Lagebeurteilung West-Nil Fieber Januar bis November 2013

Eidgenössisches Departement des Innern EDI Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV Bundesamt für Gesundheit BAG Dezember 2013 La...
Author: Calvin Böhler
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Eidgenössisches Departement des Innern EDI Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV Bundesamt für Gesundheit BAG

Dezember 2013

Lagebeurteilung West-Nil Fieber Januar bis November 2013 Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung ............................................................................................................ 1

2

Falldefinitionen bei Tier und Mensch ................................................................ 1

3

Beurteilung der epidemiologischen Situation .................................................. 2

4

Situation beim Menschen................................................................................... 3

5

Situation beim Tier.............................................................................................. 6

6

Gesamtlagebeurteilung .................................................................................... 10

1

Einleitung

Beim West-Nil Fieber (WNF) handelt es sich um eine virale Erkrankung von Menschen, Pferden, anderen Säugetieren und Vögeln, die durch Stechmücken übertragen wird. Der Erreger ist ein behülltes RNA-Virus der Gattung Flavivirus, Familie Flaviviridae. In Europa hat sich der Erreger in den vergangenen Jahren ausgebreitet. Da die Vektoren (Mücken) und die Hauptwirte (Wildvögel) in der Schweiz vorkommen, könnte die Schweiz zukünftig auch von WNF betroffen sein [1, 2]. Aus diesen Gründen wurde die Krankheit neu in die Liste der zu überwachenden Tierseuchen aufgenommen; Fälle beim Menschen sind schon seit 2006 meldepflichtig. In der Schweiz gab es bis anhin weder beim Pferd noch beim Menschen autochthone Fälle, also Fälle, die sich in der Schweiz angesteckt haben. Die vorliegende Lagebeurteilung bezieht sich auf verfügbare Daten von Januar 2013 bis Ende November 2013.

2

Falldefinitionen bei Tier und Mensch

Beim Tier Solange in der Schweiz kein autochthoner WNF-Fall beim Pferd und /oder (Wild-) Vogel gemeldet ist, wird ein Seuchenfall durch den Nachweis des West-Nil Virus (WNV) festgelegt. Sind bereits autochthone Fälle bei (Wild-)Vögeln und /oder Pferden in der Schweiz gefunden worden, liegt ein Seuchenfall vor, wenn entweder WNV oder WNV-Antikörper nachgewiesen wurden. Werden nur Antikörper gefunden, muss sichergestellt sein, dass es sich nicht um einen ImpfAntikörpertiter handelt (Impfnachweis des Pferdes, Nachweis von IgM bzw. WNV AntikörperTiteranstieg). [1] Beim Menschen West-Nil Fieber beim Menschen ist meldepflichtig. Die BAG Falldefinition entspricht der EUFalldefinition von 2008 (Kasten 1).

Kasten 1: Falldefinition für die Schweiz für West-Nil Fieber beim Menschen Klinische Kriterien Jede Person mit Fieber oder mindestens einem der folgenden Befunde: Enzephalitis Meningitis Laborkriterien Sicherer Fall Mindestens einer der folgenden vier Labortests: Isolierung von WNV aus Blut oder CSF Nachweis von WNV-Nukleinsäure in Blut oder CSF WNV-spezifische Antikörperreaktion (IgM) im CSF Hoher WNV-IgM-Titer UND Nachweis von WNV-IgG UND Bestätigung durch Neutralisierung (4mal über der Norm) Wahrscheinlicher Fall WNV-spezifische Antikörperreaktion im Serum (4mal über der Norm) Die Laborergebnisse sind je nach Flavivirus-Impfstatus zu interpretieren. Fallklassifizierung •

3

Kein Fall



Möglicher Fall Jede Person, die die klinischen Kriterien erfüllt ohne Laborbestätigung. oder Jede Person, die das Laborkriterium für einen wahrscheinlichen Fall erfüllt (und die Angaben zur Klinik fehlen oder die klinischen Kriterien nicht erfüllt sind).



Wahrscheinlicher Fall Jede Person, die das Laborkriterium für einen wahrscheinlichen Fall und die klinischen Kriterien erfüllt.



Sicherer Fall Jede Person, die mindestens ein Laborkriterium für einen sicheren Fall erfüllt.

