Position. Forschung und Innovation Zukunft durch Fortschritt

Position Forschung und Innovation – Zukunft durch Fortschritt Stand: Juli 2013 Position – Forschung und Innov ation - Zukunf t durch Fortschritt V...
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Forschung und Innovation – Zukunft durch Fortschritt Stand: Juli 2013

Position – Forschung und Innov ation - Zukunf t durch Fortschritt

Vorwort

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Vorwort Mit Forschung und Innovation in die Zukunft!

Investitionen in Forschung und Innovationen sind zentrale Wachstumstreiber für die Wettbewerbsfähigkeit. Vorausschauende Technologiepolitik hat die Aufgabe, ein günstiges Umfeld hierfür zu schaffen. Sie muss Stärken mit exzellenzorientierten Ansätzen profilieren und vorhandene Schwächen kompensieren. Innovationen müssen konsequent in der Wirtschaft umgesetzt werden – andernfalls zahlen wir die Entwicklungen, die andere Standorte nutzen. Einige Staaten kurbeln ihre Forschung und Entwicklung kräftig an – beispielsweise China. Das Land will nicht mehr nur verlängerte Werkbank der Welt sein, sondern ihre Denkfabrik. Noch hat Bayern gegenüber China deutliche Standortvorteile. Im Ranking der vbw Studie “Industrielle Standortqualität Bayerns im internationalen Vergleich“ steht Bayern auf Platz drei, China hingegen auf Rang 24. Die Studie verdeutlicht aber auch, dass China bereits heute unser größter Konkurrent ist. Wir dürfen uns nicht zurücklehnen. Es gilt, die Wettbewerbsfähigkeit weiterhin zu stärken, innovativ zu bleiben und uns noch mehr als bisher international aufzustellen. F+E kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Sie muss forciert werden, wenn wir auch in Zukunft im Strom der Internationalisierung vorne mitschwimmen wollen. Der Maßnahmenkatalog zur Forschungsförderung von EU, Bund und Land ist zwar vielfältig, dennoch muss Forschungs- und Innovationspolitik vor allem aus einem Guss sein. Sie muss garantieren, dass Deutschland auf dem Weltmarkt auch in Zukunft alle Chancen hat und mit einer starken Technologielandschaft aufwarten kann. Erforderlich ist ein langfristiges, gemeinsames, strategisches Handeln von Politik, Wissenschaft und Industrie. In allen drei Bereichen müssen die bestehenden Optimierungspotenziale ausgeschöpft werden. Es bedarf klarer Zielvorgaben, insbesondere im Benchmark zu den Mitbewerber-Standorten. Strategien und Strukturen sind laufend den Effizienzerfordernissen anzupassen und weiterzuentwickeln. Wer eine sichere Zukunft will, muss in Fortschritt investieren. Bertram Brossardt 31. Juli 2013

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Inhalt

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Inhalt 1

Forschungslandschaft transparent und effizient gestalten...................... 2

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Forschungsförderung als systematisches Angebot etablieren.............. 4

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Forschungspolitik mit Instrumenten der Mittelstands- und Außenwirtschaftspolitik verknüpfen............................................................ 5

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Forschungsstrategien zwischen Bund, Land und EU abstimmen........... 6

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Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft erleichtern .......................................................................................................................... 7

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Patentverwertung aus Hochschulen optimieren........................................ 9

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Forschung nachhaltig finanzieren ............................................................. 10

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Zusammenfassung ...................................................................................... 15

Ansprechpartner ............................................................................................................. 16 Impressum ...................................................................................................................... 16

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Forschungslandschaft transparent und effizient

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Forschungslandschaft transparent und effizient gestalten

