Lars Janssen

Mobile virtuelle Welten Technik und Ökonomie von Mobile Gaming Services

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Lars Janssen Mobile virtuelle Welten Technik und Ökonomie von Mobile Gaming Services ISBN: 978-3-8366-1622-5 Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008

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I

I NHALTSVERZEICHNIS Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................... IV Tabellenverzeichnis............................................................................................ VII Abbildungsverzeichnis .........................................................................................IX 1 Einführung ........................................................................................................1 1.1

Hintergrund................................................................................................1

1.1.1

Relevante Literatur .............................................................................3

1.1.2

Gliederung............................................................................................4

1.2

Allgemeine Definition von Spielen ............................................................6

1.3

Abgrenzung von Mobile Gaming ...............................................................6

1.4

Virtuelle Welten: MMORPG vs. Lebenssimulation..................................8

1.5

Marktübersicht.........................................................................................10

2 Mobile Gaming Services .................................................................................12 2.1

Zielgruppe .................................................................................................12

2.2

Rahmenbedingungen ...............................................................................13

2.2.1

Ortsunabhängige Nutzung................................................................13

2.2.2

Zeitliche Einschränkungen ...............................................................14

2.2.3

Effekte auf das soziale Umfeld .........................................................15

2.3

Bewertung der Spielbarkeit von Mobile Gaming Services ....................18

2.4

Erweiterung bestehender virtueller Welten ...........................................20

2.5

Erschaffung neuer mobiler Gaming Communities.................................24

2.6

Verwendung personenbezogener Ortsinformationen.............................29

2.6.1

Gängige Verfahren zur Lokalisierung von Nutzern bzw. Endgeräten.........................................................................................31

2.6.1.1

Global Positioning System (GPS) ...............................................31

II 2.6.1.2

Cell Identification (Cell-ID) und Erweiterungen ......................33

2.6.1.3

Wireless Local Area Network (WLAN) ......................................34

2.6.1.4

Bluetooth .....................................................................................35

2.6.1.5

Radio Frequency Identification (RFID) .....................................36

2.6.2

Eignung der Technologien für Mobile Gaming ................................36

2.6.3

Privatsphäre in Location-Based Services.........................................38

2.6.4

Location-Based Gaming Service im Kontext virtueller Welten......41

2.7

Technische Anforderungen an mobile Endgeräte ..................................46

2.7.1

Bewertungskriterien .........................................................................46

2.7.2

Vergleich und Empfehlung geeigneter Endgeräte...........................47

2.8

Ansätze für weitere Mobile Gaming Services.........................................52

2.8.1

Mobiler Zugriff auf die virtuelle Ökonomie .....................................52

2.8.2

Mobile Virtual Shopping ...................................................................53

3 Entwicklung eines Geschäftsmodells ............................................................56 3.1

Wertschöpfung..........................................................................................57

3.1.1

Von E- zu M-Business .......................................................................57

3.1.1.1

Anbieter der Netzinfrastruktur .................................................60

3.1.1.2

Anwendungsentwickler ..............................................................60

3.1.1.3

Mobile Network Operator...........................................................61

3.1.1.4

Mobile Service oder Content Provider .......................................62

3.1.1.5

Hersteller der Endgeräte............................................................63

3.1.2

Spezialfall: Virtuelle Welten.............................................................64

3.1.3

Akteure im Mobile Gaming-Umfeld .................................................67

3.1.3.1

Mobile Casual Games .................................................................67

3.1.3.2

Werterzeugung durch mobilen MMO-Zugriff............................67

III 3.2

Nutzenversprechen ..................................................................................70

3.2.1

Spielermotivation in Online-Welten.................................................70

3.2.2

Erfolgsfaktoren und Akzeptanz mobiler Technik ............................71

3.2.3

Potenzial der Erweiterung virtueller Communities ........................76

3.2.4

Attraktivität mobiler MMO-Umgebungen .......................................77

3.3

Klassische Erlösmodelle ..........................................................................80

3.3.1

3.3.1.1

Buy to Play (B2P) ........................................................................81

3.3.1.2

Pay to Play (P2P) ........................................................................82

3.3.1.3

Free to Play (F2P) .......................................................................86

3.3.2

3.4

Ertragsmodelle virtueller Welten .....................................................80

Traditionelle Modelle für Mobile Gaming Services .........................88

3.3.2.1

Pipe ..............................................................................................92

3.3.2.2

Portal ...........................................................................................92

3.3.2.3

Mischformen ................................................................................93

Mobile Marketing .....................................................................................95

