Repetitorium aus Zivilverfahrensrecht SS 2015

Mag. Katharina Auernig Mag. Antonia Cermak Mag. Katharina Plavec

Termine Mo, Di, Do, Mo, Di, Mi, Mo, Di, Mi, Do, Di, Mi,

18.05.2015 19.05.2015 21.05.2015 01.06.2015 02.06.2015 03.06.2015 08.06.2015 09.06.2015 10.06.2015 11.06.2015 16.06.2015 17.06.2015

Katharina Plavec Katharina Plavec Katharina Plavec Katharina Plavec Katharina Auernig Katharina Auernig Katharina Auernig Katharina Auernig Antonia Cermak Antonia Cermak Antonia Cermak Antonia Cermak

Grundlagen und Verfahren 1. Instanz

Prozesshandlungen, Entscheidungen und Rechtsmittel Exekutionsrecht

Insolvenzrecht

Aufgaben des Zivilprozesses

» Konfliktlösung – Justizgewährungsanspruch (§ 19 ABGB, Art 6 EMRK) » Konfliktvermeidung Bedeutung des staatlichen Gewaltmonopols

Prozessgrundsätze (I)

Aufgabenteilung Gericht/Partei • Dispositionsgrundsatz ( Offizialmaxime) » Einleitung des Verfahrens/ Einlegen von RM » Bindung an Antrag (§405 ZPO)

• Verhandlungsgrundsatz Untersuchungsgrundsatz » Wer bringt die Entscheidungsgrundlage bei? » Abgeschwächter Untersuchungsgrundsatz („Kooperationsmaxime“)

• Amtsbetrieb ( Parteibetrieb) » Inganghalten des Verfahrens durch das Gericht » Prozessförderungspflicht der Parteien (§ 178 Abs 2 ZPO) 4

Prozessgrundsätze (II)

Fair Trial • Mündlichkeit » Art 90 Abs 1 B-VG

• Unmittelbarkeit • Öffentlichkeit » Volks-/Parteiöffentlichkeit

• Beiderseitiges rechtl Gehör • Verfahrenskonzentration

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Gerichtspersonal

Richter » Berufsrichter (unabhängig, unabsetzbar und unversetzbar)  Prinzip der festen Geschäftsverteilung (Art 87 Abs 3 B-VG)

» Laienrichter (fachmännische/fachkundige)

Rechtspfleger Sonstiges Gerichtspersonal (Geschäftsstelle, Gerichtsvollzieher usw)

Organisation der Gerichte

 Trennung von Gerichtsbarkeit und Verwaltung » Abgrenzung: Stellung des Richters (Art 87, 88 B-VG) » Trennung in allen Instanzen (Art 94 Abs 1 B-VG) 

sukzessive Kompetenz (neuer Art 94 Abs 2 B-VG)

» Entscheidung in „bürgerlichen Rechtssachen“ a privatrechtliche Ansprüche

Ablehnung von Richtern (§ 19ff JN) Ausgeschlossenheit » Taxative Aufzählung (§ 20 JN, § 537 ZPO) » absolute Wirkung, auch nach RK noch wahrnehmbar (Nichtigkeitsklage)

Befangenheit » nicht taxativ, sondern jegliche Umstände, die Unbefangenheit in Zweifel ziehen » relative Wirkung

 Ablehnungsverfahren

Gerichtstypen und Instanzenzug

Bezirksgericht

Landesgericht

BG in HS

allg. LG

(LG als) HG

(LG als) ASG

1 ER

1 ER

1 ER oder 3 BR

1 ER oder 2 BR + 1 LR

1 BR + 2 LR

allg. LG

LG als HG

OLG

OLG

3 BR

2 BR + 1 LR

3 BR

2 BR + 1 LR

allg. BG

OGH

OGH

OGH

OGH

5 BR

5 BR

5 BR

5 BR

ER = Einzelrichter, BR = Berufsrichter, LR = Laienrichter

OLG in ASRS 3 BR + 2 LR

OGH in ASRS

3 BR + 2 LR

Fehlerhafte Besetzung

(relativer) Nichtigkeitsgrund (477 Abs 1 Z 2 ZPO) » Ausnahmen: Senat statt ER

» Beachte auch Verhältnis Zivil-/Handelssenat

Heilung (§ 260 Abs 4 ZPO) » Mit mündlicher Einlassung beider Parteien » ASGG: nur bei qualifizierter Vertretung

Verstoß gegen Geschäftsverteilung

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Prozessvoraussetzungen

Eigentlich: „Sachentscheidungsvoraussetzungen“

»Gerichtsbezogene Inländische Gerichtsbarkeit, Zulässigkeit des Rechtswegs, Zuständigkeit

»Parteibezogene Partei- und Prozessfähigkeit, Vertretungsmacht des Einschreiters

»Streitgegenstandsbezogene negativ: Streitanhängigkeit, RK, Klagsrücknahme unter Anspruchsverzicht

Allgemeine und besondere Prozessvoraussetzungen Relative und absolute Prozessvoraussetzungen 11

Prozessvoraussetzungen

Verfahrensrechtliche Behandlung » Erstmals bei Klagsprüfung in limine litis » In jeder Lage des Verfahrens bis RK (und uU darüber hinaus) » Bei höherer Instanz: Rechtmittel Voraussetzung » Folgen des Fehlens einer Prozessvoraussetzung: -

Aufhebung der E Nichtigerklärung des Verfahrens Zurückweisung der Kl an 1. Instanz Bei parteibezogenen Voraussetzungen: Heilungsversuch! 12

Gerichtsbezogene Prozessvoraussetzungen

» Inländische Gerichtsbarkeit » Zulässigkeit des Rechtswegs » Zuständigkeit

13

Inländische Gerichtsbarkeit

Doppelte Begriffsverwendung in der JN

 Inländische Gerichtsbarkeit ieS: » Völkerrechtliche Befugnis Gerichtsbarkeit auszuüben (Darf der österr Richter entscheiden?) » Grundsatz der Territorialität

» Beschränkung durch Immunitäten -

Verzicht (Art 32 WrDiplK, Art IX Abs 2 EGJN)

» Prozessuale Behandlung: -

Keine Vereinbarung nach§104 JN Keine perpetuatio iurisdictionis (§ 29 JN) Mangel noch nach RK wahrnehmbar(§ 42 Abs 2 JN) 14

Zulässigkeit des Rechtswegs Zulässigkeit des Rechtsweges ieS » Abgrenzung von Zust der VerwBeh » Absolute Prozessvoraussetzung » Wahrnehmung auch nach Rechtskraft (§ 42 Abs 2 JN)

Zulässigkeit des ordentlichen Rechtsweges » Abgrenzung zu Strafverfahren » Abgrenzung zu Sondergerichten

Zulässigkeit des streitigen/außerstreitigen Rechtsweges » Absolute Prozessvoraussetzung, Wahrnehmung jederzeit15

Zuständigkeit

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Zuständigkeit • Internationale » Problem der Begriffsverwendung in JN » Regelungsquellen: JN, europäische VO und völkerrechtliche Übereinkommen.