Beurteilung der epidemiologischen Situation

Im Konzept zur Überwachung und Prävention von WNF 2013 werden folgende epidemiologische Situationen unterschieden. − Epidemiologische Situation 1a Es wird kein autochthoner WNF-Fall bei Mensch, Pferd und/oder (Wild-)Vogel in der Schweiz gemeldet. In den Nachbarländern haben sich die gemeldeten WNF-Fälle bei Mensch, Pferd und/oder (Wild-)Vogel im Vorjahr nicht in Richtung Schweiz ausgebreitet. − Epidemiologische Situation 1b i) Es wird kein autochthoner WNF-Fall bei Mensch, Pferd und/oder (Wild-)Vogel in der Schweiz gemeldet. In Nachbarländern haben sich die gemeldeten WNF-Fälle bei Mensch, Pferd und/oder (Wild-) Vogel im Vorjahr in Richtung Schweiz ausgebreitet. ii) Es gibt einen Verdacht (= WNV-Antikörper positiv, Impfantikörper ausgeschlossen) auf autochthone Erkrankung bei einem mit WNF-Symptomen erkrankten Pferd. − Epidemiologische Situation 2 Es werden WNF-Fälle bei (Wild-)Vögeln in der Schweiz, aber keine autochthonen WNFFälle bei Mensch und/oder Pferd verzeichnet. − Epidemiologische Situation 3 Es werden autochthone WNF-Fälle bei Mensch und/oder Pferd in der Schweiz gemeldet. Treten über 1 Jahr keine WNF-Fälle in neuen Gebieten auf, gilt im Fall der epidemiologischen Situation 1b wieder die Situation 1a und im Fall der Situationen 2 und 3 wieder Situation 1b. [1]

2/12

4

Situation beim Menschen

Klinik und Expositionsorte WNV-Infektionen verlaufen beim Menschen in ca. 80% der Fälle asymptomatisch. In den anderen Fällen verursachen sie eine fieberhafte Erkrankung mit Kopf- und Gliederschmerzen. In seltenen Fällen, insbesondere bei älteren und immunschwachen Menschen, kann als Komplikation eine Hirnhautentzündung hinzukommen, die zu bleibenden kognitiven Einschränkungen bzw. zum Tod führen kann. Zu einer Ansteckung kommt es vor allem in Gebieten mit starker Mückenbelästigung im Spätsommer und Frühherbst, z. B. nahe an Sümpfen und in Flussniederungen. Betroffen sind Afrika, Israel, manche Länder Osteuropas und Zentralasiens, Indien, Teile Südostasiens, Australien und mittlerweile auch Nord- und Mittelamerika. [15] Fallzahlen in der Schweiz In der Schweiz wurden bis anhin keine autochthonen WNF-Fälle verzeichnet. Im Jahr 2010 wurde erstmals ein importierter wahrscheinlicher Fall aus Ägypten gemeldet; im Jahr 2012 ein importierter bestätigter Fall aus dem Kosovo. Im Jahr 2013 wurden in der Schweiz bis anhin zwei importierte Fälle gemeldet; eine Person hat sich in Kroatien angesteckt – es handelt sich dabei um einen bestätigten Fall, und eine Person hat sich in Italien angesteckt – hierbei handelt es sich um einen wahrscheinlichen Fall (Stand 30.11.2013). Fallzahlen in den Nachbarländern der Schweiz In Italien wurden 2008 erstmals humane Fälle bekannt. Damals wurden 11 Fälle verzeichnet, die vor allem im Nordosten des Landes auftraten. In den darauffolgenden Jahren registrierte Italien 18 Fälle (2009), 2 Fälle (2010) , 14 Fälle (2011), 28 Fälle (2012) und 59 Fälle (2013). [5, 16] Detailliertere Angaben zu den Humanfällen in Italien sind in Tabelle 1 aufgeführt (Quelle : CESME [20]). Die Nationale Referenzzentrale am Department für Virologie der Medizinischen Universität Wien hat serologisch nachgewiesen, dass es in Österreich vereinzelt zu autochthonen Infektionen mit dem West Nil Virus gekommen ist (2 im Jahr 2009, 1 im Jahr 2010, 0 im Jahr 2011). [24] In Frankreich wurden zwischen 1962 und 1965 13 humane Fälle verzeichnet. Da sich die Fälle bei Pferden häuften, wurde ab 2001 in bestimmten Regionen Frankreichs (Camargue, Korsika, entlang der Mittelmeerküste) die Überwachung intensiviert. Autochthone Fälle wurden seither nur noch im Jahr 2003 (7 autochthone humane Fälle) registriert. Seit 2008 werden aus Frankreich jedoch jährlich zwischen 1 bis 3 importierte Fälle gemeldet. [17, 23] In Deutschland wurden in den letzten Jahren vereinzelt importierte West-Nil Fieber Fälle verzeichnet. Ausbreitung des WNV in Europa In Europa wurde die Präsenz des West-Nil Virus erstmals 1958 festgestellt. Seither haben diverse Länder Europas und benachbarte Länder Europas Fälle verzeichnet (Tabelle 2). 1996 kam es in Europa erstmals in Rumänien zu einem grösseren WNF-Ausbruch mit 393 laborbestätigten Fällen. 1997 hatte die Tschechische Republik einen Ausbruch zu beklagen, 2003 betraf es Frankreich. Die Fallzahlen schwanken stark und sind von der Art und Qualität des Überwachungssystems für WNV abhängig. Über die aktuelle Situation in Europa informiert das European Centre for Prevention and Disease Control. [5] Im Jahr 2011 wurden in Europa und Vorderasien 282 Fälle registriert, im 2012 937 Fälle. Die detaillierten Fallzahlen sind in Tabelle 2 ersichtlich. Eine Übersicht über die regionale Verteilung der Fälle der Jahre 2012 und 2013 vermitteln die Karten 1 und 2.