Transfer-Angebote bündeln, Zugang zur Forschung erleichtern

Die Forschungslandschaft erweist sich oftmals als intransparent. Die mangelnde Übersichtlichkeit führt zwangsläufig zu Ineffizienzen. Beispielsweise existieren alleine im Freistaat mehr als 100 überwiegend staatlich geförderte Institutionen in den Bereichen Forschungs- und Technologieförderung sowie Technologietransfer. Die Einrichtungen haben teilweise sehr spezialisierte Aufgaben und können daher nicht umfassend agieren. So fehlt der Mehrzahl nicht selten die „kritische Masse“, um wirksam zu agieren. Das von der Bayerischen Staatsregierung Ende Juni 2010 eröffnete Haus der Forschung weist daher in die richtige Richtung. Es hat zum Ziel, das Gesamtsystem des Technologietransfers in Bayern effizienter und für Wissenschaftler und Unternehmer transparenter zu gestalten. Außerdem bündelt es das Informationsangebot zu Förderprogrammen auf Landes-, Bundes- und Europaebene. Auch die Programmförderung braucht mehr Transparenz, insbesondere für KMU. Diese besitzen meist nicht die Kapazitäten, sich den notwendigen Überblick im Förderdschungel zu verschaffen. Viele KMU investieren aus eigener Kraft in Forschung und Entwicklung. Aber wenn sie Unterstützung benötigen, sind sie bei der Vergabe von staatlichen Fördergeldern oftmals im Nachteil. Die Gründe für den Verzicht auf die Beantragung von Fördermitteln bei Mittelständlern sind meist, dass die Förderprogramme nicht den Bedürfnissen der Unternehmen entsprechen, Informationen über geeignete Programme fehlen, der Aufwand bei der Antragsstellung zu groß ist und es an Kontinuität und Nachhaltigkeit der Programme mangelt. Das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM), welches bis Ende 2014 unter anderem technologieoffen fördert und zumindest bis Ende 2013 auch Mittelständler mit bis zu 500 Beschäftigten fördert (sonst 250 Beschäftigte) ist daher ein grundsätzlich richtiger Ansatz. Generell helfen zentrale Ansprechpartner und einheitliche, klare, überschaubare Förderkonditionen. Die Zusammenlegung und Konzentrierung diverser Instrumente und Programme oder auch die Einrichtung der zentralen Förderberatung des Bundes weisen in die richtige Richtung. Antragsverfahren für Programme sollten standardisiert und lange Bearbeitungszeiten verkürzt werden. Denn schnelle Antragsbearbeitung und kurze Bewilligungsfristen – idealerweise mit hierfür entsprechend konkretisierten absehbaren Zeiträumen – tragen zu Verlässlichkeit und Glaubhaftigkeit bei den Antragstellern bei. Nur so werden Unternehmen die Angebote auch gut annehmen und gezielt Fördermittel beantragen. Bei der europäischen Forschungsförderung wird vor allem der administrative Aufwand von Wissenschafts- und Wirtschaftsseite heftig kritisiert. Auch der im Juni 2013

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Forschungslandschaft transparent und effizient

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veröffentlichte Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofes sieht das 7. Forschungsrahmenprogramm (FRP) der EU immer noch zu bürokratisch. Der Rechnungshof empfiehlt unter anderem das 7. FRP einheitlicher zu verwalten, die Beteiligungsregeln an die Verfahren der Mittelempfänger anzupassen, die Bearbeitungszeiten durch automatisierte und einheitliche Prozesse zu verkürzen, die Kontrolltätigkeit vor und nach der Zahlung stärker risikoorientiert zu gestalten. Letztlich zeigt auch der Umstand, dass viele Industriefirmen bei der Alternative nationale versus europäische Förderung die nationale Schiene vorziehen, obwohl die Förderquoten deutlich unter den europäischen liegen können, dass hier etwas im Argen liegt. Die seit Mitte der 90er Jahre rückläufige Beteiligung der Wirtschaft an den Forschungsrahmenprogrammen der EU lässt sich nur umkehren, wenn in Horizon 2020 – dem zukünftigen Forschungsrahmenprogramm ab 2014 – die Verfahrensvereinfachung, beschleunigung sowie -harmonisierung gewährleistet werden. Auch die Verstärkung der Anwendungs- bzw. Ergebnisorientierung ist zielführend. Konsortien sollten überschaubar gehalten werden, um hohen Steuerungsaufwand und schwer beherrschbare Interessenkonflikte bei den Partnern zu vermeiden. Um die Beteiligung von KMU zu steigern, sind die Förderung der Unterstützung bei Antragstellung, Reduzierung der Mindestanforderungen, die Förderung externer Drittmittelforschung im Auftrag von KMU und eine Stärkung der Themenoffenheit hilfreich. Auf allen Ebenen muss es primär darum gehen, folgenden Funktionen Rechnung zu tragen: – Information Generell muss ein Informationsangebot gebündelt werden und die benötigten Auskünfte passgenau an Beratungssuchende weitergegeben werden. Die Hinweise zum Technologietransfer, zu Fördermöglichkeiten und Finanzierungen sind daher zu verbinden. – Navigation Die Navigationsfunktion gilt in zweierlei Hinsicht: Anfragen müssen dienstleistungsorientiert durch die verschiedenen Einrichtungen begleitet werden – im Sinne eines one-stop-Ansprechpartners. Außerdem geht es auch um Navigation, die auf Trends und zukünftige Entwicklungen in der Forschung aufmerksam macht und Informationen liefert, wie sich unsere internationalen Wettbewerber aufstellen. – Koordination Es muss eine koordinierte Strategie für übergreifende Leistungsangebote entwickelt werden. Koordinierung bedeutet auch mehr Transparenz über die Forschungsarbeiten an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu schaffen. Nur so besteht die Möglichkeit, die Forschungsschwerpunkte der einzelnen Akteure stärker zu vernetzen. Diese Maßnahmen gewährleisten eine effektive und effiziente Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel.