• Sachliche • Örtliche • Funktionelle Sonderfall: Individuelle Zuständigkeit (sachliche+örtliche)

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Internationale Zuständigkeit – JN • Spezielle Normen » zB§ 76 (2) für Eheangelegenheiten und Abs 3 für EP

• § 27a: Bei örtlicher Zuständigkeit in Ö • Ordination gem § 28 Abs 1 Z 2 JN • Vereinbarung nach § 104 Abs 1 Z 1 JN » Unzulässig wenn zB    

Europ VO / Völkerrecht anwendbar Ausdrückl Regelung – Voraussetzung nicht erfüllt Ausnahmen nach § 104 Abs 4 JN Verbraucher wird Aktivgerichtsstand entzogen

» Kein Naheverhältnis zu Ö notwendig! 18

Internationale Zuständigkeit – EuGVVO EuGVVO neu seit 10.1.2015! sachlicher Anwendungsbereich – Art 1 » Zivil- und Handelssache » Ausnahmen (Abs 2, zB Personenstand, Insolvenz, Erbrecht)

räumlich-personeller Anwendungsbereich (unterschiedlich je nach Gerichtsstand) » Wichtigster Anknüpfungspunkt: Wohnsitz oder Sitz (Art 4)

» Ausnahme: Art 24, 25

zeitlicher Anwendungsbereich – Art 66 » Prinzip der Nichtrückwirkung » Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung (Klagserhebung)

System der Gerichtsstände EuGVVO » allgemeiner Gerichtsstand (Art 4; actor sequitur forum rei) » „Besondere“ Gerichtsstände (Art 7-9, örtl mitgeregelt) = Wahlgerichtsstände » Versicherungs-, Verbraucher-, Arbeitssachen (Sonderbestimmungen; Art 10 – 23) » „ausschließliche“ Zuständigkeiten (Art 24) » Vereinbarung über die Zuständigkeit (Art 25) » Zuständigkeit durch Beklagteneinlassung (Art 26)

Besondere Gerichtsstände – Erfüllungsort (Art 7 Nr 1) • Vorrangig Vereinbarung • Dienstleistungen und Kauf bewegl Sachen (lit b) » Autonome Bestimmung des Erfüllungsortes » Zuständigkeitskonzentration » Richtet sich nach charakteristischer Verpflichtung

• Sonstige Verträge (lit a): » Bestimmung nach lex causae » Richtet sich nach jeweiliger Verpflichtung

21

Besondere Gerichtsstände – Deliktsgerichtsstand (Art 7 Nr 2) • Unerlaubte Handlung • Ubiquitätstheorie • Streuschäden » Grundsätzlich auch Ubiquitätstheorie » ABER: „Mosaiktheorie“

Vgl weitere Wahlgerichtsstände in Art 7, 8 EuGVVO

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Schutzgerichtsstände – Verbraucher • Verbrauchersache (Art 17) » Verbraucherbegriff » Ratenkauf beweglicher Sachen + Finanzierung dafür » Sonstige Verträge: Ausübung oder Ausrichtung -

Sonderproblem Homepage

• Zuständigkeit (Art 18) » Verbraucher kann an seinem Wohnsitz (örtl Zust) oder in (Wohn-)sitzstaat des Vertragspartners klagen » NEU: auch den Unternehmer aus einem Drittstaat kann der Verbraucher an seinem Wohnsitz klagen » Verbraucher kann nur in Wohnsitzstaat geklagt werden

• Prorogationsbeschränkungen (Art 19)

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Ausschließliche Zuständigkeiten (Art 24) » Öst Terminologie: „Zwangszuständigkeiten“ » Keine Prorogation » Keine Heilung » Anerkennungsversagungsgrund

Fälle (zB) » Dingliche Rechte an unbewegl Sachen (Nr 1)

» Miete und Pacht an unbewegl Sachen (Nr 1) » Bestimmte gesellschaftsrechtliche Klagen (Nr 2)

24

Gerichtsstandsvereinbarung – EuGVVO (Art 25) • Im sachl und zeitl Anwendungsbereich der EuGVVO • (Wohn)Sitz einer Partei in MS NICHT mehr notwendig • Kein reiner Binnenfall • Form • Anwendbares Recht? • Beschränkungen • Art 24 • Schutzvorschriften

• Wirkung 25

Internationale Zuständigkeit Wahrnehmung

JN • Umfassende

Prüfung in limine

EuGVVO • Prüfung

in limine litis nur in litis Hinblick auf ausschl •Auf Einrede des Bekl und Zuständigkeiten des Art 24 amtswegig, solange nicht geheilt •Auf rechtzeitige Einrede des • Heilung: Beklagten  Prorogable: Vorbringen in der Sache •Umfassende Prüfung bei durch qualifiziert vertretene oder Nichteinlassung (Art 28) belehrte Partei (§ 104 Abs 3) •Heilung mit Einlassung (Art 26) –  Unprorogable: mit Rechtskraft Ausnahme: Zust nach Art 24

Prüfungsschema – EuGVVO 1. Anwendungsbereich » zeitlicher » sachlicher » örtlich-personeller

2. 3. 4. 5. 6.

ausschließliche Zuständigkeiten (Zuständigkeit durch Beklagteneinlassung?) Versicherungs-, Verbraucher, Arbeitssache? Zuständigkeitsvereinbarung allgemeiner + besondere Gerichtsstände

27

Wichtigste Änderungen – EuGVVO Wichtigste Änderungen EuGVVO » Abschaffung Exequaturverfahren » Zahlreiche Änderungen in Verbraucher- und Arbeitssachen » Gerichtsstandsvereinbarung für Drittstaatsangehörige » Durchbrechung der Anhängigkeitssperre bei Anrufung des prorogierten Gerichts » Berücksichtigung der Anhängigkeit von Verfahren in Drittstaaten » ABER: EuGVVO aF weiter relevant 28

Sachliche Zuständigkeit Staatliche Gerichte

Allgemeine Gerichte

BG § 49 JN

LG § 50 JN

Schiedsgerichte

Kausalzuständigkeit

BG(f)HS § 52 JN

HG § 51 JN

ASG §3 ASGG

Eigenzuständigkeiten • „Ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes“ • BG: § 49 (2) JN (zB Ehestreitigkeiten, Bestandstreitigkeiten, gesetzl Unterhalt) • für LG teilweise in Sondernormen, zB § 9 Abs 1 AHG oder § 22 Atomhaftungsgesetz • für HG vgl § 51 (2) JN  Beachte außerdem die besondere Zuständigkeit des OGH in Schiedsangelegenheiten (§ 615 ZPO nF)

Wertzuständigkeit

≤ € 15 000: BG (in HS) - §§ 49 Abs 1, 52 Abs 1

Berechnung des Streitwertes: § 54 JNff » Zusammenrechnung / Teileinklagung (§ 55 JN) » Bewertung durch den Kl, wenn nicht auf Geldbetrag

» Wenn kein Streitwert in Klage angegeben a € 5000 (§ 56 Abs 2 JN) » Bindung des Gerichts an die Bewertung?