3/12

Tabelle 1: Humanfälle in Italien 2011-2013 nach Regionen (Quelle: CESME [20]). Jahr

betroffene Regionen

Anzahl Fälle neuroinvasiv

2011

Venetien

8

Sardinien Friaul-Julisch-Venetien

4 2

Fieber

Marken

2012

2013

1

Total 2011

14

1

Venetien

21

17

Sardinien

2

Friaul-Julisch-Venetien

4

Basilikata Total 2012

1 28

Venetien

11 15

Emilia-Romagna

17

Lombardei

7

Total 2013

33

11 15

26

Tabelle 2: Anzahl in Europa und näheren Ländern gemeldeter Fälle 2011 - 2013 [9] Land

Anzahl Fälle 2011 Stand 24.11.2011 1

Anzahl Fälle 2012 Stand 18.7.2012 1

Total Fälle

Total Fälle

Albanien

2

-

Algerien

3

-

1

Besetztes Pa-

-

2

Anzahl Fälle 2013 Stand 6.11.2013 bestätigte 2 Fälle

1

Total Fälle

bestätigte 2 Fälle

-

-

1

-

-

1

-

-

3

3

lästinensisches Gebiet Bosnien und

-

Herzegowina Bulgarien

-

2

2

-

-

Ehem. Jugosl.

4

6

1

1

na

Griechenland

69

161

47

86

58

Israel

33

83

31

63

28

Italien

14

50

39

69

69

Kroatien

-

5

3

16

1

Kosovo

-

4

0

-

-

Montenegro

-

1

0

4

0

10

14

13

Rep. Mazedonien

Rumänien Russische

24

22

4

136

447

na

177

na

-

69

41

302

200

Tunesien

3

63

33

6

na

Türkei

3

-

-

-

-

Ukraine

8

12

na

1

na

Ungarn

-

17

9

31

6

282

937

221

783

387

Föderation Serbien

Total Legende:

1

Anzahl wahrscheinlicher und sicherer Fälle gemäss EU-Falldefinition

2

Anzahl sicherer Fälle gemäss EU-Falldefinition

3

Keine Meldung erfolgt

4

keine Informationen verfügbar 4/12

Karte 1: Gemeldete Fälle von WNF in der EU und benachbarten Ländern, 2012 [5]

Karte 2: Gemeldete Fälle von WNF in der EU und benachbarten Ländern, 2013 [5]

5/12

Ausbreitung des WNF in Nordamerika Im Gegensatz zu den sporadischen, zeitlich beschränkten Ausbrüchen in Europa und Asien führte 1999 die Einschleppung des Virus nach New York in wenigen Jahren zu einer rasanten Verbreitung innerhalb der USA (siehe Tabelle 3). Mittlerweile wird das WNF in allen US Staaten, in Teilen Kanadas, in ganz Mittelamerika und teilweise auch in Südamerika beobachtet. Nach der enorm hohen Fallzahl (9862 Fälle) im Jahr 2003 schwanken die jährlichen Fallzahlen zwischen 700 und 4000. Ausgesprochen hohe Fallzahlen wurden wiederum im Jahr 2012 verzeichnet; 5674 West-Nil Fieber-Fälle wurden gemeldet, darunter 286 Todesfälle. Mit 1739 Erkrankungen mit 76 Todesfolgen war Texas der am meisten betroffene Staat. 2013 waren es bis zum 3.12.2013 in 43 US-Staaten 2318 Fälle, darunter 105 Todesfälle. 2012 und 2013 litten jeweils die Hälfte der Patienten an neurologischen Symptomen. [4] Tabelle 3: Anzahl gemeldete WNF-Fälle/-Todesfälle in den USA 1999 - 2013 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013* Total

