Praktikumsbericht 2010

Anwaltskanzlei in Paris

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Inhaltsverzeichnis

I.

Einleitung _____________________________________________________________ 1

II. Erwartungen ___________________________________________________________ 2 III. Die Praktikumsstelle_____________________________________________________ 2 IV. Das Praktikum _________________________________________________________ 2 1.

Die Arbeit für die Kanzlei ____________________________________________________ 2

2.

Arbeitsbedingungen _________________________________________________________ 5

3.

Kontakt zu Kollegen_________________________________________________________ 5

V. Das Leben in Frankreich _________________________________________________ 5 1.

Unterkunft ________________________________________________________________ 5

2.

Sprache Französisch ________________________________________________________ 6

3. Kultur _______________________________________________________________ 6

VI. Schluss ________________________________________________________________ 7

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I. Einleitung Im direkten Anschluss an mein Abitur habe ich im September 2007 mein Studium an der juristischen Fakultät der LMU in München aufgenommen. Die Materie begeisterte mich von Anfang an. Schnell reizte es mich, die ersten erlernten Theorien in die Praxis umsetzen. Bereits nach dem ersten Semester absolvierte ich ein äusserst lehrreiches, vier-wöchiges Praktikum in der Rechtsabteilung eines grossen Unternehmens. Jeder Student, der die Erste Juristische Staatsprüfung in Bayern ablegen will, muss insgesamt drei Monate lang als Praktikant einer juristischen Einrichtung tätig werden, wobei der früheste Zeitpunkt nach Vorlesungsschluss des zweiten Semesters angesetzt ist. Da diese praktische Studienzeit in bis zu drei Abschnitten von je mindestens einem Monat abgeleistet werden kann, entschloss ich, mir hierbei verschiedenste mögliche Arbeitsfelder eines Juristen anzusehen. Ich erhoffe mir so herauszufinden, in welchem Bereich ich später einmal tätig werden möchte. So nutzte ich die darauf folgenden Semesterferien, um- nach der Arbeit in einem Unternehmen- einen weiteren Einblick in die Berufswelt der Juristen zu gewinnen. Diesmal wollte ich mich jedoch nicht auf die Anwendung des deutschen Rechts beschränken: Einen Monat lang bekam ich die Möglichkeit, in einer New Yorker Kanzlei als Praktikantin zu arbeiten. Dort sammelte ich zahlreiche, neue Erfahrungen. Besonders interessant war für mich hierbei, einen Vergleich zwischen dem amerikanischen „Common Law“ und dem in Deutschland vorherrschenden Prinzip des „Civil Law“ ziehen zu können. Ausserdem wurde ich hier erstmals mit der Arbeit in einer Kanzlei vertraut. Nach einem weiteren Jahr meines Jurastudiums in München zog es mich wieder ins Ausland: Das fünfte Semester verbrachte ich in der französischen Schweiz in Lausanne, wo ich mich vor allem den Studien des Internationalen und des Europarechts widmete. Auch konnte ich meine eher rudimentären Französischkenntnisse von zwei Jahren Schulunterricht enorm verbessern. Um nach diesem sechs-monatigen Aufenthalt meine Sprachfertigkeiten weiter auszubauen und zu festigen, bemühte ich mich um eine Praktikumsstelle in einem frankophonen Gebiet. Der Gedanke, noch einmal in einer Kanzlei in einer Grossstadt tätig zu sein und dabei einen Überblick über ein weiteres Rechtssystem zu erhalten, gefiel mir. Zudem hoffte ich herauszufinden, ob es wirklich die Arbeit in einer Anwaltskanzlei, die mir in New York so zugesprochen hat, sein würde, die ich nach meinem Studienabschluss anstrebte. Auf meiner Suche nach ausgeschriebenen Praktikumsstellen in Paris oder Lyon schöpfte ich jedoch wenig Hoffnung. Die Kenntnis des französischen Rechts im Allgemeinen und eine Spezialisierung in einem Gebiet wurden überall vorausgesetzt. Obwohl ich diese Anforderungen nicht erfüllen konnte, schickte ich einige Bewerbungen in die Hauptstadt Frankreichs, jedoch nicht ohne diesen ein ausführliches Motivationsschreiben anzuhängen. Daraufhin trat eine Kanzlei mit mir in Kontakt, die von meinem Mut und dem Interesse, die ich an den Tag lege, beeindruckt schien. Man bot mir tatsächlich einen Praktikumsplatz für einen Monat in Paris an. Daraufhin galt es, eine Wohngelegenheit zu finden und noch einige Formalitäten zu erledigen. Unter anderem ist für ein Praktikum in Frankreich nämlich eine „Convention de Stage“ erforderlich. Diese stellt eine Art Vertrag zwischen der Heimatuniversität und der Praktikumsstelle dar, in dem wichtige Fragen bezüglich Aufgabenbereich, Arbeitszeit und – bedingungen und Versicherung des Praktikanten geklärt werden sollen. Als ich einen Antrag