31

Örtliche Zuständigkeit Allgemeiner GS Wohnsitz/gew Aufenthalt d Bekl (§ 65 – 75 JN)

Wahl-GS Wahl zwischen allgem GS + Wahl-GS (§ 86a – 100 JN)

Zwangs-GS (GS-Vereinbarung nicht zulässig) (§§ 83a, 83b JN; § 4 Abs 1 Z 2 und 3, §§ 5a, 5b, 7 ASGG, § 532 ZPO)

Besondere GS §§ 76 ff JN

ausschließliche GS schließen allgem GS + Wahl-GS aus (§ 76 – 84 JN)

GS-Vereinbarung zulässig

Gerichtsstände – Beispiele

» Allgemeiner (§ 65 ff JN) » Erfüllungsort (§ 88 (1) JN) » Ort der Schadenszufügung (§ 92a JN) » Bestandstreitigkeiten (§ 83 JN) » Vermögensgerichtsstand (§ 99 JN)

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Zuständigkeit in Verbrauchersachen § 14 KSchG » Einschränkung von best Wahlgerichtsständen (Erfüllungsort, Fakturengerichtsstand…) für Klage des Unternehmers » Prorogationsbeschränkungen » Keine Derogation von Gerichtsständen, die dem Verbraucher für seine Klage zustehen

» Kein genereller Klägergerichtsstand für Verbraucher!

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Vereinbarung der sachl/örtl Zuständigkeit (§ 104 JN) • Zulässigkeit » Sachliche Zust: § 104 Abs 2 JN, § 9 Abs 1 ASGG -

Selbe Ebene; von wertzuständigen LG hinunter Nie vom ASG weg

» Örtliche Zust: Zwangsgerichtsstände,§ 14 KSchG, » Niemals für funktionelle Zuständigkeit

• • • •

Form Bestimmtheit Wirkung Bedeutung für prozessuale Behandlung der Unzuständigkeit 35

Wahrnehmung der Unzuständigkeit • Zuständigkeit = Prozessvoraussetzung » Fehlen aber weitgehend heilbar

• Klagsprüfung (in limine litis) » Nach JN immer, nach EuGVVO nur bei Art 24 (vgl Art 26, 27) » Zurückweisung mit Beschluss » Keine Überweisung von Amts wegen

• §29 JN Perpetuatio fori

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Wahrnehmung der Unzuständigkeit Prorogable (sachl/örtl) Unzuständigkeit » Amtswegige Wahrnehmung (BG-LG-Zeitpunkt) » Auf Einrede des Beklagten (BG-LG-Zeitpunkt)

Unprorogable (sachl/örtl) Unzuständigkeit » Wahrnehmung (amtswegig oder auf Einrede) bis zur Heilung nach § 104 Abs 3 JN » Vertretung durch RA, oder Notar; beachte auch § 38 Abs 1, 40 Abs 3 ASGG

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Überweisung auf Antrag des Klägers Nachträglicher Überweisungsantrag nach§ 230a ZPO » Vor allem bei Zurückweisung a limine oder bei Missachtung von § 182 Abs 2 ZPO » Kombination mit Rekurs möglich » Gerichtsanhängigkeit (Streitanhängigkeit) bleibt aufrecht

Überweisungsantrag nach§ 261 Abs 6 ZPO » Antrag vor Unzuständigkeitsausspruch » Einheit des Verfahrens: Gerichts- und Streitanhängigkeit bleiben aufrecht, Verwertung der Verfahrensergebnisse 38

Delegation

• Notwendige (§ 30 JN) Von Amts wegen durch übergeordnetes Gericht wegen Ausgeschlossenheit/Befangenheit

• Zweckmäßige (§ 31 JN) Auf Antrag einer Partei durch OLG/OGH wenn Prozess vor anderem Gericht sinnvoll erscheint (Rsp und hM: Ausnahme)

• Zuständigkeitsübertragung durch angerufenes Gericht » § 31a Abs 1 JN: nachträgliche Konsensprorogation » § 31 a Abs 2 JN: gleichartige SE-Prozesse

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Parteienlehre

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Parteibegriff

» formeller » materieller

- kraft Parteienbezeichnung - kraft unmittelbarer Betroffenheit

Bestimmung der Parteien » Berichtigung der Parteibezeichnung (§ 235 Abs 5 ZPO) » Zustellung an falsche Person  Kann gemeint sein (hM – Meinung von Holzhammer)  Kann nicht gemeint sein

Sachlegitimation

Frage: Steht der behauptete Anspruch dem Kläger überhaupt gegen den Beklagten zu? (materielle Berechtigung/Verpflichtung hinsichtlich des Klagsanspruchs) • •

Aktivlegitimation: steht der Anspruch dem Kläger zu? Passivlegitimation: steht der Anspruch gegen den Bekl zu?

Folge des Mangels Klagsabweisung mit Urteil, weil materiellrechtlicher Mangel

Prozessführungsbefugnis

Frage: Hat der Kläger die Befugnis, (im eigenen Namen) über eine bestimmte Rechtsposition zu prozessieren? • •

Sachlegitimation und Prozesslegitimation fallen idR zusammen Einschränkungen: • Schuldner in Insolvenz • Verpflichteter bei Zwangsverwaltung • Verpflichteter im Drittschuldnerprozess

•  Stellung der Verwalter?

Prozessstandschaft

»

Prozess im eigenen Namen über fremdes Recht (bloße Prozesslegitimation)

»

gesetzliche  § 84 Abs 5 AktG, actio pro socio, § 189 IO  Verbandsklage (?)