5

Anzahl Fälle/Todesfälle 62 / 7 21 / 2 66 / 10 4156 / 284 9862 / 264 2539 / 100 3000 / 119 4269 / 177 3630 / 124 1356 / 44 720 /32 1021 / 57 712 / 43 5674 / 286 2318 / 105 (*Stand 3.12.2013) 39406 /1654

Situation beim Tier

Klinik und Wirte Vögel als Hauptwirte zeigen in der Regel wenige oder keine klinischen Symptome. Allenfalls kann eine Enzephalitis auftreten. In einer naiven Population kann es bei Wildvögeln (insbesondere bei Krähen) zu Massensterben kommen (wie dies in den USA der Fall war). Bei Pferden verläuft die Infektion oftmals subklinisch, kann aber mit neurologischen Symptomen und Todesfällen einhergehen. Bei weiteren Säugetieren (Büffel, Schafe, Ziegen, Rinder, Kameliden, bei Hunden und Katzen u.a.) kann das Virus ebenfalls vorkommen. [8] Situation in der Schweiz West Nil Fieber wurde am 01. Juli 2011 als „zu überwachende Seuche“ in die Tierseuchenverordnung aufgenommen und ist somit meldepflichtig. Bisher ist in der Schweiz kein WNF-Fall bei Tieren nachgewiesen worden. 2011, 2012 und 2013 wurden jeweils Proben von einem Pferd mit zentralnervösen Störungen unbekannter Ursache ans Institut für Virologie und Immunologie (IVI) labordiagnostisch eingeschickt und am Friedrich-Löffler-Institut (FLI) im Rahmen eines Unterauftrags negativ untersucht. Am Nationalen Referenzzentrum für Geflügel- und Kaninchenkrankheiten (NRGK) wurden bis zum 30.11.2013 6 totgefundene Wildvögel auf WNV untersucht (2 Sperlinge, 2 Tauben, 2 Mäusebussarde), mit negativem Ergebnis. Im Labor Spiez werden seit 2011 einige Mückenpools pro Jahr auf WNV im Kanton Tessin und im Kanton Genf untersucht. Zur Untersuchung werden abhängig von Mückenart und Region je 1-10 Mücken gepoolt. Im 2011 und 2012 waren 466 bzw. 1429 Pools (Culex, Aedes vexans und Aedes albopictus) aus dem Tessin und 62 bzw. 214 Pools (nur Culex) aus dem Kanton Genf WNV negativ. In 36 Pools aus dem Tessin wurden zwar Mosquito-Flaviviren gefunden, die Flaviviren unterschieden sich jedoch signifikant von West Nil Viren. [27] 6/12