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auf eine solche „Convention“ an der LMU stellte, wurde ich auch über die Möglichkeit unterrichtet, ein Stipendium des DfjW für dieses Praktikum zu erhalten. Nachdem dann auch diese letzten Hürden genommen waren, brach ich nach Paris auf, um mein Praktikum zu beginnen. Der folgende Bericht legt dar, was ich mir von meiner Praktikumszeit erwartet habe, welche meiner Erwartungen erfüllt wurden und welche nicht und inwiefern meine Arbeit meinen beruflichen Werdegang bereichert. Zudem gehe ich darauf ein, inwieweit dieser Aufenthalt in Paris zu der Entwicklung meiner Persönlichkeit und meines Erfahrungsschatzes beitragen konnte.

II. Erwartungen Bei meiner Ankunft in Paris hatte ich noch keine Ahnung, was in den kommenden vier Wochen auf mich zukommen würde. Ich wusste, wo ich wohnen werde und wo sich die Anwaltskanzlei befand- aber das war auch schon alles. Ich hoffte so sehr, eine lehrreiche und angenehme Zeit zu verbringen. Ich wollte die Prinzipien des französischen Rechtssystems kennen-, verstehen und anwenden lernen, in den Alltag der Juristen einblicken, herausfinden, ob ich für die Tätigkeit in einer Kanzlei geschaffen bin und mich dabei in der Kanzlei nützlich machen. Von grosser Wichtigkeit erschien mir dabei die Möglichkeit, einen Vergleich zwischen französischem und deutschem Recht anstellen zu können. Vor allem weil ich mich in Lausanne sehr viel mit internationalem, europäischem und vergleichemdem Recht beschäftigt habe, wünschte ich mir in diesem Bereich mein Wissen zu erweitern und zu vertiefen. Sicherlich strebte ich es auch an, meine Französischkenntnisse zu verbessern. Ich war gespannt, ob ich dem Arbeiten in der Landessprache schon gewachsen war. Zwar gelang es mir bereits zuvor schon, Prüfungen auf französisch zu absolvieren. Jedoch hiess dass noch lange nicht, dass ich auch wirklich mit anderen Franzosen zusammenwirken konnte. Zuletzt erhoffte ich mir, dass ich neben meiner Anstellung als Praktikantin auch noch etwas Zeit finden werde, um neue Bekanntschaften zu machen und um von dem vielseitigen Angebot der Stadt zu profitieren.

III. Die Praktikumsstelle Die Kanzlei wurde im Jahr 1986 gegründet. Es handelt sich um eine französische Anwaltskanzlei, deren Standorte sich in Paris, Lille, Aix en Provence, Lyon und Shanghai befinden. Auf diese fünf Städte verteilt, bemühen sich etwa 100 Anwälte und zahlreiche Mitarbeiter um die Anliegen ihrer Klienten. Die Akivität des Pariser Standortes liegt vor allem im privatrechtlichen Bereich. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf Gesellschafts-, Immobilien-, Steuer- und Sozialrecht. In selteneren Fällen wird die Kanzlei auch von Klienten mit öffentlichrechtlichen Problemen frequentiert. Etwa zwölf Associés und zwölf Anwälte arbeiten dort zusammen mit einem Team von Praktikanten, Sekretären, einer Bibliothekarin und einigen Telefonisten an der Beratung und der Verteidigung ihrer Mandanten.

IV. Das Praktikum 1. Die Arbeit für die Kanzlei Nach einer freundlichen Begrüssung durch alle Mitarbeiter der Kanzlei wurde mir ein Schreibtisch im Praktikantenzimmer zugeteilt. Sofort merkte ich, dass die Franzosen viel schneller sprechen, als ich es aus der Schweiz gewohnt war. Mir kamen erste Befürchtungen, dass meine Französischkenntnisse für diese Arbeit nicht genügen würden. Doch ich schaute nach Vorne und versuchte mein Bestes zu geben.