»

gewillkürte - unzulässig (hM)

Parteieigenschaften

• Parteifähigkeit

• Prozessfähigkeit • Postulationsfähigkeit

Parteifähigkeit Fähigkeit, im Prozess Träger von Rechten und Pflichten zu sein (Kl oder Bekl zu sein)  folgt der Rechtsfähigkeit » inl/ausl physische Personen » inl jur Personen (GmbH, AG, Vereine, Gen, Bund, Länder,…) » ausl jur Personen (Sitztheorie/Gründungstheorie) » sonstige (zB § 105 UGB)

Parteifähigkeit Prozessuale Behandlung

• Prozessvoraussetzung a Mangel a Nichtigkeit

Klage

Urteil

(ev. Heilungsversuch) Zurückweisung der Klage Nichtigerklärung des Verfahrens

Rechtskraft

Berufung wegen Nichtigkeit (§ 477 ZPO) (wirkungslos, wenn nicht existent)

hL und Rsp: keine Nichtigkeitsklage aA: Rechberger (§ 529 Abs 1 Z 2 ZPO analog)

Prozessfähigkeit

Prozessuale Handlungsfähigkeit » selbst oder durch selbst gewählten Vertreter » Entspricht idR der Verpflichtungsfähigkeit des BR (§ 1 ZPO) » Minderjährige (§§2, 2a)

» Bei Ausländern grundsätzlich nach Heimatrecht (§ 3 ZPO) Nicht prozessfähig, zB: » Juristische Personen » Insolvenzmasse » Ruhender Nachlass

Prozessunfähigkeit

Prozessuale Behandlung

Klage

Urteil

Heilungsversuch gem § 6 Abs 2 ZPO Zurückweisung der Klage Nichtigerklärung des Verfahrens (§ 7 Abs 1 ZPO)

Rechtskraft

Berufung wegen Nichtigkeit (§ 477 Abs 1 Z 5 ZPO) - Heilung

Nichtigkeitsklage (§ 529 Abs 1 Z 2 ZPO)

Postulationsfähigkeit

Fähigkeit, in eigener Person wirksame Prozesshandlungen vornehmen zu können = Verhandlungsfähigkeit Postulationsunfähigkeit » aus physischen Gründen (Taub-, Stummheit, Fremdsprachigkeit, Trunkenheit usw) a faktische

» bei absoluter Anwaltspflicht a rechtliche Keine Prozessvoraussetzung! » Mangel  Unwirksamkeit/Unbeachtlichkeit der Handlung  Säumnis

Postulationsunfähigkeit

Klage

Zurückweisung der Klage oder KB, wenn diese bei Anwaltspflicht ohne Rechtsanwalt (nach Aufforderung gem § 37 Abs 2 ZPO) eingebracht wird

Urteil

Säumnisfolgen (ev nach Erstreckung der Verhandlung zur Behebung des Mangels § 185 ZPO)

allenfalls Berufung wg Mangelhaftigkeit des Verfahrens gem § 496 Abs 1 Z 2 ZPO)

Anwaltspflicht Absolute (§ 27)

Relative (§ 29 Abs 1 iVm § 27 Abs 2)

• im bezirksgerichtlichen Verfahren bei Wertzuständigkeit und Streitwert über € 5.000,-• im erstinstanzlichen Verfahren vor dem GH 1. Instanz • im Rechtsmittelverfahren • Objektive Ausnahmen • Subjektive Ausnahmen (§ 28)

• im bezirksgerichtlichen Verfahren bei Eigenzuständigkeit und Streitwert über 5.000 € • in Ehesachen • für Prozesshandlungen vor dem ersuchten oder beauftragten Richter […] • bei persönlicher Befreiung (= subjektive Ausnahmen)

Bevollmächtigung • •

Bevollmächtigungsvertrag Prozessvollmacht = Formalvollmacht » RA-Vertretung: Beschränkungen nur im engen Rahmen des § 32 ZPO » sonstige: Nach § 33 auch Einzelvollmacht



Nachweis der Bevollmächtigung » RA, Notare (§ 30 Abs 2 ZPO) » andere

• Vertretungsbefugnis = Prozessvoraussetzung  Mangel = Nichtigkeitsgrund (nach RK: § 529 Abs 1 Z 2) »

Heilung durch nachträgliche Genehmigung

Bevollmächtigung Erlöschen  Gründe auf Seiten des Vollmachtgebers »

Widerruf, nicht Tod/Verlust der Prozessfähigkeit

 Gründe auf Seiten des Bevollmächtigten »

Kündigung, Tod, Verlust der Geschäftsfähigkeit, Insolvenz

 Bedingungen für Wirksamkeit im Außenverhältnis

Verhältnis Partei – Bevollmächtigter – Unterschiedliche Wissens- und Willenserklärungen (§ 34 ZPO) » »

Prozess mit Anwaltspflicht Prozess ohne Anwaltspflicht

Parteienmehrheit – Streitgenossenschaft Mehrere Personen treten in der selben Parteirolle auf

Arten: – einfache Streitgenossenschaft (§ 11 ZPO) » »

materielle (Z 1) formelle (Z 2)

– einheitliche Streitpartei (§ 14 ZPO)

Einfache Streitgenossenschaft materielle • Rechtsgemeinschaft in Ansehung des Streitgegenstandes (zB Miterben, Miteigentümer, Gesellschafter einer GesbR, OG etc) • Berechtigung/Verpflichtung aus demselben tatsächlichen Grund (Einheitlicher rechtserzeugender Sachverhalt) (bspw mehrere Schädiger -§ 1302 S 1 ABGB) • solidarische Berechtigung/ Verpflichtung (Solidarschuldner/Gläubiger §§888ff ABGB)

formelle •gleichartige Ansprüche aus im Wesentlichen gleichartigem tatsächlichen Grund und das Gericht ist für alle Ansprüche zuständig •Bspw. Klage mehrerer Dienstnehmer gegen den Dienstgeber, Klage mehrerer Mieter wegen Mietzins

Verfahrensrechtliche Unterschiede

materielle StreitG

formelle StreitG

1. schafft einen gemeinsamen Gerichtsstand (§ 93 Abs 1 JN)

1. setzt einen gemeinsamen Gerichtsstand voraus (§ 11 Z 2 letzter Halbsatz ZPO)

2. Die Streitwerte sind, wenn die Streitgenossen nicht bloß solidarisch berechtigt oder verpflichtet sind, zusammenzurechnen (§ 55 JN)

2. Die Streitwerte sind nicht zusammenzurechnen (§ 55 JN)

3. Einvernahme der Streitgenossen als Partei. In Sachverhalten, die bestimmte Streitgenossen nicht betreffen sind diese als Zeugen einzuvernehmen.