Situation in den Nachbarländern der Schweiz In Italien ist WNF seit Jahren endemisch. Italien publiziert seine WNFÜberwachungsergebnisse jährlich auf seiner Homepage [20]. Eine Übersicht der Daten von 2011-2013 sind in Tabelle 3 dargestellt. 2013 wurden deutlich weniger Ausbrüche bei Pferden verzeichnet, was vermutlich auf vermehrte Impfungen zurückzuführen ist. Wie im 2012 kozirkulieren WNV Linie 1 und Linie 2 im 2013. Es fällt auf, dass alle bis 30.09.2013 erfassten Fälle im Norden Italiens auftraten. Die geografische Verteilung der aktuellen Daten aus dem 2013 sind auf der Karte 3 ersichtlich. In Österreich ist das Vorkommen von klinischen Enzephalomyelitiden bei Pferden anzeigepflichtig und alle Formen der Pferdeenzephalomyelitiden werden routinemäßig auf WNV untersucht. WNF-Fälle bei Wildvögeln sind nicht meldepflichtig. Im Auftrag des BMG wird seit 2008 ein WNV-Überwachungsprogramm bei Wildvögeln und seit 2011 bei Pferden durchgeführt. Im Rahmen dieses Programmes wurden 2012 26 Wildvögel mittels PCR und 284 Wassergeflügelproben mittels ELISA negativ untersucht. Unabhängig davon wurde 2008 erstmals bei Greifvögeln (5 Habichte, 1 Falke) in Wien, Ost-Niederösterreich und Steiermark klinische WNV-Infektionen der Linie 2 nachgewiesen. 2009 wurde WNV bei einem Habicht und 2 weiteren Greifvögeln erneut bestätigt. [14] 2012 wurde WNV bei zwei in Wien tot aufgefundenen Krähen entdeckt [28], 2013 erneut bei einem Wildvogel im Osten Österreichs. [29] 2011 wurden 1 von 165 Mückenpools in Niederösterreich und 2012 1 von 256 im Burgenland WNV-PCR positiv getestet. [10] Im Rahmen eines WNV-Screening für Pferde wurden 2011 insgesamt 169 Pferdeseren verteilt über das gesamte Bundesgebiet mittels PCR untersucht. Um eine allfällige ältere Infektion auszuschließen wurde mittels eines speziellen Flavivirus Antikörper ELISA (das Testsystem differenziert nicht zwischen WNV, FSME, Usutuvirus usw.) weitere Untersuchungen an insgesamt 409 Pferdeseren durchgeführt. 142 Proben erbrachten ein positives ELISA-Ergebnis für Flaviviren, weitere 4 Proben waren fraglich zu beurteilen. Mit Hilfe von spezifischen FSME- und WNVSerumneutralisationstests bzw. der Nachforschung, ob die Tiere gegen West Nil in der Vergangenheit geimpft wurden bzw. sich im Ausland (Turniersport) aufgehalten haben, konnte eine autochthone Infektion von Pferden in Österreich mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden. Klinische WNV-Infektionen bei Pferden konnten bis dato in Österreich nicht nachgewiesen werden. [14] In Frankreich (exkl. Guadeloupe) wurden die letzten Fälle bei Pferden im 2006 gemeldet. Die zu diesem Zeitpunkt durchgeführten Untersuchungen von Mücken verliefen negativ. Die letzten positiven Befunde bei Mücken stammen aus den Sechzigerjahren. Im 2004 gab es Todesfälle bei Wildvögeln und Serokonversionen bei Hausgeflügel. Im 2010 wurde bei einem Wildvogel Antikörper nachgewiesen. Seither sind in Frankreich keine weiteren Nachweise international gemeldet worden. [21, 22] In den Jahren 2010, 2011 und 2012 wurden 4, 0 respektive 5 tote Wildvögel negative auf WNV-Genom untersucht und 87, 85, resp. 53 Verdachtsfälle bei Pferden mit negativem Ergebnis abgeklärt. 2013 traten bis zum 20.11.2013 keine WNF-Fälle bei Wildvögeln oder Pferden auf. Mücken wurden 2013 keine untersucht. [10] In Deutschland wurden bis anhin keine Hinweise auf eine WNV-Zirkulation gefunden. Von 2005 bis 2009 wurden ca. 3000 Proben von Wildvögeln und ca. 1000 je von Nutzgeflügel und Pferden am Friedrich-Löffler-Institut (FLI) negativ auf WNV untersucht. In einigen Blutproben von Zugvögeln wurden Antikörper gefunden. Zudem waren zwischen 2007 und 2009 415 Blutproben von Sentinelenten an drei Standorten (Bodensee (19x beprobt), Felchow See (11x beprobt), Insel Koos (13x beprobt)) WNF-negativ. [30] Seit 2010 wurden 5,178 Pferdeseren von klinisch kranken Pferden bzw. Pferden von Tierkörperbeseitigungsstellen mit negativen IgM-Ergebnissen untersucht. In 554 Wildvögel-Seren wurden waren 20 Zugvögel-Seren WNV-Antikörper positiv. Mehr als 150,000 Mücken wurden seit 2007 an 120 Standorten gesammelt - mit Fokus auf mögliche Eintragsquellen (entlang Autobahnen, Grenze zu AT und CH) - und auf WNV untersucht. Bis Oktober 2013 waren alle Ergebnisse negativ. [25,26,27]

7/12

Tabelle 3: Ergebnisse der Überwachung in Italien 2011- 2013 (Quelle: CESME [20]) Betroffene Jahr 2013

Regionen Lombardei, EmiliaRomagna, Venetien

Tierart Pferde

Emilia-Romagna

einheimische Wildvögel Mücken

Lombardei, EmiliaRomagna, Venetien

2012

2011

Anzahl Ausbrüche 4

Anzahl Fälle 5

davon Klinik 4

/

PCR positiv k.A.

6 98 Pools

Keine Angaben

Geflügel

Emilia-Romagna

tote Wildvögel

Sardinien, Venetien, Friaul-JulischVenetien, Latium Sardinien, Venetien, Friaul-JulischVenetien

Pferde

Sardinien, Venetien, Friaul-JulischVenetien

Mücken

Basilikata

Geflügel

Sardinien, Venetien, Friaul-JulischVenetien

tote Wildvögel

Sardinien, Venetien, Friaul-JulischVenetien, Sizilien, Basilikata, Kalabrien Sardinien, Venetien

Pferde

Sardinien, Venetien, Friaul-JulischVenetien, Sizilien Basilikata, Sardinien Sardinien, Venetien

Mücken

8 Pools

Geflügel

5

tote Wildvögel

5

Linie 2, in Venetien Linie 1 und Linie 2

0 30

63

15

einheimische Wildvögel

einheimische Wildvögel

Bemerkung Linie 2 bei einem toten Pferd in Emilia-Romagna nachgewiesen nur Linie 2

22

nur Linie 2

k.A.