3.4.1

Ein situationsbezogenes Modell........................................................95

3.4.2

Mobile Marketing als Chance ...........................................................98

3.5

Location-Based Sponsoring....................................................................100

3.5.1

Darstellung und Erläuterung des Konzepts ..................................101

3.5.2

Herausforderungen..........................................................................105

3.5.3

Erlösstruktur ...................................................................................107

4 Fazit und Ausblick ........................................................................................112 Literaturverzeichnis...........................................................................................116

IV

A BKÜRZUNGSVERZEICHNIS A-GPS.............................................................Assisted Global Positioning System AOA ................................................................................................ Angle of Arrival ARPU ........................................................................... Average Revenue per User B2P ........................................................................................................ Buy to Play BMBF ........................................ Bundesministerium für Bildung und Forschung Cell-ID.........................................................................................Cell Identification COO.................................................................................................... Cell of Origin CoP ......................................................................................Community of Practice DB.............................................................................................................. Database E-OTD ..........................................................Enhanced Observed Time Difference EDGE ................................................... Enhanced Data Rates for GSM Evolution F2P ....................................................................................................... Free to Play GB...............................................................................................................Gigabyte GPRS....................................................................... General Packet Radio Service GPS ...............................................................................Global Positioning System GSM ...................................................Global System for Mobile Communications HLR ...................................................................................Home Location Register HSDPA......................................................... High Speed Downlink Packet Access HTML....................................................................... Hypertext Markup Language HTTP..........................................................................Hypertext Transfer Protocol IGDA ................................................ International Game Developers Association ISP.................................................................................. Internet Service Provider LBG ...................................................................................Location-Based Gaming LBS................................................................................... Location-Based Services

V MAC.......................................................................................Media Access Control MGSP ..................................................................Mobile Gaming Service Provider MMO........................................................................Massively Multiplayer Online MMOG.......................................................... Massively Multiplayer Online Game MMORPG...............................Massively Multiplayer Online Role-Playing Game MMS ...................................................................... Multimedia Messaging Service MNO ...............................................................................Mobile Network Operator MPOG.............................................................................Multiplayer Online Game MSP ...................................................................................Mobile Service Provider P2P .........................................................................................................Pay to Play PDA ...............................................................................Personal Digital Assistant PET........................................................................ Privacy-Enhancing Technology RFID...................................................................... Radio Frequency Identification SIM .............................................................................. Subscriber Identity Module SD Card................................................................................... Secure Digital Card SPG.......................................................................................... Single Player Game SSID ...................................................................................... Service Set Identifier TAM......................................................................... Technology Acceptance Model TDOA ............................................................................ Time Difference of Arrival TKP ................................................................................... Tausend-Kontakt-Preis TMSI..........................................................Temporary Mobile Subscriber Identity TOA ................................................................................................. Time of Arrival TPB............................................................................. Theory of Planned Behavior UMTS .......................................... Universal Mobile Telecommunications System UTAUT.............................. Unified Theory of Acceptance and Use of Technology VLR ................................................................................. Visitor Location Register

VI WAP .........................................................................Wireless Application Protocol WLAN ...................................................................... Wireless Local Area Network XML......................................................................... Extensible Markup Language

VII

T ABELLENVERZEICHNIS Tabelle 1:

Marktübersicht großer virtueller Welten, Quelle: (Blizzard Entertainment, 2008; Linden Research, 2008; NCSoft/ArenaNet, 2007; MindArk, 2008; Metaversum GmbH, 2007)..................................................................................11

Tabelle 2:

Spielertypen (in Anlehnung an: (IGDA, 2006, S. 9)) ...................12

Tabelle 3:

Aspekte sozial anpassungsfähiger Mobile Gaming Services, in Anlehnung an: (Eriksson, Peitz, & Björk, 2005)...............................................................................................17

Tabelle 4:

Heuristiken zur Bewertung von Mobile Multi-Player Games, Quelle: (Korhonen & Koivisto, 2007, S. 32) ....................19

Tabelle 5:

Heuristische Bewertung der Erweiterung virtueller Welten mit mobilen Features .......................................................22

Tabelle 6:

Sozialkompatibilität von Erweiterungen persistenter Online-Welten................................................................................23

Tabelle 7:

Heuristische Bewertung der Attraktivität ausschließlich mobiler Gaming Communities......................................................27

Tabelle 8:

Sozialkompatibilität vollkommen mobiler virtueller Welten ............................................................................................28

Tabelle 9:

Nutzerbewertung von Location-Based Services, Quelle: (Barkhuus & Dey, 2003, S. 3) .......................................................39