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Schon kurz darauf wurde ich mit einem Berg von Arbeit für die erste Woche betraut. Zunächst fühlte ich mich etwas überfordert von all den Aufgaben, die ich zu erledigen hatte. Es handelte sich hierbei zunächst um die Lösung verschiedenster Probleme aller Rechtsbereiche auf die das Pariser Büro spezialisiert ist. Vor allem galt es, Nachforschungen zu bestimmten Themen oder Urteilen anzustellen und Unterlagen zu anderen zusammenzutragen. Auch wurden mir einzelne kleine Fälle zugeteilt, die ich lösen sollte. Dabei hatte ich das Gefühl, dass man davon ausging, dass ich mit dem in Frankreich vorherrschenden Recht vertraut war oder zumindest wie die anderen Mitarbeiter damit arbeiten konnte. In der Überzeugung, dass Recherche am leichtesten zu erledigen wäre, wagte ich mich zuerst daran. Ich war schon mehr als froh, dass ich genau vestanden hatte, was ich suchen sollte. Jedoch leider sagten mir all die Namen der verschiedensten Suchmaschinen des französischen Rechtssystems auf dem Bildschirm vor mir nichts. Nichts war so, wie ich es von beck-online kannte. Nach einer halben Stunde völlig hilflosen Umherirrens in den Tiefen der verschiedensten Internetseiten und Rechtsportalen wandte ich mich an einen der anderen, schwer beschäftigten Praktikanten und bat um Hilfe. Bald hatte ich verstanden, wie die erste der sechs wichtigsten Suchmaschinen funktionierte. So konnte ich zumindest einmal mit dem recherchieren anfangen. Bis zur Lösung der ersten Aufgabe vergingen aber noch einige Stunden. Um präzise Auskünfte über die wichtigsten Werke und Recherchemethoden des französischen Rechtssystem zu erhalten, musste ich einige Male die Bibliothekarin aufsuchen, die anderen Prakikanten von ihrer Arbeit abhalten und verschiedene Anwälte frequentieren. Nach diesen Bemühungen, mich in die Kanzlei einzuarbeiten, hatte ich Skrupel, dass ich den Anforderungen gerecht werde, war jedoch äusserst zufrieden festzustellen, dass ich zumindest- nicht wie anfangs befürchtet- keine grösseren Vertständnisprobleme wegen der Sprache hatte. So kostete der erste Tag mich viel Durchhaltevermögen und liess mich ahnen, dass ich mich während der vier Wochen meines Praktikums sicher nicht langweilen werde. In den darauffolgenden Tagen gelang es mir immer besser, mich in der Welt des französoschen Rechts zurechtzufinden. Dies schaffte ich aber nicht, ohne dem steten Rat der anderen Praktikanten einzuholen, die wirklich sehr bemüht waren, mich zu unterstützen. Sie schienen- besser als die meisten Anwälte- zu verstehen, dass es nicht einfach ist, sich in Aufgaben einzudenken, deren Inhalt sich auf ein unbekanntes Gebiet begrenzt: das französische Privatrecht. Man klärte mich also über verschiedenste Prinzipien und Konstellationen von Rechtsbeziehungen auf. Viele von diesen weisen starke Gemeinsamkeiten mit dem deutschen Recht auf. Andere hingegen waren mir völlig neu. Zu dem schnellen Verständnis der Materie trug in jedem Falle mein Kenntnis der allgemeinen grossen Rechtsprinzipien bei, die ich in den vergangenen Jahren meines Studiums kennen gelernt habe. Oft hat sich während meiner Belehrung durch andere Mitarbeiter eine kleine Diskussion über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede des deutschen und des französischen Rechts entwickelt. Neugierig tauschten wir unser Wissen aus und staunten dabei nicht selten über das jeweils fremde Recht. Schnell konnte ich auf diese Weise erreichen, was ich wollte: Ich habe einen Einblick in das französische Recht gewonnen und dabei einen Vergleich zum Recht meiner Heimat ziehen können, ohne dass ich dabei jemanden von seiner Arbeit abgehalten hätte. Nach kurzer Zeit, könnte ich alle Rechercheaufgaben selbstständig lösen. Ich fühlte mich bereit, mich auf ein neues Terrain zu begeben: das Erstellen von Dossiers. Hierfür verbrachte ich viel Zeit in der Bibliothek. Die Ergebnisse, die ich ablieferte, schienen äussersts zufriedenstellend zu sein, was meinen Eifer belohnte. Nur mit einer der Anwältinnen, die anscheinend Genugtuung darin fand, mir nie enden wollende, langweilige und sich ständing verändernde Aufgaben zu geben. Egal, was ich ihr gab- es war immer nicht genug oder etwas anderes, was sie wollte. Nachdem ich etwa eine Woche lang vergeblich versuchte, ihren