Keine Angaben zu den Linien

16

Linie 1 bzw. Sardinien Linie 1 und Linie 2

14 Pools

Linie 1 (FriaulJulisch-Venetien, Venetien) und Linie 2 (Sardinien, Venetien)

5 5

91

197

58

k.A.

Linie 1 bzw. Linie 2 auf Sardinien erste Fälle auf Sardinien, Kalabrien, Basilikata; keine Angaben zu den Linien

6

Karte 3: Geographische Verteilung der WNF-Fälle bei Pferden (Karte links), Mücken (Karte mitte), und Wildvögeln (Karte rechts) in Italien (Quelle: CESME [20])

8/12

Situation in Europa Im Oktober 2013 organisierte das EU-Referenzlabor für WNF seinen fünften Workshop. [10] Die teilnehmenden Länder stellten ihre Überwachung und Ergebnisse in Bezug auf die Pferde vor. Eine Übersicht ist in Tabelle 4 ersichtlich. Offizielle Fälle, die der OIE mittels „immediate notification“ von 2011 bis 2013 gemeldet wurden, sind in Tabelle 5 und Karte 4 dargestellt. [12; 18] Tabelle 4: Überwachungsdaten beim Pferd vom Workshop des EU-Referenzlabors 2013 [10] Verdachtsfälle (ZNS-Symptome)

Bestätigte Fälle 2010 2011

/

/

0

0

0

0

0

1

2

0

0

0

0

0

/

/

/

/

/ 0 IgM, ?IgG /13

0

28

16

17

5

5

10

8

/

5/783 0 IgM, ?IgG /63 28 IgM/ 1509

Spanien

36

5

4

10

/

/

/

/

/

/

/

/

Polen

0

0

0

0

0

0

0

0

/

/

/

/

2

0

0

0

5

9

3

1

7/554

4/203

0/36

6/138

Rumänien

26

4

1

/

/

/

/

/

?/2707

?/228

Slowakei

/

/

/

/

/

/

2

/

?/228 2 IgG, 3 IgM / ?

Slowenien

/

/

/

1 IgM

/

/

/

/

/

/

/

/

Schweden

0

0

0

0

0

0

0

0

/

/

/

/

UK

0

0

0

0

7

11

13

8

/

/

/

/

0

0

0

0

3

2

3

1

26/828

22/297

5/130

3/5

/

/

/

/

/

/

/

/

/

1/136

0/81

/

0

0

0

0

0

0

0

1

/

/

/

/

Kroatien 1

Tschechien

2

Niederlande

3

Griechenland 4

5

Portugal

6

7

Belgien

Dänemark 8

Finnland

2013

/

/

4

5

Serosurveillance

2012 12 (IgM), ohne Klinik

2010 2011 2012 2013

2010

2011

2012

2013

2

/

/

/

/

5/783 0 IgM, ?IgG /116 16 IgM/ 1640

6/783 0 IgM, ?IgG /24

?/7030 34 IgG, 4 IgG / 1 IgM / ? ?

/

/

1

VNT bestätigt, keine Angaben zu Impfstatus oder Auslandsaufenthalt 2 Pferdeseren für Handelszwecke genommen: bisher alle IgM neg (keine Angabe, wie viele IgG positiv) 3 verschiedene Provinzen im 2011 und 2012 über ganz Griechenland verteilt 4 alle Fälle im Süden von Andalusien (Cadiz) 5 VNT bestätigt, keine Angaben zu Impfstatus oder Auslandsaufenthalt 6 keine Ergebnisse beschrieben 7 SNT bestätigt, keine Angaben zu Impfstatus oder Auslandsaufenthalt 8 keine weiteren Angaben

Tabelle 5: mittels „immediate notifications“ an die OIE gemeldete Fälle 2011 - 2013* Land Griechenland

