Literarischen Adventskalender Im Advent 2016 präsentierte der Verein Domagkpark eV und das DomagKasino einen literarischen Adventskalender in einem Fenster des Kasinos. Jeden Tag wurde ein anderes Buch ausgestellt, das seinen Leser auf die eine oder andere Art begeistert oder bewegt hat. Die Texte die neben den Büchern aufgestellt wurden, haben die Leser selbst verfaßt. Am 21. Dezember kam eine Mutter mit ihrem 10-jährigen Sohn. Er wolle unbedingt noch bei dem Adventskalender mitmachen. So haben wir den Advent bis zum 25. Dezember verlängert. Die Bücher waren alles private Leihgaben. Ausleihwünsche kann ich gerne vermitteln (oder bei der Stadtbibliothek Milbertshofen, Schleißheimer Str. 340). Thomas Eberhard ([email protected])

Das Adventskalendertürchen

1. Dezember 2016 Max Aub: Jusep Torres Campalans Es war eine Sensation! Die Kunst- und Literaturszene glaubte mit der Veröffentlichung an die Enthüllungen des exquisiten Schelmenstückes. Die Biographie des Malers Campalans aber war erfunden und ein Coup sondergleichen. Durch eine geniale Vermischung verschiedener literarischer Gattungen hat Aub die Kunstszene vortrefflich genasführt. Die Tragik Max Aubs (1903 - 1972) ist, dass seine Bücher jahrzehntelang in den Kellern der spanischen Diktatur durch Franco (bis 1975) und danach verschlossen waren.

2. Dezember 2016 Kristín Marja Baldursdóttir: Die Eismalerin Die Autorin erzählt von Island vor 100 Jahren so lebendig, dass man meint, mittendrin zu sein. Man verfolgt Karitas

Lebensweg mit Spannung und erlebt, wie es

Frauen damals ergangen ist. Für sie war es nicht üblich einen Beruf zu erlernen oder gar ihrer Berufung zu folgen. Ein wunderbar geschriebenes Buch über eine Frau und Künstlerin, manchmal etwas kantig und rau, so wie das Land selbst.

3. Dezember 2016 William Kotzwinkle: Ein Bär will nach oben Es ist ein satirischer, sehr witziger Roman über die Medien- und Literaturszene. Es ist die Geschichte der Metamorphose eines Bären zum Menschen und eines Menschen zum Bären, aber letztlich bleiben beide was sie sind. Der Mensch, ein Autor der einen Bestseller schreiben will und dafür in die Abgeschiedenheit geht, und der Bär, der dem Autor das Manuskript klaut und damit in der Stadt großen Erfolg hat. Man muss lachen – man muss laut lachen! Manchmal mit Tränen in den Augen.

4. Dezember 2016 Joseph Conrad: Der Geheimagent Es ist ein rabenschwarzer Thriller, der durch seine genauen Charakterzeichnungen beeindruckt und mit dem Plot heute wieder hochaktuell ist. Conrad ist durch diesen Roman der Erfinder, der inzwischen großen Gattung der Agententhriller geworden. Sehr viele seiner Romane und Geschichten wurden für den Film adaptiert. So ist sein Roman Heart of Darkness die Vorlage für Apocalypse Now!.

5. Dezember 2016 Corine Sombrun: Mein Leben mit den Schamanen Was für Neugierige. Neugierig war auch die Autorin. Trotz normaler Skepsis gegenüber dem Schamanismus spürt Sie ihre Berufung und wird in zwei Einheiten in Amazonien und in der Mongolei zur Schamanin ausgebildet. Teils Tagebuch, teils Reportage berichtet Sombrun über ihre beiden Reisen. Ihr trockener Humor ist sehr unterhaltsam, die Selbstironie zu Beginn wandelt sich zu klarer Selbstreflexion. Das Buch kann fesseln.

6. Dezember 2016 Yôko Ogawa: Liebe am Papierrand Ein ganz besonderes Buch: virtuos, rätselhaft und voll magischer Zartheit. Eine Wanderung zwischen Realität und Imagination in einer Sprache wie ein zartes Gespinst. Nachdem ich Ausschnitte bei einer Lesung hörte, hat mich das Buch ebenso fasziniert. Eine junge gehörkranke Frau fühlt sich auf geheimnisvolle Weise zu einem Stenographen hingezogen, der ihre Lebensgeschichte aufschreiben soll. Aber es steht nur eine begrenzte Anzahl von Blättern zur Verfügung …

7. Dezember 2016 Goscinny / Uderzo: Asterix Die Deutschen Ausgaben leben von ihrer Übersetzung, für die bis Band 29 Gudrun Penndorf verantwortlich war. Nach dem Tod des Texters Goscinny (1977) sackte das Niveau entscheidend ab, erst die letzten beiden Bände knüpfen an alte Größe an. Es sind die detail-versessenen Zeichnungen, die subtile Überzeichnung der Klischees verschiedener Völker (Briten, Schweizer) sowie Zitate aus Kunst (Brueghel, Rodin), Musik (Beatles, Jackson) und Gesellschaft (Ventura, Chirac) die die Hefte so spannend und witzig machen. Weltliteratur!

