle“, der Koordinator, der zudem eng mit einem Bewohnerverein der Wohlfahrtspflege und der Kommune zusammenarbeitet (Beispiel in Bielefeld) In den Niederlanden liegen bereits mehr Erfahrungen vor, wie auch die Träger stationärer Einrichtungen in Quartiersprojekte , die hier „Betreute Wohnzonen“ genannt werden, einbezogen werden können. Hier werden Koordinationsgremien gebildet, denen insbesondere auch die Wohnungsunternehmen, die Träger ambulanter Dienste, und eben auch der stationären Einrichtungen, sowie die Kommunen angehören. Weitere Informationen Im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts „Leben und Wohnen im Alter“ sind folgende Veröffentlichungen erschienen, in denen das Thema ausführlicher dargestellt wird. Diese und weitere Veröffentlichungen stehen als kostenloser Download zur Verfügung und können auch als Buch im Online-Shop des KDA bestellt werden (www.kda.de, Publikationen).

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