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Ansprüchen bezüglich eines bestimmten Dossiers gerecht zu werden, bat ich sie, nicht weiter nach meiner Hilfe zu fragen. Ich erklärte ihr, dass alles mir mögliche für sie getan habe und dass die Unterbrechung unserer Kolloboration vielleicht für uns beide angenehmer wäre. Nach diesem Gespräch habe ich plötzlich von genau dieser Person sehr viele interessante Projekte bekommen, von deren Resultat sie stets sehr angetan schien. So wurde ich auch damit beauftragt, einen Gerichtstermin vorzubereiten. Für mich war dies eine komplett neue Erfahrung. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, wie die französische Judikative aufgebaut ist. Ich erfuhr zum Beispiel, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit man einen Rechtsstreit vor einem Gericht lösen kann und welche Formalitäten hierfür erledigt werden müssen. Ausserdem wurde ich darüber aufgeklärt, dass manche Dokumente persönlich von einer zuständigen Person zu einem bestimmten Zeitpunkt vor dem Gerichtstermin in das jeweilige Gebäude, in dem die Verhandlung selbst stattfindet, gebracht werden muss. Auch diese weniger intelektuellen Botengänge gehörten schliesslich zu meinen Aufgaben. Doch da ich nach einem solchen, notwendigen Dienst die Anwälte stets zu ihren Verhandlungen begleiten durfte, machte selbst diese eher unjuristische Aktvität Spass. Vor allem interessierte mich nämlich, wie Prozesse in Franreich abgehalten werden. Ich hatte bereits Gerichtstermine in New York, München und London verfolgt und war gespannt, inwiefern sich die Abläufe dort von diesen differenzierten. Besonders viel helfen konnte ich in der Kanzlei, wenn es darum ging, für und mit ausländischen Klienten zu arbeiten. So trugen meine Übersetzungen und Explikationen dazu bei, dass die Korrespondenz zwischen englisch- und deutschsprachigen Mandaten problemfrei ablief. Beispielsweise klärte ich die Anwälte über die Lösung eines Sachverhalts nach dem deutschen Gesellschaftsrecht auf, sodass diese die Anliegen ihrer deutschen Kunden, die Anteile an einer Gesellschaft in Frankreich haben, besser nachvollziehen konnten. Daraufhin unterrichtete ich Letztere über ihre Möglichkeiten mit ihren Problemen umzugehen. Hierfür war es selbstverständlich zunächst notwendig, sich ausfürhlich in das französisch Gesellschaftsrecht einzulesen um dann gemeinsam mit den Anwälten Lösungsoptionen zu erarbeiten. Dadurch konnte ich wiederum viele neue Erkenntnisse sowohl bezüglich der Arbeitstechniken in einer Kanzlei als auch bezüglich des französischen Rechts sammeln. Zudem bekam ich bei dieser Arbeit zunehmend das Gefühl, dass meine Leistung geschätzt und vor allem auch gebraucht wird, was mir immer wieder anspornte. Denn bei meinen Bemühungen, etwas zur Arbeit mit dem rein französischen Recht beizutragen, nahm ich oft wahr, dass dies nicht besonders grosse Anerkennung fand oder ich erst gar nicht um Hilfe gebeten wurde. Natürlich war mir schon vor dem Antritt meines Praktikums bewusst, dass ich keine Spezialistin für französisches Privatrecht war. Jedoch erhoffte ich mir trotzdem, dass meine Lernbereitschaft erkannt und mein Eifer belohnt wurde. Mein Unwissen sollte mir nicht schon von Vornherein einen Stempel auf die Stirn setzen, der sagt:” Ich weiss nichts, ich kann nichts!”. Und in dem Bereich der Korrespondenz mit dem Ausland konnte ich beweisen, dass ich zwar NOCH nicht viel wusste, aber gerne bereit war, etwas zu lernen und sehr wohl auch schon etwas konnte! Nach und nach schienen die Mitarbeiter der Kanzlei bemerkt zu haben, dass ich wirklich Einsatz zeigen wollte. Man liess sich schliesslich darauf ein, mir auch kompliziertere Aufgaben zu geben- auch wenn das bedeutete, dass man mir einen Gegenstand länger und genauer erklären musste, wie einem französischen Praktikanten. Nachdem mir dies am Ende der zweiten Woche gelungen war, kam es mir auch nicht mehr lang vor, wenn ich jeden Tag von 9.00 Uhr morgens bis 21.00 Uhr morgens im Büro verbrachte. Ich hatte alle Hände voll zu tun und achtete beim Erledigen dieser Arbeit nicht mehr auf die Zeit. Zwar war ich schon zu Beginn mehr als ausgelastet und langweilte mich nicht, jedoch zog ich keine grosse Freude aus meinen anfänglichen Aktivitäten. Es handelte sich nämlich nun kaum mehr um simple Rechercheaufgaben, sondern um komplexe