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Forschungsförderung als systematisches

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Angebot etablieren

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Forschungsförderung als systematisches Angebot etablieren

Gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigen

Für zukunftsweisende Innovationsfelder bzw. Schlüsseltechnologien sind konsistente Forschungsstrategien zu entwickeln, die in einem Gesamtzusammenhang zu sehen sind. Die vielfältigen Instrumente der staatlichen Forschungsförderung beinhalten die Projektförderung, die Verbundforschung, die institutionelle Förderung von Großforschungseinrichtungen und Hochschulen wie auch Cluster- und Netzwerkförderung. Es mangelt jedoch an einem verzahnten Angebot, welches den Wirtschaftsunternehmen bei Technologiemarketing, Technologievermittlung, Forschung und Entwicklung inklusive hiermit verbundenen Auftragsvergaben, Pilotierung, Produkterstellung oder Schutz geistigen Eigentums bis hin zur Markteinführung und Vermarktung zur Verfügung steht. Auch auf europäischer Ebene wäre ein solches ganzheitliches Konzept, das Forschung und Innovation als Kette betrachtet und die Instrumente zu einer durchgängigen Förderung des Innovationszykluses (z. B. auch Demonstrationstätigkeiten und Prototypenbau) verbindet, insbesondere für die Gewinnung klein- und mittelständischer Unternehmen zielführend. Immer wieder lässt sich feststellen, dass es zwar zahlreiche Angebote in den jeweiligen Bereichen gibt, jedoch keine gegenseitige Vernetzung besteht. Indes wird nur selten auf vor- oder nachgelagerte Programme und Möglichkeiten verwiesen. Alle Fragestellungen müssen von den Unternehmern mühevoll bei den unterschiedlichsten Institutionen erlaufen werden. In Bayern ist es die Aufgabe vom Haus der Forschung hier Abhilfe zu schaffen. Eine durchgängige lückenlose Begleitung der innovativen Betriebe führt zu den erwünschten Erfolgen bei der Umsetzung innovativer Ideen in Produkte. Wichtig ist aber auch, dass die unterschiedlichen Bedarfsgruppen bei den Unternehmen identifiziert werden. Es dürfen nicht nur Hochtechnologien im Fokus der Strategie stehen, es müssen auch solide Standardtechnologien vermittelt werden. So werden die richtigen Voraussetzungen für Spitzentechnologien geschaffen. Es geht darum die unterschiedlichen Betriebszustände zu erkennen – gerade auch bei mittelständischen Betrieben, die Bedarfsgruppen zu identifizieren und daraus gezielt abzuleiten, welche Arten von Unternehmen, welche spezifische Unterstützung benötigen. Es ist daher essentiell, dass Forschungsförderung immer in einem Gesamtkontext gesehen wird. Dabei muss aber darauf geachtet werden, dass es der Markt ist, der über die zukünftigen Technologie-Trends entscheidet.

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Forschungspolitik mit Instrumenten der

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Mittelstands- und Außenwirtschaftspolitik verknüpfen

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Forschungspolitik mit Instrumenten der Mittelstands- und Außenwirtschaftspolitik verknüpfen