3. Sind bei den Ansprüchen der anderen Streitgenossen immer als Zeugen zu vernehmen

Einfache Streitgenossenschaft – Wirkungen • Selbstständigkeit (§ 13 ZPO) [Rechtsstreite und Verfahren völlig unabhängig]

» bzgl Säumnis » bzgl Disposition » bzgl Urteilsinhalts

• Ausnahme: » Prozessbetreibungshandlungen (§ 15 ZPO)

Einheitliche Streitpartei Liegt vor, wenn das Urteil über den geltend gemachten Anspruch für und gegen alle Streitgenossen gleich lauten muss (§ 14 ZPO) » kraft Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses („anspruchsgebunden“) » kraft gesetzlicher Vorschrift („wirkungsgebunden“)

Einheitliche Streitpartei

Anspruchsgebundene • Untrennbarkeit

des Streitgegenstands (Anspruches) • gemeinschaftliche Verfügung über strittigen Anspruch (aktive Gesamthandprozesse) • Gemeinschaftliches RV kann naturnotwendig nur für oder gegen alle festgestellt werden  Notwendige Streitgenossenschaft

Wirkungsgebundene • Rechtskrafterstreckung

kraft

Gesetzes • Rechtsgestaltungswirkung des Urteils •§ 28 KHVG (umstr)

Einheitliche Streitpartei – Wirkungen • • • •

einheitlicher Prozess – einheitliches Urteil Prozessbetreibungshandlungen wirken für alle Repräsentationsprinzip bei Säumnis Verfügung eines Streitgenossen über den Streitgegenstand » Klagszurücknahme (bei wirkungsgebundener Streitgen) » sonstige Fälle: Einstimmigkeitsprinzip » Widerstreitende Sachdispositionen aller Teilgenossen –

Einstimmigkeitsprinzip  Günstigkeitsprinzip o Prüfung in abstracto anhand des ursprünglichen Antrages o aM: Bestellung eines Kollisionskurators

Parteiwechsel •

Eintritt einer neuen Partei an Stelle der ausscheidenden



Prozessuale Rechtsnachfolge



≠ Berichtigung der Parteienbezeichnung



≠ Parteibeitritt



Grundsätzlich nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung zulässig

Parteiwechsel •

gesetzlicher – Tod einer Partei (Gesamtrechtsnachfolge)

– sonstiger Untergang einer Partei (zB jP, Gesamtrechtsnachfolge) – Insolvenzeröffnung (Einzelrechtsnachfolge)...



gewillkürter (gesetzl zugelassen) – Erwerber der streitverfangenen Sache – Nebenintervenient



Wirkungen

Nebenintervention

• Nebenintervenient = Streithelfer der Hauptpartei • Arten • Einfache NI (§ 17 ZPO) • Streitgenössische NI (§ 20 ZPO)  Urteil wirkt kraft Beschaffenheit des Rechtsverhältnisses oder kraft Gesetzes auch für Rechtsverhältnis des NI zum Gegner

• Voraussetzungen  Anhängigkeit eines Prozesses zw anderen Personen  Partei- und Prozessfähigkeit  Rechtliches Interesse  Schriftliche Beitrittserklärung 64

Prozessuale Stellung der NI Einfacher NI

Streitgenössischer NI

• Streithelfer der Hauptpartei • an Verfahrenslage gebunden • keine eigenen Sachdispositionen • Vorbringen nur zur Unterstützung der Hauptpartei •Prozesshandlungen der Hauptpartei gehen bei Widersprüchlichkeit vor • verhindert Säumnis der Hauptpartei • kann RM erheben; nicht bei RM-Verzicht der Hauptpartei • Ist als Zeuge einzuvernehmen • Kostenersatzanspr hingegen keine Kostenersatzpflicht • besondere Bindungswirkung – Interventionswirkung

• Stellung eines Streitgenossen einer einheitlichen Streitpartei • Gleichberechtigung mit der Hauptpartei • kann RM erheben; auch gegen Willen der Hauptpartei • als Partei zu vernehmen • Kostenersatzanspruch und Kostenersatzpflicht • von Urteilswirkungen erfasst

Streitverkündung (§ 21 ZPO) •

formelle Verständigung von einem Prozess



ev. Aufforderung zur Nebenintervention



gerichtliche Zustellung eines Schriftsatzes



löst Bindungswirkung aus (hRsp)

Veräußerung der streitverfangenen Sache • § 234 ZPO • Veräußerung der streitverfangenen Sache nach Streitanhängigkeit • Parteiwechsel nur mit Zustimmung des Gegners • Schutz des ursprünglichen Prozessverhältnisses • jede Art der Einzelrechtsnachfolge • identische Verpflichtung/Anspruch • (Mangel der Sachlegitimation) » 2 Lösungen: – –

Irrelevanztheorie (Rsp und Teil der L) Relevanztheorie (hL)

Veräußerung der streitverfangenen Sache Irrelevanztheorie (Rsp) • Veräußerung für materielle Beurteilung und Parteistellung bedeutungslos • Urteil ergeht für oder gegen den ursprünglich legitimierten Rechtsvorgänger •Rechtskraft erstreckt sich auf den Rechtsnachfolger • § 9 EO öffentlich beglaubigte Urkunden • § 10 EO Titelergänzungsklage

Relevanztheorie • Veräußerung auf Klägerseite  Umänderung des Klagebegehrens (Wortlaut des Urteils, Einwendungen) • Veräußerung auf Beklagtenseite  Strenge Form: Umstellung des Klagebegehrens auf den Erwerber -

 Beteiligungsmöglichkeit

 Abgeschwächte Form -

Nur Einwendungen

Zustellung

• Regeln in ZPO (§§ 87 -122) und Zustellgesetz (EuZustVO)

• Zustellverfügung • Empfänger • Zustellbevollmächtigter Beachte 2 Ob 156/13z (§ 98 ZPO ist unionsrechtswidrig)

• Abgabestelle • Zustellnachweis/Rückschein  Eigenhändig (Rsa)  An Ersatzempfänger (Rsb)

69

Zustellung – Arten und Heilung • Elektronische Beachte § 89d Abs 2 GOG (vgl dazu Frauenberger-Pfeiler/Schmon JAP 2012/2013/5 sowie 6 Ob 133/14y)

• Mit Zustellnachweis • Zu eigenen Handen (§ 21 ZustG) • Mit Ersatzzustellung (§ 16 ZustG) »

Heilung

• Hinterlegung (§ 17 ZustG)  Zulässigkeit »