Anzahl Jahr Ausbrüche 2013 8

Bosnien Griechenland

2013 2012

2 14

Kroatien

2012

11

Griechenland

2011

17

Spanien

2011

5

Ehem. Jugosl. 2011 Rep. Mazedonien

12

betroffene Regionen Attiki, Achaia, Evroso, Xanthi, Kavala, Serres Sarajevo, Tuzla Attiki, Evros, Kavala, Kilkis, Preveza, Xanthi Kukovarsko-Srijemska, Brodosko-Posavska, Virovitticko-Posavska Attiki, Thessalia, Sterea Elloda, Kentriki Makedonia, Ipeiros Cadiz, Andalusien Skopje, Sveti Nikole, Strumica, Radovis, Negotino

Tierart Pferd

Antikörper positiv 13

Virus positiv

Wilvogel Pferd

15

2

Pferd

12

Pferd

23

23

Pferd

11

11

Pferd Wildvogel

10 36

* Hinweis: Länder, in denen WNF endemisch ist (z.B. Italien), melden der OIE keine „immediate notifications“ mehr.

9/12

Karte 4: Geographische Verteilung der „immediate notifications“ an die OIE im 2013 [18]

USA 2012 wurden 411 bestätigte Fälle bei Pferden registriert. Das sind 372% mehr als im Vorjahr (2011: 87 bestätigte Fälle). Die ansteigenden Fälle deuten auf einen endemischen Zyklus mit Ausbruchsspitzen alle 10 bis 30 Jahre hin. [3] Bis zum 05.09.2013 hat das U.S. Department of Agriculture (Animal Health Monitoring and Surveillance Unit) 64 WNF-Fälle bei Pferden in 23 US-Staaten verzeichnet [13].

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Gesamtlagebeurteilung

Die „immediate notifications“ der OIE eignen sich in Hinblick auf die Beurteilung einer regionalen Ausbreitung und Anzahl Fälle bei den Tieren nur bedingt. Teilweise konnten wichtige Zusatzinformationen zu der Situation bei den Tieren in den Nachbarländern von den Nachbarländern selber erhalten werden. Zudem erwiesen sich die aktuellen Informationen vom Workshop des EU-Referenzlabors für WNF im Oktober 2013 als sehr nützlich. Im Vergleich zum 2012 scheint sich die WNF-Lage insgesamt ein wenig beruhigt zu haben. So sind die Gesamtzahlen der Fälle bei Mensch und Tier tendenziell rückläufig. Bei den Pferden können die rückläufigen Fallzahlen durch eine mögliche Impfung beeinflusst sein. In Serbien haben die Humanfälle 2013 hingegen deutlich zugenommen, in Italien waren es leicht mehr Humanfälle als im Vorjahr. Die Fälle 2013 traten vor allem in Norditalien auf und haben sich dort nord-westlich ausgebreitet. Es wurden auch Fälle in der Lombardei gemeldet, allerdings in den südlichen Provinzen, die nicht direkt an die Schweiz angrenzen. Es zirkulieren in Italien derzeit West Nil Viren der Linie 1 und 2. Die Schweiz befindet sich noch in der Situation 1a. Alle Mückenpools, die man mit Schwerpunkt im Tessin untersucht hat, waren bisher WNV-frei und es traten keine autochthonen Fälle bei Mensch oder Tier auf. Auch wenn sich in Norditalien die Fälle an die Schweiz angenähert haben und man auch in Österreich von sporadischen, autochthonen Fällen ausgeht, ist die WNFLage insgesamt 2013 ruhiger gewesen als noch im 2012. Vor allem im Tessin und in der Ostschweiz sollte aber die disease awareness bei Tierhaltern, Tierärzten, Jägern und Förstern gesteigert werden. Im Rahmen von Weiterbildungsveranstaltungen wird die disease awareness bei Studierenden und amtlichen Tierärzten bereits in Bezug auf WNF gefördert. Beim Menschen sollte bei fiebrigen Erkrankungen die Möglichkeit einer WNF-Infektion in Betracht gezogen und eine Laboranalyse ausgelöst werden. Bei Pferden mit ZNS-Symptomen unbekannter Ursache und tot aufgefundenen Wildvögeln sollte ausgeschlossen werden, dass eine Infektion mit WNV die Ursache für Krankheit bzw. Tod ist. Proben von Pferden sind ans Institut für Virologie und Immunologie in Mittelhäusern zu schicken, tot aufgefundene Wildvögel bzw. Tupferproben solcher Tiere ans Nationale Referenzzentrum für Geflü10/12

gel- und Kaninchenkrankheiten in Zürich. Für Pferdehalter besteht die Möglichkeit, ihre Pferde gegen das WNV zu impfen. Das Mückenmonitoring, vor allem im Tessin, sollte fortgeführt werden. Zudem werden die 16 Sentinelenten in der Bodenseeanlage, die vor allem zur Überwachung der aviären Influenza dienen, ab November 2013 auch auf Antikörper gegen WNV untersucht. Die weitere Entwicklung der WNF-Situation in Europa und den Nachbarländern der Schweiz, insbesondere in Italien und Österreich, muss im kommenden Vektor-aktiven Zeitraum 2014 sehr gut im Auge behalten werden.