Technologiepolitik aus seinem Guss

Bereits das vbw Mittelstandsgutachten (2008) hat gezeigt, dass Innovationsfähigkeit und Exportorientierung Firmen voranbringen, zu deren Geschäftserfolg beitragen und Arbeitsplätze im Land sichern kann. Die Innovationspolitik sollte daher grundsätzlich auch eng mit den Instrumenten der Mittelstands- und Außenwirtschaftspolitik verzahnt werden. Denn Wachstum ist vor allem auf neuen Märkten im Ausland möglich. Gerade für innovationsstarke Unternehmen öffnet sich dort eine Tür zum Erfolg. Wenn die Unternehmen weltweit denken und agieren, können sie den Absatz ihrer Produkte oder Dienstleistungen steigern und damit gleichzeitig ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung rasch wieder refinanzieren. Gerade vor dem Hintergrund, dass auch die emerging markets ihre Forschung und Entwicklung kräftig ankurbeln ist dies unerlässlich. Zwar kommt Bayern in der aktuellen vbw Studie „Industrielle Standortqualität Bayern im internationalen Vergleich“ auf Platz drei – vor dem Freistaat sind lediglich Schweden und die Schweiz platziert. Gleichzeitig warnt die Studie aber auch, dass China (Rang 24) bereits heute unser größter Konkurrent ist. Daher gilt es, die Wettbewerbsfähigkeit weiterhin zu stärken, innovativ zu bleiben und sich noch intensiver als bisher international aufzustellen.

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Forschungsstrategien zwischen Bund, Land und

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EU abstimmen

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Forschungsstrategien zwischen Bund, Land und EU abstimmen

Koordinierte Forschungsförderinstrumente mit klarer Schwerpunktsetzung

Es darf keine Förderung nach dem Gießkannenprinzip mehr geben. Bund und Länder müssen sich auf eine klare Schwerpunktsetzung einigen und ihre Forschungsförderinstrumente besser koordinieren. Auch die Abstimmung mit der EU muss besser werden. Grundsätzlich sollten die Forschungsstrategien sowohl auf die Nachfrage, den Bedarf und die Profile der Wirtschaft sowie auf Strukturveränderungen als auch auf die großen Herausforderungen der Zukunft wie Globalisierung, Digitalisierung, Klimawandel und Energie- und Rohstoffversorgung oder Demografie abgestimmt sein. Marktinteressen und -entwicklungen müssen fortlaufend berücksichtigt werden. Die deutsche Forschung muss tief in die europäische und internationale Forschung eingebettet sein. Entsprechende Netzwerke gilt es zu fördern und zu pflegen. Hierdurch können die Beteiligten Trends und zukünftige Entwicklungen in der Forschung aktiv verfolgen und erhalten auch Informationen darüber, wie sich unsere internationalen Wettbewerber aufstellen.

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Technologietransfer zwischen Wissenschaft und

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Wirtschaft erleichtern

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Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft erleichtern

Starke Kooperation Wirtschaft – Wissenschaft

Zu oft geht wertvolle Zeit von der Erfindung bis zur praktischen Umsetzung und Vermarktung eines innovativen Produkts verloren. Zur Sicherung und Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit bayerischer Unternehmen ist eine intensive und reibungslose Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft notwendig. Hochschulen und ihre Forschungseinrichtungen sind für Unternehmen kompetente Partner, wenn es um Impulse für die Innovationsfähigkeit, um fundiertes Wissen zur aktuellen Forschung und um Zugang zu qualifizierten Fachkräften geht. Um auf Herausforderungen des Marktes zu reagieren, müssen Unternehmen das Potenzial an Hochschulen noch leichter für sich verwertbar machen können. Insbesondere die Kooperation von kleinen und mittleren Unternehmen mit wissenschaftlichen Einrichtungen muss initiiert, intensiviert und gefördert werden, um einen erfolgreichen Wissens- und Technologietransfer zu gewährleisten und Brücken von der Forschung in die Anwendung zu schlagen. Bayern ist mit seiner Forschungslandschaft grundsätzlich gut aufgestellt (siehe Abbildung 1), allerdings ist das Angebot sehr heterogen. So konzentriert sich beispielsweise das Angebot der Transferstellen der Hochschulen meist nur auf die jeweilige Hochschule und ist untereinander teilweise wenig abgestimmt ist. Viel Zeit und Geduld sind nötig, um sich einen Überblick zu verschaffen. Hierfür ist die Transfer-Landschaft übersichtlicher und transparenter zu gestalten. Die vbw fordert deshalb, die Transfer-Angebote zu bündeln, zu vernetzen, zu koordinieren, um Transparenz und Wirksamkeit zu erhöhen. Bestehende Transfer-Initiativen müssen eingebunden werden. Dauerhafte, klare Strukturen und Ansprechpartner helfen ein einheitliches Erscheinungsbild zu schaffen. Forschungslandkarten können helfen vorhandenen wissenschaftlichen Forschungskapazitäten „auf einen Blick“ zu visualisieren – dies schafft Transparenz und ermöglicht einen Abgleich zwischen Kapazitäten und Bedürfnissen. Synergien zwischen Wissenschaft und Wirtschaft müssen genutzt werden. Kontakte zur Hochschule können für die Unternehmen außerdem wertvoll sein, um qualifizierte Nachwuchsmitarbeiter zu gewinnen oder die eigenen Fach- und Führungskräfte durch wissenschaftliche Weiterbildung auf dem neuesten Stand der Forschung zu halten. Grundsätzlich brauchen die Hochschulen Flexibilität und Entscheidungsfreiheit. Auf diese Weise wird auch der Wettbewerb untereinander gefördert. Gleichzeitig müssen sich die Hochschulen der Wirtschaft öffnen und ihr Bewusstsein für unternehmerische Belange schärfen, die Firmen wiederum ihre Berührungsängste abbauen. Eine stärkere Verknüpfung von Grundlagenforschung mit der Anwendungsorientierung ist anzu-