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Sachverhalte, die es zu bearbeiten galt. Während der restlichen Zeit meines Praktikums lernte ich nicht nur sehr viel dazu, sondern fand auch Spass an der Arbeit. 2. Arbeitsbedingungen Wie bereits angeschnitten, hatte ich eher längere Arbeitszeiten, als es für einen Praktikanten in Deutschland üblich erscheint. In Paris hingegen scheint es Gang und Gebe zu sein, dass die Praktikanten genausolange und viel Arbeiten wie ihre Vorgesetzten, wenn nicht sogar noch länger. Ich gewöhnte mich daran, dass ich das Büro wohl eher selten vor 20.00 Uhr verlassen werde. Morgens war das Erscheinen bis spätestens 9.30 Uhr erwünscht, wobei man schon komische Blicke ertragen musste, wenn man “erst” gegen 9.15 Uhr auftauchte. Auch das hatte ich nach zwei Tagen verstanden, sodass ich täglich ab 9.00 Uhr an meinem Arbeitsplatz anzufinden war. Mein Büro, das ich mit zwei weiteren Praktikanten teilte, war mit drei grossen Schreibtischen, Computern und allen anderen nötigen Materialien ausgestattet, was sicherlich zum effizienten Arbeiten beitragen konnte. Für die täglich anfallenden Fahrtkosten für die öffentlichen Verkahrsmittel zum Büro musste man stets selbst aufkommen. Lediglich die U-Bahntickets, die extra gekauft wurden, um Erledigunngen für die Kanzlei zu tätigen, wurden erstattet. An Taxigeld für die besonders nachtaktiven Mitarbeiter war keineswegs zu denken. Leider hat die Kanzlei auch keine eigene Kantine, sondern nur eine Küche in der man mittags seine mitgebrachten Speisen aufwärmen und verzehren konnte. Problematisch war jedoch, dass sich dort jeden Tag etwa 50 Menschen um zehn Plätze und eine Mikrowelle stritten. Also ass man meist im Büro oder flüchtete sich bei schönem Wetter für eine halbe Stunde in einen nahe gelegenen Park. Auch erhielt man, wie es in Deutschland und USA gerne praktiziert wird, nie Gutscheine für Essen, wenn man abends besonders lange im Büro blieb oder wegen eines Botenganges gezwungen war, mittags ausserhalb etwas zum Essen zu kaufen. 3. Kontakt zu Kollegen Die Kanzlei legt viel wert darauf, dass in den Büroräumen ein gutes Arbeitsklima herrscht. Man war sehr bemüht etwaige Konflikte zwischen Mitarbeitern schnellst möglich aus der Welt zu schaffen. So herrschte meist üerall eine angenehme Atmosphäre. Nur wenn es galt, ein eiliges Projekt (“urgence”) zu beenden, konnte man die allgemeine Anspannung spüren und zum Teil auch hören. Sonst wurde sehr darauf geachtet, sich mit Respekt und fast schon übertriebener Politesse gegenüberzutreten. Wenn man sich an der Kaffeemaschine traf, wurden stets ein paar freundliche Worte ausgetauscht, bevor es wieder an die Pflicht ging. Besonders angenehm war die grosse Hilfsbereitschaft der zwei anderen Praktikanten.Wann auch immer ein Problem auftrat war man bereit, mich sofort bei dessen Lösung zu unterstützen. Mittags kauften wir zusammen etwas zum Essen und suchten uns einen ruhigen Platz, um für ein paar Minuten Pause zu machen. Selbst nach der Arbeit ging man oft noch ein eine Nahe gelegene Bar, um die Anstrengugen des Tages hinter sich zu lassen und bei einem Drink den Abend ausklingen zu lassen.