8. Dezember 2016 Inge Löhnig: Der Sünde Sold Dühnforts erster Fall Schon wieder eine neue Krimi Reihe aus München, schon wieder ein schwermütiger alleinstehender Kommissar? Ja! Eine Frau zieht sich nach persönlichem Schicksals-schlag in die Idylle nach Mariaseeon zurück. Doch ein Alptraum beginnt, nachdem ein kleiner Junge vermisst wird. Ich fand die Geschichte spannend, den Kommissar sympathisch und das Wiedererkennen von Plätzen und Gebäuden sehr nett. Ich habe mir alle Bände besorgt.

Kurt Wallender hat Konkurrenz bekommen.

9. Dezember 2016 Erika Mann: Wenn die Lichter ausgehen: Geschichten aus dem Dritten Reich Es sind lose verknüpfte Episoden aus dem Alltag in einer Kleinstadt im gleich-geschalteten Deutschland kurz vor dem 2. Weltkrieg. Es geht um das Wegschauen, Geschehenlassen, sich nicht einmischen, bis alles zu spät ist. In einfacher, lakonischer Sprache wird geschildert wie der nationalsozialistische Terror auch in die privaten Bereiche ganz normaler Menschen eindringt. Dieses Buch ist eindringlich und nachhaltig. Auch die heute jungen Generationen sollten es unbedingt lesen.

10. Dezember 2016 Sebastian Glubrecht: Na servus! Ein Buch für beide Seiten: für die Zuagroßdn und für die Dahoam. Die einen lernen durch die feinfühligen Beobachtungen die Integration, die anderen sehr viel über sich selber. Viele Bayern-Bücher sind nur eine Anhäufung von Klischees. Dies ist aber von Beginn an eine erfreuliche Ausnahme. Die Geschichten sind mit so viel Esprit, Herz und Humor erzählt! Ein Genuss bis zur letzten Seite. Selten so gelacht.

11. Dezember 2016 Haruki Murakami: Mister Aufziehvogel In diesem Buch geht es um einen jungen Tokioter Anwalt, der sich wie ein Aufziehvogel vorkommt, der von weiß wem aufgezogen wird. Er beschließt aus dem Alltagsleben auszusteigen. Plötzlich trifft er auf Wirklichkeiten, von denen er bisher nichts ahnte. Eine grandios erzählte Geschichte: phantasievoll, surreal und genial.

12. Dezember 2016

Nelson Mandela: Der lange Weg zur Freiheit Nelson Mandelas Auto-biographie, die auf seinen Aufzeichnungen als Gefangener in Robben Island beruht. Sie spiegelt vor dem Hintergrund von 50 Jahren südafrikanischer Geschichte eindrucksvoll die Entwicklung Mandelas vom bewaffneten Freiheitskämpfer zum nach Versöhnung strebenden Staatsmann. Spannend, wichtig und sehr aktuell.

13. Dezember 2016 Murray Ball: Footrot Flats Geschichten von den "Klauenfäule Weiden". Protagonist ist ein Schäferhund der vom aufregenden Alltag auf einer Farm in Te Urewera auf der Nordinsel Neuseelands erzählt. Die Zeichnungen sind einfach, treffen aber immer wunderbar den Punkt. In den kurzen Bildergeschichten tauchen wir ein in das Leben auf der Schaffarm wo „Dog“ sich fürsorglich um seine Schafe kümmert, seine Farm verteidigt und sein Herrchen auf den rechten Weg bringen will. Einfach köstlich!

14. Dezember 2016 E. Annie Proulx: Schiffsmeldungen Der alleinerziehende, etwas glücklose Quoyle kehrt wieder in seine Heimat nach Neufundland zurück. Hier begegnet er einer neuen Liebe und muss die verstörende Geschichte seiner Familie aufarbeiten. Durch die bildhafte Sprache werden die Figuren plastisch und strahlen trotz aller Widrigkeiten eine starke innere Kraft und lebensbejahende Vitalität aus. Das raue Land und die langen und kalten Nächte üben eine starke Faszination aus.

15. Dezember 2016 Horst Stern: Mann aus Apulien Horst Stern macht die versunkene mittelalterliche Geschichte wieder lebendig. Durch literarische Kunstgriffe lässt er den Stauferkaiser aus dem Kyffhäuser als emotionalen Menschen wieder auferstehen. Er mischt genial historische Wahrheiten mit fiktiven Geschichten, woraus anschauliche lebendige Bilder entstehen. Sprachmächtig reflektiert Stern nicht nur über das Leben des Staufers, sondern über das Leben als solches. „Mann aus Apulien“ ist ein starkes und wichtiges Buch.