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Technologietransfer zwischen Wissenschaft und

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Wirtschaft erleichtern

streben. Der Zugang zu und die gemeinsame Entwicklung von Vorsprungswissen bringt Wettbewerbsvorteile für beide Seiten. Ab b ildung 1:

Bayerische Forschungslandschaft

Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie

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Patentverwertung aus Hochschulen optimieren

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Patentverwertung aus Hochschulen optimieren

Direkten Zugang ermöglichen

Im internationalen Vergleich ist die innerhalb Europas hervorragende Position Deutschlands bei Patentanmeldungen immer mehr einer starken Konkurrenz aus USA und immensen Wachstumsraten aus Asien ausgesetzt. Um dieser Entwicklung zu begegnen, gilt es alle Innovationskanäle zu prüfen. Auch die Hochschulen verfügen über ein großes Potenzial an patent- und marktfähigen Er-findungen, die Unternehmen suchen nach innovativen Technologien – nur mit der Zusammenarbeit der Partner klappt es noch nicht so recht. Mit etwa 18.000 patentrelevanten Wissenschaftlern verfügen allein die 28 bayerischen Hochschulen über ein enormes Erfindungspotenzial, das es zu aktivieren gilt. Aber es bestehen große Unterschiede zwischen den Hochschulen, was die Zahl der Erfindungs- und Patentanmeldungen betrifft. Die Verbände bayme vbm und vbw engagieren sich daher bereits seit 2004 beim Thema Patentvermarktung aus Hochschulen und haben eine Patentoffensive mit auf den Weg gebracht. Als zentrale Serviceeinrichtung arbeitet seit 2007 die Bayerische Patentallianz GmbH. Die Patentoffensive verfolgt die Ziele – – – – –

die Patentaktivitäten an den Hochschulen zu steigern den Wissenstransfer in die Wirtschaft zu beschleunigen die Beteiligte stärker zu vernetzen dauerhafte und offene Strukturen zu schaffen wissenschaftliche Entwicklungen vermehrt an den Bedürfnissen des Marktes zu orientieren – langfristig: ein sich selbst finanzierendes System der Patentverwertung an den Hochschulen zu schaffen. Damit die Patentvermarktung aus Hochschulen auch in Zukunft garantiert werden kann, ist es essentiell, dass sich Bund, Land und Hochschulen weiterhin zu einer langfristigen Finanzierung verpflichten. Denn Investitionen in die Generierung von Forschungsergebnissen müssen auch in einem adäquaten Verhältnis zur Verwertung dieser stehen.

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Forschung nachhaltig finanzieren

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Forschung nachhaltig finanzieren