V. Das Leben in Frankreich 1. Unterkunft Auch mangelte es mir in der wenigen Zeit, die mir für das Privatleben noch blieb, nicht an sozialen Kontakten: Ich wohnte zusammen mit zwei Studentinnen bei einer älteren Dame nicht weit entfernt von meiner Arbeitsstelle. Mit diesen hatte ich abends sehr viel Spass. Die Vermieterin selbst, eine Pariserin fortgeschrittenen Alters, war äusserst reizend und tat alles, was zu unserem Wohlbefinden beitragen konnte.

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Die Mutter von 15 Kindern wusste spannende Geschichten zu erzählen, was mir einen Einblick in das Leben einer grossen fransösischen Familie gab. Ausserdem liess sie uns an ihren Erinnerung aus der Kriegszeit teilhaben. Nie zuvor hatte ich eine so lebendige Schilderung aus dieser furchtbaren Jahren gehört. Besonders interessant dabei war es, zu erfahren, wie man in Frankreich den Zweiten Weltkrieg erlebt hatte. Zudem lud sie mich ein, an den sonntäglichen Mittagessen mit ihren Verwandten teilzunehmen. Bei dieser Gelegenheit lernte ich einige ihrer Enkel kennen, die in meinem Alter sind. Mit diesen verbrachte ich im Laufe meines Aufenthalts viele amüsante Stunden. Die Kanzlei hatte mich bei der Suche nach einer Wohnmöglichkeit zwar nicht unterstützt, jedoch war ich so zufrieden mit meiner Unterkunft, dass ich diese Unannehmlichkeit schon fast vergessen habe. Durch Zufall hatte ich auf meiner langwierigen und fast schon verzweifelten Wohnungssuche erfahren, dass die Dame Zimmer in ihrer Wohnung an Studentinnen vermietet. Auch war im Mietpreis schon das Frühstück mitinbegriffen, was mir sehr zu Gute kam. Das Leben in Paris ist nämlich keineswegs billig. Schon für ein einfaches Sandwich und ein Getränk muss man jeden Mittag etwa acht Euro einrechnen. So war ich froh, dass ich an dieser Stelle zumindest “Einsparungen” machen konnte. 2. Sprache Französisch Während meines Aufenthalts in Paris gelang es mir auch meine Französischkenntnisse zu festigen und weiter auszubauen: In der Kanzlei sprach und arbeitete ich selbstverständlich, wenn ich nicht gerade ein Telefonat nach Deutschland oder Amerika führte, auf französisch. Auch beim Einkaufen und in Cafés versuchte ich stets mein Französich zu praktizieren. Zudem wurden alle Konversationen mit der Familie der Dame auf Französich gehalten. Auf diese Weise konnte ich meine Freizeit in Paris nicht nur in vollen Zügen geniessen, sondern war auf angenehme Weise quasi gezwungen, an meinen Sprachferigkeiten zu arbeiten. Nur störte es mich, dass ich diesen gegenüber meine Persönlichkeit nicht ganz zeigen konnte: normalerweise bin ich ein Mensch, der sehr gerne alberne Geschichten erzählt und lacht. Jedoch empfand ich es als sehr schwierig, diese Charakterzüge auch in französischsprachiger Runde auszudrücken. Es stellt immer noch einen grossen Unterscheid dar, ob man eine Sprache in den wichtigsten Situationen sprechen kann oder ob man diese wirklich insoweit beherrscht, dass man ganz “man selbst” sein kann. Es störte mich, dass ich es nicht vermöchte, Witze auf französisch wirklich so wiederzugeben, dass sie auch wirklich zum Lachen waren. So blieb mir oft nichts anderes übrig, als den lustigen Erzählungen der anderen zu lauschen, mich an diesen zu erfreuen und dann wieder in das Gespräch einzusteigen, wenn das Witzeln ein Ende hatte. Am Ende meines Aufenthaltes wagte ich es dann aber doch ein paar Mal, diesbezüglich ins kalte Wasser zu springen. Dabei merkte ich besonders, wie sehr sich die Franzosen bemühten, mir beim Verbessern meines Französoschevermögens zu helfen. 3. Kultur Die wunderschöne Hauptstadt Frankreichs kannte ich bereits vor meinem Praktikum sehr gut, sodas es für mich nicht überraschend war, welche vielfältigen kulturellen Möglichkeiten dort geboten werden. Selbst ein einfacher Spaziergang durch die Strassen von Paris ist eine einzigartige Erfahrung. Überall erblickt man kleine Gruppen von Strassensängern oder Malern, die Momentaufnahmen des Stadtlebens festhalten, um mit ihren Werken später auch einmal einen Eintritt in die grosse Welt der berühmten Künstler Eintritt zu finden, die in den unzähligen Operbühnen und Muséen zu bestaunen sind. All die aufwändigen Fassaden der Häuser, die die prachtvollen Boulevards säumen oder sich in der Seine spiegeln, die sich verträumt durch das Zentrum schlängelt stellen schon eine Sehenswürdigkeit dar. Ganz zu schweigen von der echten Attraktionen, wie dem “Louvre” oder dem Eiffelturm, die die Stadt so besonders machen. Um viele neue Eindrücke der französischen Kultur zu gewinnen, blieb 6