Referenzen 1. Bundesamt für Veterinärwesen. Konzept zur Überwachung und Prävention von West-Nil Fieber. 2013 http://www.bvet.admin.ch/themen/02794/02829/02913/index.html 2. Bundesamt für Veterinärwesen. Tierseuchen der Schweiz, West-Nil Fieber. 2011 http://www.bvet.admin.ch/themen/02794/02829/02913/index.html?lang=de 3. ProMed. West Nile Virus – USA (18): Equine. Archive Number: 20121014.1341793 http://www.promedmail.org 4. Homepage des CDC (Centers for Disease Control and Prevention (CDC) http://www.cdc.gov 5. Homepage des ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) http://www.ecdc.europa.eu/en/healthtopics/west_nile_fever/Pages/index.aspx 6. World Animal Health Information Database (WAHID) Interface http://www.oie.int/wahis_2/public/wahid.php/Diseaseinformation/WI 7. Rapid Risk assessment - Review of the epidemiological situation of West Nile virus infection in the European Union. European Centre for Disease Prevention and Control. Stockholm : s.n., 2011 8. Bundesamt für Veterinärwesen. West-Nil Virus, Lagebeurteilung der Seuche in der Schweiz. http://www.bvet.admin.ch/themen/02794/02829/02913/index.html 9. European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) http://www.ecdc.europa.eu/en/Pages/home.aspx 10. 5th Workshop of the EU-RL for equine diseases: West Nile and encephalitic viruses October 9th, 2013 11. Tierarzneimittel Kompendium der Schweiz http://www.vetpharm.uzh.ch/reloader.htm?tak/00000000/00001710.VAK?inhalt_c.htm 12 World Animal Health Information Database/ OIE http://www.oie.int/wahis_2/public/wahid.php/Diseaseinformation/Immsummary 13. ProMed. West Nile Virus – USA (09): Equine. Archive Number: 20130914.1943518 http://www.promedmail.org 14. Jahresbericht 2012 vom Bundesministerium für Gesundheit und AGES, Österreich. http://www.ages.at/uploads/media/13-08-05_VETJB-2012.pdf 15. Robert Koch Institut (RKI) http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2010/Ausgaben/37_10.pdf?__blob=publicationFile 16. Homepage des italienischen Gesundheitsministerium: http://www.trovanorme.salute.gov.it 17. Homepage des französischen Gesundheitsministerium: http://www.sante.gouv.fr/fievre-du-nil-occidental-ou-infection-par-le-virus-west-nile.html 18. Homepage der WAHID OIE http://www.oie.int/wahis_2/public/wahid.php/Diseaseinformation/Diseasedistributionmap 19. Homepage der OIE http://www.oie.int/ 20. Homepage des italienischen Referenzzentrum für Tierkrankheiten (CESME) http://sorveglianza.izs.it/emergenze/west_nile/emergenze_en.html 21. Auskunft per mail von RESPE – Réseau d’Epidémio Surveillance en Pathologie Equine/ANSES - Laboratoire de Santé Animale, Frankreich 22. Jourdain E et al. (2004) Short Report, West Nile Virus in Wild Resident Birds, Southern France, 2004. Vector-Borne Zoonotic Dis. 7, 448-452 23.Entwurf:Bericht der EFSA, ECDC: EU summary report on zoonoses, zoonotic agents and food-borne outbreaks 2012 24. http://www.eurosurveillance.org/ViewArticle.aspx?ArticleId=20614 25. Ziegler et al. 2012, Zoon. Public Health 59 (Suppl. 2) 95-101 26. Ziegler et al. 2013, Int. J. Environ. Res. Public Health , 10, 3112-3120; doi:10.3390/ijerph10083112 27. Engler et al. 2013: European Surveillance for West Nile Virus in Mosquito Populations. Int. J. Environ. Res. Public Health 11/12

28. e-mail von Prof. Norbert Nowotny, Institut für Virologie, Veterinärmedizinische Universität Wien, Österreich 29. e-mail von Dr. Eveline Wodak, AGES 30. Ziegler et al. 2010, Arch Virol (2010) 155:965–969: Sentinel birds in wild-bird resting sites as potential indicators for West Nile virus infections in Germany.

Anhang 1 Karten mit den beschriebenen Regionen in den einzelnen Ländern Italien

Griechenland

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