F+E Ausgaben kontinuierlich steigern

In Deutschland beträgt der Anteil für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2,88 Prozent (2011 1). Damit hat Deutschland das von der Europäischen Union für 2020 gesetzte Drei-Prozent Ziel fast erreicht. Da jedoch Länder wie Finnland, Korea, Schweden und Japan deutlich mehr als drei Prozent vom BIP in die Stärkung ihrer Innovationskraft investieren, ist die Aufnahme des 3,5-Prozent-Ziels in den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung jedoch eine Notwendigkeit. Forschungs- und Entwicklungsausgaben müssen sowohl beim Staat als auch quer durch die gesamte Wirtschaft steigen. Wobei bereits mehr als zwei Drittel der Ausgaben von der Wirtschaft getragen werden. Der bayerische Pakt für Innovationen (2008) geht jetzt schon weiter als der Bund und strebt eine Steigerung auf 3,6 Prozent bis zum Jahr 2020 an. Im Jahr 2010 lagen die F+E-Aufwendungen in Bayern bei 13,6 Milliarden Euro – das waren 3,15 Prozent des bayerischen BIP. Die bayerische Wirtschaft leistet mit ca. 80 Prozent den Löwenanteil der F+E Investitionen in Bayern. Die restlichen Mittel kommen jeweils etwa zur Hälfte von Bund und Land. Im Jahr 20111 haben deutsche Unternehmen über 62 Milliarden Euro für interne und externe Forschung und Entwicklung aufgewendet, über acht Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei liegen die Großunternehmen vorn: Kleine und mittlere Betriebe mit bis zu 250 Beschäftigten stemmen nur zehn Prozent dieser F+E Ausgaben. Daher müssen gerade mittelständisch geprägte Unternehmen dazu bewegt werden, innovativ tätig zu werden. Vor diesem Hintergrund sind die aktuellen Einsparungsbestrebungen im Rahmen der Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen der EU, die sich auch auf das geplante Fördervolumen des Nachfolge-Forschungsrahmenprogramms Horizon 2020 auswirken, falsch. Der Haushaltsrahmen für Horizon 2020 muss – wie von der Europäischen Kommission vorgeschlagen – wieder auf 80 Milliarden Euro angehoben werden. Dabei sind insbesondere für die Förderung der zweiten Säule „Marktführerschaft und Wettbewerbsfähigkeit“ mindestens 17,9 Milliarden Euro vorzusehen. Ansonsten ist zu befürchten, dass die bereits festgestellte nachlassende Bereitschaft der Unternehmen, sich in europäischen Förderprojekten zu engagieren, die sich aus den hemmenden Beteiligungsregeln und dem hohen Zeit- und Kostenaufwand ergeben hat, ab 2014 noch weiter zurückgeht. Diesem muss dringend entgegen gewirkt werden, denn eine 1

nach vorläufigen Berechnungen

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Forschung nachhaltig finanzieren

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Balance zwischen der Wissenschaft und der Wirtschaft als Innovationstreiber ist dringend erforderlich. Der Anteil der Unternehmen an den Fördermitteln der europäischen Forschungsrahmenprogramme (FRP) ist ohnehin von fast 40 Prozent im 4. FRP auf weniger als 25 Prozent im aktuell laufenden 7. FRP gesunken. Diese Entwicklung ist alarmierend. Wiederholt hat die Expertenkommission für Forschung und Entwicklung (EFI) der Bundesregierung die Umsetzung einer steuerlichen Forschungsförderung empfohlen. Auch die Europäische Kommission hat den Mitgliedsstaaten zur Erreichung des Drei-Prozent Zieles ausdrücklich eine steuerliche Forschungsförderung empfohlen. Und dies obwohl sie Beihilfen sonst sehr restriktiv gegenüber steht. Zur steuerlichen Forschungsförderung müssen drei Aspekte besonders berücksichtigt werden: –

Bezogen auf kleine und mittlere Unternehmen geht es darum, deren aus volkswirtschaftlicher Sicht nicht ausreichend ausgeprägte Investitionsbereitschaft in F+E zu stärken.



Bezogen auf große, international ausgerichtete, oft schon forschungsintensive Unternehmen geht es darum, Standortnachteile auszugleichen, die durch intensive F+E Förderung in anderen Ländern entstehen und zur für den Wissensstandort Deutschland nachhaltig problematischen Verlagerung von F+E Aktivitäten führen können.



In der Abwägung, wie zusätzliche F+E Förderinstrumente ausgestaltet werden sollten, muss berücksichtigt werden, dass - die Projektförderung KMU oft allein aufgrund ihrer Bürokratielastigkeit nicht erreicht, - alle Unternehmen durch die mit der Projektforschung verbundenen Zielvorgaben regelmäßig auf bekannte Felder gelenkt werden, damit kreative Spielräume zur Erschließung neuer Felder fehlen, - mit der Projektförderung regelmäßig verbundene Kooperations- und Offenlegungspflichten Unternehmen davon abhalten, diesen Weg zu gehen.