Heilung

• Durch öff Bekanntmachung (§ 25 ZustG) • Allgemeine Heilung (§ 7 ZustG) 70

Verfahrensablauf Kläger

Gericht

Klage

Gerichtsanhängigkeit

Streitanhängigkeit

Zustellung

Klagsprüfung

Landesgericht: Klagebeantwortung

Vorbereitende Tagsatzung

Bezirksgericht: Einwendungen in mündl Verhandlung

Weitere Tagsatzungen (bis Schluss der mündl Verhandlung)

Beklagter

Urteil

Verfahrensablauf Mahnverfahren Kläger

Gericht

Mahnklage

Gerichtsanhängigkeit

Streitanhängigkeit

Klagsprüfung: Zahlungsbefehl

Einspruch sonst rechtskräftig (Bezirksgericht: formlos; § 448 ZPO)

Beklagter

Zustellung

Vorbereitende Tagsatzung Weitere Tagsatzungen (bis Schluss der mündl Verhandlung) Urteil

Die Klage

73

Klage

• „Kopf“ (§ 75) • Klagserzählung (§ 226 Abs 1 ZPO)  Klagegrund; kurz und vollständig (Substantiierungstheorie); Rechtsgrund nicht notwendig  Verknüpfung mit Beweisanbot  „Beweise: PV, Einzuholendes SV-Gutachten aus dem KFZ-Fach, Vernehmung der Zeugin Berta Neugierig, Pensionistin, [Adresse]“

• Klagebegehren (§ 226 Abs 1 ZPO) • Zuständigkeitstatbestand • Notwendiger / ratsamer / möglicher Inhalt

74

Klagebegehren

• • • •

Abhängig vom Klagstyp Hauptanspruch zuzüglich Nebenansprüche Antrag auf Fällung eines bestimmten Urteil Ausnahmen von der Bestimmtheit  Stufenklage (Art XLII EGZPO) – zwei Begehren » Manifestationsbegehren: Lautet auf Rechnungslegung oder eidliche Angabe von Vermögen/Schulden » Klage auf Herausgabe

 Pensionsversicherung: im gesetzl Ausmaß (§ 82 ASGG)

75

Klagebegehren

• Mangelnde Bestimmtheit • Verbesserungsmöglichkeit (auch in mdl Verhandlung)

• Fortbestehen des Mangels  Zurück- oder Abweisung? Beispiel (bestimmtes Begehren) Beantragt wird daher das folgende Urteil Die beklagte Partei ist schuldig 1) Binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution € 4.500 s.A. an den Kläger zu Handen seines Vertreters zu bezahlen.

2) Die Prozesskosten binnen 14 Tagen zu Handen des Klagevertreters zu bezahlen

76

Schlüssigkeit

• Subsumtion unter einen Tatbestand anhand der Behauptungen möglich •  Rechtsfolge entspricht dem Klagebegehren • Behebung der Unschlüssigkeit  In limine litis: Verbesserungsauftrag  In der mdl Verhandlung  Bei Nichtbehebung  Abweisung mit Urteil

77

Klagsarten

• Leistungsklagen iwS  ieS  Duldung und Unterlassung

• Feststellungsklagen • Rechtsgestaltungsklagen

78

Leistungsklage

• Leistungsklage im engeren Sinn » Geldleistung, „Naturalleistung“

» Fälligkeit erforderlich (§ 406 ZPO; Ausnahme: Satz 2)

• Duldung und Unterlassung » Wiederholungsgefahr » Erstbegehungsgefahr » hM: Erfolgsvoraussetzung

• Zwei Elemente der Leistungsklagen » Antrag auf Leistungs(Duldungs/Unterlassungs-)befehl

» Vorgelagert: Implizites Feststellungsbegehren

79

Feststellungsklage (§ 228 ZPO) • Gegenstand: » Recht, Rechtsverhältnis (grds zwischen Parteien)

» Urkunden(un)echtheit

• Zulässigkeit » Rechtsverhältnis aus dem Privat- oder Zivilverfahrensrecht » Nicht feststellungsfähig -

Tatsachen Rechtliche Eigenschaften von Tatsachen Rechtliche Qualifikation eines Rechtsverhältnisses (str) Möglichkeit, Zulässigkeit, Erlaubtheit von Rechtsverhältnissen Abstrakte Rechtsfragen

80

Feststellungsklage – rechtliches Interesse • Interesse an der alsbaldigen Feststellung » Positive Feststellungsklage: ernsthafte Bestreitung des Rechtsverhältnisses durch den Beklagten » Negative Feststellungsklage: Beklagte behauptet Bestehen des Rechtsverhältnisses

• Unmittelbar aus der RO ableitbar • Tauglichkeit, Subsidiarität(!) • Prozess- (Lehre) oder Erfolgsvoraussetzung (Rsp)?

81

Rechtsgestaltungsklage • Begründung, Änderung, Aufhebung eines Rechtsverhältnisses • Zwei Elemente • Rechtsgestaltung: normativ » Gegensatz zu Feststellung (deklarativ)

• Rechtsänderung durch Urteil » Nicht (erst) durch Vollstreckung

• Wirkungszeitpunkt • Umfang » Vollkommen (zB Scheidungsklage) » Unvollkommen (zB Teilungsklage) 82

Streitgegenstand

→ bestimmt den sachlichen Umfang des Prozesses; Abgrenzungsfunktion → Bedeutung für zB » Verhandlungs- und Urteilsgegenstand (§ 405 ZPO Dispositionsgrundsatz) » Zuständigkeit » Klagsänderung » Klagenhäufung

» Rechtskraft/Streitanhängigkeit

hM: prozessualer Streitgegenstandsbegriff

83

Streitgegenstandstheorien

• Zweigliedriger (hM)  Klagebegehren  Sachverhalt  Problem: Abgrenzung des maßgeblichen Sachverhalts » »

Rechtserzeugender Lebenssachverhalt

• Eingliedriger » Klagebegehren (Tatsachen zur Individualisierung)

• Dreigliedriger » Klagebegehren, Sachverhalt, rechtl Qualifikation

84

Streitgegenstandstheorien (II)

• Wirkungsbezogen » Rechtsschutzziel, Begehren, Sachverhalt

• EuGH: „autonomer Streitgegenstandsbegriff“ » Wirksamkeit eines Vertrages oder Bestehen/ Nichtbestehen einer Haftung als „Kernpunkt“

85

Objektive Klagenhäufung Arten » Kumulative » Eventualklagenhäufung (Eventualbegehren) » Alternative

Zulässigkeit » Bei Zusammenrechnung nach § 55 JN » Gleiches Gericht ist sachlich + örtlich zust (§ 227 Abs 1 ZPO)