Tabelle 10:

Vergleich von Endgeräten für Mobile Gaming, Quelle: Eigene Darstellung im Bezug auf (Apple, 2008b; HTC, 2008; Sony Ericsson, 2007; Playstation Portable.de, 2004) ........50

Tabelle 11:

Entwicklung von Kundenvertrauen in mobile Dienste, Quelle: in Anlehnung an (Siau & Shen, 2003, S. 93) ..................73

Tabelle 12:

Nutzenpotenziale mobiler virtueller Communities, Quelle: in Anlehnung an (Reichwald, Fremuth, & Ney, 2002, S. 6-8) und (Tasch & Brakel, 2004) ....................................76

VIII Tabelle 13:

Erlösquellen der Akteure im Mobile Gaming-Umfeld, Quelle: in Anlehnung an (Camponovo & Pigneur, 2003; MacInnes, Moneta, Caraballo, & Sarni, 2002) ............................89

IX

A BBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1:

Wachstum des Computer- und Videospielemarkts, Quelle: (BITKOM, 2008) ............................................................1

Abbildung 2:

Service-Architektur von Online-Spielen, Quelle: (Saha, Sahu, & Shaikh, 2003, S. 2) ...........................................9

Abbildung 3:

Heuristisches Modell zur Bewertung der Spielbarkeit von Multi-Player-Anwendungen, Quelle: (Korhonen & Koivisto, 2007, S. 29) ................................................................19

Abbildung 4:

Akteure der Wertschöpfungskette für Ortsinformationen, Quelle: (Albers, Figge, & Radmacher, 2005, S. 3).............................................................37

Abbildung 5:

Architektur der LOC3-Implementierung, Quelle: (Albers, Figge, & Radmacher, 2005, S. 9) ...............................38

Abbildung 6:

Architektur zur mobilen Erweiterung virtueller Welten, Quelle: Eigene Darstellung im Bezug auf (Albers, Figge, & Radmacher, 2005)........................................45

Abbildung 7:

Kriterien zur Bewertung mobiler Endgeräte, Quelle: in Anlehnung an (IGDA, 2005, S. 21-23) und (Koivisto, 2007, S. 13-16) ..........................................................................47

Abbildung 8:

Apple iPhone und HTC Touch Cruise, Quelle: (Apple, 2008; HTC, 2008)......................................................................48

Abbildung 9:

Sony Ericsson K610i, Quelle: (Sony Ericsson, 2008) ..............48

Abbildung 10:

Sony Playstation Portable, Quelle: (Sony, 2008) ....................49

Abbildung 11:

Nutzung mobiler Dienste, Quelle: (Verkasalo, 2007, S. 20)..............................................................................................51

Abbildung 12:

Definition eines Geschäftsmodells, Quelle: (Timmers, 1998, S. 4)..................................................................................56

Abbildung 13:

Wertschöpfungskette eines Unternehmens, Quelle: (Porter & Millar, 1985, S. 151) ................................................57

X Abbildung 14:

Quellen der Wertschöpfung im E-Business, Quelle: (Amit & Zott, 2001, S. 504) ......................................................58

Abbildung 15:

Eigenschaften des mobilen Umfelds, Quelle: aktualisiert in Anlehnung an (Durlacher, 2001, S. 8) & (Palm & Koivisto, 2004) .......................................................59

Abbildung 16:

Wertschöpfungskette im Mobile Business, Quelle: Eigene Darstellung im Bezug auf (Durlacher, 2001; Pavlovski, 2002; Coursaris & Hassanein, 2002).....................60

Abbildung 17:

Anzahl der SIM-Karten deutscher Netzbetreiber am Jahresende, Quelle: (Dialog Consult/VATM, 2007)................62

Abbildung 18:

Wertschöpfung in virtuellen Welten .......................................66

Abbildung 19:

Wertschöpfung mobiler Casual Games, Quelle: in Anlehnung an (IGDA, 2005, S. 11) und (MacInnes, Moneta, Caraballo, & Sarni, 2002, S. 221) .............................67

Abbildung 20:

Wertschöpfungsnetz von Mobile Gaming Services.................69

Abbildung 21:

Komponenten des Markterfolgs mobiler Dienste, Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Buellingen & Woerter, 2004, S. 1403)....................................72

Abbildung 22:

Einflüsse auf die Nutzungsabsicht von Informationstechnologie, Quelle: in Anlehnung an (Venkatesh, Morris, Davis, & Davis, 2003, S. 447) ................75

Abbildung 23:

Modell zur Adoption mobiler Services in Massively Multiplayer-Umgebungen, Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Guo & Barnes, 2007, S. 74)........................79

Abbildung 24:

Kostenverläufe von Einzelspieler-Anwendungen und persistenten Welten, Quelle: (Palm & Koivisto, 2004, S. 8) ...........................................................................................83

Abbildung 25:

Ertragsverlauf von Einzel- und MehrspielerAnwendungen, Quelle: (Van Doorselaer & Coppens, 2003, S. 116) .............................................................................84

XI Abbildung 26:

Monatliche Zahlungsbereitschaft vor dem Start von World of Warcraft und Warhammer Online, Quelle: (gamona, 2002) – 1372 Befragte; (gamona, 2007) – 3974 Befragte............................................................................85

Abbildung 27:

Erlösquellen von Massively Multiplayer-Umgebungen, Quelle: (White, 2007)................................................................86

Abbildung 28:

Exemplarische Erlösverteilung im Pipe-Modell .....................92

Abbildung 29:

Exemplarische Erlösverteilung im Portal-Modell ..................93

Abbildung 30:

Management-Anforderungen und Erlöspotenzial von Netzbetreibern, Quelle: in Anlehnung an (MacInnes, Moneta, Caraballo, & Sarni, 2002, S. 224)..............................94

Abbildung 31:

Exemplarische Erlösverteilung eines situationsbezogenen Modells, Quelle: in Anlehnung an (Figge, Schrott, Muntermann, & Rannenberg, 2002).............97

Abbildung 32:

Architektur von Location-Based Sponsoring am Beispiel eines Pervasive Gaming Services............................103

Abbildung 33:

Zahlungsströme im Location-Based SponsoringModell......................................................................................108

1

1 E INFÜHRUNG 1.1 H IN TERGRUN D Computer- und Videospiele haben sich als Unterhaltungsmedium spätestens seit Mitte der 90er Jahre zu einem Massenphänomen entwickelt und der damit erzielte Umsatz ist erheblich angestiegen (BITKOM, 2008). Im Jahr 2007 wurde in Deutschland in der Spiele-Branche mit ca. 2,29 Milliarden Euro erstmals mehr als in der Musik-Industrie erwirtschaftet (T-Online, 2008).

Abbildung 1: W achstum (BITKOM, 2008)

des

Computer-

und

Videospielemarkts,

Quelle:

Ein anderer, mindestens ebenso rasant gewachsener, Markt ist jener für Mobilkommunikation. Den Verkauf von Mobiltelefonen nicht berücksichtigt, geht es hierbei um mehr als 20 Mrd. Euro jährlich durch die Nutzung mobiler Dienste (Sprachkommunikation, SMS, mobiles Internet etc.) (BITKOM, 2007b). Mitte 2007 besaß, statistisch gesehen, jeder deutsche Einwohner im Schnitt mehr als einen Mobilfunkvertrag. Ende 2007 führte dies zu rund 97,2 Millionen Teilnehmern in deutschen Mobilfunknetzen (Bundesnetzagentur, 2008). Obwohl zu diesem Zeitpunkt immer noch 82 Prozent der Umsätze europäischer Mobilfunkanbieter mit traditionellen Sprachdiensten erzielt wurden, ist das exponentielle Wachstum mobiler Internetnutzung besonders hervorzuheben. Allein in den Jahren 2001 bis 2006 hat sich die Nutzung des mobilen