Es muss daher geprüft werden, ob eine steuerliche Forschungsförderung als breiter Ansatz wichtige technologieneutrale Innovationsanreize bringt und Wachstumspotenziale erschließen kann. Gerade dem Mittelstand könnte sie helfen, seine Forschungspläne zu realisieren. Zwar ist die steuerliche Forschungsförderung grundsätzlich als Subvention kritisch zu sehen, doch gerade im globalen Wettbewerb scheint sie unerlässlich. Denn vielerorts wird sie bereits – entweder im Rahmen einer Senkung der Steuerbemessungsgrundlage oder durch die Verringerung der Steuerschuld (tax credit) – praktiziert. Insgesamt setzen die Mehrzahl mit 15 von 27 der EU-Mitglieder (siehe Tabelle 1) und auch 26 der 34 OECD-Staaten inklusive aller großen außereuropäischen OECD-Länder (USA,

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Japan, Südkorea, Australien, Kanada) auf eine indirekte Förderung. In zahlreichen OECD-Staaten übersteigt der Anteil steuerlicher F+E Förderung bereits den Anteil direkter staatlicher Förderung. Tab elle 1

Länder mit und ohne steuerliche Forschungsförderung

Steuerliche Forschungsförderung

Keine steuerliche Forschungsförderung

Belgien

Bulgarien

Dänemark

Deutschland

Frankreich

Estland

Griechenland

Finnland

Großbritannien

Lettland

Irland

Litauen

Italien

Luxemburg

Malta

Polen

Niederlande (Steuervorteile für F+EPersonal)

Rumänien

Österreich

Schweden

Portugal

Slowakische Republik

Slowenien

Zypern

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Spanien

Tschechische Republik

Ungarn

Es wird deutlich, dass sich die Forschungsförderung längst zu einem wichtigen Instrument des Standortwettbewerbs geworden ist. Dabei hinkt Deutschland nicht nur seinen europäischen Wettbewerbern deutlich hinterher: Denn fast alle außereuropäischen Länder, die eine innovative und wissensintensive industrielle Wirtschaftsstruktur aufweisen, setzen auch die steuerliche F+E Förderung ein – wie zum Beispiel die USA, oder Japan. Ohne dieses Instrument droht Deutschland im internationalen Vergleich der Standorte für Industrieforschung zurückzufallen. Wegen der im weltweiten Vergleich geringen Forschungsförderung bleibt daneben die themenspezifische Projektförderung für die Unternehmen wichtig. Die öffentlichen Gelder dafür müssen gesichert und durch die themenoffene, branchenoffene und breitenwirksame steuerliche Forschungsförderung ergänzt werden. Denn diese überlässt den Unternehmen die Auswahl und Durchführung von Forschungsvorhaben. Nach den vielfältigen Erfahrungen im Ausland ist sie auch leicht zu handhaben. In den großen Industrienationen sind Steuergutschriften in Höhe von acht bis 20 Prozent üblich. Bei der deutschen Industrie hat sich die Idee eines zehnprozentigen „tax credits“ durchgesetzt: Zehn Prozent ihrer Investitionen in Forschung und Entwicklung sollen den Unternehmen von ihrer Steuerschuld abgezogen werden. Eine Förderung über einen bestimmten Prozentsatz einer Steuergutschrift besitzt zudem den Charme, einfach und ohne großen Aufwand realisierbar zu sein. Es bedarf keinerlei Zuteilungsorganisation und es entstehen keine Zuteilungskosten. Steuerliche Forschungsförderung hat, anders als Projektförderung, keine langen Vorlaufzeiten. Unternehmen können unmittelbar in Forschung und Entwicklung investieren, ohne ihre Projekte bei Behörden einzureichen und auf eine Genehmigung zu warten. Grundsätzlich muss eine zeitlich unbegrenzte, verlässliche, klare und einfach administrierbare sowie unbürokratische Handhabung des Instrumentes sichergestellt sein. Um eine substantielle Steigerung der Forschungsaktivitäten der Wirtschaft zu erreichen, muss die Förderung forschende Unternehmen aller Größen erfassen. Denn 80 bis 85 Prozent aller Ausgaben in Forschung und Entwicklung tätigen große Unternehmen.