» Abs 2: Wertzuständigkeit des BG  LG » „Sammelklage österreichischer Prägung“: im wesentlichen gleicher Anspruchsgrund und im wesentlichen gleich Fragen tatsächlicher/rechtl Natur

86

Verfahrensablauf Kläger

Gericht

Klage

Gerichtsanhängigkeit

Streitanhängigkeit

Zustellung

Klagsprüfung

Landesgericht: Klagebeantwortung

Vorbereitende Tagsatzung

Bezirksgericht: Einwendungen in mündl Verhandlung

Weitere Tagsatzungen (bis Schluss der mündl Verhandlung)

Beklagter

Urteil

Gerichtsanhängigkeit

• Mit Klagseinbringung • Einlangen bei Gericht / bei BRZ GmbH (ERV)

• Während des Verfahrens durch Stellung von Sachanträgen • Wirkungen • Prozessuale: insb perpetuatio fori/iurisdictionis (§ 29 JN), Wert des Streitgegenstandes • Materielle: Unterbrechung von Verjährungs- und Ersitzungsfristen

88

Klagsprüfung in limine litis

• Prüfung der Prozessvoraussetzungen » Beachte aber Art 27 EuGVVO (Art 25 EuGVVO aF)

» Zurückweisung bei Mangel

• Form & Inhalt der Klage » Verbesserungsauftrag, wenn nicht zur ordnungsgemäßen geschäftlichen Behandlung geeignet (§ 84 ZPO)  

Form und Inhalt (Abs 3) Fristsetzung nach § 85 Abs 2  Ursprünglicher Zeitpunkt zählt

» Exkurs: § 86a Abs 1 und 2 ZPO

89

Nach positiver Klagsprüfung

• Zustellung der Klage • Anwendbarkeit des Mahnverfahrens: Erlassung eines Zahlungsbefehls • Ansonsten » BG: Anberaumung der vorbereitenden Tagsatzung » LG: Aufforderung zur Klagebeantwortung » Zustellung gemeinsam mit Klage

90

Streitanhängigkeit

• Zeitpunkt • Durch Klagszustellung • Bei Geltendmachung während Verhandlung sofort

• Wirkungen: • Prozessrechtsverhältnis dreiseitig • Erschwert Klagsänderung (Zustimmung erforderlich) • Veräußerung der Sache irrelevant (§ 234 ZPO) • Prozesshindernis • Gerichtsstand der Widerklage (§ 96 JN) • NI zulässig (§ 17 ZPO) 91

Rechtshängigkeit (EuZPR)

• Art 29 EuGVVO (Art 27 EuGVVO aF), Art 19 EuEheKindVO, Art 12 EuUnterhaltsVO • Schon bei Gerichtsanhängigkeit • Soll widersprüchliche Entscheidungen verhindern •  Sehr weit („Kernpunkttheorie“) • Negative Folge: „Torpedoklagen“ (beachte jetzt aber Art 31 Abs 2 und 3 EuGVVO) 92

Klagsänderung (§ 235 ZPO)

= Änderung des Streitgegenstandes » Erweiterung/bestimmte Änderungen des Begehrens; Änderung des Klagegrundes; Änderung des Begehrens bei Austausch des Klagegrundes. » Keine Klagsänderung (Abs 4): tatsächliche Änderungen, Ergänzungen etc. innerhalb des Klagegrundes, Klagseinschränkung (partielle Klagszurücknahme?), Umstellung auf Interesse, gleichwertiger Austausch des Begehrten » Außerdem zB nicht bei Parteiänderung; Sachanträge

93

Klagsänderung - Zulässigkeit

• Kein Wegfall von Prozessvoraussetzungen » Sonderfall Unzuständigkeit

• Bis Streitanhängigkeit ohne weiteres • Nach Streitanhängigkeit nur » Mit Zustimmung des Beklagten oder » Zulassung durch das Gericht » »

Keine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung Gericht wird nicht unzuständig

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Klagzurücknahme (§§ 237f ZPO) • Bis Einlangen der Klagebeantwortung / des Einspruchs / des Beginns der vorbereitenden TS unbeschränkt möglich • Danach: » Ohne Zustimmung des Bekl nur unter Anspruchsverzicht » Mit Zustimmung des Bekl ohne Anspruchsverzicht

• Auch im Rechtsmittelverfahren möglich • Wirkungen

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Mahnverfahren nach ZPO (§ 244ff) • Zwingend vorgesehen Form des Verfahrenseinstiegs • Praktische Bedeutung • 2011: über 80 % der Zivilsachen vor BG im Mahnverfahren • Einspruchsquote 9,26%

• Anwendbarkeit • Klage ausschließlich auf Geld • Streitwert bis 75 000 Euro

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Mahnverfahren nach ZPO Unzulässig, wenn » » » » »

Geldbetrag über EUR 75 0000 Klage nicht ausschließlich auf Geldzahlung Wechsel- Scheckzahlungsauftrag zu erlassen Klage zurückzuweisen Offenkundig unklagbar, nicht fällig oder von Gegenleistung abhängig » Beklagter unbekannten Aufenthalts » Beklagter Wohnsitz/gew Aufenthalt nicht in Ö » Unschlüssige Klage (+ Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen)

Folge: » Zurückweisung oder ordentliches Verfahren 97

Mahnverfahren nach der ZPO

• Mahnklage • Zahlungsbefehl • Einspruch (ZB sonst vollstreckbar) • Im GH-Verfahren: Inhalt einer Klagebeantwortung ( Streiteinlassung) • Im BG-Verfahren: keine Begründung nötig (hA: jedenfalls keine Streiteinlassung)

• Bei Einspruch: Ordentliches Verfahren

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Europäisches Mahnverfahren (EuMahnVO) • • • •

Fakultativ Keine Wertgrenze Anwendungsbereich Zuständigkeit • International »

Verbraucher als Antragsgegner

• Sachl + örtl: BGHS (Wien)

• Beantragung • Prüfung + Erlassung • Einspruch • Frist: 30 Tage • Folgen

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Gerichtshofverfahren – weiterer Ablauf Klagebeantwortung » Streiteinlassung des Beklagten » Schriftlich binnen vier Wochen » Inhalt und Form ähnlich wie Klage  

Bestimmter Urteilsgegenantrag (zwingend) Tatsachenvorbringen

» Fristversäumnis: VU (auf Antrag) 100

Gerichtshofverfahren – weiterer Ablauf Vorbereitende Tagsatzung » Programm in § 258 ZPO festgelegt » Entscheidung über Prozesseinreden » Parteivortrag » Erörterung des Sach- und Rechtsvorbringens; Vergleichsversuch

