18.03.2013

Anforderungen an TherapeutInnen im Wandel 30 Jahre Suchttherapeut ein subjektiver Rückblick Dipl.-Psych. Wolfgang Indlekofer Therapeutischer Gesamtleiter der Rehaklinik Freiolsheim Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

Rehaklinik Freiolsheim Tagesklinik Karlsruhe

Rehaklinik Freiolsheim

Integrationszentrum Lahr

Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

1

18.03.2013

Das Netzwerk der Rehaklinik Freiolsheim mit Behandlungswegen Ambulante Reha (Kombitherapie)

Stationäre Rehabilitation in Freiolsheim

Direktaufnahme ohne Vorbehandlung

Aufnahme aus anderen Kliniken

-

Ambulante Nachsorge

1 Aufnahmestation 2 Langzeittherapiestationen 1 Kurzzeit- und Kombistation 1 Familienstation 1 Interne Adaption für Familien

Aufnahme aus anderen Kliniken

60 Therapieplätze 8 - 42 Wochen Behandlungszeit

Tagesklinik

Integrationszentrum Lahr

in Karlsruhe-Durlach Adaption - Direktaufnahmen - Kombitherapien

20 Therapieplätze 8-16 Wochen Behandlungszeit

24 Therapieplätze 4 - 24 Wochen Behandlungszeit

Ambulante Reha (Kombitherapie)

Ambulante Nachsorge

Betreutes Wohnen

Projekt „BISS“

Lahr und Offenburg

Berufliche Integration nach stationärer Suchtbehandlung 30 Betreuungsplätze

20 Betreuungsplätze

Selbsthilfegruppe für ehemalige Drogenabhängige

Selbsthilfegruppe für ehemalige Drogenabhängige

Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

Wie alles begann Das Team

Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

2

18.03.2013

Ein Sommerfest

Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

Das Raucherzimmer

Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

3

18.03.2013

In der Teeküche der Patienten

Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

Suchttherapie in den 1980er Jahren • Die ambulante und stationäre Suchtkrankenhilfe wurden von SozialarbeiterInnen und PsychologInnen aufgebaut, geleitet und dominiert • Ärzte dienten in vielen Einrichtungen der medizinischen Versorgung und der Legitimation gegenüber den Kostenträgern • Die Therapie von Alkohol- und Drogenabhängigen fand in zwei Welten statt – Die Drogentherapie orientierte sich an der Therapeutischen Gemeinschaft und verstand immer auch als gesellschaftspolitische Kritik und Herausforderung Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

4

18.03.2013

– Die Therapie von Alkoholikern war von Beginn an Fachklinik-orientierter und konzentrierte sich auf die Abhängigkeit und auf die Zielsetzung der Alkoholabstinenz • Psychotherapeutische Zusatzausbildungen gewannen zunehmend an Bedeutung und prägten die Konzepte der Einrichtungen • Der Alkohol- und Drogentherapie gemeinsam: – Das Abstinenzdogma – Der Anspruch auf den „Königsweg“

Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

War alles gut? Nein! • Die Behandlungszeiten waren starr und inflexibel • Der Umgang mit den PatientInnen war teilweise würdelos, grenzüberschreitend und autoritär, insbesondere in der Drogentherapie • Das Abstinenzdogma, knappe Therapieplätze und der Anspruch auf den „Königsweg“ führten häufig zu Überheblichkeit, gerade in den stationären Einrichtungen

Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

5

18.03.2013

Aber: Suchttherapie in den 80ern war: • spannend, abwechslungsreich, innovativ und abenteuerlich • hatte Gestaltungsräume, von denen man heute träumt • war relativ unkompliziert, wenn man sich an die vorgegebenen Dogmen hielt

Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

Suchttherapie in den 1990er Jahren • • • •

Die 6-monatige Langzeittherapie für Alkoholiker kippt AIDS verändert den Umgang mit Drogenabhängigen Der „Königsweg“ wird in Frage gestellt Substitution entwickelt sich von einer Übergangsbehandlung zur Alternativbehandlung • Alternative Behandlungsangebote entwickeln sich (Kurzzeittherapie, Adaptionsbehandlung, Kompakttherapie, Übergangseinrichtungen) • Heroinvergabe, Kontaktläden, Druck-Räume, Spritzentausch und das neue Credo der Drogenhilfe: Überlebenshilfe statt Abstinenz • Individualisierung und differenzierte Indikationsstellung werden gefordert Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

6

18.03.2013

Die Rentenversicherung als Kostenträger beginnt sich einzumischen: • Konzepte, Behandlungspläne und Stellenpläne werden nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern geprüft und kommentiert • ab 1994 entwickelt die Rentenversicherung unter Federführung der BfA ein Qualitätssicherungsprogramm • das Peer-Review-Verfahren zum Berichtswesen wird eingeführt und gibt dem Reha-Entlassbericht eine neue Bedeutung • VdR-anerkannte Therapieausbildungen werden gefordert

Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

• die Einführung der KTL 1997 verändert die stationäre Suchtrehabilitation mehr als jede andere Intervention zuvor: – Das Behandlungsangebot wird beschrieben und festgelegt – Die zeitliche Taktung wird ebenfalls festgelegt – Berufsgruppen werden ein- aber auch ausgegrenzt – Die tägliche individuelle Dokumentation dieser Leistung wird festgeschrieben

Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

7

18.03.2013

…. und was bedeutet das für die Mitarbeiter? • Das Berichtswesen und die Dokumentation erfordern mehr Raum und einen höheren zeitlichen und logistischen Aufwand • die Arbeit mit den PatientInnen wird zeitlich getaktet, die Orientierung erfolgt an der KTL-Leistung und sie wird insgesamt arbeitsteiliger • viele fühlen sich kontrolliert, reguliert, eingeengt (durch den Kostenträger, aber auch nach innen durch die Klinikleitung) • Welche/r Mitarbeiter/in darf/muss welche KTL-Ziffern kodieren?

Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

• Werde ich in der Arbeit mit Suchtmittelabhängigen noch gebraucht, wenn meine Berufsqualifikation in der KTL nicht oder nur am Rande auftaucht? • Wie soll man mit diesen Forderungen umgehen : ignorieren, anpassen oder Rebellion?

Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

8

18.03.2013

Suchttherapie ab 2000 • Die Suchtvereinbarung 2001 zementiert die Strukturvorgaben, legt personelle Hierarchien fest und definiert Berufsgruppen, die mit Suchtmittelabhängigen arbeiten dürfen • Zum Qualitätssicherungsprogramm der Rentenversicherung kommt das interne QM und der Wettlauf um die Zertifizierung • Ambulante Rehabilitation, Tageskliniken und Kombitherapie-Modelle gewinnen an Bedeutung, werden aber auch zur Konkurrenz für die stationären Kliniken • Die ärztlich/medizinische Versorgung/Therapie und die Psychotherapie gewinnen an Bedeutung, die Arbeitstherapie verliert an Gewicht Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

• Einführung der elektronischen Kommunikation verändert den Umgang im Team, aber auch die Atmosphäre in den Kliniken • Die Einführung der evidenzbasierten Therapiemodule (ETM) in der Behandlung von Alkoholabhängigen engt das Behandlungsprogramm und die individuellen Behandlungspläne weiter ein • Die Kosten/Ertragsschere geht weiter auseinander; viele Kliniken haben kein Belegungsproblem, sondern ein Kostenproblem: – Verbesserung der ärztlichen Versorgung ist nicht nur gut, sondern auch teuer – Nachtdienste durch medizinisches Fachpersonal sind sinnvoll, aber ebenfalls teuer Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

9

18.03.2013

– Die Strukturanforderungen der DRV, aber auch die Ansprüche/Erwartungen der PatientInnen, erfordern enorme Investitionen (Notrufanlagen, Barrierefreiheit, Einzelzimmer, etc.) – Das Qualitätsmanagement ist nicht nur sinnvoll, sondern kostet auch Zeit und Geld.

Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

….. und wie geht es den Mitarbeitern? • Arbeitsverdichtung, Zeitmanagement und Termindruck bestimmen den Alltag. Die Klinik wird zum Spiegel unserer Gesellschaft • Wir diskutieren über Entschleunigung, unstrukturierte Begegnungsräume für MitarbeiterInnenn und PatientInnen • Die Kliniken haben Mühe, qualifizierte TherapeutInnen zu gewinnen und zu halten

Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

10

18.03.2013

Und wie geht es weiter? • Die Rahmenkonzeption und die 2012 verabschiedeten Strukturvorgaben der DRV umschreiben ein Dach, unter dem Suchtrehabilitation stattfinden kann! Das hat Vorteile: – Klarheit, Transparenz und Berechenbarkeit Und es hat Nachteile: – Die Einrichtungen verlieren noch mehr ihr eigenes Profil • Medizinisch-beruflich orientierte Reha (MBOR) macht die Arbeitstherapie wieder hoffähig! • Die ICF-Orientierung grenzt die Sucht-Reha von der Akutbehandlung ab und eröffnet ihr wieder ein breiteres, an den Teilhabedefiziten der PatientInnen orientiertes Behandlungsprogramm an! Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

… und was wünsche ich mir für die nächsten Jahre? • Klinikleitungen, die von ihren MitarbeiterInnen nicht nur die Ableistung von KTL-Einheiten einfordern, sondern ihnen auch Raum zur Kreativität, Innovation und zum Querdenken lassen! • Kostenträger, die Pflegesätze gewähren, die in guten Jahren für Kostendeckung sorgen und in sehr guten Jahren die Bildung von Rücklagen erlauben! • Klinikleitungen und Kostenträger, die wissen, dass gute Therapie nur dort gemacht wird, wo jenseits der Einhaltung von Strukturvorgaben Menschen mit Herz, Fantasie, Kreativität und Spaß arbeiten und die darüber hinaus die Bereitschaft mitbringen, jeden Tag aufs Neue Bindungen zu ihren PatientInnen einzugehen! Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

11

18.03.2013

Vielen Dank!

Rehaklinik Freiolsheim – [email protected] Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

12