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Zusammenfassend sind folgende Punkte bei der Umsetzung der steuerlichen Forschungsförderung in Deutschland zu beachten: – Einführung ergänzend zur Projektförderung – Ausgestaltung als Steuergutschrift (tax credit) in Höhe von zehn Prozent; Einstiegslösungen auch unterhalb der zehn Prozent wären ein willkommenes Signal – Einfache Anwendbarkeit – Förderung aller F+E Aufwendungen, deren Risiko das Unternehmen trägt – Unabhängig von der Unternehmensgröße Die Öffentlichkeit profitiert von den zusätzlichen Forschungsaktivitäten der Wirtschaft. Universitäten und wissenschaftliche Einrichtungen würden durch bestehende Kooperationen mit den Unternehmen indirekt mit gefördert. Frankreich verdoppelt für solche Kooperationen den Fördersatz. Neue Arbeitsplätze, höhere Steuerabgaben für Personal und neu angeschaffte Geräte kompensieren die durch tax credits verursachten Steuerausfälle. Auch die Studie „Ökonomische Effekte einer steuerlichen Forschungsförderung in Deutschland“ 2 zeigt, dass sich die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung lohnt: Auf Unternehmensebene würde jeder über Steuermittel eingesetzte Euro zu zusätzlichen F+E Aufwendungen von 1,25 Euro führen, das bedeutet die F+E Aktivitäten würden um etwa 14 Prozent gesteigert.

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Die Studie entstand im Auftrag des Bundesverbands der Deutschen Industrie e. V. (BDI) und des Verbands der Chemischen Industrie e. V. (VCI) bei der Universität Mannheim / ZEW und der Universität Regensburg.

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Wer eine sichere Zukunft will, muss in Fortschritt investieren

Eine transparente Forschungslandschaft, zentrale Ansprechpartner und einheitliche, klare sowie überschaubare Förderkonditionen führen dazu, dass die Unternehmen die Unterstützungsangebote auch gut annehmen. Standardisierte Verfahren, schnelle Antragsbearbeitung und kurze Bewilligungsfristen tragen zu einem verlässlichen und gesicherten Erscheinungsbild bei. Dies gewährleistet eine zielgerichtete und effektive Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Fördermittel. Dabei ist es essentiell, dass die Forschungsförderung in einem Gesamtkontext gesehen wird und ein systemisches Angebot vorliegt. Aufeinander abgestimmte Strategien erhöhen die Wettbewerbschancen der Firmen auf den Weltmärkten. Dazu gehört die Anpassung auf die Mittelstandsprogramme und auf die Außenwirtschaftspolitik. Ebenso müssen die Instrumente zwischen Bundes- und Landesebene als auch auf die EU abgestimmt sein. Die Einbettung der deutschen Forschung in die europäische und internationale Forschung ist zu gewährleisten. Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft muss weiter verbessert werden. Wissenschaftliche Durchbrüche müssen in wirtschaftliche Leistungskraft verwandelt werden. Die Wissenschaft bietet ein bei weitem noch nicht ausgeschöpftes Innovationspotenzial. Die Synergien zwischen Wissenschaft und Wirtschaft dürfen nicht ungenutzt bleiben. Wer wirtschaftliches Wachstum sichern will, muss engagiert und mutig in Forschung und Entwicklung investieren. Forschungs- und Entwicklungsausgaben müssen sowohl beim Staat als auch quer durch die gesamte Wirtschaft steigen. Eine einfach geregelte steuerliche Forschungsförderung trägt zum gewünschten Effekt maßgeblich bei und kommt allen forschenden und entwickelnden Unternehmen zugute. Die Leitlinien einer zukunftsgerichteten Forschungspolitik müssen stets Transparenz, Vernetzung und Transfer lauten. Außerdem muss sie den Funktionen Information, Navigation und Koordination Rechnung tragen. Dies stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und Leistungsfähigkeit des Standortes und sichert Arbeitsplätze. An Forschung und Entwicklung zu sparen, bedeutet die Zukunft zu verspielen.

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Ansprechpartner / Impressum

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Ansprechpartner Susanne Finkenzeller Abteilung Wirtschaftspolitik Telefon 089-551 78-438 Telefax 089-551 78-249 [email protected]

Impressum Alle Angaben dieser Publikation beziehen sich grundsätzlich sowohl auf die w eibliche als auch auf die männliche Form. Zur besseren Lesbarkeit w urde meist auf die zusätzliche Bezeichnung in w eiblicher Form verzichtet.

Herausgeber: vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Max-Joseph-Straße 5 80333 München www.vbw-bayern.de

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