» Bei Scheitern Prozessprogramm » uU schon Beweisaufnahmen

101

Gerichtshofverfahren – weiterer Ablauf Weitere TS zur mündlichen Streitverhandlung » Vorbringen neuer Tatsachen » Prozessförderungspflicht » Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht » Materielle Prozessleitung durch das Gericht

102

Gerichtshofverfahren – weiterer Ablauf Weiterer Verhandlungsablauf

» Insb Beweisaufnahme » Schluss der Verhandlung  Neuerungsverbot •

Ausnahmen

 Entscheidungserheblicher Zeitpunkt • •

Nova reperta Nova producta

103

Gang des Verfahrens – Besonderheiten BG • Keine Klagebeantwortung • Vorbereitende Tagsatzung • Erweiterter Inhalt

• Erweiterte Möglichkeit protokollarischen Anbringens • Erweiterte Anleitungs- und Belehrungspflicht » Rechtsunkundige und unvertretene Personen » „Manuduktionspflicht“ » Rechtsmittelbelehrung » Belehrung über die Berufungsanmeldung 104

Übersicht – Einlassung in das Verfahren Streiteinlassung Partei bringt schriftlich und/oder mündlich zur Sache vor Kläger

Beklagter

Bezirksgericht / Arbeitsrecht

Schriftlich (Klage) und mündlich

Nur mündlich

Landesgericht

Schriftlich (Klage) und mündlich

Schriftlich (Klagebeantwortung) und mündlich

EU-MahnVO

Schriftlich (Mahnklage) und mündlich

Schriftlich (Einspruch) und mündlich

Wirkung kein Versäumungsurteil Heilung von Mängeln

Stillstand des Verfahrens

Unterbrechung » kraft Gesetzes (zB Tod der unvertretenen Partei, Insolvenzeröffnung) » kraft Beschlusses (Aussetzung) (zB Abwarten einer präjudiziellen Entscheidung)

Ruhen » kraft Vereinbarung 

„Ewiges“ Ruhen?

» kraft Säumnis beider Parteien » Mindestens 3 Monate 106

Stillstand – Wirkungen Unterbrechung

Ruhen

Mindestdauer

-

mindestens 3 Monate

Fristen

unterbrochen

unterbrochen, außer Notfristen

Ladungen

wirkungslos

wirkungslos

Parteihandlungen

unzulässig

unzulässig

Gerichtshandlungen

unzulässig

außer verfahrensbeendigende Dispositionen, uU Rechtsmittel

unzulässig

außer uU Urteilsfällung und Entscheidung über Fortsetzung des Verfahrens

Aufnahme des auf Antrag oder Verfahrens von Amts wegen

nur auf Antrag

107

Beweisverfahren – Grundbegriffe • Beweisgegenstand » Tatsachen » Erfahrungssätze » Nur ausnahmsweise Rechtsnormen (§ 271 ZPO, § 4 IPRG), grundsätzlich: iura novit curia

• Ausnahmen von Beweisbedürftigkeit » Zugestandene Tatsachen (§ 266 f ZPO) » Offenkundige Tatsachen (§ 269 ZPO) -

Allgemeinkundig / Gerichtskundig

» Vermutete Tatsachen (§ 270 ZPO) » Sonderfall: Richterliche Schadensschätzung (§ 273 ZPO) 108

Beweisverfahren – Grundbegriffe • Beweismaß » = Überzeugungsgrad des Richters » Wahrheitsüberzeugungs- oder Wahrscheinlichkeitsüberzeugungstheorie? » § 272 ZPO: „Hohe Wahrscheinlichkeit“  Regelbeweismaß »

Erhöhung: „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“

• Bescheinigung » Überwiegende Wahrscheinlichkeit  Reduzierung » „parate“ Bescheinigungsmittel » Kein formelles Verfahren 109

Beweisverfahren – Grundbegriffe • Behauptungslast » Behauptung von Tatsachen » Anbot von Beweisen » Nachteil trifft  

Kläger bzgl Klagebegründung (ev Unschlüssigkeit) Beklagten bzgl Klagebekämpfung

• Beweislast » non liquet » subjektive – Beweisführungslast » objektive – Nachteilsregelung  

Für günstige Tatsachen Beweislastumkehr 110

Beweisverfahren – Grundbegriffe • Beweisart » Nach „Beweisrichtung“  Hauptbeweis  Gegenbeweis  Beweis des Gegenteils (Hauptbeweis zur Entkräftung einer gesetzlichen Vermutung)

» Nach Zielrichtung  

Unmittelbar Mittelbar (Indizienbeweis, Anscheinsbeweis)

• Beweisverbote » Beweisthemen-, Beweismittel-, Beweismethodenverbote » Verwertungs- und Aufnahmeverbote 111

Urkundenbeweis

• Urkunde: schriftliche Verkörperung von Gedanken –> Tatsachenüberlieferung » Absichts- / Zufallsurkunde » Gleichstellung elektronischer Urkunden

• Öffentliche / private Urkunden » Öff: Von Beh / Urkundsperson öffentlichen Glaubens » Ausl öffentliche Urkunden (Gegenseitigkeit) » Öffentlich beglaubigte Urkunden (Legalisierung)

112

Urkunde – Echtheit und Richtigkeit • Echtheit • Richtigkeit • Vermutung der Echtheit » Bei inländischen öffentlichen Urkunden (§ 310) » Bei Privaturkunden   

Nichtbestreitung (§ 312) Beglaubigung der Unterschrift „Qualifizierte Echtheitsvermutung“ - § 294 ZPO

• Vermutung der Richtigkeit (§ 292 ZPO) » Nur bei öffentlichen Urkunden » Voller Beweis für Verfügtes, Erklärtes, Beurkundetes » Beweis des Gegenteils (?) bzgl Unrichtigkeit von Vorgang, Tatsache, Beurkundung

113

Urkundenvorlage • Durch Beweisführer: » Hervorhebung maßgeblicher Stellen » Erklärung durch den Gegner

• In der Hand von Behörde/Notar, Gegner, Dritten » Behörde/Notar: Beischaffung » Gegner   

Unbedingte Vorlagepflicht (§ 304) Bedingte Vorlagepflicht (§ 305) Folgen der Verletzung (keine exekutive Durchsetzung)

» Dritter  Vorlagepflicht: nur wenn gemeinschaftlich oder nach BR  Durchsetzung: Vollstreckbarer Vorlagebeschluss oder Editionsklage 114

Sonstige Beweise

» Sachverständigenbeweis » Zeugenbeweis » Augenscheinbeweis » Parteienvernehmung

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

116