neben dem Praktikum leider kaum Zeit. Meine so grosse Leidenschaft, Museen zu besichtigen, kam eindeutig zu kurz. Lediglich die Samstage konnte ich nutzen, um drei Ausstellungen anzusehen. Dafür verschaffte mir der Umgang mit den “echten Parisern” eine Idde, wie sich das Leben in der Grossstadt wirklich abspielt. Neben ihren Gewohnheiten, wie zum Beispiel Arbeits- und Essenszeiten, und ihren vielseitigen Gesprächsthemen, die mir oft weit intelektueller als der Inhalt der Konversationen in Deutschland vorkamen, begann ich auch ihren Humor kennen und lieben zu lernen! In ihrer Gesellschaft fühlte ich mich meist sehr wohl und herzlich aufgenommen. Ihre Freundlichkeit und ihr Einfühlvermögen liessen mich persönlich das Vorurteil, dass Franzosen- und die Pariser im Speziellen- generell Ausländern gegenüber sehr verhalten sind und sich als etwas Besseres fühlen, wiederlegen. Eine Bereicherung habe ich sicherlich bei der kularnischen Kultur erfahren: Die Dame, bei der ich meine Unterkunft fand, bereitete köstliche, typische, französische Gerichte zu, von denen ich zuvor nur gehört hatte. Nie zuvor bekam ich aber die Gelegenheit, diese auch zu probieren. Auch ihre Enkel nahmen mich in viele kleine Restaurants mit, in denen noch traditionelle Küche angeboten wurde. Da ich selbst sehr auf eine gute und gesunde Ernährung achte, werde ich sicherlich in Zukunft das ein oder andere Rezept nachkochen. Zudem gehörten diese Lokalitäten generell nicht zu der Art von Restaurant, die man auch gerne als “Touristenfallen” betitelt. In Paris besteht nämlich ein hohes Risiko, dass man in einemder vielen völlig überteurtes Cafés landet, in dem man schnell einmal fünf Euro für einen einfachen Cappuccino loswird.

VI. Schluss Abschließend muss ich sagen, dass es mir gelungen ist, meine Arbeit im Büro einzubringen und mich dabei mit Themen auseinandersetzen, die mich sehr interessierten. Auch konnte ich während des Praktikums endlich herausfinden, wie ich mich in meinem kommenden Studienjahr spezialisieren möchte. Denn die Arbeit in diesem Bereich hat mir, wie bereits erwartet, am meisten Freude bereitet. So werde ich voller neugeschöpfter Motivation in mein nächstes Semseter durchstarten. Zudem habe ich neue Kontakte geknüpft, die mir in der Zukunft sicherlich nicht nur im Beruf weiterhelfen werden. Alles in allem kann ich zufrieden auf vier Wochen voller Arbeit und neuer Erfahrungen zurückblicken.

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