2 Internets im Schnitt verzehnfacht. Zwischen 2005 und 2007 ist zudem die Zahl der Nutzer von Datenverbindungen über die modernen UMTS-Netze in Deutschland von 2,4 auf 8,7 Millionen gestiegen. Prognosen sagen einen weiteren Anstieg des durchschnittlichen Gebrauchs mobiler Internetdienste um 220 Prozent bis zum Jahr 2011 voraus. Auch wenn derzeit nur etwa ein Drittel aller europäischen Handybesitzer aktiv im mobilen Internet unterwegs ist, besitzen 77 Prozent zumindest die technische Basis in Form geeigneter Endgeräte, um in den kommenden Jahren in den Markt einzusteigen (Booz Allen Hamilton, 2008).1 Anstatt die beiden geschilderten Märkte getrennt voneinander zu betrachten, haben in der letzten Zeit immer mehr Entwickler von Computer- und Videospielen sowie Betreiber von Mobilfunknetzen erkannt, dass gerade die Kombination der beiden Entwicklungen für sie wirtschaftlich besonders interessant ist.2 Der daraus resultierende Markt für mobile Spiele ist bisher noch wenig ausgeschöpft, bietet jedoch enormes Wachstumspotenzial. Laut Juniper Research entfällt bereits jetzt der größte Anteil der Einnahmen durch mobile Unterhaltung auf Spiele (Juniper Research, 2007c). In Deutschland stieg der Umsatz in diesem Sektor von 2006 auf 2007 um 64 % auf 360 Millionen Euro (BIU, 2008). Im Durchschnitt besagen Studien, dass man mit einer weltweiten jährlichen Wachstumsrate von 30-50 % rechnen kann. Der Markt würde demnach von etwas unter 5 Mrd. US-Dollar in 2007 auf fast 16 Mrd. US-Dollar im Jahr 2012 wachsen (IGDA, 2005; Juniper Research, 2007a). Es ist zu erwarten, dass mobile Endgeräte weiterhin leistungsfähiger werden und somit auch komplexere mobile Anwendungen ermöglichen. Während derzeit vor allem einfach strukturierte Spiele von bestehenden Plattformen (wie z.B. PCs & Spielkonsolen) auf Mobiltelefone, Smartphones etc. übertragen werden, sind in naher Zukunft auch vernetzte Mehrspieler-Anwendungen im mobilen Umfeld realisierbar (Koivisto, 2007). Insbesondere im Bereich der überaus erfolgreichen Massively Multiplayer Online Role-Playing Games (MMORPGs; für eine

Vor allem das von Apple vermarktete iPhone trägt in hohem Maße zum Wachstum mobiler Internetnutzung in Deutschland bei (heise mobil, 2008). 2 Electronic Arts hat z.B. als einer der größten Spiele-Publisher weltweit mit EA Mobile eine eigene Division für mobiles Entertainment gegründet (Electronic Arts, 2008). 1

3 Definition siehe Abschnitt 1.4) erscheint eine Erweiterung auf mobile Endgeräte als besonders lukrativ für die Entwickler und Publisher (Soh & Tan, 2008). Die weltweit ca. 36 Millionen Spieler (White, 2007) in virtuellen Welten investieren ein überdurchschnittlich hohes Maß an Zeit in diese Form von Spielen3 und zeigen einer Studie zufolge durchaus Interesse am mobilen Zugriff auf einzelne Spielelemente (Koivisto & Wenninger, 2005). Lokalisierungstechniken wie GPS, Cell-ID etc. ermöglichen darüber hinaus die Nutzung von Ortsinformationen zur Einbindung der realen Welt in die Spielerfahrung im Rahmen von Location-Based Gaming (vgl. Abschnitt 1.3). Um die technischen Trends möglichst rasch auch wirtschaftlich auszunutzen, versucht man derzeit noch, bestehende Geschäftsmodelle auf das mobile Umfeld zu übertragen. Die bereits geschilderten aufwändigen Anwendungen verlangen allerdings nach einem mobilen Geschäftsmodell, das die veränderten Rahmenbedingungen angemessen berücksichtigt und somit den Nutzen aller beteiligten Akteure steigern kann. Diese Studie widmet sich diesem Bereich und entwickelt mit Hilfe des Konzepts einer ortsabhängigen Werbefinanzierung einen innovativen Geschäftsmodellansatz für Mobile Gaming Services. 1.1.1 R ELEVANTE L ITERATUR Noch existiert auf Grund der Tatsache, dass die Nutzung von Mobile Gaming und virtuellen Welten erst in den letzten Jahren exponentiell angestiegen ist, wenig Literatur in diesem Kontext. MMORPGs werden bis dato vorwiegend aus netzwerktechnischer (Kumar, Thawani, & Srikant, 2008; Yamamoto, Murata, Yasumoto, & Ito, 2005; Saha, Sahu, & Shaikh, 2003), entwicklungshistorischer (Achterbosch, Pierce, & Simmons, 2007; Feng, Brandt, & Saha, 2007) oder psychologischer Sicht untersucht (Papargyris & Poulymenakou, 2005; Reeves, et al., 2007; Seay & Kraut, 2007; Seay, Jerome, Lee, & Kraut, 2004; Sherlock, 2007; Yee, 2007). Etwas weiter geht die Arbeit von KOIVISTO & WENNINGER, die sich mit aussichtsreichen mobilen Erweiterungen für bestehende virtuelle Welten beschäftigt (Koivisto & Wenninger, 2005). Einen AusNutzer wenden im Schnitt 22,72 Stunden pro Woche für ihr bevorzugtes MMORPG auf (Yee, 2006a; Seay, Jerome, Lee, & Kraut, 2004).

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