16. Dezember 2016 T. C. Boyle: Wassermusik T. C. Boyles Kultklassiker – poetisch, wild und urkomisch. Der schottische Entdecker Mungo Park unternahm um 1800 zwei Westafrika-Expeditionen auf der Suche nach dem Niger. Parks uninspirierter Reisebericht greift Boyles auf und schreibt daraus einen Roman, der – gleich einer Wassermusik – nur so sprudelt vor ungewöhnlichen Figuren und absurden Momenten. Ein besonderes Buch. Spannend, unterhaltsam und nur schwer aus der

Hand zu legen.

17. Dezember 2016 Wilhelm Genazino: Mittelmäßiges Heimweh Die Hauptfigur der Geschichte, Dieter Rothmund, verliert während einer Fußballspiel-Übertragung in einer Kneipe sein linkes Ohr, das plötzlich auf dem Boden liegt … Aus dieser surrealen Absurdität heraus erzählt Wilhelm Genazino die Geschichte eines Mannes, dessen Gefühle – das Erschrecken, die Verzweiflung, das Heimweh – nur noch mittelmäßig sind. Ein herrliches Buch, in einem Erzählstil der besonderen Art, sehr detailliert, mit Ironie und einer gewissen Bosheit.

18. Dezember 2016 Alan Bennett: Die souveräne Leserin Die Novelle erzählt die fiktive Wandlung der britischen Königin von der Frau der Tat zur Liebhaberin schöngeistiger Literatur. Ein Buch für Literatur-liebhaber ebenso wie für Lesemuffel. Voll von typisch britischem, immer auch leicht selbstironischem Humor und voller wunderbarer Zitate. Es erzählt über die Wirkung von Literatur und ist eine Liebeserklärung an das Lesen. Ein herzerfrischend nettes Buch, das ich einfach verschlungen habe.

19. Dezember 2016 Johann Gottfried Seume: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Seume beschreibt sein Reiseerlebnis subjektiv, eigenwillig, politisch und alltagsnah. Es ist ein so ganz anderer Spaziergang und eine außergewöhnliche und sehr lesenswerte Italienreise. Was er gesehen und erlebt hat, hält er in seinem kurzweiligen und unterhaltsamen Reisebericht fest. Der Text hat durch die Eigenwilligkeit mit der Seume subjektives Erleben und objektive Missstände und Anekdotisches verknüpft, bis heute nichts von seiner Frische verloren.

20. Dezember 2016 Petra Cnyrim: Das Buch der fast vergessenen Wörter Die Autorin hat fast vergessene Wörter zusammengestellt und lädt ein zum Schwelgen, Erinnern und Schmunzeln. Wörter geraten in Vergessenheit wenn sie nicht mehr dem Zeitgeist entsprechen. So ist der holde Oheim mit seinem Wams Geschichte und kein Schutzmann muss mehr einen Backfisch zurechtweisen, weil die Katzenmusik auf dem Trottoir zu laut war. Die kleine Sammlung der „bedrohten“ Wörter möchte dazu beitragen, dass Wörter nicht ganz von der Bildfläche verschwinden.

21. Dezember 2016 Susan Vreeland: Mädchen in Hyazinthblau Ein geheimnisvolles Gemälde bezaubert die Menschen und begleitet sie durch die Jahrhunderte. Ein historischer Roman mit einer besonderen Hauptfigur. Verschiedene Schicksale werden verknüpft durch das Bild von Jan Vermeer. Es war eine Freude dieses Buch zu lesen und es ist mir sehr lebendig in Erinnerung geblieben.

22. Dezember 2016 Wolfram Fleischhauer Drei Minuten mit der Wirklichkeit Eine angehende Tänzerin an der Berliner Staatsoper und ein junger Tangostar aus Argentinien in einer ungewöhnlichen Mischung aus brisantem Polit-Thriller und dramatischer Liebesgeschichte. Die einzige Spur die Damián hinterlässt als er verschwindet ist sein rätselhafter Tanzstil. Giulietta folgt ihm nach Buenos Aires und gerät in ein teuflisches Labyrinth, zurück zu den vergangenen Tragödien dieser Stadt. Als leidenschaftliche Tänzerin hat mich das Buch fasziniert, aber auch alle anderen werden es mögen.

23. Dezember 2016 Michael Jürgs: Der kleine Frieden im Großen Krieg Die Geschichte ist wirklich passiert: Weihnachten 1914 unterbrechen die Soldaten, die sich in Schützengräben in Flandern gegenüberliegen, für 2 Tage den Weltkrieg und feiern gemeinsam, Deutsche, Briten und Franzosen. Das Buch ist sehr beeindruckend und auch die Tatsache, dass über diese Geschichte so wenig bekannt ist.

24. Dezember 2016 Clemens Zahn Engel Von der Schönheit stiller Boten Clemens Zahn hat für einen Bildband Engelskulpturen fotografiert und in Szene gesetzt. Cees Nooteboom hat dazu ein poetisches Essay verfaßt. Wir wählten für den Heiligen Abend folgendes Bild aus:

Genaue Ortsangaben zu den Skulpturen gibt es leider nicht.

25. Dezember 2016 Dirk Reinhardt Train Kids Dazu hat Philip auch noch ein Gedicht geschrieben, das wir auch ausgestellt hatten: