LEITARTIKEL

Maschinenmarkt

Richtig sparen Sparen ist, so soll Theodor Heuss einmal gesagt haben, die richtige Mitte zwischen Geiz und Verschwendung. Und diese Mitte zu finden ist nicht immer ganz einfach. Über das Sparen an der falschen Stelle hat man sich bei der Dr. Johannes Heidenhain GmbH, Traunreut, Gedanken gemacht. Das Unternehmen hat mit viel Mühe die Positionserfassung an Werkzeugmaschinen untersucht. Dabei wurde die direkte Positionserfassung mit Längenmeßsystemen mit der indirekten über Kugelgewindespindeln mit Drehgebern verglichen. Dabei zeigte sich, daß die thermische Dehnung der Kugelgewindespindel ein massives Problem darstellt. Mit typischen Zeitkonstanten von ein bis zwei Stunden entstehen, so Heidenhain, je nach Art des Bearbeitungsprogramms Fehler in der Größenordnung von einem Zehntelmillimeter. Nach jedem Wechsel des Bearbeitungsprogrammes benötige die Kugelgewindespindel etwa eine Stunde, um einen thermisch stabilen Zustand zu erreichen, heißt es weiter. Nun mag man einwenden, daß diese Ergebnisse nicht überraschen, kommen sie doch von einem Unternehmen, das einen nicht unbeträchtlichen Teil seines Umsatzes durch den Verkauf von Längenmeßsystemen erwirtschaftet. Doch dies greift zu kurz, denn eigentlich haben die Traunreuter das Thema nur wieder aufgewärmt; alle Fakten sind längst bekannt, erläutert Dr. Wilfried Schäfer vom Verein Deutscher Werkzeugmaschinenhersteller (VDW). Entweder man wolle hohe Präzision, dann brauche man ein direktmessendes Längenmeßsystem; oder eine Achse habe nur untergeordnete Bedeutung, dann reiche auch ein indirektes Meßsystem. Aber, so Schäfer weiter, dies sei in der Branche auch bekannt. Und genau da setzt die Argumentation von Heidenhain an. Daß diese Fakten in der Fachwelt bekannt sind, gibt Dr. Jan Braasch, Abteilungsleiter Längenmeßsystem bei Heidenhain, zu, aber nicht unbedingt bei den Endkunden. Und für den Endkunden könnte eine Werkzeugmaschine, bei der das Längenmeßsystem optional ist, aus Kostengründen schon sehr reizvoll sein. Natürlich ist es sinnvoll, permanent an Kostensenkungen zu arbeiten. Aber nur so lange, wie die Qualität der Fertigung nicht darunter leidet. Deshalb haben die Traunreuter recht mit ihren Warnungen, zumindest solange, wie ihre Untersuchungen nicht widerlegt werden.

UDO SCHNELL

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Maschinenmarkt

Leica steigert Umsatz im Halbleitermarkt Wer erinnert sich nicht an die Warnung des Präsidentschaftsbewerbers Ross Perot: Der nordamerikanische Freihandelspakt Nafta werde wie ein großer Staubsauger wirken und Millionen amerikanischer Arbeitsplätze nach Mexiko saugen. Die Schwarzmalereien waren ebenso übertrieben wie die rosaroten Bilder der NaftaAnhänger. Geschehen ist so gut wie nichts; das Abkommen hat in den Wirtschaftsbeziehungen zu Mexiko und Kanada keine dramatischen Veränderungen gebracht.

Chance nutzen Auch und gerade in der jetzigen schwierigen Situation des Standorts Deutschlands muß festgehalten werden: Eine „ökologische Revolution“, auch steuerlich gefördert, verspricht außer dem Segen für die Umwelt hohen ökonomischen Nutzen. Sie kann neue Arbeitsplätze schaffen und unserem Land dabei eine internationale Spitzenstellung vermitteln, die es anderswo eingebüßt hat.

Großer Auftritt Von Amerika lernen, heißt siegen lernen – und Rußland darf beim Lernen jetzt in der ersten Reihe sitzen. Bill Clinton hat diese schlichte Botschaft beim größten anzunehmenden Medienauflauf in Denver gewohnt perfekt in Szene gesetzt. Er bekräftigt damit kostengünstig Amerikas Führungsrolle, überspielt die erwartet mageren Gipfel-Ergebnisse, selbst Washingtons knallhartes No zu schärferen Umweltgesetzen ordnet sich in die Linie ein – die Wirtschaft mag so etwas nicht. 6

Bild: Pfeiffer

Nichts passiert

Eine neue Drehmaschinen-Baureihe stellte die Schweizer Schaublin A.G. am 10. Juni in ihrem Stammwerk in Bévilard vor. Mit dem modularen Konzept, das von der einfachen Zweiachsen-Drehmaschine bis zum siebenachsigen Dreh-Fräs-Zentrum reicht, will Schaublin nun auch im Sektor der hochpräzisen Großserienfertigung erfolgreich sein.

Großbritanniens Werkzeugmaschinenindustrie erhöht ihre Marktanteile im Ausland Großbritanniens Werkzeugmaschinenbauer steuerten 1996, im vergangenem Jahr, 3,3% der Welt-Werkzeugmaschinenproduktion bei und überrundeten damit Südkorea, das einen Anteil von 3,1% auf sich vereinigte. Wie aus dem Jahresbericht des Branchenverbandes Machine Tool Technologies Association (MTTA), London, weiter hervorgeht, konnten sich die britischen Hersteller 1996 einen Anteil von 3,7% am Weltexportmarkt sichern und nehmen damit den siebten Platz unter den weltweit bedeutendsten Exporteuren ein. Bestimmend in den Bereichen Werkzeugmaschinenproduktion und -export sind Japan, Deutschland, Italien, die Schweiz, Taiwan, die USA, China, Großbritannien, Südkorea, Frankreich und Spanien. Das letzte Jahr war für die britische Werkzeugmaschinenindustrie bereits das vierte Jahr in Folge, in dem sie einen Zuwachs verzeichnen konnte. In Großbritannien wurde eine Absatzsteigerung von schätzungsweise 24% auf 925 Millionen Pfund erzielt, von denen die britischen Hersteller 825 Millionen Pfund für sich verbuchen konnten. Das entpricht einer Zunahme um 32% verglichen mit dem Vorjahr. Nach MTTA-

Angaben verzeichnete die Branche im vergangenen Jahr eine beträchtliche Zunahme der Exporte auf insgesamt 537 Millionen Pfund. Auf den meisten Exportmärkten der britischen Werkzeugmaschinenindustrie gab es Zuwächse. „In einigen Fällen“, so ein MTTA-Sprecher, „war dies auf einen konjunkturellen Aufschwung zurückzuführen wie beispielsweise im Fall der USA. In anderen Ländern, darunter Deutschland, Frankreich und Italien, konnte trotz unveränderter Marktlage eine Steigerung britischer Werkzeugmaschinenexporte erzielt werden, so daß sich dort der Marktanteil britischer Produkte im letzten Jahr vergrößert hat.“

Leica kann auf ein sehr erfolgreiches Jahr zurückblicken. So konnte die Leica Mikroskopie und Systeme GmbH, Wetzlar, mit ihrem Geschäftsbereich Mikroelektronik im Geschäftsjahr 1997 eine Umsatzsteigerung von 25% gegenüber dem Vorjahr verzeichnen. Weltweit ist der Umsatz bei Halbleiterausrüstern von 1995 bis 1996 um 10% gestiegen. Besondere Erfolge hat Leica in den Märkten USA und dem asiatisch-pazifischen Raum, hier vor allem in Japan, Singapur und Taiwan. Leica wird auch künftig verstärkt in die Halbleitertechnik investieren.

Export-Deckung hat zugenommen Mit der Entwicklung des Gesamtexports stieg 1996 auch der Bedarf an staatlichen Ausfuhrgewährleistungen deutlich an. Exportgeschäfte mit Auftragswerten in Höhe von 35,4 Mrd. DM, 6% mehr als im Vorjahr, wurden in Deckung genommen. Damit wurden vom Gesamtexport der Bundesrepublik 4,6% (Vorjahr: 4,5%) durch Bundesdeckungen abgesichert. Mit einer Gesamtbelastung von 2,7 Mrd. DM war der Schadensverlauf ungünstig. Er blieb jedoch um rund 1 Mrd. DM unter dem Aufwand des Vorjahres.

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Vom anderen Stern

E

r kommt als letzter in den voll besetzten Tagungsraum und zweifelt keine Sekunde, wo er hingehört: ganz nach vorne. Da trägt er seinen Stuhl hin, da will er eine neue Reihe aufmachen – aber das geht natürlich nicht. Schließlich reiht er sich ein, setzt sich, schlägt die Beine übereinander und läßt die Fußspitze wippen: edle schwarze Schuhe, schwarze Socken, schwarzer Anzug – feiner Zwirn. Aus seinem Aluminiumkoffer hat der etwa 35jährige – laut Namensschild Dr. oec. – mittlerweile die Tagungsunterlagen geholt und raschelt ausdauernd die Papiere durch, während der erste Vortrag voranschreitet. Dann muß er erst mal raus. Die Diskussion hat er verpaßt, der zweite Vortrag ist bereits im Gange, da kommt er wieder. Nun fängt er erst richtig an. Er holt einen Block aus dem Koffer, greift zum Stift und versenkt sich in eine schriftliche Ausarbeitung. Der Vortragsredner stört ihn offenbar nicht, und auch von der Diskussion läßt er sich nicht ablenken. Zur Kaffeepause ist er fertig und reißt langsam ein Blatt nach dem anderen aus dem Block. Befriedigt betrachtet er sein Werk. Mehr als ein halbes Dutzend Seiten hat er vollgeschrieben. Als der dritte Vortrag nach der Kaffeepause beginnt, holt er die Neue Zürcher Zeitung aus dem Koffer. Aber die kann ihn auch nicht lange fesseln. Nun döst er ein bißchen. Ab und zu merkt er mal auf, nickt zustimmend – und dann muß er wieder raus. Nach der Mittagspause ist er verschwunden. Wohin? Vielleicht zurück auf den anderen Stern, von dem dieses seltsame Tagungswesen hergekommen scheint. H.K.

Finnische Metallindustrie nach kurzer Hängepartie wieder auf Kurs Nach einem kurzen Zwischentief im 1. Halbjahr 1996 atmete Finnlands Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte erneut Höhenluft. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs um 3%, woran die Metall-, Maschinenbauund Elektroindustrie einen nicht unwesentlichen Anteil hatte. Nach Angaben des Branchenverbandes Fimet konnte dieser Industriezweig seine Produktion 1996 um knapp 6% auf 163,4 Mrd. Finnmark steigern. Allerdings gestaltete sich die Entwicklung in den einzelnen Teilbranchen recht unterschiedlich. Besonders kräftig zulegen, nämlich um 8,8% auf etwas mehr als 18 Mrd. Finnmark, konnte beispielsweise Maschinenmarkt, Würzburg 103 (1997) 29

der Elektrotechnik- und Elektroniksektor, während die Maschinenbauproduktion lediglich um 2,6% auf 29,6 Mrd. Finnmark expandierte. Kräftige Zuwächse registrierten hingegen Metallerzeugung und -verarbeitung, deren wertmäßige Produktion um 8,6 Prozentpunkte auf 8,2 Mrd. Finnmark kletterte. Nicht minder differenziert verlief 1996 das Exportgeschäft. Während Südostasien und Nordamerika erheblich mehr finnische Metall-, Maschinenbau- und Elektroerzeugnisse orderten (plus 10,6 beziehungsweise plus 34,7%), wuchsen die Exporte in die EU-Länder eher verhalten (plus 5,5%). Die Ausfuhren nach Deutschland nahmen um 3,5% zu.

Hurco GmbH nutzt Marktnische Die Hurco GmbH, Kirchheim bei München, setzte 1996 34,1 Mio. DM um, im laufenden Jahr soll dieser Umsatz nochmals um 10% gesteigert werden. Hurco hat sich für eine Fokussierung auf Vertikalbearbeitungszentren für die Einzelteil- und Kleinserienfertigung entschieden. Gerhard Kohlbacher, seit 1985 Hurco-Geschäftsführer, meint dazu: „Wir streben an, in die Tiefe anstatt in die Breite zu wachsen. Wir betreiben eine konsequente Fokussierung.“

KSG Leiterplatten mit deutlichem Plus Mit einer kräftigen Umsatzsteigerung in Höhe von 15% gegenüber dem Vorjahr wird die KSG Leiterplatten GmbH & Co., Gornsdorf, das erste Halbjahr abschließen, so Geschäftsführer Udo Bechtloff. Mit 134 Arbeitnehmern gehört der Dienstleister zu den größten Arbeitgebern im Landkreis Stollberg. 80% des Kundenstammes stammt aus den alten und 20% aus den neuen Bundesländern. Investitionen in Höhe von 6 Mio. DM sind geplant.

Bild: DIHT

TAGUNGSWESEN

Hans Peter Stihl, DIHT-Präsident, über die deutschen Unternehmen und ihr Vaterland: „Ein großer Teil der Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen dient dem Ziel, neue Märkte zu erschließen. Diese Art von Direktinvestitionen fördern den Export und verbessern die Wettbewerbsfähigkeit. Steigt der Absatz deutscher Produkte im Ausland, so sichert dies die Arbeitsplätze an den inländischen Produktionsstandorten. Kritik an den „vaterlandslosen“ Unternehmen, die im Ausland und nicht zu Hause investieren, ist hier völlig fehl am Platze.“

TRENDS Der Auftragseingang im deutschen Maschinenund Anlagenbau weist nach VDMA-Angaben im Mai, verglichen mit dem entsprechenden Vorjahresmonat, ein reales Minus von 11% auf. Dire Investitionen der deutschen Leasingbranche nahmen 1996 um 5,9% auf 61,4 Mrd. DM zu, obwohl die gesamtwirtschaftlichen Anlageinvestitionen um 0,7% schrumpften. Italiens Werkzeugmaschinenindustrie mußte im 1. Quartal einen Auftragsrückgang um 5,2% hinnehmen. Ursache: die stark rückläufige Inlandsnachfrage. Der Index der Ausfuhrpreise ist von April bis Mai um 0,2% gestiegen und lag damit, so das Statistische Bundesamt, um 1,1% über dem Wert des Vorjahresmonats.

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Melcher-Umsatz legt deutlich zu Die Melcher Holding AG, Uster/Schweiz, hat die erste Hälfte des Geschäftsjahres 1996/98 zum 31. März mit einem konsolidierten Umsatz von 29,8 Mio. Schweizer Franken und mit einem konsolidierten Auftragseingang von 28,8 Mio. Schweizer Franken abgeschlossen. Der Umsatz konnte um 11% gegenüber der Vorjahresperiode gesteigert werden, und es werde ein Betriebsgewinn von 1,8 Mio. Schweizer Franken erzielt. Melcher stellt Stromversorgungen für die Elektronikindustrie her.

Parker Hannifin im Rekordfieber Die Parker Hannifin Corporation gibt den neuen Rekordumsatz von 1 Mrd. Dollar für das dritte Quartal (31. März) bekannt. Darüber hinaus meldet Parker Hannifin Rekordzahlen auch für die ersten neun Monate des Geschäftsjahres 1997. Der Gesamtumsatz der letzten neun Monate beträgt 2,98 Mrd. Dollar verglichen mit 2,59 Mrd. Dollar im Vorjahr. Dies entspricht einer Steigerung um 14,7%. Der Reingewinn der letzten neun Monate liegt bei 181,6 Mio. Dollar.

IM BLICKPUNKT

Britische Automobilindustrie im Aufschwung R EINHOLD S CHÄFER

Verglichen mit Deutschland, Frankreich und den USA war die britische Automobilindustrie vor dem Ersten Weltkrieg unbedeutend. Zwischen 1909 und 1913 jedoch stieg die Produktion um 200%, während sie beispielsweise in Frankreich nur um 30% stieg. 1939 war die britische Automobilindustrie die größte in Europa. In der Nachkriegszeit behauptete die britische Industrie bis 1956 ihre Führungsrolle. Dann war die Deutsche größer. Dazu kam, daß auch die Industrie in Frankreich und Italien schnell wuchs. In den 60er Jahren stagnierte die Produktion und erreichte 1972 ihren Höhepunkt. Anschließend sank sie rapide. 1982 war die Autoproduktion auf 888 000 Einheiten gesunken, verglichen mit 1 921 000 Fahrzeugen im Jahre 1972. Das erwirtschaftete Defizit erreichte 1982 eine Höhe von 1 Mrd. Pfund; 1989 verschlechterte es sich auf 6,5 Mrd. Pfund. Nach Aussage von Prof. Garel Rhys, Professor für AutomobilWirtschaft an der Cardiff Business School der Universität von Wales, der auf Initiative des RCN, Hamburg, am 10. Juni in Cardiff zur Lage der Auto-

Der Verband der Deutschen Drehteile-Industrie, Düsseldorf, war auf dem diesjährigen internationalen Kongreß in Stockholm mit einer starken Delegation vertreten. Ausgerichtet wurde die Veranstaltung vom Syndicat Internationale du Decolletage (SID). International gesehen befindet sich die Branche am Beginn eines Aufschwunges. Die Hälfte der europäischen Länder verzeichnen ebenfalls steigende Tendenz, die übrigen Stagnation, so der Verband der Deutschen DrehteileIndustrie, Düsseldorf. 8

Bild: Schäfer

Drehteile-Kongreß in Stockholm

Prof. Garel Rhys, Universität von Wales, Cardiff: „Man kann nicht mehr von der britischen Automobilindustrie reden, nur noch von einer Automobilindustrie in Großbritannien.“

mobilindustrie in Cardiff sprach, hatten die japanischen Automobilproduzenten schnell erkannt, daß Großbritannien ein guter Platz ist, um ihre Automobilproduktion in Europa zu starten. Das Beispiel Japans machte Schule. Zwischenzeitlich wurden fast alle britischen Automarken von ausländischen Unternehmen aufgekauft, das bekannteste Beispiel ist die Übernahme von Rover durch BMW. Laut Prof. Rhys kann man jetzt jedoch „nicht mehr von der britischen Automobilindustrie reden, nur noch von einer Automobilindustrie in Großbritannien“. Damit sei Großbritannien das erste fahrzeugproduzierende Land geworden, das die Kontrolle über seine Automobilindustrie verloren habe. Fast alle Automobilproduzenten haben ihren Sitz im Ausland. Einzig Firmen wie Morgan (Automobil), Dennis (Busse) und L.D.V. (Vans) seien Ausnahmen von der Regel. Die neue Automobilindustrie in England zeichne sich jedoch durch eine hohe Effektivität aus. Und so stieg der Export von 186 000 Einheiten (1984) auf 745 000 Einheiten im Jahre 1995 an. 1996 erzielte man mit 900 000 Fahrzeugen ein Rekordergebnis. Im Jahre 2000 könnten sogar 1,2 Mio. Fahrzeuge exportiert werden. Die Produktion stieg 1996 auf 1,7 Mio. Fahrzeuge. Erst 1999 könnte das Rekordergebnis von 1972 wieder erreicht werden. Im Jahre 2001 soll in England ein Produktionsvolumen von 2,1 Mio. Fahrzeugen vorhanden sein. Man würde jedoch auch dann immer noch mehr Fahrzeuge importieren als exportieren. Die Effizienz der Automobilanlagen sei sehr gut und entspreche der, die auch in Europa üblich sei. Deshalb expandiert General Motors (Vauxhall) seit 1960 das erste Mal in Großbritannien und führt neue Modelle ein. Die Kostenbasis von Ford sei eine der besten in Europa. Das Unternehmen Jaguar, das jetzt zu Ford gehört, plant, in Großbritannien einen Mittelklassewagen zu produzieren, der weltweit vertrieben werden soll. Rolls-Royce entwickelt unter Schützenhilfe von BMW einen neuen Motor, der die heutigen Anforderungen an Motoren erfüllt. Damit haben die schon lange in Großbritannien etablierten Unternehmen mit zum Wiederaufstieg der britischen Fahrzeugindustrie beigetragen.

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Maschinenmarkt

Georg Kaufmann AG seit 25 Jahren

Stagnation in der Lackindustrie Die deutsche Lackindustrie erzeugte im vergangenen Jahr 1,78 Mio. t Lacke und

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RK Rose + Krieger im Jubiläumsjahr Bild: Pfeiffer

Mit dem Motto „Alles in Bewegung“ beging die Georg Kaufmann AG Formen + Modellbau am 5. Juni in Busslingen/Schweiz ihr 25jähriges Jubiläum. Das auf Werkzeuge für die Kunststoffverarbeitung spezialisierte Unternehmen hat mit seinen werkzeugtechnischen Entwicklungen die Technik des Hinterspritzens und Hinterpressens von Textilen und Folien vorangetrieben. In Konstruktion und Fertigung beschäftigt das Schweizer Unternehmen heute 66 Mitarbeiter, davon elf Lehrlinge.

schaftliche Lage, so der Verband der deutschen Lackindustrie, Frankfurt/Main, wird sich auch 1997 nicht grundlegend verbessern.

In ihrem neuen Gebäude in Vaihingen-Horrheim veranstaltete die Innotool GmbH vom 5. bis zum 7. Juni erstmals Technologietage. Außer fortschrittlicher Werkzeugtechnik – darunter Fräser mit Achteck-Wendeschneidplatten – wurden innovative Lösungen zum Gewindefertigen, zum Spannen und zur Teilepositionierung vorgestellt.

Farben im Wert von 7,95 Mrd. DM. Damit stagnierte die Lackproduktion 1996 im Vorjahresvergleich, während sich der Produktionswert um 1,9% erhöhte. Das Exportgeschäft entwickelte

sich mit einem Mengenzuwachs von 5% beziehungsweise einem Wertzuwachs von 7% deutlich günstiger. Das Geschäft mit Industrielacken verlief günstiger als im Bautenbereich. Die wirt-

Im Oktober begeht die RK Rose + Krieger GmbH + Co. KG, Minden, das 25jährige Firmenjubiläum. Bis man 1993/94 den eigenen großzügig ausgelegten Firmenkomplex in einem Mindener Industriegebiet beziehen konnte, mußte das Unternehmen mehrmals umziehen, weil die Räumlichkeiten aus den Nähten platzten. RK Rose + Krieger mit seinen 130 Beschäftigten gehört zur Unternehmensgruppe Phoenix Mecano AG und verbuchte in den vergangenen Jahren stets zweistellige Umsatzzuwächse.

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Maschinenmarkt

Trumpf verstärkt Asien-Präsenz

Müller-Weingarten wieder auf Kurs Die Kurskorrektur bei der – wegen zu stark forcierter

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ADP Services rechnen zügig ab Werkbild: Biegel

Die Firmengruppe der Trumpf GmbH + Co., Ditzingen bei Stuttgart, baut ihre Asien-Präsenz durch Gründung einer Tochter in Korea aus. Nach Angaben des Werkzeugmaschinenherstellers wurde jetzt die Trumpf Korea Co. Ltd., Seoul, eröffnet. Südkorea nahm nach den Worten von Hans Klingel, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Trumpf-Geschäftsleitung, schon im Geschäftsjahr 1995/96 (30. Juni) rund 15% aller Trumpf-Verkäufe in der Region Asien-Pazifik ab. Die gesamte Trumpf-Gruppe erwartet 1996/97 einen Umsatz von über 1 Mrd. DM.

auf 468,7 Mio. DM, begleitet von einer Zunahme der Neu-Bestellungen um 20% auf 585,5 Mio. DM.

Die Biegel Electronic Production GmbH in Mainhausen blickt optimistisch in die Zukunft: Im März konnten bereits Aufträge im Wert von knapp 70 000 DM hereingeholt werden, stellen die Inhaberin Tanja Reising (Mitte) sowie Peter und Ursula Biegel mit Freude fest.

Internationalisierung – tief in die Verlustzone geratenen Müller-Weingarten AG, Weingarten, ist offenbar erfolgreich gewesen. So konnte der Fehlbetrag aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit im Jahr 1996 deutlich reduziert

werden, und zwar von 52,8 auf 13,5 Mio. DM. Der Konzern insgesamt bilanziert einen Fehlbetrag für 1996 von 6 (34,1) Mio. DM. Im gleichen Zeitraum erhöhte sich der Konzerumsatz des Pressenbauers um 17,6%

Die ADP Employer Services GmbH, Anbieter von Software und Dienstleistungen für die Personalwirtschaft, strebt in Deutschland eine Spitzenposition an. Die Übernahmen des französischen GSI-Konzerns, einschließlich der GSI Paisy in Bremen, des Rhein-MainRechenzentrums, Frankfurt/ Main, und der Taylorix AG, Stuttgart, sicherten dem Unternehmen auch in Deutschland einen bedeutenden Marktanteil. Die rund 400 Mitarbeiter erwirtschafteten im Geschäftsjahr 1996 einen Umsatz von 110 Mio. DM.

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PERSONEN Günter Wohlenberg, seit 1979 Mitglied des Vorstandes der Degussa AG, Frankfurt/ Main, und zuletzt für die Asta Medica AG sowie die Geschäftsbereiche Dental und Edelmetalle verantwortlich, trat Ende Juni in den Ruhestand.

präsidenten vom Bundesminister für Post und Telekommunikation, Dr. Wolfgang Bötsch, das Verdienstkreuz erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Dr. Günter Schneider ging zum 30. Juni in den Ruhestand.

Franz Niedermaier, Geschäftsführer der Oracle Deutschland GmbH, München, verließ das Unternehmen zum 30. Juni. Pier Carlo Falotti, Senior Vice President Europe, Middle East and Africa, übernahm ab Juli die Verantwortung für die Oracle Deutschland GmbH.

Dipl.-Ing. Oskar Burkert, Westfalen AG, wurde während der Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft umweltschonende Schmier- und Verfahrensstoffe, Rheine, als Vorstandssprecher bestätigt.

Studiendirektor Dipl.-Ing. Gerhard Glasmacher, langjähriger Leiter der Fachschule für Technik in Troisdorf, verabschiedete sich im Rahmen einer feierlichen Entlassung der Abschlußklassen von seinen Schülern, vom Fachkollegium und von anwesenden Repräsentanten des Schulträgers, des Fördervereins und der mit dieser Schulform verbundenen Industrie. Gerhard Glasmacher trat Ende Juni in den Ruhestand. Thomas Leitner wurde von der FileNet GmbH als Geschäftsstellenleiter für die Niederlassung in Stuttgart eingestellt. Er bringt für diese Aufgabe eine zehnjährige Erfahrung aus dem Marketingund Vertriebsbereich mit. Zuvor war Thomas Leitner bei Kodak Imaging Services, London, beschäftigt. Felix Wiesner zeichnet ab jetzt als Vice President für die Bereiche Finanzen und Verwaltung der Sterling Software GmbH, Düsseldorf, verantwortlich. Er wechselte von der ICS Deloitte (Europe) GmbH, Heidelberg, in die Sterling-Geschäftsleitung. Dr. Günter Schneider, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Postbank AG, erhielt im Auftrag des BundesMaschinenmarkt, Würzburg 103 (1997) 29

Dr. Datong Wu vom Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffe (IKP) der Universität Stuttgart erhielt den von der DGZfP – Deutschen Gesellschaft für zerstörungsfreie Prüfung e. V., Berlin, verliehenen diesjährigen Berthold-Preis. Der Preis ist mit 8000 DM dotiert. Ad Scheepbouwer ist zum Chief Executive Officer von TNT ernannt worden. Diese Position wird er mit seinen Aufgaben als Managing Director der PTT Post und seiner Funktion als Mitglied des Board of Management der Königlichen PTT Nederland (KPN) verbinden. William A. Humphrey wurde zum First Vice-President der Society of Plastics Engineers (SPE) ernannt. Der Hauptsitz des 36 000 Mitglieder umfassenden Verbandes liegt in Brookfield/USA, der europäische Service-Center hat seinen Sitz in Brüssel/Belgien. Dipl.-Ing. Wolfgang Seifert, Agiplan AG, Mülheim an der Ruhr, erhielt den MFK-Preis 1997. Er wurde ausgezeichnet für seinen Vortrag „Logistikzentren für den stationären Handel, Vergleich unterschiedlicher Automatisierungs-stufen“ anläßlich des Deutschen MaterialflußKongresses, der am 10. und 11. Juni in Leipzig stattfand. 11

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STENO Die Heinz Fiege KG, Kleinwallstadt/Main, Hersteller von Präzisionswerkzeugen und Spindeln, hat aufgrund erfolgreicher Messebeteiligungen in Südkorea ein eigenes Verkaufsbüro in Seoul eröffnet. Die Spindeln von Fiege werden hauptsächlich in der Glas- und Maschinenbauindustrie eingesetzt. Die Microtecnic, Fachmesse für Fertigungsmeßtechnik und Qualitätssicherung, wird im kommenden Jahr wieder in Zürich durchgeführt. Im neuen Messezentrum soll sie parallel zur Werkzeugtechnikmesse Intoolex (17. bis 20. März) stattfinden. Der Veranstalter Reed Messen (Schweiz) AG ist überzeugt, daß sich das Angebot beider Veranstaltungen ideal ergänzt. Die Härterei Aribert Conrad GmbH, Iserlohn-Sümmern, hat ein nach ISO 9002 zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem eingeführt. Der Hersteller unter anderem von Sicherheitsteilen für die Automobilindustrie reagiert damit auf die Internationalisierung der Märkte und die steigenden Anforderungen an die Produktqualität. Berna, Mitglied der schweizerischen Saurer-Gruppe, hat für 35 Mio. Dollar das auf Beschichtungen spezialisierte US-Unternehmen Multi-Arc, Rockaway, und dessen britische Tochter Consett in Nordostengland erworben. Berna sitzt in Olten, beschäftigt 1000 Mitarbeiter und produziert thermische Spritzbeschichtungen für die Automobilindustrie, die Energietechnik sowie die Druckindustrie. Die Gaudlitzwerk GmbH, Coburg, hat das Ohr am Puls der Zeit. Jüngster „Coup“ ist die Vernetzung des Unternehmens mit seinen Kunden und Zulieferern per DFÜ, was zu einer erheblichen Reduzierung der Durchlaufzeiten führt. Der Hersteller von 12

Präzisionskunststoffteilen für die Industrie kann in diesem Jahr auf sein 60jähriges Bestehen zurückblicken. Die Ebner Industrieofenbau, Linz/Österreich, erhielt von Hulett Aluminium einen weiteren Auftrag für das geplante Werk in Pietermaritzburg/ Südafrika. Der Auftrag umfaßt Engineering, Konstruktion und Fertigung sowie Inbetriebnahme einer Hicon-Rollenherdofenanlage zum Vergüten von Aluminiumplatten. Der maximale Jahresdurchsatz wird bei 9000 t liegen. Tooltec Werkzeug- und Kunststofftechnik GmbH heißt ein 1995 gegründetes Unternehmen, das sich mit dem Werkzeugbau für die Kunststoffverarbeitung befaßt. Nun wurde im thüringischen Wolfmannshausen ein großzügiger Firmenneubau eingeweiht. 30 Mitarbeiter fertigen dort auf modernen CNC-Maschinen hochgenaue Spritzgießwerkzeuge. Tooltec gehört zur international tätigen Czech-Gruppe. Die Bundesvereinigung Logistik (BLV), Bremen, gibt die Gründung eines Arbeitskreises „Logistik für internationale Produktionswerke“ bekannt, der sich unter Leitung von Dr.-Ing. Frank Straube, Geschäftsführer des Zentrums für Logistik und Unternehmensplanung, mit den logistischen Problemen international agierender Produktionsbetriebe auseinandersetzen will. Das erste Meeting findet am 26. August in Berlin statt. Numerik, früher zur WagnerGruppe gehörig und im letzten Jahr in die Gesamtvollstreckung gegangen, startet wieder durch. Nach einem MBO versucht man nun unter der Firmierung Metallbearbeitung und Vorrichtungsbau GmbH (M&V) ein Comeback. Mit einem Team von 61 Mitarbeitern (bei Numerik waren Maschinenmarkt, Würzburg 103 (1997) 29

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Maschinenmarkt

peilt Niles-Simmons eine Umsatzsteigerung um 12 auf 46 Mio. DM an.

Lohmeyer SchaltschrankSysteme, Vlotho, fährt – entgegen dem allgemeinen Trend – auf Wachstumskurs. Neue Klemmkästen, die im Juli auf den Markt kommen werden, erfreuen sich bereits jetzt reger Nachfrage. Deshalb erweitert Lohmeyer die Poduktionsfläche in Vlotho (7000 m2) um eine weitere 12 000 m2 große Halle. Datastream-SQL Systems und die ICT GmbH, München, haben ein Distributionsabkommen geschlossen, wonach ICT die exklusiven Vertriebsrechte für die Wartungs- und Instandhaltungsprogramme MP2 und Maintainit von SQL erhält. Bei ICT handelt es sich um ein Systemhaus für industrielle Anwendungslösungen.

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Werkbild: Battenfeld

es zuletzt 170 gewesen) werden Schaltschränke hergestellt. 1997 will M&V rund 9 Mio. DM umsetzen.

Die Battenfeld Spritzgießtechnik International besitzt seit kurzem eine neue Produktionsstätte für Spritzgießmaschinen in Bellefonte/ USA. Nordamerika ist einer der Schlüsselmärkte für Battenfeld Spritzgießtechnik International, dessen Bedeutung künftig noch weiter wachsen wird.

Niles-Simmons, Chemnitz, kann mit einer Erfolgsmeldung aufwarten: Vier Sonderdrehmaschinen im Gesamtwert von 3 Mio. DM bestanden vor wenigen Tagen die Prüfung durch ein Team von

General Motors. Damit können die Maschinen nun die weite Reise nach Tonawanda antreten, wo sie das Herzstück einer neuen Fertigungsstraße des GM-Werks bilden werden. Für 1997

Metronik, Unterhaching, ein Unternehmen der RaabKarcher-Gruppe, ist von IDT zum neuen Distributor für Deutschland, Österreich und die Schweiz ernannt worden. Das IDT-Produktangebot umfaßt RISC-Prozessoren (speziell im Low-costBereich), Speicher, SRAMs, Logikschaltungen und Module wie PC-Cache. Aalberts Industries, Driebergen/Niederlande, beabsichtigt die Übernahme von 90% der Anteile an der Härterei Hauck GmbH & Co KG, die künftig zu den Kernbetrieben der Aalberts-Gruppe zählen wird. Bei Hauck mit Sitz in Remscheid handelt es sich nach Aussagen von Aalberts um das modernste Härtereiunternehmen Deutschlands.

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RECHT

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Kündigung in Kleinbetrieben Viele Handwerksbetriebe sind Kleinbetriebe, die in wirtschaftlicher Hinsicht anderen Gesetzmäßigkeiten und Bedingungen unterliegen als große Unternehmen. Auch in der rechtlichen Behandlung bestehen Unterschiede. Besonders im Rahmen des Kündigungsschutzes der Mitarbeiter ergeben sich für Kleinbetriebe Besonderheiten.

Geltungsbereich des Schutzgesetzes Eine wichtige Besonderheit für Kleinbetriebe findet sich im Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Das Kündigungsschutzgesetz findet ausnahmsweise dann keine Anwendung, wenn es sich um einen Kleinbetrieb im Sinne des § 23 KSchG handelt. Maßstab für einen Kleinbetrieb ist die Anzahl der regelmäßig beschäftigten Mitarbeiter. Das Kündigungsschutzgesetz hat durch das Bonner Sparpaket entscheidende Veränderungen erfahren. So wurde die Zahl der Mitarbeiter, die einen Kleinbetrieb ausmachen, von bisher fünf auf nunmehr zehn Mitarbeiter heraufgesetzt. Ebenso wurde die Berechnungsmethode zur Ermittlung der Mitarbeiterzahl geändert. Mitarbeiter, die vor Inkrafttreten der Änderung (01. 10. 1996) Kündigungsschutz hatten, genießen jedoch ab dem vorgenannten Zeitpunkt noch drei Jahre einen sogenannten Vertrauensschutz. Was bedeutet das im einzelnen? Unproblematisch ist die Handhabung Thomas Feil ist Rechtsanwalt in Hannover.

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§§§§§ §

THOMAS FEIL

des Kündigungsschutzgesetzes für Betriebe, die sowohl vor als auch nach dem 1. Oktober 1996 mehr als zehn Mitarbeiter regelmäßig beschäftigten. Das Kündigungsschutzgesetz findet für diese größeren Betriebe uneingeschränkt Anwendung. Ebenso unproblematisch fallen die Betriebe, die vor dem 1.Oktober 1996 fünf oder weniger Arbeitnehmer beschäftigten, unter die Ausnahmeregelung des Kündigungsschutzgesetzes. Diese Betriebe waren Kleinbetriebe im Sinne des Gesetzes und sind dies auch geblieben. Schwierig wird es bei den Betrieben, die zwischen fünf und zehn Mitarbeiter beschäftigen. Die Beschäftigtenzahl – sowohl nach der alten als auch nach der neuen Fassung – setzt sich aus allen Arbeitnehmern zusammen, die in einem Arbeitsverhältnis zum Inhaber des Kleinbetriebes stehen. Leiharbeitnehmer sind nicht zu berücksichtigen. Die alte und die neue Fassung des Gesetzes schließen Auszubildende aus der Beschäftigtenzahl aus. Ebenfalls unberücksichtigt blieben nach § 23 KSchG Teilzeitbeschäftigte mit geringer Stundenzahl (regelmäßig weniger als zehn Stunden wöchentlich oder 45 Stunden monatlich). Familienangehörige,

die im Betrieb mitarbeiteten, wurden mitgezählt, sofern sie in einem Arbeitsverhältnis zum Inhaber standen.

Neue Regelung Zukünftig soll das Kündigungsschutzgesetz für Betriebe Anwendung finden, die mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen. Bei der Ermittlung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer werden Teilzeitbeschäftigte nunmehr wie folgt berücksichtigt : Teilzeitbeschäftigte mit weniger als zehn Stunden werden mit dem Faktor 0,25 bewertet nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5, und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75. Sowohl die alte als auch die neue Fassung des § 23 KSchG stellt auf die Zahl der Arbeitnehmer ab, die „in der Regel“ im Betrieb beschäftigt sind. Maßgebend ist die Anzahl der Beschäftigten zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung beim Arbeitnehmer. Die regelmäßige Beschäftigtenzahl wird aus den Arbeitnehmern, die ständig im Betrieb arbeiten, errechnet.

Auswirkungen auf den Kleinbetrieb Welche Folgen für den Betrieb hat nun die Feststellung, daß er Kleinbetrieb im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes ist? Für einen Kleinbetrieb wird der größte Teil des Kündigungsschutzgesetzes unbedeutend. Besonders die Schutzvorschrift des § 1 KSchG, der für eine Kündigung betriebliche, verhaltens- oder personenbedingte Gründe fordert, sowie die Regelung zur Änderungskündigung sind für Kleinbetriebe unmaßgeblich. Das bedeutet, daß der Inhaber eines Kleinbetriebes den bei ihm

beschäftigten Arbeitnehmern im Grundsatz frei kündigen kann. Beim Ausspruch der Kündigung sind allerdings die Kündigungsfristen zu beachten. Das Bundesarbeitsgericht hat vor einiger Zeit ausdrücklich bestätigt, daß die Regelung zugunsten von Kleinbetrieben nicht gegen die Verfassung verstößt. Vom Kläger war gerügt worden, daß durch den Ausschluß der Kleinbetriebe aus dem Kündigungsschutz der Gleichheitssatz in Artikel 3 Grundgesetz verletzt werde. Ein Arbeitnehmer, der in einem Betrieb mit einer höheren Arbeitnehmerzahl arbeitet, bekomme den gesetzlichen Kündigungsschutz, während ein Arbeitnehmer in einem Kleinbetrieb nicht geschützt sei. Das Bundesarbeitsgericht hat dazu ausgeführt, daß der Herausnahme der Kleinbetriebe aus dem Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes mittelstandspolitische Erwägungen zugrunde liegen. Kleinbetriebe sind wirtschaftlich und verwaltungsmäßig weniger belastbar. Zu berücksichtigen ist nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes auch die oft enge persönliche Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Kleinbetrieb und die Gewährleistung größerer Freizügigkeit in Personalentscheidungen für Kleinunternehmer. Vom Kläger war auch die Grenzziehung beim Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes kritisiert worden. Von dem Grundsatz, daß der Arbeitgeber im Kleinbetrieb den Arbeitnehmern frei kündigen kann, gibt es aber Ausnahmen, die in MM 34 dargestellt werden. MM Maschinenmarkt, Würzburg 103 (1997) 29

HINTERGRUND

Maschinenmarkt

Wachstumsmarkt Hersteller von Industrie-PC rechnen mit einer Zunahme der Aufträge R EINHOLD S CHÄFER

O

ftmals bietet sich dem Besucher in vielen Betrieben das gleiche Bild: Staub liegt in der Luft, der Geruch von Ölnebeln ist unverkennbar. Beim Saubermachen lassen sich Wasserspritzer auch dort nieder, wo sie besser nicht sein sollten: auf den Steuerungen der Maschinen. Dies ist ganz gewiß kein Platz zum Aufstellen von empfindlichen Computern. Ein normaler PersonalComputer würde wohl bald streiken. Doch speziell dafür gefertigte IndustrieComputer widerstehen nicht nur diesen Gefahren, sondern sogar den elektrischen Feldern, die dort auftreten. Man verwendet sie hauptsächlich als Visualisierungs- und Bediengerät. Aber auch als Steuerungselement müssen die robusten Computer herhalten. „Unsere Kunden setzen diese Geräte unter härtesten Industriebedingungen ein“, berichtet Firmenchef Gerhard Bachmann von der Bachmann GmbH aus Feldkirch-Tosters/ Österreich, „und müssen sich deshalb hundertprozentig auf deren Funk-

tionsfähigkeit verlassen können“. Mit aufwendigen Testläufen sorgen die Techniker dafür, daß die Terminals Hitze, Kälte, Spritzwasser, elektromagnetischer Strahlung, Staub, Gas, Rauch, Schmutz oder Vibrationen widerstehen. Und so ist es nicht verwunderlich, daß sich der Markt für Industrie-Rechner in einer neuen Wachstumsphase befindet.

100 IPC-Lieferanten gibt es in Deutschland Für 1995 habe dabei der Marktbedarf an IndustriePC laut Siegfried Oblasser, Leiter des Produktmarketings Kernprodukte Simatic von Siemens,

Nürnberg, wertmäßig bei 343 Millionen Mark gelegen. Für Europa waren es 500 Millionen Mark, und in den USA wurden IPC im Werte von 900 Millionen Mark verkauft. Den europaweiten Marktbedarf sieht Meheran Dawari, Vertriebsleiter der Beck GmbH aus Wetzlar, für 1997 sogar bei zwei Milliarden Mark. Hier genaue Zahlen zu nennen sei schwierig, weil die Definition des Begriffs Industrie-PC nicht für jeden Anwender ganz eindeutig ist. Klaus Jüngling, Geschäftsführer des Unternehmensbereichs Leukhardt Systemelektronik GmbH, Tuttlingen, hat Zahlen von Marktforschern, die von einem stückzahlenmäßigen Bedarf in Deutschland von 50 000 bis 200 000 Stück im Jahr ausgehen, mit steigender Tendenz. In Europa werden es Jüngling zufolge zwei- bis dreimal soviel sein. Knapp 100 Lieferanten von Industrie-PC gibt es in Deutschland. Neben den Branchenriesen IBM, Siemens, Texas Micro Systems

Unternehmer Hans Beckhoff, Verl: „Gerade die Steuerungstechnik ist ein großer Wachstumsmarkt für Industrie-PC.“

16

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und der BMW-Tochter Kontron sind es vor allem kleinere Ingenieurfirmen, die den Markt mit den robusten Rechnern beliefern. Weil es so viele Unternehmen gibt, ist es Dawari zufolge auch sehr schwierig, die Marktpositionen der einzelnen Unternehmen genau festzulegen: „Eine genaue Zahl des Marktanteils von Beck kann ich nicht geben, vielleicht sind es in Deutschland 10%. Doch bei Hutschienen-PC sind wir der Weltmarktführer“, ist Dawari sich sicher.

Hohes Wachstum bei Industrie-PC 1993 hat es eine Phase mit nicht so hoher Nachfrage gegeben. Doch nun gelten für Industrie-PC wieder zweistellige Zuwachsraten: Dipl.-Phys. Hans Beckhoff, Geschäftsführer der Elektro Beckhoff GmbH, Unternehmensbereich Industrie-Elektronik, aus Verl sagt es in wenigen Worten: „Wir erleben zur Zeit einen großen Boom.“ Eine im letzten Jahr von Beckhoff erzielte Umsatz-Steigerungsrate von 26 Prozent stützt diese Aussage. Dipl.-Ing. (FH) Alfons Nüßl, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb der Dlog GmbH, Olching, nennt andere Zahlen: „Wir rechnen mit einer jährlichen Steigerungsrate des Marktes von zehn Prozent“, ergänzt jedoch: „für unser Unternehmen zeigt sich derzeit sogar ein wesentlich höheres Wachstum.“ Auch bei Siemens rechnet man „mit einer Steigerungsrate von etwa zehn bis 15 Prozent“, so Oblasser. Optimistisch ist man auch bei Leukhardt, und man hält die zu erwartenden Zuwachsraten für „überdurchschnittlich groß“. Die Industrie-PC über-

fer

Maschinenmarkt, Würzburg 103 (1997) 29

Für kritische Prozesse sind SPS besser Doch bei Siemens, selbst Hersteller von großen speicherprogrammierbaren Steuerungen, ist man davon überzeugt, daß die SPS durchaus nicht aus dem Rennen ist. „Im unteren und mittleren Leistungsbereich hat die SPS den PC-Lösungen gegenüber in jedem Fall entscheidende preisliche Vorteile“, konstatiert Siegfried Oblasser und fährt fort: „Eine Soft-SPS, also eine in PC-Software ausgeführte SPS, erfüllt nicht die von Hardware-SPS garantierten Sicherheitsfunktionen Maschinenmarkt, Würzburg 103 (1997) 29

Bild: Schäfer

Meheran Dawari, Vertriebsleiter der Beck GmbH, Wetzlar, ist sich sicher: „Bei HutschienenPC sind wir Weltmarktführer.“

Werkbild: Leukhardt

wie Wiederanlauf, Datenremanenz oder die absolute Programmreproduzierbarkeit.“ Auch gebe es noch kein StandardEchtzeitbetriebssystem. „Alle Soft-SPS-Lösungen sind proprietäre Lösungen“, führt Oblasser weiter aus. Für kritische Prozesse und bei einfachen Anwendungen sei die SPS besser geeignet und für datenintensive Aufgaben die PC-basierte Steuerung in Form von Slot-SPS oder Soft-SPS, je nachdem, wieviel Steuerungsfunktionalität verlangt werde. Doch wachsende Rechnerleistung, sinkende Preise, neue I/O-Konzepte auf Feldbus-Basis und Echtzeit-Software-Pakete machen den Industrie-PC zunehmend attraktiver für den Einsatz als vollständige, hochintegrierte Maschinensteuerung. Beckhoff: „Gerade die Steuerungstechnik ist ein großer Wachstumsmarkt für Industrie-PC. Anfang der 90er Jahre noch belächelt, setzen sich Industrie-PC in der Steuerungstechnik mehr und mehr durch. Vor allem im Maschinenbau hat man die Vorteile des IPC erkannt und setzt immer mehr auf diese Technik. Der IPC wird deshalb seinen Siegeszug unaufhaltsam fortsetzen.“ Auch für Dawari ist klar, „daß die klassische Steuerungstechnik ausstirbt. Man geht zunehmend weg von autarken Steuerungslösungen. Außerdem werden die Ansprüche des Kunden immer höher“. Doch auch er gibt der SPS noch Chancen: „Heute ist es oft in der Übergangsphase noch so, daß der PC neben der SPS betrieben wird, wobei der IPC die Visualisierungsaufgaben übernimmt und die SPS die Steuerungsaufgaben. Zwar gibt es SPS-Systeme mit Bildschirm und standardisierten Schnittstel-

Klaus Jüngling, Geschäftsführer der Leukhardt Systemelektronik GmbH, Tuttlingen: „Solange es noch Betriebsmittelvorschriften und Step-5-Fan-Clubs gibt, werden weiter Standard-SPSSysteme gekauft.“

Werkbild: Siemens

nehmen zunehmend klassische Steuerungs- und Regelungsaufgaben und lösen die SPS in Teilbereichen ab. Beide Systeme – SPS und Industrie-PC – haben dabei ihre Stärken und Schwächen. Nach Ansicht von Klaus Jüngling spricht allerdings nichts mehr für die SPS: „Doch solange es noch Betriebsmittelvorschriften und Step-5-Fan-Clubs gibt, werden weiter StandardSPS-Systeme gekauft.“ Er hält dies schlicht für ein Generationenproblem. Vorsichtiger äußert sich dazu Alfons Nüßl und sagt: „Die SPS wird sinnvoll, wenn es um wirklich kleine Anwendungen geht.“ Auch Gerhard Bachmann wägt ab: „Die richtige Steuerung für alle Anwendungen gibt es nicht, vielmehr hängt es von den Anforderungen an das Gesamtsystem ab, welche Variante den größten Nutzen bringt und deshalb eingesetzt werden sollte.“ Natürlich liege es nahe, den PC als Steuerung zu verwenden. „Mit dieser Technik ist man vertraut und kann auf ein großes Angebot an Standard-I/OKarten und -Peripherie zurückgreifen“, weiß auch der Steuerungsspezialist aus Feldkirch.

„Eine in PC-Software ausgeführte SPS erfüllt nicht die von einer Hardware-SPS garantierten Sicherheitsfunktionen“, so Siegfried Oblasser, Marketingleiter bei der Siemens AG, Nürnberg.

len, doch solche Entwicklungen kosten viel viel Geld.“ Deshalb werde der Industrie-PC-Marktanteil immer höher. Rechenin-

tensive Anwendungen, Kommunikation und Feldbus-Netzwerke lassen sich mit ihm gut durchführen, dazu kommen die klassischen Steuerungsaufgaben, „das geht mit dem PC am besten“, so Dawari. „Wir haben eine DOS-SPS entwickelt, die wir zu einem Listenpreis von 420 Mark anbieten. Die Arbeitsweise ist so wie mit einem PC. Von den bis jetzt 15 000 verkauften Geräten gingen 8000 nach Fernost.“ Gefertigt wird die Steuerung in Deutschland. „Auch in Deutschland kann man Elektronik günstig herstellen; hingegen beziehen wir das Kunststoffspritzgußteil aus Fernost“, sagt Dawari.

Hochfrequenzproblem bei Fernostprodukten Es ist sogar so, daß bei IPC-Produkten aus Fernost der Kunde manchmal Probleme mit der Hochfrequenzdichtigkeit habe. Dawari: „Bei unseren Produkten werden alle Module in Aluminiumgehäusen gekapselt, so erfüllen wir immer die gültigen Richtlinien der EMV/ESD-Bestimmungen. Dabei ist es so, daß die in Europa gültigen Richtlinien den Herstellern aus Fernost sehr wohl bekannt sind, doch um preiswerter produzieren zu können, richtet man sich oft nicht danach.“ Habe ein Kunde damit negative Erfahrungen gemacht, komme er bestimmt wieder zurück. Als Monitore nehmen die Entwickler von IPC gerne Flüssigkristall-Bildschirme (LCD), weil sie weniger anfällig sind und unempfindlicher als Röhrengeräte. Höhere Ansprüche an die Bildqualität erfüllt die TFT-Technik („Thin-FilmTransistor“), bei der jeder Bildpunkt durch einen direkt auf die Scheibe aufgedampften Transistor 17

INNOVATION

Maschinenmarkt

Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) will sich weiterhin in den neuen Bundesländern engagieren. Bis Ende des Jahrzehnts soll die Anzahl der Institute von derzeit 15 auf 18 bis 20 erhöht werden. „Damit wird eine vergleichbare Dichte an Max-Planck-Instituten wie in den alten Bundesländern erreicht“, erklärte MPG-Präsident Hubert Markl in Jena. Der Anlaß seiner Stellungnahme war die Auflösung von 27 Arbeitsgruppen, die auf fünf Jahre befristet waren und die an Universitäten weitergeführt werden sollen oder schon eingebunden sind. Die betroffenen Universitäten in Berlin, Dresden, Rostock, Jena, Leipzig, Potsdam und Halle-Wittenberg will die MPG in den nächsten drei Jahren mit 30 Mio. DM unter-

stützen. Seit 1991 hat die MPG mehr als 200 Mio. DM für die Erhaltung des Forschungspotentials in den neuen Bundesländern aufgewandt.

Im Hause profilieren Die Pe-Te-We Präzisionstechnik GmbH, Wertheim, hat eine CNC-Profilschleifmaschine zum Bearbeiten von Formwerkzeugen entwickelt. Wie das Unternehmen mitteilt, eignet sich die Maschine insbesondere für Fertigungsbetriebe, die ihre Drehwerkzeuge im Hause profilieren wollen: zum Beispiel Flach- und Rundformmeißel, Formbohrer und Formsenker, Form- und Gewindestrehler sowie Wendeschneidplatten aus Hartmetall und Keramik. In vielen Fällen sei eine drastische Reduktion der Schleifzeit möglich, heißt es.

Bilder: Pe-Te-We

Vergleichbare Dichte

Durch Mehrfachspannen kann ein Arbeitsvorrat von mehreren Stunden vorgehalten werden.

Mit der Abrichteinrichtung läßt sich die exakte Kreisform der Schleifscheibe wiederherstellen.

Mit Hilfe einer um eine Senkrechte steuerbaren C-Achse, die einen Schwenkbereich von –40 bis +35° hat, lassen sich Schulterpartien

und senkrechte Einstiche ohne manuellen Eingriff programmgesteuert schleifen. Außerdem ermöglicht die C-Achse, durch stetes Verändern der Scheibenlage die Kreisform über lange Zeit mathematisch exakt zu halten. Zum automatischen Nachprofilieren kann man die Maschine mit einer Diamant-Abrichteinrichtung ausrüsten, mit der sich wieder die exakte Kreisform der Scheibe erzeugen läßt. Die erreichbare Mittenrauhigkeit Ra liegt bei 0,08 bis 0,14 µm. Durch Mehrfachspannen kann an der Werkzeugmaschine ein Arbeitsvorrat von mehreren Stunden vorgehalten werden.

KAROSSERIEBESCHICHTUNG

Modularer Roboter für Lackieraufgaben ie gesamte Prozeßkette der Automobillackierung ist das Metier der Dürr Systems GmbH, Stuttgart, die dabei bereits die Lackiererei der Zukunft im Visier hat. Während die Außenlackierung der Karossen in den meisten Automobilwerken bereits weitgehend automatisch erfolgt, werden schwer zugängliche Karossenpartien überwiegend noch manuell beschichtet. Das betrifft vor allem die Innenlackierung im Bereich Türeinstieg, Motor- und Kofferraum. Aber auch bei der

Der erste Lackierroboter aus dem Hause Dürr hat einen Arm aus glasfaserverstärktem Kunststoff.

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Bilder: Kroh

D

„Der Roboter eignet sich für viele Aufgaben im Lackierbereich“, so Geschäftsführungsmitglied Dr. Reinhold Grau bei der Präsentation.

Hohlraumkonservierung, der Nahtabdichtung und dem Unterbodenschutz besteht Bedarf an Automatisierungslösungen. Anlaß genug für den Systemlieferanten, einen selbstentwickelten Lackierroboter auf den Markt zu bringen. „Damit treten wir erstmals nicht nur als Roboterintegrator, sondern auch als Roboterhersteller auf“, betont Dr. Reinhold Grau, für die Applikationstechnik zuständiges Geschäftsführungsmitglied, und liefert auch gleich die Gründe. „Mit den bestehenden

Roboterherstellern waren die Anforderungen im Lackierbereich hinsichtlich Verfügbarkeit und Farbenvielfalt nicht realisierbar.“ Der sechsachsige DürrRoboter zeichnet sich durch seine hohe Lackierpräzision, die geringen Farbwechselverluste und die modulare Konstruktion aus. „Wir verwenden für alle Lackiermaschinen und Roboter einheitliche Antriebs- und Applikationstechnologien, was sowohl die Investitions- als auch die Betriebskosten reduziert“, merkt Dr. Grau an. Ein Ergebnis davon ist der leichte GfK-Roboterarm, den Dürr kostengünstig fertigen kann und der Zerstäuber für den elektrostatischen und den luftzerstäubenden Lackauftrag zuläßt. Bezüglich der Nachfrage ist man bei Dürr optimistisch. Hierzu Dr. Reinhold Grau: „Weltweit werden jährlich etwa 500 Roboter für die PkwLackierung verkauft – daran wollen wir einen Anteil von 100 Stück erreichen.“

Praktikanten vom MIT Seit Anfang des Jahres unterstützt das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie Studierende des Massachusetts Institute of Technology (MIT), die in deutschen Unternehmen und Forschungseinrichtungen Erfahrungen sammeln wollen. Die Unterstützung soll für drei Jahre aus öffentlichen Mitteln fortgeführt und dann von der Wirtschaft übernommen werden. Unternehmen, die an solchen Praktikanten interessiert sind, erhalten weitere Informationen über das „MIT-Germany-Programm“ vom Deutschen Akademischen Austauschdienst in Bonn. Maschinenmarkt, Würzburg 103 (1997) 29

Bild: TBT

PRODUKTION UND BETRIEB

Beim herkömmlichen Tiefbohren werden große Mengen hochadditivierten Kühlschmierstoffes benötigt, um Qualität und Prozeßstabilität zu sichern.

Bohren

Einlippentiefbohren mit Druckluft und minimalen Kühlschmierstoffmengen WALDEMAR Z IELASKO

UND

D IRK T HAMKE

Die Trockenbearbeitung ist derzeit ein Entwicklungsschwerpunkt beim Spanen. Für das Komplettbearbeiten ist der Verzicht auf Kühlschmierstoff aber nur dann sinnvoll, wenn wirklich alle Fertigungsschritte trocken ausgeführt werden. Das erfordert ein intensives Auseinandersetzen mit Verfahren, die besonders kritisch sind, zum Beispiel das Tiefbohren mit Einlippenbohrern.

Die Motivation für Unternehmen, auf Maschinenmarkt Kühlschmierstoffe bei der spanenden Bearbeitung ganz zu verzichten oder zumindest deren Umlaufmengen erheblich zu reduzieren, ist außer im Gesundheitsund Umweltschutz in der Reduzierung der Kosten sowie in der Vermeidung zukünftiger Kostensteigerungen für den Kühlschmierstoffeinsatz zu sehen. Die Kosten für den Dr.-Ing. Waldemar Zielasko ist Leiter Verfahrensvorentwicklung und Richtwerte bei der Mercedes-Benz AG in Untertürkheim. Dipl.-Ing. Dirk Thamke arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für spanende Fertigung (ISF) der Universität Dortmund.

20

Einsatz von Kühlschmierstoffen haben in der Großserienfertigung die Werkzeugkosten um ein Mehrfaches überschritten und werden heute mit 5 bis 17% der Fertigungskosten angegeben [5]. Um dieses Kostensenkungspotential auszuschöpfen, wird die Trockenbearbeitung angestrebt. Weil dies aber in vielen Fällen nicht realisierbar ist, wird zumindest der Einsatz von Druckluft oder von Druckluft, die geringe Mengen an Schmierstoff enthält (Minimalmengenschmierung), vorangetrieben [6 und 7]. Die Umstellung der Fertigungsverfahren mit geometrisch bestimmter Schneide auf Minimalmengenschmierung oder Trockenbearbeitung ist – vom Verfahren abhängig – mehr oder weniger einfach zu realisieren. Während Verfahren mit geringem Reibanteil und unbehinMaschinenmarkt, Würzburg 103 (1997) 29

PRODUKTION UND BETRIEB

Maschinenmarkt, Würzburg 103 (1997) 29

Resultierend aus einer im Werk Untertürkheim der Mercedes-Benz AG durchgeführten Analyse der Tiefbohrbearbeitungsfälle, wurden aus den drei Werkstoffgruppen Grauguß, Aluminium und Stahl jeweils charakteristische Werkstoffe für Trockenbohrversuche ausgewählt. Die Festlegung der Geometriedaten wie Bohrungsdurchmesser und Bohrungstiefe orientierte sich dabei an praktischen Bearbeitungsfällen. In umfangreichen Referenzversuchen wurden zunächst Vergleichswerte beim konventionellen Einlippenbohren mit Kühlschmierstoff ermittelt. Für die Grundlagenuntersuchungen zur Trockenbearbeitung beziehungsweise Minimalmengenschmierung wurde am Institut für spanende Fertigung (ISF) der Universität Dortmund eine Einlippentiefbohrmaschine mit einer Kompressoranlage zur Druckluftversor-

g

f

a

Versuchs-Tiefbohrmaschine mit Druckluft und Absaugung

h

e

Kühlschmierstoff

b

i

c A d

B

k

Bild 1: Werkzeug (A) und Verfahrensprinzip (B) des Tiefbohrens mit Einlippenbohrern. a Spanraum, b Rundschliffase, c Schneide, d Führungsleiste 1, e Führungsleiste 2, f Bohrbuchse, g Dichtscheibe, h Dichtgehäuse, i Lünettenbuchse, k Span

0,4 mm

Umfangsform G 0,4 mm

Umfangsform C

30° 55 °

Beim Tiefbohren befinden sich zur Gewährleistung von Bohrungsgüte und Prozeßsicherheit oft mehrere tausend Liter besonderer, hochadditivierter Tiefbohröle im Umlauf, wobei aufgrund des hohen Öldruckes und der hohen Strömungsgeschwindigkeit zusätzliche Abdichtungsmaßnahmen erforderlich sind, die bei anderen Fertigungsverfahren entfallen können. Im Rahmen des vom Bundesforschungsministerium geförderten Vorhabens „Trockenbearbeitung prismatischer Teile“ wird im Teilprojekt „Tieflochbohren in AluminiumGußlegierungen, Stahl und Grauguß ohne Kühlschmiermittel“ versucht, konventionelle Kühlschmierstoffe bei der Einlippentiefbohrbearbeitung durch Druckluft beziehungsweise durch mit geringen Mengen Schmierstoff versetzte Druckluft zu substituieren. Ausgehend vom derzeitigen Ist-Zustand beim Tiefbohren in der Produktion und den Einsatzmöglichkeiten konventioneller Werkzeuge müssen sowohl die Werkzeuge, die Werkzeugmaschine und das Zubehör als auch die Prozeßführung an die Randbedingungen der Trockenbearbeitung oder der Minimalmengenschmierung angepaßt werden [8]. Tiefbohrverfahren im Sinne der VDI-Richtlinie 3210 [2] sind spanende Bearbeitungsverfahren für Bohrungen, deren Durchmesser zwischen 1 und 1000 mm betragen können und deren Bohrungstiefe im allgemeinen größer als das Dreifache des Durchmessers ist. Bei kleinem Bohrungsdurchmesser können dabei Bohrtiefenverhältnisse Länge/ Durchmesser bis 100, in Ausnahmefällen sogar bis 250 erreicht werden. Die Tiefbohrverfahren übertreffen den Anwendungsbereich von Wen-

spanleistungen erreicht werden. Besonders erwähnt sei, daß aufgrund der Selbstführung des Bohrers ein geringer Bohrungsmittenverlauf vorliegt, woraus die hohe Fluchtgenauigkeit resultiert.

°

Viel Kühlschmierstoff nötig beim üblichen Tiefbohren

delbohrern (Spiralbohrern) außer in den Bohrungsabmessungen auch hinsichtlich der erzielbaren Werte für die Durchmessertoleranz, die Oberflächengüte, die Rundheit und den Mittenverlauf. Ein Vorteil der Tiefbohrverfahren ist die stetige Spanabfuhr ohne Ausspanhübe. Das älteste der drei Tiefbohrverfahren ist das Einlippenbohren [1], bei dem der Kühlschmierstoff durch eine Bohrung im Werkzeug unter Druck zur Werkzeugschneide geführt wird und die Spanabfuhr durch eine in der Regel V-förmige Längsnut des Schaftes erfolgt (Bild 1). Kühlschmierstoff und Späne strömen so durch die Bohrbuchse in den Bohrbuchsenträger. Die Führung des Werkzeuges erfolgt beim Anbohren mit Hilfe einer Bohrbuchse, danach durch Dreipunktanlage und Selbstführung in der Bohrung durch die Führungsleisten und die Rundschliffase. Das Tiefbohren mit Einlippenbohrern wird vorzugsweise im Durchmesserbereich von 1 bis 40 mm praktiziert. Verwendet man Hartmetall als Schneidstoff, können bei idealen Bedingungen hinsichtlich Kühlung, Schmierung und kontinuierlicher Spanabfuhr neben ausgesprochen guten Bohrungsqualitäten auch sehr hohe Zer-

65

derter Späneabfuhr wie das Drehen oder das Fräsen in den meisten Fällen ohne große Schwierigkeiten auf Trockenbearbeitung umgestellt werden können, lassen sich die Verfahren mit höherem Reibanteil und erschwertem Späneablauf, zum Beispiel das Bohren, das Auf- und Formbohren, nur mit hohem Aufwand für die Anpassung und Optimierung des Werkzeuges und der Maschinenanlage trockenlegen. Eines der ungeeignetsten Verfahren zur Trockenbearbeitung scheint das Einlippentiefbohren zu sein.

40°

165°

120

°

Bild 2: Umfangsformen von Einlippenbohrern (nach Gühring).

21

PRODUKTION UND BETRIEB

12

12

mm 0,1

3 2 63

80 m/min Schnittgeschwindigkeit vc

0,08

3

f

14 12 10 8 6 4 2 0

Vo rsc hu b

Anzahl gefertigter Bohrungen

8

0,05 100

0,03

22

40 µm 30 9,81 Streubereich

20 7

10

9,89 8,88 6,32

6,25

1,8 0 -2,8

-1,2 -5,5

-10 -20 ∆D

Bild 3: Anzahl durch Einlippentiefbohren mit Minimalmengenschmierung gefertigter Bohrungen in Stahl Cf 53 bei variierenden Werten für die Schnittgeschwindigkeit und den Vorschub; rot Umfangsform G, blau Umfangsform C.

gung ausgerüstet. Den Späneabtransport unterstützt eine Absauganlage, die auch für die Filterung der eventuell mit geringen Mengen Schmierstoff geimpften Druckluft sorgt. Für die Minimalmengenschmierung wurde ein Einspritzöler installiert, der Tröpfchen des Schmierstoffes in den Druckluftstrom abgibt [8]. Grauguß konnte bisher mit gutem Erfolg sowohl trocken – nur mit Druckluftunterstützung – als auch unter Anwendung der Minimal-

Durchmesserabweichung ∆D, gemittelte Rauhtiefe Rz und Rundheitsabweichung tk

Maschinenmarkt

A Rz

B

tk

Bild 4: In mehreren Referenzversuchen erreichte Bohrungsqualität beim Einlippentiefbohren in Stahl Cf 53 mit konventioneller Kühlschmierung (A) und mit Minimalmengenschmierung (B); blau Umfangsform C1, gelb C2, rot G, grün C.

mengenschmierung mit unbeschichteten Einlippenbohrern tiefgebohrt werden. Allerdings sind die mit Trockenbearbeitung erzielten Durchmesserabweichungen um eine Toleranzklasse schlechter als beim konventionellen Einlippenbohren mit Öl. Für die Oberflächenqualität ergeben sich bei der Trockenbearbeitung um den Faktor zwei bis drei schlechtere Rauhtiefen. Während bei konventioneller Kühlschmierung nach einem Bohrweg von 2 m noch kein Verschleiß an den

Führungsleisten gemessen werden konnte, zeigte sich bei der Trockenbearbeitung bereits ein deutlicher Verschleiß. Standwegversuche haben dann gezeigt, daß mit optimalen Parametern eine wirtschaftliche Bearbeitung möglich ist. Es konnten zudem verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt werden, den Führungsleistenverschleiß durch Verrunden und Polieren der Einlauffase der Führungsleisten oder mit Minimalmengenschmierung zu reduzieren [4 und 8].

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PRODUKTION UND BETRIEB

Beim Werkstoff Aluminium mußte zunächst geklärt werden, ob sich Tiefbohren ohne Kühlschmierstoff überhaupt realisieren läßt. Der dabei auftretende Werkzeugverschleiß stand deshalb nicht im Vordergrund. Nach ersten erfolglosen Stichversuchen mit unbeschichteten Werkzeugen wurden TiAlNbeschichtete Bohrer verwendet, die mit einer zusätzlichen Weichstoffschicht auf MoS2-Basis versehen sind, die im PVD-Verfahren bei etwa 120 °C aufgebracht wird [3]. Zusätzlich wurde die Bearbeitungsstrategie beim Werkzeugeilrücklauf optimiert.

Keine Aufschweißungen bei Minimalmengenschmierung Die bei Trockenbearbeitung erreichbare Bohrungsqualität ist deutlich schlechter als bei der konventionellen Bearbeitung, wobei die Streubereiche, besonders für die gemittelte Rauhtiefe, wesentlich größer sind. Mit einigen Bearbeitungsparametern wurde noch nicht einmal der in den ersten Versuchen geforderte Bohrweg von 2 m erreicht. Bei Minimalmengenschmierung erzielt man dagegen Bohrungsqualitäten, die in etwa den Qualitätskennwerten beim Einsatz von flüssigen Kühlschmierstoffen entsprechen. Dadurch lassen sich auch die Aufschweißungen in den Bohrbuchsen verhindern, was zu einer Verbesserung der Prozeßsicherheit gegenüber der reinen Trockenbearbeitung führt [8]. Die Stahlbearbeitung mit Einlippenbohrern unter Zusatz von reiner Druckluft konnte aufgrund der zu hohen thermischen und mechanischen Belastungen für Werkzeug und Werkzeugmaschine bisher noch nicht realisiert werden. Weitere Versuche wurden deshalb zunächst nur mit Minimalmengenschmierung durchgeführt. Dabei wurden Einlippenbohrer mit den Umfangsformen C und G verwendet (Bild 2). Die Werkzeuge haben Bohrköpfe aus Hartmetall der Anwendungsgruppe K10/20 und sind ebenfalls mit TiAlN und Weichstoff beschichtet. Ziel der Untersuchungen war zunächst das Tiefbohren von zwölf Bohrungen mit einer Bohrungstiefe von 280 mm. Das entspricht einem Bohrweg von etwa 3,4 m. Lediglich bei einer Schnittgeschwindigkeit von 80 m/min und einem Vorschub von 0,03 mm wurde der geforderte Bohrweg erreicht (Bild 3); dabei traten auch die kleinsten Vorschubkräfte auf. Bei den Maschinenmarkt, Würzburg 103 (1997) 29

übrigen Schnittparametern kam es entweder zum Werkzeugbruch oder die Versuche wurden abgebrochen, weil die maximale Vorschubkraft überschritten war. Bild 4 zeigt die mit diesen Versuchsparametern erreichte Bohrungsqualität im Vergleich zur konventionellen Bearbeitung unter Verwendung eines nativen Tiefbohröls. Die Referenzversuche wurden allerdings nur mit Werkzeugen der Umfangsform C durchgeführt. Es fällt auf, daß bei Minimalmengenschmierung ähnlich gute Ergebnisse wie beim konventionellen Einlippenbohren mit Öl erreichbar sind. Mit arbeitsscharfen Werkzeugen werden sogar bessere Bohrungsqualitäten erzielt, mit zunehmendem Bohrweg und damit zunehmendem Werkzeugverschleiß nimmt die Bohrungsqualität jedoch stark ab, was sich auch im großen Streubereich niederschlägt. Die Werkzeuge zeigen den vom konventionellen Einlippenbohren bekannten Verschleiß an den Führungsleisten, deren Zustand für die Qualität der erzeugten Bohrungen verantwortlich ist. An Führungsleiste 1 bildet sich ein schmaler Verschleißbereich mit tiefen Furchen aus, wogegen Führungsleiste 2 großflächiger verschleißt. Es zeigt sich, daß die Werkzeuge mit der Umfangsform G aufgrund der größeren Kontaktfläche mit der Bohrungswand weniger verschleißen als Werkzeuge mit Umfangsform C. Auffällig ist, daß bei Umfangsform G nach der 6. Bohrung der Verschleiß der Führungsleiste nur noch unwesentlich ansteigt (Bild 5). Das Werkzeug zeigt also ein ausgeprägtes Einlaufverhalten, was sich auch in den gemessenen Rauhtiefenkennwerten widerspiegelt. Die Beeinflussung der Oberflächenrandzone während der Bearbeitung ist unter Umständen ebenso von Bedeutung für die spätere Funktion der Bohrung wie die Bohrungsqualität. Deshalb wurden Mikrohärtemessungen vorgenommen. Alle Bohrungen, die mit Werkzeugen der Umfangsform C gefertigt wurden, zeigen eine Verfestigung in der Oberflächenrandzone. Die Aufhärtung nimmt dabei mit zunehmendem Werkzeugverschleiß zu. Bohrungen, die mit Werkzeugen der Umfangsform G gebohrt wurden, zeigen nur bei einer hohen Schnittgeschwindigkeiten von 100 m/min eine Beeinflussung der Oberflächenrandzone. 23

PRODUKTION UND BETRIEB

Maschinenmarkt

Führungsleiste 1 (Umfangsform C) nach 12 Bohrungen nach 9 Bohrungen nach 6 Bohrungen nach 3 Bohrungen Führungsleiste 2 (Umfangsform C) nach 12 Bohrungen nach 9 Bohrungen nach 6 Bohrungen nach 3 Bohrungen Umfangsform G

nach 3 Bohrungen

nach 6 Bohrungen nach 9 Bohrungen nach 12 Bohrungen

Bild 5: Führungsleistenverschleiß beim Einlippen-Tiefbohren in Stahl Cf 53 mit Minimalmengenschmierung; Schnittgeschwindigkeit vc 80 m/min, Vorschub f 0,03 mm, Bohrlänge l 280 mm.

24

Bei der Gestaltung der Einlippenbohrer für das Tiefbohren mit Minimalmengenschmierung müssen folgende Hauptziele verfolgt werden: möglichst freie Zuführung des Schmierstoffs zur Wirkstelle der Zerspanung sowie Reduzierung der Reibung zwischen Werkzeug und Werkstück. Die Druckluft hat die Aufgabe, die sehr feinen Ölpartikel zur Schneide beziehungsweise zu den Kontaktflächen zwischen Werkzeug und Werkstückoberfläche zu transportieren. Damit ein möglichst hoher Anteil des Luft-Öl-Gemisches die Wirkstelle auch erreicht, ist ein möglichst ungestörter Strömungsverlauf durch die Spindel, den Werkzeughalter und das Werkzeug zu gewährleisten.

Werkzeugoptimierung ist erforderlich Konventionelle Einlippenbohrer haben viele Toträume, die bei minimalmengengeschmierten Werkzeugen unbedingt zu vermeiden sind. Deshalb wurde für erste Versuchswerkzeuge der Übergang des rohr-

förmigen Werkzeugschaftes in den Hartmetall-Bohrkopf trichterförmig ausgebildet. Weil es außer der Aufbauschneidenbildung häufig auch zu Werkstoffablagerungen kommt – bevorzugt an den Führungsleisten –, wurden Werkzeuge dahingehend optimiert, daß die Minimalmengenschmierung zwischen den Führungsleisten zugeführt wird. Diese Maßnahme soll die optimale Schmierung der Führungsleisten sicherstellen und Werkstoffablagerungen verhindern. Die Werkzeuge befinden sich derzeit im Einsatz. Für die Untersuchung zur Trockenbearbeitung oder zur Minimalmengenschmierung beim Einlippentiefbohren müssen außer den werkzeugseitigen Anpassungen vor allem die maschinenseitigen Voraussetzungen gegeben sein. Mit der Zielrichtung seriennahe Bauteile bearbeiten zu können, ist die am ISF umgebaute Tiefbohrmaschine aufgrund ihrer niedrigen Antriebsleistung und des unflexiblen Maschinentisches für die Versuchsdurchführung nicht optimal verwendbar.

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,

PRODUKTION UND BETRIEB

a

g

Öl

b

Luft

Spänekasten mit Spänebehälter c

f

e d M

Es wurde deshalb eine leistungsstärkere Tiefbohrmaschine mit Koordinatentisch bei der Mercedes-Benz AG umgebaut (Bild 6). Zur Zeit werden auf dieser Anlage weitere systematische Zerspanversuche durchgeführt. In erster Linie gilt es herauszufinden, welche Standwege realisierbar sind. Diese sollen dann auch die Grundlage für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sein, der sich das Verfahren Trockentiefbohren in letzter Konsequenz stellen muß. Die ersten Standwegversuche an untereutektischem Aluminium sind vielversprechend: Bei einer Schnittgeschwindigkeit von 160 m/min und einem Vorschub von 0,07 mm wurde mit einem TiAlN-beschichteten Werkzeug ein Standweg von 185 m erzielt. Werkzeuge mit den genannten Optimierungen sind derzeit im Einsatz und lassen noch deutlich höhere Standwege erwarten. Ein weiterer Schritt wird die Auswahl des geeigneten Mediums für die Minimalmengenschmierung sein. Diesem Aspekt ist bisher noch zu wenig Bedeutung beigemessen worden; allerdings sollten diese Versuche erst mit den als prozeßsicher ermittelten Bearbeitungsparametern durchgeführt werden. Die bisherigen Erkenntnisse bieten weitere Ansätze zur Optimierung des Fertigungsverfahrens. Die Werkzeuggeometrie muß weiter untersucht werden. Der Spitzenanschliff, Maschinenmarkt, Würzburg 103 (1997) 29

M

Netzdruck 6 bar

Bild 6: Schema einer für Minimalmengenschmierung ausgelegten Tiefbohranlage. a Ölbehälter, b Dosiergerät c Impulsventil, d Nachverdichter, e Absaug- und Filteranlage mit mechanischem und elektrostatischem Filter, f 1000-l-Druckluftbehälter, g Injektor, h Werkzeug

Bilder: Verfasser

h

insbesondere die Verjüngung des Werkzeuges, steht hier im Vordergrund. Optimierte Schmierstoffaustritte sollen den Werkzeugverschleiß minimieren und Materialablagerungen am Werkzeug vermeiden. Literatur [1] N. N.: VDI-Richtlinie 3208: Richtwerte für das Tiefbohren mit Einlippenbohrern. Berlin: Beuth-Verlag 1993. [2] N. N.: VDI-Richtlinie 3210: Tiefbohrverfahren. Berlin: Beuth-Verlag 1974. [3] N. N.: Movic-Beschichtung rationalisiert Trockenbearbeitung. Firmenschrift 9514-IV03. Albstadt: Eigenverlag Gottlieb Gühring KG 1995. [4] Weinert, K., und D. Thamke: Luft statt Öl – Pneumatisch unterstütztes Einlippen-Tiefbohren ohne Zusatz von Kühlschmierstoff. Maschinenmarkt 100 (1994)17, S. 52–57. [5] Weinert, K., F.-J. Adams und D. Thamke: Was kostet die Kühlschmierung? – Erfassung der Kosten für den Kühlschmierstoffeinsatz in der Großserienfertigung. Technica 44 (1995) 7, S. 19–23. [6] Weinert, K., und D. Thamke: Kühlschmierstoffkonzepte für die Bohrungsbearbeitung. VDI-Seminar „Auf dem Weg zur Trockenbearbeitung – Herausforderung an die Fertigungstechnik“ Düsseldorf, 13. Februar 1996. VDI-Bericht 1240. Düsseldorf: VDI-Verlag 1996, S. 111–124. [7] Weinert, K., D. Biermann und D. Thamke: Möglichkeiten und Grenzen verschiedener Kühlschmiermittelkonzepte bei der spanenden Bearbeitung. DGM-Tagung „Reibung und Verschleiß“ Bad Nauheim, 21. und 22. März 1996. DGM Informationsgesellschaft mgH. [8] Zielasko, W., T. Cselle und D. Thamke: Tieflochbohren in Aluminium-Gußlegierungen, Stahl und Grauguß ohne Kühlschmiermittel – Abschlußbericht zur Definitionsphase. Wissenschaftlicher Bericht FZKA-PFT 177 „Trockenbearbeitung prismatischer Teile“. Karlsruhe: Eigenverlag Forschungszentrum Karlsruhe.

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PRODUKTION UND BETRIEB

Trockenbearbeitung

J ÜRGEN S CHMIDT

UND

O LIVER D OERFEL

Daß die Trockenzerspanung beim Fertigen von Zahnrädern nur zögernd eingeführt wird, liegt primär am zu erwartenden erhöhten Werkzeugverschleiß. Beim Wälzstoßen wurde untersucht, inwieweit verbesserte Beschichtungen und Schnittparameter die Gebrauchsfähigkeit der HSSWerkzeuge verlängern können. Dabei stellte sich heraus, daß bei Trockenbearbeitung eine Verdopplung bisheriger Standmengen möglich ist.

Über den Verlust an Wettbewerbsfähigkeit Maschinenmarkt des Produktionsstandortes Deutschland wird viel diskutiert. So beklagt man die im Vergleich zu den Nachbarländern hohen Umweltauflagen, die die Produktion spürbar verteuern. Einen zunehmenden Kostenfaktor stellt dabei der Kühlschmierstoff (KSS) dar. Es gibt viele Beispiele, vor allem Prof. Dr.-Ing. Jürgen Schmidt ist Mitglied der kollegialen Leitung des Instituts für Werkzeugmaschinen und Betriebstechnik (WBK) der Universität Karlsruhe. Dipl-Ing. Oliver Doerfel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an diesem Institut.

Das Aufbringen optimierter Beschichtungen auf den Schneidstoff ist eine Möglichkeit, beim trockenen Wälzstoßen von Zahnrädern akzeptable Werkzeugstandzeiten zu erreichen.

aus der Serienfertigung, die zeigen, daß die Kosten für Einsatz und Entsorgung des Kühlschmierstoffes deutlich über den Werkzeugkosten liegen [1]. Außer den ökonomischen Nachteilen, die eine Fertigung mit Kühlschmierstoff nach sich zieht, sprechen auch ökologische Überlegungen dafür, in der spanenden Bearbeitung auf Kühlschmierstoff zu verzichten. Im folgenden werden experimentelle Untersuchungen dargestellt, die zeigen daß sich Hochleistungsschnellarbeitsstahl (HSS) durch Optimieren der Zustellbedingungen und durch Auswahl geeigneter Hartstoffschichten für eine Trockenbearbeitung beim Wälzstoßen eignet.

Kaum Freiflächenverschleiß beim CCP-Verfahren Wegen des unterbrochenen Schnittes beim Wälzstoßen unterliegt das Werkzeug einer starken mechanischen und thermischen Wechselbelastung. Weil gleichzeitig an mehreren Schneiden eines Stoßzahnes zerspant wird, führt die Überlagerung der spezifischen Werkzeugbelastungen zu speziellen Ver-

schleißformen, die vom Zustellverfahren beim Wälzstoßen abhängig sind. Praktiziert man konventionelle Zustellverfahren, also das Tauchen mit oder ohne Wälzen, kommt es aufgrund von stark verformten und verfestigten Spanteilen auf der Werkstückflanke zu einem Freiflächenverschleiß, wobei das Maximum der Verschleißmarkenbreite an der auslaufenden Flanke liegt [2]. Dieser Freiflächenverschleiß führt dazu, daß die Verzahnqualität nicht über die Standzeit konstant ist und das Werkzeug frühzeitig ausgewechselt werden muß, weil Qualitätsanforderungen nicht mehr erreicht werden [3]. Beim CCP-Verfahren (Controlled Cutting Process) entsteht dagegen aufgrund der hohen Wälzvorschübe, verbunden mit der degressiv gestuften radialen Zustellung, kein oder ein geringfügiger Freiflächenverschleiß [4]. Bei diesem Verzahnverfahren kommt es während des Einsatzzeitraumes der Werkzeuge zu einem Spanflächenverschleiß. Der entscheidende Vorteil dieser Verschleißform besteht darin, daß die Verzahnqualität bis zum Ende der Werkzeugstandzeit (zum Beispiel Kolklippenbruch) konstant bleibt. Mit einer laserunterstützten Abtastung der Spanfläche ist eine exakte Dokumentation dieses Verschleißzustandes der Werkzeuge möglich (Bild 1). Diese Abtastung kann sowohl die Lage des Kolktiefenmaxi-

Bild: Verfasser

Zahnräder wälzstoßen ohne Kühlschmierstoff

PRODUKTION UND BETRIEB

auslaufende Flanke

einlaufende Flanke a

b

c

d

e

Bild 1: Kolkverschleiß an Wälzstoßwerkzeugen beim Controlled Cutting Process (CCP); rot – Kolktiefenmaximum. a Entstehung an der auslaufenden Flanke, b Ausdehnung auf die einlaufende Flanke, c Ausdehnung auf den Zahnkopf, d Verlagerung des Kolktiefenmaximums, e „stationärer“ Zustand bis zum Bruch der Kolklippe

Durch Schnittkraftmessungen zu optimalen Zerspandaten Die Entwicklung des Kolkverschleißes kann in fünf Stufen eingeteilt werden. Ausgangspunkt der Auskolkung ist immer die auslaufende Flanke. Bei voranschreitender Bearbeitungsdauer breitet sich der Kolk auch auf der einlaufenden Flanke aus. Es folgt ein Fortschreiten des Kolkes von der auslaufenden Flanke in Richtung Zahnkopf. Die beiden Kolkbereiche auslaufende und einlaufende Flanke wachsen zusammen, während sich das Kolktiefenmaximum von der auslaufenden Flanke in Richtung Zahnkopf verlagert. Am Ende „nistet“ sich das Maximum in der Mitte des Zahnkopfes ein, bis es zum Bruch der Kolklippe kommt. Sowohl bei den Verzahnverfahren Tauchen mit beziehungsweise ohne Wälzen als auch bei dem Verzahnverfahren mit degressivem Radialvorschub (CCP) wird mit Hilfe von Schnittkraftmessungen der Einfluß der Fertigungsbedingungen auf die Werkzeugbelastung analysiert. Basis für diesen Vergleich sind gleiche Hauptzeiten. Es läßt sich zeigen, daß die Trockenbearbeitung abhängig vom Verzahnverfahren, einen Anstieg der Werkzeugbelastung bis zu 25% bewirkt (Bild 2). Bei den konventionellen Verzahnverfahren Tauchen mit oder ohne Wälzen liegt unabhängig von den variierten Schnittdaten (dargestellt am Beispiel der Schnittgeschwindigkeit) die Belastungserhöhung durch Trockenbearbeitung bei 15 bis 25%. Beim CCP-Verfahren hingegen ist durch eine Steigerung der SchnittMaschinenmarkt, Würzburg 103 (1997) 29

Bild 2: Anstieg der Werkzeugbelastung bei Trockenbearbeitung, dargestellt als Vergleich verschiedener Verzahnverfahren (Werkstoff 16MnCr5, Werkzeug HSS mit TiN-Beschichtung, Modul 3, Anzahl der Zähne Werkzeug und Werkstück 42).

25 % Werkzeug-Belastungserhöhung durch Trockenbearbeitung

mums als auch die exakte Kolktiefe bestimmen, so daß der Verlauf der Verschleißentwicklung genau analysiert werden kann.

20

15

10

5

Tauchen mit/ohne Wälzen

0 50 ittges c

Schn

geschwindigkeit der durch den Wegfall des Kühlschmierstoffs bedingte Anstieg der Hauptschnittkraft mit rund 5% deutlich niedriger. Dies ist auf die hohen Wälzvorschübe zurückzuführen, weil daraus nur kurze Kontaktzeiten zwischen Werkzeug und Span resultieren und der Anteil der Reibarbeit bei der Spanbildung klein ist. Die Funktion „Schmieren“ des Kühlschmierstoffs spielt bei diesen Kontaktbedingungen eine untergeordnete Rolle. Die im Rahmen der Schnittkraftmessungen optimierten Schnittbedingungen dienen als Basis für die folgenden Standzeituntersuchungen.

Standzeituntersuchung verdeutlicht Werkzeugpotential Ziel der Standzeituntersuchungen ist die Analyse, inwieweit sich Kühlschmierstoff und Schnittgeschwindigkeit auf die Werkzeugstandmenge und die Werkstückqualität auswir-

60 hwind m/min igkeit

CCP 70

ken. Weiterführende Untersuchungen zeigen das Potential innovativ beschichteter Werkzeuge. In Bild 3 ist der Einfluß der Schnittgeschwindigkeit und des Kühlschmierstoffs auf die Kolktiefe exemplarisch bei Standard-Titannitrid-(TiN)-beschichteten Werkzeugen dargestellt. Es wird deutlich, daß eine Steigerung der Schnittgeschwindigkeit von 60 auf 75 m/min (25%) unabhängig vom Schmierungszustand eine Zunahme der Kolktiefe bewirkt. Werden die Werte bis zu einer Kolktiefe von 100 µm interpoliert, so reduziert sich durch die Schnittgeschwindigkeitssteigerung die Standmenge auf 30% des Ursprungswertes. Außerdem wird deutlich, daß bei jeweils gleicher Schnittgeschwindigkeit die bei Trockenbearbeitung und konventioneller Kühlschmierstoffapplikation erzielten Standmengen nur geringfügig voneinander abweichen. 27

PRODUKTION UND BETRIEB

b a c d

0

60 30

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180 150

240 210

300 270

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Anzahl gestoßener Lücken

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a c

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Anzahl gestoßener Lücken

Bild 3: Einfluß von Kühlschmierstoff und Schnittgeschwindigkeit vc auf die Kolktiefe an einem TiN-beschichteten HSSWerkzeug (Radbreite 20 mm) und damit auf die Standmenge beim Bearbeiten durch CCP (Werkstoff 16MnCr5, Verhältnis Anfangs- zu Endvorschub 3, Endvorschub 3,77 mm/min, Wälzvorschub 3 Doppelhübe/Teilung). a vc 75 m/min, mit Öl; b vc 75 m/min, trocken ; c vc 60 m/min, mit Öl; d vc 60 m/min, trocken

Bei festgelegter Standmenge werden bei Trockenbearbeitung generell geringere Kolktiefen als bei Naßbearbeitung erzielt. Durch die erhöhte Temperatur des Spanes und den damit verbundenen kürzeren Spanablauf reduzieren sich bei Trockenbearbeitung die Kolklippenabstände. Ein frühzeitiger Bruch der Kolklippe bei Trockenbearbeitung ist nicht festzustellen. Aufgrund der Innovationen in der Beschichtungstechnik sind in jüng-

110 µm 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0

Bild 4: Einfluß der Beschichtung auf die Standmenge eines HSS-Werkzeuges (Radbreite 20 mm) beim trockenen CCPWälzstoßen eines Zahnrades aus 16MnCr5 mit 60 m/min Schnittgeschwindigkeit. a unbeschichtet, b MoS2-Schicht, c ((Ti,AL)N)-Schicht, d TiN-Schicht, e CrN-Schicht, f Ti(C,N)-Gradient-Schicht, g TiN + MoS2-Schicht, h Ti(C,N)-Multilagen-Schicht

ster Zeit entscheidende Verbesserungen hinsichtlich der Verschleißbeständigkeit der Werkzeuge erzielt worden. Zum einen wurden die Fertigungsprozesse der Beschichtungsherstellung optimiert [5], zum anderen entwickelte man neuartige Schichtsysteme, die speziellen Fertigungsprozessen angepaßt wurden. Vor diesem Hintergrund werden innovative Schichtsysteme auf ihre Eignung bei den speziellen Anforderungen des Fertigungsverfahrens

Wälzstoßen überprüft. Ziel der experimentellen Untersuchungen ist es, die Standmengen der Werkzeuge deutlich zu steigern. Außer marktgängigen StandardHartstoffschichten wie Chromnitrid (CrN), Titanaluminiumnitrid ((Ti,Al)N), Titankarbonitrid-Gradient (Ti(C,N)Gradient) wurden folgende neuartige Schichten auf die Werkzeuge abgeschieden und in den experimentellen Untersuchungen erprobt:

Maschinenmarkt, Würzburg 103 (1997) 29

Bilder: Verfasser

100 µm 80 70 60 50 40 30 20 10 0

Kolktiefe

Kolktiefe

Maschinenmarkt

PRODUKTION UND BETRIEB

©

Titankarbonitrid-MultilagenSchichten werden durch eine optimierte Beschichtungsprozeßführung aufgetragen. Durch den häufigen Wechsel von TiN- und Ti(C,N)Lagen bei der Mehrlagenbeschichtung erzielt man bei Standardschichtdicken von etwa 3 µm niedrige Eigenspannungen. Dadurch wird gegenüber den StandardTi(C,N)-Gradienten-Beschichtungen (einmaliger kontinuierlicher Übergang von TiN nach Ti(C,N) eine gute Haftfestigkeit erreicht, verbunden mit einer hohen Mikrohärte. © Bei Feststoffschmierschichten soll Molybdändisulfid (MoS2) auf dem Schneidkeil die Schmierwirkung des Kühlschmierstoffs an der Zerspanstelle übernehmen. Die Feststoffschmierschicht zeichnet sich durch einen sehr geringen Reibungskoeffizienten aus (0,04 bis 0,09 gegenüber Stahl). Die Schicht wird im Sputterverfahren bei niedrigen Beschichtungstemperaturen aufgebracht. © Durch geeignete Kombination einer Hartstoffschicht, zum Beispiel TiN, als Basisschicht auf dem Substratkörper mit einer Feststoffschmierschicht (MoS2), die zusätzlich auf die Hartstoffschicht abgeschieden wird, erreicht man eine Funktionentrennung am Schneidkeil. Die Hartstoffschicht verbessert das Verschleißverhalten des Werkzeuges, wogegen die Feststoffschmierschicht die Reibung zwischen Span und Werkzeug reduziert. In Bild 4 ist der Einfluß dieser Schichten auf die Standmenge von Stoßwerkzeugen bei Trockenbearbeitung dargestellt. Ein Vergleich mit unbeschichteten Werkzeugen zeigt, daß eine Hartstoffschicht wie TiN grundsätzlich einen positiven Einfluß auf die Standmenge hat. Wenn identische Schnittbedingungen vorliegen, unterscheiden sich die verschiedenen Standardschichten in bezug auf die erzielbare Standmenge nur geringfügig. Bei diesen Schichten weichen bei einer Standmenge von 450 zerspanten Lücken die Werte für die Kolktiefe nur wenig voneinander ab. Die Werkzeuge, die Mit MoS2 besputtert wurden, haben sehr ungünstige Standmengen. Verschleißuntersuchungen zeigen, daß diese Beschichtung bereits nach wenigen zerspanten Lücken nicht mehr vorhanden ist. Für den weiteren Verschleißverlauf ist der Substratgrundkörper verantMaschinenmarkt, Würzburg 103 (1997) 29

wortlich, weil der Verschleißverlauf mit dem der unbeschichteten Werkzeuge nahezu identisch ist. Im Gegensatz dazu werden bei Verwendung von TiN+MoS2-beschichteten Werkzeugen sehr günstige Standmengen erzielt. Ein direkter Vergleich mit den Standardschichten zeigt, daß bei 450 zerspanten Lücken die Kolktiefe nur halb so groß ist. Bei optischer Beurteilung dieses Schichtsystems fällt auf, daß die MoS2-Schicht auch hier bereits nach wenigen Lücken nicht mehr vorhanden ist. Der Festschmierstoff befindet sich, so zeigen metallographische Untersuchungen, in der Oberflächenstruktur der TiNSchicht. Eine Kombination von Hartstoff- und Feststoffschmierschicht erzielt bei Extrapolation der Verschleißkurven doppelte Standmengen. Einen ähnlich guten Verschleißverlauf wie die „Kombischicht“ TiN+MoS2 haben die Ti(C,N)Multilagen-beschichteten Werkzeuge. Wegen des verbesserten Beschichtungsverfahrens können bei Trockenbearbeitung, ähnlich wie bei der TiN+MoS2-Schicht, doppelt so große Standmengen gegenüber den Standardschichten erzielt werden. Einer kurzfristigen Einführung der Trockenbearbeitung in der industriellen Fertigung steht meist eine ungenügende Verschleißbeständigkeit der Werkzeuge entgegen. Es zeigte sich jedoch, daß mit herkömmlichen Schichten eine Trockenbearbeitung ohne Standmengen- und Qualitätseinbußen möglich ist. Indem man die Beschichtung optimierte, können bei Trockenbearbeitung die Standmengen verdoppelt werden. In weiterführenden Untersuchungen sollen die gefundenen Ergebnisse auf andere Bearbeitungsaufgaben in der Serienproduktion übertragen werden. Literatur [1] Anteil der Kühlschmierkosten im deutschen Maschinenbau. Bonn: Eigenverlag Bundesamt für Wirtschaft 1993. [2] König, W.: Fertigungsverfahren, Band 1 – Drehen, Fräsen, Bohren. Düsseldorf: VDI-Verlag 1984. [3] Einsatz TiN- und TiC-beschichteter HSSWerkzeuge bei der Zylinderradherstellung. Forschungsheft Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V., Abschlußbericht 256/ 1987. [4] Thämer, R.: Moderne Verzahntechnik des Wälzstoßens. Die Maschine 37 (1984) 9 [5] Movic rationalisiert Trockenbearbeitung. Gühring 28 (1995) 41, S. 11–17.

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PRODUKTION UND BETRIEB

Oberflächenbehandlung

Berührungslose Schichtdickenmessung beim Auftragen von Pulverlack H ORST A DAMS

Bis vor kurzem bestand die gängige Methode zur Maschinenmarkt Kontrolle der Schichtdicke in Pulverbeschichtungsanlagen darin, daß gut ausgebildete und erfahrene Qualitätsexperten mit Hilfe von Hand-Wirbelstromtestern die Schichtdicke auf dem eingebrannten Teil entlang eines vorher festgelegten Punktrasters bestimmten und daß bei zu starken Abweichungen eine entsprechende Nachricht an die Anlagenbediener gegeben wurde zur Korrektur der Beschichtungsparameter. Weil die Bestimmung der Schichtdicke nach dem Einbrennvorgang durchgeführt werden mußte, verging jedoch mindestens eine halbe Stunde, ehe sich eine Korrektur an den Pistolen vornehmen ließ. Im schlimmsten Fall bedeutete das die Produktion von Ausschußteilen während dieser halben Stunde. Um einfach sicherzustellen, daß alle Teile „bis zur letzten Ecke“ beschichtet waren, hat man daher in der Regel die Anlage auf einen etwas zu hohen Pulverausstoß eingestellt. Folglich wurden alle Teile tendenziell überbeschichtet, was letztlich eine erhebliche Vergeudung von Geld bedeutete. Darüber hinaus hat man immer wieder Versuche zur berührungslosen Schichtdickenmessung von nicht eingebrannten Pulverschichten vorgenommen. Dabei verwendeDr. Horst Adams ist Entwicklungsleiter bei der J. Wagner GmbH in Markdorf.

30

Werkbild: Wagner

Mit Hilfe eines Laserstrahls läßt sich die Schichtdicke beim Auftragen von Pulverlack automatisch ermitteln. Die Messung findet direkt hinter der Beschichtungskabine, also vor dem Einbrennen, statt. Der Laserstrahl wird von einem Gerät erzeugt, das eine Schichtdickenkorrektur innerhalb von Minuten ermöglicht. Dadurch können die Toleranzgrenzen der Schichtdicken enger gewählt werden als bei manuellen Meßmethoden. Ausschußteile sind vermeidbar.

Steuerschrank mit Bedienterminal, in dem die Toleranzgrenzen für die zu messende Schichtdicke eingegeben werden. Der Meßkopf des Schichtdickenmeßgeräts ist verfahrbar auf einer Führungsschiene angebracht.

te man in einfachen Fällen ebenfalls Wirbelstrom- oder Ultraschallverfahren, die allerdings den Nachteil einer hohen Positionierungsempfindlichkeit besitzen und deshalb keine weite Verbreitung fanden. In Einzelfällen wurden auch komplexere und technisch sehr aufwendige Methoden angewandt. Um eine Lösung für dieses Problem zu bieten, hat nun der Anlagenhersteller Wagner, Markdorf, ein Gerät entwickelt, das auf einfache

Weise die Bestimmung der Pulver-Schichtdicke direkt hinter der Beschichtungskabine – also vor dem Einbrennen – ermöglicht (Bild 1). Damit sind Reaktionszeiten bei Fehlbeschichtungen in der Größenordnung von Minuten realisierbar, so daß Ausschuß vermieden wird. Mit Hilfe des Geräts lassen sich Dicken mit wesentlich engerem Toleranzband als bisher erzeugen. Weil das Pulver während der Verarbeitung empfindlich gegen mechanische Einflüsse ist, muß man die Messung natürlich so durchführen, daß die Teile nicht berührt werden. Deshalb wurde die Idee geboren, den photothermischen Effekt für diese Maschinenmarkt, Würzburg 103 (1997) 29

PRODUKTION UND BETRIEB

Formelzeichen Absorptionskoeffizient Anfangsintensität Schichtdicke Diffusionslänge Zeit Eindringtiefe Dichte spezifische Wärmekapazität Wärmeleitfähigkeit Temperaturanstieg an der Oberfläche thermische Diffusionslänge Phasenwinkel Modulationsfrequenz

Beschichtungsanlage

Einstellen der Schichtdicke (Zeitverlust ≤ 3 min)

Lichtstrahl des CO2-Lasers ist Abtastinstrument Wenn ein Licht- oder Laserstrahl auf eine nicht eingebrannte Pulverschicht trifft, dringt er in sie ein und wird absorbiert. Dabei nimmt die Lichtintensität ab, je länger der Weg x ist, den der Strahl im Pulver zurücklegt. Dieser Vorgang wird durch das Lambert-Beer-Gesetz (1) beschrieben.

Qualitätskontrolle

manuelle Messung

Bild 1: Lackieren von Werkstücken mit Schichtdickenmessung.

50 % 40

Bild 2: Charakteristisches Absorptionsspektrum von Expoxidharzpulver.

30 20 10 0

0

1000 2000 3000 4000 5000 6000 cm-1 8000 Wellenzahl

(1)

Nach (1) nimmt die Lichtenergie exponentiell ab und wird dabei in Wärme umgewandelt. Das heißt, der Laserstrahl erwärmt leicht die Pulverschicht an der Auftreffstelle. Wird als Anregungsstrahl infrarotes Licht genutzt, versetzt man die Moleküle des Pulverlacks durch Absorption der Infrarotstrahlung in Schwingungen und Rotation. Die Leistung des Lasers ist dabei so eingestellt, daß noch keine Gelierung oder Vernetzung des Pulvers ausgelöst wird. Die Lage der Absorptionslinien wird von den Massen der beteiligten Atome und den Bindungsstärken bestimmt. Molekülschwingungen, bei denen sich die Bindungsabstände ändern, heißen Valenzschwingungen. Ändern sich die Bindungswinkel, so handelt es sich um Deformationsschwingungen. Der für Polymere und Lackharze interessante Bereich liegt dabei zwischen 400 und 4000 cm–1. Bild 2 zeigt ein typisches Absorptionsspektrum eines Epoxidharz-Pulverlacks, das mit einem Fourier-Transform-Spektrometer aufgenommen wurde. Man erkennt deutliche Absorptionen zum Beispiel bei einer Wellenzahl von etwa 1000 cm–1 . Dies entspricht der Emissionswellenlänge eines CO2Lasers, weshalb dieser als Anregungsquelle geeignet ist. Maschinenmarkt, Würzburg 103 (1997) 29

Ofen

Qualität gut Auslieferung

Qualität schlecht

Messung zu nutzen: ein physikalischer Effekt, bei dem mit einem Laserstrahl ein entsprechender Meßeffekt ausgelöst werden kann.

l ( x ) = l0 e –ax

Abnahmestation

automatische Messung

Transmission

a l0 d g t x D K L ∆T µ ϕ ω

Beleuchtet man nun die Pulverschicht nicht kontinuierlich, sondern mit einem periodisch modulierten – im einfachsten Fall zerhackten – Strahl (l0 = l · e i ω t), so werden oszillierende thermische Wellen erzeugt, die sich in der Schicht ausbreiten, also an der darunterliegenden Substratschicht reflektiert werden, um dann mit den neu ankommenden Wellen zu interferieren.

Gemessener Phasenwinkel von Schichtdicke abhängig Zur Vereinfachung soll hier bei den Berechnungen von einer sinusförmigen Modulation ausgegangen werden. Nach einer gewissen Zeit (Einschwingzeit) stellt sich eine oszillierende Temperaturerhöhung ∆T in Abhängigkeit von der Tiefe x innerhalb der Schicht ein, die nach (2) beschrieben werden kann [8]: ∆ T ( x ) = ∆ T0 e –x / µ ⋅ e (ω t–x / µ )

(2 )

Die Diffusionslänge µ entspricht der Tiefe, bei der die Amplitude der Temperaturoszillation auf 1/e ihres Oberflächenwertes abgesunken ist, also praktisch der Reichweite des Effekts in der Pulverschicht. Festzuhalten ist, daß bei steigender Modulationsfrequenz die „Reichweite“ µ nach (3) quadratisch abnimmt.

µ=

2⋅L D ⋅ K ⋅ω

(3 )

Die erzeugte Temperaturoszillation hat in (3) dieselbe Frequenz ω wie die Zerhackerfrequenz der eingestrahlten Lichtenergie, jedoch ist sie gegenüber dieser um den Winkel ϕ phasenverschoben. Bild 3 zeigt rechnerische Werte dieser Phasenverschiebung in Abhängigkeit von der Pulverschichtdicke für verschiedene Modulationsfrequenzen. Die hierbei benutzten Materialkonstanten sind der Absorptionskoeffizient a mit 1300 cm–1, das Produkt (D · K) mit 1,40 J/(cm3K) und die Wärmeleitfähigkeit L mit 0,18 W/(m · K). Diese Werte sind typisch für einen dunklen Pulverlack. Die hier vorgestellte Meßapparatur nutzt also den Umstand, daß der gemessene Phasenwinkel von der Schichtdicke abhängig ist. Das heißt, die Phasenverschiebung zwischen der Modulationsfrequenz des eingestrahlten Laserlichts und der emittierten Temperaturoszillation wird gemessen, und dieser Meßwert wird dann anhand der Kurven aus Bild 3 in eine zugehörige Schichtdicke umgerechnet. Die Analyse des Phasenverhaltens der in Bild 3 dargestellten Kurven 31

PRODUKTION UND BETRIEB

Maschinenmarkt

0 Grad -10

Modulationsfrequenz 5 Hz 10 Hz

-20 Phasenwinkel

Bild 3: Berechnete Werte der Phasenverschiebung in Abhängigkeit von der Pulverschichtdicke.

20 Hz

-30 -40

40 Hz

-50 -60

80 Hz

-70 20

30

40

50

60

70

80

90

100

Technische Daten eines automatischen berührungslosermittelnden Schichtdickenmeßgerätes. Parameter

Wert

Fördergeschwindigkeit

m/min

Meßbereich bezogen auf eingebrannte Schichtdicke Meßgenauigkeit

µm % v. M.

Auflösung Größe des Meßflecks Meßzeit

50–150 ≈±3

µm